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Analyse realer Bewegungsvorgänge im Physikunterricht - Institut für ...

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Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />

<strong>Institut</strong> für Physik<br />

_______________________________________________________<br />

<strong>Analyse</strong> <strong>realer</strong> Bewegungsvorgänge <strong>im</strong><br />

<strong>Physikunterricht</strong>:<br />

Zum Einsatz eines Videomess- und -präsentationssystems<br />

mit Anwendungsbeispielen aus Physik und Sport<br />

Wissenschaftliche Prüfungsarbeit zum<br />

Ersten Staatsexamen<br />

für das Lehramt an Gymnasien<br />

<strong>im</strong> Fach Physik<br />

vorgelegt von:<br />

Lars-Patrick May<br />

Mainz, 08.02.2001<br />

1


Abbildung 0: Rotationsbewegung eines Gleitpucks am Luftkissentisch. Im Bild<br />

erfolgt gerade die Durchtrennung des Fadens per „Explosion“ eines Silvesterkrachers.<br />

Anschriften bzw. Kontaktadressen des Autors:<br />

Semesteranschrift:<br />

He<strong>im</strong>atanschrift:<br />

Berliner Straße 29 Auf der Hardt 15<br />

55131 Mainz 56130 Bad Ems<br />

Tel.: 06131/ 833398 Tel.: 02603/ 3172<br />

Email: mayl000@mail.uni-mainz.de<br />

2


Vorwort<br />

Der Titel dieser Staatsexamensarbeit lautet: „<strong>Analyse</strong> <strong>realer</strong> Bewegungsvorgänge <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong>:<br />

Zum Einsatz eines Videomess- und -präsentationssystems mit Anwendungsbeispielen<br />

aus Physik und Sport“.<br />

Allein die Überschrift wirft eine Reihe von Fragen auf, die <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit beantwortet<br />

werden sollen: Was ist der „Wert“ von „Realbewegungen“? Was ist ein Videomessoder<br />

-präsentationssystem? Wo und wie kann es eingesetzt werden? Ergänzt es den herkömmlichen<br />

<strong>Physikunterricht</strong> oder werden fachdidaktische Probleme nur verlagert? Welche<br />

Beispiele aus dem Sport können sinnvoll und mit wertvollen Lerneffekt <strong>im</strong> Schulphysikunterricht<br />

eingesetzt werden?<br />

Bei der Beantwortung dieser und vieler anderer Fragen steht diese Arbeit <strong>im</strong> Spannungsfeld<br />

aus wissenschaftlichem Anspruch und möglichst großer Einfachheit für den Anwender.<br />

Einerseits soll gezeigt werden, dass der Student das wissenschaftliche Arbeiten <strong>im</strong> von ihm<br />

gewählten Fach beherrscht und <strong>im</strong> Rahmen seiner Arbeit die Methoden des Fachs anwendet<br />

und am Ende zu relevanten Ergebnissen kommt.<br />

Andererseits soll diese Arbeit bei allem wissenschaftlichen Inhalt möglichst nicht „<strong>im</strong> Regal<br />

verstauben“, sondern Referendaren oder unterrichtenden Lehrern das Arbeiten mit dem Videomess-<br />

und -präsentationssystem ViMPS ermöglichen und die nötigen Schritte vom analogen<br />

Videofilm zur fertigen Auswertung erklären.<br />

Insofern ähneln einige Kapitel der folgenden Arbeit eher einer Bedienungsanleitung zur Lösung<br />

eines speziellen Problems, wohingegen sich andere Abschnitte mit Problemen oder Anwendungen<br />

der Hochschulphysik oder -mathematik beschäftigen, die weit über das mögliche<br />

Schulniveau hinaus gehen. Mit diesem Vorwissen sollte es aber den Lesern der Arbeit möglich<br />

sein, sich speziell den Passagen zuzuwenden, die für sie persönlich von Interesse sind.<br />

Zur Orientierung steht es dem Leser frei, neben der Benutzung des folgenden Inhaltsverzeichnisses<br />

zunächst die Kapitel am Ende einer jeden Themeneinheit zu lesen, in denen die wichtigsten<br />

Ergebnisse und Aussagen zusammengefasst werden.<br />

Schließlich soll noch angemerkt werden, dass die Arbeit in neuer Rechtschreibung verfasst ist<br />

und die Nennungen von Personen wie Lehrer, Schüler oder Anwender aus sprachökonomischen<br />

Gründen nur in der männlichen Form erfolgt, was ausdrücklich nicht als diskr<strong>im</strong>inierend<br />

zu verstehen ist.<br />

Mainz, <strong>im</strong> Frühjahr 2001<br />

Lars-Patrick May<br />

3


Inhaltsverzeichnis<br />

VORWORT............................................................................................................................................................3<br />

INHALTSVERZEICHNIS ...................................................................................................................................4<br />

1 EINLEITUNG ..............................................................................................................................................7<br />

2 DAS VIDEOMESS- UND -PRÄSENTATIONSSYSTEM VIMPS..........................................................9<br />

2.1 VORSTELLUNG DES SYSTEMS.....................................................................................................................9<br />

2.1.1 Didaktischer Hintergrund................................................................................................................9<br />

2.1.2 Eigenschaften und Funktionsweise................................................................................................10<br />

2.2 ÜBERBLICK ÜBER ANDERE VIDEOMESSSYSTEME ....................................................................................12<br />

3 DER PROZESS DER VIDEODIGITALISIERUNG..............................................................................13<br />

3.1 VERSCHIEDENE MÖGLICHKEITEN DER VIDEODIGITALISIERUNG ..............................................................13<br />

3.1.1 Problembeschreibung....................................................................................................................13<br />

3.1.2 Das bisher verwendete System BUZ von Iomega...........................................................................13<br />

3.1.3 Digitalisierungskarten ...................................................................................................................14<br />

3.1.4 Grafikkarten...................................................................................................................................14<br />

3.1.5 Fernsehkarten................................................................................................................................15<br />

3.2 DIE VIDEODIGITALISIERUNGSKARTE OSPREY 100 ...................................................................................15<br />

3.2.1 Anschluss und Vorbereitungen ......................................................................................................15<br />

3.2.2 Digitalisierung...............................................................................................................................16<br />

3.3 DIE FERNSEHKARTE WINTV GO ..............................................................................................................17<br />

3.3.1 Installation.....................................................................................................................................17<br />

3.3.2 Digitalisierung...............................................................................................................................17<br />

3.4 DER DIREKTE VERGLEICH BEIDER KARTEN..............................................................................................18<br />

3.4.1 Testergebnisse................................................................................................................................18<br />

3.4.2 Empfehlung....................................................................................................................................19<br />

4 DIE VIDEOBEARBEITUNG ...................................................................................................................21<br />

4.1 NOTWENDIGKEIT DER VIDEOBEARBEITUNG.............................................................................................21<br />

4.2 AVIEDIT 2.5.............................................................................................................................................21<br />

4.3 VIDEOKOMPRIMIERUNGSCODECS.............................................................................................................22<br />

5 ERSTE THEMENEINHEIT: DER LUFTKISSENTISCH....................................................................25<br />

5.1 IDEE UND FRAGESTELLUNGEN .................................................................................................................25<br />

5.1.1 Motivation......................................................................................................................................25<br />

5.1.2 Themen und Versuchsideen ...........................................................................................................26<br />

5.2 VORGEHEN/ PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG .............................................................................................27<br />

5.2.1 Versuchsaufbau .............................................................................................................................27<br />

4


5.2.2 Durchführung der verschiedenen Versuche...................................................................................28<br />

5.3 AUSWERTUNG DER VERSCHIEDENEN FILMAUFNAHMEN...........................................................................33<br />

5.3.1 Allgemeine Durchführung der Messungen in ViMPS ....................................................................33<br />

5.3.2 Vorstellung des Auswertungsschemas in EXCEL ..........................................................................34<br />

5.3.3 Die Impulserhaltung - Untersuchung an einfachen Stößen ...........................................................36<br />

5.3.4 Die Schwerpunktbewegung zweier gekoppelter Gleitpucks...........................................................37<br />

5.3.5 Der Unelastische Stoß in Verbindung mit der Schwerpunktbewegung..........................................39<br />

5.3.6 Der Elastische Stoß - Energieerhaltung ........................................................................................39<br />

5.3.7 Einführung der Rotationsbewegung (mögliche Unterrichtsreihe).................................................41<br />

5.3.8 Rotation und Translation...............................................................................................................47<br />

5.3.9 Ein neues Kraftgesetz: Die elliptische Federschwingung..............................................................48<br />

5.3.10 Versuche zur Gaskinetik ................................................................................................................50<br />

5.4 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE....................................................................................................53<br />

6 ZWEITE THEMENEINHEIT: DAS WASSERSPRINGEN .................................................................54<br />

6.1 IDEE UND FRAGESTELLUNG .....................................................................................................................54<br />

6.1.1 Gründe für die Auswahl des Wasserspringens ..............................................................................54<br />

6.1.2 Konkrete Fragestellungen..............................................................................................................55<br />

6.2 VORGEHEN/ PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG .............................................................................................55<br />

6.2.1 Versuchsaufbau .............................................................................................................................55<br />

6.2.2 Versuchsdurchführung...................................................................................................................56<br />

6.3 AUSWERTUNG DER VERSCHIEDENEN SPRÜNGE........................................................................................57<br />

6.3.1 Die 3 ½-fachen Saltosprünge vom 3 m-Brett.................................................................................57<br />

6.3.2 Die 2 ½-fachen Saltosprünge vom 1 m-Brett.................................................................................63<br />

6.3.3 Der Kopfsprung vom 1 m-Brett .....................................................................................................64<br />

6.3.4 Der „Spezialsprung“ vom 1 m-Brett .............................................................................................64<br />

6.4 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE....................................................................................................68<br />

7 DRITTE THEMENEINHEIT: DAS TRAMPOLINSPRINGEN ..........................................................69<br />

7.1 IDEE UND FRAGESTELLUNGEN .................................................................................................................69<br />

7.1.1 Ausgangsidee.................................................................................................................................69<br />

7.1.2 Die Problematik.............................................................................................................................70<br />

7.1.3 Versuchsideen................................................................................................................................71<br />

7.2 PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG.................................................................................................................71<br />

7.2.1 Versuchsaufbau .............................................................................................................................71<br />

7.2.2 Versuchsdurchführung...................................................................................................................72<br />

7.3 AUSWERTUNG DER VERSCHIEDENEN SPRUNGVERSUCHE .........................................................................75<br />

7.3.1 Die Wahl des „richtigen“ Koordinatensystems.............................................................................75<br />

7.3.2 Erkenntnisse aus dem Dotzen ........................................................................................................77<br />

7.3.3 Höhenkorrektur bei allgemeinen Sprüngen ...................................................................................80<br />

7.3.4 Auswirkung des Beinöffnungswinkels auf die Eintauchtiefe..........................................................81<br />

7.3.5 Dynamik des Trampolinspringens .................................................................................................82<br />

5


7.4 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE....................................................................................................89<br />

8 VIERTE THEMENEINHEIT: DIE NEBELKAMMER........................................................................91<br />

8.1 IDEE UND FRAGESTELLUNG .....................................................................................................................91<br />

8.2 PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG.................................................................................................................91<br />

8.2.1 Die Nebelkammer <strong>im</strong> AKW Mülhe<strong>im</strong>-Kärlich ...............................................................................92<br />

8.2.2 Die Nebelkammer am <strong>Institut</strong> für Kernchemie (Mainz).................................................................93<br />

8.3 AUSWERTUNG DER NEBELKAMMERAUFNAHMEN.....................................................................................94<br />

8.3.1 Verschiedene Arten radioaktiver Strahlung...................................................................................94<br />

8.3.2 Best<strong>im</strong>mung der Reichweite von ?-Teilchen in Luft ......................................................................94<br />

8.4 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE....................................................................................................97<br />

9 DER EINSATZ VON VIMPS AUS (FACH-) DIDAKTISCHER SICHT ............................................98<br />

9.1 ZUM EINSATZ VON VIDEOMESSSYSTEMEN IM PHYSIKUNTERRICHT .........................................................98<br />

9.1.1 Allgemeine Eigenschaften von Videomesssystemen.......................................................................98<br />

9.1.2 ViMPS <strong>im</strong> Unterschied zu anderen Videomesssystemen (Verfügbarkeit) ......................................99<br />

9.2 DIE BEDEUTUNG VON REALEXPERIMENTEN ..........................................................................................100<br />

9.3 EINBEZIEHUNG DER SCHÜLER IN DEN UNTERRICHT...............................................................................101<br />

9.3.1 Schülerversuche mit ViMPS.........................................................................................................101<br />

9.3.2 Unabhängigkeit vom ViMPS-Einsatz und der gewählten Sozialform..........................................102<br />

9.4 PHYSIK UND SPORT – EIN THEMENFELD ................................................................................................103<br />

9.4.1 Interdependenz zwischen Physik und Sport .................................................................................103<br />

9.4.2 Sport und Physik in der Literatur ................................................................................................103<br />

10 SCHLUSS .................................................................................................................................................105<br />

10.1 ZUSAMMENFASSUNG.........................................................................................................................105<br />

10.2 AUSBLICK .........................................................................................................................................107<br />

TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS .....................................................................................108<br />

LITERATURVERZEICHNIS..........................................................................................................................110<br />

ANHANG ...........................................................................................................................................................114<br />

A: VERÄNDERUNGEN VON VIMPS GEGENÜBER DER VORGÄNGERVERSION....................................................114<br />

B: KURZE BEDIENUNGSANLEITUNG DES PROGRAMMS AVIEDIT .....................................................................114<br />

C: HERLEITUNG DES ENERGIEERHALTUNGSSATZES (LUFTKISSENTISCH) ........................................................116<br />

D: DIAGRAMME ZUR SCHWERPUNKTBEWEGUNG (LUFTKISSENTISCH) ............................................................117<br />

E: DIE ELLIPTISCHE FEDERSCHWINGUNG (LUFTKISSENTISCH) ........................................................................118<br />

F: DIAGRAMME ZUM 3 ½-FACHEN SALTO (WASSERSPRINGEN).......................................................................120<br />

G: DIAGRAMME ZUM 2 ½-FACHEN SALTO (WASSERSPRINGEN) ......................................................................122<br />

DANKSAGUNG ................................................................................................................................................123<br />

EIGENE ERKLÄRUNG...................................................................................................................................124<br />

6


1 Einleitung<br />

Beinahe täglich finden sich in deutschen Haushalten Werbeprospekte oder Beilagen in Zeitungen<br />

von führenden Unternehmen der Elektro- und Unterhaltungsindustrie, in denen die<br />

neusten Errungenschaften des High-Tech-Zeitalters angepriesen werden. Es ist geradezu erstaunlich,<br />

in welchem Tempo Verbesserungen, Neuerungen und Weiterentwicklungen vor allem<br />

auf dem Computermarkt in Form von Mult<strong>im</strong>edia-PCs auf den Markt gebracht werden.<br />

Nach dem Erwerb eines solchen Computers stellt sich bei der Lektüre der mitgelieferten (Installations-)<br />

Anleitung schnell heraus, dass der Computer mit Grafikkarte, Modem-anschluss,<br />

CD-Brenner, Soundkarte und anderen „Features“ längst mehr geworden ist als eine herkömmliche<br />

Schreibmaschine. Mit dem Computer steht <strong>im</strong> beginnenden 21. Jahrhundert ein<br />

elektronisches Gerät zur Verfügung, mit dem die jüngere Generation aufgewachsen ist und<br />

welches auch mehr und mehr <strong>im</strong> Alltag seine Verwendung findet; selbst in Schulen gehört ein<br />

Computerraum und Internetanschluss inzwischen zum Standard.<br />

Zahlreiche pädagogische Beiträge beschäftigen sich mit dem Einsatz von Computern <strong>im</strong> allgemeinen<br />

Schulunterricht; speziell für den <strong>Physikunterricht</strong> erscheinen in Fachzeitschriften<br />

beinahe monatlich neue Anwendungen, Ideen oder Unterrichtskonzepte, die vom Physiklehrer<br />

in die Tat umgesetzt werden könn(t)en, da die meisten Programme auf inzwischen schulüblichen<br />

Rechnern durchführbar sind.<br />

Neben dem Computer ist die Videokamera ein Standardgerät in Schulen und eröffnet breite<br />

Anwendungsmöglichkeiten. Filme, die informativen oder unterhaltenden Wert haben, können<br />

mitunter von Schülern ebenso selbst gedreht werden wie Bewegungsaufnahmen, die für den<br />

<strong>Physikunterricht</strong> gefilmt werden und später mit dem Computer auswertbar sind. Hierzu muss<br />

allerdings ein System zur Verfügung stehen, welches einerseits ermöglicht, die Videoaufnahmen<br />

in ein digitales Format umzuwandeln und andererseits eine Messung der gefilmten Bewegung<br />

erlaubt. Der schnell einzusehende Vorteil hiervon wäre, dass Schüler über das Filmen<br />

von realen Bewegungen aus ihrem Alltag, deren Digitalisierung, Messung und Auswertung<br />

einen stärkeren Affekt bezüglich physikalischer Gesetze oder der physikalischen Beschreibung<br />

der Natur verspüren würden.<br />

Diese Thematik soll <strong>im</strong> Hauptteil der Arbeit beschrieben werden. Mit dem Computerprogramm<br />

ViMPS (= VideoMess- und -PräsentationsSystem) wird eine Software vorgestellt, die<br />

an der Universität Mainz entwickelt wurde, frei erhältlich ist, auf Windows basiert und Koordinatenmessungen<br />

in einem Videofenster ermöglicht, über die Geschwindigkeiten, Beschleu-<br />

7


nigungen oder andere physikalische Größen best<strong>im</strong>mt werden können. Die Symbiose aus Video-<br />

und Computersystem steht somit als videografisches Messwerkzeug zur Verfügung.<br />

Außerdem wird der Prozess beschrieben, der aus einfachen Filmaufnahmen für den Computer<br />

lesbare, d.h. digitale Videosequenzen macht. Dies ist wichtig, da in den Schulen zwar analoge<br />

Kameras zur Verfügung stehen, digitale Camcorder aber in der Regel nicht vorhanden sind.<br />

Hierbei sind die entsprechenden Kapitel so geschrieben, dass die Informationen für Benutzer,<br />

seien es Lehrer, Schüler oder andere Personen, möglichst verständlich, nachvollziehbar und<br />

direkt anwendbar sind.<br />

Einen großen Raum n<strong>im</strong>mt die Präsentation von Beispielen des vielschichtigen Arbeitens mit<br />

ViMPS ein. Hierbei werden sowohl zahlreiche produzierte Videosequenzen vorgestellt als<br />

auch die entsprechenden Messmethoden diskutiert und unterschiedliche Formen der Auswertung<br />

solcher Filmaufnahmen <strong>im</strong> Rahmen der Methodenvielfalt vorgeführt. Durch die Beispiele<br />

zum Wasserspringen und Trampolinspringen wird außerdem eine neue Thematik angesprochen,<br />

nämlich das Thema „Physik und Sport“, welches in der Oberstufe als Wahlbaustein<br />

behandelt werden kann. Die <strong>im</strong> Vorfeld geleistete Recherche ermöglicht den Verweis auf<br />

zahlreiche Literaturstellen, die „Physik und Sport“ als Thema haben; dort werden viele Bewegungen<br />

des Sports untersucht oder Unterrichtsbeispiele gegeben. Die zusammenfassende<br />

Darstellung hierzu kann Lehrern als Anregung oder Materialsammlung dienen. An dieser<br />

Stelle wird auch der didaktisch sinnvolle Einsatz von Videomesssystemen <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong><br />

besprochen.<br />

8


2 Das Videomess- und -präsentationssystem ViMPS<br />

2.1 Vorstellung des Systems<br />

In seiner wissenschaftlichen Prüfungsarbeit für das Erste Staatsexamen an der Universität<br />

Mainz beschreibt BECKER 1 die Konzeption und Erstellung eines Computerprogramms, mit<br />

dem Videosequenzen vorgestellt und (schrittweise) abgespielt werden können (Präsentation);<br />

außerdem ermöglicht das Programm <strong>im</strong> Videofenster die Koordinaten einzelner Bildpunkte<br />

zu vermessen. Zusammen mit der über die jeweiligen Bildnummern gegebenen Zeitinformation<br />

sind damit die kinematischen Variablen des jeweiligen Bewegungsablaufes best<strong>im</strong>mbar.<br />

2.1.1 Didaktischer Hintergrund<br />

Im Zentrum der physikalischen Lehre oder des <strong>Physikunterricht</strong>s in der Schule steht das Exper<strong>im</strong>ent.<br />

Es ist originärer Bestandteil des naturwissenschaftlichen Ansatzes zur Beobachtung<br />

und Beschreibung der Natur und deren Gesetze. Um Schülern einen neuen Zugang zu physikalischen<br />

Versuchen zu geben, sie aber gleichzeitig mit der physikalischen Fragestellung vertraut<br />

zu machen, wurde ViMPS entwickelt. Durch Videoaufnahmen, die vom Lehrer geeignet<br />

zu den Themen seines Unterrichts ausgesucht werden, können Exper<strong>im</strong>ente, die Schülern<br />

vorher unzugänglich waren, von ihnen „durchgeführt“ werden 2 . Hierbei betont BECKER, dass<br />

es sich dabei nicht um „S<strong>im</strong>ulationen“ von physikalischen Versuchen handelt:<br />

„Deren Einsatz ist [..] didaktisch bedenklich, da sie <strong>im</strong> Prinzip „alles“ zeigen können.<br />

Sinnvoll werden S<strong>im</strong>ulationen nur dann, wenn es um die Veranschaulichung von physikalischen<br />

Problemen geht, die kein Realexper<strong>im</strong>ent leisten kann, wie zum Beispiel<br />

die Darstellung von Quantenphänomenen [..]. Ansonsten ist jedoch jeder S<strong>im</strong>ulation<br />

das Realexper<strong>im</strong>ent vorzuziehen.“ (Vgl. BECKER [3], S. 4).<br />

Auch der Unterschied zu reinen Physiklehrfilmen muss unterstrichen werden. BECKER<br />

schreibt dazu ([3], S. 4):<br />

„Eine häufig angewandte und bewährte Methode ist die Präsentation von Versuchen<br />

<strong>im</strong> Film, bei der das Exper<strong>im</strong>ent sowohl phänomenologisch als auch quantitativ behandelt<br />

werden kann [..]. Der große Nachteil hierbei ist, daß nicht nur das Exper<strong>im</strong>ent<br />

1 Vgl. [3].<br />

2 BECKER stellt in seiner Arbeit die <strong>Analyse</strong> der Wurfparabel eines Kugelstoßers bzw. den Milikan-Versuch zur<br />

Verfügung. Im Rahmen dieser Arbeit werden zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt und das Anwendungsfeld<br />

von ViMPS durch Videosequenzen aus Physik und Sport erweitert (vgl. hierzu Kapitel 5 bis 8 und<br />

9.4).<br />

9


als solches präsentiert wird, sondern auch noch sämtliche Erklärungen und Kommentare,<br />

so daß beispielsweise ein Lehrer die Kontrolle über seinen Unterricht komplett<br />

aus der Hand gibt. Noch schwerwiegender ist es, daß der Schüler nur passiver<br />

Zuschauer ist, da er in keiner Weise am Exper<strong>im</strong>ent mitwirken kann, worunter meist<br />

auch der Lernerfolg leidet.“<br />

Ein Ziel von ViMPS ist also, die Schüler direkt am Exper<strong>im</strong>ent und damit an der Erkenntnisgewinnung<br />

zu beteiligen. Hierzu muss unterstrichen werden, dass die Benutzung von ViMPS<br />

nicht die bisher möglichen Schülerversuche <strong>im</strong> Unterricht ersetzen kann und soll. ViMPS<br />

kann aber sonst nicht durchführbare Versuche als Schülerversuch zur Verfügung stellen, sei<br />

es einerseits aufgrund der Videomesstechnik, die z.B. die <strong>Analyse</strong> der Flugphase eines Wasserspringers<br />

ermöglicht oder andererseits beispielsweise durch den nun allen Schülern möglichen<br />

Blick durch das Mikroskop be<strong>im</strong> Milikan-Versuch.<br />

Hieraus können sich neue Impulse für den <strong>Physikunterricht</strong>, die Projektwoche oder die private<br />

Verwendung ergeben. Eine weitere Diskussion didaktischer Fragestellungen findet sich in<br />

Kapitel 9; methodische Fragen werden zum Teil in den Themenkapiteln 5 bis 8 angesprochen.<br />

2.1.2 Eigenschaften und Funktionsweise<br />

BECKER erklärt in seiner Arbeit 3 ausführlich den Umgang mit ViMPS. Auch die einzelnen<br />

Bedienfenster werden vorgestellt und erklärt. Dies soll hier nicht in aller Ausführlichkeit wiederholt<br />

werden. Allerdings sollen zur besseren Übersicht und zum Verständnis dieser Arbeit<br />

die wichtigsten Fakten zusammenfassend genannt werden. In Klammern werden die entsprechenden<br />

Seitenzahlen aus der Arbeit von BECKER genannt.<br />

? Videosequenzen, die präsentiert oder analysiert werden sollen, müssen <strong>im</strong> AVI- oder<br />

MPEG-Format vorliegen 4 . Dann können sie <strong>im</strong> Videofenster von ViMPS angezeigt werden<br />

(S. 16, 26 ff.).<br />

3 Vgl. [3], S. 15 – 31.<br />

4 Vgl. hierzu Kapitel 3 über die Videodigitalisierung.<br />

10


Abbildung 1: Das „Video abspielen“-Fenster von ViMPS<br />

? Im Fenster „Präsentation erstellen“ können Videosequenzen mit Texten oder Arbeitsaufgaben<br />

unterlegt werden. Fertige Präsentationen können <strong>im</strong> „Video abspielen“ Fenster angezeigt<br />

werden (S. 16, 19-26).<br />

? Das Programm ViMPS ist in „Borland Delphi 3“ geschrieben und verwendet die bekannte<br />

Windowsbenutzeroberfläche (S. 17, 45).<br />

? Die Anzahl der Bedienelemente in ViMPS wurde auf ein Min<strong>im</strong>um reduziert. Dies ermöglicht<br />

dem Schüler (und Lehrer) eine Konzentration auf die wesentlichen Funktionen;<br />

eine Ablenkung oder Verwirrung durch andere „Buttons“ entfällt (S. 17, 19 f.).<br />

? Messwerte können als Zahlenwerte gespeichert und dann extern analysiert werden (S. 27).<br />

Weitere Eigenschaften und vor allem die Einsatzmöglichkeiten (S. 29 ff.) von ViMPS werden<br />

an anderer Stelle 5 diskutiert.<br />

5 Vgl. Kapitel 9.<br />

11


2.2 Überblick über andere Videomesssysteme<br />

Neben dem Videosystem ViMPS, das 1999 an der Universität in Mainz entwickelt wurde,<br />

existieren (teilweise auch <strong>im</strong> Internet) noch weitere Videoanalysesysteme. HILSCHER ([14],<br />

S.198) nennt die deutschsprachigen Programme GALILEO, DAVID und DIVA.<br />

GALILEO 6 wurde von P. KRAHMER, Gymnasiallehrer aus Würzburg und R. WINTER, Mitarbeiter<br />

am <strong>Institut</strong> für Didaktik der Physik in Potsdam, erstellt. DIVA 7 wurde von C. DZI-<br />

ARSTEK an der Universität Augsburg und DAVID 8 an der LMU München in Anlehnung an<br />

das Programm DIVA entwickelt. In englischer Sprache liegen die Videosysteme CUPLE 9 und<br />

Videopoint 10 vor (vgl. hierzu die Themenhefte der Zeitschrift Physik in der Schule: [18], [30],<br />

[31], und [47]).<br />

BECKER ([3], S. 12) schreibt, dass sich die genannten Programme bezüglich ihrer Kernidee<br />

kaum unterscheiden. Die größte Gemeinsamkeit besteht darin, dass sämtliche Programme<br />

darauf ausgerichtet sind, eine <strong>Analyse</strong> von Bewegungsvorgängen zu ermöglichen. Immer<br />

werden nach einer erfolgten Kalibration Ortskoordinaten (und die Zeit) aus dem Videobild<br />

ausgelesen, die danach in Diagrammen aufgetragen werden können. Des weiteren stehen neben<br />

den reinen Programmen oft vorgefertigte Videosequenzen zur Verfügung, die analysiert<br />

werden können.<br />

In der Literatur werden Erfahrungsberichte vorgestellt und die einzelnen Systeme miteinander<br />

verglichen 11 . Die Erstellung von ViMPS als Videomess- und -präsentationssystem neben den<br />

schon vorhandenen Systemen begründet BECKER ([3], S. 13 f.), wie folgt:<br />

„Der Einsatz der digitalen Videos beschränkt sich bei den angesprochenen Systemen<br />

jedoch nur auf den Aspekt der Bewegungsanalyse. Die Idee bei der Entwicklung der<br />

Software ViMPS war es deshalb, neben einer Option zum Messen, das Potential von<br />

digitalen Videos weiter auszuschöpfen und auch den Gesichtspunkt der Dokumentation<br />

und Präsentation einzubinden.<br />

Störend wirkt bei den vorliegenden Programmen zudem die teilweise unübersichtliche<br />

Oberflächengestaltung. Viele Einstellungsmöglichkeiten, Diagramme und bunte Buttons<br />

wirken hier eher verwirrend. Für den Laien erfordert es daher einige Zeit, um das<br />

Programm richtig bedienen zu können. Eine weitere Forderung an ViMPS war es<br />

deshalb, eine Arbeitsumgebung anzubieten, die sehr schnell und intuitiv bedient werden<br />

kann und dennoch ein breites Feld an Anwendungsmöglichkeiten bietet.“<br />

6 Hyperlink: http://didaktik.physik.uni-wuerzburg.de/pkrahmer/home/galileo.html .<br />

7 Hyperlink: http://www.mult<strong>im</strong>edia-physik.com .<br />

8 Hyperlink: http://www.physik.uni-muenchen.de/sektion/didaktik/Computer/DAVID/david/htm .<br />

9 Vgl. WILSON/REDISH [57], Hyperlink: http://www.aip.org/pas/cuple.html .<br />

10 Vgl. LUETZELSCHWAB/LAWS/GILE [25], Hyperlink: http://www.lsw.com/videopoint .<br />

11 Vgl. z.B. [3], S. 13, [18], [31] und [47]. Eine weiterführende didaktische Abgrenzung von ViMPS zu den anderen<br />

Videomesssystemen wird in Kapitel 9.1 vorgenommen.<br />

12


3 Der Prozess der Videodigitalisierung<br />

3.1 Verschiedene Möglichkeiten der Videodigitalisierung<br />

3.1.1 Problembeschreibung<br />

Um Videosequenzen mit dem Programm ViMPS abspielen bzw. analysieren zu können, müssen<br />

diese in digitaler Form vorliegen. Falls der Anwender eine digitale Kamera zur Aufzeichnung<br />

von Videosequenzen verwendet, entfällt der Prozess der Digitalisierung. Die Videos, die<br />

in der Regel <strong>im</strong> MPEG- (Motion Picture Exchange Group), MJPEG- (Motion Joint Photographic<br />

Experts Group) oder AVI-Format (Audio-Video-Interleave) vorliegen, können dann<br />

direkt mit ViMPS bearbeitet werden 12 .<br />

Da ViMPS vor allem für den Gebrauch in der Schule vorgesehen ist und zur Zeit 13 nicht davon<br />

ausgegangen werden kann, dass die Schulen über digitale Kameras verfügen, soll die<br />

Umwandlung von analogen Filmbildern in digitale Formate näher beschrieben werden.<br />

Voraussetzung für diesen Umwandlungsprozess ist nur, dass die Aufnahmen mit einer analogen<br />

Kamera erstellt wurden und die Kamera über einen Videoausgang verfügt, über den man<br />

die Filme an den Computer übertragen kann.<br />

Die folgenden Unterkapitel ähneln häufig einer Gebrauchsanweisung zur Videodigitalisierung.<br />

Dies soll den Anwendern (z.B. Lehrern) eine Handreichung sein, um be<strong>im</strong> Einsatz von<br />

ViMPS <strong>im</strong> Unterricht nicht am Problem der Videodigitalisierung zu scheitern.<br />

3.1.2 Das bisher verwendete System BUZ von Iomega<br />

BECKER beschreibt ([3], S. 10 f.) die Umwandlung analoger Signale in das (digitale) Format<br />

AVI, wozu er während seiner Arbeit das System BUZ von Iomega verwendet hat. Dies ist ein<br />

computerexternes System, welches analoge Signale einliest und sie als digitale Information<br />

ausgibt. Hierbei liegen alle Videosequenzen anschließend <strong>im</strong> AVI-Format vor. Da BUZ bei<br />

Tests <strong>im</strong> Frühjahr 2000 nur noch instabil lief und auch die Rate der bearbeitbaren Daten sehr<br />

niedrig <strong>im</strong> Vergleich zu neuerer Hard- und Software war, sollte dieses System durch ein neueres<br />

Videodigitalisierungssystem ersetzt werden. Hierzu wurde zunächst Marktforschung betrieben,<br />

deren Ergebnisse <strong>im</strong> Folgenden vorgestellt werden.<br />

12 Zu den verschiedenen Videoformaten vgl. z.B.: [50], S. 124 f.<br />

13 Stand: Herbst 2000.<br />

13


3.1.3 Digitalisierungskarten<br />

Der Markt bietet zur Zeit drei Möglichkeiten, um analoge Videos zu digitalisieren 14 . Die qualitativ<br />

hochwertigsten PCI-Karten, die dies vermögen, sind die sogenannten Digitalisierungskarten.<br />

Hier sind vor allem die Anbieter Pinnacle (Studio DC10), Osprey (Osprey 100), oder<br />

Fast (AV Master) zu nennen. Die Digitalisierungskarten sind eigens dafür konstruiert, analoge<br />

Signale in digitale Formate zu verwandeln. Dies ist in der Regel in vielfältiger Form möglich.<br />

Einerseits können Bilder, die <strong>im</strong> Computer vorliegen (z.B. aus Internetseiten), <strong>im</strong> passenden<br />

Format zur Weiterverarbeitung gespeichert werden. Andererseits können externe Signale an<br />

die Karte übertragen und digitalisiert werden, z.B. Tonaufnahmen (Musik), Standbilder oder<br />

Videosequenzen. Der Prozess der Digitalisierung externer Signaleingänge wird häufig als<br />

„Capture“ bezeichnet und ist auch als solcher in den entsprechenden Begleitprogrammtexten<br />

zu finden. Normalerweise liefern die Anbieter neben der reinen Hardware auch Software (also<br />

Anwendungsprogramme), mit der die digitalisierten Filme weiter bearbeitet werden können.<br />

Digitalisierungskarten sind zur Zeit ab 500 DM aufwärts auf dem Markt. Im Rahmen dieser<br />

Staatsexamensarbeit wurde stellvertretend für alle Digitalisierungskarten die Karte Osprey<br />

100, die in der Arbeitsgruppe vorhanden war, getestet und verwendet.<br />

3.1.4 Grafikkarten<br />

Die nächste Möglichkeit, Videos in ein digitales Format zu verwandeln, ist die Benutzung einer<br />

entsprechend ausgestatteten Grafikkarte. Hersteller von geeigneten Karten sind z.B. die<br />

Firmen ATI (all in wonder), ELSA (Erazor III) oder Matrox (Millennium). Preislich liegen<br />

die Grafikkarten unter den Digitalisierungskarten <strong>im</strong> Bereich ab 300 DM. Die Anschaffung<br />

einer Grafikkarte zur Videodigitalisierung erscheint in zwei Fällen als sinnvoll: be<strong>im</strong> Kauf eines<br />

neuen Computers kann sie direkt erworben werden, ohne dass später eine zweite Grafikkarte<br />

überflüssig würde; falls <strong>im</strong> Computer nur wenig Steckplätze zur Verfügung stehen, spart<br />

eine entsprechende Karte einen Steckplatz ein. Die Verwendung einer Grafikkarte soll nach<br />

Herstellerangaben den Vorteil haben, dass der grafikkarteneigene Speicher wenigstens zum<br />

Teil benutzt wird und so die CPU des Hauptcomputers weniger belastet wird und der Datenstrom<br />

somit effizienter bewältigt werden kann. Allerdings kann das Arbeiten mit einer Grafikkarte<br />

hier nicht zusätzlich untersucht werden, da der Schwerpunkt weniger auf der Digitalisierungsprozedur<br />

als viel mehr auf der Erstellung von didaktisch wertvollen Filmen für die<br />

Schule liegt.<br />

14 Eine Übersicht oder Preisliste für Digitalisierungssysteme findet sich z.B. in [12], S. 231 ff. oder <strong>im</strong> Internet<br />

bei verschiedenen Hard- und Softwareanbietern, z.B. bei der Firma Hoffmann [16] oder in „Tom´s Hardware<br />

Guide“ [51].<br />

14


3.1.5 Fernsehkarten<br />

Die dritte Möglichkeit, Videosequenzen zu digitalisieren, wird durch die Verwendung einer<br />

Fernsehkarte geboten. Diese (billigste) Variante ist preislich ab 100 DM aufwärts zu haben.<br />

Firmen, die geeignete Karten anbieten, sind z.B. Hauppauge (winTV), Fast (Clip Master),<br />

Pinnacle (Studio PCTV) oder Terratec (Terra TV).<br />

Fernsehkarten sind natürlich pr<strong>im</strong>är dazu konstruiert, mit Hilfe des Computermonitors fernzusehen.<br />

Über entsprechende Schnittstellen können aber auch externe Signale (Videoeingang)<br />

auf den Bildschirm gebracht werden. Neben dem reinen „Betrachten“ der Videos können<br />

dann über eine „Capture“-Funktion einzelne Bilder (Standbilder) oder ganze Sequenzen digitalisiert<br />

werden. Um herauszufinden, ob auch TV-Karten gerade wegen ihres niedrigen Preises,<br />

der auch für Schulen bezahlbar ist, zum Digitalisieren von physikalischen Vorgängen<br />

ausreichen, wurde <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit die „WinTV go“-Karte von Hauppauge stellvertretend<br />

für die Rubrik „Fernsehkarten“ getestet.<br />

3.2 Die Videodigitalisierungskarte Osprey 100<br />

An dieser Stelle soll der Einsatz und das Arbeiten mit der Osprey 100-Digitalisierungskarte<br />

unter Windows NT beschrieben werden. Die wesentlichen Einstellungen der Software werden<br />

hierbei erklärt, wohingegen die technischen Details der Karte <strong>im</strong> Internet 15 zu finden sind, sodass<br />

auf sie hier nicht näher eingegangen werden muss.<br />

3.2.1 Anschluss und Vorbereitungen<br />

Nach dem Einbau der Karte in den Computer wird eine Kabelverbindung zwischen Kamera<br />

und dem entsprechenden Videoeingang der Karte hergestellt (in der Regel Cinch-Stecker).<br />

Danach muss die entsprechende Software gestartet werden, welche <strong>im</strong> Fall der Osprey-Karte<br />

die Software „VidCap32“ war.<br />

Um dann ein Videobild auf dem Display zu sehen, muss der Preview oder der Overlay-Button<br />

angeklickt werden 16 . In diesem Stadium können nun die Aufnahmen der Kamera am Computer<br />

betrachtet und vielleicht „günstige“ Stellen ausgesucht werden. Vor dem eigentlichen Digitalisierungsprozess<br />

müssen aber noch weitere Voreinstellungen getroffen werden.<br />

1) Im Menü „File“ muss der Speicherort („Save captured Video as“) und die Größe des<br />

Speicherplatzes („Allocate File Space“) des „Capture“-Videos festgelegt werden. Wichtig:<br />

Ist der Speicherplatz zu klein bemessen, wird der Computer sich während des Digitalisie-<br />

15 http://www.ViewCast.com .<br />

16 Genauere Informationen hierzu findet man in der „Hilfe“ des Programms.<br />

15


ungsvorgangs zusätzlichen Speicherplatz reservieren (i.d.R. kein Problem). Zu viel freigegebener<br />

Speicherplatz bewirkt, dass das Capture-Video <strong>im</strong>mer mit dieser Speicherplatzmenge<br />

gesichert wird. Das kann bedeuten, dass ein Standbild (ca. 220 kB) z.B. eine<br />

Größe von 20 MB erhält. Also sollte man lieber zu wenig Speicherplatz angeben!<br />

2) Ebenso <strong>im</strong> Menü „File“ muss man sich noch vergewissern, dass die Funktion „sync video<br />

to audio“ aktiviert ist (ansonsten erfolgt die Videoaufnahme nicht in Echtzeit).<br />

