Analyse realer Bewegungsvorgänge im Physikunterricht - Institut für ...
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Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />
<strong>Institut</strong> für Physik<br />
_______________________________________________________<br />
<strong>Analyse</strong> <strong>realer</strong> Bewegungsvorgänge <strong>im</strong><br />
<strong>Physikunterricht</strong>:<br />
Zum Einsatz eines Videomess- und -präsentationssystems<br />
mit Anwendungsbeispielen aus Physik und Sport<br />
Wissenschaftliche Prüfungsarbeit zum<br />
Ersten Staatsexamen<br />
für das Lehramt an Gymnasien<br />
<strong>im</strong> Fach Physik<br />
vorgelegt von:<br />
Lars-Patrick May<br />
Mainz, 08.02.2001<br />
1
Abbildung 0: Rotationsbewegung eines Gleitpucks am Luftkissentisch. Im Bild<br />
erfolgt gerade die Durchtrennung des Fadens per „Explosion“ eines Silvesterkrachers.<br />
Anschriften bzw. Kontaktadressen des Autors:<br />
Semesteranschrift:<br />
He<strong>im</strong>atanschrift:<br />
Berliner Straße 29 Auf der Hardt 15<br />
55131 Mainz 56130 Bad Ems<br />
Tel.: 06131/ 833398 Tel.: 02603/ 3172<br />
Email: mayl000@mail.uni-mainz.de<br />
2
Vorwort<br />
Der Titel dieser Staatsexamensarbeit lautet: „<strong>Analyse</strong> <strong>realer</strong> Bewegungsvorgänge <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong>:<br />
Zum Einsatz eines Videomess- und -präsentationssystems mit Anwendungsbeispielen<br />
aus Physik und Sport“.<br />
Allein die Überschrift wirft eine Reihe von Fragen auf, die <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit beantwortet<br />
werden sollen: Was ist der „Wert“ von „Realbewegungen“? Was ist ein Videomessoder<br />
-präsentationssystem? Wo und wie kann es eingesetzt werden? Ergänzt es den herkömmlichen<br />
<strong>Physikunterricht</strong> oder werden fachdidaktische Probleme nur verlagert? Welche<br />
Beispiele aus dem Sport können sinnvoll und mit wertvollen Lerneffekt <strong>im</strong> Schulphysikunterricht<br />
eingesetzt werden?<br />
Bei der Beantwortung dieser und vieler anderer Fragen steht diese Arbeit <strong>im</strong> Spannungsfeld<br />
aus wissenschaftlichem Anspruch und möglichst großer Einfachheit für den Anwender.<br />
Einerseits soll gezeigt werden, dass der Student das wissenschaftliche Arbeiten <strong>im</strong> von ihm<br />
gewählten Fach beherrscht und <strong>im</strong> Rahmen seiner Arbeit die Methoden des Fachs anwendet<br />
und am Ende zu relevanten Ergebnissen kommt.<br />
Andererseits soll diese Arbeit bei allem wissenschaftlichen Inhalt möglichst nicht „<strong>im</strong> Regal<br />
verstauben“, sondern Referendaren oder unterrichtenden Lehrern das Arbeiten mit dem Videomess-<br />
und -präsentationssystem ViMPS ermöglichen und die nötigen Schritte vom analogen<br />
Videofilm zur fertigen Auswertung erklären.<br />
Insofern ähneln einige Kapitel der folgenden Arbeit eher einer Bedienungsanleitung zur Lösung<br />
eines speziellen Problems, wohingegen sich andere Abschnitte mit Problemen oder Anwendungen<br />
der Hochschulphysik oder -mathematik beschäftigen, die weit über das mögliche<br />
Schulniveau hinaus gehen. Mit diesem Vorwissen sollte es aber den Lesern der Arbeit möglich<br />
sein, sich speziell den Passagen zuzuwenden, die für sie persönlich von Interesse sind.<br />
Zur Orientierung steht es dem Leser frei, neben der Benutzung des folgenden Inhaltsverzeichnisses<br />
zunächst die Kapitel am Ende einer jeden Themeneinheit zu lesen, in denen die wichtigsten<br />
Ergebnisse und Aussagen zusammengefasst werden.<br />
Schließlich soll noch angemerkt werden, dass die Arbeit in neuer Rechtschreibung verfasst ist<br />
und die Nennungen von Personen wie Lehrer, Schüler oder Anwender aus sprachökonomischen<br />
Gründen nur in der männlichen Form erfolgt, was ausdrücklich nicht als diskr<strong>im</strong>inierend<br />
zu verstehen ist.<br />
Mainz, <strong>im</strong> Frühjahr 2001<br />
Lars-Patrick May<br />
3
Inhaltsverzeichnis<br />
VORWORT............................................................................................................................................................3<br />
INHALTSVERZEICHNIS ...................................................................................................................................4<br />
1 EINLEITUNG ..............................................................................................................................................7<br />
2 DAS VIDEOMESS- UND -PRÄSENTATIONSSYSTEM VIMPS..........................................................9<br />
2.1 VORSTELLUNG DES SYSTEMS.....................................................................................................................9<br />
2.1.1 Didaktischer Hintergrund................................................................................................................9<br />
2.1.2 Eigenschaften und Funktionsweise................................................................................................10<br />
2.2 ÜBERBLICK ÜBER ANDERE VIDEOMESSSYSTEME ....................................................................................12<br />
3 DER PROZESS DER VIDEODIGITALISIERUNG..............................................................................13<br />
3.1 VERSCHIEDENE MÖGLICHKEITEN DER VIDEODIGITALISIERUNG ..............................................................13<br />
3.1.1 Problembeschreibung....................................................................................................................13<br />
3.1.2 Das bisher verwendete System BUZ von Iomega...........................................................................13<br />
3.1.3 Digitalisierungskarten ...................................................................................................................14<br />
3.1.4 Grafikkarten...................................................................................................................................14<br />
3.1.5 Fernsehkarten................................................................................................................................15<br />
3.2 DIE VIDEODIGITALISIERUNGSKARTE OSPREY 100 ...................................................................................15<br />
3.2.1 Anschluss und Vorbereitungen ......................................................................................................15<br />
3.2.2 Digitalisierung...............................................................................................................................16<br />
3.3 DIE FERNSEHKARTE WINTV GO ..............................................................................................................17<br />
3.3.1 Installation.....................................................................................................................................17<br />
3.3.2 Digitalisierung...............................................................................................................................17<br />
3.4 DER DIREKTE VERGLEICH BEIDER KARTEN..............................................................................................18<br />
3.4.1 Testergebnisse................................................................................................................................18<br />
3.4.2 Empfehlung....................................................................................................................................19<br />
4 DIE VIDEOBEARBEITUNG ...................................................................................................................21<br />
4.1 NOTWENDIGKEIT DER VIDEOBEARBEITUNG.............................................................................................21<br />
4.2 AVIEDIT 2.5.............................................................................................................................................21<br />
4.3 VIDEOKOMPRIMIERUNGSCODECS.............................................................................................................22<br />
5 ERSTE THEMENEINHEIT: DER LUFTKISSENTISCH....................................................................25<br />
5.1 IDEE UND FRAGESTELLUNGEN .................................................................................................................25<br />
5.1.1 Motivation......................................................................................................................................25<br />
5.1.2 Themen und Versuchsideen ...........................................................................................................26<br />
5.2 VORGEHEN/ PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG .............................................................................................27<br />
5.2.1 Versuchsaufbau .............................................................................................................................27<br />
4
5.2.2 Durchführung der verschiedenen Versuche...................................................................................28<br />
5.3 AUSWERTUNG DER VERSCHIEDENEN FILMAUFNAHMEN...........................................................................33<br />
5.3.1 Allgemeine Durchführung der Messungen in ViMPS ....................................................................33<br />
5.3.2 Vorstellung des Auswertungsschemas in EXCEL ..........................................................................34<br />
5.3.3 Die Impulserhaltung - Untersuchung an einfachen Stößen ...........................................................36<br />
5.3.4 Die Schwerpunktbewegung zweier gekoppelter Gleitpucks...........................................................37<br />
5.3.5 Der Unelastische Stoß in Verbindung mit der Schwerpunktbewegung..........................................39<br />
5.3.6 Der Elastische Stoß - Energieerhaltung ........................................................................................39<br />
5.3.7 Einführung der Rotationsbewegung (mögliche Unterrichtsreihe).................................................41<br />
5.3.8 Rotation und Translation...............................................................................................................47<br />
5.3.9 Ein neues Kraftgesetz: Die elliptische Federschwingung..............................................................48<br />
5.3.10 Versuche zur Gaskinetik ................................................................................................................50<br />
5.4 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE....................................................................................................53<br />
