Revue Piestany - leto 2010 - Piešťany
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s Pohľad zo severovýchodnej strany.<br />
View from the south-east side.<br />
Ein Blick von Nordosten<br />
Unsere bisherigen Kenntnisse über die Villa<br />
Löger waren sehr spärlich. Das Objekt<br />
befindet sich in der Nähe des<br />
Eingangsbereiches zur Kolonnadenbrücke, die<br />
eine frühere Brücke aus Holz ersetzte. Seinen<br />
Namen erhielt es vom Pionier der Fotografie,<br />
Gusztáv Löger aus Nitra, der in der 2. Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts regelmäßig in der Sommerzeit<br />
nach Piešťany kam, um Kurgäste zu fotografieren.<br />
Nebenbei sorgte er durch die Organisierung<br />
verschiedener Kulturveranstaltungen auch für ihre<br />
Unterhaltung und Zerstreuung. Um die Kosten für<br />
die Unterkunft während der Saison zu umgehen,<br />
ließ er sich am Ufer der Waag ein Sommerhaus<br />
errichten. Dem Historiker Robert Bača gelang es<br />
unter anderem, das Jahr seines Todes – 1898 - zu<br />
ermitteln. Das verlassene Haus in Piešťany verfiel<br />
rasch und wurde durch Hochwasser noch<br />
zusätzlich beschädigt.<br />
Das günstig gelegene Grundstück fiel dem<br />
Ehepaar Baumgartner aus Wien auf. Am 16. 9.<br />
1903 richtete Dita Baumgartner einen Antrag an<br />
die Gemeindevertretung in Piešťany, in dem sie<br />
ihre Absicht, das Sommerhaus Löger abzureißen<br />
und an seiner Stelle nach den beigefügten<br />
Entwürfen ein neues Objekt errichten zu lassen,<br />
bekannt gab. Die Projektdokumentation ist mit<br />
einem Stempel der in Piešťany ansässigen<br />
Baufirma „Halzl-Kratky“ versehen. Die<br />
Genehmigung seitens der Gemeinde – genau<br />
genommen die Baugenehmigung – trägt das<br />
Datum 21. 9. 1903. Es sind nur fünf Tage nach<br />
dem Einreichen des Antrages. Es wird darin<br />
angegeben, dass es sich um ein durch das<br />
Hochwasser stark beschädigtes Gebäude handelt,<br />
das aus diesem Grund abgerissen werden soll. Da<br />
das neue Objekt von der Straßenseite aus<br />
(Kráľovský rad 9) auf den alten Fundamenten<br />
aufgebaut werden soll, gab es gegen das<br />
Bauvorhaben keinerlei Einwände (Staatsarchiv<br />
Bratislava, Außenstelle Trnava, Inv. Nr. 278,<br />
Archivbestand Nr. 2522/1903, Nebenakte des<br />
Kreisnotariats in Piešťany).<br />
Als Projektinvestor figuriert hierbei Franz<br />
Baumgartner. Neben seinem Namen wird auf<br />
Ungarisch sein Beruf mit „muépítész“ ” angegeben.<br />
Es ist die Bezeichnung für einen Baumeister, der<br />
künstlerisch anspruchsvollere Bauwerke entwirft.<br />
Die äußere Gestalt des Objektes, in der sich die<br />
damaligen Trends der österreichisch-ungarischen<br />
„Kursezession“ widerspiegeln, zeugt davon, dass<br />
der Investor in diesem Falle sehr intensiv in die<br />
Arbeit der Projektautoren eingegriffen hat. Die<br />
Bau- und Projektgesellschaft „Halzl-Kratky“<br />
realisierte in Piešťany weder in der Zeit zuvor, noch<br />
danach, ein vergleichbares Bauwerk.<br />
Die neue Pension mit 40 elegant eingerichteten<br />
Zimmern verfügte über eine hervorragende Lage.<br />
Zur damaligen Zeit – das Hotel Thermia Palace<br />
existierte noch nicht – bot sie die nächstgelegenen<br />
Unterkünfte in der Nähe des Heilbades. Das<br />
Ehepaar Baumgartner bewies Sinn für Tradition<br />
und führte seine neue Pension weiterhin unter<br />
dem Namen „Villa Löger“. Dies kann aber auch<br />
ein Ausdruck der Popularität, derer sich der<br />
künstlerisch vielseitig aktive Gusztáv Löger in<br />
Piešťany erfreute, gewesen sein. Erstaunlich war<br />
ebenfalls das damalige Tempo der Bauarbeiten.<br />
Als die berühmte tschechische Schauspielerin<br />
Hana Kvapilová am 28. 6. 1904 ihrem Ehemann<br />
eine Postkarte von ihrem Kuraufenthalt in Piešťany<br />
sendete, trug diese bereits die neue Pension, in der<br />
sie wohnte und die sie sehr lobte, als Motiv.<br />
Im Jahre 1917 verkauften die Baumgartners die<br />
Villa Löger an Dr. Aladar Reichardt, der einen<br />
Raum im Erdgeschoss an ein Stickerei- und<br />
Souvenirgeschäft vermietete. Später zog aus dem<br />
Hotel Eden Kornel Ruhmann mit seiner Apotheke<br />
dort hin.<br />
Während des Krieges diente das Objekt als Sitz<br />
der gefürchteten Gestapo. Auf ihrem Rückzug<br />
sprengten die deutschen Einheiten die<br />
Kolonnadenbrücke in die Luft. Da die Pension in<br />
ihrer unmittelbarer Nähe stand, wurde sie durch<br />
die Explosion beschädigt. Die darin ansässige<br />
Apotheke nahm ihren Betrieb nicht mehr auf.<br />
Doktor Reichardt flüchtete als Sudetendeutscher<br />
zusammen mit den sich zurückziehenden<br />
Einheiten. In den letzten 60 Jahren dient das<br />
Bauwerk als Internat für Schüler einer örtlichen<br />
Fachschule. Zu Beginn der 90er Jahre wurde es<br />
unter Berücksichtigung seines Denkmalwertes<br />
umfassend renoviert. ❚<br />
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