3) Im Menü „Options“ müssen folgende Einstellungen getätigt werden:<br />

Im Untermenü „Format“ sollte die Größe des Videobildes („videosize“) angegeben werden.<br />

Die Einstellung „1/2“ erzeugt ein ViMPS-geeignetes Fenster von 384 x 288 Pixeln.<br />

Außerdem muss die Farbqualität eingestellt werden (z.B. RGB 15 17 ).<br />

Im Untermenü „Source“ muss die Bilddarstellung an die europäische Norm angepasst<br />

werden („PAL-BDGHI“).<br />

4) Im Menü „Capture“ kann der Anwender zwischen dem Digitalisieren eines Bildes, mehrerer<br />

Bilder oder einer Videosequenz auswählen.<br />

3.2.2 Digitalisierung<br />

In der Regel wird man sich <strong>im</strong> „Capture“-Menü für das Digitalisieren einer Videosequenz<br />

entscheiden. Im folgenden Dialogfenster sollte dann zunächst die direkte Kompression des<br />

Videos mittels entsprechender Codecs (Compression-Decompression Algorithms) ausgeschaltet<br />

(!) werden. Ansonsten gehen wegen der hohen Speicherbelastung schnell Daten verloren.<br />

Danach sollte die Frame-Rate auf 25 Bilder 18 pro Sekunde (= Fernsehbild) festgelegt werden.<br />

Weniger Bilder pro Sekunde ermöglichen natürlich eine bessere Verarbeitung der Daten, allerdings<br />

müsste dann in ViMPS der Zeitschritt zweier aufeinander folgender Bilder verändert<br />

werden, da ViMPS die Zeit über die Framenummern berechnet 19 .<br />

Schließlich sollte noch die Zeitfunktion aktiviert und die entsprechende Länge der zu digitalisierenden<br />

Videosequenz in Sekunden eingestellt werden 20 . Mit „Klick“ auf den „Capture“-<br />

Button kann dann die Digitalisierung gestartet werden.<br />

17 RGB steht für die Farben Rot, Gelb und Blau, deren Anteile in Prozent pro Pixel gespeichert werden (vgl.<br />

[50], S. 103 ff.).<br />

18 25 Bilder pro Sekunden entspricht der einzusetzenden Zahl von 25000.<br />

19 Vgl. BECKER [3], S. 24 f.<br />

20 Verwendet man zusätzlich zur Software VidCap32 noch ein Media Control Interface (MCI), kann man entsprechende<br />

Sequenzen gleichzeitig betrachten und digitalisieren. Am Ende der Sequenz könnte man dann durch<br />

einfachen Knopfdruck die Digitalisierung stoppen. Ohne MCI ist es nicht möglich, während der Digitalisierung<br />

das aktuelle Bild zu visualisieren. Das bedeutet, dass man ohne eine Voreinstellung der Dauer der Sequenz nicht<br />

sicher sein kann, zu welchem Zeitpunkt man die Digitalisierung nun stoppt.<br />

16


Nach Abschluss des Digitalisierungsvorgangs kann dann entweder der WindowsMediaPlayer<br />

oder ViMPS gestartet und das digitalisierte Video vom vorher festgelegten Speicherort geöffnet<br />

werden. Findet die Sequenz die Zust<strong>im</strong>mung des Anwenders, sollte sie sofort in ein anderes<br />

Verzeichnis kopiert werden, da sie sonst be<strong>im</strong> nächsten Digitalisierungsprozess wieder<br />

überschrieben wird, d.h. verloren ist.<br />

3.3 Die Fernsehkarte WinTV go<br />

3.3.1 Installation<br />

Als Vertreter der Rubrik Fernsehkarten ist in dieser Arbeit mit der Karte WinTV go von<br />

Hauppauge gearbeitet worden. Schwierigkeiten hat zunächst die Installation der Karte bzw.<br />

der Treiber bereitet. Der Hersteller gibt an, dass die Karte unter Windows 95 und 98, Windows<br />

NT und Windows 2000 benutzbar sei 21 . Unter Windows 95 oder 98 ist die Installation<br />

auch einfach zu bewerkstelligen, wohingegen es nicht gelungen ist, die Karte unter NT oder<br />

Windows 2000 problemlos zu betreiben. Leider hat auch die (veraltete) Bedienungsanleitung<br />

keine ausreichende Hilfe gegeben, um die Auswahl der richtigen Treiber oder die Reihenfolge<br />

deren Installation zu steuern.<br />

Nach gelungener Installation 22 der Hardware wird die Software WinTV32 gestartet und der<br />

Videoaufnahme-Modus eingestellt werden. Nach Verbindung der Kamera mit dem Videoeingang<br />

der Karte (Cinch-Stecker) können die Aufnahmen <strong>im</strong> Computer betrachtet werden.<br />

3.3.2 Digitalisierung<br />

Zunächst muss die Aufnahme eingerichtet werden (entsprechenden Button betätigen). Hierzu<br />

wird zunächst ein Speicherort gewählt (in der Regel c:/temp/capture), die Bildrate auf 25 gesetzt<br />

und die Videokompression deaktiviert. Anschließend wird noch das Format (Button)<br />

eingestellt. In Übereinst<strong>im</strong>mung mit der Formatwahl bei der Digitalisierungskarte wird das<br />

RGB 15-Format gewählt, welches völlig ausreichende Grafikqualität bietet. Schließlich wird<br />

noch die Fenstergröße mit 384 x 284 Pixeln dem ViMPS-Fenster angepasst.<br />

Die Digitalisierung wird durch den „Aufnahme starten“ Button initialisiert. Nach wenigen<br />

Sekunden der Vorbereitung startet der Digitalisierungsprozess. Da das Video während der<br />

Digitalisierung betrachtet werden kann, ist die Best<strong>im</strong>mung des genauen Aufnahmeendes<br />

durch Druck des „Escape“-Knopfes möglich.<br />

21 Technische Daten der Karte finden sich <strong>im</strong> Internet unter: http://www.hauppauge.de/prod_go.htm .<br />

22 Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Karte unter Windows 98 betrieben.<br />

17


Durch anschließendes „Anklicken“ des „Wiedergabe-Buttons“ kann die soeben erstellte AVI-<br />

Datei <strong>im</strong> WindowsMediaPlayer betrachtet werden. Wie bei der Digitalisierungskarte beschrieben<br />

sollte das zufriedenstellende Video dann an einen anderen Speicherort kopiert werden,<br />

um nicht zufällig wieder überschrieben zu werden.<br />

3.4 Der direkte Vergleich beider Karten<br />

Ausgangspunkt der Untersuchung der verschiedenen Karten ist die Frage, welche Kaufempfehlung<br />

man dem Anwender geben kann. Im wesentlichen stehen sich zwei Erwartungen gegenüber:<br />

die Fernsehkarte ist wesentlich preisgünstiger, wohingegen die Digitalisierungskarte<br />

die bessere Qualität bietet.<br />

Folgende Feststellungen können nach dem Arbeiten mit beiden Systemen getroffen werden.<br />

3.4.1 Testergebnisse<br />

1) Die Software, die bei der verwendeten Digitalisierungskarte mitgeliefert wurde, beschränkt<br />

sich auf das absolut Nötigste 23 . Es gibt keinerlei Möglichkeiten der Bildbearbeitung<br />

oder des Zusammenschneidens von Videosequenzen; außerdem ist die programmeigene<br />

Hilfe zu knapp.<br />

2) Die Software der Fernsehkarte ist insofern benutzerfreundlicher, als dass sie auf überflüssige<br />

Einstellungsmöglichkeiten verzichtet und die notwendigen Einstellungen deutlich<br />

hervorhebt.<br />

3) Beide Karten ermöglichen neben der Digitalisierung von Videosequenzen auch die Aufnahme<br />

(und Digitalisierung) von Einzelbildern.<br />

4) Bei der Fernsehkarte kann man den Startzeitpunkt der Digitalisierung nicht exakt festlegen<br />

(? 2 Sekunden). Dafür kann man sich das Video auch während der Digitalisierung anschauen<br />

und vor allem auf Knopfdruck stoppen.<br />

Die Digitalisierungskarte ermöglicht die Einstellung eines exakten Startzeitpunkts, wohingegen<br />

man das Ende nur über die Einstellung einer Zeitspanne sinnvoll wählen kann<br />

(vgl. oben).<br />

5) Beide Karten bieten eine gute Auswahl von Formaten oder Bildqualitäten (RGB 32, RGB<br />

24, u.a.). Auch könnten während der Digitalisierung die Videos direkt kompr<strong>im</strong>iert wer-<br />

23 Es ist natürlich denkbar, dass andere Digitalisierungskarten auch erweiterte Softwarepakete zur Verfügung<br />

stellen. Diese Frage geht aber über den Rahmen der Arbeit hinaus und kann daher hier nicht untersucht werden.<br />

18


den, da die entsprechenden Codecs (vgl. Kapitel 4.3) zur Verfügung stehen, jedoch wird<br />

diese Prozedur nicht empfohlen 24 .<br />

6) Ebenso wird man bei beiden Karten darüber informiert, wieviel Bilder bei der Digitalisierung<br />

verloren gegangen sind. Dies ist insofern wichtig, als dass nur bei vollständigen Videosequenzen<br />

(0 % Verlust) die Zeitmessung in ViMPS exakt ist 25 .<br />

7) Es zeigt sich, dass bei längeren Videosequenzen, die mit der Digitalisierungskarte bearbeitet<br />

werden, die Zahl der verlorenen Bilder stark ansteigt (bis zu 70 %). Dies hängt mit<br />

der max<strong>im</strong>alen Größe des Datenstroms zusammen, der von der CPU bearbeitet werden<br />

kann 26 . Es ist natürlich denkbar, dass andere Digitalisierungskarten (höhereren Standards)<br />

bessere Bildraten haben; dies kann aber <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit nicht mehr untersucht<br />

werden. Bei der Fernsehkarte tauchen ähnliche Probleme hingegen nicht auf. Mit ihr werden<br />

Videos von ca. 60 Sekunden Länge ohne Bildverlust digitalisiert.<br />

8) Die Qualität der Farbdarstellung ist bei der Digitalisierungskarte ein wenig höher als bei<br />

Verwendung der Fernsehkarte.<br />

3.4.2 Empfehlung<br />

In Anbetracht der oben angeführten Eigenschaften der Digitalisierungs- bzw. Fernsehkarte ist<br />

es nicht leicht, eine eindeutige Empfehlung auszusprechen. Viele Eigenschaften der Hardware<br />

werden durch Vor- bzw. Nachteile der dazu verwendeten Software wieder beeinflusst.<br />

Nichtsdestotrotz soll hier ein Votum für oder gegen die jeweiligen Karten gegeben werden.<br />

Im Wesentlichen muss der Anwender natürlich selbst entscheiden, welche Fakten ihm wichtig<br />

sind. Würde er z.B. häufig sehr kleine Objekte filmen, ist evtl. die Digitalisierungskarte nötig,<br />

da die Fernsehkarte diese „Microobjekte“ nicht mehr auflösen kann. Die in dieser Arbeit untersuchten<br />

Beispiele sind aber ohne Probleme auch mit der Fernsehkarte gut zu digitalisieren.<br />

In Anbetracht der Tatsache, dass sich ViMPS eher an den Privatanwender, z.B. Lehrer oder<br />

Schüler, richtet, scheint das Preisargument eines der ausschlaggebenden zu sein. Die Fernsehkarte<br />

liegt bei einem Preis von ca. 100 DM weit unterhalb den billigsten Digitalisierungskar-<br />

24 Einerseits erhöht sich die Rate der verlorenen Daten durch den höheren Rechenaufwand, andererseits können<br />

unkompr<strong>im</strong>ierte Sequenzen vom verwendeten Videobearbeitungssystem AviEdit (vgl. Kapitel 4.2) unkomplizierter<br />

bearbeitet werden und dann <strong>im</strong> nachhinein kompr<strong>im</strong>iert werden.<br />

25 BECKER führt dies in [3], S. 24 genauer aus.<br />

26 Der Verlust ließe sich min<strong>im</strong>ieren, wenn der zu bearbeitende Datenstrom verkleinert wird. Dies ist in unterschiedlicher<br />

Weise denkbar:<br />

- Abschalten sämtlicher parallel laufender Windowsanwendungen<br />

- Digitalisierung von weniger als 25 Bilder pro Sekunde<br />

- Wahl eines anderen Farbformats (z.B. schwarz-weiss statt RGB 15)<br />

- Verkleinerung des Videofensters (und damit der Pixelzahl).<br />

19


ten (500 DM) und bietet trotzdem ausreichenden Komfort bzw. Qualität in der Bilddarstellung,<br />

um den meisten Aufgaben gewachsen zu sein 27 .<br />

Außerdem ermöglicht es die Fernsehkarte, Videos mit einer Länge von mehr als 5 Sekunden<br />

zu digitalisieren, wohingegen bei Verwendung dieser Digitalisierungskarte zu viele Daten/<br />

Bilder verloren gehen (vgl. oben). Unter Umständen könnte neben der Fernsehkarte aber auch<br />

der Kauf einer entsprechenden Grafikkarte (vgl. Kapitel 3.1.4) für die Schulen interessant<br />

sein.<br />

27 Hinweis: Um eventuelle Anmeldungspflichten bzw. Gebühren bei der GEZ zu umgehen, kann das (Fernseh-)<br />

Empfangsteil der Karte unbrauchbar gemacht werden.<br />

20


4 Die Videobearbeitung<br />

4.1 Notwendigkeit der Videobearbeitung<br />

Nach dem Vorgang der Digitalisierung von Videosequenzen liegen diese <strong>im</strong> unkompr<strong>im</strong>ierten<br />

AVI-Format vor. Prinzipiell können sie nun von ViMPS geöffnet und angezeigt werden.<br />

Meist ist es aber nötig, die Videos noch nachzubearbeiten. Folgende Situationen sind z.B. zu<br />

nennen:<br />

1) Das digitalisierte Video enthält (zumeist am Anfang oder Ende) noch überflüssige Bilder,<br />

die für die Präsentation oder Messung völlig unerheblich sind. Diese können mit einem<br />

Videobearbeitungssystem entfernt werden (Speicherplatzersparnis).<br />

2) Vor einige Sequenzen muss manchmal ein Längenmaßstab eingefügt werden, anhand dessen<br />

man die Filmaufnahmen (in ViMPS) kalibrieren kann. Dies entfällt, falls ein bekannter<br />

Maßstab permanent <strong>im</strong> Video zu sehen ist 28 .<br />

3) Manchmal müssen verschiedene Videosequenzen zusammengeschnitten werden. Falls<br />

man z.B. aus vorhandenen Videos eine Präsentation erstellen will, müssen sämtliche zu<br />

verwendenden Videos aneinandergereiht werden, da ViMPS keine Präsentation aus verschiedenen<br />

AVI-Dateien erstellen kann. Dies geschieht in der Regel mit einem Videobearbeitungssystem.<br />

4) Fertig bearbeitete Videosequenzen liegen <strong>im</strong> unkompr<strong>im</strong>ierten, d.h. speicherplatzintensiven,<br />

AVI-Format vor. Als letzter Schritt der Videobearbeitung sollten sie kompr<strong>im</strong>iert<br />

werden. Hiezu stellen Videobearbeitungsprogramme verschiedene Codecs zur Verfügung.<br />

4.2 AviEdit 2.5<br />

Die Überlegung, welche Videobearbeitungssoftware verwendet werden soll, ist von vielen<br />

Faktoren beeinflusst worden. Entscheidend ist aber die Zielsetzung gewesen, möglichst wenig<br />

Geld für die Software ausgeben zu müssen. Hierzu ist zunächst <strong>im</strong> Internet nach Anbietern<br />

möglicher Software gesucht worden. Da geeignete Programme sogar als Freeware, d.h. ohne<br />

Nutzungsentgelt, zur Verfügung stehen, konnte ein solches Programm ausgewählt werden.<br />

Hier ist das Programm Cut View und das Programm AviEdit 2.5 getestet worden 29 . Aufgrund<br />

der zufriedenstellenden Ergebnisse und der einfachen Bedienung ist die Entscheidung zugun-<br />

28 Vgl. hierzu die Kapitel 6.2.1 und 7.2.1.<br />

29 Diese Arbeiten wurden von einer Praktikantin <strong>im</strong> <strong>Institut</strong> für Physik, Annika Kohlhaas, <strong>im</strong> Sommer 2000<br />

durchgeführt.<br />

21


sten dem Programm AviEdit gefallen; es steht in englischer und russischer Sprache zur Verfügung.<br />

Folgende Abbildung zeigt die Benutzeroberfläche des Programms.<br />

Abbildung 2: Die Benutzeroberfläche von AviEdit<br />

Eine kurze Bedienungsanleitung des Programms ist <strong>im</strong> Anhang angefügt, sodass an dieser<br />

Stelle nur auf die wesentlichen Bedienungsmöglichkeiten eingegangen wird.<br />

AviEdit ermöglicht das „Öffnen“ und „Speichern“ von AVI- oder Bitmap-Dateien ebenso wie<br />

das Hintereinanderhängen von verschiedenen Sequenzen oder Bildern (Befehl „Merge“ <strong>im</strong><br />

„File“-Menü). Der Anwender hat nur darauf zu achten, dass die verschiedenen Sequenzen <strong>im</strong><br />

selben Format vorliegen, da AviEdit sie sonst nicht bearbeiten kann (z.B. gleiches RGB, gleiche<br />

Bildgröße (pixel) oder gleiches Format (unkompr<strong>im</strong>iert)). Nach der Bearbeitung bzw.<br />

dem Schnitt von Videosequenzen sollten diese kompr<strong>im</strong>iert werden.<br />

4.3 Videokompr<strong>im</strong>ierungscodecs<br />

AviEdit stellt neben der Möglichkeit, Videos unkompr<strong>im</strong>iert zu speichern, verschiedene<br />

Kompr<strong>im</strong>ierungscodecs, d.h. Kompressions-Dekompressions-Algorithmen, zur Verfügung.<br />

22


Hierbei muss beachtet werden, dass die Codecs nicht AviEdit-eigen sind, sondern von der installierten<br />

Software des benutzten Computers abhängen, da sie <strong>im</strong> Lieferumfang von Betriebssystemen<br />

wie z.B. Windows enthalten sind. In der Regel handelt es sich um die folgenden,<br />

von Microsoft Windows am häufigsten verwendeten Codecs:<br />

1) Cinepak Codec von Radius<br />

2) Intel Indeo Video<br />

3) Microsoft Video<br />

4) Ligos Indeo Video<br />

5) MPEG<br />

Anhand eines unkompr<strong>im</strong>ierten Videos von 44 MB Speicherplatz wurden diese Codecs getestet.<br />

Folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Ergebnisse in einer Übersicht.<br />

Kompr<strong>im</strong>ierungsformate<br />

Kompr<strong>im</strong>ierer<br />

Größe<br />

in kB<br />

Qualität<br />

Kompr<strong>im</strong>ierte<br />

Größe<br />

Kompr<strong>im</strong>ierte<br />

Größe<br />

in %<br />

Speicherzeit<br />

[min]<br />

volle Einzelbilder (unkompr<strong>im</strong>iert) 43639 100 10,0<br />

Microsoft Video 1 100 43639 24639 56,5 7,4<br />

Microsoft Video 1 75 43639 10253 23,5 2,4<br />

Cinepac Codec von Radius 100 43639 6569 15,1 9,5<br />

Intel Indeo® Video R3.2 100 43639 8252 18,9 1,2<br />

Intel Indeo® Video R3.2 65 43639 2658 6,1 1,4<br />

Ligos Indeo® Video 5.02 100 43639 7376 16,9 4,0<br />

Ligos Indeo® Video 5.02 85 43639 4211 9,6 2,8<br />

Ligos Indeo® Video 5.02 65 43639 3019 6,9 2,1<br />

MPEG-4-Highspeed Videokompr<strong>im</strong>ierung<br />

43639 101 0,2 1,4<br />

Tabelle 1: Kompr<strong>im</strong>ierungsformate<br />

Jeder Codec arbeitet unterschiedlich, hat verschiedene Vor- und Nachteile, sodass keine einfache<br />

Anwendungsempfehlung gegeben werden kann. Bei den Tests der verschiedenen Algorithmen<br />

hat sich aber herausgestellt, dass zwei Codecs kleinere Vorteile gegenüber den anderen<br />

aufweisen.<br />

Da in den bearbeiteten Videosequenzen (vgl. Kapitel 5 bis 8) oft nur kleinere Bildanteile bewegt<br />

sind, während der Großteil des Bildes fest ist, bietet der Ligos-Indeo-Videocodec die<br />

schnellste Kompr<strong>im</strong>ierung bei guter Qualität. Im Unterschied zu einem MPEG-Kompr<strong>im</strong>ierer<br />

23


arbeitet Ligos-Indeo-Video nach dem Prinzip, jedes Einzelbild zu kompr<strong>im</strong>ieren und dadurch<br />

Speicherplatz zu sparen. Der Einzelbildvor- bzw. -rücklauf in ViMPS ist völlig unproblematisch.<br />

Der MPEG(4)-Codec hingegen speichert sogenannte „Keyframes“ (d.h. Schlüsselbilder)<br />

komplett und merkt sich vom nächsten Bild nur die Veränderungen gegenüber dem vorherigen.<br />

Dadurch kann eine enorme Reduktion des benötigten Speicherplatzes erreicht werden 30 .<br />

Nachteil ist allerdings, dass der Einzelbildrücklauf in ViMPS sehr rechenaufwendig ist und<br />

somit lange dauert. Insofern muss der Anwender entscheiden, ob der Einzelbildvor- bzw.<br />

-rücklauf von großer Bedeutung ist (? Ligos-Indeo-Video) oder ob er zugunsten von Speicherplatz<br />

darauf verzichten kann. Bei längeren Filmen (ab ca. 1 Minute Dauer) werden die<br />

AVI-Dateien allerdings so groß, dass das MPEG-Format die einzig sinnvolle Option zu sein<br />

scheint.<br />

Mehr Information zur Kompression von Daten findet sich in der Literatur oder <strong>im</strong> Internet.<br />

Hintergrundinformationen über Filmschnitt- und Kompressionsverfahren bietet z.B. die Firma<br />

„Computer Becker“ auf ihrer Internetseite an [6]. Daten über digitale Videos findet man z.B.<br />

auf der Homepage der Firma Adobe [1].<br />

30 Wie aus Tabelle 1 ersichtlich kann der Ligos-Indeo-Codec Videosequenzen auf 17% der unkompr<strong>im</strong>ierten<br />

Größe verkleinern (bei 100% Kompression; andere Videosequenzen wurden sogar auf weniger als 10% der Ausgangsgröße<br />

verkleinert). Der MPEG 4-Codec ermöglicht hier eine Kompr<strong>im</strong>ierung unter 1% der ursprünglichen<br />

Datengröße.<br />

24


5 Erste Themeneinheit: Der Luftkissentisch<br />

„Wenn ein Körper ohne allen Widerstand sich horizontal bewegt, so ist [..] bekannt, daß diese Bewegung<br />

eine gleichförmige sei und unaufhörlich fortbestehe auf einer unendlichen Ebene.“<br />

5.1 Idee und Fragestellungen<br />

Galileo Galilei 31<br />

5.1.1 Motivation<br />

Ein zentraler Begriff der Mechanik ist der Impuls. Seine Definition<br />

p ? m?<br />

v<br />

als Produkt aus Masse und Geschwindigkeit wird bereits <strong>im</strong> Mittelstufenunterricht der Physik<br />

gegeben. Die Diskussion wesentlicher Eigenschaften und vor allem die Einführung des Impulserhaltungssatzes<br />

ist <strong>im</strong> Lehrplan für den Mechanikunterricht in der 11. Klassenstufe vorgesehen<br />

32 .<br />

Dieser „klassischen“ Einführung des Impulsbegriffs stehen einige modernere Überlegung der<br />

Fachdidaktik Physik entgegen. Anstatt den Kraftbegriff wie bisher ins Zentrum des Mechanikunterrichts<br />

der Mittelstufe zu stellen, von dem der Impuls ableitbar ist, wird gefordert, dass<br />

der Impuls diese zentrale Rolle <strong>im</strong> Unterricht spielen sollte. Von einer ausführlichen Beschreibung<br />

des Impulses und z.B. dessen Erhaltungssatzes sollen dann umgekehrt Begriffe<br />

wie Kraft etc. abgeleitet werden 33 .<br />

Diese Gedanken hängen <strong>im</strong> Wesentlichen damit zusammen, dass in der Lebenswelt der<br />

Schüler viele Fehlvorstellungen zum Kraftbegriff existieren, welche die Einführung bzw. das<br />

Verständnis des physikalischen Kraftbegriffs erschweren.<br />

Angetrieben von den Überlegungen, dass dem Impulsbegriff evtl. mehr Bedeutung als bisher<br />

zukommen soll, muss nach Exper<strong>im</strong>enten gesucht werden, die verschiedene Eigenschaften<br />

des Impulses demonstrieren und/oder messbar machen. In der Regel wird ein großer Teil der<br />

Impulsversuche an der Luftkissenfahrbahn 34 demonstriert. Diese eind<strong>im</strong>ensionale Betrachtungsweise<br />

ermöglicht eine <strong>Analyse</strong> der Bewegung zweier Gleiter bei Stoßprozessen, die ohne<br />

kompliziertere Mathematik zu verwenden möglich ist. Allerdings geht eine wesentliche<br />

31 Vgl. [54], S. 190.<br />

32 Vgl. [33], S. 24, 37.<br />

33 Vgl. z.B. SCHWARZE [45], S. 1 oder FLEIG [10], S. 2 ff.<br />

34 Vgl. [17].<br />

25


Eigenschaft des Impulses verloren, nämlich der Vektorcharakter (Man beachte, dass der<br />

Vektorcharakter der Kraft bereits in der Mittelstufe diskutiert wird).<br />

Diese Lücke kann durch Versuche am Luftkissentisch geschlossen werden. Hier können die<br />

selben Arten von Stoßprozessen wie an der Luftkissenfahrbahn untersucht werden 35 . Hinzu<br />

kommt, dass die Bewegungsanalyse zweid<strong>im</strong>ensional erfolgen kann. Die Tatsache, dass einerseits<br />

nur wenigen Schulen ein Luftkissentisch zur Verfügung steht und andererseits die<br />

<strong>Analyse</strong> ohne die Mittel der Videotechnik sehr aufwendig ist 36 , war Motivation für die Untersuchung<br />

von Bewegungen am Luftkissentisch <strong>im</strong> Rahmen dieser Staatsexamensarbeit.<br />

5.1.2 Themen und Versuchsideen<br />

Bei der Auswahl der Versuche, die in dieser Arbeit am Luftkissentisch untersucht werden<br />

sollen, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.<br />

? Die Versuche am Luftkissentisch sollen nicht die Versuche an der Luftkissenbahn komplett<br />

verdrängen, sondern sie nur um neue Bereiche erweitern. Insofern werden z.B. keine<br />

eind<strong>im</strong>ensionalen Stöße betrachtet (vgl. [13], Kapitel 1.0 und 2.0).<br />

? Ebenso werden sämtliche Versuche, die <strong>im</strong> weitesten Sinn mit Wurf- und Fallbewegungen<br />

zusammenhängen (gleichmäßig beschleunigte Bewegung, Überlagerung von Bewegungen,<br />

schiefer Wurf), nicht untersucht (vgl. [13], Kapitel 3.0). Hierfür stehen auch in der<br />

Schule geeignete Demonstrationsexper<strong>im</strong>ente zur Verfügung (Fahrbahn, schiefe Ebene,<br />

Fallstrecken, u.a.).<br />

? Der Schwerpunkt der Versuche soll auf dem (zweid<strong>im</strong>ensionalen) Nachweis der Impulserhaltung<br />

liegen. Hierzu sollen unterschiedliche Versuche gefilmt werden, die z.B. in<br />

Kleingruppen in einer Klasse ausgewertet werden können und insgesamt den Impulserhaltungssatz<br />

bestätigen (vgl. [13], Kapitel 5.0).<br />

? Die Kreisbewegung soll eingeführt und untersucht werden (vgl. [13], Kapitel 6.0 und 8.0).<br />

Diese Ergebnisse sind Voraussetzung zur Untersuchung der Wassersprünge in Kapitel 6.<br />

? Der Begriff der Rotationsenergie soll beleuchtet werden (vgl. [13], Kapitel 4.0).<br />

? Die möglichen Versuche zur gleichmäßig beschleunigten Kreisbewegung (vgl. [13], Kapitel<br />

7.0) werden zunächst zurückgestellt, da dies nicht unmittelbarer Schulstoff ist (und<br />

überdies einen erweiterten Versuchsaufbau nötig machen würde).<br />

35 Vgl. z.B. das Handbuch der Lehrmittelfirma Phywe zu dem von ihnen gefertigten Luftkissentisch [44] oder<br />

der Firma Ealing, die u.a. Luftkissentische und deren Zubehör produziert [26].<br />

36 Vgl. [42], worin Stroboskopblitze und Fotografien verwendet werden.<br />

26


? Das Kapitel 9.0 (in [13]) gibt mögliche Versuche zum Thema Schwingungen an. Diese<br />

können nach Meinung des Autors allerdings auch an anderen, in den Schulen vorhandenen<br />

Exper<strong>im</strong>enten demonstriert werden und sollen deshalb hier zurückgestellt werden.<br />

? Der Luftkissentisch erlaubt vielfältige Versuche zur Gaskinetik (vgl. [13], Kapitel 10.0).<br />

Da für den Unterricht in der Regel nur S<strong>im</strong>ulationsprogramme hierzu vorhanden sind,<br />

sollen alternative Realexper<strong>im</strong>ente vorgestellt werden.<br />

5.2 Vorgehen/ praktische Durchführung<br />

5.2.1 Versuchsaufbau<br />

Der Luftkissentisch, der für die Videoaufnahmen verwendet wurde, steht <strong>im</strong> Hörsaal 20 37 der<br />

Universität Mainz und wurde von der Ealing Corporation aus Massachussetts hergestellt (vgl.<br />

[26]) und über die GRS Darmstadt vertrieben. Für diese Arbeit wurde er reaktiviert, d.h. gereinigt,<br />

repariert und neu justiert 38 . Das Luftkissen wird von zwei (Luft auspustenden) Staubsaugern<br />

produziert, die an den Tisch (Größe: 1,2 x 2,4 m²) angeschlossen werden können 39 .<br />

Zur Beleuchtung wurde die Hörsaalbeleuchtung verwendet. Allerdings wurde der Tisch nur<br />

schwach und indirekt beleuchtet, um (Spiegel-) Reflexionen auf der Tischoberfläche zu min<strong>im</strong>ieren.<br />

Die Videokamera 40 wurde an einer Stativkonstruktion über der Mitte einer Tischhälfte<br />

befestigt und über eine Handfernsteuerung bedient. Eine vollständige Ansicht des Versuchsaufbaus<br />

zeigt die folgende Abbildung.<br />

37 Hier finden die einführenden Vorlesungen in (Exper<strong>im</strong>ental-) Physik statt.<br />

38 Die Justierung des Tisches ist in [13], Kapitel 0.1.1 oder in [42], Seite 6 f. beschrieben.<br />

39 Ein Staubsauger war <strong>im</strong> Lieferumfang des Tischs enthalten, der andere Staubsaugeranschluss wurde durch einen<br />

<strong>im</strong> Hörsaal fest installierten Staubsauger belegt.<br />

40 Für alle Versuche, die <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit gefilmt wurden, wurde die (handelsübliche) Hi 8-<br />

Videokamera „Handycam CCD-TR805E“ der Firma SONY verwendet, die Eigentum des Lehramtspraktikums<br />

<strong>im</strong> <strong>Institut</strong> für Physik ist.<br />

27


Abbildung 3: Versuchsaufbau Luftkissentisch<br />

5.2.2 Durchführung der verschiedenen Versuche<br />

Vor den spezifischen Versuchen mit unterschiedlichen Stoßpartnern oder Inhalten wurden einige<br />

Vorbereitungen getroffen. Zunächst wurde die Masse der jeweilig verwendeten Gleitpucks<br />

best<strong>im</strong>mt (elektronische Waage, Messfehler: ? 0,1 g). Danach wurden die Staubsauger<br />

und somit das Luftkissen eingeschaltet und anschließend die Kamera aktiviert. Nach diesen<br />

Vorbereitungen konnten die Einzelmessungen beginnen.<br />

5.2.2.1 Einfache Stoßprozesse<br />

In diesem Kapitel sind alle Versuche zusammengefasst, die sich mit dem Stoß zweier „normaler“<br />

Gleitpucks beschäftigen. Das heißt, es handelt sich nicht um Magnet-, Haft- oder andersartig<br />

präparierte Gleiter.<br />

Zu diesem Versuchskomplex wurden sechs verschiedene Einzelversuche ausgesucht und<br />

durchgeführt. Das filmtechnisch beste Exper<strong>im</strong>ent wurde dann digitalisiert und ausgewertet.<br />

Bei dieser Versuchsreihe konnten zwei Parameter variiert werden, nämlich die Masse der<br />

Gleiter durch Aufladen einer Zusatzmasse und die Anfangsgeschwindigkeit, d.h. der gestoßene<br />

Gleitpuck konnte entweder in Ruhe oder in Bewegung sein. Aus didaktischen Gründen<br />

wurden die Farben der Gleitpucks so ausgewählt, dass sich der als „stoßende“ Puck (grün) bezeichnete<br />

deutlich vom gestoßenen (schwarz) unterscheidet. Die Farbauswahl wurde bei allen<br />

sechs Versuchen beibehalten.<br />

28


Im Einzelnen ergaben sich folgende Versuchsteile 41 :<br />

a) Ein leichter 42 Gleitpuck wurde auf einen anderen ruhenden leichten Gleitpuck geschossen.<br />

Die Massen waren hierbei nahezu identisch 43 .<br />

b) Ein leichter Gleitpuck wurde auf einen anderen leichten Gleitpuck geschossen, der<br />

diesmal aber in Bewegung war. Dessen Bewegungsrichtung war senkrecht zur Bewegungsrichtung<br />

des „stoßenden“ Gleiters.<br />

c) Ein leichter Gleitpuck wurde auf einen ruhenden schweren Gleitpuck geschossen.<br />

d) Ein leichter Gleitpuck wurde auf einen bewegten schweren Gleitpuck geschossen.<br />

Dessen Bewegungsrichtung war wieder senkrecht zur Bewegungsrichtung des stoßenden<br />

Gleiters.<br />

e) Ein schwerer Gleitpuck wurde auf einen ruhenden leichten Gleitpuck geschossen.<br />

f) Ein schwerer Gleitpuck wurde auf einen sich senkrecht zum stoßenden Puck bewegenden<br />

leichten Puck geschossen.<br />

5.2.2.2 Betrachtung der Schwerpunktbewegung<br />

Um die Bewegung des Schwerpunkts eines starren Systems aufnehmen und analysieren zu<br />

können, wurden zwei Gleitpucks mit einer Stange verbunden. Deren Mitte (= Schwerpunkt,<br />

Symmetriezentrum) wurde durch rotes Klebeband hervorgehoben. Im Folgenden wurde der<br />

Stoß dieser als Hantel bezeichneten Figur mit einer Bande untersucht. Hierbei wurden drei<br />

Fälle unterschieden:<br />

a) Die Hantel vollführte vor dem Stoß mit der Bande eine reine Translationsbewegung.<br />

Auch danach lag eine nahezu reine Translationsbewegung vor.<br />

b) Die Hantel vollführte vor dem Stoß mit der Bande eine nahezu reine Translationsbewegung,<br />

danach war die Translationsbewegung der Hantel aber von einer Rotationsbewegung<br />

überlagert.<br />

c) Die Hantel vollführte vor und nach dem Stoß mit der Bande eine Translationsbewegung<br />

mit überlagerter Rotation.<br />

5.2.2.3 Der Unelastische Stoß<br />

Um den Unelastischen Stoß mit dem Luftkissentisch demonstrieren zu können, wurden zwei<br />

Gleitpucks mit Klettbändern so präpariert, dass sie nach dem Zusammenstoß aneinander haf-<br />

41 Die zwei vermeintlich fehlenden Versuche, die den Stoß zweier schwerer Gleitpucks untersuchen, wurden<br />

nicht durchgeführt, da hieraus keine neuen Erkenntnisse oder Lernfortschritte abgeleitet werden können.<br />

42 Hier und <strong>im</strong> Folgenden steht der Begriff „leicht“ für einen Puck ohne Zusatzmasse; andernfalls soll der Begriff<br />

„schwer“ verwendet werden.<br />

43 Die genauen Daten finden sich <strong>im</strong> Kapitel 5.3.3 in der Auswertung.<br />

29


ten blieben. Da beide Gleiter annähernd gleiche Masse hatten, war der Verbindungspunkt beider<br />

Gleiter nach dem Stoß Symmetriezentrum und Schwerpunkt zugleich.<br />

Es wurden zwei verschiedene Versuche durchgeführt, wobei darauf geachtet wurde, dass die<br />

Bewegung beider Gleiter nach dem Stoß nur wenig Rotationsanteile aufwies.<br />

a) Ein bewegter Gleitpuck stieß einen ruhenden Puck.<br />

b) Beide Gleiter waren in Bewegung, wobei sich der Stoßende vor der Kollision senkrecht<br />

zum gestoßenen Gleiter bewegte.<br />

5.2.2.4 Der Elastische Stoß<br />

Bei einem (mechanischen) Stoß wie in Kapitel 5.2.2.1 durchgeführt, geht Energie verloren.<br />

Im Wesentlichen wird Bewegungsenergie in Reibung, Verformungs- und Wärmeenergie umgesetzt.<br />

Eine Abschätzung der Größe dieser „Verlustenergie“ ist in [13], Kapitel 0.1.5 gegeben.<br />

Um nun einen Elastischen Stoß untersuchen zu können, musste dieser Energieverlust min<strong>im</strong>iert<br />

werden. Bei der Luftkissenfahrbahn ist dies dadurch realisiert, dass Federn zwischen<br />

den Gleitern angebracht werden. Der Hersteller des Luftkissentischs stellt zur Untersuchung<br />

des Elastischen Stoßes zwei Magnetgleiter zur Verfügung, die sich bei Annäherung abstoßen.<br />

So konnte ein Stoßprozess untersucht werden, obwohl keine mechanische Energieübertragung<br />

auftrat.<br />

Bei der Durchführung waren folgende Überlegungen zu berücksichtigen:<br />

? Es muss darauf geachtet werden, dass es auch während des Stoßprozesses nicht zu<br />

Berührungen zwischen den Gleitpucks und somit zu Energieverlusten kommt.<br />

? Auch ein „Vorbeigleiten“ des stoßenden am ruhenden Puck bewirkt einen Stoßprozess,<br />

da die Magnetfelder der Gleiter miteinander wechselwirken (Beispiel hierfür ist<br />

folgend genannter Versuch a)).<br />

? Be<strong>im</strong> Elastischen Stoß eines bewegten auf einen ruhenden Gleiter kann es zu einem<br />

vollständigen Energieübertrag kommen, und zwar dergestalt, dass nach dem Stoß der<br />

stoßende Puck ruht. Auf der Luftkissenfahrbahn lässt sich dieses Phänomen sehr<br />

deutlich zeigen. Dagegen sind be<strong>im</strong> Luftkissentisch einige Schwierigkeiten zu überwinden.<br />

Einerseits ruhen die Pucks bei eingeschaltetem Luftkissen nur schwer, zumeist<br />

müssen hier Tischunebenheiten ausgenutzt werden 44 . Andererseits muss der<br />

Stoß vollständig zentral erfolgen. Dies ist selbst mit der vom Hersteller mitgelieferten<br />

„Abschussvorrichtung“ kaum realisierbar und erfordert eine große Portion Glück.<br />

44 Vgl. [42], S. 13.<br />

30


Im Einzelnen wurden vier Versuche zum Elastischen Stoß durchgeführt:<br />

a) Der eine Magnetpuck wurde auf den anderen, ruhenden Puck geschossen. Hierbei erfolgte<br />

der Stoß durch die Wechselwirkung der beiden Magnetfelder. Ohne sie wäre der<br />

stoßende Puck ohne Auswirkung am anderen vorbeigeglitten.<br />

b) Wieder wurde ein Magnetpuck auf einen anderen, ruhenden Magnetpuck geschossen,<br />

doch diesmal erfolgte der Stoß annähernd zentral.<br />

c) Der stoßende Magnetgleiter wurde auf den sich bewegenden zweiten Magnetgleiter<br />

geschossen. Die Bewegungsrichtung des zweiten war senkrecht zum einfallenden Magnetpuck<br />

und der Stoß erfolgte halbzentral.<br />

d) Hier wurde der Versuch aus c) wiederholt, allerdings trat dabei ein äußerst schwer zu<br />

erreichendes Ereignis ein: obwohl beide Gleiter in Bewegung waren, führten sie einen<br />

zentralen Stoß aus. Eventuell unterstützt von Tischunebenheiten blieb der stoßende<br />