6 ZWEITE THEMENEINHEIT: DAS WASSERSPRINGEN .................................................................54<br />
6.1 IDEE UND FRAGESTELLUNG .....................................................................................................................54<br />
6.1.1 Gründe für die Auswahl des Wasserspringens ..............................................................................54<br />
6.1.2 Konkrete Fragestellungen..............................................................................................................55<br />
6.2 VORGEHEN/ PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG .............................................................................................55<br />
6.2.1 Versuchsaufbau .............................................................................................................................55<br />
6.2.2 Versuchsdurchführung...................................................................................................................56<br />
6.3 AUSWERTUNG DER VERSCHIEDENEN SPRÜNGE........................................................................................57<br />
6.3.1 Die 3 ½-fachen Saltosprünge vom 3 m-Brett.................................................................................57<br />
6.3.2 Die 2 ½-fachen Saltosprünge vom 1 m-Brett.................................................................................63<br />
6.3.3 Der Kopfsprung vom 1 m-Brett .....................................................................................................64<br />
6.3.4 Der „Spezialsprung“ vom 1 m-Brett .............................................................................................64<br />
6.4 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE....................................................................................................68<br />
7 DRITTE THEMENEINHEIT: DAS TRAMPOLINSPRINGEN ..........................................................69<br />
7.1 IDEE UND FRAGESTELLUNGEN .................................................................................................................69<br />
7.1.1 Ausgangsidee.................................................................................................................................69<br />
7.1.2 Die Problematik.............................................................................................................................70<br />
7.1.3 Versuchsideen................................................................................................................................71<br />
7.2 PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG.................................................................................................................71<br />
7.2.1 Versuchsaufbau .............................................................................................................................71<br />
7.2.2 Versuchsdurchführung...................................................................................................................72<br />
7.3 AUSWERTUNG DER VERSCHIEDENEN SPRUNGVERSUCHE .........................................................................75<br />
7.3.1 Die Wahl des „richtigen“ Koordinatensystems.............................................................................75<br />
7.3.2 Erkenntnisse aus dem Dotzen ........................................................................................................77<br />
7.3.3 Höhenkorrektur bei allgemeinen Sprüngen ...................................................................................80<br />
7.3.4 Auswirkung des Beinöffnungswinkels auf die Eintauchtiefe..........................................................81<br />
7.3.5 Dynamik des Trampolinspringens .................................................................................................82<br />
5
7.4 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE....................................................................................................89<br />
8 VIERTE THEMENEINHEIT: DIE NEBELKAMMER........................................................................91<br />
8.1 IDEE UND FRAGESTELLUNG .....................................................................................................................91<br />
8.2 PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG.................................................................................................................91<br />
8.2.1 Die Nebelkammer <strong>im</strong> AKW Mülhe<strong>im</strong>-Kärlich ...............................................................................92<br />
8.2.2 Die Nebelkammer am <strong>Institut</strong> für Kernchemie (Mainz).................................................................93<br />
8.3 AUSWERTUNG DER NEBELKAMMERAUFNAHMEN.....................................................................................94<br />
8.3.1 Verschiedene Arten radioaktiver Strahlung...................................................................................94<br />
8.3.2 Best<strong>im</strong>mung der Reichweite von ?-Teilchen in Luft ......................................................................94<br />
8.4 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE....................................................................................................97<br />
9 DER EINSATZ VON VIMPS AUS (FACH-) DIDAKTISCHER SICHT ............................................98<br />
9.1 ZUM EINSATZ VON VIDEOMESSSYSTEMEN IM PHYSIKUNTERRICHT .........................................................98<br />
9.1.1 Allgemeine Eigenschaften von Videomesssystemen.......................................................................98<br />
9.1.2 ViMPS <strong>im</strong> Unterschied zu anderen Videomesssystemen (Verfügbarkeit) ......................................99<br />
9.2 DIE BEDEUTUNG VON REALEXPERIMENTEN ..........................................................................................100<br />
9.3 EINBEZIEHUNG DER SCHÜLER IN DEN UNTERRICHT...............................................................................101<br />
9.3.1 Schülerversuche mit ViMPS.........................................................................................................101<br />
9.3.2 Unabhängigkeit vom ViMPS-Einsatz und der gewählten Sozialform..........................................102<br />
9.4 PHYSIK UND SPORT – EIN THEMENFELD ................................................................................................103<br />
9.4.1 Interdependenz zwischen Physik und Sport .................................................................................103<br />
9.4.2 Sport und Physik in der Literatur ................................................................................................103<br />
10 SCHLUSS .................................................................................................................................................105<br />
10.1 ZUSAMMENFASSUNG.........................................................................................................................105<br />
10.2 AUSBLICK .........................................................................................................................................107<br />
TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS .....................................................................................108<br />
LITERATURVERZEICHNIS..........................................................................................................................110<br />
ANHANG ...........................................................................................................................................................114<br />
A: VERÄNDERUNGEN VON VIMPS GEGENÜBER DER VORGÄNGERVERSION....................................................114<br />
B: KURZE BEDIENUNGSANLEITUNG DES PROGRAMMS AVIEDIT .....................................................................114<br />
C: HERLEITUNG DES ENERGIEERHALTUNGSSATZES (LUFTKISSENTISCH) ........................................................116<br />
D: DIAGRAMME ZUR SCHWERPUNKTBEWEGUNG (LUFTKISSENTISCH) ............................................................117<br />
E: DIE ELLIPTISCHE FEDERSCHWINGUNG (LUFTKISSENTISCH) ........................................................................118<br />
F: DIAGRAMME ZUM 3 ½-FACHEN SALTO (WASSERSPRINGEN).......................................................................120<br />
G: DIAGRAMME ZUM 2 ½-FACHEN SALTO (WASSERSPRINGEN) ......................................................................122<br />
DANKSAGUNG ................................................................................................................................................123<br />
EIGENE ERKLÄRUNG...................................................................................................................................124<br />
6
1 Einleitung<br />
Beinahe täglich finden sich in deutschen Haushalten Werbeprospekte oder Beilagen in Zeitungen<br />
von führenden Unternehmen der Elektro- und Unterhaltungsindustrie, in denen die<br />
neusten Errungenschaften des High-Tech-Zeitalters angepriesen werden. Es ist geradezu erstaunlich,<br />
in welchem Tempo Verbesserungen, Neuerungen und Weiterentwicklungen vor allem<br />
auf dem Computermarkt in Form von Mult<strong>im</strong>edia-PCs auf den Markt gebracht werden.<br />
Nach dem Erwerb eines solchen Computers stellt sich bei der Lektüre der mitgelieferten (Installations-)<br />
Anleitung schnell heraus, dass der Computer mit Grafikkarte, Modem-anschluss,<br />
CD-Brenner, Soundkarte und anderen „Features“ längst mehr geworden ist als eine herkömmliche<br />
Schreibmaschine. Mit dem Computer steht <strong>im</strong> beginnenden 21. Jahrhundert ein<br />
elektronisches Gerät zur Verfügung, mit dem die jüngere Generation aufgewachsen ist und<br />
welches auch mehr und mehr <strong>im</strong> Alltag seine Verwendung findet; selbst in Schulen gehört ein<br />
Computerraum und Internetanschluss inzwischen zum Standard.<br />
Zahlreiche pädagogische Beiträge beschäftigen sich mit dem Einsatz von Computern <strong>im</strong> allgemeinen<br />
Schulunterricht; speziell für den <strong>Physikunterricht</strong> erscheinen in Fachzeitschriften<br />
beinahe monatlich neue Anwendungen, Ideen oder Unterrichtskonzepte, die vom Physiklehrer<br />
in die Tat umgesetzt werden könn(t)en, da die meisten Programme auf inzwischen schulüblichen<br />
Rechnern durchführbar sind.<br />
Neben dem Computer ist die Videokamera ein Standardgerät in Schulen und eröffnet breite<br />
Anwendungsmöglichkeiten. Filme, die informativen oder unterhaltenden Wert haben, können<br />