Puck nach der Kollision stehen!<br />

5.2.2.5 Einfache Rotationsbewegungen<br />

In ein dafür vorgesehenes Gewinde in der Tischplatte wurde ein Metallstift geschraubt. An<br />

ihm wurde ein Bindfaden befestigt und zu einem Gleitpuck gespannt. Danach wurde der<br />

Gleiter zu Kreisbewegungen angeregt. Durch die Variation der Masse des Gleiters und der<br />

Fadenlänge ergaben sich vier Versuchsteile:<br />

a) Ein schwerer Puck kreiste an einem langen Faden.<br />

b) Ein schwerer Puck kreiste an einem kurzen Faden.<br />

c) Ein leichter Puck kreiste an einem langen Faden.<br />

d) Ein leichter Puck kreiste an einem kurzen Faden.<br />

5.2.2.6 Übergang von Rotations- in Translationsbewegung<br />

Hier soll ein Versuch präsentiert werden, bei dem eine Rotationsbewegung in eine Translation<br />

übergeht. Zunächst wurde versucht, den Aufbau aus Abschnitt 5.2.2.5 zu verwenden und den<br />

Bindfaden, der den Gleiter auf die Kreisbahn zwang, über einer auf dem Tisch aufgestellten<br />

Kerze durchzubrennen. Allerdings war die Durchgangszeit durch die Kerzenflamme zu kurz,<br />

sodass selbst ein in Benzin getränkter Faden kein Feuer fing.<br />

Also wurde auf Pyrotechnik zurückgegriffen und in die Mitte des Fadens ein Silvesterkracher<br />

installiert, der mit beiden Fadenenden verbunden wurde. Dessen Lunte konnte dann während<br />

der Kreisbewegung des Gleiters von Hand angezündet werden. Nach der Explosion (= Durchtrennung<br />

des Fadens) verließ der Gleiter die Kreisbahn tangential (vgl. <strong>Analyse</strong>teil unten bzw.<br />

Abbildung 0 auf Seite 2).<br />

31


5.2.2.7 Elliptische Federbewegung<br />

Anstatt des Fadens aus den vorherigen Versuchen wurde nun am Metallstift <strong>im</strong> Tisch eine<br />

Schraubenfeder befestigt, deren anderes Ende mit einem Gleiter verbunden wurde. Durch<br />

Auslenkung des Gleiters und Zugabe eines Rotations<strong>im</strong>pulses wurde der Gleiter zu elliptischen<br />

Bahnen angeregt, die später analysiert werden konnten.<br />

5.2.2.8 Kinetische Gastheorie<br />

In [13], Kapitel 10.0, sind verschiedene Vorschläge für Versuche zum Thema Gaskinetik gemacht.<br />

Im Rahmen dieser Versuche kann eine bisher nicht benutzte Eigenschaft des Luftkissentischs<br />

verwendet werden. Die „Banden“ des Luftkissentischs sind so angebracht, dass sie<br />

(von einem Motor mit Exzenter angetrieben) Schwingungen vollführen können. In der Sprache<br />

der Thermodynamik könnte man somit von „warmen“ Wänden sprechen, die Energie an<br />

die Gleitpucks (d.h. Gasmoleküle) abgeben können.<br />

Zu dieser Thematik wurden fünf verschiedene Versuche durchgeführt.<br />

a) Diffusion<br />

In der Mitte des Luftkissentischs wurden drei schwere Eisenquader (Kerne von Spulen)<br />

aufgestellt. Mit einer beweglichen Metallschiene wurde die linke Hälfte des Tischs für die<br />

Gleitpucks gesperrt, sodass alle Gleiter in der rechten Hälfte versammelt waren. Hierbei<br />

handelte es sich um 27 schwarze, einen blauen, grünen und roten Gleiter.<br />

Nach Entfernen der Metallschiene konnte ein „Diffusionsprozess“ der Gleiter an den<br />

„kalten“ Eisenklötzen vorbei in die linke Tischhälfte beobachtet werden, bis sich etwa eine<br />

Gleichverteilung der Gleiter einstellte.<br />

b) In diesem Versuchsteil wurden ein roter und neun schwarze Gleitpucks in der unteren<br />

Tischhälfte hinter einer beweglichen Stange „eingesperrt“. Dann wurde die Stange ruckartig<br />

entfernt. Aus diesem klar definierten Anfangszustand befreit, vollführten die Gleiter<br />

danach zufällige Bewegungen auf dem Luftkissentisch.<br />

c) Dieser Versuch wurde wie in b) beschrieben durchgeführt, nur wurden hier 27 schwarze<br />

und je ein blauer, roter und grüner Puck hinter der Stange in der unteren Tischhälfte eingesperrt.<br />

d) In diesem Versuchsteil bewegten sich 29 schwarze Gleiter frei auf dem Luftkissentisch<br />

umher. Hinzu kam ein großer roter Gleiter (Magnetgleiter), der sich deutlich in der Masse<br />

von den kleinen, schwarzen Pucks unterschied. Die Gleiter führten Stoßprozesse untereinander<br />

aus.<br />

32


e) Die Versuchsdurchführung war wie <strong>im</strong> Teil d), nur wurde hier statt des (schweren) Magnetpucks<br />

ein leichterer, großer, grüner Puck verwendet.<br />

5.3 Auswertung der verschiedenen Filmaufnahmen<br />

In den oben beschriebenen Versuchsteilen (Kapitel 5.2.2.1, 5.2.2.3 und 5.2.2.4) wird <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

der Impulserhaltungssatz überprüft. Dies ist eind<strong>im</strong>ensional kein Problem, es gilt:<br />

m ?<br />

1?<br />

v1<br />

? m2<br />

? v2<br />

? m1<br />

? u1<br />

? m2<br />

u2<br />

wobei m 1 ,m 2 die Massen der beiden Gleiter sind und v 1 ,v 2 für die Geschwindigkeit der beiden<br />

Gleiter vor und u 1 ,u 2 nach dem Stoß stehen. Diese Gleichung ist von der Luftkissenfahrbahn<br />

bekannt und kann dort verifiziert werden. Am Luftkissentisch erfolgt die Bewegung der<br />

Gleiter allerdings zweid<strong>im</strong>ensional; daher muss auch der Impulserhaltungssatz zweid<strong>im</strong>ensional<br />

untersucht werden. Die Gleichung, die zu überprüfen ist, lautet also:<br />

m ?<br />

1?<br />

v1<br />

? m2<br />

? v2<br />

? m1<br />

? u1<br />

? m2<br />

u2<br />

In den anderen Versuchsteilbereichen stehen nicht der Impulserhaltungssatz, sondern andere<br />

physikalische Gesetzmäßigkeiten <strong>im</strong> Mittelpunkt. Sie werden weiter unten besprochen.<br />

5.3.1 Allgemeine Durchführung der Messungen in ViMPS<br />

Zu Beginn einer jeden Videosequenz zum Thema Luftkissentisch ist als erstes Bild eine auf<br />

dem Luftkissentisch liegende Messlatte eingeblendet. Die Kenntnis ihrer Länge (1 m) ermöglicht<br />

eine Kalibration der Aufnahmen 45 . Danach können die Massen der beteiligten Gleitpucks<br />

aus dem ViMPS-Memo-Fenster übernommen werden. Anschließend können die Videosequenz<br />

gestartet und geeignete Messpunkte aufgenommen werden.<br />

Um Geschwindigkeiten zu berechnen, müssen zwei Messpunkte verwendet werden. Die Geschwindigkeit<br />

ergibt sich dann als Momentangeschwindigkeit aus dem überstrichenen Weg<br />

pro der Zeit, die zwischen beiden Bildern verflossen ist. Die Zeitwerte werden neben den<br />

(Koordinaten-) Messwerten an das <strong>Analyse</strong>programm (z.B. EXCEL) übergeben.<br />

Der Messfehler der Koordinatenmessungen wird mit 0,8 Zent<strong>im</strong>eter angegeben. Dies entspricht<br />

der doppelten Pixelauflösung und berücksichtigt das „Verschmieren“ eines Gleitpucks<br />

während der Blendenöffnungszeit der Kamera.<br />

45 Hinweise zur Kalibrierung gibt BECKER [3], S. 26 f. Bei der Kalibrierung wird kein spezieller Nullpunkt gewählt,<br />

sodass automatisch die linke untere Ecke des Bildes als Nullpunkt definiert wird.<br />

33


5.3.2 Vorstellung des Auswertungsschemas in EXCEL<br />

Um die Auswertung der anzustellenden Rechnungen zu erleichtern, wurde in EXCEL eine<br />

Vorlage erarbeitet („Raster“), in welches nur die Messgrößen eingegeben werden müssen. Die<br />

einprogrammierten Formeln berechnen dann selbständig das Endergebnis.<br />

An dieser Stelle sollte darauf hingewiesen werden, dass jeder Anwender die Wahl hat, dieses<br />

vorgefertigte Auswertungsschema zu übernehmen oder sich ein eigenes zu erstellen. Vor allem<br />

(folgende) didaktische Überlegungen spielen in der Entscheidung, in welcher Form die<br />

von ViMPS gelieferten Messergebnisse ausgewertet werden sollen, eine Rolle.<br />

Das vorliegende Schema:<br />

? führt alle Rechnungen für den Schüler aus. Dies ist nur dann sinnvoll, wenn der Schüler<br />

das Ausrechnen auch selbst beherrschen würde und durch Computereinsatz einfach nur<br />

Zeit sparen kann (vgl. z.B. [30], S. 235 f.).<br />

m1 m2 Zeitintervall Messfehler Massenfehler<br />

48,1 47,96 0,2 0,008 0,1<br />

1.<br />

Puck:<br />

VOR<br />

NACH<br />

x1 0,034 x2 0,36 x1 0,5 x2 0,6<br />

y1 0,61 y2 0,61 y1 0,52 y2 0,33<br />

vx 1,63 0,06 vx 0,5 0,06<br />

vy 0 0,06 vy -0,95 0,06<br />

2.<br />

Puck:<br />

VOR<br />

NACH<br />

x1 0,54 x2 0,53 x1 0,65 x2 0,87<br />

y1 0,91 y2 0,73 y1 0,68 y2 0,68<br />

vx -0,05 0,06 vx 1,1 0,06<br />

vy -0,9 0,06 vy 0 0,06<br />

Impulserhaltungssatz:<br />

VOR<br />

NACH<br />

px 76,0 3,8 px 76,8 3,8<br />

py -43,2 3,8 py -45,7 3,8<br />

Tabelle 2: Auswertungsbeispiel zum Nachweis der Impulserhaltung<br />

34


? rechnet zweid<strong>im</strong>ensional. Impulse und Geschwindigkeiten werden mit den Komponenten<br />

v x , v y oder p x , p y angegeben.<br />

? stellt eine Fehlerrechnung zur Verfügung. Hierbei wird nach der Theorie der Gaußschen<br />

Fehlerfortpflanzung gearbeitet (vgl. z.B. [53], S. 6 ff.).<br />

In Tabelle 2 ist das zum Versuch 5.3.3 b) gehörige Auswertungsraster zu sehen.<br />

Die gelb unterlegten Felder sind durch den Anwender/ Schüler auszufüllen. Hier sind die eigenen<br />

Messergebnisse einzusetzen. Dabei beschreiben m 1 und m 2 die Massen der verwendeten<br />

Gleitpucks; als Zeitintervall ist der (zeitliche) Abstand der Koordinatenmessung zur Geschwindigkeitsbest<strong>im</strong>mung<br />

einzusetzen.<br />

Das Schema ist so aufgebaut, dass in der oberen Hälfte die Daten des ersten (stoßenden)<br />

Pucks einzusetzen sind, <strong>im</strong> unteren Teil die des zweiten (gestoßenen) Pucks. Dabei ist der Systemzustand<br />

vor dem Stoß <strong>im</strong>mer links, nach dem Stoß <strong>im</strong>mer rechts zu finden. Die berechneten<br />

Größen, die zur Überprüfung des Impulserhaltungssatzes nötig sind, finden sich <strong>im</strong><br />

Schema ganz unten.<br />

In den Kästchen bei v x , v y bzw. p x , p y stehen die entsprechenden Formeln, mit denen sich die<br />

vorstehenden Größen berechnen lassen. Die Messfehler sind in den Kästchen rechts neben<br />

den entsprechenden Ergebnissen zu finden 46 .<br />

Folgende Formeln werden <strong>im</strong> vorstehenden Auswertungsraster verwendet:<br />

?<br />

?<br />

?<br />

x2 x<br />

? ? ;<br />

t<br />

v x<br />

1<br />

? x<br />

? v x<br />

? 2 ? ;<br />

t<br />

p ? m ? v ? m ? v ;<br />

x<br />

(1)<br />

(2)<br />

1 x 2 x<br />

y y<br />

v ? 2 1<br />

y<br />

?<br />

t<br />

?<br />

? v y<br />

? 2?<br />

y<br />

y<br />

t<br />

p ? m ? v ? m ? v<br />

(1)<br />

(2)<br />

1 y 2 y<br />

?<br />

? p ?<br />

?<br />

x<br />

(1) 2<br />

(1) 2<br />

(2) 2<br />

(2)<br />

(?<br />

m?<br />

vx<br />

) ? ( m1<br />

?? vx<br />

) ? (?<br />

m?<br />

vx<br />

) ? ( m2<br />

? vx<br />

)<br />

2<br />

? p ?<br />

?<br />

y<br />

(1) 2<br />

(1) 2<br />

(2) 2<br />

(2)<br />

(?<br />

m?<br />

v<br />

y<br />

) ? ( m1<br />

?? v<br />

y<br />

) ? (?<br />

m?<br />

v<br />

y<br />

) ? ( m2<br />

? v<br />

y<br />

Hierbei sind die Bezeichnungen für die verschiedenen Pucks durch den in Klammern stehenden<br />

Index unterschieden. Die Berechnungen für die Geschwindigkeiten und Impulse nach<br />

dem Stoßprozess erfolgen völlig analog.<br />

)<br />

2<br />

46 An dieser Stelle muss der Lehrer den Einsatz dieser „Fehlerkästchen“ genau bedenken. Einerseits kann die<br />

Theorie zur Fehlerrechnung sehr schnell sehr kompliziert werden. Partielle Ableitungen, wie zur Berechnung der<br />

Gaußschen Fehlerfortpflanzung nötig, sind kein Schulstoff mehr. Andererseits ist die Angabe des Messfehlers<br />

auf die Messgröße originärer Bestandteil des physikalischen Exper<strong>im</strong>ents. Eventuell kann in der Schule der Umgang<br />

und der Hintergrund von Fehlerrechnung erklärt und verstanden werden, ohne dass jede einzelne in der<br />

Fehlerrechnung verwendete Formel nachgerechnet werden muss. Diese Entscheidungen sind von jedem Lehrer<br />

entsprechend der jeweiligen Lerngruppe neu zu treffen.<br />

35


5.3.3 Die Impulserhaltung - Untersuchung an einfachen Stößen<br />

Im Gegensatz zur Energieerhaltung, die nur <strong>im</strong> Fall der Elastischen Stöße einfach nachweisbar<br />

ist, soll hier die Gültigkeit des Impulserhaltungssatzes gezeigt werden. Der Versuchsaufbau<br />

und die Durchführung ist oben beschrieben. Zur Auswertung wurde das Auswertungsschema<br />

benutzt.<br />

Die Massenbest<strong>im</strong>mung („Wiegen“) der beiden Gleiter ergab:<br />

m 1 = 48,1 g ; m 2 = 47,96 g . Im Folgenden wurde in der Masseneinheit „Gramm“ weiter gerechnet,<br />

da eine Umrechnung in Kilogramm ein (unnötiges) Berücksichtigen von Zehnerpotenzen<br />

bedeutet hätte. Der Massenfehler ergab sich aus der Genauigkeit der Waage zu:<br />

?m = 0,1 g.<br />

Der (Koordinaten-) Messfehler wurde (wie oben besprochen) mit 2 Pixeln<br />

(? x, ? y = 0,008m) angenommen; das Zeitintervall zur Geschwindigkeitsbest<strong>im</strong>mung beträgt<br />

t = 0,2 s, d.h. es wurden fünf Bilder verwendet, um den statistischen Fehler zu min<strong>im</strong>ieren.<br />

Eine Auswertungsvorlage zu den Untersuchungen an „einfachen“ Stößen wurde in Tabelle 2<br />

gegeben, die anderen Ergebnisse sind in Tabelle 3 zu finden. Hierbei sind rechts neben den<br />

Ergebnissen die Fehler auf die einzelnen Größen eingetragen.<br />

VOR<br />

NACH<br />

a) px 67,3 ? 2,7 67,2 ? 3,8<br />

py 2,4 ? 2,7 2,4 ? 3,8<br />

b) px 76,0 ? 3,8 76,8 ? 3,8<br />

py -43,2 ? 3,8 -45,7 ? 3,8<br />

c) px 104,6 ? 5,4 100,0 ? 6,0<br />

py 0,0 ? 5,4 -4,6 ? 6,0<br />

d) px 133,1 ? 6,0 128,7 ? 6,0<br />

py -36,0 ? 6,0 -33,3 ? 6,0<br />

e) px 57,7 ? 2,7 52,5 ? 6,0<br />

py 0,0 ? 2,7 -0,3 ? 6,0<br />

f) px 73,8 ? 6,0 69,3 ? 6,0<br />

py -47,5 ? 6,0 -45,6 ? 6,0<br />

Tabelle 3: Versuchsergebnisse der „einfachen“ Stöße<br />

Im Rahmen der statistischen Fehlergrenzen ergibt sich eine gute Bestätigung der Theorie: Der<br />

Gesamt<strong>im</strong>puls vor dem Stoß ist gleich dem Gesamt<strong>im</strong>puls danach; somit ist der Impuls eine<br />

36


Erhaltungsgröße. Die Tatsache, dass <strong>im</strong> Endergebnis negative Zahlen auftauchen können,<br />

hängt mit der Orientierung der Koordinaten- und Geschwindigkeitsvektoren zusammen.<br />

5.3.4 Die Schwerpunktbewegung zweier gekoppelter Gleitpucks<br />

In diesem Versuchsteil soll der sogenannte Schwerpunktsatz der klassischen Mechanik bestätigt<br />

werden. VOGEL ([53], S. 23) formuliert ihn wie folgt:<br />

„Schwerpunktsatz<br />

Der Schwerpunkt eines abgeschlossenen Systems bewegt sich geradliniggleichförmig,<br />

unabhängig von den Bewegungen und Wechselwirkungen der Teile des<br />

Systems.“<br />

Als System wird hier ein „starrer Körper“, bestehend aus zwei Gleitpucks und der verbindenden<br />

Stange, betrachtet (Hantel). Die Hantel bewegt sich über den Tisch und führt einen Stoß<br />

mit einer der Seitenbanden aus. Egal, ob die Hantel dabei rotiert oder eine nahezu reine<br />

Translation ausführt, muss sich der Schwerpunkt nach dem Schwerpunktsatz auf einer Geraden<br />

fortbewegen.<br />

Um diese Gesetzmäßigkeit zu bestätigen, werden mit ViMPS die Schwerpunktbewegung der<br />

Hantel verfolgt und die gemessenen Koordinaten in EXCEL exportiert.<br />

Verschiedene Diagramme können zur <strong>Analyse</strong> beitragen. In Abbildung 4 ist die reine Bewegung<br />

des Schwerpunkts zu sehen (y- gegen x-Koordinate) 47 .<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0 0,5 1 1,5<br />

x-Koordinate [m]<br />

Vor dem Stoß<br />

Nach dem Stoß<br />

Abbildung 4: Schwerpunktbewegung in Ortskoordinaten<br />

47 Aus den drei durchgeführten Versuchen zu dieser Thematik (vgl. Versuchsbeschreibung) ist hier exemplarisch<br />

der zweite Versuch b) vorgestellt. Die Ergebnisse der anderen Versuche a) und c) sind in Anhang D zu finden.<br />

37


Hierbei ist deutlich zu sehen, dass sowohl die Messpunkte vor wie nach dem Stoß (<strong>im</strong> Rahmen<br />

der Messgenauigkeit) auf einer Geraden liegen (Bestätigung des Schwerpunktsatzes).<br />

Dieser Sachverhalt kann in anderen Diagrammen noch näher beleuchtet werden, wenn man<br />

z.B. die Zeitabhängigkeit in das Diagramm einfließen lässt. Hierzu exemplarisch zwei Abbildungen:<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 5 : Die Schwerpunktbewegung <strong>im</strong> x-t-Diagramm<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 6: Die Schwerpunktbewegung <strong>im</strong> y-t-Diagramm<br />

Hier soll keine ausführliche Diskussion der verschiedenen Diagramme erfolgen, sondern lediglich<br />

darauf hingewiesen werden, dass der Lehrer anhand dieser Versuche das Erstellen von<br />

38


kinematischen Grafen lehren bzw. den Zusammenhang zwischen Weg-, Geschwindigkeitsoder<br />

Beschleunigungs-Grafen verdeutlichen kann.<br />

Speziell am Graf in Abbildung 4 kann dem Schüler noch ein weiterer Sachverhalt auffallen<br />

oder klargemacht werden: Die Messpunkte vor dem Stoß sind weiter voneinander entfernt als<br />

nach dem Stoß. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass die Schwerpunktgeschwindigkeit<br />

nach dem Stoß kleiner ist als vorher. In Zusammenhang mit dem vorliegenden Video<br />

kann man erkennen, dass nach dem Stoß mit der Bande Translationsenergie in Rotationsenergie<br />

umgesetzt wurde und somit weniger Translationsenergie als vor dem Stoß zur Verfügung<br />

steht (Hinweis auf Energieerhaltung). Aufgrund dieser Umwandlung von Translations- in<br />

Rotationsenergie ist der Impuls des Schwerpunkts keine Erhaltungsgröße des Stoßprozesses;<br />

dies erklärt die offenkundige Verletzung des Reflexionsgesetzes („Einfallswinkel = Ausfallswinkel“)<br />

in Abbildung 4.<br />

5.3.5 Der Unelastische Stoß in Verbindung mit der Schwerpunktbewegung<br />

Die Massen der beiden Gleitpucks mit außen befestigtem Klettband betragen m 1 = 50,11 g;<br />

m 2 = 50,41 g. Als Zeitintervall werden wieder fünf Bilder, d.h. 0,2 Sekunden gewählt. Mit<br />

dem Auswertungsschema lässt sich auch hier der Impulserhaltungssatz prüfen. Vor dem Stoß<br />

sind die Geschwindigkeiten der beiden Gleiter zu best<strong>im</strong>men, nach dem Stoß wird die Bewegung<br />

des Kontaktpunktes (= Schwerpunkt) vektoriell verfolgt. Es ergeben sich folgende Resultate:<br />

VOR<br />

NACH<br />

a) px 66,8 ? 4,7 67,0 ? 9,5<br />

py 4,2 ? 4,7 0,0 ? 9,5<br />

b) px 75,4 ? 4,0 75,4 ? 2,9<br />

py -45,4 ? 4,0 -45,2 ? 2,9<br />

Tabelle 4: Ergebnisse der Versuche zum Unelastischen Stoß<br />

Wiederum wird der Impulserhaltungssatz <strong>im</strong> Rahmen der Fehlergrenzen bestätigt.<br />

5.3.6 Der Elastische Stoß - Energieerhaltung<br />

In der Versuchsbeschreibung in Kapitel 5.2.2.4 sind ausführlich verschiedene Überlegungen<br />

zum Elastischen Stoß diskutiert worden. Im Wesentlichen soll in diesem Versuchsteil der<br />

Energieerhaltungssatz nachgewiesen werden. Da vorher nur der Impulserhaltungssatz eingeführt<br />

oder geprüft wurde, steht dem Schüler also ein neuer Kenntnisgewinn bevor.<br />

39


Der zu überprüfende Energieerhaltungssatz lautet 48 :<br />

Hierbei gilt:<br />

1<br />

2<br />

v<br />

Für die Energie folgt:<br />

2 1 2 1 2 1<br />

? m<br />

1?<br />

v1<br />

? ? m2<br />

? v2<br />

? ? m1<br />

? u1<br />

? ? m2<br />

? u<br />

2 2 2<br />

?<br />

v<br />

?<br />

v<br />

2 2<br />

1 1x<br />

1y<br />

;<br />

1 2<br />

E vor<br />

? m1v1<br />

?<br />

2<br />

?<br />

? v<br />

1<br />

2<br />

1<br />

?<br />

mv<br />

2<br />

2<br />

? v1x<br />

??<br />

v<br />

? v1<br />

1x<br />

?<br />

?<br />

2<br />

2<br />

2<br />

? v1<br />

y<br />

??<br />

v<br />

?<br />

? v1<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

? v1<br />

??<br />

m ? ?<br />

1<br />

v ??<br />

m ?<br />

E vor<br />

?<br />

?<br />

1 1 1<br />

2 2<br />

?<br />

?<br />

2<br />

?<br />

1y<br />

2 2 2<br />

? m ? v ?? v ? ??<br />

? ?? m ? v ? v ? 2<br />

Analoge Rechnungen gelten für v 2 , u 1 , u 2 und E nach . Als Beispiel zu den oben genannten Berechnungen<br />

ist <strong>im</strong> Folgenden wieder ein Auswertungsschema präsentiert.<br />

?<br />

2<br />

?<br />

?<br />

2<br />

?<br />

2<br />

m1 m2 Zeitintervall Messfehler Massenfehler<br />

212,97 237,8 0,2 0,008 0,1<br />

1. Puck:<br />

VOR<br />

NACH<br />

x1 0,22 x2 0,35 x1 0 x2 0<br />

y1 0,62 y2 0,63 y1 0 y2 0<br />

vx 0,65 0,06 vx 0 0,06 (ruht)<br />

vy 0,05 0,06 vy 0 0,06<br />

2. Puck:<br />

VOR<br />

NACH<br />

x1 0,58 x2 0,58 x1 0,7 x2 0,81<br />

y1 0,43 y2 0,52 y1 0,75 y2 0,85<br />

vx 0 0,06 vx 0,55 0,06<br />

vy 0,45 0,06 vy 0,5 0,06<br />

Impulserhaltungssatz:<br />

VOR<br />

NACH<br />

px 138,4 18,1 px 130,8 18,1<br />

py 117,7 18,1 py 118,9 18,1<br />

Energieerhaltungssatz:<br />

VOR<br />

NACH<br />

v1 0,65 0,06 0 0,06<br />

v2 0,45 0,06 0,74 0,06<br />

E 69,3 9,9 65,7 10,0<br />

Tabelle 5: Auswertungsbeispiel Elastischer Stoß<br />

48<br />

Eine alternative Form des Energieerhaltungssatzes ist <strong>im</strong> Anhang C auf Schulniveau hergeleitet.<br />

40


Bei diesem Beispiel handelt es sich um den in Abschnitt 5.2.2.4 d) beschriebenen seltenen<br />

Fall, dass der stoßende Magnetgleiter nahezu zentral stößt und danach zur Ruhe kommt 49 .<br />

Zusammenfassend sind alle Ergebnisse bezüglich des Energieerhaltungssatzes in untenstehender<br />

Tabelle aufgelistet. Man erkennt eine gute Bestätigung der Theorie in allen vier Versuchen.<br />

VOR<br />

NACH<br />

a) 60,2 ? 9,1 53,8 ? 8,6<br />

b) 53,2 ? 8,5 44,2 ? 7,9<br />

c) 62,9 ? 9,4 66,7 ? 10,0<br />

d) 69,3 ? 9,9 65,7 ? 10,0<br />

Tabelle 6: Ergebnisse der Versuche zum Energieerhaltungssatz<br />

5.3.7 Einführung der Rotationsbewegung (mögliche Unterrichtsreihe)<br />

5.3.7.1 Didaktische Vorbemerkungen<br />

Im Rahmen dieses Versuchsteils werden Rotationsbewegungen am Luftkissentisch untersucht<br />

(vgl. Versuchsbeschreibung in Kapitel 5.2.2.5). Bei den Überlegungen, welcher Art die Auswertung<br />

zu diesen Versuchen sein soll, wurde ein Konzept entwickelt, mit dem die Rotationsbewegung<br />

nach Meinung des Autors auch in der Schule eingeführt oder analysiert werden<br />

kann. Dabei wird zunächst die Bewegung in ihrer Gesamtheit betrachtet. Später werden Erklärungen<br />

bzw. beschreibende Formeln herausgearbeitet.<br />

Bei der Vorstellung der Versuchs- bzw. Erkenntnisschritte wird <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit allerdings<br />

die physikalische Seite betont. Die Einbindung in den Unterricht, die Unterrichtsplanung,<br />

die Unterstützung durch verschiedene Methoden oder Sozialformen des Unterrichts soll<br />

hier nicht näher diskutiert werden; dies wäre typischer Stoff für eine zweite Staatsexamensarbeit<br />

für das Lehramt an Gymnasien.<br />

49 Obwohl der Messwert hier „Null“ ist, d.h. der Gleiter ruht, ist ein Fehler auf diese Nulllage angegeben. Dies<br />

soll betont werden, da in anderen Versuchen am Luftkissentisch definierte Nullagen ohne Fehler angegeben<br />

werden.<br />

41


5.3.7.2 <strong>Analyse</strong> der Kreisbewegung mit ViMPS<br />

Zunächst ist aus den vorliegenden vier Videosequenzen zur Kreisbewegung eine ausgesucht<br />

und systematisch vermessen worden 50 . Hierbei ist pro Bild die Koordinate der Mitte des kreisenden<br />

Gleiters aufgenommen und gespeichert worden. In einem „Ortsdiagramm“ der y- gegen<br />

die x-Koordinate ergibt sich dann folgendes Bild:<br />

xy-Diagramm<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

y-Koordinate [m]<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

-0,6 -0,4 -0,2 0<br />

-0,1<br />

0,2 0,4 0,6<br />

-0,2<br />

-0,3<br />

-0,4<br />

-0,5<br />

x-Koordinate [m]<br />

Abbildung 7: Ortskoordinatendarstellung der Kreisbewegung<br />

Die Kreisbewegung ist hier deutlich zu erkennen. Ebenso kann schon an dieser Stelle die Fadenlänge,<br />

d.h. der Radius der Bewegung best<strong>im</strong>mt werden.<br />

5.3.7.3 Die Kreisgleichung - Zerlegung der Bewegung<br />

Physikalisch lässt sich eine Rotationsbewegung als Überlagerung einer Schwingung in x- und<br />

y-Richtung beschreiben. Diese Erkenntnis können die Schüler dadurch erhalten, dass sie die<br />

x- bzw. y-Koordinate gegen die Zeit auftragen. Hierbei entsteht folgendes Diagramm:<br />

50 Hierbei handelt es sich um den in Kapitel 5.2.2.5 c) beschriebenen Versuch.<br />

42


Koordinaten [m]<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

-0,1<br />

-0,2<br />

-0,3<br />

-0,4<br />

-0,5<br />

x,y-t-Diagramm<br />

0 1 2 3 4 5 6<br />

x-Koordinate<br />

y-Koordinate<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 8: Zerlegung der Kreisbewegung in Sinusschwingungen<br />

Zusammenhängend mit der Zerlegung in Sinusfunktionen kann die allgemeine Kreisgleichung<br />

betrachtet werden:<br />

2 2<br />

r ? x ?<br />

Nun kann man z.B. in EXCEL eine Wertetabelle anlegen und x, y, x², y² darin auftragen.<br />

Mittelt man dann über x² + y², erhält man (in diesem Beispiel) r² = 0,137 m² und damit<br />

r 0 = (0,370? 0,001) m. Dies deckt sich mit dem vorher mit Bandmaß gemessenen Wert von<br />

r 0 ‘ = (0,370? 0,005) m.<br />

Insgesamt kann mit der Erkenntnis, dass die x- bzw. y-Koordinate eine Sinusschwingung ausführt,<br />

die Kreisgleichung in folgender Form geschrieben werden 51 :<br />

2 2 2<br />

2<br />

r ( t)<br />

? r (sin ? t?<br />

cos ?<br />

0<br />

Hierbei greift man auf Wissen der Schüler aus dem Mathematikunterricht zurück. Sinusfunktionen<br />

werden dort in der 10. Klassenstufe behandelt.<br />

y<br />

2<br />

t)<br />

51 Entweder ist diese Schreibweise den Schülern aus der Diskussion von Schwingungen schon bekannt, andernfalls<br />

könnte ? zunächst als Konstante eingeführt werden, die später genauer untersucht wird.<br />

43


5.3.7.4 Einführung eines neuen Koordinatensystems<br />

Nachdem die Schüler <strong>im</strong> vorigen Kapitel den Zusammenhang zwischen x- und y-Koordinate<br />

herausgearbeitet haben, kann nun die Frage aufgeworfen werden, ob wirklich beide Koordinaten<br />

zur Beschreibung der Bewegung nötig sind. Nach einer möglichen Ideensammlung<br />

können dann Polarkoordinaten eingeführt werden. Der Radius r (Fadenlänge) ist fest, lediglich<br />

der Drehwinkel ? ändert sich. An einem einfachen Dreieck (evtl. Einheitskreis) lassen<br />

sich folgende Beziehungen veranschaulichen:<br />

y<br />

sin ? ? ;<br />

r<br />

x<br />

cos ? ? ;<br />

r<br />

Danach könnte in EXCEL eine Tabelle folgender Art angelegt werden (Auschnitt):<br />

tan?<br />

cos ? sin ? tan ? ? ?????<br />

0,38 -0,92 -2,43 -1,98 -113,39<br />

0,27 -0,94 -3,50 -1,90 -109,12<br />

0,19 -0,97 -5,22 -1,81 -103,64<br />

0,09 -1,00 -10,88 -1,52 -87,20<br />

-0,02 -1,00 48,49 -1,52 -87,20<br />

-0,14 -1,00 6,98 -1,52 -87,20<br />

-0,23 -0,97 4,29 -1,33 -76,36<br />

-0,32 -0,94 2,92 -1,24 -70,88<br />

-0,43 -0,92 2,13 -1,16 -66,61<br />

-0,51 -0,86 1,68 -1,04 -59,75<br />

Tabelle 7: Umrechnung von kartesischen in Polarkoordinaten<br />

Hierbei sind folgende Dinge zu beachten:<br />

? Der Drehwinkel ? wird vom Computer <strong>im</strong> Bogenmaß angegeben und berechnet.<br />

? Eine genauere Betrachtung der Eigenschaften der Trigonometrischen Funktionen liefert<br />

die Erkenntnis, dass sie nur in gewissen Bereichen zur Umrechnung von x/y-Koordinaten<br />

in Drehwinkel günstig sind: Wenn z.B. ? in der Nähe von ?/2 ist, wird die Umrechnung<br />

mittels der Sinusfunktion ungenau, wohingegen gerade hier der Kosinus günstig ist. Diesen<br />

Sachverhalt sieht man z.B. in der 4. bis 6. Zeile der Tabelle deutlich. Da ? in der Tabelle<br />

nur über die Sinusfunktion berechnet ist, sind die Einträge in diesen Zeilen natürlich<br />

ungenau (Dies ist auch in Abbildung 9 zu sehen, die (zur Demonstration) nicht verbessert<br />

wurde).<br />

? Der Drehwinkel ? kann dann zum besseren Verständnis in Gradzahlen umgerechnet werden<br />

(? [°]).<br />

? Folgendes Winkel-Zeit-Diagramm kann jetzt erstellt werden:<br />

?<br />

y<br />

x<br />

44


Winkel-Zeit-Diagramm<br />

15,0<br />

10,0<br />

? = 2,471t - 1,926<br />

??<br />

5,0<br />

0,0<br />

-5,0<br />

0 1 2 3 4 5 6<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 9: Winkel-Zeit-Diagramm der Kreisbewegung<br />

Im Diagramm ist eine Trendlinie eingezeichnet, welche die Messpunkte des ersten vollständigen<br />

Umlaufs fittet. Die Abweichung der Fitgeraden von den weiteren Messpunkten wird <strong>im</strong><br />

nächsten Kapitel erklärt.<br />

5.3.7.5 Der Proportionalitätsfaktor ?<br />

Um die Winkelgeschwindigkeit ? einzuführen, können die Schüler eine Wertetabelle bestehend<br />

aus ? , t und ? /t erstellen. Die Winkelgeschwindigkeit kann dann in Anlehnung an die<br />

Definition der (Translations-) Geschwindigkeit als überstrichener Winkel pro Zeit definiert<br />

werden.<br />

?<br />

?<br />

??<br />

? t<br />

Spätestens hier wird dann auch die Kreisgleichung aus Abschnitt 5.3.7.3 vollständig erklärt.<br />

Nun kann die Winkelgeschwindigkeit auf drei verschiedene Arten best<strong>im</strong>mt werden:<br />

? Im bisher betrachteten Beispielversuch kann ? als Mittelwert der Werte ??/? t berechnet<br />

werden. Es ergibt sich ein Wert von<br />

? 1<br />

? ? (2,39?<br />

0,12) s . Hierbei wird die Standardabweichung<br />

der Daten dividiert durch die Wurzel der Messwertzahl als Fehler angenommen.<br />

Der Messfehler wäre noch kleiner, wenn die Daten wie oben angesprochen an den Extremstellen<br />

der Sinusfunktion korrigiert würden.<br />

45


? Als Gegenprobe kann ? aus der Umdrehungszeit berechnet werden. Der Begriff der Umdrehungszeit<br />

T (Periodendauer, Umlaufzeit) kann an dieser Stelle eingeführt werden. Es<br />

gilt der Zusammenhang:<br />

?<br />

? 2?<br />

? ? f ?<br />

2?<br />

?<br />

T<br />

Aus der ersten Umdrehung des Gleiters folgt ein Zahlenwert von<br />

?<br />

? (2,45?<br />

0,04) s<br />

(Der Messfehler ergibt sich aus der Messgenauigkeit von einem Bild, d.h. ? T = 0,04 s und<br />

2?<br />

? ?? T<br />

?? ? ).<br />

2<br />

T<br />

? Schließlich kann ??als Geradensteigung aus Abbildung 9 ermittelt werden. Für die Mess-<br />

? 1<br />

werte des ersten Umlaufs liefert EXCEL den Wert: ? ? (2,47?<br />

0,09) s .<br />

? 1<br />

Aus den Messpunkten des letzten Umlaufs erhält man den Wert: ? ? (2,15?<br />

0,18) s .<br />

Diese Werte der Winkelgeschwindigkeit verdeutlichen, dass sich der Gleiter nicht ganz<br />

reibungsfrei auf dem Tisch bewegt. Die Winkelgeschwindigkeit n<strong>im</strong>mt <strong>im</strong> Lauf der Zeit<br />

merklich ab. Die Fehler auf ? ? ?bzw.?? E ?folgen aus ?²-Anpassungstests (vgl. z.B. Kapitel<br />

7.3.5.4). Wie in Abbildung 9 zu sehen ist die Kurve der Messpunkte zu Beginn der Bewegung<br />

„glatter“, was sich auch durch den kleineren Fehler von ? A zeigt.<br />

5.3.7.6 Die Bahngeschwindigkeit<br />

Bisher sind die Begriffe Winkelgeschwindigkeit, Periodendauer und Radius der Kreisbewegung<br />

eingeführt. Als nächster Schritt bietet sich an, die Bahngeschwindigkeit vorzustellen.<br />

Hierfür gilt:<br />

v? r??<br />

Die Herleitung dieses Begriffs kann entweder theoretisch oder exper<strong>im</strong>entell erfolgen. Exper<strong>im</strong>entell<br />

sind Wertetabellen anzufertigen, die dann grafisch ausgewertet werden.<br />

Die theoretische Herleitung ist formal:<br />

? s r??<br />

? r?<br />

???<br />

t<br />

v? ? const ? ? ? r?<br />

?<br />

? t ? t ? t<br />

Der Zusammenhang zwischen den Begriffen der Translationsgeschwindigkeit und der Bahngeschwindigkeit<br />

kann <strong>im</strong> folgenden Kapitel hergestellt werden, in dem (als letzter methodischer<br />

Schritt zur Einführung der Kreisbewegung) der Übergang einer Rotation in eine Translation<br />

untersucht wird.<br />

A<br />

E<br />

? 1<br />

46


5.3.8 Rotation und Translation<br />

Die vorliegenden Filme zum Übergang von Rotation in Translation sind dadurch gekennzeichnet,<br />

dass der Faden, der über die Zentripetalkraft den Gleiter auf eine Kreisbahn zwingt,<br />

„gesprengt“ wird.<br />

Bei Aufnahme je eines Messpunktes pro Videobild ergibt sich z.B. folgendes Diagramm der<br />

Ortskoordinaten 52 :<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

0 0,5 1 1,5<br />

X-Koordinate<br />

Abbildung 10: Das tangentiale „Wegfliegen“<br />

Für die Rotationszeit kann z.B. eine Bahngeschwindigkeit mit ViMPS best<strong>im</strong>mt werden, die<br />

mit der Translationsgeschwindigkeit nach Durchtrennung des Fadens verglichen wird.<br />

Aufgrund dieses Übergangs von Rotation in Translation können nun verwandte Begriffe definiert<br />

werden, beispielsweise kann die Winkelbeschleunigung ? eingeführt werden. Bei der<br />

Frage, welche Wechselwirkung den Gleitpuck auf die Kreisbahn zwingt, kann die Zentripetalkraft<br />

motiviert werden. Im Leistungskurs oder während Projekttagen könnte der Begriff des<br />

Trägheitsmoments ? erarbeitet werden, welcher der Newtonschen Gleichung<br />

F ? m?<br />

a<br />

die zugehörige Rotationsform zuordnet:<br />

T ?? ?? (T= Drehmoment).<br />

52 Hier ist der zweite Versuch dieser Art <strong>im</strong> Bild dargestellt.<br />

47


Diese Gesetzmäßigkeiten sind häufig nötig, um kompliziertere Realbewegungen zu beschreiben.<br />

Im Kapitel 6 wird dies <strong>im</strong> Zusammenhang mit der <strong>Analyse</strong> des Wasserspringens noch<br />

deutlich werden.<br />

5.3.9 Ein neues Kraftgesetz: Die elliptische Federschwingung<br />

Nachdem an dieser Stelle die einfache Rotationsbewegung eingeführt ist, soll nun eine kompliziertere<br />

Bewegung betrachtet werden 53 . Ein Gleitpuck führt elliptische Drehbewegungen<br />

um ein Zentrum aus, mit dem er über Stift und Feder verbunden ist. N<strong>im</strong>mt man die Bahn der<br />

Ortskoordinaten auf, erhält man untenstehende Abbildung.<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,6 0,7 0,8 0,9 1 1,1<br />

Startpunkt<br />

x-Koordinate [m]<br />

Abbildung 11: Die elliptische Federschwingung<br />

Zu dieser Abbildung können sich verschiedene Diskussionspunkte ergeben:<br />

? Der Gleitpuck vollführt eine elliptische Bahn.<br />

? Die Ortskoordinaten können gegen die Zeit aufgetragen werden (Sinuskurven). Dieses<br />

Diagramm ist in Anhang E 1 zu finden. Ein Vergleich mit der Kreisbewegung aus Kapitel<br />

5.3.7 ist möglich.<br />

53 Diese <strong>Analyse</strong> der elliptischen Federschwingung könnte in der Schule auch gut als Facharbeit gestellt werden,<br />

sofern nicht einige Aspekte direkt <strong>im</strong> Unterricht besprochen werden.<br />

48


? Die Dämpfung der Schwingung ist <strong>im</strong> Diagramm an der Verkleinerung der Halbachsen<br />

bei jedem Umlauf zu sehen.<br />

? Der Dämpfungsfaktor ? kann berechnet werden. Hierzu könnte z.B. eine Koordinate, die<br />

gegen die Zeit aufgetragen ist, durch eine Funktion der Gestalt<br />

??<br />

f ( t)<br />

? e ? sin?<br />

t<br />

gefittet<br />

werden.<br />

? Es kann eine Hauptachsentransformation durchgeführt werden. In den Koordinaten der<br />

Hauptachsen wäre die Phasenveschiebung von 90° zwischen beiden Koordinaten deutlich<br />

zu sehen (Dies ist <strong>im</strong> Fall der x-y-Koordinaten nicht der Fall und auch nicht erwartet!).<br />

? Überprüfung des 2. Keplerschen Gesetzes. VOGEL ([53], S.52) formuliert es wie folgt:<br />

„Der „Radiusvektor“ (der Strahl Sonne?Planet) überstreicht in gleichen Zeiten gleiche<br />

Flächen.“<br />

Dieses Gesetz soll an den Messwerten überprüft werden 54 . Hierzu wird folgendermaßen<br />

vorgegangen:<br />

1) Zusätzlich zu den Messwerten aus Abbildung 11 werden mit ViMPS die Koordinaten<br />

des Aufhängepunktes der Feder (Zentrum) best<strong>im</strong>mt.<br />

2) Jeweils zwei aufeinanderfolgende Messpunkte der Ellipsenbahn bilden mit dem Zentrum<br />

ein Dreieck, dessen Fläche in guter Näherung gleich der vom Fahrstrahl oder<br />

„Radiusvektor“ pro Bild, d.h. in 0,04 Sekunden, überstrichenen Fläche ist. Diese Dreiecksfläche<br />

kann aus den Koordinaten der Eckpunkte berechnet werden (siehe Anhang<br />

E 2).<br />

3) Addiert man die Flächen der einzelnen Dreiecke fortlaufend, erhält man die insgesamt<br />

<strong>im</strong> Lauf der Zeit „überstrichene“ Fläche.<br />

4) In einem Diagramm kann die Gesamtfläche gegen die verstrichene Zeit aufgetragen<br />

werden. Bei Gültigkeit des zweiten Keplerschen Gesetzes liegen die Messpunkte auf<br />

einer Geraden. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 12 zu sehen. Die Abweichung der<br />

Werte von der eingezeichneten Trendlinie, die aus den zum ersten Umlauf gehörenden<br />

Messwerten ermittelt wurde, entsteht durch die leichte Dämpfung der Bewegung (Reibung),<br />

die schon in Kapitel 5.3.7.5 bzw. Abbildung 9 zu sehen war.<br />

54 Man beachte, dass in diesem Fall der Aufhängepunkt der Feder als „Zentrum“ der Bewegung bezeichnet wird.<br />

Planeten hingegen bewegen sich auf Ellipsenbahnen um die in einem Brennpunkt der Ellipse befindliche Sonne.<br />

49


0,6<br />

0,5<br />

A = 0,0418t + 0,0019<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 12: Überprüfung des 2. Keplerschen Gesetzes<br />

5.3.10 Versuche zur Gaskinetik<br />

Die <strong>im</strong> Folgenden präsentierten Auswertungsvorschläge der Videosequenzen unterscheiden<br />

sich deutlich von den Auswertungen vorher. Bisher wurden mechanische Prozesse betrachtet,<br />

die mit der Sprache der Mechanik (Geschwindigkeiten, Kräfte, Winkel) beschrieben wurden.<br />

Nun soll ein mechanisches Modell (Gleiter auf Luftkissentisch) gaskinetisch interpretiert<br />

werden. Hierbei spielt weniger der einzelne Gleitpuck eine Rolle als vielmehr das Zusammenwirken<br />

oder Wechselwirken von vielen Gleitern. Zum Thema Kinetische Gastheorie ist<br />

ein Vergleich mit dem gleichnamigen Kapitel in [53], S. 214 ff., sinnvoll.<br />

5.3.10.1 Diffusion<br />

Die Videosequenz zur Diffusion kann weniger quantitativ als viel mehr phänomenologisch<br />

ausgewertet werden. Es zeigt sich, dass die Entropie <strong>im</strong> System der Gleitpucks zun<strong>im</strong>mt, da<br />

die Pucks durch die Abstände zwischen den Eisenkernen „diffundieren“, sobald der trennende<br />

Stab entfernt ist.<br />

5.3.10.2 Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung<br />

Ein mögliches Lernziel für Schüler ergibt sich in diesem Kapitel dadurch, dass sie Kenntnisse<br />

über eine zweid<strong>im</strong>ensionale Geschwindigkeitsverteilung von Teilchensystemen erlangen 55 .<br />

55 Im Folgenden hält der Autor sich eng an die Ausführungen in [13], Kapitel 10.2 f.<br />

50


Zunächst müssen mit ViMPS möglichst viele Gleitergeschwindigkeiten <strong>im</strong> Video best<strong>im</strong>mt<br />

werden. Hierzu stehen zwei verschiedene Videosequenzen zur Verfügung: Die Fälle b) bzw.<br />

c) aus Kapitel 5.2.2.8. Zur Erstellung eines Histogramms für die Geschwindigkeitsverteilung<br />

muss die Anzahl der Gleiter in einem best<strong>im</strong>mten Geschwindigkeitsintervall best<strong>im</strong>mt werden.<br />

Da bei einer zu groben oder zu feinen Aufteilung der Intervalle das Histogramm nur<br />

schwer eine zugrundeliegende Gesetzmäßigkeit erkennen lässt, empfiehlt HERLITZ/ WIDULLA<br />

([13], Kap. 10.2.1) eine Aufteilung in 2 ? n gleichgroße Intervalle, wobei n die Anzahl der<br />

Messwerte bezeichnet.<br />

Im zweid<strong>im</strong>ensionalen Fall ergibt die Theorie für die Anzahl dn der Teilchen mit Geschwindigkeiten<br />

<strong>im</strong> Intervall von v bis (v + dv):<br />

Dabei ist<br />

? v<br />

2<br />

v<br />

dn? C?<br />

v?<br />

e<br />

0 dv (1)<br />

v<br />

2<br />

0<br />

1<br />

? ?<br />

n<br />

l<br />

?<br />

i?<br />

1<br />

2<br />

n i<br />

? v i<br />

2<br />

(2)<br />

mit n: Anzahl aller gemessener Teilchen<br />

v i : Intervallmitten der Geschwindigkeitsintervalle<br />

n i : Anzahl der Teilchen mit einer Geschwindigkeit aus dem i-ten Intervall<br />

l: Anzahl der Geschwindigkeitsintervalle.<br />

Die Fläche unter der Kurve ist gegeben durch:<br />

C<br />

? v<br />

2 0<br />

2<br />

? n<br />

(3)<br />

Das mittlere Geschwindigkeitsquadrat v 2 0 lässt sich nach (2) aus den Messwerten berechnen.<br />

Es ist abhängig von der „Temperatur“ des Gassystems, d.h. von der Frequenz des Schüttelrahmens.<br />

Mit Gleichung (3) kann aus den Messwerten zusätzlich noch C best<strong>im</strong>mt werden.<br />

Setzt man C und v 2 0 in die theoretische Kurve (1) ein, so kann diese mit dem Histogramm<br />

verglichen werden. Natürlich müsste die Übereinst<strong>im</strong>mung umso besser werden, je mehr<br />

Messwerte best<strong>im</strong>mt werden 56 .<br />

5.3.10.3 Mittlere freie Weglänge<br />

Um die mittlere freie Weglänge von Teilchen in Gasen zu best<strong>im</strong>men, können zunächst zwei<br />

Videosequenzen mit ViMPS untersucht werden (Filme b) und c) aus Kapitel 5.2.2.8). Hierbei<br />

56 Eine genauere Herleitung oben genannter Sachverhalte findet sich in [13], Kapitel 10.2.1 (Anhang) oder in<br />

[53], S. 225 ff.<br />

51


haben die Gleiter die gleiche Größe 57 . Die Filme unterscheiden sich durch die unterschiedliche<br />

„Gasdichte“, d.h. Gleitpuckzahl auf dem Luftkissentisch.<br />

Die freie Weglänge kann z.B. mit ViMPS dadurch best<strong>im</strong>mt werden, dass man einen Gleiter<br />

betrachtet und dann bei jedem Stoß dieses Gleiters dessen Ortskoordinaten aufn<strong>im</strong>mt. Die<br />

freie Weglänge dazwischen kann dann sehr leicht mit EXCEL best<strong>im</strong>mt werden (Satz des<br />

Pythagoras).<br />

In einer Wertetabelle können dann Wegintervalle aufgetragen und die Messergebnisse pro<br />

Intervall eingetragen werden.<br />

Die theoretische Verteilung für das Histogramm der freien Weglängen lautet:<br />

Hierbei ist:<br />

dn?<br />

? x<br />

n0 ?<br />

? e dx (4)<br />

?<br />

dn: Anzahl der Teilchen mit Wegstrecken zwischen x und (x + dx)<br />

n 0 : Anzahl aller gemessener Teilchen bzw. Wegstrecken<br />

1<br />

? ?<br />

? ?(<br />

d1 ? d<br />

2<br />

)?<br />

2<br />

?: Teilchenzahldichte<br />

d 1 : Durchmesser eines kleinen Gleiters<br />

d 2 : Durchmesser eines großen Gleiters (falls benutzt)<br />

Integration von (4) liefert die Verteilung:<br />

n? n0<br />

? e<br />

? x<br />

?<br />

Eine genaue Herleitung der oben genannten Sachverhalte ist in [53], S. 221 ff. bzw. in [13],<br />

Kapitel 10.3.1 zu finden.<br />

5.3.10.4 Brownsche Bewegung<br />

Lernziel dieses Kapitels ist die Vorstellung der Brownschen (Molekular-) Bewegung. Hierzu<br />

können die Videos d) und e) aus Kapitel 5.2.2.8 verwendet werden. Vogel schreibt dazu 58 :<br />

„Ein Teilchen in einem System mit der Temperatur T hat die mittlere kinetische Energie<br />

? kT der regellosen thermischen Bewegung. Wie groß das Teilchen ist, spielt für<br />

3<br />

2<br />

die Energie keine Rolle (Gleichverteilungssatz), nur für die Geschwindigkeit: Schwere<br />

Teilchen fliegen langsamer.“<br />

57 Im Video e) ist ein Puck deutlich größer als die Anderen, doch auch diese Sequenz könnte untersucht werden.<br />

58 Vgl. [53], S. 223.<br />

52


In e) kann der große, grüne Puck über einen längeren Zeitraum verfolgt werden, da er sich<br />

deutlich von den anderen Pucks abhebt. Um den „Flug“ schwerer Teilchen zu s<strong>im</strong>ulieren,<br />

kann statt des grünen Pucks der rote Magnetgleiter in d) verfolgt werden.<br />

Weitere Theorie zu diesem Kapitel findet sich in [53], S. 223 f. und in [13], Kapitel 10.3.2.<br />

5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

Schon <strong>im</strong> Verlauf dieses Kapitels sind viele Anwendungs- bzw. Durchführungsmöglichkeiten<br />

für die Schule aufgezeigt worden. Zunächst bleibt festzuhalten, dass sich einige Kapitel sehr<br />

gut für den Schulunterricht eignen (Einführung der Rotationsbewegung, Überprüfung der Impulserhaltung,<br />

u.a.). Jedoch muss die Wahl einer best<strong>im</strong>mten Sozialform des Unterrichts genau<br />

bedacht werden. Die einfachen Stoßversuche aus Kapitel 5.2.2.1 bzw. 5.3.3 eignen sich<br />

beispielsweise sehr gut für Gruppenarbeit. Jede Gruppe kann einen anderen Stoßversuch<br />

analysieren und doch kommen die Gruppen insgesamt zu dem Ergebnis der Impulserhaltung.<br />

Andere Filme kommen für Projektarbeit oder fächerübergreifenden Unterricht in Frage. Hierzu<br />

zählt z.B. das Kapitel der Versuche zur Gaskinetik, welches sowohl als Baustein <strong>im</strong> Lehrplan<br />

der Oberstufe 59 genannt ist oder als Verbindung zu den Fächern Biologie oder Geografie<br />

einsetzbar ist.<br />

Insgesamt bleibt anzumerken, dass die Messergebnisse, die mit ViMPS aufgenommen und<br />

dann meist mit EXCEL weiterverarbeitet wurden, den theoretischen Erwartungen gut entsprechen.<br />

Zu vielen Versuchen ist die Größe des Messfehlers angegeben, der <strong>im</strong> Fall der Messung<br />

der Ortskoordinaten bei 0,8 Zent<strong>im</strong>eter liegt. Dies ist akzeptabel bezüglich den D<strong>im</strong>ensionen<br />

des Versuchsaufbaus bzw. der Tatsache, dass (absichtlich wegen Schulnähe) keine Hochgeschwindigkeitskamera<br />

verwendet wurde und so die Gleitpucks bei schneller Bewegung leicht<br />

„verwaschen“.<br />

Gegenüber den bisherigen Exper<strong>im</strong>enten, die man in der physikalischen Lehre am Luftkissentisch<br />

mittels stroboskopischer Aufnahmetechnik durchführte (vgl. [13], [42]), ist die Entwicklung<br />

hin zur Filmaufnahme und Videoanalyse ein Fortschritt, der erst jetzt den Einsatz<br />

des Luftkissentischs <strong>im</strong> Unterricht erlaubt.<br />

59 Vgl. [33], S. 49, 56.<br />

53


6 Zweite Themeneinheit: Das Wasserspringen<br />

„..daß die Mathematik in irgendeiner Weise auf die Gebilde unserer Erfahrung paßt, empfand ich als<br />

außerordentlich merkwürdig und aufregend.“<br />

Werner Heisenberg 60<br />

6.1 Idee und Fragestellung<br />

6.1.1 Gründe für die Auswahl des Wasserspringens<br />

Im vorhergehenden Kapitel wurden am Luftkissentisch Begriffe wie „Impuls“, „Dreh<strong>im</strong>puls“<br />

oder „Schwerpunktbewegung“ eingeführt. In diesem Kapitel sollen nun die vorher eingeführten<br />

Begriffe auf die <strong>Analyse</strong> von realen Bewegungsvorgängen eines Menschen übertragen<br />

werden. Im Wesentlichen soll gezeigt werden, dass auch hinter komplizierteren Bewegungsvorgängen<br />

des Menschen physikalische Gesetze stecken. Wohingegen solche Bewegungen<br />

früher kaum analysiert werden konnten, steht heute mit der Methode der videografischen<br />

<strong>Analyse</strong> ein Werkzeug zur Verfügung, mit welchem einfachere Bewegungen betrachtet und<br />

vermessen werden können.<br />

Im Fach Sport beschäftigt sich die Biomechanik mit der <strong>Analyse</strong> von Bewegungsvorgängen,<br />

um eine mögliche Opt<strong>im</strong>ierung des Bewegungsablaufs und somit bessere Leistung zu erzielen.<br />

Im Rahmen dieser Arbeit soll diese (sportliche) Seite der <strong>Analyse</strong> nicht verfolgt werden,<br />

sondern das Wasserspringen dient als Beispiel für Bewegungsvorgänge, die physikalisch<br />

analysiert werden sollen. Natürlich könnten in der Schule <strong>im</strong>mer auch entsprechend sportliche<br />

Aspekte berücksichtigt werden.<br />

Die Besonderheit des Wasserspringens liegt darin, dass in der Flugphase „freie“ Bewegungen,<br />

d.h. ohne Bindung an ein festes System, durchgeführt werden. Dies ist sonst nur in wenigen<br />

Sportarten üblich; Beispiel hierfür ist neben dem Wasserspringen z.B. das Trampolinspringen<br />

oder das Turnen. In den Fällen, in denen „feste“ Systeme beteiligt sind, ist die Wechselwirkung<br />

zwischen Athlet und System oft nicht leicht zu best<strong>im</strong>men und erschwert die physikalische<br />

Bewegungsanalyse.<br />

Ein weiterer Vorteil bezüglich der <strong>Analyse</strong> des Wasserspringens rührt aus der Tatsache, dass<br />

<strong>im</strong> Universitätsschw<strong>im</strong>mbad in Mainz die Springer des Landesleistungszentrums der rheinland-pfälzischen<br />

Wasserspringer trainieren und so Badezeiten und Athleten zur Verfügung<br />

standen, die für diese Arbeit gefilmt werden konnten.<br />

60 Vgl. [54], S. 202.<br />

54


6.1.2 Konkrete Fragestellungen<br />

Ein Schwerpunkt der Fragestellung ist die Überprüfung der Parabelflugbahn eines „geworfenen“<br />

Körpers in der Luft 61 . Dieses Phänomen wird <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> in der 11. Klasse häufig<br />

durch die <strong>Analyse</strong> der Flugphase von Kugeln vorgestellt. Statt an Kugeln soll an dieser<br />

Stelle die Flugphase <strong>im</strong> Wasserspringen untersucht und geprüft werden, ob trotz verschiedener<br />

Einflussgrößen (Mensch ? starrer Körper, Luftwiderstand, Lage des Körperschwerpunkts<br />

nicht fixiert, u.a.) die der Bewegung zugrunde liegende Wurfparabel gefunden werden kann.<br />

Hierzu wird das Mittel der videografischen <strong>Analyse</strong> mit ViMPS angewandt.<br />

Eine zweite Fragestellung betrifft das Gebiet der Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung. Es wäre didaktisch<br />

wertvoll, den Dreh<strong>im</strong>puls und die Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung z.B. am Luftkissentisch einzuführen<br />

und sie dann auf den Wasserspringer anzuwenden 62 . Diese Bestätigung ist allerdings insofern<br />

schwierig, als die physikalische Theorie auf den Sachverhalt des Wasserspringens angepasst<br />

werden müsste. Vor allem der Begriff des (Massen-) Trägheitsmoments müsste wenigstens in<br />

seinen Grundzügen eingeführt werden.<br />

6.2 Vorgehen/ praktische Durchführung<br />

6.2.1 Versuchsaufbau<br />

Im Universitätsschw<strong>im</strong>mbad wurde die Kameraposition so gewählt, dass der Springer gut von<br />

der Seite zu sehen war und möglichst die komplette Flugphase <strong>im</strong> Videoausschnitt erschien.<br />

Hierbei ergaben sich unvorhergesehene Schwierigkeiten:<br />

? Die Schw<strong>im</strong>mbadbeleuchtung alleine reichte nicht aus, den Springer gut zu beleuchten.<br />

Das Problem wurde dadurch gelöst, dass ein Theaterscheinwerfer und ein wasserdichter<br />

Industriescheinwerfer <strong>im</strong> Schw<strong>im</strong>mbad aufgestellt wurden. Dies musste aus Sicherheitsgründen<br />

außerhalb der geregelten Öffnungszeiten des Schw<strong>im</strong>mbads passieren. Außerdem<br />

konnten nur Scheinwerfer verwendet werden, die die hohe Luftfeuchtigkeit in der<br />

Schw<strong>im</strong>mhalle unbeschadet überstehen konnten.<br />

? Das zweite Problem ergab sich aufgrund der Tatsache, dass der Bildausschnitt der Kamera<br />

für die 3 ½ -fachen Salti zu klein war, falls gegen die Schw<strong>im</strong>mbadwand gefilmt werden<br />

sollte. Dies wäre aus beleuchtungstechnischen Gründen zu bevorzugen gewesen. Also<br />

musste gegen die Fensterseite des Schw<strong>im</strong>mbads gefilmt werden. Die Kontrastprobleme<br />

(Vordergrund/ Hintergrund) mussten hier in Kauf genommen werden. Um den Springer<br />

61 Vom Luftwiderstand soll an dieser Stelle abgesehen werden.<br />

62 Pädagogisches Prinzip: Das Bekannte <strong>im</strong> Unbekannten sehen.<br />

55


trotzdem als „Mensch“ und nicht nur als schwarzen Schatten zu erkennen, wurde die<br />

Blende der Kamera weiter geöffnet 63 . Bei den Sprüngen vom 1 m-Brett konnte dann gegen<br />

die Schw<strong>im</strong>mbadwand gefilmt werden.<br />

? In den Videoaufnahmen muss ein Maßstab zu sehen sein, anhand dessen die Kalibrierung<br />

der ViMPS-Messtechnik erfolgen kann. Für die Aufnahmen vom 3 m-Brett wurde der<br />

Abstand des (Hand-) Geländers vom (braunen) Boden des Sprungbretts als Maßstab verwendet:<br />

Er betrug genau 1 Meter. Für die Sprünge vom 1 m-Brett wurde das Brett selbst<br />

als Maßstab verwendet: Vom Brettende bis zu der beginnenden schwarzen Markierung an<br />

der Brettseite beträgt der Abstand genau 2 m.<br />

6.2.2 Versuchsdurchführung<br />

Zunächst wurde die Masse des Springers best<strong>im</strong>mt. Sie ergab sich zu (56 ? 1) kg 64 . Die folgenden<br />

Sprünge können in vier Versuchsteile gegliedert werden, die nacheinander vorgestellt<br />

werden sollen.<br />

a) Als erstes wurden drei 3 ½-fache Saltosprünge vom 3 m-Brett aufgenommen, da sie koordinativ<br />

am anspruchsvollsten waren 65 . Zu den verschiedenen Sprungtypen des Wasserspringens<br />

oder <strong>im</strong> Speziellen der Saltobewegungen vergleiche z.B. LUDWIG ([24], S. 92<br />

ff.) oder UCKE ([52], S. 187 ff., physikalische Betrachtungsweise).<br />

b) Anschließend wurde die Kameraposition umgebaut (andere Schw<strong>im</strong>mbadseite, siehe<br />

oben) und es wurden drei 2 ½-fache Saltosprünge vom 1 m-Brett aufgenommen.<br />

c) Danach wurde ein einfacher Kopfsprung vom 1 m-Brett aufgezeichnet.<br />

d) Zuletzt sollte ein salto-ähnlicher Sprung gefilmt werden. Hierbei wurde ein Teil der Rotation<br />

um die Körperbreitenachse in gestreckter Körperhaltung, ein anderer Teil in gehockter<br />

Körperhaltung ausgeführt. Diese Sprungform, die <strong>im</strong> wettkampfmäßigen Wasserspringen<br />

nicht üblich ist, sollte später bezüglich der Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung untersucht werden.<br />

Für die Auswertung ist die Reihenfolge der gestreckten Flugphase und der Hockphase unerheblich.<br />

Auch von diesen speziellen Saltosprüngen wurden drei Aufnahmen gemacht.<br />

63 Natürlich hätte an dieser Stelle auch eine Kamera mit Weitwinkelobjektiv ausgewählt werden können. Allerdings<br />

wären die Filmaufnahmen dann wesentlich stärker verzerrt worden als mit der verwendeten Kamera. Dadurch<br />

wären die Messungen massiv beeinflusst worden.<br />

Die verwendete Kamera filmt sehr abbildungssecht: selbst am äußerst rechten Rand konnte nur eine Rechts-<br />

Links-Verzerrung von 2 Zent<strong>im</strong>etern, am äußersten unteren Rand eine Verzerrung von max<strong>im</strong>al 5 Zent<strong>im</strong>etern in<br />

der Höhe bei einer Entfernung zum Filmobjekt von ca. 9 Metern festgestellt werden.<br />

64 Dieser recht große Fehler ist durch die zwischenzeitliche Einnahme von Wasser bzw. die Ansammlung von<br />

unterschiedlichen Mengen von Wassertröpfchen auf der Haut des Springers zu erklären.<br />

65 Der Wasserspringer hatte zum Zeitpunkt der Aufnahmen ein anderthalbtägiges Kadertraining hinter sich, sodass<br />

eine Eingrenzung der Sprungarten und -zahlen vorgenommen werden musste.<br />

56


6.3 Auswertung der verschiedenen Sprünge 66<br />

6.3.1 Die 3 ½-fachen Saltosprünge vom 3 m-Brett<br />

6.3.1.1 Auswertung der Flugphase eines Sprunges<br />

Im Wasserspringen kommt es zu einer Überlagerung von Translations- und Rotationsbewegungen<br />

in einem freien System (Luft). Den Sachverhalt von Drehungen <strong>im</strong> freien System beschreiben<br />

SPONHOLZ/ BUCHMANN ([49], S. 13 ff.) anschaulich. Im wesentlichen bedeutet die<br />

Aussage „freies“ System, dass außer der Schwerkraft keine äußeren Kräfte wirken.<br />

Die Komplexität der Überlagerung von Translations- und Rotationsbewegungen beschreibt<br />

einer der führenden Biomechaniker, D<strong>im</strong>itri D<strong>im</strong>itrijewitsch DONSKOJ, z.B. auf Seite 224 ff.<br />

seines Buches über die Grundlagen der Biomechanik [7]. Erst die moderne Videoanalyse ermöglicht<br />

es, auch diese komplizierteren Bewegungen näher beschreiben zu können. Nichtsdestotrotz<br />

muss die zu untersuchende Bewegung <strong>im</strong>mer noch best<strong>im</strong>mte Eigenschaften haben,<br />

da die dritte Raumkomponente (mit einer Kamera) nicht erfassbar ist. Demzufolge musste<br />

z.B. auf sämtliche Schraubenbewegungen (= Drehungen um die Körperlängsachse) verzichtet<br />

werden.<br />

Der Koordinatenmessfehler beträgt in diesem Kapitel ? x = ? y = 0,025 m. Diese Zahl ergibt<br />

sich aus der Annahme, dass z.B. der Körperschwerpunkt innerhalb einer kreisförmigen Umgebung<br />

eines Durchmessers von 5 Zent<strong>im</strong>eter liegt und nicht genauer best<strong>im</strong>mt werden kann.<br />

Der Radius dieses Kreises wird dann als Messfehler angenommen. Dieser Wert liegt auch in<br />

der Nähe der Pixelauflösung der Videosequenzen von 2 Zent<strong>im</strong>etern.<br />

Der 3 ½-fache Salto lässt sich nun wie der Schiefe Wurf durch eine Überlagerung einer linearen<br />

Translation in x-Richtung (vom Brett weg) und einer Bewegung in y-Richtung (zum Wasser)<br />

beschreiben, wobei die y-Richtung eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung darstellt<br />

(Fallgesetze). Dementsprechend müsste sich der Körperschwerpunkt (KSP) des Springers in<br />

x-Richtung auf einer Geraden, in y-Richtung auf einer Parabel bewegen.<br />

Da der KSP allerdings nicht unmittelbar leicht zu best<strong>im</strong>men ist, soll vor dessen <strong>Analyse</strong> in<br />

Abschnitt 6.3.1.2 die Flugkurve des Kopfes des Springers betrachtet werden, da diese durch<br />

Anklicken und Messen der Flugbahn mit ViMPS unmittelbar zu erhalten ist 67 .<br />

66 In diesem Kapitel wird für den Körperschwerpunkt die <strong>im</strong> Sport übliche Abkürzung „KSP“ verwendet.<br />

67 Natürlich könnte auch jeder andere Körperteil ausgewählt werden; in Anhang F 1 und F 2 ist zur Verdeutlichung<br />

in einem Diagramm die Bewegung des Kopfes und die der Füße als Rotation um die Bahn des KSP aufgetragen.<br />

57


Trägt man die Ergebnisse grafisch auf, lassen sich z.B. folgende Diagramme erstellen 68 (der<br />

Messfehler der Ortskoordinate ist klein gegenüber der Auflösung <strong>im</strong> Diagramm):<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

x = -1,24 t + 5,29<br />

0 0,5 1 1,5<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 13: x-t-Diagramm der Saltobewegung<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

y = -4,57t 2 + 3,47t + 4,01<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 14: y-t-Diagramm der Saltobewegung<br />

Hierbei beginnt die Messung erst mit vollständigem Verlassen des Sprungbrettes und Einnehmen<br />

der gehockten Haltung (konstante Winkelgeschwindigkeit). Deshalb ist der erste<br />

Salto in der Darstellung der Ortskoordinaten gegeneinander auch nur teilweise erkennbar.<br />

Es ergibt sich folgendes Diagramm:<br />

68 Als Beispiel ist hier der dritte gefilmte Sprung vorgestellt, die anderen Sprünge können analog ausgewertet<br />

werden.<br />

58


6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

2 3 4 5 6<br />

x-Koordinate [m]<br />

Abbildung 15: Ortskoordinatendarstellung der Saltobewegung<br />

Interpretation der Grafen:<br />

? Im x-t-Diagramm erkennt man einen sinusförmigen Verlauf der Messpunkte, die sich um<br />

eine Gerade bewegen. Dies entspricht den Erwartungen und zeigt, dass die Bewegung in<br />

x-Richtung <strong>im</strong> Mittel einer linearen (gleichförmigen) Bewegung entspricht. Der Sinusverlauf<br />

der Messpunkte ist Zeichen der überlagerten Rotation des Kopfes (vgl. z.B. Kapitel<br />

5.3.4 zur Schwerpunktbewegung am Luftkissentisch).<br />

? Im y-t-Diagramm liegen die Messpunkte sinusförmig um eine Parabel. Auch das entspricht<br />

den Erwartungen, da die Bewegung in y-Richtung einen freien Fall darstellt und<br />

somit die Gesetze der gleichförmig beschleunigten Bewegung gelten. Auch hier überlagert<br />

die Rotation des Körpers den Verlauf der Messpunkte.<br />

? Wenn man die Messpunkte des y-t-Diagramms mit einer Parabel 2. Ordnung fittet, kann<br />

man sich die Formel der Fitfunktion mit EXCEL anzeigen lassen (vgl. Diagramm oben).<br />

Es gilt:<br />

1<br />

y ( t)<br />

? at<br />

2<br />

2<br />

? y0<br />

? v0t<br />

.<br />

Da es sich bei der Beschleunigung um die Erdbeschleunigung handelt, kann a = g gesetzt<br />

werden. Mit der <strong>im</strong> Diagramm angegebenen Fitformel können Schüler die Erdbeschleunigung<br />

g auf unkonventionelle Art messen.<br />

m m<br />

Hier: g ? 2?<br />

4,57 ? 9, 14 .<br />

2 2<br />

s s<br />

59


Andere Messungen ergeben die Werte:<br />

g = 8,95 m/s²<br />

g = 9,99 m/s².<br />

Da die Berechnung der Erdbeschleunigung g nicht <strong>im</strong> Vordergrund dieses Kapitels steht<br />

und die angewandte Methode auch keine Präzisionsmessung zur exakten Best<strong>im</strong>mung von<br />

g darstellt, wird an dieser Stelle auf eine Diskussion des Messfehlers von g verzichtet 69 .<br />

? Aus dem Diagramm der Ortskoordinaten lässt sich der Verlauf des Sprunges rekonstruieren.<br />

Da die Messpunkte die Flugbahn des Kopfes des Springers beschreiben, kann hier die<br />

Rotationsbewegung nachvollzogen werden.<br />

6.3.1.2 Die Flugbahn des Körperschwerpunkts<br />

Durch die Diagramme <strong>im</strong> vorigen Kapitel wird deutlich, dass alle Translationsbewegungen<br />

von einer Rotation überlagert sind. Betrachtet man nur die Bahn des Körperschwerpunkts<br />

(KSP), so kann die Rotation vernachlässigt werden, da sie <strong>im</strong> freien System um den KSP erfolgt.<br />

Übrig bleibt die reine Translation in x- und y-Richtung, die ausgewertet werden kann.<br />

Die Lage des KSP kann entweder aufgrund der Körperhaltung und Massenverteilung geschätzt<br />

oder über die Best<strong>im</strong>mung von Teilkörperschwerpunkten berechnet werden.<br />

SCOTT ([46], S. 170 ff.) beschreibt u.a. die rechenaufwendige Best<strong>im</strong>mung des KSP über<br />

Teilkörperschwerpunkte; WILLIAMS/ LISSNER ([56], S. 137 f.) zeigen, wie sich die Lage des<br />

KSP aus der Massenverteilung und Körperhaltung best<strong>im</strong>men lässt.<br />

Da beinahe jede Berechnung von (Teil-) Körperschwerpunkten in der Schule zu aufwendig<br />

ist, sollte die Lage des KSP aufgrund der Körperhaltung geschätzt werden. Dies fällt natürlich<br />

umso leichter, je mehr Erfahrung die Schüler aus dem Sportunterricht mitbringen. Wohingegen<br />

der KSP direkt nach dem Absprung aufgrund der Beugung des Oberkörpers sogar außerhalb<br />

des Körpers liegt, wird nach Einnahme der Hockhaltung ein (sinnfälliger) Punkt als KSP<br />

definiert. Hierbei empfiehlt sich z.B. der linke Ellenbogen des Springers, der (in der Projektion)<br />

gut in der Körpermitte liegt und auch während des Flugs einfach zu verfolgen ist 70 .<br />

69 Ein einfacher Chi²-Test zur Best<strong>im</strong>mung des Fehlers von g würde unrealistische Ergebnisse liefern, da die<br />

mittleren quadratischen Abweichungen zwischen der Parabel und den sinusförmigen Messwerten (um die Parabel)<br />

entsprechend zu groß sind. Eine Anpassung der Theorie wäre möglich, soll aber an dieser Stelle nicht vorgeführt<br />

werden.<br />

70 In der Schule könnte entweder die Vorgabe gemacht werden, dass der KSP <strong>im</strong> Bereich Ellenbogen liegt oder<br />

man lässt die Schüler ausprobieren (bei Tests mit Schülergruppen ergaben sich gute Ergebnisse). Solange noch<br />

sinusförmige Kurven in den Diagrammen zu erkennen sind, ist die Lage des KSP noch nicht eindeutig getroffen.<br />

60


Werden diese Messergebnisse der Flugbahn des KSP mit EXCEL dargestellt, liegen die<br />

Punkte <strong>im</strong> x-t-Diagramm nun deutlich auf einer Geraden; dieses Bild ist in Anhang F 3 zu<br />

finden. Das y-t-Diagramm sieht folgendermaßen aus:<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

y = -4,65t 2 + 4,68t + 3,58<br />

0 0,5 1 1,5<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 16: Das y-t-Diagramm der KSP-Flugbahn<br />

In diesem Diagramm ist deutlich zu sehen, dass die Messpunkte auf einer Parabel liegen, die<br />

hier in 2. Ordnung um die Messwerte gefittet ist 71 . Auch bestätigt der Kurvenverlauf, dass ein<br />

„Raten“ der Lage des KSP mit einigen Vorkenntnissen durchaus legit<strong>im</strong> zu sein scheint.<br />

Auch hier lässt sich wieder die Erdbeschleunigung g aus der Fitkurve ermitteln. Der Fehler<br />

von g ergibt sich aus einem ? 2 -Test der Messergebnisse (vgl. z.B. Kapitel 7.3.5.4).<br />

Ergebnis:<br />

g = (9,303? 0,005) m/s²<br />

Interpretation: Der relativ kleine Fehler von g <strong>im</strong>pliziert, dass hier Messergebnisse und Fitparabel<br />

statistisch gut übereinst<strong>im</strong>men. Die Tatsache, dass der Zahlenwert von g systematisch<br />

um 5 % zu klein best<strong>im</strong>mt wurde, liegt an äußeren Einflussgrößen (z.B. Luftwiderstand).<br />

Die Bewegungsgleichung, die die Bahn des KSP beschreibt, kann natürlich nicht nur gefittet,<br />

sondern auch aus den Anfangsbedingungen berechnet werden:<br />

71 Im Diagramm fällt auf, dass etwa an der Stelle „1 s“ eine Lücke in der Reihe der Messpunkte ist. Hintergrund<br />

ist ein Defekt <strong>im</strong> Aufnahmevideo. Normalerweise kann es vorkommen, dass während der Digitalisierung ein<br />

Bild verloren geht (zu Vermeiden wegen Fehler in der Zeitberechnung) und so kein Messpunkt zustande kommt.<br />

Hier ist allerdings kein Bild verloren, sondern dasselbe Bild ist zwe<strong>im</strong>al zu sehen. Da es keinen Sinn macht, hier<br />

einen zweiten Messpunkt aufzunehmen, wurde dieses zweite Bild übersprungen und danach die Messung normal<br />

fortgesetzt. Deshalb gibt ViMPS auch (richtig) den Abstand von 0,08 s zwischen beiden Messungen an.<br />

61


1 2<br />

Bewegungsgleichung: y( t)<br />

??<br />

gt ? v0<br />

y<br />

t?<br />

y0<br />

2<br />

.<br />

( ?<br />

0 y<br />

Aus y t)<br />

? gt?<br />

v ? 0<br />

folgt:<br />

v y<br />

? ? ,<br />

0<br />

g tmax<br />

wobei sich y max und t max aus dem Max<strong>im</strong>um der Flugparabel best<strong>im</strong>men lassen.<br />

Mit t max eingesetzt in die Bewegungsgleichung ergibt sich:<br />

y<br />

max<br />

?<br />

v<br />

2<br />

0 y ?<br />

2g<br />

y<br />

0<br />

2<br />

v0<br />

y<br />

Aus<br />

y0 ? ymax<br />

? lässt sich y 0 berechnen.<br />

2g<br />

Man muss allerdings beachten, dass <strong>im</strong> Videoausschnitt ca. 40 Zent<strong>im</strong>eter am unteren Bildschirmrand<br />

fehlen 72 .<br />

6.3.1.3 Flugbahn eines Teilkörperschwerpunkts (Kopf)<br />

Zuletzt soll nun die Flugbahn des Kopfes mit der des KSP verglichen werden. Hierzu stehen<br />

die Ergebnisse der beiden vorhergehenden Untersuchungen zur Verfügung. Wenn man die<br />

aus dem Video erhaltenen Messdaten in ein Diagramm aufträgt, entsteht Abbildung 17.<br />