mitunter von Schülern ebenso selbst gedreht werden wie Bewegungsaufnahmen, die für den<br />
<strong>Physikunterricht</strong> gefilmt werden und später mit dem Computer auswertbar sind. Hierzu muss<br />
allerdings ein System zur Verfügung stehen, welches einerseits ermöglicht, die Videoaufnahmen<br />
in ein digitales Format umzuwandeln und andererseits eine Messung der gefilmten Bewegung<br />
erlaubt. Der schnell einzusehende Vorteil hiervon wäre, dass Schüler über das Filmen<br />
von realen Bewegungen aus ihrem Alltag, deren Digitalisierung, Messung und Auswertung<br />
einen stärkeren Affekt bezüglich physikalischer Gesetze oder der physikalischen Beschreibung<br />
der Natur verspüren würden.<br />
Diese Thematik soll <strong>im</strong> Hauptteil der Arbeit beschrieben werden. Mit dem Computerprogramm<br />
ViMPS (= VideoMess- und -PräsentationsSystem) wird eine Software vorgestellt, die<br />
an der Universität Mainz entwickelt wurde, frei erhältlich ist, auf Windows basiert und Koordinatenmessungen<br />
in einem Videofenster ermöglicht, über die Geschwindigkeiten, Beschleu-<br />
7
nigungen oder andere physikalische Größen best<strong>im</strong>mt werden können. Die Symbiose aus Video-<br />
und Computersystem steht somit als videografisches Messwerkzeug zur Verfügung.<br />
Außerdem wird der Prozess beschrieben, der aus einfachen Filmaufnahmen für den Computer<br />
lesbare, d.h. digitale Videosequenzen macht. Dies ist wichtig, da in den Schulen zwar analoge<br />
Kameras zur Verfügung stehen, digitale Camcorder aber in der Regel nicht vorhanden sind.<br />
Hierbei sind die entsprechenden Kapitel so geschrieben, dass die Informationen für Benutzer,<br />
seien es Lehrer, Schüler oder andere Personen, möglichst verständlich, nachvollziehbar und<br />
direkt anwendbar sind.<br />
Einen großen Raum n<strong>im</strong>mt die Präsentation von Beispielen des vielschichtigen Arbeitens mit<br />
ViMPS ein. Hierbei werden sowohl zahlreiche produzierte Videosequenzen vorgestellt als<br />
auch die entsprechenden Messmethoden diskutiert und unterschiedliche Formen der Auswertung<br />
solcher Filmaufnahmen <strong>im</strong> Rahmen der Methodenvielfalt vorgeführt. Durch die Beispiele<br />
zum Wasserspringen und Trampolinspringen wird außerdem eine neue Thematik angesprochen,<br />
nämlich das Thema „Physik und Sport“, welches in der Oberstufe als Wahlbaustein<br />
behandelt werden kann. Die <strong>im</strong> Vorfeld geleistete Recherche ermöglicht den Verweis auf<br />
zahlreiche Literaturstellen, die „Physik und Sport“ als Thema haben; dort werden viele Bewegungen<br />
des Sports untersucht oder Unterrichtsbeispiele gegeben. Die zusammenfassende<br />
Darstellung hierzu kann Lehrern als Anregung oder Materialsammlung dienen. An dieser<br />
Stelle wird auch der didaktisch sinnvolle Einsatz von Videomesssystemen <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong><br />
besprochen.<br />
8
2 Das Videomess- und -präsentationssystem ViMPS<br />
2.1 Vorstellung des Systems<br />
In seiner wissenschaftlichen Prüfungsarbeit für das Erste Staatsexamen an der Universität<br />
Mainz beschreibt BECKER 1 die Konzeption und Erstellung eines Computerprogramms, mit<br />
dem Videosequenzen vorgestellt und (schrittweise) abgespielt werden können (Präsentation);<br />
außerdem ermöglicht das Programm <strong>im</strong> Videofenster die Koordinaten einzelner Bildpunkte<br />
zu vermessen. Zusammen mit der über die jeweiligen Bildnummern gegebenen Zeitinformation<br />
sind damit die kinematischen Variablen des jeweiligen Bewegungsablaufes best<strong>im</strong>mbar.<br />
2.1.1 Didaktischer Hintergrund<br />
Im Zentrum der physikalischen Lehre oder des <strong>Physikunterricht</strong>s in der Schule steht das Exper<strong>im</strong>ent.<br />
Es ist originärer Bestandteil des naturwissenschaftlichen Ansatzes zur Beobachtung<br />
und Beschreibung der Natur und deren Gesetze. Um Schülern einen neuen Zugang zu physikalischen<br />
Versuchen zu geben, sie aber gleichzeitig mit der physikalischen Fragestellung vertraut<br />
zu machen, wurde ViMPS entwickelt. Durch Videoaufnahmen, die vom Lehrer geeignet<br />
zu den Themen seines Unterrichts ausgesucht werden, können Exper<strong>im</strong>ente, die Schülern<br />
vorher unzugänglich waren, von ihnen „durchgeführt“ werden 2 . Hierbei betont BECKER, dass<br />
es sich dabei nicht um „S<strong>im</strong>ulationen“ von physikalischen Versuchen handelt:<br />
„Deren Einsatz ist [..] didaktisch bedenklich, da sie <strong>im</strong> Prinzip „alles“ zeigen können.<br />
Sinnvoll werden S<strong>im</strong>ulationen nur dann, wenn es um die Veranschaulichung von physikalischen<br />
Problemen geht, die kein Realexper<strong>im</strong>ent leisten kann, wie zum Beispiel<br />
die Darstellung von Quantenphänomenen [..]. Ansonsten ist jedoch jeder S<strong>im</strong>ulation<br />
das Realexper<strong>im</strong>ent vorzuziehen.“ (Vgl. BECKER [3], S. 4).<br />
Auch der Unterschied zu reinen Physiklehrfilmen muss unterstrichen werden. BECKER<br />
schreibt dazu ([3], S. 4):<br />
„Eine häufig angewandte und bewährte Methode ist die Präsentation von Versuchen<br />
<strong>im</strong> Film, bei der das Exper<strong>im</strong>ent sowohl phänomenologisch als auch quantitativ behandelt<br />
werden kann [..]. Der große Nachteil hierbei ist, daß nicht nur das Exper<strong>im</strong>ent<br />
1 Vgl. [3].<br />
2 BECKER stellt in seiner Arbeit die <strong>Analyse</strong> der Wurfparabel eines Kugelstoßers bzw. den Milikan-Versuch zur<br />
Verfügung. Im Rahmen dieser Arbeit werden zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt und das Anwendungsfeld<br />
von ViMPS durch Videosequenzen aus Physik und Sport erweitert (vgl. hierzu Kapitel 5 bis 8 und<br />
9.4).<br />
9
als solches präsentiert wird, sondern auch noch sämtliche Erklärungen und Kommentare,<br />
so daß beispielsweise ein Lehrer die Kontrolle über seinen Unterricht komplett<br />
aus der Hand gibt. Noch schwerwiegender ist es, daß der Schüler nur passiver<br />
Zuschauer ist, da er in keiner Weise am Exper<strong>im</strong>ent mitwirken kann, worunter meist<br />
auch der Lernerfolg leidet.“<br />
Ein Ziel von ViMPS ist also, die Schüler direkt am Exper<strong>im</strong>ent und damit an der Erkenntnisgewinnung<br />
zu beteiligen. Hierzu muss unterstrichen werden, dass die Benutzung von ViMPS<br />
nicht die bisher möglichen Schülerversuche <strong>im</strong> Unterricht ersetzen kann und soll. ViMPS<br />
kann aber sonst nicht durchführbare Versuche als Schülerversuch zur Verfügung stellen, sei<br />
es einerseits aufgrund der Videomesstechnik, die z.B. die <strong>Analyse</strong> der Flugphase eines Wasserspringers<br />
ermöglicht oder andererseits beispielsweise durch den nun allen Schülern möglichen<br />
Blick durch das Mikroskop be<strong>im</strong> Milikan-Versuch.<br />
Hieraus können sich neue Impulse für den <strong>Physikunterricht</strong>, die Projektwoche oder die private<br />
Verwendung ergeben. Eine weitere Diskussion didaktischer Fragestellungen findet sich in<br />
Kapitel 9; methodische Fragen werden zum Teil in den Themenkapiteln 5 bis 8 angesprochen.<br />
2.1.2 Eigenschaften und Funktionsweise<br />
BECKER erklärt in seiner Arbeit 3 ausführlich den Umgang mit ViMPS. Auch die einzelnen<br />
Bedienfenster werden vorgestellt und erklärt. Dies soll hier nicht in aller Ausführlichkeit wiederholt<br />
werden. Allerdings sollen zur besseren Übersicht und zum Verständnis dieser Arbeit<br />
die wichtigsten Fakten zusammenfassend genannt werden. In Klammern werden die entsprechenden<br />
Seitenzahlen aus der Arbeit von BECKER genannt.<br />
? Videosequenzen, die präsentiert oder analysiert werden sollen, müssen <strong>im</strong> AVI- oder<br />
MPEG-Format vorliegen 4 . Dann können sie <strong>im</strong> Videofenster von ViMPS angezeigt werden<br />
(S. 16, 26 ff.).<br />
3 Vgl. [3], S. 15 – 31.<br />
4 Vgl. hierzu Kapitel 3 über die Videodigitalisierung.<br />
10
Abbildung 1: Das „Video abspielen“-Fenster von ViMPS<br />
? Im Fenster „Präsentation erstellen“ können Videosequenzen mit Texten oder Arbeitsaufgaben<br />
unterlegt werden. Fertige Präsentationen können <strong>im</strong> „Video abspielen“ Fenster angezeigt<br />
werden (S. 16, 19-26).<br />
? Das Programm ViMPS ist in „Borland Delphi 3“ geschrieben und verwendet die bekannte<br />
Windowsbenutzeroberfläche (S. 17, 45).<br />
? Die Anzahl der Bedienelemente in ViMPS wurde auf ein Min<strong>im</strong>um reduziert. Dies ermöglicht<br />
dem Schüler (und Lehrer) eine Konzentration auf die wesentlichen Funktionen;<br />
eine Ablenkung oder Verwirrung durch andere „Buttons“ entfällt (S. 17, 19 f.).<br />
? Messwerte können als Zahlenwerte gespeichert und dann extern analysiert werden (S. 27).<br />
Weitere Eigenschaften und vor allem die Einsatzmöglichkeiten (S. 29 ff.) von ViMPS werden<br />
an anderer Stelle 5 diskutiert.<br />
5 Vgl. Kapitel 9.<br />
11
2.2 Überblick über andere Videomesssysteme<br />
Neben dem Videosystem ViMPS, das 1999 an der Universität in Mainz entwickelt wurde,<br />
existieren (teilweise auch <strong>im</strong> Internet) noch weitere Videoanalysesysteme. HILSCHER ([14],<br />
S.198) nennt die deutschsprachigen Programme GALILEO, DAVID und DIVA.<br />
GALILEO 6 wurde von P. KRAHMER, Gymnasiallehrer aus Würzburg und R. WINTER, Mitarbeiter<br />
am <strong>Institut</strong> für Didaktik der Physik in Potsdam, erstellt. DIVA 7 wurde von C. DZI-<br />
ARSTEK an der Universität Augsburg und DAVID 8 an der LMU München in Anlehnung an<br />
das Programm DIVA entwickelt. In englischer Sprache liegen die Videosysteme CUPLE 9 und<br />
Videopoint 10 vor (vgl. hierzu die Themenhefte der Zeitschrift Physik in der Schule: [18], [30],<br />
[31], und [47]).<br />
BECKER ([3], S. 12) schreibt, dass sich die genannten Programme bezüglich ihrer Kernidee<br />
kaum unterscheiden. Die größte Gemeinsamkeit besteht darin, dass sämtliche Programme<br />
darauf ausgerichtet sind, eine <strong>Analyse</strong> von Bewegungsvorgängen zu ermöglichen. Immer<br />
werden nach einer erfolgten Kalibration Ortskoordinaten (und die Zeit) aus dem Videobild<br />
ausgelesen, die danach in Diagrammen aufgetragen werden können. Des weiteren stehen neben<br />
den reinen Programmen oft vorgefertigte Videosequenzen zur Verfügung, die analysiert<br />
werden können.<br />
In der Literatur werden Erfahrungsberichte vorgestellt und die einzelnen Systeme miteinander<br />
verglichen 11 . Die Erstellung von ViMPS als Videomess- und -präsentationssystem neben den<br />
schon vorhandenen Systemen begründet BECKER ([3], S. 13 f.), wie folgt:<br />
„Der Einsatz der digitalen Videos beschränkt sich bei den angesprochenen Systemen<br />