6<br />

Flugphase be<strong>im</strong> 3 1/2-fachen Salto<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0 0,5 1 1,5<br />

KSP<br />

Kopf<br />

t [s]<br />

Parabelfit (KSP) Parabelfit (Kopf)<br />

Abbildung 17: Flugbahn des Kopfes und des KSP<br />

72 Z.B. ergeben Messungen eine Bretthöhe von 2,56 m statt 3 m. Dieser Unterschied müsste als additive Konstante<br />

in den Rechnungen berücksichtigt werden.<br />

62


Im Diagramm sind zwei Trendlinien eingezeichnet. Einmal die Kurve, die sich als Fit der<br />

Bewegung des KSP ergibt (Parabelfit KSP), zum anderen die Kurve, die, wie in Kapitel<br />

6.3.1.1 beschrieben, den sinusförmigen Verlauf quadratisch fittet. Es ist zu erkennen, dass die<br />

Abweichungen zwischen beiden Kurven nur sehr gering sind.<br />

Zuletzt kann von der Bewegung des Kopfes die Flugbahn des KSP subtrahiert werden. Im<br />

Diagramm dargestellt müsste das Ergebnis eine sinusförmige Funktion sein, die um den Nullpunkt<br />

schwankt. Dieser Sachverhalt ist in folgender Abbildung 18 dargestellt.<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

-0,2<br />

0 0,5 1 1,5<br />

-0,4<br />

-0,6<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 18: Differenzplot Bahn Kopf minus Bahn KSP<br />

Im Diagramm sind Fehlerbalken in y-Richtung eingezeichnet; die Zeitmessung in x-Richtung<br />

wird (wie bisher) ohne Fehler angegeben. Als y-Fehler wird wie oben ? y = 0,025 m angenommen.<br />

Der Verlauf der Kurve ist nicht genau symmetrisch um die x-Achse, allerdings widerspricht<br />

er auch nicht den Erwartungen; die Abweichungen von einer deutlicheren Sinus-<br />

Bewegung könnten z.B. mit einer leichten Neigung des Kopfes in der Phase zwischen 0,6 und<br />

0,9 Sekunden erklärt werden.<br />

6.3.2 Die 2 ½-fachen Saltosprünge vom 1 m-Brett<br />

Wie in Kapitel 6.2.2 beschrieben wurden drei 2 ½-fache Saltosprünge vom 1 m-Brett gefilmt.<br />

Das Vorgehen zur Kalibrierung dieser Messungen wurde <strong>im</strong> Abschnitt 6.2.1 erklärt. Die<br />

Auswertung der Sprünge wird an dieser Stelle nicht vorgeführt, da sie völlig analog zu der<br />

Auswertung der 3 ½-fachen Salti <strong>im</strong> vorhergehenden Kapitel durchgeführt werden kann. Der<br />

63


einzige Unterschied besteht in der Tatsache, dass die Flugphase kürzer ist und der Wasserspringer<br />

demzufolge nur einen 2 ½-fachen Salto springen kann 73 .<br />

Eventuell können die Sprünge <strong>im</strong> Rahmen einer Gruppenarbeit <strong>im</strong> Unterricht eingesetzt werden.<br />

Mit diesen und den vorigen Sprüngen stehen dann sechs verschiedene Filme zum Thema<br />

Saltobewegungen <strong>im</strong> Wasserspringen zur Verfügung, die in Kleingruppen vermessen und<br />

ausgewertet werden können.<br />

6.3.3 Der Kopfsprung vom 1 m-Brett<br />

Der Kopfsprung vom 1 m-Brett stellt wahrscheinlich einen der einfachsten Sprünge überhaupt<br />

dar. Er entspricht der Alltagserfahrung des sportbegeisterten Schülers und ist für ihn in seinem<br />

Ablauf unmittelbar nachvollziehbar. Trotzdem kann auch an diesem einfachen Sprung<br />

„Physik“ gemacht werden.<br />

? Wie in Kapitel 6.3.1 vorgeführt kann die Flugphase betrachtet und vermessen werden. Der<br />

KSP bewegt sich auf einer Parabel.<br />

? Um nach dem Absprung fußwärts kopfwärts ins Wasser einzutauchen, muss der Körper<br />

eine Drehung vollführen. Anhand der vorher eingeführten Gesetzmäßigkeiten der Rotationsbewegung<br />

kann der Kopfsprung mit Begriffen wie Drehwinkel, Winkelgeschwindigkeit<br />

oder Dreh<strong>im</strong>puls beschrieben werden.<br />

? Bei der Betrachtung des Kopfsprunges kann die Frage gestellt werden, wieso der Körper<br />

überhaupt dreht, bzw. wie der Athlet das Überdrehen des Körpers verhindert. Betrachtet<br />

man dann das Video genauer, fallen die Steuerbewegungen der Arme auf. Hier kann zum<br />

ersten Mal der Begriff des Trägheitsmoments oder die Auswirkung der Änderung desselben<br />

angeschnitten werden. Dies wäre eine Vorbereitung der Untersuchungen <strong>im</strong> nächsten<br />

Kapitel.<br />

6.3.4 Der „Spezialsprung“ vom 1 m-Brett<br />

6.3.4.1 Theoretische Vorbemerkungen und Literaturhinweise<br />

Der Versuchsbeschreibung ist zu entnehmen, dass es sich bei diesem Sprung um einen einfachen<br />

Salto handelt, der teilweise gestreckt und teilweise gehockt ausgeführt wird. Durch die<br />

Verlagerung von Massenteilen an die Drehachse und die damit verbundene Verringerung des<br />

Massenträgheitsmoments beschleunigt sich die Drehung durch die Gültigkeit des Dreh<strong>im</strong>pulserhaltungssatzes.<br />

73 Exemplarisch sind in Anhang G zwei mögliche Diagramme der Auswertung hierzu angefügt.<br />

64


Es ist: L ?? ??<br />

,<br />

wobei L der Dreh<strong>im</strong>puls, ? das Trägheitsmoment und ? die Winkelgeschwindigkeit ist.<br />

Man kann nun umgekehrt vorgehen und versuchen, mit Hilfe dieser drei zur Verfügung stehenden<br />

Videos den Erhalt des Dreh<strong>im</strong>pulses nachzuweisen. Wie oben besprochen muss an<br />

dieser Stelle das (Massen-) Trägheitsmoment (moment of inertia) eingeführt werden. Es bleibt<br />

wieder dem unterrichtenden Lehrer überlassen, in welcher Form er dies tut ? ob er es z.B. aus<br />

gewissen Alltagserfahrungen der Schüler ableitet oder nur Größenordnungen angibt.<br />

Die Veränderung des Trägheitsmoments in einem freien System ist auch in der (zumeist<br />

sportwissenschaftlichen) Literatur untersucht. DONSKOJ ([7], S. 221 ff., S. 229) beschreibt die<br />

Wirkung einer Veränderung der Körperhaltung auf Drehmoment und Dreh<strong>im</strong>puls und gibt<br />

Werte für die verschiedenen Trägheitsmomente an; HOCHMUTH 74 leitet das Massenträgheitsmoment<br />

mathematisch ab und präsentiert unterschiedliche Werte für ? in Verbindung mit dem<br />

Steinerschen Satz. Die Auswirkungen einer Veränderung der Trägheitsbedingungen (z.B. Anhocken)<br />

<strong>im</strong> freien System berechnen FETZ/ OPAVSKY für das Gerätturnen 75 ; dies lässt sich jedoch<br />

ohne weiteres auch auf das Wasserspringen übertragen.<br />

In der englischsprachigen Literatur sind neuere Ergebnisse für die Trägheitsmomente bei<br />

Drehungen um verschiedene Achsen mit unterschiedlichen Körperhaltungen zu finden; <strong>im</strong><br />

Rahmen dieser Arbeit wurden auf die Ergebnisse von CLAUSER et al. zurückgegriffen 76 .<br />

6.3.4.2 Anwendung der Theorie auf die 3 m-Sprünge<br />

Bevor nun der Spezialfall untersucht wird, bei dem der Springer in einem Sprung sein Trägheitsmoment<br />

ändert, kann die Formel L ?? ??<br />

zunächst auf die 3 ½-fachen Saltosprünge angewendet<br />

werden. Dies empfiehlt sich (bei Schülern), um eine Vertrautheit mit dieser „neuen“<br />

Formel bzw. dem Sachverhalt zu entwickeln.<br />

Für Drehungen um die Körperbreitenachse gibt die Literatur übereinst<strong>im</strong>mend ein Trägheitsmoment<br />

von 4 - 5 kg m² bei gehockter Körperhaltung an 77 . Aus<br />

?<br />

?<br />

2 ? ? f ?<br />

2?<br />

T<br />

lässt sich durch die Messung der Umdrehungszeit (Periodendauer) T die Winkelgeschwindigkeit<br />

? best<strong>im</strong>men. Hieraus kann dann der Dreh<strong>im</strong>puls L berechnet werden.<br />

74 Vgl. [15], S. 57 ff.<br />

75 Diese Rechnungen sind in [9] zu finden.<br />

76 Veröffentlichung z.B. <strong>im</strong> Internet [5].<br />

77 Vgl. [7], S. 125; [15], S. 60; [5], S. 1. Diese und andere Werte beziehen sich auf einen Sportler mittlerer Größe<br />

und mittleren Gewichts. Leider werden keine Fehlergrenzen oder Signifikanzintervalle für diese Werte angegeben<br />

(Fehlerdiskussion <strong>im</strong> nächsten Kapitel).<br />

65


Beispielsweise wurden folgende Werte ermittelt:<br />

L?<br />

?<br />

??<br />

?<br />

2 2?<br />

4 kg m ? ?<br />

0,4 s<br />

kg m<br />

62,8<br />

s<br />

2<br />

Mit ???????5 kg m²?und ? T = 0,02 s (1/2 Bild) folgt:<br />

? L?<br />

? 2?<br />

???<br />

? T<br />

2<br />

?<br />

?<br />

? 2?<br />

??<br />

??<br />

T ?<br />

?<br />

2<br />

? T ?<br />

2<br />

kg m<br />

? 8,4<br />

s<br />

Die Größe des Fehlers resultiert natürlich wesentlich aus dem großen Fehler für das Massenträgheitsmoment,<br />

das für den menschlichen Körper noch heute schwer zu best<strong>im</strong>men ist 78 .<br />

2<br />

kg m<br />

Der Wert von L ? 63 ist reproduzierbar; auch aus den anderen 3 m-Sprüngen kann die-<br />

s<br />

se Größenordnung bestätigt werden.<br />

6.3.4.3 Überprüfung des Dreh<strong>im</strong>pulserhaltungssatzes<br />

Nachdem die Berechnungsformel für den Dreh<strong>im</strong>puls nun eingeführt worden ist, kann die<br />

Überprüfung der Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung angegangen werden. Hierzu folgende Systematik:<br />

? Das Trägheitsmoment für die verschiedenen Körperhaltungen bei Drehungen um die Körperbreitenachse<br />

ergibt sich aus der Literatur ?? .<br />

? Die Winkelgeschwindigkeit muss für beide Körperhaltungen gemessen werden. Dies geschieht<br />

wieder über die Best<strong>im</strong>mung der Umdrehungszeit T.<br />

? Der Körper des Springers rotiert um die Körperbreitenachse, allerdings kann keine volle<br />

Umlaufzeit betrachtet werden (Änderung der Körperhaltung). Es empfiehlt sich, Anteile<br />

der vollen Umlaufzeit zu betrachten. Vollführt der Springer z.B. eine Vierteldrehung in<br />

(vollständig) gehocktem Zustand, kann durch Zeitnahme (mit ViMPS) und Multiplikation<br />

mit dem Faktor (hier 4) die Umlaufzeit T berechnet werden. Hieraus ergibt sich ? .<br />

2<br />

?<br />

78 Zur Best<strong>im</strong>mung des Massenträgheitsmoments be<strong>im</strong> Menschen mit der Drehtischmethode vergleiche z.B.<br />

[15], S. 146 ff.<br />

79 Wie oben angegeben gibt die Literatur für ? (gehockt) 4 bis 5 kg m² an, für ? (gestreckt) variiert der Wert zwischen<br />

14 und 17 kg m². Diese Werte sind u.a. abhängig von der Körpergröße, der Masse und natürlich der Massenverteilung<br />

bezüglich der Drehachse. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hier jeweils derselbe Springer<br />

untersucht wird, der eine feste Masse und Körpergröße hat, ist ein Fehler von ?? = 0,5 kg m² als akzeptabel anzusehen<br />

und wird zur Demonstration der Fehlerrechnung <strong>im</strong> Folgenden verwendet.<br />

Sollten andere Wasserspringer gefilmt werden, um die Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung zeigen zu wollen, ist zu prüfen, ob<br />

deren „Körperd<strong>im</strong>ensionen“ deutlich vom Durchschnitt abweichen. In diesem Fall empfiehlt es sich, unter der<br />

Annahme, dass z.B. Körpergröße und Gewicht in etwa proportional zueinander sind, statt mit den absoluten<br />

Werten für das Massenträgheitsmoment mit Verhältnisgleichungen zum Nachweis der Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung zu<br />

operieren.<br />

Zu überprüfen wäre dann z.B.:<br />

?<br />

?<br />

gestreckt<br />

gehockt<br />

?<br />

?<br />

gehockt<br />

? .<br />

gestreckt<br />

66


? Schließlich kann ein Dreh<strong>im</strong>pulswert für den gehockten Zustand berechnet und mit dem<br />

Wert für die gestreckte Körperhaltung verglichen werden.<br />

Zur Best<strong>im</strong>mung des „gehockten“ Dreh<strong>im</strong>pulses wird eine Viertelkörperdrehung benutzt. Es<br />

ergibt sich:<br />

2<br />

2?<br />

2 2?<br />

kg m<br />

L H<br />

??<br />

? ? 4kg m ? ?? 52,4?<br />

6,5?<br />

4?<br />

t 4?<br />

0,12s<br />

s<br />

Der Messfehler berechnet sich wie folgt 80 :<br />

2 ? ???<br />

? L H<br />

?<br />

.<br />

4?t<br />

Zur Berechnung des Dreh<strong>im</strong>pulses in gestreckter Körperhaltung, kann aufgrund des Videomaterials<br />

in den meisten Fällen nur eine Achtelkörperdrehung (t = 0,08 s) benutzt werden.<br />

2?<br />

Mit L S<br />

??<br />

?<br />

8?t<br />

2 ? ???<br />

und ? L S<br />

?<br />

8?t<br />

ergeben sich folgende Werte für den Dreh<strong>im</strong>puls L S , die in untenstehender Tabelle gegen die<br />

verschiedenen Werte von ? aufgetragen sind.<br />

Massenträgheitsmoment ??[kg m²]<br />

14 15 16 17<br />

Dreh<strong>im</strong>puls<br />

(gestreckt) 45,8 ? 4,9 49,1 ? 4,9 52,4 ? 4,9 55,6 ? 4,9<br />

L [kg m²/s]<br />

Zum Vergleich:<br />

Dreh<strong>im</strong>puls<br />

(gehockt) 52,4 ? 6,5<br />

L [kg m²/s]<br />

Tabelle 8: Massenträgheitsmoment und Dreh<strong>im</strong>puls<br />

Man sieht, dass für ? = 16 kg m² die Werte identisch sind. Allerdings ist festzuhalten, dass die<br />

Übereinst<strong>im</strong>mung bis in die Nachkommastelle(n) keine übergroße Genauigkeit des Messsystems<br />

darstellt, sondern in der Tatsache begründet liegt, dass aufgrund der (diskreten) Zeitmessung<br />

und Trägheitsmomentangabe nur diskrete Werte für den Dreh<strong>im</strong>puls L resultieren<br />

können.<br />

80 Der Fehler in der Zeitmessung ist wieder klein gegen den Fehler des Trägheitsmoments und kann vernachlässigt<br />

werden.<br />

67


Um in der Schule die Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung zeigen zu können, muss sich der jeweilige Lehrer<br />

überlegen, ob er z.B. ? = 16 kg m² als festen Wert angibt, oder ob er ein „Vertrauensintervall“<br />

für ? einführen möchte. Dies hängt sicherlich stark von den jeweiligen Klassen und der<br />

Vertrautheit mit (Mess-) Fehlern in der Physik ab. Letztendlich sind aber auch in diesem Versuch<br />

zum Wasserspringen gute Ergebnisse erzielt worden, welche die physikalische Betrachtung<br />

von Realbewegungen anregen können.<br />

6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

In diesem Kapitel werden Realbewegungen des menschlichen Körpers am Beispiel des Wasserspringens<br />

untersucht. Im Wesentlichen ist herauszustellen, dass das Springen vom Sprungbrett<br />

einer Alltagserfahrung des Schülers entspricht. Zwar wird nicht jeder Schüler einen 3 ½-<br />

fachen Salto springen können, allerdings wird er eine Affinität hierzu haben. Dies soll als<br />

Motivationsfaktor ausgenutzt werden, um diese Sprünge physikalisch zu analysieren.<br />

Einerseits werden Gesetzmäßigkeiten überprüft:<br />

? Fallgesetze.<br />

? Schiefer Wurf.<br />

? Überlagerung von Bewegungen in verschiedenen Koordinaten.<br />

? Dreh<strong>im</strong>puls und Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung.<br />

Diese sind meist schon aus dem Mechanikunterricht bekannt, bzw. die Rotationsbewegungen<br />

können am Luftkissentisch eingeführt werden. Hierauf baut verallgemeinernd nun die Bewegungsanalyse<br />

<strong>im</strong> Wasserspringen auf: Der Mensch ist kein Massenpunkt und auch nur in<br />

schlechter Näherung ein „starrer Körper“; trotzdem kann ein Modell gefunden werden, welches<br />

kompliziertere Bewegungszusammenhänge gut beschreibt; physikalische Gesetze können<br />

angewendet bzw. bestätigt werden.<br />

Zum anderen werden die Schüler durch das Arbeiten mit dem Videomaterial nicht nur an<br />

physikalische Gesetze, sondern auch an die Arbeitsweise eines Physikers herangeführt. Eine<br />

zunächst unverstandene Bewegung wird hier zunächst betrachtet, dann elementarisiert (reduziert),<br />

idealisiert, modelliert, mathematisiert und schließlich <strong>im</strong> Exper<strong>im</strong>ent überprüft und bewertet.<br />

Genau dieses Vorgehen ist <strong>im</strong> fachspezifischen Teil des Lehrplans der Oberstufe als<br />

originäre „Methode der Physik“ bezeichnet 81 .<br />

81 Vgl. [33], S. 9.<br />

68


7 Dritte Themeneinheit: Das Trampolinspringen<br />

„Ich glaube, daß selbst zur Entdeckung der schwierigsten Wahrheiten, wenn man nur recht geleitet<br />

wird, nichts als der sogenannte gemeine Menschenverstand erforderlich ist.“<br />

René Descartes 82<br />

7.1 Idee und Fragestellungen<br />

Im vorigen Kapitel wurde das Wasserspringen als Anwendungsmöglichkeit physikalischer<br />

Berechnungen vorgestellt. Im Folgenden soll ein weiteres Beispiel des Messens und Arbeitens<br />

mit dem ViMPS-Programm aus dem Bereich Sport vorgestellt werden, nämlich das Trampolinspringen.<br />

7.1.1 Ausgangsidee<br />

Am Studienseminar in Koblenz wird zur Zeit zum Bereich „Physik und Sport“, der ein Wahlbaustein<br />

<strong>im</strong> neuen Lehrplan der Oberstufe ist 83 , Unterrichtsmaterial zusammengetragen. In einigen<br />

Projektvorschlägen wird z.B. die Thematik „Wurfparabel“ betrachtet 84 (Kugelstoßen,<br />

Abstoß be<strong>im</strong> Fußball, Freiwurf <strong>im</strong> Basketball; diese Untersuchungen sind alle mit ViMPS<br />

möglich). Andere Vorschläge beschäftigen sich mit der Thematik „Impulsumkehr“, was ebenfalls<br />

mit ViMPS untersucht werden kann. Hierzu wird z.B. ein von einer Wand abprallender<br />

Ball betrachtet, der Abbremsvorgang eines Fußballs in der Hand des Torwarts untersucht oder<br />

das Trampolinspringen analysiert 85 .<br />

Bezüglich des Trampolinspringens schreibt LEISEN [21]:<br />

„Be<strong>im</strong> Springen auf dem Trampolin treten Impulsänderungen und damit Kräfte auf. Die<br />

Kräfte, die während des Sprungs auf die Fußgelenke des Sportlers wirken, können auf<br />

zwei Arten best<strong>im</strong>mt werden:<br />

? p m??<br />

v<br />

(1) über die Impulsänderung gemäß F ? ? . Dabei ist m die Masse des<br />

? t ? t<br />

Springers, ?t die Kontaktzeit mit dem Trampolin und ?v die Differenz von Aufprallund<br />

Absprunggeschwindigkeit. Bei einem Sprung aus der Höhe h erhält man mit<br />

den Gesetzen des freien Falls und dem Satz über die Energieerhaltung<br />

2?<br />

m?<br />

2?<br />

g?<br />

h<br />

F ?<br />

? t<br />

82 Vgl. [54], S. 172.<br />

83 Vgl. [33], S. 16 f.<br />

84 Vgl. z.B. [21].<br />

85 Vgl. [41], S. 37 – 46.<br />

69


(2) über die Bremsbeschleunigung a, die sich aus dem Bremsweg s und der Fallhöhe<br />

h nach den Gesetzen der gleichmäßig beschleunigten Bewegung wie folgt berechnen<br />

läßt:<br />

g?<br />

h<br />

m?<br />

g?<br />

h<br />

a ? ? F ? m?<br />

a ?<br />

.“<br />

s<br />

s<br />

In den von Referendaren durchgeführten Exper<strong>im</strong>enten hierzu wurde die Eintauchtiefe mechanisch<br />

ermittelt. Mit dem Videomesssystem ViMPS steht nun ein wesentlich eleganteres<br />

Werkzeug der Bewegungsanalyse zur Verfügung.<br />

Die Ausgangsüberlegung ist also, mit Hilfe von ViMPS das Trampolinspringen zu vermessen,<br />

um z.B. die Kraft auf die Fußgelenke des Springers berechnen zu können. Dies erfordert eine<br />

physikalische <strong>Analyse</strong> des Bewegungsvorgangs, deren Ergebnis auch sportlich bzw. sportphysiologisch<br />

interessant ist.<br />

7.1.2 Die Problematik<br />

Die vorgestellten Untersuchungsmöglichkeiten bzw. Berechnungen sind mit Mitteln der<br />

Schulmathematik ohne weiteres durchführbar. Während den Vorarbeiten stellte sich allerdings<br />

die Frage, ob die oben genannten Gesetze in der angegebenen Form gelten oder ob sie<br />

nur eine Näherung des realen Sachverhalt darstellen. Im zweiten Fall wäre natürlich (physikalisch)<br />

interessant, wie gut diese Näherung ist.<br />

Im ersten Fall wird eine Kraft aus der Impulsänderung berechnet. Der Kraft-Zeit-Verlauf <strong>im</strong><br />

Tuch ist hier nicht betrachtet, es wird vielmehr eine „Mittlere Kraft“ für diese Tuchphase best<strong>im</strong>mt.<br />

Da keine Aussage über den zeitlichen Verlauf der Kraft gemacht wird, kann zwar<br />

konstatiert werden, dass diese „Mittlere Kraft“ auf jeden Fall auf die Fussgelenke wirkt, allerdings<br />

kann die Kraft während dem Tuchkontakt auch kurzzeitig wesentlich höher sein. Im<br />

zweiten Ansatz werden die Gesetze der gleichmäßig beschleunigten Bewegung benutzt. Dies<br />

ist bei einer konstant wirkenden Kraft wie z.B. der Schwerkraft, die auf fallende Körper wirkt,<br />

natürlich legit<strong>im</strong>. Allerdings besteht ein Trampolin aus einer Kombination von Federn und<br />

Tuchbahnen; zumindest die Federn legen die Assoziation nahe, dass es sich bei der Kraft um<br />

eine lineare Kraft nach Vorbild des Hookeschen Gesetzes handelt. In diesem Fall wäre die<br />

Bremsbeschleunigung nicht gleichmäßig, sondern abhängig von der Eintauchtiefe ins Tuch.<br />

Aufgrund dieser Überlegungen soll auch die Kontaktphase mit dem Tuch <strong>im</strong> Folgenden untersucht<br />

werden.<br />

70


7.1.3 Versuchsideen<br />

Da an dieser Stelle keine sportliche <strong>Analyse</strong> von Trampolinsprüngen erfolgen soll, sind keine<br />

Kunstsprünge 86 gefilmt worden, sondern nur „normale“ Fußsprünge betrachtet. Hierbei haben<br />

sich aber eine Vielzahl von zu untersuchenden Möglichkeiten ergeben:<br />

? „Wippen“ auf dem Trampolin (ohne abzuheben).<br />

? Sprünge verschiedener Höhe (½ m, 1 m, 1 ½ m, etc.).<br />

? Aufnahme von einfachen Sprüngen in großer Zahl, um Statistik zu gewinnen.<br />

? Sprünge mit geöffneten bzw. geschlossenen Beinen.<br />

? Sprünge ohne „Abdruck“, d.h. der Körper wird angespannt und der Absprung wird nicht<br />

durch Muskelaktionen unterstützt. Der Mensch kann als starrer Körper betrachtet werden<br />

und vollführt näherungsweise eine gedämpfte Schwingung.<br />

Neben diesen dynamischen können auch statische oder beinahe statische Aufnahmen durchgeführt<br />

und untersucht werden:<br />

? Aufnahme verschiedener Personen (Massenunterschied) stehend auf dem Trampolin.<br />

? Belastung des Trampolins durch unterschiedliche (Gewichts-) Kräfte.<br />

? Aufnahme einer Person, die aus einer definierten Höhe auf das Tuch „fällt“.<br />

7.2 Praktische Durchführung<br />

7.2.1 Versuchsaufbau<br />

In der Mehrzweckhalle des Fachbereichs Sport wird das Trampolin, mit dem die Untersuchungen<br />

durchgeführt werden sollen, aufgebaut 87 . Hierbei handelt es sich um das Gerät<br />

„Grand Master“ der Firma Eurotramp. In untenstehender Abbildung ist der Aufbau zu sehen.<br />

Ein Aufriss auf das Trampolin (mit Anordnung der Federn etc.) ist auf der Internetseite der<br />

Firma Eurotramp zu finden 88 .<br />

86 Vgl. z.B. [49].<br />

87 Hinweis: zum Aufbau bzw. zur Benutzung eines Großtrampolins ist qualifiziertes Personal erforderlich. Der<br />

Nachweis dieser Kenntnisse kann z.B. durch einen Schein des Deutschen Turnerbundes nach einer Ausbildung<br />

und Prüfung erfolgen. Der Sportlehrer hat diesen Schein in der Regel nicht. Diese Voraussetzungen sind bei der<br />

praktischen Durchführung derselben Versuche in der Schule zu bedenken. Ansonsten empfiehlt es sich, auf das<br />

Videomaterial dieser Arbeit zurückzugreifen.<br />

88 Vgl.: http://www.eurotramp.com .<br />

71


Abbildung 19: Versuchsaufbau Trampolinspringen<br />

Unter dem Trampolin werden zwei Turnkästen aufgestellt. Auf dem rechten Kasten ist die vor<br />

den Sprüngen best<strong>im</strong>mte Masse der Springer in Kilogramm angeschrieben. Der linke Kasten<br />

hat eine Höhe von 0,5 Metern; hiermit können die Ortsmessung in ViMPS kalibriert werden.<br />

Zusätzlich zu dem in Abbildung 18 sichtbaren Aufbau wird noch ein Scheinwerfer aufgestellt,<br />

der einerseits die Kastenaufschriften und andererseits das eingedrückte Tuch beleuchtet und<br />

so eine bessere Aufnahmequalität ermöglicht.<br />

Die Kamera wird in etwa auf die Höhe des Trampolins justiert. Zwar sind keine großen Messfehler<br />

durch Verzerrungsaspekte zu erwarten (vgl. Fußnote in Kapitel 6.2.1), aber nichtsdestotrotz<br />

wird so bei Eintauchtiefen von bis zu 90 Zent<strong>im</strong>eter und durchschnittlichen Sprunghöhen<br />

von 1 Meter dieser Messfehler min<strong>im</strong>iert.<br />

7.2.2 Versuchsdurchführung<br />

In Kapitel 7.1.3 sind verschiedene Versuchsideen aufgeführt. Einige sind in die Tat umgesetzt,<br />

gefilmt und digitalisiert worden. Für die Themeneinheit Trampolinspringen war allerdings<br />

charakteristisch, dass die Auswertung eines Sprungtyps wieder neue Fragen aufgeworfen<br />

hat, die dann durch weitere Sprungversuche bestätigt oder verworfen werden mussten. Insofern<br />

hält sich die unten folgende Versuchsbeschreibung nur an die inhaltlichen Zusammenhänge<br />

und nicht an den chronologischen Zeitablauf der verschiedenen Versuche 89 .<br />

89 Diese Bemerkungen erklären z.B., warum Springer in verschiedenen Aufnahmen unterschiedliche Kleidung<br />

tragen. Durchführungszeitraum waren die Sommermonate 2000.<br />

72


7.2.2.1 Das Dotzen 90<br />

Im vorliegenden Versuch soll eine Situation geschaffen werden, in der der Springer keine<br />

Energie in das System „Trampolin“ pumpt. Normalerweise geschieht dieses „Pumpen“ von<br />

Energie dadurch, dass der Springer kraftvoll abspringt, d.h. sich mit Unterschenkel- und<br />

Fußmuskulatur vom Tuch abdrückt. Hier besteht die Aufgabe darin, die Freiheitsgerade der<br />

Bewegung 91 soweit einzuschränken, dass der Körper des Springers quasi als starrer Körper<br />

reagiert. In der praktischen Durchführung werden nach Erreichen einer best<strong>im</strong>mten Sprunghöhe<br />

auf ein Zeichen hin sämtliche Muskeln angespannt/ fixiert und die Bewegung klingt<br />

gleich einem dotzenden Ball aus. Hierbei muss bemerkt werden, dass diese vermeintlich<br />

leichte Bewegung in der praktischen Ausführung sehr schwierig ist: Durch die geschlossen<br />

Beine wird die Standfläche kleiner, d.h. das System wird leichter instabil. Außerdem sind<br />

keine Korrekturbewegungen erlaubt. Sobald der Springer aus dem Gleichgewicht kommt,<br />

muss die Bewegung abgebrochen und neu begonnen werden.<br />

7.2.2.2 Sprünge verschiedener Höhe<br />

Hierbei wird dem Springer die Aufgabe gestellt, <strong>im</strong> Rahmen seiner Möglichkeiten zu versuchen,<br />

eine best<strong>im</strong>mte Sprunghöhe zu reproduzieren, d.h. „<strong>im</strong>mer gleich hoch zu springen“.<br />

Dabei sollen pro Springer drei verschiedene „Höhenstufen“ gefilmt werden. Insgesamt wurden<br />

hierzu zwei verschiedene Springer gefilmt. Die Sprünge werden ansonsten „ganz normal“<br />

ausgeführt, d.h. es werden keine zusätzlichen Vorschriften bezüglich der Bewegung gemacht.<br />

7.2.2.3 Sprünge bei wechselndem Beinöffnungswinkel<br />

Während der Auswertung der vorangegangenen Versuche hat sich die Frage gestellt, ob der<br />

Öffnungswinkel der Beine und damit die Größe der Standfläche einen nicht zu vernachlässigenden<br />

Faktor in der Messung darstellt. Ursprung der Idee ist die Beobachtung der Tuchform<br />

<strong>im</strong> unteren Umkehrpunkt der Bewegung. Bei geschlossenen Beinen bildet sich eine „V“-Form<br />

des Tuches aus, wohingegen es bei geöffneten Beinen zu einer „W“-Form kommt. Diese Fragestellung<br />

soll durch die <strong>Analyse</strong> von speziellen Sprüngen geklärt werden. Hier hat der<br />

Springer die Aufgabe, abwechselnd mit geöffneten bzw. geschlossenen Beinen zu landen.<br />

90 Der Begriff „Dotzen“ entstammt der Umgangssprache und wird zumeist <strong>im</strong> südlichen Rheinland oder in der<br />

Pfalz verwendet. In der Regel wird hierdurch ein best<strong>im</strong>mter Bewegungsprozess beschrieben. Man stelle sich<br />

z.B. einen auf den Boden aufprellenden Ball vor, der <strong>im</strong> Laufe der Zeit Energie, d.h. Flughöhe, verliert. Dieses<br />

Aufprellen mit dazugehörigem Energieverlust (Reibung, Wärme, Luftwiderstand) wird durch den Begriff<br />

„(Aus-) Dotzen“ beschrieben. Da die durchgeführte Übung hiermit verwandt ist, soll diese Bewegung <strong>im</strong> Folgenden<br />

als „Dotzen“ definiert werden, um längere Umschreibungen der Bewegung zu umgehen.<br />

91 Vgl. hierzu [2], S. 169.<br />

73


7.2.2.4 Standbilder<br />

Im Gegensatz zu den vorher durchgeführten Versuchen wird hier eine statische Situation aufgenommen.<br />

Zwei Springer verschiedener Masse werden nacheinander gefilmt. Hierbei stehen<br />

sie einfach nur auf dem Trampolin; die Auslenkung wird lediglich durch ihre eigene Gewichtskraft<br />

hervorgerufen.<br />

7.2.2.5 Standbilder unter Vergrößerung der Masse<br />

Ziel dieses Versuches ist die Erstellung eines Diagramms, in dem die Gewichtskraft als einwirkende<br />

Kraft auf das Tuch gegen die Auslenkung aufgetragen ist.<br />

Es werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, unterschiedliche Massen auf das Trampolin<br />

zu bringen: Gewichtsscheiben, eine große Wasserwanne oder Betonsäcke kämen in Frage.<br />

Die Entscheidung fällt auf die kostengünstigste und einfachste Möglichkeit: Neun Personen<br />

werden in die Turnhalle eingeladen und gewogen. Danach werden sie in unterschiedlichen<br />

„Paarungen“ auf das Trampolin gebeten, sodass sich Massenschritte von ca. 40 kg ergeben,<br />

bis am Ende alle neun Personen gleichzeitig auf dem Trampolin stehen 92 .<br />

Abschätzungen <strong>im</strong> Vorfeld haben ergeben, dass, um eine Auslenkung ähnlich der dynamischen<br />

Sprünge zu erreichen, das Trampolin mit etwa 600 kg belastet werden muss 93 . Aus den<br />

Videoaufnahmen wird pro Belastungsstufe des Trampolins ein Standbild digitalisiert.<br />

7.2.2.6 Fallversuche<br />

Bei den vorangegangenen dynamischen Versuchen hat sich die Energie, mit der der Springer<br />

ins Tuch eintauchte, <strong>im</strong>mer aus der Flughöhe ergeben, die allerdings keinen festgelegten Wert<br />

angenommen hat, sondern nur zufällig aus der Stärke des Abdrucks vorher resultierte.<br />

In diesem Versuch soll der Springer sich aus einer definierten Höhe auf das Tuch fallen lassen,<br />

wobei die Ausgangshöhe langsam gesteigert wird. In der praktischen Umsetzung wird<br />

das Trampolin unter einem Tau aufgebaut, welches über Klebestreifen in regelmäßige Abschnitte<br />

unterteilt ist. Der Springer klettert dann am Tau empor und nach Erreichen einer best<strong>im</strong>mten<br />

Höhe fixiert er seine Position. Dann wird das hängende Tau zur Seite gezogen<br />

(Verletzungsgefahr) und der Springer lässt sich aus dieser Höhe fallen. Die Höhe und die<br />

Eintauchtiefe können mit ViMPS gemessen werden.<br />

92 Vgl. Abbildung 38 am Ende dieser Arbeit.<br />

93 Ein vom Autor geführtes Telefonat mit dem Trampolinhersteller ergab den Hinweis, dass Tuch und Federn eines<br />

Freizeittrampolins bei 8000 N Belastung noch reißfest sein müssen, bei Wettkampftrampolinen (wie das<br />

verwendete Trampolin) liegt die TÜV-geprüfte Sicherheitsgrenze bei 10000 N. Zum Vergleich: die gewählte<br />

Max<strong>im</strong>albelastung von 615 kg entspricht einer Gewichtskraft von G ? 6000 N.<br />

74


7.3 Auswertung der verschiedenen Sprungversuche<br />

Im vorherigen Kapitel sind die verschiedenen Versuche, die zum Trampolinspringen durchgeführt<br />

wurden, beschrieben. Hierbei sind dynamische und statische Prozesse getrennt voneinander<br />

dargestellt. Bezüglich der Auswertung empfiehlt es sich allerdings, eine andere Systematik<br />

einzuführen und erst später auf einzelne Versuche zurückzugreifen. Dies entspricht in<br />

etwa dem pädagogischen Leitsatz „vom Leichten zum Schweren“. Mit anderen Worten sollen<br />

nun zunächst allgemeine Überlegungen und Ergebnisse dargestellt werden, bevor dann anhand<br />

spezifischer Sprungversuche die Gesetzmäßigkeiten des Trampolins best<strong>im</strong>mt werden.<br />

Wie auch <strong>im</strong> Themengebiet „Wasserspringen“ wird <strong>im</strong> Folgenden ein Koordinatenmessfehler<br />

von 0,025 Meter angenommen.<br />

7.3.1 Die Wahl des „richtigen“ Koordinatensystems<br />

7.3.1.1 Das verwendete Koordinatensystem<br />

Um das Trampolinspringen mit Hilfe von ViMPS analysieren zu können, muss das Messsystem<br />

zunächst kalibriert werden. Wie oben angeführt werden mit Hilfe des linken Kastens,<br />

der genau einen halben Meter hoch ist, die nötigen Einstellungen vorgenommen. Der Anwender<br />

wird danach routinemäßig gefragt, ob er einen Nullpunkt für die Messungen festlegen<br />

will. In den bisher vorgestellten Themeneinheiten wurde diese Frage standardmäßig verneint<br />

und die linke untere Ecke des Videofensters wurde von ViMPS als Nullpunkt festgesetzt.<br />

Im Fall des Trampolinspringens sollte diese Frage neu diskutiert werden. Die Sprungbewegung<br />

auf dem Trampolin ist durch eine Flugphase (ohne Kontakt zum Tuch) und eine Eintauchphase<br />

(Tuchphase) gekennzeichnet. Während diesen Phasen wird ständig Energie umgewandelt<br />

(potentielle in kinetische und umgekehrt) 94 . Hierbei entspricht die Trampolinhöhe<br />

einer natürlichen Grenze: Oberhalb findet ein „freier Flug“ statt, der den Wurfgesetzen ? mit<br />

oder ohne Berücksichtigung der Luftreibung ? genügt (Schwerkraft wirkt nach unten).<br />

Im Tuch wird der Springer abgebremst und wieder nach oben beschleunigt; die Tuchkraft<br />

wirkt also nach oben.<br />

94 Von Reibungs- oder Wärmeverlusten soll in diesem Kapitel abgesehen werden; Ausnahmefälle sind besonders<br />

gekennzeichnet.<br />

75


Aufgrund dieser Gegebenheiten ist es naheliegend, den Nullpunkt der Koordinatenmessung in<br />

Höhe des (entspannten) Tuches zu definieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurde dies konsequent<br />

durchgeführt 95 .<br />

7.3.1.2 Alternative Koordinatensysteme<br />

Es ist allerdings keinesfalls zwingend notwendig, genau diesen Nullpunkt zu wählen. In der<br />

Schule könnte z.B. diskutiert werden, welche Punkte sich noch als Koordinatenursprung eignen<br />

und ob die Messergebnisse eventuell zueinander <strong>im</strong> Widerspruch stehen. Folgende<br />

Wahlmöglichkeiten kämen z.B. in Frage:<br />

? Nullpunkt in Höhe des entspannten Tuches (wie oben). Im Nullpunkt ist keine Energie <strong>im</strong><br />

Tuch gespeichert.<br />

? Nullpunkt in Höhe der Füße bei statischer Belastung des Trampolins, d.h. die Eintauchtiefe<br />

einer ohne Bewegung <strong>im</strong> Tuch stehenden Person wird als „Null“ definiert.<br />