jedoch nur auf den Aspekt der Bewegungsanalyse. Die Idee bei der Entwicklung der<br />
Software ViMPS war es deshalb, neben einer Option zum Messen, das Potential von<br />
digitalen Videos weiter auszuschöpfen und auch den Gesichtspunkt der Dokumentation<br />
und Präsentation einzubinden.<br />
Störend wirkt bei den vorliegenden Programmen zudem die teilweise unübersichtliche<br />
Oberflächengestaltung. Viele Einstellungsmöglichkeiten, Diagramme und bunte Buttons<br />
wirken hier eher verwirrend. Für den Laien erfordert es daher einige Zeit, um das<br />
Programm richtig bedienen zu können. Eine weitere Forderung an ViMPS war es<br />
deshalb, eine Arbeitsumgebung anzubieten, die sehr schnell und intuitiv bedient werden<br />
kann und dennoch ein breites Feld an Anwendungsmöglichkeiten bietet.“<br />
6 Hyperlink: http://didaktik.physik.uni-wuerzburg.de/pkrahmer/home/galileo.html .<br />
7 Hyperlink: http://www.mult<strong>im</strong>edia-physik.com .<br />
8 Hyperlink: http://www.physik.uni-muenchen.de/sektion/didaktik/Computer/DAVID/david/htm .<br />
9 Vgl. WILSON/REDISH [57], Hyperlink: http://www.aip.org/pas/cuple.html .<br />
10 Vgl. LUETZELSCHWAB/LAWS/GILE [25], Hyperlink: http://www.lsw.com/videopoint .<br />
11 Vgl. z.B. [3], S. 13, [18], [31] und [47]. Eine weiterführende didaktische Abgrenzung von ViMPS zu den anderen<br />
Videomesssystemen wird in Kapitel 9.1 vorgenommen.<br />
12
3 Der Prozess der Videodigitalisierung<br />
3.1 Verschiedene Möglichkeiten der Videodigitalisierung<br />
3.1.1 Problembeschreibung<br />
Um Videosequenzen mit dem Programm ViMPS abspielen bzw. analysieren zu können, müssen<br />
diese in digitaler Form vorliegen. Falls der Anwender eine digitale Kamera zur Aufzeichnung<br />
von Videosequenzen verwendet, entfällt der Prozess der Digitalisierung. Die Videos, die<br />
in der Regel <strong>im</strong> MPEG- (Motion Picture Exchange Group), MJPEG- (Motion Joint Photographic<br />
Experts Group) oder AVI-Format (Audio-Video-Interleave) vorliegen, können dann<br />
direkt mit ViMPS bearbeitet werden 12 .<br />
Da ViMPS vor allem für den Gebrauch in der Schule vorgesehen ist und zur Zeit 13 nicht davon<br />
ausgegangen werden kann, dass die Schulen über digitale Kameras verfügen, soll die<br />
Umwandlung von analogen Filmbildern in digitale Formate näher beschrieben werden.<br />
Voraussetzung für diesen Umwandlungsprozess ist nur, dass die Aufnahmen mit einer analogen<br />
Kamera erstellt wurden und die Kamera über einen Videoausgang verfügt, über den man<br />
die Filme an den Computer übertragen kann.<br />
Die folgenden Unterkapitel ähneln häufig einer Gebrauchsanweisung zur Videodigitalisierung.<br />
Dies soll den Anwendern (z.B. Lehrern) eine Handreichung sein, um be<strong>im</strong> Einsatz von<br />
ViMPS <strong>im</strong> Unterricht nicht am Problem der Videodigitalisierung zu scheitern.<br />
3.1.2 Das bisher verwendete System BUZ von Iomega<br />
BECKER beschreibt ([3], S. 10 f.) die Umwandlung analoger Signale in das (digitale) Format<br />
AVI, wozu er während seiner Arbeit das System BUZ von Iomega verwendet hat. Dies ist ein<br />
computerexternes System, welches analoge Signale einliest und sie als digitale Information<br />
ausgibt. Hierbei liegen alle Videosequenzen anschließend <strong>im</strong> AVI-Format vor. Da BUZ bei<br />
Tests <strong>im</strong> Frühjahr 2000 nur noch instabil lief und auch die Rate der bearbeitbaren Daten sehr<br />
niedrig <strong>im</strong> Vergleich zu neuerer Hard- und Software war, sollte dieses System durch ein neueres<br />
Videodigitalisierungssystem ersetzt werden. Hierzu wurde zunächst Marktforschung betrieben,<br />
deren Ergebnisse <strong>im</strong> Folgenden vorgestellt werden.<br />
12 Zu den verschiedenen Videoformaten vgl. z.B.: [50], S. 124 f.<br />
13 Stand: Herbst 2000.<br />
13
3.1.3 Digitalisierungskarten<br />
Der Markt bietet zur Zeit drei Möglichkeiten, um analoge Videos zu digitalisieren 14 . Die qualitativ<br />
hochwertigsten PCI-Karten, die dies vermögen, sind die sogenannten Digitalisierungskarten.<br />
Hier sind vor allem die Anbieter Pinnacle (Studio DC10), Osprey (Osprey 100), oder<br />
Fast (AV Master) zu nennen. Die Digitalisierungskarten sind eigens dafür konstruiert, analoge<br />
Signale in digitale Formate zu verwandeln. Dies ist in der Regel in vielfältiger Form möglich.<br />
Einerseits können Bilder, die <strong>im</strong> Computer vorliegen (z.B. aus Internetseiten), <strong>im</strong> passenden<br />
Format zur Weiterverarbeitung gespeichert werden. Andererseits können externe Signale an<br />
die Karte übertragen und digitalisiert werden, z.B. Tonaufnahmen (Musik), Standbilder oder<br />
Videosequenzen. Der Prozess der Digitalisierung externer Signaleingänge wird häufig als<br />
„Capture“ bezeichnet und ist auch als solcher in den entsprechenden Begleitprogrammtexten<br />
zu finden. Normalerweise liefern die Anbieter neben der reinen Hardware auch Software (also<br />
Anwendungsprogramme), mit der die digitalisierten Filme weiter bearbeitet werden können.<br />
Digitalisierungskarten sind zur Zeit ab 500 DM aufwärts auf dem Markt. Im Rahmen dieser<br />
Staatsexamensarbeit wurde stellvertretend für alle Digitalisierungskarten die Karte Osprey<br />
100, die in der Arbeitsgruppe vorhanden war, getestet und verwendet.<br />
3.1.4 Grafikkarten<br />
Die nächste Möglichkeit, Videos in ein digitales Format zu verwandeln, ist die Benutzung einer<br />
entsprechend ausgestatteten Grafikkarte. Hersteller von geeigneten Karten sind z.B. die<br />
Firmen ATI (all in wonder), ELSA (Erazor III) oder Matrox (Millennium). Preislich liegen<br />
die Grafikkarten unter den Digitalisierungskarten <strong>im</strong> Bereich ab 300 DM. Die Anschaffung<br />
einer Grafikkarte zur Videodigitalisierung erscheint in zwei Fällen als sinnvoll: be<strong>im</strong> Kauf eines<br />
neuen Computers kann sie direkt erworben werden, ohne dass später eine zweite Grafikkarte<br />
überflüssig würde; falls <strong>im</strong> Computer nur wenig Steckplätze zur Verfügung stehen, spart<br />
eine entsprechende Karte einen Steckplatz ein. Die Verwendung einer Grafikkarte soll nach<br />
Herstellerangaben den Vorteil haben, dass der grafikkarteneigene Speicher wenigstens zum<br />
Teil benutzt wird und so die CPU des Hauptcomputers weniger belastet wird und der Datenstrom<br />
somit effizienter bewältigt werden kann. Allerdings kann das Arbeiten mit einer Grafikkarte<br />
hier nicht zusätzlich untersucht werden, da der Schwerpunkt weniger auf der Digitalisierungsprozedur<br />
als viel mehr auf der Erstellung von didaktisch wertvollen Filmen für die<br />
Schule liegt.<br />
14 Eine Übersicht oder Preisliste für Digitalisierungssysteme findet sich z.B. in [12], S. 231 ff. oder <strong>im</strong> Internet<br />
bei verschiedenen Hard- und Softwareanbietern, z.B. bei der Firma Hoffmann [16] oder in „Tom´s Hardware<br />
Guide“ [51].<br />
14
3.1.5 Fernsehkarten<br />
Die dritte Möglichkeit, Videosequenzen zu digitalisieren, wird durch die Verwendung einer<br />
Fernsehkarte geboten. Diese (billigste) Variante ist preislich ab 100 DM aufwärts zu haben.<br />
Firmen, die geeignete Karten anbieten, sind z.B. Hauppauge (winTV), Fast (Clip Master),<br />
Pinnacle (Studio PCTV) oder Terratec (Terra TV).<br />
Fernsehkarten sind natürlich pr<strong>im</strong>är dazu konstruiert, mit Hilfe des Computermonitors fernzusehen.<br />
Über entsprechende Schnittstellen können aber auch externe Signale (Videoeingang)<br />
auf den Bildschirm gebracht werden. Neben dem reinen „Betrachten“ der Videos können<br />
dann über eine „Capture“-Funktion einzelne Bilder (Standbilder) oder ganze Sequenzen digitalisiert<br />
werden. Um herauszufinden, ob auch TV-Karten gerade wegen ihres niedrigen Preises,<br />
der auch für Schulen bezahlbar ist, zum Digitalisieren von physikalischen Vorgängen<br />
ausreichen, wurde <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit die „WinTV go“-Karte von Hauppauge stellvertretend<br />
für die Rubrik „Fernsehkarten“ getestet.<br />
3.2 Die Videodigitalisierungskarte Osprey 100<br />
An dieser Stelle soll der Einsatz und das Arbeiten mit der Osprey 100-Digitalisierungskarte<br />
unter Windows NT beschrieben werden. Die wesentlichen Einstellungen der Software werden<br />
hierbei erklärt, wohingegen die technischen Details der Karte <strong>im</strong> Internet 15 zu finden sind, sodass<br />
auf sie hier nicht näher eingegangen werden muss.<br />
3.2.1 Anschluss und Vorbereitungen<br />
Nach dem Einbau der Karte in den Computer wird eine Kabelverbindung zwischen Kamera<br />
und dem entsprechenden Videoeingang der Karte hergestellt (in der Regel Cinch-Stecker).<br />
Danach muss die entsprechende Software gestartet werden, welche <strong>im</strong> Fall der Osprey-Karte<br />
die Software „VidCap32“ war.<br />
Um dann ein Videobild auf dem Display zu sehen, muss der Preview oder der Overlay-Button<br />
angeklickt werden 16 . In diesem Stadium können nun die Aufnahmen der Kamera am Computer<br />
betrachtet und vielleicht „günstige“ Stellen ausgesucht werden. Vor dem eigentlichen Digitalisierungsprozess<br />
müssen aber noch weitere Voreinstellungen getroffen werden.<br />
1) Im Menü „File“ muss der Speicherort („Save captured Video as“) und die Größe des<br />
Speicherplatzes („Allocate File Space“) des „Capture“-Videos festgelegt werden. Wichtig:<br />
Ist der Speicherplatz zu klein bemessen, wird der Computer sich während des Digitalisie-<br />
15 http://www.ViewCast.com .<br />
16 Genauere Informationen hierzu findet man in der „Hilfe“ des Programms.<br />
15
ungsvorgangs zusätzlichen Speicherplatz reservieren (i.d.R. kein Problem). Zu viel freigegebener<br />
Speicherplatz bewirkt, dass das Capture-Video <strong>im</strong>mer mit dieser Speicherplatzmenge<br />
gesichert wird. Das kann bedeuten, dass ein Standbild (ca. 220 kB) z.B. eine<br />
Größe von 20 MB erhält. Also sollte man lieber zu wenig Speicherplatz angeben!<br />
2) Ebenso <strong>im</strong> Menü „File“ muss man sich noch vergewissern, dass die Funktion „sync video<br />
to audio“ aktiviert ist (ansonsten erfolgt die Videoaufnahme nicht in Echtzeit).<br />
3) Im Menü „Options“ müssen folgende Einstellungen getätigt werden:<br />
Im Untermenü „Format“ sollte die Größe des Videobildes („videosize“) angegeben werden.<br />
Die Einstellung „1/2“ erzeugt ein ViMPS-geeignetes Fenster von 384 x 288 Pixeln.<br />
Außerdem muss die Farbqualität eingestellt werden (z.B. RGB 15 17 ).<br />
Im Untermenü „Source“ muss die Bilddarstellung an die europäische Norm angepasst<br />
werden („PAL-BDGHI“).<br />
4) Im Menü „Capture“ kann der Anwender zwischen dem Digitalisieren eines Bildes, mehrerer<br />
Bilder oder einer Videosequenz auswählen.<br />
3.2.2 Digitalisierung<br />
In der Regel wird man sich <strong>im</strong> „Capture“-Menü für das Digitalisieren einer Videosequenz<br />
entscheiden. Im folgenden Dialogfenster sollte dann zunächst die direkte Kompression des<br />
Videos mittels entsprechender Codecs (Compression-Decompression Algorithms) ausgeschaltet<br />
(!) werden. Ansonsten gehen wegen der hohen Speicherbelastung schnell Daten verloren.<br />
Danach sollte die Frame-Rate auf 25 Bilder 18 pro Sekunde (= Fernsehbild) festgelegt werden.<br />
Weniger Bilder pro Sekunde ermöglichen natürlich eine bessere Verarbeitung der Daten, allerdings<br />
müsste dann in ViMPS der Zeitschritt zweier aufeinander folgender Bilder verändert<br />
werden, da ViMPS die Zeit über die Framenummern berechnet 19 .<br />
Schließlich sollte noch die Zeitfunktion aktiviert und die entsprechende Länge der zu digitalisierenden<br />
Videosequenz in Sekunden eingestellt werden 20 . Mit „Klick“ auf den „Capture“-<br />
Button kann dann die Digitalisierung gestartet werden.<br />
17 RGB steht für die Farben Rot, Gelb und Blau, deren Anteile in Prozent pro Pixel gespeichert werden (vgl.<br />
[50], S. 103 ff.).<br />
18 25 Bilder pro Sekunden entspricht der einzusetzenden Zahl von 25000.<br />
19 Vgl. BECKER [3], S. 24 f.<br />
20 Verwendet man zusätzlich zur Software VidCap32 noch ein Media Control Interface (MCI), kann man entsprechende<br />
Sequenzen gleichzeitig betrachten und digitalisieren. Am Ende der Sequenz könnte man dann durch<br />
einfachen Knopfdruck die Digitalisierung stoppen. Ohne MCI ist es nicht möglich, während der Digitalisierung<br />
das aktuelle Bild zu visualisieren. Das bedeutet, dass man ohne eine Voreinstellung der Dauer der Sequenz nicht<br />
sicher sein kann, zu welchem Zeitpunkt man die Digitalisierung nun stoppt.<br />
16
Nach Abschluss des Digitalisierungsvorgangs kann dann entweder der WindowsMediaPlayer<br />
oder ViMPS gestartet und das digitalisierte Video vom vorher festgelegten Speicherort geöffnet<br />
werden. Findet die Sequenz die Zust<strong>im</strong>mung des Anwenders, sollte sie sofort in ein anderes<br />
Verzeichnis kopiert werden, da sie sonst be<strong>im</strong> nächsten Digitalisierungsprozess wieder<br />
überschrieben wird, d.h. verloren ist.<br />
3.3 Die Fernsehkarte WinTV go<br />
3.3.1 Installation<br />
Als Vertreter der Rubrik Fernsehkarten ist in dieser Arbeit mit der Karte WinTV go von<br />
Hauppauge gearbeitet worden. Schwierigkeiten hat zunächst die Installation der Karte bzw.<br />
der Treiber bereitet. Der Hersteller gibt an, dass die Karte unter Windows 95 und 98, Windows<br />
NT und Windows 2000 benutzbar sei 21 . Unter Windows 95 oder 98 ist die Installation<br />
auch einfach zu bewerkstelligen, wohingegen es nicht gelungen ist, die Karte unter NT oder<br />
Windows 2000 problemlos zu betreiben. Leider hat auch die (veraltete) Bedienungsanleitung<br />
keine ausreichende Hilfe gegeben, um die Auswahl der richtigen Treiber oder die Reihenfolge<br />
deren Installation zu steuern.<br />
Nach gelungener Installation 22 der Hardware wird die Software WinTV32 gestartet und der<br />
Videoaufnahme-Modus eingestellt werden. Nach Verbindung der Kamera mit dem Videoeingang<br />
der Karte (Cinch-Stecker) können die Aufnahmen <strong>im</strong> Computer betrachtet werden.<br />
3.3.2 Digitalisierung<br />
Zunächst muss die Aufnahme eingerichtet werden (entsprechenden Button betätigen). Hierzu<br />
wird zunächst ein Speicherort gewählt (in der Regel c:/temp/capture), die Bildrate auf 25 gesetzt<br />
und die Videokompression deaktiviert. Anschließend wird noch das Format (Button)<br />
eingestellt. In Übereinst<strong>im</strong>mung mit der Formatwahl bei der Digitalisierungskarte wird das<br />
RGB 15-Format gewählt, welches völlig ausreichende Grafikqualität bietet. Schließlich wird<br />
noch die Fenstergröße mit 384 x 284 Pixeln dem ViMPS-Fenster angepasst.<br />
Die Digitalisierung wird durch den „Aufnahme starten“ Button initialisiert. Nach wenigen<br />
Sekunden der Vorbereitung startet der Digitalisierungsprozess. Da das Video während der<br />
Digitalisierung betrachtet werden kann, ist die Best<strong>im</strong>mung des genauen Aufnahmeendes<br />
durch Druck des „Escape“-Knopfes möglich.<br />
21 Technische Daten der Karte finden sich <strong>im</strong> Internet unter: http://www.hauppauge.de/prod_go.htm .<br />
22 Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Karte unter Windows 98 betrieben.<br />
17
Durch anschließendes „Anklicken“ des „Wiedergabe-Buttons“ kann die soeben erstellte AVI-<br />
Datei <strong>im</strong> WindowsMediaPlayer betrachtet werden. Wie bei der Digitalisierungskarte beschrieben<br />
sollte das zufriedenstellende Video dann an einen anderen Speicherort kopiert werden,<br />
um nicht zufällig wieder überschrieben zu werden.<br />
3.4 Der direkte Vergleich beider Karten<br />
Ausgangspunkt der Untersuchung der verschiedenen Karten ist die Frage, welche Kaufempfehlung<br />
man dem Anwender geben kann. Im wesentlichen stehen sich zwei Erwartungen gegenüber:<br />
die Fernsehkarte ist wesentlich preisgünstiger, wohingegen die Digitalisierungskarte<br />
die bessere Qualität bietet.<br />
Folgende Feststellungen können nach dem Arbeiten mit beiden Systemen getroffen werden.<br />
3.4.1 Testergebnisse<br />
1) Die Software, die bei der verwendeten Digitalisierungskarte mitgeliefert wurde, beschränkt<br />
sich auf das absolut Nötigste 23 . Es gibt keinerlei Möglichkeiten der Bildbearbeitung<br />
oder des Zusammenschneidens von Videosequenzen; außerdem ist die programmeigene<br />
Hilfe zu knapp.<br />
2) Die Software der Fernsehkarte ist insofern benutzerfreundlicher, als dass sie auf überflüssige<br />
Einstellungsmöglichkeiten verzichtet und die notwendigen Einstellungen deutlich<br />
hervorhebt.<br />
3) Beide Karten ermöglichen neben der Digitalisierung von Videosequenzen auch die Aufnahme<br />
(und Digitalisierung) von Einzelbildern.<br />
4) Bei der Fernsehkarte kann man den Startzeitpunkt der Digitalisierung nicht exakt festlegen<br />
(? 2 Sekunden). Dafür kann man sich das Video auch während der Digitalisierung anschauen<br />
und vor allem auf Knopfdruck stoppen.<br />
Die Digitalisierungskarte ermöglicht die Einstellung eines exakten Startzeitpunkts, wohingegen<br />
man das Ende nur über die Einstellung einer Zeitspanne sinnvoll wählen kann<br />
(vgl. oben).<br />
5) Beide Karten bieten eine gute Auswahl von Formaten oder Bildqualitäten (RGB 32, RGB<br />
24, u.a.). Auch könnten während der Digitalisierung die Videos direkt kompr<strong>im</strong>iert wer-<br />
23 Es ist natürlich denkbar, dass andere Digitalisierungskarten auch erweiterte Softwarepakete zur Verfügung<br />
stellen. Diese Frage geht aber über den Rahmen der Arbeit hinaus und kann daher hier nicht untersucht werden.<br />
18
den, da die entsprechenden Codecs (vgl. Kapitel 4.3) zur Verfügung stehen, jedoch wird<br />
diese Prozedur nicht empfohlen 24 .<br />
6) Ebenso wird man bei beiden Karten darüber informiert, wieviel Bilder bei der Digitalisierung<br />
verloren gegangen sind. Dies ist insofern wichtig, als dass nur bei vollständigen Videosequenzen<br />
(0 % Verlust) die Zeitmessung in ViMPS exakt ist 25 .<br />
7) Es zeigt sich, dass bei längeren Videosequenzen, die mit der Digitalisierungskarte bearbeitet<br />
werden, die Zahl der verlorenen Bilder stark ansteigt (bis zu 70 %). Dies hängt mit<br />
der max<strong>im</strong>alen Größe des Datenstroms zusammen, der von der CPU bearbeitet werden<br />
kann 26 . Es ist natürlich denkbar, dass andere Digitalisierungskarten (höhereren Standards)<br />
bessere Bildraten haben; dies kann aber <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit nicht mehr untersucht<br />
werden. Bei der Fernsehkarte tauchen ähnliche Probleme hingegen nicht auf. Mit ihr werden<br />
Videos von ca. 60 Sekunden Länge ohne Bildverlust digitalisiert.<br />
8) Die Qualität der Farbdarstellung ist bei der Digitalisierungskarte ein wenig höher als bei<br />
Verwendung der Fernsehkarte.<br />
3.4.2 Empfehlung<br />
In Anbetracht der oben angeführten Eigenschaften der Digitalisierungs- bzw. Fernsehkarte ist<br />
es nicht leicht, eine eindeutige Empfehlung auszusprechen. Viele Eigenschaften der Hardware<br />
werden durch Vor- bzw. Nachteile der dazu verwendeten Software wieder beeinflusst.<br />
Nichtsdestotrotz soll hier ein Votum für oder gegen die jeweiligen Karten gegeben werden.<br />
Im Wesentlichen muss der Anwender natürlich selbst entscheiden, welche Fakten ihm wichtig<br />
sind. Würde er z.B. häufig sehr kleine Objekte filmen, ist evtl. die Digitalisierungskarte nötig,<br />
da die Fernsehkarte diese „Microobjekte“ nicht mehr auflösen kann. Die in dieser Arbeit untersuchten<br />
Beispiele sind aber ohne Probleme auch mit der Fernsehkarte gut zu digitalisieren.<br />
In Anbetracht der Tatsache, dass sich ViMPS eher an den Privatanwender, z.B. Lehrer oder<br />
Schüler, richtet, scheint das Preisargument eines der ausschlaggebenden zu sein. Die Fernsehkarte<br />
liegt bei einem Preis von ca. 100 DM weit unterhalb den billigsten Digitalisierungskar-<br />
24 Einerseits erhöht sich die Rate der verlorenen Daten durch den höheren Rechenaufwand, andererseits können<br />
unkompr<strong>im</strong>ierte Sequenzen vom verwendeten Videobearbeitungssystem AviEdit (vgl. Kapitel 4.2) unkomplizierter<br />
bearbeitet werden und dann <strong>im</strong> nachhinein kompr<strong>im</strong>iert werden.<br />
25 BECKER führt dies in [3], S. 24 genauer aus.<br />
26 Der Verlust ließe sich min<strong>im</strong>ieren, wenn der zu bearbeitende Datenstrom verkleinert wird. Dies ist in unterschiedlicher<br />
Weise denkbar:<br />
- Abschalten sämtlicher parallel laufender Windowsanwendungen<br />
- Digitalisierung von weniger als 25 Bilder pro Sekunde<br />
- Wahl eines anderen Farbformats (z.B. schwarz-weiss statt RGB 15)<br />
- Verkleinerung des Videofensters (und damit der Pixelzahl).<br />
19
ten (500 DM) und bietet trotzdem ausreichenden Komfort bzw. Qualität in der Bilddarstellung,<br />
um den meisten Aufgaben gewachsen zu sein 27 .<br />
Außerdem ermöglicht es die Fernsehkarte, Videos mit einer Länge von mehr als 5 Sekunden<br />
zu digitalisieren, wohingegen bei Verwendung dieser Digitalisierungskarte zu viele Daten/<br />
Bilder verloren gehen (vgl. oben). Unter Umständen könnte neben der Fernsehkarte aber auch<br />
der Kauf einer entsprechenden Grafikkarte (vgl. Kapitel 3.1.4) für die Schulen interessant<br />
sein.<br />
27 Hinweis: Um eventuelle Anmeldungspflichten bzw. Gebühren bei der GEZ zu umgehen, kann das (Fernseh-)<br />
Empfangsteil der Karte unbrauchbar gemacht werden.<br />
20
4 Die Videobearbeitung<br />
4.1 Notwendigkeit der Videobearbeitung<br />
Nach dem Vorgang der Digitalisierung von Videosequenzen liegen diese <strong>im</strong> unkompr<strong>im</strong>ierten<br />