Achtung: dies wirkt sich auf die Auswertung der Sprünge aus; <strong>im</strong> Nullpunkt wirkt eine<br />

Kraft, die gerade der umgekehrten Gewichtskraft entspricht.<br />

? Nullpunkt in Höhe des Hallenbodens. Der Hallenboden als Bezugsgröße für die Sprungund<br />

Eintauchhöhen; er kann nicht unterschritten werden.<br />

? Nullpunkt <strong>im</strong> unteren Umkehrpunkt der Bewegung. Dieser Punkt entspricht der max<strong>im</strong>alen<br />

potentiellen Tuchenergie.<br />

? Nullpunkt <strong>im</strong> oberen Umkehrpunkt der Bewegung. Dieser Punkt entspricht der größten<br />

Flughöhe und damit dem höchsten Potential <strong>im</strong> Schwerefeld.<br />

An dieser Stelle sollen die Unterschiede der Nullpunktwahl nicht genauer beschrieben werden,<br />

es handelt sich <strong>im</strong> Wesentlichen um eine einfache Koordinatentransformation. Für<br />

Schüler ist dieser Sachverhalt vielleicht nicht unmittelbar einsichtig. So könnte ein Trampolinsprung<br />

in Kleingruppen mit unterschiedlicher Nullpunktwahl untersucht werden und be<strong>im</strong><br />

Ergebnisvergleich kann die Frage gestellt werden, ob einzelne Ergebnisse nun falsch sind<br />

oder woraus diese Unterschiede resultieren.<br />

95 In den Videosequenzen sieht man am Trampolingestänge auf der der Kamera zugewandten Seite ein kleines<br />

rotes Schild. An der Stange direkt oberhalb befinden sich die Halterungen für die Federn, sodass diese Stange als<br />

Nullhöhe definiert werden kann. Da die x-Koordinate in den Messungen nicht von Belang ist, wird nur von einer<br />

Nullhöhe gesprochen. Allerdings wäre die Trampolinmitte eine naheliegende Nullpunktdefinition.<br />

76


7.3.2 Erkenntnisse aus dem Dotzen<br />

7.3.2.1 Die Flugparabel<br />

Be<strong>im</strong> Dotzen handelt es sich wie schon in Kapitel 7.2.2.1 beschrieben um eine abklingende<br />

(gedämpfte) Form der Bewegung. Der Springer „pumpt“ keine Energie in das System Tuch,<br />

sodass die Dotzbewegung durch die Reibungskraft gedämpft wird und die Amplituden in positiver<br />

wie negativer y-Richtung langsam kleiner werden. Dieser Sachverhalt wird in folgendem<br />

Diagramm deutlich, bei dem die y-Koordinate der Bewegung gegen die Zeit aufgetragen<br />

ist:<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

-0,2<br />

0 2 4 6 8<br />

-0,4<br />

-0,6<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 20: Der Zeitverlauf be<strong>im</strong> Dotzen<br />

Die Tuchphase der Bewegung soll an dieser Stelle noch nicht diskutiert werden. Zunächst<br />

wird nur die Flugphase der Bewegung betrachtet.<br />

Ohne Kontakt zum Tuch vollführt der Springer einen „senkrechten Wurf“, der den Gesetzen<br />

der gleichmäßig beschleunigten Bewegung entsprechen muss. Die Flugphase wird demzufolge<br />

durch einen Parabelast zweiter Ordnung beschrieben, sofern man von Luftwiderstandseinflüssen<br />

absieht. Es gilt die Bewegungsgleichung:<br />

1<br />

y ?<br />

2<br />

2<br />

( t)<br />

? g?<br />

t ? v0<br />

? t y0<br />

77


Im folgenden Diagramm ist eine Flugphase aus der Gesamtbewegung herausgegriffen und mit<br />

EXCEL eine Parabel an die Messwerte gefittet worden. Hierbei wird davon ausgegangen,<br />

dass die Zeitmessung (über die Framenummer) korrekt erfolgt, wohingegen die Messung der<br />

y-Koordinate einen Fehler von ? 0,025 m aufweist 96 . Trotzdem ergibt sich eine gute Übereinst<strong>im</strong>mung<br />

zwischen der Theorie und den Messwerten, wie die folgende Abbildung zeigt.<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

y = -5,03t 2 + 20,81t - 20,97<br />

0<br />

1,5 1,7 1,9 2,1 2,3 2,5<br />

Zeit t [s]<br />

Abbildung 21: Die Flugzeit be<strong>im</strong> Dotzen<br />

Entsprechend den Ausführungen <strong>im</strong> Kapitel „Wasserspringen“ könnte aus der <strong>Analyse</strong> der<br />

Flugkurve wieder die Erdbeschleunigung g berechnet werden. Im betrachteten Fall folgt:<br />

g = 10,06 m/s² (Der Fehler auf g ergibt sich aus der Genauigkeit des Parabelfits). Außerdem<br />

sieht man, dass aufgrund dieser guten Ergebnisse in den folgenden Rechnungen guten Gewissens<br />

die Luftreibung vernachlässigt werden kann, was die Auswertungen vereinfacht.<br />

7.3.2.2 Die Dämpfung der Sprünge<br />

Deutlich ist in Abbildung 20 zu sehen, dass sowohl die positive wie die negative y-Amplitude<br />

<strong>im</strong> Lauf der Zeit kleiner werden. Dies lässt darauf schließen, dass es sich um eine gedämpfte<br />

Bewegung handelt. Da die Dämpfung wie eben gesehen nicht wesentlich in der Flugphase<br />

96 Bezüglich dieser speziellen Messung könnte auch ein Fehler von 0,02 m angenommen werden (Pixelauflösung);<br />

<strong>im</strong> Rahmen der Einordnung in das gesamte Kapitel wurde aber (wie schon in Abschnitt 6.3.1.1 analog begründet)<br />

der angegebene Messfehler von 0,025 m beibehalten.<br />

78


stattfindet, muss sie während der Tuchphase verstärkt auftreten. Einerseits kann Energie in<br />

Form von Reibungsverlusten an Tuch und Federn verloren gehen. Andererseits kann Energie<br />

in Form von Muskelanspannung (Wärme) in den Körper des Springers „gepumpt“ werden, da<br />

die Elastizität des menschlichen Körpers nicht mit einem (physikalisch) starren Körper zu<br />

vergleichen ist.<br />

Die einfachste Theorie, die diesen Sachverhalt beschreibt, ist die Annahme, dass der Springer<br />

bei jedem Sprung einen festen Prozentsatz seiner Höhe, d.h. der Energie (wegen E ? m?<br />

g?<br />

h ),<br />

verliert. Diese Annahme kann anhand der Messwerte überprüft werden und trifft <strong>im</strong> Rahmen<br />

der Messfehler auch zu, wie untenstehende Tabelle zeigt.<br />

Hierzu war gegeben:<br />

? Die Höhe h in [m].<br />

? Die (potentielle) Energie [J] <strong>im</strong> Max<strong>im</strong>um:<br />

E ? m?<br />

g?<br />

h .<br />

Wenn h 1 und h 2 zwei aufeinanderfolgende Höhenmax<strong>im</strong>a bezeichnen, wird der prozentuale<br />

h1<br />

? h2<br />

h<br />

Höhen-/ Energieverlust beschrieben durch: ? h ? ? 1?<br />

h h<br />

Der Fehler F für den Höhenverlust berechnet sich nach Gaußscher Fehlerfortpflanzung:<br />

1<br />

2<br />

1<br />

? h ??<br />

h<br />

?<br />

?<br />

?<br />

2<br />

?? h<br />

??<br />

?<br />

?<br />

?<br />

2<br />

2 1<br />

2<br />

F ?<br />

? 2 ? ? ? ; Fehler des Mittelwerts:<br />

h1<br />

h1<br />

?<br />

m ? ?<br />

n<br />

Höhe der Relativer<br />

Max<strong>im</strong>a Höhen-/ Energieverlust<br />

Fehler<br />

0,62<br />

0,54 0,13 ? 0,04<br />

0,46 0,15 ? 0,05<br />

0,38 0,17 ? 0,06<br />

0,32 0,16 ? 0,07<br />

0,24 0,25 ? 0,08<br />

0,20 0,17 ? 0,11<br />

0,16 0,20 ? 0,13<br />

Mittelwert: 0,18 ? 0,01<br />

Prozentualer<br />

Energieverlust<br />

0,35<br />

0,3<br />

0,25<br />

0,2<br />

0,15<br />

0,1<br />

0,05<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Sprünge<br />

Tabelle 9: Prozentualer Energieverlust<br />

Abbildung 22: Energieverlustdiagramm<br />

79


7.3.2.3 Interpretation der Gesamtbewegung<br />

Bisher sind die Flugphase und die Dämpfung der Bewegung behandelt worden. Offen bleibt<br />

die Frage, was während der Tuchphase passiert. Im Wesentlichen wird diese Frage in Kapitel<br />

7.3.5 beantwortet; dort wird ein Energiegesetz für das Trampolin gesucht. Trotzdem lassen<br />

sich schon hier einige Vermutungen (durch Abbildung 20 angeregt) über die Tuchphase anstellen:<br />

? Der Eintritt von der Flug- in die Tuchphase (und umgekehrt) erfolgt stetig, <strong>im</strong> mathematischen<br />

Sinn wahrscheinlich sogar differenzierbar.<br />

? Die Eintauchtiefe n<strong>im</strong>mt ebenso wie die Höhe <strong>im</strong> Lauf der Zeit ab; allerdings ist dieses<br />

Absinken weniger stark als das der Max<strong>im</strong>a.<br />

? Der zeitliche Verlauf der Kurve <strong>im</strong> Tuch ist weniger parabelförmig als vielmehr sinusartig.<br />

? Die Breite der „Täler“ <strong>im</strong> Tuch bleibt über die ganze beobachtete Videosequenz nahezu<br />

konstant bei 0,45 s.<br />

Wird in der Schule die <strong>Analyse</strong> von Trampolinsprüngen mit dem Video zum Dotzen begonnen,<br />

können hieran (wie gesehen) einige wichtige Fakten eingeführt werden. Die Kalibrierung<br />

des Messsystems wird ebenso besprochen wie die Flugphase der Bewegung und die Dämpfung.<br />

Gleichzeitig werden Fragen aufgeworfen. Vor allem das Tuchverhalten während der<br />

Eintauchphase kann an dieser Stelle noch nicht erklärt werden. Aspekte hierzu werden in den<br />

folgenden Kapiteln diskutiert.<br />

7.3.3 Höhenkorrektur bei allgemeinen Sprüngen<br />

Im Video zum vorigen Kapitel ist zu sehen, dass der Springer seine Körperhaltung unabhängig<br />

von seiner Lage zum Tuch nicht ändert. Bei allgemeineren Trampolinsprüngen ist das<br />

nicht der Fall. Normalerweise werden die Arme zum „Schwung holen“ eingesetzt, d.h., dass<br />

sie <strong>im</strong> unteren Umkehrpunkt der Bewegung in etwa am Körper anliegen, wohingegen sie <strong>im</strong><br />

oberen Umkehrpunkt nach oben gestreckt sind.<br />

Daraus resultiert eine Verlagerung des Körperschwerpunkts <strong>im</strong> Schwerefeld der Erde. Dies<br />

muss berücksichtigt werden, sofern man die Höhenmessungen an einer festen Stelle, wie z.B.<br />

dem Kopf oder den Füßen, durchführen will. Die hierzu nötige Korrektur soll <strong>im</strong> Folgenden<br />

abgeschätzt werden.<br />

Da sich nur die Armhaltung bei dynamischen Sprüngen ändert, trägt allein deren Masse zu einer<br />

Gewichtsverlagerung bei. Aus der Literatur 97 ergibt sich, dass durchschnittlich ca. 10 %<br />

97 Vgl. [15], S. 144.<br />

80


des Körpergewichts auf die Arme entfallen. Unter der Annahme, dass der Teilkörperschwerpunkt<br />

eines Arms in etwa auf Höhe des Ellenbogens liegt, kann die (in der Regel zum Körpergewicht<br />

proportionale) Gewichtsverlagerung der Arme in Kilogramm abgeschätzt werden.<br />

Mit ViMPS kann dann der Abstand zwischen Schulter und einem Ellenbogen gemessen und<br />

hieraus die Änderung der Höhe des Teilkörperschwerpunkts der Arme berechnet werden.<br />

Aufgrund der Tatsache, dass unterschiedliche Armlängen in der Regel proportional zur Körpergröße<br />

bzw. zum Körpergewicht sind, ergab sich bei Messungen an zwei Personen (53 kg<br />

und 94 kg) auch ein ähnlicher Höhenkorrekturwert von ca. 5 cm. Insofern wird dieser Wert <strong>im</strong><br />

Folgenden unabhängig von der gefilmten Person zur Sprunghöhe addiert. Die potentielle<br />

Energie <strong>im</strong> oberen Umkehrpunkt der Bewegung berechnet sich also stets wie angegeben<br />

(Sprunghöhe in Meter):<br />

? h?<br />

0, m?<br />

E pot<br />

? m?<br />

g?<br />

05<br />

7.3.4 Auswirkung des Beinöffnungswinkels auf die Eintauchtiefe<br />

Be<strong>im</strong> Eintauchen in das Trampolin hat der Springer die Wahl, ob er seine Beine eher geöffnet<br />

oder geschlossen halten will. Aus sportlicher Hinsicht ist <strong>im</strong>mer die geöffnete Position zu<br />

empfehlen, da die Standfläche hierdurch vergrößert und die Absprungposition somit stabiler<br />

wird. Auch fällt das „Aussteuern“ der Bewegung leichter.<br />

Aus physikalischer Sicht wäre es einfacher zu betrachten, wenn der Springer annähernd<br />

punktförmig, d.h. mit geschlossenen Beinen auf dem Tuch landet. Hintergrund ist, dass eine<br />

größere Standfläche, die in der <strong>Analyse</strong> berücksichtigt werden müsste, das ohnehin schwierige<br />

zweid<strong>im</strong>ensionale Kraftverhalten des Trampolins noch weiter erschweren würde 98 .<br />

Im Fall der Landung mit geschlossenen Beinen wirkt der Bewegungs<strong>im</strong>puls auf eine kleinere<br />

Standfläche und die Eintauchtiefe muss somit größer sein als bei einem Sprung mit weiter geöffneten<br />

Beinen.<br />

In Abbildung 23 ist die Sprunghöhe gegen die Eintauchtiefe aufgetragen 99 . Um weiterführende<br />

Aussagen treffen zu können, müssten mehr Sprünge analysiert werden (Statistik). Trotz-<br />

98 Der denkbar einfachste Fall wäre der eines runden Trampolins, welches zentral von einer punkt- oder kugelförmigen<br />

Masse getroffen wird. Die Kraftwirkung auf alle Federn des Trampolins wäre isotrop. Das reale Trampolintuch<br />

entspricht aber in etwa einem Rechteck mit den Seitenlängen von 3 auf 5 Meter. In diesem Fall wirkt<br />

die Federkraft unterschiedlich in beide Achsenrichtungen des Trampolins. Durch die Hinzunahme einer ausgedehnten<br />

Standfläche müsste die Aufspaltung der wirkenden Kräfte weiter verfeinert werden.<br />

99 Zur Erstellung dieses Diagramms wurde eine Videosequenz analysiert, bei welcher der Springer abwechselnd<br />

mit geöffneten und mit geschlossenen Beinen landet (vgl. Kapitel 7.2.2.3).<br />

81


dem erkennt man schon hier, dass bei einer ähnlichen Sprunghöhe die Eintauchtiefen der<br />

blauen Punkte (geschlossen) größer sind als die Eintauchtiefen mit geöffneten Beinen 100 .<br />

Da <strong>im</strong> Folgenden allerdings alle Sprünge mit „normal“ geöffneten Beinen gesprungen werden,<br />

ist es nicht von Nutzen, ein Kraftgesetz zu finden, welches nur für einen idealisierten<br />

Sprung mit geschlossenen Beinen gilt. Deshalb fließen in die folgenden Rechnungen keine<br />

Korrekturfaktoren bezüglich des Beinöffnungswinkels ein.<br />

Sprunghöhe h [m]<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8<br />

geschlossen offen Eintauchtiefe s [m]<br />

Abbildung 23: Vergleich unterschiedlicher Beinhaltungen<br />

7.3.5 Dynamik des Trampolinspringens<br />

7.3.5.1 Systematisierung der Sprungvideos<br />

Um Energiebetrachtungen am Trampolin durchzuführen, stehen verschiedene Videos zur Verfügung.<br />

Hierbei wird <strong>im</strong>mer der höchste Punkt der Flugphase benötigt. Aus ihm lässt sich die<br />

max<strong>im</strong>al zur Verfügung stehende (potentielle) Energie nach E ? m?<br />

g?<br />

h berechnen. Danach<br />

kann versucht werden, die Eintauchtiefe in Abhängigkeit von der max<strong>im</strong>alen potentiellen<br />

Energie anzugeben. Folgende Videosequenzen eignen sich hierzu:<br />

100 Da <strong>im</strong> gesamten Kapitel verschiedene Größen gegen die Eintauchtiefe aufgetragen werden, ist auch hier diese<br />

Darstellung und nicht die umgekehrte Auftragungsweise gewählt worden.<br />

82


a) Das Dotzen. Hier wird eine Bewegung über 8 Perioden verfolgt, d.h. es lassen sich 8<br />

Messwerte für die potentielle Energie und die Eintauchtiefe best<strong>im</strong>men.<br />

b) Die Sprünge unterschiedlicher Höhe. In jeder der 6 ca. 4 Sekunden langen Sequenzen<br />

führt der Springer einfache Sprungbewegungen ähnlicher Höhe durch. Auch hier kann das<br />

Max<strong>im</strong>um der Flugbahn sowie der untere Umkehrpunkt ausgemessen werden.<br />

c) Die „Taufall“-Versuche. Der Springer läßt sich aus einer best<strong>im</strong>mten Höhe auf das Trampolin<br />

fallen und taucht ins Tuch ein. Ausgangspunkt und Umkehrpunkt können best<strong>im</strong>mt<br />

werden.<br />

Sollen alle drei Sprungtypen miteinander verglichen werden, ist darauf zu achten, dass die<br />

Messungen einerseits <strong>im</strong>mer an denselben Stellen erfolgen (z.B. Füße des Springers) und andererseits<br />

der Nullpunkt <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> gleichen Niveau definiert wird.<br />

Um Aussagen über die herrschenden Kräfte zu machen, müssen die statischen Videoaufnahmen<br />

(Kapitel 7.2.2.4 und 7.2.2.5) verwendet werden. Aus dem Kräftegleichgewicht<br />

G ? m?<br />

g ? lässt sich die momentan wirkende Tuchkraft best<strong>im</strong>men. Variiert man die<br />

F Tuch<br />

Masse und betrachtet nur den statischen Fall, kann eine Auslenkung abhängig von der Tuchkraft<br />

ermittelt werden.<br />

7.3.5.2 Das E(s)-Diagramm<br />

Wie oben beschrieben soll entweder die Energie oder die Kraft gegen die Tuchauslenkung<br />

aufgetragen werden 101 . Hier soll zunächst das Energie-Auslenkungs-Diagramm vorgestellt<br />

werden; für die Kraft gelten die angestellten Überlegungen mehr oder weniger analog.<br />

Bei der <strong>Analyse</strong> der Trampolinsprünge mit ViMPS werden zwei Koordinaten gemessen: Der<br />

Hochpunkt und der untere Umkehrpunkt der Bewegung. Aus dem Max<strong>im</strong>um wird über<br />

? h s?<br />

E ? m?<br />

g?<br />

? die Energie berechnet, die der Springer gegenüber dem Schwerefeld der Erde<br />

bis zum unteren Umkehrpunkt verliert 102 . Sowohl die max<strong>im</strong>ale Auslenkung des Tuches<br />

s [m] wie auch h [m] können direkt gemessen werden.<br />

Werden alle Sprungtypen zusammengefasst, die Energiewerte gegenüber der Auslenkung liefern<br />

(Kapitel 7.3.5.1 a)-c)), so ergeben sich folgende Messpunkte <strong>im</strong> E(s)-Diagramm, in dem<br />

die Energie gegen die max<strong>im</strong>ale Auslenkung aufgetragen ist.<br />

101 Die Messung der y-Koordinate mit ViMPS erfolgt in der Achse, entlang derer Flughöhe und Eintauchtiefe<br />

gemessen werden. Ein höhenabhängiges Energiegesetz wird somit durch E(y) bezeichnet. Der Buchstabe s steht<br />

für den unteren Umkehrpunkt. Für die Energie in diesem Punkt kann dann E(s) geschrieben werden.<br />

102 Hier und <strong>im</strong> Folgenden ist die Sprunghöhe h bereits um die in Kapitel 7.3.3 angesprochene Korrektur von<br />

0,05 m berichtigt.<br />

83


2500<br />

Energiewerte be<strong>im</strong> Trampolin<br />

2000<br />

Energie E [J]<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1<br />

TauFall Höhensprünge Dotzen<br />

Eintauchtiefe s [m]<br />

Abbildung 24: Gemessene Energiewerte <strong>im</strong> Trampolin (alle (Energie-) Versuche)<br />

Als Messfehler wird angenommen:<br />

? ?m = 1 kg 103 .<br />

? ?s = ? h = 0,025 m.<br />

2 ? ? h m<br />

? E ? g?<br />

? m?<br />

h ? ?<br />

? ? ? ? ? 2<br />

Diese Auftragungsweise der Energie über der Eintauchtiefe (und nicht umgekehrt) wird gewählt,<br />

um die „Fit-Routinen“ in EXCEL ohne weiteres benutzen zu können (EXCEL verwendet<br />

nur einfache „Fit-Routinen“ wie z.B. Polynomfit, Linearer Trend, Exponentielle Anpassung,<br />

u.a.).<br />

Es zeigt sich, dass nur eine kleine Zahl von (streuenden) Messwerten zur Verfügung steht und<br />

so eine Bestätigung oder Ablehnung eines Fits schwierig ist. Beispielsweise wären die Werte<br />

zum Dotzen zufriedenstellend sowohl durch eine Gerade wie Parabeln unterschiedlicher Ordnung<br />

zu fitten. Um alle Messwerte befriedigend zu beschreiben, wird <strong>im</strong> folgenden Kapitel<br />

ein allgemeiner Ansatz zur Beschreibung des Tuchverhaltens vorgestellt.<br />

103 Einerseits wird die Masse der Springer mit einer mechanischen Waage nur auf ein halbes Kilogramm genau<br />

gemessen, andererseits wirkt sich auch Schweißverlust und Wasseraufnahme während der Versuche aus, sodass<br />

der Wert von ? m = 1 kg realistisch erscheint.<br />

84


Noch genauere Ergebnisse könnten durch weitere Videoaufnahmen erzielt werden, um durch<br />

die größere Zahl von Messpunkten einen geringeren statistischen Fehler zu erhalten. Weitere<br />

Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet wären möglich 104 .<br />

7.3.5.3 Das Energiegesetz der Form E(y) = ay 4 +by 2<br />

Ein allgemeiner Ansatz eines Energiegesetzes für das Trampolinspringen wäre durch eine<br />

Potenzreihenentwicklung gegeben.<br />

Aufgrund des Aufbaus und der Konstruktion des Trampolins ist zu erwarten, dass E(y) symmetrisch<br />

bezüglich der Auslenkung ist. Ob das Tuch nach oben oder nach unten aus der Ruhelage<br />

ausgelenkt wird, sollte keinen Einfluss auf die hierfür aufzuwendende Energie haben.<br />

Dies bedeutet, dass bei einem allgemeinen Potenzreihenansatz die Exponenten <strong>im</strong> Energiegesetz<br />

„gerade“ sein müssen.<br />

Ausgehend von einem solchen Ansatz kommen z.B. folgende Energiegesetze in Frage:<br />

2<br />

a) E ? a?<br />

y ? F ? 2a?<br />

y (Hookesches Gesetz)<br />

b)<br />

4<br />

E ? a?<br />

y ? F ? a?<br />

4 y<br />

3<br />

4 2<br />

3<br />

c) E ? a?<br />

y ? b?<br />

y ? F ? 4a?<br />

y ? 2b?<br />

y<br />

d) Potenzgesetze höherer Ordnung<br />

Hierbei entsprechen a) und b) einfachen Parabeln 2. bzw. 4. Ordnung; der Fall c) entsteht aus<br />

einer Überlagerung der Fälle a) und b).<br />

Um die „Qualität“ der jeweiligen Theorie zu testen, werden die Kurven in die Abbildung der<br />

Messwerte eingefügt und die Parameter a bzw. b verändert. Schon durch Betrachten des Diagramms<br />

kann festgestellt werden, ob durch feinere Wahl der Parameter eine bessere Übereinst<strong>im</strong>mung<br />

erreichbar ist oder ob die Theoriekurve systematisch nicht zu den Messwerten<br />

passt. Nach Bildung einer Hypothese, welcher Kurvenverlauf am ehesten die Messwerte beschreibt,<br />

können dann die Parameter genauer angepasst werden (z.B ?²-Test, vgl. nächstes<br />

Kapitel). In der folgenden Abbildung sind die Kurven der verschiedenen Energiegesetze dargestellt;<br />

aus Übersichtsgründen sind in Abbildung 25 keine Fehlerbalken eingetragen; die<br />

Messwerte mit Fehlerbalken sind in Abbildung 24 zu finden:<br />

104 Der Trampolinhersteller (Eurotramp) berichtete, dass die Trampoline zwar aus Sicherheitsgründen einigen<br />

Tests auf Reißfestigkeit unterworfen werden, dass aber die Physik des Trampolins von vielen Einflüssen geprägt<br />

(und dadurch kompliziert) und bisher noch weitgehend unerforscht ist.<br />

85


E [J]<br />

4000<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

Verschiedene Energiegesetze<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1<br />

s [m]<br />

Messwerte E=as^4 E=as^4+bs^2 E=as^2<br />

Abbildung 25: Best<strong>im</strong>mung eines Energiegesetzes<br />

Aus der Abbildung ist zu entnehmen, dass sowohl Fall a) wie b) deutlich und systematisch<br />

von den Messwerten abweichen, wohingegen c) die Messwerte in guter Näherung beschreibt.<br />

Da das zu best<strong>im</strong>mende Energiegesetz eine möglichst einfach Form haben soll, werden auch<br />

die Fälle d) vernachlässigt und folgender Ansatz für das Energiegesetz des Trampolins soll<br />

überprüft werden:<br />

E ?<br />

4 2<br />

( y)<br />

? a?<br />

y ? b y<br />

Diese Gleichung kann auch physikalisch gedeutet werden:<br />

? Der quadratische Anteil der Formel entspricht dem Hookeschen Gesetz, wonach die Federkraft<br />

linear, d.h. die Energie quadratisch eingeht. Der Anteil<br />

4<br />

a? y entspricht einem<br />

Korrekturterm, welcher der nächst höheren aus Symmetriegründen erlaubten Ordnung<br />

entspricht.<br />

? Die <strong>Analyse</strong> (weiter unten) zeigt, dass der Hooke-Term dominiert. Es ist also gerechtfertigt,<br />

den zu y 4 proportionalen Term als „Korrektur“ zu verstehen.<br />

7.3.5.4 ? 2 -Anpassung des Energiegesetzes<br />

Das Energiegesetz<br />

E ( y)<br />

? y<br />

4 2<br />

? a?<br />

y ? b ist <strong>im</strong> vorigen Kapitel nur durch „Ausprobieren“ gefunden<br />

worden; nun müssen noch die Parameter a und b best<strong>im</strong>mt und statistisch überprüft<br />

werden. Deren Größenordnung folgt aus den Werten des vorigen Kapitels.<br />

86


J<br />

J<br />

Hiernach ist: a ? 2500 ; b?<br />

2000 .<br />

4 2<br />

m<br />

m<br />

Prinzipiell muss nun ein zweid<strong>im</strong>ensionaler ?²-Test zwischen den Messwerten und dem theoretischen<br />

Energiegesetz bei variablen Parametern a und b durchgeführt werden. Hierzu könnten<br />

verschiedene Statistikprogramme verwendet werden.<br />

Um allerdings die schulüblichen Möglichkeiten nicht zu überschreiten, wird weiterhin das<br />

Programm EXCEL verwendet. Zunächst wird ein Parameter fixiert und der andere variiert,<br />

sodass ein min<strong>im</strong>ales ?² zu diesem Parameter best<strong>im</strong>mt werden kann. Danach wird dieser Parameter<br />

fixiert und der andere variiert und erneut ein min<strong>im</strong>ales ?² best<strong>im</strong>mt. Dieses Verfahren<br />

kann (mit etwas Glück) beliebig oft wiederholt werden, um die „besten“ Werte für a und b<br />

zu best<strong>im</strong>men, die mit <strong>im</strong>mer größerer Genauigkeit vorliegen. Hier sind 8 Rekursionsschritte<br />

durchgerechnet worden und es haben sich folgende Werte für die Parameter a und b mit min<strong>im</strong>alem<br />

?² ergeben:<br />

a = (2451? 125) J/m 4<br />

b = (2022? 57) J/m 2<br />

Die Fehler auf a und b best<strong>im</strong>mt sich statistisch aus dem Diagramm, in welchem ?² gegen den<br />

entsprechenden Parameter aufgetragen ist. Man erhöht den min<strong>im</strong>alen Wert von ?² um 1 und<br />

bildet dann <strong>im</strong> symmetrischen Fall den Mittelwert der zu (?²+1) gehörigen x-Abweichungen.<br />

Insgesamt ergibt sich also (für den unteren Umkehrpunkt) ein Energiegesetz der Form:<br />

J<br />

J<br />

E ( s)<br />

? s<br />

m<br />

m<br />

4<br />

2<br />

? 2451 ? s ? 2022 .<br />

4 2<br />

Bei Eintauchtiefen <strong>im</strong> Bereich von 0,15 bis 0,8 Meter leistet der quadratische Term den größeren<br />

Beitrag zur Gesamtenergie. Beispielsweise liefert für s = 0,5 m der quadratische Term<br />

einen Beitrag von E 2 = 1011 J, der andere Term dagegen nur E 4 = 153 J. Dies rechtfertigt die<br />

Deutung von E 4 als Korrekturterm zum Hookeschen Gesetz.<br />

7.3.5.5 Das Kraftgesetz der Form F(y) = ay 3 +by<br />

Aus dem eben best<strong>im</strong>mten Energiegesetz des Trampolins lässt sich nun das Kraftgesetz ableiten.<br />

Wegen F ? gilt folgendes Gesetz:<br />

d E<br />

d s<br />

N 3 N<br />

F ( s)<br />

? 9804 ? s ? 4044 ? s<br />

3<br />

m<br />

m<br />

87


Hierbei werden zur Berechnung der Koeffizienten die vorher best<strong>im</strong>mten Parameter a und b<br />

verwendet.<br />

Die Interpretation dieses Gesetzes als Hookesches Gesetz mit Zusatzterm lässt eine Best<strong>im</strong>mung<br />

der Federkonstanten D des gesamten Trampolins zu. Wegen<br />

Federkonstante aus dem linearen Glied zu:<br />

D = (4044? 114) N/m.<br />

F ? D?<br />

s ergibt sich die<br />

Dies ist mit den statischen Messungen zu den Versuchen aus Kapitel 7.2.2.4 verträglich, aus<br />

denen ein Wert von<br />

D = (3840? 461) N/m<br />

folgt.<br />

7.3.5.6 Überprüfung des Kraftgesetzes an den Messwerten<br />

In der <strong>im</strong> Kapitel 7.2.2.5 beschriebenen Videosequenz wird das Trampolintuch durch eine<br />

<strong>im</strong>mer größer werdende Masse belastet und die zugehörige Auslenkung best<strong>im</strong>mt. Die so ermittelten<br />

Messwerte sollten dann durch das oben angegebene Kraftgesetz des Trampolins beschrieben<br />

werden. In untenstehender Abbildung sind der theoretische Kraftverlauf und die<br />

Messwerte gegen die max<strong>im</strong>ale Eintauchtiefe aufgetragen.<br />

Kraft <strong>im</strong> Trampolin<br />

12000<br />

10000<br />

8000<br />

6000<br />

4000<br />

2000<br />

0<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1<br />

s[m]<br />

Messwerte<br />

F(s)=4as³+2bs<br />

Abbildung 26: Messwerte und theoretischer Kraftverlauf<br />

Man erkennt, dass das gefundene Kraftgesetz vor allem <strong>im</strong> Bereich kleinerer Tuchauslenkungen<br />

die Messwerte gut beschreibt. Im Bereich größerer Eintauchtiefen scheinen die s-Werte<br />

88


systematisch zu klein zu sein. Dieses Verhalten ist allerdings zu erwarten, da <strong>im</strong> Video zu erkennen<br />

ist, dass die <strong>im</strong> Trampolin stehenden Personen nicht auf einem Punkt konzentriert sind<br />

(wie ein Einzelspringer), sondern sich auf einen größeren Raumbereich ausdehnen, wodurch<br />

die Eintauchtiefe kleiner ist, als sie bei punktförmiger Belastung wäre (vgl. auch Kapitel<br />

7.3.4).<br />

Schließlich kann mit dem Kraftgesetz noch die sportphysiologische Frage aus der Einleitung<br />

dieses Kapitels beantwortet werden, welche Kraft <strong>im</strong> unteren Umkehrpunkt auf die Fußgelenke<br />

des Springers wirkt.<br />

Beispielsweise folgt für eine Eintauchtiefe von s = 0,8 m eine wirkende Kraft von:<br />

N<br />

F(0,8m)<br />

? 9804<br />

m<br />

? 8255 N<br />

3<br />

?(0,8m)<br />

3<br />

N<br />

? 4044 ? 0,8m<br />

m<br />

Dies entspricht einer Masse von etwa 850 kg! Physiologisch kann der Mensch Kräfte dieser<br />

Größenordnung zwar ertragen, z.B. auf dem Trampolin oder be<strong>im</strong> Absprung von einem<br />

Sprungbrett, allerdings dürfen sie nur sehr kurzzeitig wirken 105 .<br />

7.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Best<strong>im</strong>mung eines Gesetzes für die Trampolinenergie<br />

bzw. die Tuchkraft. Um dieses Ziel zu erreichen, werden zunächst grundsätzliche Überlegungen<br />

zur Wahl des Koordinatensystems angestellt, bevor dann wichtige Einzelheiten des<br />

Trampolinspringens am Beispiel des Dotzens erarbeitet bzw. aufgezeigt werden. Erst danach<br />

können anhand verschiedener Sprungvideos Messwerte aufgenommen werden, die eine Theoriebildung<br />

zulassen.<br />

Durch die Übereinst<strong>im</strong>mung zwischen den Messwerten und der theoretischen Vorhersage,<br />

durch die Unterstützung der zugehörigen Kraftmesswerte und durch die physikalisch naheliegende<br />

Ableitung als Hookesches Gesetz mit einem Korrekturterm, der die Geometrie des<br />

Trampolins mitberücksichtigt, entstehen Energie- und Kraftgesetze, welche schlussendlich<br />

sämtliche Sprungtypen und -arten vollständig und befriedigend beschreiben.<br />

Sinnvoll aufbereitet ist das Trampolin auch <strong>im</strong> Schulphysikunterricht einsetzbar. Die Bewegung<br />

kann untersucht werden und ist zunächst mit bekannten Mitteln (Hooke oder gleichmäßig<br />

beschleunigte Bewegung) nicht oder nur unzureichend zu beschreiben. Neue Hypothesen<br />

105 Vgl. hierzu z.B. HOCHMUTH [15], S. 68 ff., oder andere sportphysiologische Literatur.<br />

89


zur Erläuterung des Sachverhalts müssen aufgestellt werden und gerade die Hypothesenbildung<br />

ist z.B. laut WILLER 106 unverzichtbarer Teil des Schulphysikunterrichts.<br />

Danach kann auch in der Schule durch einen allgemeineren Ansatz (z.B. als Potenzreihe), eine<br />

Abschätzung der Größenordnung auftretender Terme und eine Symmetrieüberlegung das<br />

eigentliche Energiegesetz ermittelt werden. Bei dieser „Forschungsarbeit“ stoßen die Schüler<br />

zum Teil auf Bekanntes (Federenergie, Hookesches Gesetz), was aber erst nach einer Korrektur<br />

den eigentlichen Sachverhalt beschreiben kann. Gleichzeitig ist es ein Beleg dafür, dass<br />

kompliziertere Bewegungen oder schwer zu beschreibende Sachverhalte mitunter keine trivialen<br />

Lösungen haben und gerade deshalb <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> natürliche (reale) Bewegungen<br />

modelliert und elementarisiert werden müssen, um sie untersuchen zu können (vgl. z.B.<br />

WILLER [55], S. 91 ff.).<br />

106 In [55], S. 39 ff.<br />

90


8 Vierte Themeneinheit: Die Nebelkammer<br />

„Die Geschehnisse der Natur sind verborgen; obgleich sie <strong>im</strong>mer tätig ist, entdecken wir nicht <strong>im</strong>mer<br />

ihre Wirkungen...“<br />

Blaise Pascal 107<br />

8.1 Idee und Fragestellung<br />

In diesem Kapitel soll eine Anwendung von ViMPS vorgestellt werden, die nicht aus dem Bereich<br />

Mechanik, sondern aus der Kernphysik stammt. Im Physiklehrplan der Oberstufe 108 ist<br />

„Kernphysik I“ ein Pflichtbaustein, der um die Bereiche „Kernphysik II“ und „Kernphysik<br />

III“ erweitert werden kann, wobei „ein exper<strong>im</strong>entell orientierter Zugang [...] nur in Verbindung<br />

mit dem Wahlbaustein Kernphysik II möglich [ist]“ (ebd., S. 42).<br />

In diesem Wahlbaustein sollen Arten und Nachweismöglichkeiten radioaktiver Strahlung vorgestellt<br />

werden. VOGEL ([53], S. 685 ff.) führt Eigenschaften der Kernstrahlung auf, die an<br />

dieser Stelle nicht diskutiert werden sollen.<br />

Zum Nachweis radioaktiver Strahlung genügt z.B. eine Wilsonsche Nebelkammer, in der<br />

Spuren radioaktiver Strahlung durch adiabatische Ausdehnung des Nachweisgases (meist<br />

Luft) sichtbar gemacht werden können (vgl. z.B. VOGEL [53], S. 695). Viele Schulen sind <strong>im</strong><br />

Besitz einer solchen Kammer, die auch von Lehrmittelfirmen vertrieben wird. Hier kann das<br />

„Phänomen“ der Kernstrahlung sichtbar gemacht werden, allerdings sind quantitative Messungen<br />

bisher nicht möglich gewesen. Erst mit Hilfe der Videomesstechnik kann Strahlung in<br />

einer Nebelkammer für einen längeren Messzeitraum sichtbar gemacht und so z.B. die<br />

Reichweite von ? -Strahlung in Luft best<strong>im</strong>mt werden.<br />

Die Idee der Reichweitenbest<strong>im</strong>mung von ? -Strahlung in Luft soll in diesem Kapitel <strong>im</strong> Zentrum<br />

stehen, wobei eine andere Art von Nebelkammer zum Nachweis der Strahlung verwendet<br />

werden soll 109 .<br />

8.2 Praktische Durchführung<br />

Einige der Videoaufnahmen wurden <strong>im</strong> Besucherzentrum des Kernkraftwerks Mülhe<strong>im</strong>-<br />

Kärlich gemacht, andere <strong>im</strong> <strong>Institut</strong> für Kernchemie an der Universität Mainz. Da die Auf-<br />

107 In [54], S. 189.<br />

108 In [33], S. 42, ff.<br />

109 Da die Wilsonsche Nebelkammer in der Regel in den Schulen „live“ vorgeführt werden kann, werden hierzu<br />

keine Videoaufnahmen angeboten. Die verwendeten Diffusionsnebelkammern sind in den Schulen aber in der<br />

Regel nicht bekannt; hiermit wird dem Schüler ein weiteres Nachweisgerät für radioaktive Strahlung vorgestellt.<br />

91


nahmetechnik und das didaktische Ziel in beiden Fällen unterschiedlich gewesen sind, sollen<br />

sie <strong>im</strong> Folgenden getrennt voneinander dargestellt werden.<br />

8.2.1 Die Nebelkammer <strong>im</strong> AKW Mülhe<strong>im</strong>-Kärlich<br />

Im Atomkraftwerk steht eine Diffusionsnebelkammer 110 , die dauerhaft in Betrieb ist und in<br />

deren Zentrum ein Uranerzklumpen befestigt ist, von dem ?-,?- und ?-Strahlung ausgeht. Um<br />

die verschiedenen Spuren der radioaktiven Strahlung, die der Stein abgibt, sichtbar zu machen,<br />

wird über der Nebelkammer eine Kamera aufgestellt, sodass die Nebelspuren der verschiedenen<br />