AVI-Format vor. Prinzipiell können sie nun von ViMPS geöffnet und angezeigt werden.<br />
Meist ist es aber nötig, die Videos noch nachzubearbeiten. Folgende Situationen sind z.B. zu<br />
nennen:<br />
1) Das digitalisierte Video enthält (zumeist am Anfang oder Ende) noch überflüssige Bilder,<br />
die für die Präsentation oder Messung völlig unerheblich sind. Diese können mit einem<br />
Videobearbeitungssystem entfernt werden (Speicherplatzersparnis).<br />
2) Vor einige Sequenzen muss manchmal ein Längenmaßstab eingefügt werden, anhand dessen<br />
man die Filmaufnahmen (in ViMPS) kalibrieren kann. Dies entfällt, falls ein bekannter<br />
Maßstab permanent <strong>im</strong> Video zu sehen ist 28 .<br />
3) Manchmal müssen verschiedene Videosequenzen zusammengeschnitten werden. Falls<br />
man z.B. aus vorhandenen Videos eine Präsentation erstellen will, müssen sämtliche zu<br />
verwendenden Videos aneinandergereiht werden, da ViMPS keine Präsentation aus verschiedenen<br />
AVI-Dateien erstellen kann. Dies geschieht in der Regel mit einem Videobearbeitungssystem.<br />
4) Fertig bearbeitete Videosequenzen liegen <strong>im</strong> unkompr<strong>im</strong>ierten, d.h. speicherplatzintensiven,<br />
AVI-Format vor. Als letzter Schritt der Videobearbeitung sollten sie kompr<strong>im</strong>iert<br />
werden. Hiezu stellen Videobearbeitungsprogramme verschiedene Codecs zur Verfügung.<br />
4.2 AviEdit 2.5<br />
Die Überlegung, welche Videobearbeitungssoftware verwendet werden soll, ist von vielen<br />
Faktoren beeinflusst worden. Entscheidend ist aber die Zielsetzung gewesen, möglichst wenig<br />
Geld für die Software ausgeben zu müssen. Hierzu ist zunächst <strong>im</strong> Internet nach Anbietern<br />
möglicher Software gesucht worden. Da geeignete Programme sogar als Freeware, d.h. ohne<br />
Nutzungsentgelt, zur Verfügung stehen, konnte ein solches Programm ausgewählt werden.<br />
Hier ist das Programm Cut View und das Programm AviEdit 2.5 getestet worden 29 . Aufgrund<br />
der zufriedenstellenden Ergebnisse und der einfachen Bedienung ist die Entscheidung zugun-<br />
28 Vgl. hierzu die Kapitel 6.2.1 und 7.2.1.<br />
29 Diese Arbeiten wurden von einer Praktikantin <strong>im</strong> <strong>Institut</strong> für Physik, Annika Kohlhaas, <strong>im</strong> Sommer 2000<br />
durchgeführt.<br />
21
sten dem Programm AviEdit gefallen; es steht in englischer und russischer Sprache zur Verfügung.<br />
Folgende Abbildung zeigt die Benutzeroberfläche des Programms.<br />
Abbildung 2: Die Benutzeroberfläche von AviEdit<br />
Eine kurze Bedienungsanleitung des Programms ist <strong>im</strong> Anhang angefügt, sodass an dieser<br />
Stelle nur auf die wesentlichen Bedienungsmöglichkeiten eingegangen wird.<br />
AviEdit ermöglicht das „Öffnen“ und „Speichern“ von AVI- oder Bitmap-Dateien ebenso wie<br />
das Hintereinanderhängen von verschiedenen Sequenzen oder Bildern (Befehl „Merge“ <strong>im</strong><br />
„File“-Menü). Der Anwender hat nur darauf zu achten, dass die verschiedenen Sequenzen <strong>im</strong><br />
selben Format vorliegen, da AviEdit sie sonst nicht bearbeiten kann (z.B. gleiches RGB, gleiche<br />
Bildgröße (pixel) oder gleiches Format (unkompr<strong>im</strong>iert)). Nach der Bearbeitung bzw.<br />
dem Schnitt von Videosequenzen sollten diese kompr<strong>im</strong>iert werden.<br />
4.3 Videokompr<strong>im</strong>ierungscodecs<br />
AviEdit stellt neben der Möglichkeit, Videos unkompr<strong>im</strong>iert zu speichern, verschiedene<br />
Kompr<strong>im</strong>ierungscodecs, d.h. Kompressions-Dekompressions-Algorithmen, zur Verfügung.<br />
22
Hierbei muss beachtet werden, dass die Codecs nicht AviEdit-eigen sind, sondern von der installierten<br />
Software des benutzten Computers abhängen, da sie <strong>im</strong> Lieferumfang von Betriebssystemen<br />
wie z.B. Windows enthalten sind. In der Regel handelt es sich um die folgenden,<br />
von Microsoft Windows am häufigsten verwendeten Codecs:<br />
1) Cinepak Codec von Radius<br />
2) Intel Indeo Video<br />
3) Microsoft Video<br />
4) Ligos Indeo Video<br />
5) MPEG<br />
Anhand eines unkompr<strong>im</strong>ierten Videos von 44 MB Speicherplatz wurden diese Codecs getestet.<br />
Folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Ergebnisse in einer Übersicht.<br />
Kompr<strong>im</strong>ierungsformate<br />
Kompr<strong>im</strong>ierer<br />
Größe<br />
in kB<br />
Qualität<br />
Kompr<strong>im</strong>ierte<br />
Größe<br />
Kompr<strong>im</strong>ierte<br />
Größe<br />
in %<br />
Speicherzeit<br />
[min]<br />
volle Einzelbilder (unkompr<strong>im</strong>iert) 43639 100 10,0<br />
Microsoft Video 1 100 43639 24639 56,5 7,4<br />
Microsoft Video 1 75 43639 10253 23,5 2,4<br />
Cinepac Codec von Radius 100 43639 6569 15,1 9,5<br />
Intel Indeo® Video R3.2 100 43639 8252 18,9 1,2<br />
Intel Indeo® Video R3.2 65 43639 2658 6,1 1,4<br />
Ligos Indeo® Video 5.02 100 43639 7376 16,9 4,0<br />
Ligos Indeo® Video 5.02 85 43639 4211 9,6 2,8<br />
Ligos Indeo® Video 5.02 65 43639 3019 6,9 2,1<br />
MPEG-4-Highspeed Videokompr<strong>im</strong>ierung<br />
43639 101 0,2 1,4<br />
Tabelle 1: Kompr<strong>im</strong>ierungsformate<br />
Jeder Codec arbeitet unterschiedlich, hat verschiedene Vor- und Nachteile, sodass keine einfache<br />
Anwendungsempfehlung gegeben werden kann. Bei den Tests der verschiedenen Algorithmen<br />
hat sich aber herausgestellt, dass zwei Codecs kleinere Vorteile gegenüber den anderen<br />
aufweisen.<br />
Da in den bearbeiteten Videosequenzen (vgl. Kapitel 5 bis 8) oft nur kleinere Bildanteile bewegt<br />
sind, während der Großteil des Bildes fest ist, bietet der Ligos-Indeo-Videocodec die<br />
schnellste Kompr<strong>im</strong>ierung bei guter Qualität. Im Unterschied zu einem MPEG-Kompr<strong>im</strong>ierer<br />
23
arbeitet Ligos-Indeo-Video nach dem Prinzip, jedes Einzelbild zu kompr<strong>im</strong>ieren und dadurch<br />
Speicherplatz zu sparen. Der Einzelbildvor- bzw. -rücklauf in ViMPS ist völlig unproblematisch.<br />
Der MPEG(4)-Codec hingegen speichert sogenannte „Keyframes“ (d.h. Schlüsselbilder)<br />
komplett und merkt sich vom nächsten Bild nur die Veränderungen gegenüber dem vorherigen.<br />
Dadurch kann eine enorme Reduktion des benötigten Speicherplatzes erreicht werden 30 .<br />
Nachteil ist allerdings, dass der Einzelbildrücklauf in ViMPS sehr rechenaufwendig ist und<br />
somit lange dauert. Insofern muss der Anwender entscheiden, ob der Einzelbildvor- bzw.<br />
-rücklauf von großer Bedeutung ist (? Ligos-Indeo-Video) oder ob er zugunsten von Speicherplatz<br />
darauf verzichten kann. Bei längeren Filmen (ab ca. 1 Minute Dauer) werden die<br />
AVI-Dateien allerdings so groß, dass das MPEG-Format die einzig sinnvolle Option zu sein<br />
scheint.<br />
Mehr Information zur Kompression von Daten findet sich in der Literatur oder <strong>im</strong> Internet.<br />
Hintergrundinformationen über Filmschnitt- und Kompressionsverfahren bietet z.B. die Firma<br />
„Computer Becker“ auf ihrer Internetseite an [6]. Daten über digitale Videos findet man z.B.<br />
auf der Homepage der Firma Adobe [1].<br />
30 Wie aus Tabelle 1 ersichtlich kann der Ligos-Indeo-Codec Videosequenzen auf 17% der unkompr<strong>im</strong>ierten<br />
Größe verkleinern (bei 100% Kompression; andere Videosequenzen wurden sogar auf weniger als 10% der Ausgangsgröße<br />
verkleinert). Der MPEG 4-Codec ermöglicht hier eine Kompr<strong>im</strong>ierung unter 1% der ursprünglichen<br />
Datengröße.<br />
24
5 Erste Themeneinheit: Der Luftkissentisch<br />
„Wenn ein Körper ohne allen Widerstand sich horizontal bewegt, so ist [..] bekannt, daß diese Bewegung<br />
eine gleichförmige sei und unaufhörlich fortbestehe auf einer unendlichen Ebene.“<br />
5.1 Idee und Fragestellungen<br />
Galileo Galilei 31<br />
5.1.1 Motivation<br />
Ein zentraler Begriff der Mechanik ist der Impuls. Seine Definition<br />
p ? m?<br />
v<br />
als Produkt aus Masse und Geschwindigkeit wird bereits <strong>im</strong> Mittelstufenunterricht der Physik<br />
gegeben. Die Diskussion wesentlicher Eigenschaften und vor allem die Einführung des Impulserhaltungssatzes<br />
ist <strong>im</strong> Lehrplan für den Mechanikunterricht in der 11. Klassenstufe vorgesehen<br />
32 .<br />
Dieser „klassischen“ Einführung des Impulsbegriffs stehen einige modernere Überlegung der<br />
Fachdidaktik Physik entgegen. Anstatt den Kraftbegriff wie bisher ins Zentrum des Mechanikunterrichts<br />
der Mittelstufe zu stellen, von dem der Impuls ableitbar ist, wird gefordert, dass<br />
der Impuls diese zentrale Rolle <strong>im</strong> Unterricht spielen sollte. Von einer ausführlichen Beschreibung<br />
des Impulses und z.B. dessen Erhaltungssatzes sollen dann umgekehrt Begriffe<br />
wie Kraft etc. abgeleitet werden 33 .<br />
Diese Gedanken hängen <strong>im</strong> Wesentlichen damit zusammen, dass in der Lebenswelt der<br />
Schüler viele Fehlvorstellungen zum Kraftbegriff existieren, welche die Einführung bzw. das<br />
Verständnis des physikalischen Kraftbegriffs erschweren.<br />
Angetrieben von den Überlegungen, dass dem Impulsbegriff evtl. mehr Bedeutung als bisher<br />
zukommen soll, muss nach Exper<strong>im</strong>enten gesucht werden, die verschiedene Eigenschaften<br />
des Impulses demonstrieren und/oder messbar machen. In der Regel wird ein großer Teil der<br />
Impulsversuche an der Luftkissenfahrbahn 34 demonstriert. Diese eind<strong>im</strong>ensionale Betrachtungsweise<br />
ermöglicht eine <strong>Analyse</strong> der Bewegung zweier Gleiter bei Stoßprozessen, die ohne<br />
kompliziertere Mathematik zu verwenden möglich ist. Allerdings geht eine wesentliche<br />
31 Vgl. [54], S. 190.<br />
32 Vgl. [33], S. 24, 37.<br />
33 Vgl. z.B. SCHWARZE [45], S. 1 oder FLEIG [10], S. 2 ff.<br />
34 Vgl. [17].<br />
25
Eigenschaft des Impulses verloren, nämlich der Vektorcharakter (Man beachte, dass der<br />
Vektorcharakter der Kraft bereits in der Mittelstufe diskutiert wird).<br />
Diese Lücke kann durch Versuche am Luftkissentisch geschlossen werden. Hier können die<br />
selben Arten von Stoßprozessen wie an der Luftkissenfahrbahn untersucht werden 35 . Hinzu<br />
kommt, dass die Bewegungsanalyse zweid<strong>im</strong>ensional erfolgen kann. Die Tatsache, dass einerseits<br />
nur wenigen Schulen ein Luftkissentisch zur Verfügung steht und andererseits die<br />
<strong>Analyse</strong> ohne die Mittel der Videotechnik sehr aufwendig ist 36 , war Motivation für die Untersuchung<br />
von Bewegungen am Luftkissentisch <strong>im</strong> Rahmen dieser Staatsexamensarbeit.<br />
5.1.2 Themen und Versuchsideen<br />
Bei der Auswahl der Versuche, die in dieser Arbeit am Luftkissentisch untersucht werden<br />
sollen, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.<br />
? Die Versuche am Luftkissentisch sollen nicht die Versuche an der Luftkissenbahn komplett<br />
verdrängen, sondern sie nur um neue Bereiche erweitern. Insofern werden z.B. keine<br />
eind<strong>im</strong>ensionalen Stöße betrachtet (vgl. [13], Kapitel 1.0 und 2.0).<br />
? Ebenso werden sämtliche Versuche, die <strong>im</strong> weitesten Sinn mit Wurf- und Fallbewegungen<br />
zusammenhängen (gleichmäßig beschleunigte Bewegung, Überlagerung von Bewegungen,<br />
schiefer Wurf), nicht untersucht (vgl. [13], Kapitel 3.0). Hierfür stehen auch in der<br />
Schule geeignete Demonstrationsexper<strong>im</strong>ente zur Verfügung (Fahrbahn, schiefe Ebene,<br />
Fallstrecken, u.a.).<br />
? Der Schwerpunkt der Versuche soll auf dem (zweid<strong>im</strong>ensionalen) Nachweis der Impulserhaltung<br />
liegen. Hierzu sollen unterschiedliche Versuche gefilmt werden, die z.B. in<br />
Kleingruppen in einer Klasse ausgewertet werden können und insgesamt den Impulserhaltungssatz<br />
bestätigen (vgl. [13], Kapitel 5.0).<br />
? Die Kreisbewegung soll eingeführt und untersucht werden (vgl. [13], Kapitel 6.0 und 8.0).<br />
Diese Ergebnisse sind Voraussetzung zur Untersuchung der Wassersprünge in Kapitel 6.<br />
? Der Begriff der Rotationsenergie soll beleuchtet werden (vgl. [13], Kapitel 4.0).<br />
? Die möglichen Versuche zur gleichmäßig beschleunigten Kreisbewegung (vgl. [13], Kapitel<br />
7.0) werden zunächst zurückgestellt, da dies nicht unmittelbarer Schulstoff ist (und<br />
überdies einen erweiterten Versuchsaufbau nötig machen würde).<br />
35 Vgl. z.B. das Handbuch der Lehrmittelfirma Phywe zu dem von ihnen gefertigten Luftkissentisch [44] oder<br />
der Firma Ealing, die u.a. Luftkissentische und deren Zubehör produziert [26].<br />
36 Vgl. [42], worin Stroboskopblitze und Fotografien verwendet werden.<br />
26
? Das Kapitel 9.0 (in [13]) gibt mögliche Versuche zum Thema Schwingungen an. Diese<br />
können nach Meinung des Autors allerdings auch an anderen, in den Schulen vorhandenen<br />
Exper<strong>im</strong>enten demonstriert werden und sollen deshalb hier zurückgestellt werden.<br />
? Der Luftkissentisch erlaubt vielfältige Versuche zur Gaskinetik (vgl. [13], Kapitel 10.0).<br />
Da für den Unterricht in der Regel nur S<strong>im</strong>ulationsprogramme hierzu vorhanden sind,<br />
sollen alternative Realexper<strong>im</strong>ente vorgestellt werden.<br />
5.2 Vorgehen/ praktische Durchführung<br />
5.2.1 Versuchsaufbau<br />
Der Luftkissentisch, der für die Videoaufnahmen verwendet wurde, steht <strong>im</strong> Hörsaal 20 37 der<br />
Universität Mainz und wurde von der Ealing Corporation aus Massachussetts hergestellt (vgl.<br />
[26]) und über die GRS Darmstadt vertrieben. Für diese Arbeit wurde er reaktiviert, d.h. gereinigt,<br />
repariert und neu justiert 38 . Das Luftkissen wird von zwei (Luft auspustenden) Staubsaugern<br />
produziert, die an den Tisch (Größe: 1,2 x 2,4 m²) angeschlossen werden können 39 .<br />
Zur Beleuchtung wurde die Hörsaalbeleuchtung verwendet. Allerdings wurde der Tisch nur<br />
schwach und indirekt beleuchtet, um (Spiegel-) Reflexionen auf der Tischoberfläche zu min<strong>im</strong>ieren.<br />
Die Videokamera 40 wurde an einer Stativkonstruktion über der Mitte einer Tischhälfte<br />
befestigt und über eine Handfernsteuerung bedient. Eine vollständige Ansicht des Versuchsaufbaus<br />
zeigt die folgende Abbildung.<br />
37 Hier finden die einführenden Vorlesungen in (Exper<strong>im</strong>ental-) Physik statt.<br />
38 Die Justierung des Tisches ist in [13], Kapitel 0.1.1 oder in [42], Seite 6 f. beschrieben.<br />
39 Ein Staubsauger war <strong>im</strong> Lieferumfang des Tischs enthalten, der andere Staubsaugeranschluss wurde durch einen<br />
<strong>im</strong> Hörsaal fest installierten Staubsauger belegt.<br />
40 Für alle Versuche, die <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit gefilmt wurden, wurde die (handelsübliche) Hi 8-<br />
Videokamera „Handycam CCD-TR805E“ der Firma SONY verwendet, die Eigentum des Lehramtspraktikums<br />
<strong>im</strong> <strong>Institut</strong> für Physik ist.<br />
27
Abbildung 3: Versuchsaufbau Luftkissentisch<br />
5.2.2 Durchführung der verschiedenen Versuche<br />
Vor den spezifischen Versuchen mit unterschiedlichen Stoßpartnern oder Inhalten wurden einige<br />
Vorbereitungen getroffen. Zunächst wurde die Masse der jeweilig verwendeten Gleitpucks<br />
best<strong>im</strong>mt (elektronische Waage, Messfehler: ? 0,1 g). Danach wurden die Staubsauger<br />
und somit das Luftkissen eingeschaltet und anschließend die Kamera aktiviert. Nach diesen<br />
Vorbereitungen konnten die Einzelmessungen beginnen.<br />
5.2.2.1 Einfache Stoßprozesse<br />
In diesem Kapitel sind alle Versuche zusammengefasst, die sich mit dem Stoß zweier „normaler“<br />
Gleitpucks beschäftigen. Das heißt, es handelt sich nicht um Magnet-, Haft- oder andersartig<br />
präparierte Gleiter.<br />
Zu diesem Versuchskomplex wurden sechs verschiedene Einzelversuche ausgesucht und<br />
durchgeführt. Das filmtechnisch beste Exper<strong>im</strong>ent wurde dann digitalisiert und ausgewertet.<br />
Bei dieser Versuchsreihe konnten zwei Parameter variiert werden, nämlich die Masse der<br />
Gleiter durch Aufladen einer Zusatzmasse und die Anfangsgeschwindigkeit, d.h. der gestoßene<br />
Gleitpuck konnte entweder in Ruhe oder in Bewegung sein. Aus didaktischen Gründen<br />
wurden die Farben der Gleitpucks so ausgewählt, dass sich der als „stoßende“ Puck (grün) bezeichnete<br />
deutlich vom gestoßenen (schwarz) unterscheidet. Die Farbauswahl wurde bei allen<br />
sechs Versuchen beibehalten.<br />
28
Im Einzelnen ergaben sich folgende Versuchsteile 41 :<br />
a) Ein leichter 42 Gleitpuck wurde auf einen anderen ruhenden leichten Gleitpuck geschossen.<br />
Die Massen waren hierbei nahezu identisch 43 .<br />
b) Ein leichter Gleitpuck wurde auf einen anderen leichten Gleitpuck geschossen, der<br />
diesmal aber in Bewegung war. Dessen Bewegungsrichtung war senkrecht zur Bewegungsrichtung<br />
des „stoßenden“ Gleiters.<br />
c) Ein leichter Gleitpuck wurde auf einen ruhenden schweren Gleitpuck geschossen.<br />
d) Ein leichter Gleitpuck wurde auf einen bewegten schweren Gleitpuck geschossen.<br />
Dessen Bewegungsrichtung war wieder senkrecht zur Bewegungsrichtung des stoßenden<br />
Gleiters.<br />
e) Ein schwerer Gleitpuck wurde auf einen ruhenden leichten Gleitpuck geschossen.<br />
f) Ein schwerer Gleitpuck wurde auf einen sich senkrecht zum stoßenden Puck bewegenden<br />
leichten Puck geschossen.<br />
5.2.2.2 Betrachtung der Schwerpunktbewegung<br />
Um die Bewegung des Schwerpunkts eines starren Systems aufnehmen und analysieren zu<br />
können, wurden zwei Gleitpucks mit einer Stange verbunden. Deren Mitte (= Schwerpunkt,<br />
Symmetriezentrum) wurde durch rotes Klebeband hervorgehoben. Im Folgenden wurde der<br />
Stoß dieser als Hantel bezeichneten Figur mit einer Bande untersucht. Hierbei wurden drei<br />
Fälle unterschieden:<br />
a) Die Hantel vollführte vor dem Stoß mit der Bande eine reine Translationsbewegung.<br />
Auch danach lag eine nahezu reine Translationsbewegung vor.<br />
b) Die Hantel vollführte vor dem Stoß mit der Bande eine nahezu reine Translationsbewegung,<br />
danach war die Translationsbewegung der Hantel aber von einer Rotationsbewegung<br />
überlagert.<br />
c) Die Hantel vollführte vor und nach dem Stoß mit der Bande eine Translationsbewegung<br />
mit überlagerter Rotation.<br />
5.2.2.3 Der Unelastische Stoß<br />
Um den Unelastischen Stoß mit dem Luftkissentisch demonstrieren zu können, wurden zwei<br />
Gleitpucks mit Klettbändern so präpariert, dass sie nach dem Zusammenstoß aneinander haf-<br />
41 Die zwei vermeintlich fehlenden Versuche, die den Stoß zweier schwerer Gleitpucks untersuchen, wurden<br />
nicht durchgeführt, da hieraus keine neuen Erkenntnisse oder Lernfortschritte abgeleitet werden können.<br />
42 Hier und <strong>im</strong> Folgenden steht der Begriff „leicht“ für einen Puck ohne Zusatzmasse; andernfalls soll der Begriff<br />
„schwer“ verwendet werden.<br />
43 Die genauen Daten finden sich <strong>im</strong> Kapitel 5.3.3 in der Auswertung.<br />
29
ten blieben. Da beide Gleiter annähernd gleiche Masse hatten, war der Verbindungspunkt beider<br />
Gleiter nach dem Stoß Symmetriezentrum und Schwerpunkt zugleich.<br />
Es wurden zwei verschiedene Versuche durchgeführt, wobei darauf geachtet wurde, dass die<br />
Bewegung beider Gleiter nach dem Stoß nur wenig Rotationsanteile aufwies.<br />
a) Ein bewegter Gleitpuck stieß einen ruhenden Puck.<br />
b) Beide Gleiter waren in Bewegung, wobei sich der Stoßende vor der Kollision senkrecht<br />
zum gestoßenen Gleiter bewegte.<br />
5.2.2.4 Der Elastische Stoß<br />
Bei einem (mechanischen) Stoß wie in Kapitel 5.2.2.1 durchgeführt, geht Energie verloren.<br />
Im Wesentlichen wird Bewegungsenergie in Reibung, Verformungs- und Wärmeenergie umgesetzt.<br />
Eine Abschätzung der Größe dieser „Verlustenergie“ ist in [13], Kapitel 0.1.5 gegeben.<br />
Um nun einen Elastischen Stoß untersuchen zu können, musste dieser Energieverlust min<strong>im</strong>iert<br />
werden. Bei der Luftkissenfahrbahn ist dies dadurch realisiert, dass Federn zwischen<br />
den Gleitern angebracht werden. Der Hersteller des Luftkissentischs stellt zur Untersuchung<br />
des Elastischen Stoßes zwei Magnetgleiter zur Verfügung, die sich bei Annäherung abstoßen.<br />
So konnte ein Stoßprozess untersucht werden, obwohl keine mechanische Energieübertragung<br />
auftrat.<br />
Bei der Durchführung waren folgende Überlegungen zu berücksichtigen:<br />
? Es muss darauf geachtet werden, dass es auch während des Stoßprozesses nicht zu<br />
Berührungen zwischen den Gleitpucks und somit zu Energieverlusten kommt.<br />
? Auch ein „Vorbeigleiten“ des stoßenden am ruhenden Puck bewirkt einen Stoßprozess,<br />
da die Magnetfelder der Gleiter miteinander wechselwirken (Beispiel hierfür ist<br />
folgend genannter Versuch a)).<br />
? Be<strong>im</strong> Elastischen Stoß eines bewegten auf einen ruhenden Gleiter kann es zu einem<br />
vollständigen Energieübertrag kommen, und zwar dergestalt, dass nach dem Stoß der<br />
stoßende Puck ruht. Auf der Luftkissenfahrbahn lässt sich dieses Phänomen sehr<br />
deutlich zeigen. Dagegen sind be<strong>im</strong> Luftkissentisch einige Schwierigkeiten zu überwinden.<br />
Einerseits ruhen die Pucks bei eingeschaltetem Luftkissen nur schwer, zumeist<br />
müssen hier Tischunebenheiten ausgenutzt werden 44 . Andererseits muss der<br />
Stoß vollständig zentral erfolgen. Dies ist selbst mit der vom Hersteller mitgelieferten<br />
„Abschussvorrichtung“ kaum realisierbar und erfordert eine große Portion Glück.<br />
44 Vgl. [42], S. 13.<br />