Strahlungsarten von oben gefilmt werden können.<br />

Danach werden die Lichtverhältnisse so eingerichtet, dass keine Reflexionen auf der die Nebelkammer<br />

abdeckenden Glasplatte auftreten. Schließlich wird die Strahlung des Uranerzes<br />

über einen Zeitraum von fünf Minuten gefilmt.<br />

Eine Ansicht der Nebelkammer zeigt die folgende Abbildung.<br />

Abbildung 27: Nebelkammer <strong>im</strong> AKW Mühlhe<strong>im</strong>-Kärlich<br />

Problematisch ist es, Voraussetzungen zu schaffen, mit denen die Videoaufnahmen später kalibriert<br />

werden können. Da das Nebelkammervolumen verschlossen ist, kann kein Maßstab<br />

zur Kalibrierung der Videoaufnahmen direkt neben dem Uranstein platziert werden. Daher<br />

muss die Kalibrierung indirekt erfolgen. Hierzu wird die Breite der Nebelkammer gemessen;<br />

sie beträgt b = (32,0 ? 0,2) cm. Hieraus lässt sich die Länge der flachen, angestrahlten Seite<br />

des Steins best<strong>im</strong>men, sie beträgt s = (3,0 ? 0,1) cm. Über dieses Maß können dann die Aufnahmen,<br />

in denen nur der Stein zu sehen ist, kalibriert werden.<br />

110 Eine allgemeine Beschreibung einer Diffusionsnebelkammer findet sich in der Literatur. Spezielle Hinweise<br />

gibt REIBER in [35], wo er die von ihm gebaute Nebelkammer in der Kernchemie beschreibt.<br />

92


8.2.2 Die Nebelkammer am <strong>Institut</strong> für Kernchemie (Mainz)<br />

Die Diffusionsnebelkammer des <strong>Institut</strong>s für Kernchemie ist eine „Selbstbau-Nebelkammer“,<br />

die <strong>im</strong> Rahmen einer Staatsexamensarbeit 1996 von REIBER (vgl. [35]) angefertigt wurde. Als<br />

radioaktive Quelle ist hier ein monoenergetischer ?-Strahler (Americium 241) eingebaut. Das<br />

Americium-Präparat ist auf einer Metallspitze befestigt, die in den sensitiven Bereich der Nebelkammer<br />

gedreht werden kann.<br />

Um die Spuren der ?-Teilchen sichtbar zu machen, muss die Temperatur in der Nebelkammer<br />

auf ca. –50° C abgesenkt werden. Dies wird durch Kühlung der Kammer mit flüssigem Stickstoff<br />

erreicht. Das Präparat wird in den sensitiven Bereich gedreht, sodass die Spuren der ?-<br />

Teilchen verfolgt werden können.<br />

Leider ist es nicht möglich in der Aufsicht zu filmen, da die Nebelkammer in einem Schrank<br />

eingebaut ist. Deshalb wird die Kamera vor der Nebelkammer befestigt und über einen Zeitraum<br />

von 5 Minuten seitlich in das Kammervolumen gefilmt. Folgende Abbildung zeigt den<br />

Versuchsaufbau, eine genauere Beschreibung der Nebelkammer findet sich in [35], S. 34 ff.<br />

Abbildung 28: Die „Selbstbau-Nebelkammer“ (Kernchemie Mainz)<br />

Auch hier ist die Kalibrierung der Videosequenzen nicht trivial, da kein Maßstab in die Nebelkammer<br />

eingesetzt werden kann. Der Bauanleitung der Nebelkammer (vgl. [35], S. 39) ist<br />

aber zu entnehmen, dass die weiße Plastikkappe, die den Metallstift mit dem Präparat hält, die<br />

Länge von einem Zent<strong>im</strong>eter hat. Hieraus kann nun die Länge des Metallstiftes best<strong>im</strong>mt<br />

werden, der sich zur Kalibrierung der gesamten Aufnahmen eignet.<br />

93


8.3 Auswertung der Nebelkammeraufnahmen<br />

8.3.1 Verschiedene Arten radioaktiver Strahlung<br />

Im Lehrplan der Mittelstufe (vgl. [32], S. 201 ff.) ist das Thema Kernphysik als Wahlpflichtbaustein<br />

für die 10. Klasse aufgeführt. Natürlich kann an dieser Stelle die Kernphysik weniger<br />

mathematisch bzw. theoretisch als viel mehr phänomenologisch vorgestellt werden. Mit anderen<br />

Worten kann z.B. gelehrt werden, dass es verschiedene Arten von Kernstrahlung gibt, die<br />

sich auch unterschiedlich äußert, ohne dass deren genaue Natur (? -Strahlung als Heliumkerne,<br />

etc.) bekannt ist.<br />

Zur Demonstration der unterschiedlichen Strahlungsarten steht z.B. das Video, welches <strong>im</strong><br />

AKW Mühlhe<strong>im</strong>-Kärlich gedreht wurde, zur Verfügung. Da das Uranerz ?-, ?- und ?-<br />

Strahlung aussendet (zusätzliche ?-Strahlung aus der Umgebung), können die verschiedenen<br />

Spuren bzw. Spurtypen über den Zeitraum von einer Minute mit ViMPS betrachtet werden.<br />

Danach können verschiedene (Schüler-) Beobachtungen zusammengetragen werden, um so<br />

etwas über die Natur von Strahlung zu erfahren. Die Besuchertafeln <strong>im</strong> Kernkraftwerk weisen<br />

dabei auf folgende Beobachtungen hin:<br />

1) ?-Strahlung: Kräftige, kurze, meist geradlinige Spuren.<br />

2) ?-Strahlung: Schwache Spuren, die meist nicht geradlinig verlaufen, da sich nur sehr<br />

schnelle Elektronen ohne Ablenkung geradlinig bewegen.<br />

3) ?-Strahlung: Vielfach gekrümmte, schwache Spuren, verursacht von Sekundärelektronen,<br />

die durch photoelektrischen Effekt der ?-Quanten an den Luftmolekülen frei werden; diese<br />

Spuren sind <strong>im</strong> Video am schlechtesten zu sehen.<br />

8.3.2 Best<strong>im</strong>mung der Reichweite von ?-Teilchen in Luft<br />

8.3.2.1 Auswertung der Messdaten<br />

Zur Best<strong>im</strong>mung der Reichweite von ?-Teilchen ist es wichtig, einerseits einen monoenergetischen<br />

?-Strahler zu untersuchen (Vergleichbarkeit der Spurlängen) und andererseits möglichst<br />

wenig Störungen von anderen radioaktiven Strahlungsarten zu haben. Daher werden zur<br />

Spurlängenbest<strong>im</strong>mung der ?-Teilchen die Videoaufnahmen verwendet, die <strong>im</strong> <strong>Institut</strong> für<br />

94


Kernchemie am Am 241 -Präparat aufgenommen wurden 111 .<br />

Bevor die eigentlichen Spurlängen best<strong>im</strong>mt werden können, müssen zunächst die günstigen<br />

Ereignisse aus dem 5-Minuten-Video ausgeschnitten werden. Die gesuchten Spuren müssen<br />

alle in einer Ebene liegen, die orthonormal zur Kameraposition steht und durch das Präparat<br />

geht. Alle anderen Spuren werden durch ihre Projektion auf diese zweid<strong>im</strong>ensionale Ebene<br />

nur verkürzt dargestellt und sind für die Reichweitenbest<strong>im</strong>mung der ?-Strahlung unbrauchbar.<br />

Insofern muss nach den längsten Spuren gefahndet werden, die in dieser beschriebenen<br />

Ebene liegen.<br />

Neun dieser günstigen Ereignisse können aus dem 5-Minuten-Video aussortiert, digitalisiert<br />

und aneinander geschnitten werden. Nach erfolgter Kalibrierung der Aufnahmen (über die<br />

Metallstiftlänge, vgl. Kapitel 8.2.2) können die max<strong>im</strong>alen Spurlängen best<strong>im</strong>mt werden. In<br />

der folgenden Tabelle 10 sind die Spurlängen der neun günstigen Ereignisse aufgetragen, die<br />

bis auf einen Koordinatenmessfehler von ? x ??<br />

y ? 0, 002m<br />

best<strong>im</strong>mbar sind. Die Größe des<br />

Messfehlers folgt aus der Tatsache, dass einige Spuren an ihren Enden durch die Nebeltröpfchenbildung<br />

oder einen ungünstigen Austrittswinkel leicht verwaschen sind, sodass sich das<br />

exakte Spurende nicht mit absoluter Genauigkeit angeben lässt. Deshalb wurde ein Messfehler<br />

von 0,2 Zent<strong>im</strong>etern als realistisch angenommen 112 .<br />

Spurlänge<br />

[cm]<br />

Messfehler<br />

[cm]<br />

Mittelwert<br />

[cm]<br />

1.<br />

Spur<br />

2.<br />

Spur<br />

3.<br />

Spur<br />

4.<br />

Spur<br />

5.<br />

Spur<br />

6.<br />

Spur<br />

7.<br />

Spur<br />

8.<br />

Spur<br />

9.<br />

Spur<br />

L 2,72 2,91 2,93 2,7 2,9 2,6 2,81 2,83 2,8<br />

0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2<br />

2,80 ? 0,04<br />

Tabelle 10: Spurlängenbest<strong>im</strong>mung der ?-Teilchen<br />

Hieraus ergibt sich also eine mittlere Spurlänge der beobachteten ?-Teilchen von<br />

?<br />

L = (2,80? 0,04) cm; hierbei ist: ? L ? .<br />

n<br />

111 Im Gegensatz zum Uranerz <strong>im</strong> vorhergehenden Kapitel (? -, ?- und ?-Strahler) erfüllt das verwendete Am 241<br />

diese Voraussetzungen. Weitere Eigenschaften von ? -Strahlern, insbesondere Am 241 , führt BORMANN [4] auf,<br />

unter anderem:<br />

? Natur der ? -Strahlung (S. 7 ff.).<br />

? Wechselwirkung von ? -Strahlung mit Materie (S. 63 ff.).<br />

? Radioaktive Quellen für ? -Strahlung (S. 65 f.).<br />

? Exper<strong>im</strong>ente mit Nebelkammer, Ionisationskammer, Zählrohr (S. 85 ff.).<br />

112 Zum Vergleich: Die Pixelauflösung liegt bei 0,3 mm.<br />

95


Um die Diskrepanz zwischen diesem Wert und dem Literaturwert 113 von 3,6 cm für die<br />

Reichweite von ?-Strahlung in Luft zu erklären, muss <strong>im</strong> folgenden Kapitel noch eine thermische<br />

Korrektur vorgenommen werden.<br />

8.3.2.2 Temperaturbedingte Korrektur der Messwerte<br />

Der angegebene Literaturwert für die Reichweite von ?-Strahlung in Luft (Energie der ?-<br />

Teilchen E ? = 5,5 MeV) von 3,6 cm bezieht sich auf Z<strong>im</strong>mertemperatur (20° C). Da die Temperatur<br />

<strong>im</strong> sensitiven Bereich der Nebelkammer allerdings –50° C beträgt, sind die Luftmoleküle<br />

hier natürlich viel dichter als bei Z<strong>im</strong>mertemperatur; daher ist zu erwarten, dass die Spuren<br />

in der durchgeführten Messung tatsächlich kürzer sind.<br />

Aus der allgemeinen Gasgleichung lässt sich eine Korrektur für die Messwerte ableiten.<br />

Es gilt:<br />

p ? V ? n?<br />

R?<br />

T<br />

Mit V ~ 1/? und L = 1/? (L = Spurlänge) folgt:<br />

L ? const?<br />

T<br />

Daraus ergibt sich die Best<strong>im</strong>mungsgleichung:<br />

L<br />

T<br />

20?<br />

20? ? ? L?<br />

50?<br />

T?<br />

50?<br />

Wenn man das Messergebnis von L -50° = (2,80 ? 0,04) cm nun in „Z<strong>im</strong>mertemperatur“ umrechnet,<br />

ergibt sich (mit? T 20° = ? T -50° = 1° K):<br />

293 K<br />

L20 ? ? 2,8 cm?<br />

3, 68cm<br />

223 K<br />

?<br />

.<br />

2<br />

??<br />

T L L T ? T L T ?<br />

20?<br />

?<br />

? 50?<br />

? ??<br />

? 50?<br />

?<br />

20?<br />

? ?<br />

? 50?<br />

?<br />

? 50?<br />

?<br />

20?<br />

Dabei ist: ? L20 ?<br />

? ? ? 0, 06cm<br />

2<br />

T<br />

50<br />

T<br />

50<br />

T<br />

?<br />

? ? ? ? ? ? ? ? ? ? 50?<br />

?<br />

Das um den Temperaturunterschied korrigierte Endergebnis für die mittlere Spurlänge lautet<br />

somit:<br />

L = (3,68? 0,06) cm.<br />

2<br />

2<br />

Dieser Wert ist in etwa mit dem Literaturwert von 3,6 cm verträglich, der leider ohne Fehler<br />

angegeben wurde.<br />

113 Der Literaturwert für die mittlere Reichweite von ? -Strahlung (Am 241 ) in Luft ist aus [4], S. 84, entnommen.<br />

96


8.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

Anhand der Videos zum Thema „Nebelkammer“ können in diesem Kapitel <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

zwei Gesichtspunkte betrachtet werden. Zum einen kann der Nachweis radioaktiver Strahlung<br />

mit einer Nebelkammer diskutiert werden. Darüber hinaus können die unterschiedlichen Arten<br />

von radioaktiver Strahlung aufgrund der Form oder Stärke ihrer Spuren in der Nebelkammer<br />

verdeutlicht werden. Wichtig ist, dass eine solche <strong>Analyse</strong> durchaus auf dem Niveau der<br />

Sekundarstufe I erfolgen kann und somit sowohl ViMPS als auch Eigenschaften der Kernphysik<br />

bereits an dieser Stelle eingeführt werden können.<br />

Zum anderen wird in diesem Kapitel die Reichweite von ?-Strahlung in Luft berechnet. Wie<br />

in der Einleitung angeführt kann dieser Versuch bereits heute in den Schulen mit den herkömmlichen<br />

Wilsonschen Nebelkammern durchgeführt, gefilmt, digitalisiert und mit ViMPS<br />

ausgewertet werden.<br />

Die hier verwendete Diffusionsnebelkammer steht als weiterer Typ von Nebelkammer für die<br />

Schule zur Verfügung; evtl. bietet sich hier eine Zusammenarbeit mit dem Fach Chemie an, in<br />

welchem die Entstehung der Nebelspuren vertieft behandelt werden kann. Zusätzlich bietet<br />

die Diffusionsnebelkammer die Möglichkeit, die kontinuierliche Abstrahlung von Radioaktivität<br />

zu beobachten, wohingegen die Wilsonsche Nebelkammer nur einen kurzen „Einblick“<br />

während der adiabatischen Gasexpansion gibt.<br />

Das Ergebnis, welches für die Reichweite von ?-Teilchen der Energie E ? = 5,5 MeV des<br />

Americium-Präparats ermittelt wird, ist zunächst zu klein und muss um die veränderten thermischen<br />

Bedingungen zwischen Literaturwert und Messwert korrigiert werden. Nach dieser<br />

(einfachen und in der Schule durchführbaren) Korrektur wird eine gute Übereinst<strong>im</strong>mung<br />

zwischen dem Messwert und dem Literaturwert erzielt.<br />

97


9 Der Einsatz von ViMPS aus (fach-) didaktischer Sicht 114<br />

In diesem Kapitel soll der pädagogische und fachdidaktische Hintergrund der Vor- bzw.<br />

Nachteile des Einsatzes von ViMPS <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> diskutiert werden. Da hierzu keine<br />

eigene Forschung durchgeführt wurde, werden einige Meinungen zu diesem Thema aus der<br />

Literatur vorgestellt und anhand dieser Aussagen eine Bewertung vorgenommen, in welchem<br />

Rahmen ViMPS in der Schule einsetzbar ist.<br />

Die Aspekte, die in diesem Kapitel genannt werden, sind von den didaktischen Hinweisen in<br />

Kapitel 2.2.1 zu trennen; dort wurde beschrieben, warum BECKER ViMPS in der zur Verfügung<br />

stehenden Art und Weise programmiert hat; hier soll jetzt mehr der (sinnvolle) Einsatz<br />

<strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> <strong>im</strong> Vordergrund stehen.<br />

9.1 Zum Einsatz von Videomesssystemen <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong><br />

9.1.1 Allgemeine Eigenschaften von Videomesssystemen<br />

Zum Thema Videomesssysteme <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> sind schon seit Mitte der 90er Jahre zahlreiche<br />

Veröffentlichungen erschienen, deren Hauptaussagen hier zusammenfassend dargestellt<br />

werden sollen.<br />

Nach HILSCHER bringt der Einsatz von Videokameras <strong>im</strong> Unterricht wesentliche Vorteile:<br />

? „Kleine Gegenstände, Skalen und Objekte eines Exper<strong>im</strong>ents [..] und auf kleine Raumgebiete<br />

beschränkte Ereignisse lassen sich aus größerer Entfernung mit dem Auge nicht<br />

wahrnehmen. Durch Herauszoomen von Teilbereichen des Exper<strong>im</strong>ents mit der Kamera<br />

und Übertragen des Kamerabilds auf <strong>im</strong> Raum verteilte Monitore oder mittels Beamer auf<br />

eine Projektionsleinwand können allen Lernenden einer Schulklasse [..] sonst nicht beobachtbare<br />

Details zugänglich gemacht werden.<br />

? Zeitaufwendige oder sehr komplexe Exper<strong>im</strong>ente [..] können vor der Veranstaltung aufgezeichnet<br />

werden und <strong>im</strong> Unterricht [..] vom Band vorgeführt werden.“ ([14], S. 194).<br />

Die Tatsache, dass der Computer <strong>im</strong> Unterricht in vielfältiger Weise eingesetzt werden kann,<br />

führt MIKELSKIS ([30], S. 235) aus. Er nennt die Videoanalyse neben den möglichen Verwendungen<br />

als Interface-System, Modellbildungssystem, Tabellenkalkulator oder Computers<strong>im</strong>ulator<br />

(a.a.O.).<br />

114 WILLER definiert den Begriff ([55], S. 10): „Didaktik ist die Theorie des Unterrichts und als solche eine Disziplin<br />

der Erziehungswissenschaft“. Weiter führt er aus: „[Die] Fachdidaktik der Physik befaßt sich mit den spezifischen<br />

Problemen des <strong>Physikunterricht</strong>s und entwickelt Methoden, um diese Probleme zu klären“(a.a.O., S. 12).<br />

98


Den Einsatz von Videomesssystemen hat LAWS schon 1997 untersucht, sie nennt eine Reihe<br />

von Vorteilen 115 :<br />

? Schnell umsetzbare Methode der quantitativen Untersuchung (bei Vorhandensein geeigneter<br />

Videoausstattung).<br />

? Breite Palette von Möglichkeiten zur Projektarbeit; Ausnutzung der Tatsache, dass heutige<br />

Schüler und Studenten mit der Videotechnik aufgewachsen sind.<br />

? Ortsmessungen in der Regel mit geringerem relativen Fehler als bei anderen (einfachen)<br />

Messungen.<br />

? Bezug zur Alltagswelt außerhalb des Laborraumes.<br />

Alle oben genannten Faktoren sprechen für einen Einsatz eines Videomesssystems <strong>im</strong> schulischen<br />

<strong>Physikunterricht</strong>. Dabei soll betont werden, dass die Autoren den herkömmlichen <strong>Physikunterricht</strong><br />

nicht ersetzen, sondern nur eine neue, schülergerechte und zeitgemäße Methode<br />

zusätzlich anbieten wollen.<br />

9.1.2 ViMPS <strong>im</strong> Unterschied zu anderen Videomesssystemen (Verfügbarkeit)<br />

KRAHMER beschreibt in [18], S. 274, die Gründe, die ihn und WINTER (Universität Potsdam)<br />

dazu bewogen haben, ein „Video-Auswertungsprogramm“ zu entwickeln. Hier nennt er u.a.:<br />

? Benutzeroberfläche in deutscher Sprache<br />

? bedienerfreundliches Anpassen einer Modellkurve an die Meßwertkurve (Fitten)<br />

? Angebot als preiswerte Shareware.<br />

Die Programmierung von ViMPS geht teilweise noch über die geforderten Punkte hinaus:<br />

? Die Benutzeroberfläche ist in deutscher Sprache geschrieben und somit an Schulen ohne<br />

weiteres einsetzbar.<br />

? Zudem handelt es sich bei ViMPS um Freeware, die als „Download“ von Rechnern der<br />

Universität Mainz bezogen werden kann.<br />

? Verwendbare Videosequenzen stehen ebenfalls als „Download“ bzw. auf Anfrage auf CD-<br />

ROM zur Verfügung.<br />

? Zur Auswertung steht es jedem Lehrer bzw. Schüler frei, die von ihm bevorzugte Tabellenkalkulation<br />

zu benutzen, da die Messdaten von ViMPS als einfache ASCII-Zeichen<br />

z.B. an EXEL übergeben werden.<br />

Weitere Punkte, die ViMPS deutlich von anderen Videomesssystemen unterscheidet, sind<br />

entweder schon in Kapitel 2.2 genannt oder finden sich bei BECKER in seiner Staatsexamensarbeit<br />

[3] und sollen an dieser Stelle nicht wiederholt werden.<br />

115 Vgl. [19], S. 282.<br />

99


Stattdessen sollen <strong>im</strong> Folgenden didaktische Faktoren, die einen Einsatz von ViMPS <strong>im</strong> Unterricht<br />

mitbest<strong>im</strong>men, diskutiert werden.<br />

9.2 Die Bedeutung von Realexper<strong>im</strong>enten<br />

Schon bei der Nennung von Vorteilen der neuen Videomesssysteme wurde darauf hingewiesen,<br />

dass durch die Videoaufnahmen ein Bezug zur Alltagswelt der Schüler hergestellt werden<br />

kann. Das bedeutet, dass alltägliche Bewegungsabläufe auf diese Weise auf ihren physikalischen<br />

Gehalt oder ihre Gesetzmäßigkeiten untersucht werden können und so nicht als abstrakte<br />

physikalische Aussagen <strong>im</strong> Raum stehen, sondern durch die Videos <strong>im</strong> wahrsten Sinne<br />

des Wortes mit Farbe gefüllt werden.<br />

Des weiteren handelt es sich bei den gefilmten Versuchen um reale Exper<strong>im</strong>ente, die sich<br />

deutlich von Computers<strong>im</strong>ulationen abheben und auch einen differierenden didaktischen Wert<br />

haben (vgl. Kapitel 2.1.1). Wie <strong>im</strong> realen Exper<strong>im</strong>ent kann der Schüler die einzelnen Schritte<br />

steuern und die Messungen selbst durchführen (vgl. z.B. Präsentation des Milikanversuchs<br />

(BECKER) oder die Versuche zum Trampolinspringen). Im Gegensatz zur S<strong>im</strong>ulation ist das<br />

Messergebnis somit nicht „vorgegeben“, sondern Produkt des eigenständigen Arbeitens des<br />

Schülers.<br />

MIKELSKIS ([30], S. 238) betont noch folgende Punkte:<br />

? „Behandlung komplexer, realistischer Vorgänge trotz restringierter, mathematischformaler<br />

bzw. meßtechnischer Möglichkeiten <strong>im</strong> Unterricht;<br />

? Heranführung der Schüler in der Sekundarstufe II an Verfahren der physikalischquantitativen<br />

Modellierung.“<br />

Gerade der Zusammenhang zwischen Realexper<strong>im</strong>enten und der daraus resultierenden Modellierung<br />

muss neben dem Arbeiten mit reinen Modellbildungssystemen 116 herausgestrichen<br />

werden, da für viele reale Vorgänge zunächst ein physikalisches Modell gefunden werden<br />

muss. Beispielsweise konnte der Trampolinspringer während der Landung <strong>im</strong> Tuch als „starrer<br />

Körper“ idealisiert werden, obwohl genauer ein zusätzliches Modell die unterschiedliche<br />

Armhaltung <strong>im</strong> Flug bzw. <strong>im</strong> Tuch korrigieren musste.<br />

116 Modellbildungssysteme wie z.B. STELLA werden z.B. in [20] vorgestellt und diskutiert. Auch das didaktische<br />

Potential ist hier beschrieben (S. 1).<br />

100


9.3 Einbeziehung der Schüler in den Unterricht<br />

9.3.1 Schülerversuche mit ViMPS<br />

Neben der Alltagsnähe, d.h. der physikalischen <strong>Analyse</strong> von Bewegungen aus dem Schülerumfeld,<br />

ist einer der Hauptgründe für das Arbeiten mit ViMPS die mögliche Schülerbeteiligung<br />

<strong>im</strong> Unterricht. Vielerorts wird in pädagogischen Zeitschriften der Einsatz von Schülerexper<strong>im</strong>enten<br />

verstärkt gefordert, was <strong>im</strong> Schulalltag entweder an der schlechten Ausstattung<br />

der Schule oder an Zeitnot scheitert. Hierzu bietet ViMPS eine Alternative:<br />

? Schülerversuche müssen nicht in z.B. zehnfacher Ausfertigung vorhanden sein; es reicht,<br />

wenn ein gefilmter Versuch, der schülergerecht in Form einer Präsentation aufgearbeitet<br />

ist, zur Verfügung steht; mit ViMPS kann jeder Schüler diesen Versuch dann selbst (am<br />

PC) durchführen 117 .<br />

? Auch das Argument der „Zeitnot“ kann durch den Einsatz von ViMPS etwas entkräftet<br />

werden. Bei herkömmlichen Schülerversuchen müssen die Schüler <strong>im</strong>mer neu in den Versuchsaufbau<br />

und die benutzten Messgeräte eingearbeitet werden, wohingegen das „Werkzeug<br />

ViMPS“ bereits in der Mittelstufe eingeführt werden kann und fortan als<br />

Orts-, Zeit-, Geschwindigkeits-, Beschleunigungs- und sogar Kraftmesser zur Verfügung<br />

steht.<br />

? Obwohl die Schüler am Computer eigenverantwortlich exper<strong>im</strong>entieren können, gibt der<br />

Lehrer nur scheinbar die Kontrolle seines Unterrichts aus der Hand. In Wirklichkeit steuert<br />

er ja gezielt das Lernziel (nicht das Lerntempo!) durch die Programmierung einer entsprechenden<br />

Versuchspräsentation. Zum Arbeiten der Schüler schreibt MIKELSKIS:<br />

„Die Chancen des neuen Hypermediums [= vernetzter Computer; Anm. d. Autors] ermöglichen<br />

komplexes und interdisziplinäres Erschließen von Sachverhalten und legen<br />

die Hoffnung nahe, daß jeder Lerner einen ihm adäquaten Lernweg gehen kann, also<br />

Formen der Differenzierung und Individualisierung ermöglicht werden, die man bisher<br />

nicht beschreiten konnte.“ (MIKELSKIS [29], S. 434).<br />

Inzwischen liegen bereits einige Unterrichtsbeispiele vor, in denen Videomesssysteme eingesetzt<br />

wurden. Die Autoren beschreiben hier durchweg gute Erfahrungen mit der Einbeziehung<br />

der Schüler in den Unterricht und die Realitätsnähe durch entsprechende Videosequenzen.<br />

117 An dieser Stelle muss erneut betont werden, dass der Autor nicht auf herkömmliche Schülerversuche verzichten<br />

will, sondern sie nur da (zusätzlich) ermöglichen will, wo sie bisher nicht durchführbar waren.<br />

101


Als Unterrichtsbeispiele liegen vor:<br />

? Basketballwurf (SEIFERT [31], S. 307 f.).<br />

? Looping auf der Achterbahn (SEIFERT [31], S. 309 f.).<br />

? Tennisaufschlag (SEIFERT [47], S. 352 ff.).<br />

? Elfmeter <strong>im</strong> Fußball (SEIFERT [47], S. 355 f.).<br />

? „Freier Fall“ (KRAHMER [18], S. 275 f.).<br />

? Weitsprung (KRAHMER [18], S. 276).<br />

? Sprung eines Froschs (KRAHMER [18], S. 276).<br />

9.3.2 Unabhängigkeit vom ViMPS-Einsatz und der gewählten Sozialform<br />

Neben diesen bereits getesteten Unterrichtsbeispielen muss noch die Möglichkeit herausgestellt<br />

werden, dass das Arbeiten mit ViMPS innerhalb verschiedener Sozialformen des Unterrichts<br />

geschehen kann. Neben dem Frontalunterricht, in welchem der Lehrer einen neuen Versuch<br />

(mit Hilfe von ViMPS) präsentieren kann (z.B. Wilsonsche Nebelkammer), können<br />

Schüler in Gruppenarbeit einzelne Messungen mit ViMPS durchführen (z.B. zum Dreh<strong>im</strong>puls<br />

be<strong>im</strong> Wasserspringen, Reichweitenbest<strong>im</strong>mung von ?-Teilchen oder Stoßprozesse am Luftkissentisch).<br />

Darüber hinaus bietet sich auch der projektartige Umgang mit ViMPS an: Im<br />

Rahmen eines Unterrichtsprojekts (oder einer Projektwoche) können Schüler den ganzen Weg<br />

vom Erstellen geeigneter Videoaufnahmen über deren Digitalisierung und Bearbeitung hin<br />

zur physikalischen Messung beschreiten. Gerade die verschiedenen Arbeitsweisen oder Methoden<br />

werden z.B. <strong>im</strong> Lehrplan 118 gefordert, da hier sowohl die Inhalte der Physik 119 bearbeitet<br />

werden als auch die physikalische Methode 120 vorgestellt und somit ein Beitrag zur<br />

(Allgemein-) Bildung des Schülers geleistet wird 121 .<br />

Folgende Eigenschaften werden z.B. durch das Arbeiten mit ViMPS gefördert:<br />

? Die kognitiven Fähigkeiten (Abstraktion, Denken in Modellen, rationale Beurteilung).<br />

? Die Intuition und Phantasie (schöpferisches Modellbilden, sich Einlassen auf Neues).<br />

? Das Selbst- und Weltverständnis durch Vergleich der Alltagswelt mit der naturwissenschaftlichen<br />

Weltsicht.<br />

? Die Kommunikations- und Teamfähigkeit durch Zusammenarbeit.<br />

118 Vgl. [33], S. 8.<br />

119 Ebd., S. 7.<br />

120 Ebd.<br />

121 Ebd.<br />

102


9.4 Physik und Sport – ein Themenfeld<br />

9.4.1 Interdependenz zwischen Physik und Sport<br />

Im Rahmen dieser Arbeit sind neben den Themenfeldern Nebelkammer und Luftkissentisch<br />

auch bewusst mit dem Wasser- und Trampolinspringen zwei Themen aus dem Bereich Sport<br />

behandelt worden. Die Tatsache, dass auch der Lehrplan auf die Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />

in diesen Fächern hinweist 122 , bietet neue Möglichkeiten für den <strong>Physikunterricht</strong>:<br />

„Mit der Einbeziehung von Problemen aus dem Sport, dem Verkehr, vom Jahrmarkt<br />

oder aus der Natur in den <strong>Physikunterricht</strong> besteht die Möglichkeit, die Lebenswelt<br />

der Schülerinnen und Schüler ernsthaft zu berücksichtigen.<br />

Ferner können physikalische Beschreibungen von Phänomenen mit entsprechenden<br />

motorischen, sinnlichen und gefühlsmäßigen Erfahrungen gekoppelt werden. Damit<br />

eröffnet sich eine Chance, den ganzheitlichen Anspruch für <strong>Physikunterricht</strong> <strong>im</strong> Sinne<br />

der Einheit von „Kopf, Herz und Hand“ einzulösen.“ (SEIFERT [31], S. 306)<br />

Dabei ist die Beziehung zwischen den Fächern Physik und Sport nicht einseitig, sondern<br />

durchaus wechselseitig. Wo Sport der Physik ein Anwendungsfeld für Gesetze und Vorgänge<br />

bietet, kann umgekehrt die sportliche Bewegung (<strong>im</strong> Rahmen der Biomechanik) durch die<br />

Physik beschrieben (und opt<strong>im</strong>iert) werden.<br />

9.4.2 Sport und Physik in der Literatur<br />

Seit Mitte der 90er Jahre tauchen auch in der physikalischen Literatur verstärkt Beispiele und<br />

Untersuchungen zum Thema Sport auf. Die Autoren und die von ihnen beschriebenen Themen<br />

sollen hier kurz genannt werden, um einem Lehrer oder Anwender von ViMPS Ideenmaterial<br />

zur Verfügung zu stellen. Außerdem können selbst gemessene Werte mit bereits<br />

durchgeführten Messungen bzw. Messverfahren verglichen werden.<br />

? Startsprung mit Ausgleiten; in: SCHUBERT [43], S. 395 ff.<br />

? Laufen und Springen; in: LUDWIG/ NOTHELLE [22], S. 391 ff.<br />

? Physikalische Größen in der Realität finden; in: SCHLICHTING [38], S. 4 ff.<br />

? Energetik des Menschen; Sprung- und Wurfbewegungen; Laufen; Radfahren; Schw<strong>im</strong>men;<br />

Windsurfen; Segeln; in: SCHLICHTING [39], S. 7 ff.<br />

? Schleuderball; in: SCHLICHTING [40], S. 18 ff.<br />

? Stehen, Gehen, Laufen; in: RODEWALD [37], S. 22 ff.<br />

? Antrieb und Widerstand <strong>im</strong> Schw<strong>im</strong>men; in: RODEWALD [36], S. 28 ff.<br />

122 Vgl. [33], S. 39.<br />

103


? Skifahren; in: MEIER/ SCHLICHTING [28], S. 34 ff.<br />

? Tischtennis; in: LUDWIG/ NOTHELLE [23], S. 15 ff.<br />

? Präzision be<strong>im</strong> Messen und Rechnen; in: DORN/ REIß [8], S. 2 f.<br />

? Energetik der Fortbewegung, Unterrichtsprojekt Physik/ Sport/ Chemie/ Biologie; in:<br />

HEGLMEIER [11], S. 34 ff.<br />

? Saltobewegungen; in: UCKE [52], S. 187 ff.<br />

? Gehen, Laufen und Springen; Karate; Werfen; Ski (-lang) -laufen; Radfahren; in:<br />

MATHELITSCH [27], S. 4 – 44.<br />

? Physik und Sport aus Schülersicht betrachtet; in: MÜLLER [34], S. 25 – 87.<br />

? Fallgesetze <strong>im</strong> Sport, Zufall (Statistik) <strong>im</strong> Tennis, Stoßprozesse <strong>im</strong> Fußball, Rotation eines<br />

Balles, Strömungslehre u.a.; in: SEXL [48].<br />

Zusammenfassend sollen physikalischen Themen und sportliche Anwendungsmöglichkeiten<br />

<strong>im</strong> Überblick aufgelistet werden 123 :<br />

? Drehungen: Turnen, Wasserspringen, Eiskunstlauf.<br />

? Schwingungen: Gehen, Laufen, Schaukeln.<br />

? Gleiten: Schlittschuhlaufen, Skifahren, Wasserski, Windsurfen.<br />

? Reibung: Radfahren, Tischtennis, Autorennen.<br />

? Auftrieb: Skispringen, Wasserski, Diskuswerfen, Volleyball, Segeln.<br />

? Rückstoß: Schw<strong>im</strong>men, Paddeln, Rudern.<br />

? Stöße: Tennis, Fußball, Karate, Boxen.<br />

? Würfe: Kugelstoßen, Handball, Basketball.<br />

? Fall: Weitsprung, Pferdsprung, Hochsprung.<br />

? Energieumwandlung: Stabhochsprung, Trampolinspringen, Bunjee-Jumping.<br />

123 Einige Beispiele sind von SEIFERT übernommen, vgl. [47], S. 352.<br />

104


10 Schluss<br />

10.1 Zusammenfassung<br />

In dieser Staatsexamensarbeit stehen zwei zentrale Punkte <strong>im</strong> Vordergrund: auf der einen<br />

Seite wird das Videomess- und -präsentationssystem ViMPS vorgestellt und Hardwarevoraussetzungen<br />

besprochen. Auf der anderen Seite wird das Arbeiten mit ViMPS erläutert<br />

und auf didaktische Hintergründe untersucht. Die wichtigsten Punkte hierzu sollen an dieser<br />

Stelle noch einmal kurz zusammengefasst werden.<br />

Das Videomess- und -präsentationssystem ViMPS ist <strong>im</strong> Rahmen einer Staatsexamensarbeit<br />

von BECKER 1999 an der Universität Mainz programmiert und in dieser Staatsexamensarbeit<br />

um verschiedene Anwendungsmöglichkeiten erweitert worden. Aufgrund der Tatsache, dass<br />

das Thema ViMPS in Form von Staatsexamensarbeiten und keinen (verlagsgebundenen) Veröffentlichungen<br />

vorliegt, ist das Programm mitsamt den verwendbaren Videosequenzen und<br />

-präsentationen über das Internet kostenlos von Rechnern des <strong>Institut</strong>s für Physik der Universität<br />

Mainz herunterladbar und steht somit für den Einsatz in der Schule zur Verfügung.<br />

Wie <strong>im</strong> einführenden Kapitel 2 beschrieben ist das Programm ViMPS für die Durchführung<br />

von Koordinatenmessungen innerhalb digitaler Videosequenzen programmiert. Durch Kalibrierung<br />

der Messungen werden den Bildschirmpunkten reale D<strong>im</strong>ensionen wie „Meter“ zugeordnet.<br />

Über die Koordinatenmessungen, die abgespeichert und mit einem Tabellenkalkulationsprogramm<br />

wie EXCEL ausgewertet werden können, sind auch Größen wie Geschwindigkeit,<br />

Beschleunigung, Winkel, Zeit oder Winkelgeschwindigkeit best<strong>im</strong>mbar.<br />

Bevor mit der Videoanalyse begonnen werden kann, müssen die Videofilme, die in der Regel<br />

als analoge Magnetbandaufzeichnungen zur Verfügung stehen und evtl. von Schülern selbst<br />

produziert worden sind, in ein digitales Format verwandelt werden. Dieser Prozess ist ausführlich<br />

in den Kapiteln 3 und 4 erklärt, in denen die Digitalisierung und die (Nach-) Bearbeitung<br />

von Videosequenzen besprochen wird. Außerdem werden getestete „Capture“-Karten<br />

(= Digitalisierungskarten) beschrieben und deren Vor- bzw. Nachteile beurteilt.<br />

Im 5. Kapitel werden Exper<strong>im</strong>ente am Luftkissentisch durchgeführt und ausgewertet. Im<br />

Mittelpunkt steht der Impulsbegriff und der (zweid<strong>im</strong>ensionale) Nachweis des Impulserhaltungssatzes,<br />

wobei auch Drehbewegungen und gaskinetische Vorgänge untersucht werden.<br />

Die erstellten Videosequenzen hierzu stehen <strong>im</strong> Internet zur Verfügung; einige Luftkissentischauswertungen<br />

sind in dieser Arbeit vorgestellt bzw. <strong>im</strong> Anhang angefügt.<br />

105


Von den untersuchten Drehbewegungen am Luftkissentisch kann dann direkt zum Kapitel 6<br />

übergeleitet werden, in dem u.a. die Rotation eines Wasserspringers während der Flugphase<br />

untersucht wird. Begriffe wie Dreh<strong>im</strong>puls, Winkelgeschwindigkeit, Trägheitsmoment oder<br />

Bewegung des Körperschwerpunkts werden an realen Bewegungen gemessen und Zusammenhänge<br />

überprüft. Vor allem das Erstellen und die Auswertung kinematischer Graphen<br />

können Schüler hierbei üben, da <strong>im</strong> Gegensatz zu den anderen Themeneinheiten hier der Weg<br />

vom Video bis zur fertigen Auswertung recht kurz ist 124 .<br />

Das Trampolinspringen, das <strong>im</strong> 7. Kapitel näher beschrieben ist, stellt weitere Bewegungsvorgänge<br />

aus dem Bereich Sport zur Verfügung, welche physikalisch analysierbar sind. Die<br />

Untersuchung einzelner Fußsprünge ergibt, dass der Springer in der Flugphase wie erwartet<br />

den Wurf- bzw. Fallgesetzen folgt. Die Tuchphase <strong>im</strong> Trampolin ist wesentlich schwerer zu<br />

beschreiben. Hier wird ein Kraft- bzw. Energiegesetz ermittelt, welches auf dem Hookeschen<br />

Gesetz basiert und um einen Term höherer Ordnung korrigiert werden muss. Insofern ist das<br />

Trampolinspringen ein Beispiel dafür, dass die physikalische <strong>Analyse</strong> von Realbewegungen<br />

in manchen Fällen kompliziert werden kann und dann die Elementarisierung bzw. Modellbildung<br />

unbedingt nötig ist.<br />

Im 8. Kapitel wird mit der Reichweitenbest<strong>im</strong>mung von ?-Strahlung in Luft der Bereich Mechanik<br />

verlassen und eine Messung bzw. Problemstellung der Kernphysik vorgestellt. Hierbei<br />

werden die Spurlängen von ?-Teilchen vermessen, die von einem radioaktiven Präparat ausgehend<br />

als Nebelstreifen in einer Nebelkammer zu sehen sind.<br />

Nachdem <strong>im</strong> Rahmen von vier Themeneinheiten Beispiele des Arbeiten mit ViMPS und der<br />

Auswertung von Messergebnissen vorgeführt sind, stehen <strong>im</strong> 9. Kapitel didaktische Überlegungen<br />

zum Einsatz von ViMPS <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> <strong>im</strong> Vordergrund. Neben der Abgrenzung<br />

zu anderen Videomesssystemen und der Nennung der ViMPS-spezifischen Vorteile (in<br />

der Einfachheit für den Anwender) wird das didaktische Potential der <strong>Analyse</strong> von Realbewegungen<br />

betont. Auch die aktivere Einbindung der Schüler in den <strong>Physikunterricht</strong> durch das<br />

Arbeiten mit ViMPS ist angesprochen; hierzu ist vor allem die Alltagsnähe von Videosequenzen<br />

als motivierender Faktor zu nennen. Gerade der Bereich Sport stellt bezüglich der Alltagsnähe<br />

eine große Auswahl von physikalisch interessanten Bewegungen zur Verfügung, von<br />

denen einige beispielhaft am Kapitelende aufgelistet sind.<br />

124 Dies wurde mit Schülergruppen, die das physikalische <strong>Institut</strong> besuchten, getestet. Bei den anderen Themeneinheiten<br />

muss vor dem wesentlichen Ergebniss oder dem Lernfortschritt zumeist noch länger gerechnet werden<br />

oder die Messergebnisse müssen wie <strong>im</strong> Nebelkammerkapitel noch korrigiert werden.<br />

106


10.2 Ausblick<br />

Nachdem ViMPS nun als Programm zur Verfügung steht und auch ein kleine Sammlung von<br />

Videofilmen vorliegt, die mit ViMPS bearbeitet und ausgewertet werden können, wird in den<br />

folgenden Jahren der „Praxistest“ <strong>im</strong> Vordergrund stehen. Einerseits muss die Existenz und<br />

das Arbeiten mit ViMPS bekannt gemacht werden; hierzu bieten sich z.B. Lehrerfortbildungen<br />

an, die auch an der Universität Mainz durchgeführt werden. Andererseits sollten Unterrichtserfahrungen,<br />

Schülermeinungen und mögliche Änderungsvorschläge gesammelt werden,<br />

um in Zukunft die Arbeit mit Videomesssystemen <strong>im</strong> Schulphysikunterricht als didaktischen<br />

Fortschritt fest verankern zu können.<br />

107


Tabellen- und Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 0: Rotationsbewegung eines Gleitpucks am Luftkissentisch .................................2<br />

Abbildung 1: Das „Video abspielen“-Fenster von ViMPS ....................................................11<br />

Abbildung 2: Die Benutzeroberfläche von AviEdit ...............................................................22<br />

Tabelle 1: Kompr<strong>im</strong>ierungsformate ..................................................................................23<br />

Abbildung 3: Versuchsaufbau Luftkissentisch.......................................................................28<br />

Tabelle 2: Auswertungsbeispiel zum Nachweis der Impulserhaltung...............................34<br />

Tabelle 3: Versuchsergebnisse der „einfachen“ Stöße......................................................36<br />

Abbildung 4: Schwerpunktbewegung in Ortskoordinaten .....................................................37<br />

Abbildung 5 : Die Schwerpunktbewegung <strong>im</strong> x-t-Diagramm.................................................38<br />

Abbildung 6: Die Schwerpunktbewegung <strong>im</strong> y-t-Diagramm.................................................38<br />

Tabelle 4: Ergebnisse der Versuche zum Unelastischen Stoß...........................................39<br />

Tabelle 5: Auswertungsbeispiel Elastischer Stoß..............................................................40<br />

Tabelle 6: Ergebnisse der Versuche zum Energieerhaltungssatz ......................................41<br />

Abbildung 7: Ortskoordinatendarstellung der Kreisbewegung..............................................42<br />

Abbildung 8: Zerlegung der Kreisbewegung in Sinusschwingungen ....................................43<br />

Tabelle 7: Umrechnung von kartesischen in Polarkoordinaten.........................................44<br />

Abbildung 9: Winkel-Zeit-Diagramm der Kreisbewegung....................................................45<br />

Abbildung 10: Das tangentiale „Wegfliegen“..........................................................................47<br />

Abbildung 11: Die elliptische Federschwingung .....................................................................48<br />

Abbildung 12: Überprüfung des 2. Keplerschen Gesetzes.......................................................50<br />

Abbildung 13: x-t-Diagramm der Saltobewegung ...................................................................58<br />

Abbildung 14: y-t-Diagramm der Saltobewegung ...................................................................58<br />

Abbildung 15: Ortskoordinatendarstellung der Saltobewegung ..............................................59<br />

Abbildung 16: Das y-t-Diagramm der KSP-Flugbahn.............................................................61<br />

Abbildung 17: Flugbahn des Kopfes und des KSP ..................................................................62<br />

Abbildung 18: Differenzplot Bahn Kopf minus Bahn KSP .....................................................63<br />

Tabelle 8: Massenträgheitsmoment und Dreh<strong>im</strong>puls ........................................................67<br />

Abbildung 19: Versuchsaufbau Trampolinspringen.................................................................72<br />

Abbildung 20: Der Zeitverlauf be<strong>im</strong> Dotzen............................................................................77<br />

Abbildung 21: Die Flugzeit be<strong>im</strong> Dotzen.................................................................................78<br />

Tabelle 9: Prozentualer Energieverlust.............................................................................79<br />

Abbildung 22: Energieverlustdiagramm ..................................................................................79<br />

108


Abbildung 23: Vergleich unterschiedlicher Beinhaltungen .....................................................82<br />

Abbildung 24: Gemessene Energiewerte <strong>im</strong> Trampolin (alle (Energie-) Versuche) ...............84<br />

Abbildung 25: Best<strong>im</strong>mung eines Energiegesetzes..................................................................86<br />

Abbildung 26: Messwerte und theoretischer Kraftverlauf .......................................................88<br />

Abbildung 27: Nebelkammer <strong>im</strong> AKW Mühlhe<strong>im</strong>-Kärlich.....................................................92<br />

Abbildung 28: Die „Selbstbau-Nebelkammer“ (Kernchemie Mainz)......................................93<br />

Tabelle 10: Spurlängenbest<strong>im</strong>mung der ?-Teilchen ..........................................................95<br />

Abbildung 29: Schwerpunktbewegung ohne Rotationskomponenten....................................117<br />

Abbildung 30: Schwerpunktbewegung mit (überlagerter) Rotation vor und nach dem Stoß 117<br />

Abbildung 31: Zerlegung der Federschwingung....................................................................118<br />

Abbildung 32: Diagramm zur Dreiecksflächenberechnung (2. Keplergesetz).......................119<br />

Abbildung 33: Die Bewegung des Kopfes und der Füße <strong>im</strong> x-t-Diagramm..........................120<br />

Abbildung 34: Die Bewegung des Kopfes und der Füße <strong>im</strong> y-t-Diagramm..........................121<br />

Abbildung 35: Die Bewegung des KSP <strong>im</strong> x-t-Diagramm ....................................................121<br />

Abbildung 36: Die Bewegung des Kopfes <strong>im</strong> y-t-Diagramm ................................................122<br />

Abbildung 37: Bewegung des KSP in Ortskoordinaten .........................................................122<br />

Abbildung 38: Helfer bei den Standbild-Aufnahmen zum Trampolinspringen.....................124<br />

109


Literaturverzeichnis<br />

[1] Adobe Homepage: http://www.adobe.com/supportservice/custsupport .<br />

[2] Baumann, W.: Freiheitsgrade der Gelenke. In: Röthig, P. (Hrsg.): Sportwissenschaftliches<br />

Lexikon. Schorndorf-Verlag. Schorndorf 1992.<br />

[3] Becker, M.: Entwicklung eines mult<strong>im</strong>edialen Präsentationssystems für physikalische Exper<strong>im</strong>ente.<br />

Wissenschaftliche Prüfungsarbeit <strong>im</strong> Fach Physik <strong>im</strong> Rahmen des Ersten<br />

Staatsexamens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Manuskriptdruck. Mainz<br />

1999.<br />

[4] Bormann, M.: Kerne und Teilchen I. In: Kuhn, W.(Hrsg.): Handbuch der exper<strong>im</strong>entellen<br />

Physik. Sekundarbereich II. Band 9. Aulis-Verlag. Köln 2000.<br />

[5] Clauser et al.: http://courses.washington.edu/phys208 .<br />

[6] Computer Becker: http://www.computerbecker.com/hintvid.htm .<br />

[7] Donskoj, D. D.: Grundlagen der Biomechanik. Sportverlag. Berlin 1975.<br />

[8] Dorn, G./ Reiß, J.: Präzision be<strong>im</strong> Messen und Rechnen. In: mathematik lehren. Heft 4/<br />

84. Friedrich Verlag. Seelze 1984.<br />

[9] Fetz, F./ Opavsky, P.: Biomechanik des Turnens. L<strong>im</strong>pert-Verlag. Frankfurt a. M. 1968.<br />

[10] Fleig, M.: Ein Einstieg in den Mechanikunterricht nach dem KPK. In: Praxis der Naturwissenschaften<br />

Physik. Heft 6/ 47. Aulis-Verlag. Köln 1998.<br />

[11] Heglmeier, F.: Energetik der Fortbewegung. In: Unterricht Physik 7. Heft 31. 1996.<br />

[12] Heise, C.(Hrsg.): c´t: magazin für computer technik. Heft 18. Heise-Verlag. Hannover<br />

2000.<br />

[13] Herlitz, P./ Widulla, U.: Exper<strong>im</strong>ente auf dem Luftkissentisch. Gesellschaft für Regelungstechnik<br />

und S<strong>im</strong>ulationstechnik mbH. Darmstadt 1979.<br />

[14] Hilscher, H.: Videoeinsatz in der Lehre. In: Physik in der Schule. Heft 3. Pädagogischer<br />

Zeitschriftenverlag. Berlin 2000.<br />

[15] Hochmuth, G.: Biomechanik sportlicher Bewegungen. L<strong>im</strong>pert-Verlag. Frankfurt a.<br />

M. 1967.<br />

[16] Hoffmann: Grafik- und Videokarten. http://www.hoffmann-ueberall.de/grafik.htm .<br />

[17] Körner, H.: Luftkissen-Fahrbahn. Versuchsbeispiele für Demonstration und Praktikum.<br />

Leybold-Heraeus. Köln 1979.<br />

[18] Krahmer, P./ Winter, R./ Mikelskis, H.: Der Computer - ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug<br />

zum Lernen von Physik. Das Projekt „Galileo“ - Videoanalyse von Bewegungsvorgängen<br />

(2). In: Physik in der Schule. Heft 7/8. Pädagogischer Zeitschriftenverlag. Berlin 1997.<br />

110


[19] Laws, P./ Pfister, H.: The physics teacher 36. 5/ 1998.<br />

[20] Leisen, J.: Modellbildungssysteme. In: Praxis der Naturwissenschaften Physik. Heft 3/<br />

48. Aulis-Verlag. Köln 1998.<br />

[21] Leisen, J.: Physik und Sport. Unterrichtsvorschlag nach dem additiv-integrativen Ansatz.<br />

Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien in Koblenz. Manuskriptdruck.<br />

Koblenz o. J.<br />

[22] Ludwig, M./ Nothelle, C.: Physik – Sport – Medien. In: Physik in der Schule. Heft 11.<br />

Pädagogischer Zeitschriftenverlag. Berlin 1995.<br />

[23] Ludwig, M./ Nothelle, C.: Projektwoche mit der Videokamera begleitet. In: Physik in<br />

der Schule. Heft 1. Pädagogischer Zeitschriftenverlag. Berlin 1997.<br />

[24] Ludwig, U.: Wasserspringen gelernt gekonnt. Pohl-Druckerei. Celle 1971.<br />

[25] Luetzelschwab, M./ Laws, P./ Gile, M.: Videopoint. Dickinson College (USA). Carlisle<br />

o.J.<br />

[26] Marousek, G./ Williams, T.W.: Exper<strong>im</strong>ents on an Air Table. The Ealing Corporation<br />

(Massachusetts). Cambridge 1969.<br />

[27] Mathelitsch, L.: Sport und Physik. Hölder-Pichler-Tempsky-Verlag. Wien 1991.<br />

[28] Meier, W./ Schlichting, H. J.: Die Trägheit und die Skidrehung. In: Naturwissenschaften<br />

<strong>im</strong> Unterricht – Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag. Stuttgart 1992.<br />

[29] Mikelskis, H.: Der Computer- ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug zum Lernen von Physik.<br />

Mult<strong>im</strong>edia und Internetlernen <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong>? (6). In: Physik in der Schule. Heft 12.<br />

Pädagogischer Zeitschriftenverlag. Berlin 1997.<br />

[30] Mikelskis, H./ Seifert, S./ Winter, R.: Der Computer - ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug<br />

zum Lernen von Physik. Mult<strong>im</strong>edia und Hypermedia <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> – Eine einführende<br />

Übersicht (1). In: Physik in der Schule. Heft 6. Pädagogischer Zeitschriftenverlag.<br />

Berlin 1997.<br />

[31] Mikelskis, H./ Seifert, S./ Winter, R.: Der Computer - ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug<br />

zum Lernen von Physik. Videoanalyse von Wurf- und Kreisbewegungen <strong>im</strong> Alltag mit<br />

CUPLE, VIDEOPOINT und EXCEL (3). In: Physik in der Schule. Heft 9. Pädagogischer<br />

Zeitschriftenverlag. Berlin 1997.<br />

[32] Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung: Lehrplan-Entwürfe. Lernbereich<br />

Naturwissenschaften – Biologie, Physik, Chemie. Sekundarstufe I. Sommer-<br />

Verlag. Grünstadt 1997.<br />

[33] Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung: Lehrplan Physik. Sekundarstufe<br />

II. http://www.uni-koblenz.de/~odsleis/lehrplan-physik/lehrplan.pdf .<br />

111


[34] Müller, K. (Hrsg.): Sport und Wissenschaften. Dokumentation des 2. Internationalen<br />

Schülertreffens als Förderprojekt des EU-Programms „Eurathlon 1995“ der Europäischen<br />

Union. Offset-Druckerei Kaspers. Trier 1996.<br />

[35] Reiber, H. W.: Bau einer Nebelkammer zum Nachweis ionisierender Strahlung. Wissenschaftliche<br />

Prüfungsarbeit zum Ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien <strong>im</strong><br />

Fach Chemie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Manuskriptdruck. Mainz<br />

1996.<br />

[36] Rodewald, B.: Antrieb und Widerstand <strong>im</strong> Schw<strong>im</strong>men. In: Naturwissenschaften <strong>im</strong><br />

Unterricht – Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />

[37] Rodewald, B.: Physik auf Schritt und Tritt. In: Naturwissenschaften <strong>im</strong> Unterricht –<br />

Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />

[38] Schlichting, H. J.: Die physikalische D<strong>im</strong>ension des Sports. In: Naturwissenschaften<br />

<strong>im</strong> Unterricht – Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />

[39] Schlichting, H. J.: Einfache Themen zur Physik des Sports. In: Naturwissenschaften<br />

<strong>im</strong> Unterricht – Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />

[40] Schlichting, H. J.: Schleuderball. In: Naturwissenschaften <strong>im</strong> Unterricht – Physik 3.<br />

Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />

[41] Schmitz, C.: Physik und Sport. Fächerübergreifende Bezüge als didaktisches Konzept<br />

nach dem neuen Lehrplan <strong>im</strong> Mechanikunterricht der Jahrgangsstufe 11. Prüfungsarbeit<br />

für das Zweite Staatsexamen am Staatlichen Studienseminar Koblenz. Manuskriptdruck.<br />

Koblenz 1997.<br />

[42] Schroll, R.: Demonstrationsversuche am Luftkissentisch. Wissenschaftliche Prüfungsarbeit<br />

zum Ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien <strong>im</strong> Fach Physik an der Johannes<br />

Gutenberg-Universität Mainz. Manuskriptdruck. Mainz 1978.<br />

[43] Schubert, D.: Startsprung mit Ausgleiten. In: Physik in der Schule. Heft 11. Pädagogischer<br />

Zeitschriftenverlag. Berlin 1995.<br />

[44] Schwarz, G.: Handbuch Luftkissentisch. Phywe Aktiengesellschaft. Göttingen 1979.<br />

[45] Schwarze, H.: Erst Impuls dann Kraft?. In: Praxis der Naturwissenschaften Physik.<br />

Heft 6/ 47. Aulis-Verlag. Köln 1999.<br />

[46] Scott, G.: Analysis of human motion. Appleton-Century-Croft-Verlag. New York<br />

1963.<br />

[47] Seifert, S./ Mikelskis, H./ Winter, R.: Der Computer- ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug<br />

zum Lernen von Physik. Videoanalyse von Schlag- und Stoßvorgängen <strong>im</strong> Sport mit VI-<br />

DEOPOINT und DAVID (4). In: Physik in der Schule. Heft 10. Pädagogischer Zeitschriftenverlag.<br />

Berlin 1997.<br />

[48] Sexl, R.: Physik <strong>im</strong> Sport. Projektintegrierte Lehrerfortbildung <strong>im</strong> Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Wissenschaft und Forschung. Manuskriptdruck. o.J.<br />

112


[49] Sponholz, K.-H./ Buchmann, G.: Trampolinspringen. Sportverlag. Berlin 1971.<br />

[50] Steinmetz, R.: Mult<strong>im</strong>edia-Technologie. Springer-Verlag. Berlin 1993.<br />

[51] Tom: Hardware-Kataloge. http://www.tomshardware.com .<br />

[52] Ucke, C.: Saltospringer. In: Physik in der Schule. Heft 5. Pädagogischer Zeitschriftenverlag.<br />

Berlin 1993.<br />

[53] Vogel, H. (Hrsg.): Gerthsen Physik. Springer-Verlag. Berlin 1995.<br />

[54] Wagenschein, M.: Naturphänomene sehen und verstehen. Klett-Verlag. Stuttgart 1988.<br />

[55] Willer, J.: Repetitorium Fachdidaktik Physik. Klinkhardt-Verlag. Bad Heilbrunn 1977.<br />

[56] Williams, M./ Lissner, H.: Biomechanics of Human Motion. Saunders Company. Philadelphia<br />

1962.<br />

[57] Wilson, J./ Redish, E.: CUPLE. Rensselar Polytechnic <strong>Institut</strong>e. University of Maryland<br />

(USA). Troy o.J.<br />

113


Anhang<br />

A: Veränderungen von ViMPS gegenüber der Vorgängerversion<br />

Bei verschiedenen Messungen am Luftkissentisch stellte sich heraus, dass die von ViMPS an<br />

die Tabellenkalkulation übergebenen Werte ungenau waren: Im Versuch konnten drei Nachkommastellen<br />

gemessen werden, während ViMPS nur zwei Nachkommastellen ausgab (Man<br />

beachte, dass ViMPS nicht prinzipiell mit drei Nachkommastellen rechnet, sondern je nach<br />

Kalibrierung der Messung eine feste Zahl von physikalisch relevanten Größen ausgibt).<br />

Da der Programmschreiber von ViMPS zur Zeit Referendar am Staatlichen Studienseminar in<br />

Bad Kreuznach ist und noch Kontakt zwischen ihm und dem Autor dieser Arbeit besteht,<br />

konnte BECKER <strong>im</strong> Herbst 2000 den Mangel selbst korrigieren, sodass die von ViMPS ausgegebenen<br />

Werte nun auch denen der Messung entsprechen.<br />

Weitere Änderungen mussten bisher nicht vorgenommen werden, die verbesserte Version von<br />

ViMPS firmiert nun unter dem Namen ViMPS 1.2 .<br />

B: Kurze Bedienungsanleitung des Programms AviEdit<br />

Diese Bedienungsanleitung, in der typische Probleme bzw. Vorgänge innerhalb des Programms<br />

AviEdit beschrieben werden, wurde von A. KOHLHAAS <strong>im</strong> Rahmen eines Praktikums<br />

<strong>im</strong> physikalischen <strong>Institut</strong> der Universität Mainz für diese Staatsexamensarbeit geschrieben<br />

und wird <strong>im</strong> Folgenden nur geringfügig verändert wiedergegeben.<br />

Wie bekomme ich das Programm?<br />

Quelle: Internet http://softseek.zdnet.com<br />

Das Programm ist als Freeware erhältlich und somit kostenlos.<br />

Welche Systemvoraussetzungen sind zu beachten?<br />

Pentium-Prozessor, 16 MB RAM, Windows 95 oder höher.<br />

Wie kann man ein Video bearbeiten?<br />

Öffnen eines Videos: In der Menüleiste ‚File‘ den Befehl ‚Open‘ anwählen. Video (<strong>im</strong> AVI-<br />

Format) auswählen und öffnen. Achtung: Alle noch geöffneten Videos werden ohne Speicherung<br />

geschlossen.<br />

Markieren: Frames werden durch Mausklick ausgewählt. Durch Drücken der Umschalttaste<br />

und Markieren eines Anfangs- und Endframes können aufeinanderfolgende Frames markiert<br />

werden.<br />

Löschen: Markierte Frames können durch Drücken von ‚Entfernen‘ oder <strong>im</strong> Menü mit ‚Edit‘<br />

und ‚Delete‘ gelöscht werden.<br />

Kopieren: Markierte Frames können durch ‚Edit‘, ‚Copy‘ in die Zwischenablage kopiert werden.<br />

114


Einfügen: Frames aus der Zwischenablage können mit ‚Edit‘, ‚Paste‘ vor einem markierten<br />

Frame eingefügt werden.<br />

Ausschneiden: Mit ‚Edit‘, ‚Cut‘ werden markierte Frames in die Zwischenablage kopiert und<br />

von ihrer ursprünglichen Position entfernt.<br />

Wie kann man mehrere Videos zusammenschneiden?<br />

Ein zu bearbeitendes Video mit ‚File‘, ‚Open‘ öffnen. Die anderen Videos werden mit ‚File‘,<br />

‚Merge‘, ‚Video auswählen‘, ‚öffnen‘ hinzugefügt. Es ist darauf zu achten, dass die Videos <strong>im</strong><br />

gleichen Format vorliegen (siehe AVI-Settings). Noch zu bearbeitende Videos sollten daher<br />

unkompr<strong>im</strong>iert gespeichert werden (Ausnahme: Einfügen von Bitmap-Dateien). Nun sind entsprechende<br />

Sequenzen in das erste Video einzufügen.<br />

Anschließend sind alle überflüssigen Frames zu löschen. Allein das zusammengeschnittene<br />

Video bleibt übrig. Es muss gespeichert werden.<br />

Wie speichert man ein Video?<br />

Der Befehl zum Speichern findet sich <strong>im</strong> Menü ‚File‘, ‚Save as‘. Als erstes muss ein geeignetes<br />

Kompr<strong>im</strong>ierungsformat ausgewählt werden. Wenn das Video noch bearbeitet werden<br />

muss, sollte man es als „Volle Einzelbilder“ (unkompr<strong>im</strong>iert) speichern. Ansonsten kann es je<br />

nach Anforderung in unterschiedlichen Kompr<strong>im</strong>ierungsformaten und in unterschiedlicher<br />

Kompr<strong>im</strong>ierungsqualität gespeichert werden. Die Auswahl mit ‚OK‘ bestätigen.<br />

Im nächsten Dialogfeld muss man einen Dateinamen und den Zielordner angeben. Außerdem<br />

muss in jedem Fall der Dateityp auf „AVI-movies“ eingestellt werden! Die Standardvorgabe<br />

„All supported files“ führt zu einer Fehlermeldung und die Datei, die erstellt wird, ist unbrauchbar.<br />

Kann man die Frames auch in ein neues, leeres Video kopieren?<br />

Es besteht theoretisch auch die Möglichkeit, ein neues, leeres Video erstellen zu lassen (Angabe<br />

der Frame size und der Anzahl der Frames pro Sekunde sind notwendig). In dieses neu<br />

erstellte Video kann man dann Frames aus anderen Videos kopieren (mit ‚Merge‘ hinzufügen).<br />

Dabei kommt es jedoch häufig zu Konflikten zwischen den Formaten. Die oben beschriebene<br />

Methode zum Zusammenschneiden mehrerer Videos ist daher vorzuziehen.<br />

Wie best<strong>im</strong>mt man das Format eines Videos?<br />

Wenn man zwei oder mehr Videos geöffnet hat, kann man mit ‚Options‘, ‚AVI-settings‘ die<br />

Formate der Videos ansehen. Unter dem Feld, in dem man nacheinander die Videos auswählen<br />

kann, steht das Kompr<strong>im</strong>ierungsformat und die Framegröße in der Form „Breite x Höhe x<br />

Farbtiefe“. Für ein reibungsloses Zusammenschneiden der Videos sollten die Videos in Framegröße<br />

und Kompr<strong>im</strong>ierungsformat übereinst<strong>im</strong>men.<br />

Kann man in ein AVI-Video auch Bitmap Dateien einfügen?<br />

Erstellen von geeigneten Bitmap-Dateien mit Paint: In Paint ist unter ‚Bild‘, ‚Attribute‘ die<br />

Bildgröße auf 384 x 288 Pixel (Digitalisierungskarte) bzw. 384 x 284 Pixel (Fernsehkarte) zu<br />

setzen. Diese Fläche kann wie gewünscht gestaltet werden. Das Bild ist als 24-Bit-BMP zu<br />

speichern.<br />

Einlesen einer Bitmap-Datei in AviEdit: Unter ‚File‘, ‚Import‘, ‚Bitmap Images‘ findet man<br />

ein Dialogfenster, in dem man die Größe der Frames und die Anzahl der Frames pro Sekunde<br />

einstellt und die Angaben mit ‚OK‘ bestätigt. Im darauffolgenden Dialogfenster wählt man<br />

das Bitmap-Image aus und drückt ‚Speichern‘. Die Kompr<strong>im</strong>ieroptionen stellt man auf unkompr<strong>im</strong>iert<br />

und wählt abschließend ‚OK‘. Die gewählte Bitmap-Datei muss nun <strong>im</strong> AVI-<br />

Format exportiert und gespeichert werden.<br />

115


Im AVI-Format abspeichern: Man wählt ‚File‘, ‚Export‘, ‚AVI‘. Man gibt erneut die Größe<br />

der Frames an und die Anzahl der Frames pro Sekunde. Im nächsten Dialogfenster gibt man<br />

den Dateinamen und den Zielordner an, stellt den Dateityp wie be<strong>im</strong> normalen Speichern auf<br />

‚AVI-movies‘ und drückt ‚Speichern‘. Die Kompr<strong>im</strong>ieroptionen stellt man auf „volle Einzelbilder“<br />

und drückt ‚OK‘.<br />

Man überprüft anschließend, ob das Video auch tatsächlich gespeichert wurde, indem man es<br />

mit ‚Merge‘ öffnet. Wenn man das Video nicht finden kann, sollte der Speichervorgang wiederholt<br />

werden.<br />

Einfügen des Bilds in ein Video: Da das Bild inzwischen als AVI-Datei vorliegt, kann wie<br />

be<strong>im</strong> Zusammenschneiden mehrerer Videos verfahren werden. Es muss lediglich darauf geachtet<br />

werden, dass auch das eigentliche Video in 24-Bit Farbtiefe vorliegt (nachzusehen unter<br />

‚AVI settings‘).<br />

C: Herleitung des Energieerhaltungssatzes (Luftkissentisch)<br />

Die Herleitung erfolgt in Anlehnung an die Bezeichnungsweise in [13] auf Schulniveau.<br />

Der Schwerpunkt des Gesamtsystems hat die Geschwindigkeit:<br />

v?<br />

m1?<br />

v1<br />

? m2?<br />

v2<br />

m ? m<br />

1<br />

2<br />

Betrachtet man die Geschwindigkeit von Gleiter 1 <strong>im</strong> Schwerpunktsystem S, so ist:<br />

? v1<br />

2?<br />

m<br />

v S<br />

?<br />

2<br />

1<br />

? v1<br />

? v ? ? v<br />

m1<br />

? m2<br />

Für die Geschwindigkeit von Gleiter 2 <strong>im</strong> Schwerpunktsystem S gilt:<br />

m1<br />

? v2<br />

? v1? ??<br />

?? v1<br />

2?<br />

m<br />

v S<br />

?<br />

1<br />

2<br />

? v2<br />

? v ?<br />

v<br />

m1<br />

? m2<br />

m1<br />

? m2<br />

Entsprechend gilt für die Geschwindigkeit nach dem Stoß:<br />

Und:<br />

? u1<br />

2?<br />

m<br />

u S<br />

?<br />

2<br />

1<br />

? ? u<br />

m1<br />

? m2<br />

? u2<br />

1?<br />

m<br />

u S<br />

?<br />

1<br />

2<br />

? ? u<br />

m1<br />

? m2<br />

Der Energiesatz <strong>im</strong> System S lautet dann:<br />

1 2 1 2 1 2 1<br />

? m<br />

1?<br />

v1S<br />

? ? m2<br />

? v2<br />

S<br />

? ? m1?<br />

u1S<br />

? ? m2<br />

? u<br />

2 2 2 2<br />

Durch Einsetzen und Kürzen ergibt sich dann:<br />

Oder:<br />

2<br />

? v ? ? ? 2<br />

1<br />

? v2<br />

? u1<br />

? u2<br />

v ?<br />

1<br />

? v2<br />

? u1<br />

u2<br />

Diese Gleichung kann nun exper<strong>im</strong>entell überprüft werden (vgl. Kapitel 5.3.6).<br />

2<br />

2 S<br />

116


D: Diagramme zur Schwerpunktbewegung (Luftkissentisch)<br />

D 1: Schwerpunktbewegung ohne Rotationskomponenten<br />

0,7<br />

0,65<br />

0,6<br />

0,55<br />

0,5<br />

0 0,5 1 1,5<br />

x-Koordinate [m]<br />

Vor dem Stoß<br />

Nach dem Stoß<br />

D 2: Schwerpunktbewegung mit (überlagerter) Rotation vor und nach dem Stoß<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4<br />

x-Koordinate [m]<br />

Vor dem Stoß<br />

Nach dem Stoß<br />

117


E: Die elliptische Federschwingung (Luftkissentisch)<br />

E 1: Zerlegung der Federschwingung<br />

1,2<br />

x/y-t-Diagramm der Federschwingung<br />

OrtsKoordinaten [m]<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

x-Koordinate<br />

y-Koordinate<br />

Zeit t [s]<br />

Die Sinusschwingungen der x- bzw. y-Koordinate sind <strong>im</strong> Diagramm ebenso gut zu erkennen<br />

wie die unterschiedlichen Größen der Amplituden. Da keine Hauptachsentransformation der<br />

Messwerte durchgeführt wurde (vgl. Kapitel 5.3.9), sind die Koordinaten nicht genau um 90°<br />

phasenverschoben.<br />

E 2: Berechnung der Dreiecksflächen (2. Keplergesetz)<br />

In Kapitel 5.3.9 sind die einzelnen Schritte zur Überprüfung des 2. Keplergesetzes beschrieben.<br />

Offen ist noch die Frage, auf welche Art und Weise die Fläche der Dreiecke zwischen<br />

zwei Messpunkten und dem Zentrum berechnet werden kann. Statt elementargeometrischen<br />

Methoden (Winkelberechnung und Sinussatz) soll eine Eigenschaft des Vektorprodukts der<br />

analytischen Geometrie benutzt werden.<br />

Die Abbildung in Anhang E 3 zeigt einen Ausschnitt der Ellipsenbewegung. Die Dreiecke<br />

zwischen den einzelnen Messpunkten und dem Zentrum sind farbig markiert. Die Koordinaten<br />

der Messpunkte P i (x i /y i ) sowie des Zentrums O (x 0 /y 0 ) liegen vor, sodass die Verbindungsvektoren<br />

wie z.B. a und b berechnet werden können.<br />

Aus der analytischen Geometrie folgt, dass das der Betrag des Vektorprodukts (a? b) den<br />

Flächeninhalt des von a und b aufgespannten Parallelogramms (O, P 2 ,O´,P 3 ) angibt. Für die<br />

Fläche des Dreiecks ?(OP 3 P 2 ) gilt dann:<br />

118


1 1 ? x2<br />

? xO<br />

x3<br />

? xO<br />

?<br />

A<br />

3<br />

? a?<br />

b ? det<br />

?<br />

O<br />

O<br />

O<br />

?<br />

y yO<br />

y y<br />

2<br />

3<br />

2<br />

3<br />

2 2 ? 2<br />

?<br />

3<br />

?<br />

O?<br />

? x ? x ??? y ? y ??? y ? y ??? x x ?<br />

Analog lassen sich die Flächen A i der anderen Dreiecke berechnen.<br />

E 3: Diagramm zur Dreiecksflächenberechnung (2. Keplergesetz)<br />

O<br />

119


F: Diagramme zum 3 ½-fachen Salto (Wasserspringen)<br />

F 1: Die Bewegung des Kopfes und der Füße <strong>im</strong> x-t-Diagramm<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0 0,5 1 1,5<br />

Zeit t [s]<br />

Bewegung des Kopfes<br />

Bewegung der Füße<br />

Im Diagramm ist die x-Koordinate der Kopf- und Fußbewegung gegen die Zeit aufgetragen.<br />

Man erkennt, dass sich beide Körperteile um die gleichförmige Bewegung des KSP in x-<br />

Richtung drehen.<br />

120


F 2: Die Bewegung des Kopfes und der Füße <strong>im</strong> y-t-Diagramm<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2<br />

Zeit t [s]<br />

Bewegung des Kopfes Bewegung der Füße<br />

Im Diagramm erkennt man, dass sich sowohl der Kopf als auch die Füße sinusförmig um die<br />

Bahn des KSP drehen, deren y-Koordinate <strong>im</strong> Zeitverlauf eine gleichförmig beschleunigte<br />

Bewegung beschreibt.<br />

F 3: Die Bewegung des KSP <strong>im</strong> x-t-Diagramm<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

x = -1,35t + 5,45<br />

0 0,5 1 1,5<br />

Zeit t [s]<br />

Im Diagramm ist deutlich zu erkennen, dass der KSP in x-Richtung eine reine Translation in<br />

Form einer physikalisch gleichförmigen Bewegung beschreibt.<br />

121


G: Diagramme zum 2 ½-fachen Salto (Wasserspringen)<br />

G 1: Die Bewegung des Kopfes <strong>im</strong> y-t-Diagramm<br />

4<br />

3,5<br />

3<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

y = -4,86t 2 + 3,52t + 2,52<br />

0<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8<br />

Zeit t [s]<br />

Bewegung des Kopfes Parabelfit<br />

Im Gegensatz zum 3 ½-fachen Salto ist hier zu erkennen, dass der Springer nur zwei Rotationen<br />

um die Bahn des KSP ausführt.<br />

G 2: Bewegung des KSP in Ortskoordinaten<br />

y-Koordinate [m]<br />

3,3<br />

3,1<br />

2,9<br />

2,7<br />

2,5<br />

2,3<br />

2,1<br />

1,9<br />

1,7<br />

1,5<br />

2 2,5 3 3,5 4 4,5<br />

x-Koordinate [m]<br />

In diesem Diagramm wurde wieder die Bahn des KSP vermessen, die diesmal nicht gegen die<br />

Zeit, sondern als Darstellung der Ortskoordinaten in „Meter“ wiedergegeben ist. Da nur ein<br />

Ausschnitt der Bewegung dargestellt ist, können hier auch Fehlerbalken angegeben werden,<br />

die sonst <strong>im</strong>mer kleiner als die Messpunktdarstellungen waren.<br />

122


Danksagung<br />

Wenn ich auf das letzte Jahr zurückblicke, muss ich feststellen, dass das Arbeiten mit dem<br />

Videomesssystem ViMPS abwechslungsreich war und mich mit Interesse erfüllt hat. Obwohl<br />

es während dieser Zeit neben den Höhen auch zahlreiche Tiefen in der Auseinandersetzung<br />

mit Videoaufnahmen, Digitalisierungsprozeduren oder Auswertungen gegeben hat, hält der<br />

Leser nun ein „fertiges“ Endprodukt in Händen, das ohne den Einsatz, die Bereitschaft oder<br />

die Hilfe anderer Personen allerdings nicht die vorliegende Form erhalten hätte.<br />

In diesem Sinne möchte ich mich an dieser Stelle bei all den Menschen bedanken, die zum<br />

Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.<br />

An erster Stelle sind sicherlich Martin Becker als Autor von ViMPS und Günter Quast, der<br />

mich zur Auseinandersetzung mit diesem Thema anregte, zu nennen. Auch den Professoren<br />

Sander und Köpke gilt mein Dank, da sie einerseits als Korrektoren der Arbeit zur Verfügung<br />

standen und mir andererseits die Bearbeitung eines physikdidaktischen Themas nicht verwehrten.<br />

Da für diese Arbeit zahlreiche Videoaufnahmen angefertigt werden mussten, die einem späteren<br />

Anwender <strong>im</strong> Internet zur Verfügung stehen, mussten zahlreiche „Drehtage“ außerhalb<br />

des physikalischen <strong>Institut</strong>s organisiert werden.<br />

Für die Unterstützung bei den Luftkissentischaufnahmen möchte ich mich bei unserem Vorlesungsassistenten<br />

Martin Heinrichs bedanken, der mir „rund um die Uhr“ Zugang zum Luftkissentisch<br />

gewährte und Ideen zur Durchführung der Versuche einbrachte.<br />

Bezüglich des Wasserspringens gebührt mein Dank Christiane Kilb und Gerd Neuburger, die<br />

mir die Nutzung des Universitätsbads für die Filmaufnahmen ermöglichten. Im Besonderen<br />

möchte ich Florian Wenskus erwähnen, der mir als Springer für die Aufnahmen zur Verfügung<br />

stand und durchaus einige Blessuren „für die Wissenschaft“ hinnehmen musste.<br />

Neben zahlreichen (Sport-) Studenten als „Massen“ unterstützte mich Celia Kuch be<strong>im</strong> Trampolinspringen<br />

viele Male tatkräftig, vor allem dort, wo meine eigenen Trampolinkünste versagten.<br />

Professor Denschlag (<strong>Institut</strong> für Kernchemie) inspirierte und unterstützte mich bei den Nebelkammeraufnahmen,<br />

wofür ich mich bei ihm und außerdem be<strong>im</strong> Leiter des Besucherzentrum<br />

des Kernkraftwerks Mühlhe<strong>im</strong>-Kärlich bedanken möchte.<br />

Weitere Personen traten durch Hilfsbereitschaft, Rat oder Tat hervor. Hier möchte ich meine<br />

„Praktikantin“ Annika Kohlhaas, meine Mitbewohnerin Dana Goldbach, Claudia Inden, Lars<br />

Wittig und meine Eltern Marita und Kurt-Walter May erwähnen.<br />

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Zwei Personen gilt abschließend mein ganz besonderer Dank:<br />

Einmal Friedrich Kayser, meinem „physikalischen“ Betreuer, Berater und Diskussionspartner,<br />

mit dem ich fast alle Höhen und Tiefen der Forschungsarbeit geteilt habe und zum anderen<br />

Stefanie Schulte, die während des letzten Jahres <strong>im</strong>mer ein offenes Ohr für mich hatte und<br />

wundervolle Ratgeberin, Krisen-Managerin und Trost-Spenderin war.<br />

Abbildung 38: Helfer bei den Standbild-Aufnahmen zum Trampolinspringen<br />

Eigene Erklärung<br />

Hiermit versichere ich, dass ich diese Staatsexamensarbeit selbstständig verfasst habe und außer<br />

wertvollen Gesprächen mit meinen Betreuern keine anderen Hilfsmittel als die <strong>im</strong> Literaturverzeichnis<br />

angegebenen Quellen benutzt habe.<br />

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