30
Im Einzelnen wurden vier Versuche zum Elastischen Stoß durchgeführt:<br />
a) Der eine Magnetpuck wurde auf den anderen, ruhenden Puck geschossen. Hierbei erfolgte<br />
der Stoß durch die Wechselwirkung der beiden Magnetfelder. Ohne sie wäre der<br />
stoßende Puck ohne Auswirkung am anderen vorbeigeglitten.<br />
b) Wieder wurde ein Magnetpuck auf einen anderen, ruhenden Magnetpuck geschossen,<br />
doch diesmal erfolgte der Stoß annähernd zentral.<br />
c) Der stoßende Magnetgleiter wurde auf den sich bewegenden zweiten Magnetgleiter<br />
geschossen. Die Bewegungsrichtung des zweiten war senkrecht zum einfallenden Magnetpuck<br />
und der Stoß erfolgte halbzentral.<br />
d) Hier wurde der Versuch aus c) wiederholt, allerdings trat dabei ein äußerst schwer zu<br />
erreichendes Ereignis ein: obwohl beide Gleiter in Bewegung waren, führten sie einen<br />
zentralen Stoß aus. Eventuell unterstützt von Tischunebenheiten blieb der stoßende<br />
Puck nach der Kollision stehen!<br />
5.2.2.5 Einfache Rotationsbewegungen<br />
In ein dafür vorgesehenes Gewinde in der Tischplatte wurde ein Metallstift geschraubt. An<br />
ihm wurde ein Bindfaden befestigt und zu einem Gleitpuck gespannt. Danach wurde der<br />
Gleiter zu Kreisbewegungen angeregt. Durch die Variation der Masse des Gleiters und der<br />
Fadenlänge ergaben sich vier Versuchsteile:<br />
a) Ein schwerer Puck kreiste an einem langen Faden.<br />
b) Ein schwerer Puck kreiste an einem kurzen Faden.<br />
c) Ein leichter Puck kreiste an einem langen Faden.<br />
d) Ein leichter Puck kreiste an einem kurzen Faden.<br />
5.2.2.6 Übergang von Rotations- in Translationsbewegung<br />
Hier soll ein Versuch präsentiert werden, bei dem eine Rotationsbewegung in eine Translation<br />
übergeht. Zunächst wurde versucht, den Aufbau aus Abschnitt 5.2.2.5 zu verwenden und den<br />
Bindfaden, der den Gleiter auf die Kreisbahn zwang, über einer auf dem Tisch aufgestellten<br />
Kerze durchzubrennen. Allerdings war die Durchgangszeit durch die Kerzenflamme zu kurz,<br />
sodass selbst ein in Benzin getränkter Faden kein Feuer fing.<br />
Also wurde auf Pyrotechnik zurückgegriffen und in die Mitte des Fadens ein Silvesterkracher<br />
installiert, der mit beiden Fadenenden verbunden wurde. Dessen Lunte konnte dann während<br />
der Kreisbewegung des Gleiters von Hand angezündet werden. Nach der Explosion (= Durchtrennung<br />
des Fadens) verließ der Gleiter die Kreisbahn tangential (vgl. <strong>Analyse</strong>teil unten bzw.<br />
Abbildung 0 auf Seite 2).<br />
31
5.2.2.7 Elliptische Federbewegung<br />
Anstatt des Fadens aus den vorherigen Versuchen wurde nun am Metallstift <strong>im</strong> Tisch eine<br />
Schraubenfeder befestigt, deren anderes Ende mit einem Gleiter verbunden wurde. Durch<br />
Auslenkung des Gleiters und Zugabe eines Rotations<strong>im</strong>pulses wurde der Gleiter zu elliptischen<br />
Bahnen angeregt, die später analysiert werden konnten.<br />
5.2.2.8 Kinetische Gastheorie<br />
In [13], Kapitel 10.0, sind verschiedene Vorschläge für Versuche zum Thema Gaskinetik gemacht.<br />
Im Rahmen dieser Versuche kann eine bisher nicht benutzte Eigenschaft des Luftkissentischs<br />
verwendet werden. Die „Banden“ des Luftkissentischs sind so angebracht, dass sie<br />
(von einem Motor mit Exzenter angetrieben) Schwingungen vollführen können. In der Sprache<br />
der Thermodynamik könnte man somit von „warmen“ Wänden sprechen, die Energie an<br />
die Gleitpucks (d.h. Gasmoleküle) abgeben können.<br />
Zu dieser Thematik wurden fünf verschiedene Versuche durchgeführt.<br />
a) Diffusion<br />
In der Mitte des Luftkissentischs wurden drei schwere Eisenquader (Kerne von Spulen)<br />
aufgestellt. Mit einer beweglichen Metallschiene wurde die linke Hälfte des Tischs für die<br />
Gleitpucks gesperrt, sodass alle Gleiter in der rechten Hälfte versammelt waren. Hierbei<br />
handelte es sich um 27 schwarze, einen blauen, grünen und roten Gleiter.<br />
Nach Entfernen der Metallschiene konnte ein „Diffusionsprozess“ der Gleiter an den<br />
„kalten“ Eisenklötzen vorbei in die linke Tischhälfte beobachtet werden, bis sich etwa eine<br />
Gleichverteilung der Gleiter einstellte.<br />
b) In diesem Versuchsteil wurden ein roter und neun schwarze Gleitpucks in der unteren<br />
Tischhälfte hinter einer beweglichen Stange „eingesperrt“. Dann wurde die Stange ruckartig<br />
entfernt. Aus diesem klar definierten Anfangszustand befreit, vollführten die Gleiter<br />
danach zufällige Bewegungen auf dem Luftkissentisch.<br />
c) Dieser Versuch wurde wie in b) beschrieben durchgeführt, nur wurden hier 27 schwarze<br />
und je ein blauer, roter und grüner Puck hinter der Stange in der unteren Tischhälfte eingesperrt.<br />
d) In diesem Versuchsteil bewegten sich 29 schwarze Gleiter frei auf dem Luftkissentisch<br />
umher. Hinzu kam ein großer roter Gleiter (Magnetgleiter), der sich deutlich in der Masse<br />
von den kleinen, schwarzen Pucks unterschied. Die Gleiter führten Stoßprozesse untereinander<br />
aus.<br />
32
e) Die Versuchsdurchführung war wie <strong>im</strong> Teil d), nur wurde hier statt des (schweren) Magnetpucks<br />
ein leichterer, großer, grüner Puck verwendet.<br />
5.3 Auswertung der verschiedenen Filmaufnahmen<br />
In den oben beschriebenen Versuchsteilen (Kapitel 5.2.2.1, 5.2.2.3 und 5.2.2.4) wird <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
der Impulserhaltungssatz überprüft. Dies ist eind<strong>im</strong>ensional kein Problem, es gilt:<br />
m ?<br />
1?<br />
v1<br />
? m2<br />
? v2<br />
? m1<br />
? u1<br />
? m2<br />
u2<br />
wobei m 1 ,m 2 die Massen der beiden Gleiter sind und v 1 ,v 2 für die Geschwindigkeit der beiden<br />
Gleiter vor und u 1 ,u 2 nach dem Stoß stehen. Diese Gleichung ist von der Luftkissenfahrbahn<br />
bekannt und kann dort verifiziert werden. Am Luftkissentisch erfolgt die Bewegung der<br />
Gleiter allerdings zweid<strong>im</strong>ensional; daher muss auch der Impulserhaltungssatz zweid<strong>im</strong>ensional<br />
untersucht werden. Die Gleichung, die zu überprüfen ist, lautet also:<br />
m ?<br />
1?<br />
v1<br />
? m2<br />
? v2<br />
? m1<br />
? u1<br />
? m2<br />
u2<br />
In den anderen Versuchsteilbereichen stehen nicht der Impulserhaltungssatz, sondern andere<br />
physikalische Gesetzmäßigkeiten <strong>im</strong> Mittelpunkt. Sie werden weiter unten besprochen.<br />
5.3.1 Allgemeine Durchführung der Messungen in ViMPS<br />
Zu Beginn einer jeden Videosequenz zum Thema Luftkissentisch ist als erstes Bild eine auf<br />
dem Luftkissentisch liegende Messlatte eingeblendet. Die Kenntnis ihrer Länge (1 m) ermöglicht<br />
eine Kalibration der Aufnahmen 45 . Danach können die Massen der beteiligten Gleitpucks<br />
aus dem ViMPS-Memo-Fenster übernommen werden. Anschließend können die Videosequenz<br />
gestartet und geeignete Messpunkte aufgenommen werden.<br />
Um Geschwindigkeiten zu berechnen, müssen zwei Messpunkte verwendet werden. Die Geschwindigkeit<br />
ergibt sich dann als Momentangeschwindigkeit aus dem überstrichenen Weg<br />
pro der Zeit, die zwischen beiden Bildern verflossen ist. Die Zeitwerte werden neben den<br />
(Koordinaten-) Messwerten an das <strong>Analyse</strong>programm (z.B. EXCEL) übergeben.<br />
Der Messfehler der Koordinatenmessungen wird mit 0,8 Zent<strong>im</strong>eter angegeben. Dies entspricht<br />
der doppelten Pixelauflösung und berücksichtigt das „Verschmieren“ eines Gleitpucks<br />
während der Blendenöffnungszeit der Kamera.<br />
45 Hinweise zur Kalibrierung gibt BECKER [3], S. 26 f. Bei der Kalibrierung wird kein spezieller Nullpunkt gewählt,<br />
sodass automatisch die linke untere Ecke des Bildes als Nullpunkt definiert wird.<br />
33
5.3.2 Vorstellung des Auswertungsschemas in EXCEL<br />
Um die Auswertung der anzustellenden Rechnungen zu erleichtern, wurde in EXCEL eine<br />
Vorlage erarbeitet („Raster“), in welches nur die Messgrößen eingegeben werden müssen. Die<br />
einprogrammierten Formeln berechnen dann selbständig das Endergebnis.<br />
An dieser Stelle sollte darauf hingewiesen werden, dass jeder Anwender die Wahl hat, dieses<br />
vorgefertigte Auswertungsschema zu übernehmen oder sich ein eigenes zu erstellen. Vor allem<br />
(folgende) didaktische Überlegungen spielen in der Entscheidung, in welcher Form die<br />
von ViMPS gelieferten Messergebnisse ausgewertet werden sollen, eine Rolle.<br />
Das vorliegende Schema:<br />
? führt alle Rechnungen für den Schüler aus. Dies ist nur dann sinnvoll, wenn der Schüler<br />
das Ausrechnen auch selbst beherrschen würde und durch Computereinsatz einfach nur<br />
Zeit sparen kann (vgl. z.B. [30], S. 235 f.).<br />
m1 m2 Zeitintervall Messfehler Massenfehler<br />
48,1 47,96 0,2 0,008 0,1<br />
1.<br />
Puck:<br />
VOR<br />
NACH<br />
x1 0,034 x2 0,36 x1 0,5 x2 0,6<br />
y1 0,61 y2 0,61 y1 0,52 y2 0,33<br />
vx 1,63 0,06 vx 0,5 0,06<br />
vy 0 0,06 vy -0,95 0,06<br />
2.<br />
Puck:<br />
VOR<br />
NACH<br />
x1 0,54 x2 0,53 x1 0,65 x2 0,87<br />
y1 0,91 y2 0,73 y1 0,68 y2 0,68<br />
vx -0,05 0,06 vx 1,1 0,06<br />
vy -0,9 0,06 vy 0 0,06<br />
Impulserhaltungssatz:<br />
VOR<br />
NACH<br />
px 76,0 3,8 px 76,8 3,8<br />
py -43,2 3,8 py -45,7 3,8<br />
Tabelle 2: Auswertungsbeispiel zum Nachweis der Impulserhaltung<br />
34
? rechnet zweid<strong>im</strong>ensional. Impulse und Geschwindigkeiten werden mit den Komponenten<br />
v x , v y oder p x , p y angegeben.<br />
? stellt eine Fehlerrechnung zur Verfügung. Hierbei wird nach der Theorie der Gaußschen<br />
Fehlerfortpflanzung gearbeitet (vgl. z.B. [53], S. 6 ff.).<br />
In Tabelle 2 ist das zum Versuch 5.3.3 b) gehörige Auswertungsraster zu sehen.<br />
Die gelb unterlegten Felder sind durch den Anwender/ Schüler auszufüllen. Hier sind die eigenen<br />
Messergebnisse einzusetzen. Dabei beschreiben m 1 und m 2 die Massen der verwendeten<br />
Gleitpucks; als Zeitintervall ist der (zeitliche) Abstand der Koordinatenmessung zur Geschwindigkeitsbest<strong>im</strong>mung<br />
einzusetzen.<br />
Das Schema ist so aufgebaut, dass in der oberen Hälfte die Daten des ersten (stoßenden)<br />
Pucks einzusetzen sind, <strong>im</strong> unteren Teil die des zweiten (gestoßenen) Pucks. Dabei ist der Systemzustand<br />
vor dem Stoß <strong>im</strong>mer links, nach dem Stoß <strong>im</strong>mer rechts zu finden. Die berechneten<br />
Größen, die zur Überprüfung des Impulserhaltungssatzes nötig sind, finden sich <strong>im</strong><br />
Schema ganz unten.<br />
In den Kästchen bei v x , v y bzw. p x , p y stehen die entsprechenden Formeln, mit denen sich die<br />
vorstehenden Größen berechnen lassen. Die Messfehler sind in den Kästchen rechts neben<br />
den entsprechenden Ergebnissen zu finden 46 .<br />
Folgende Formeln werden <strong>im</strong> vorstehenden Auswertungsraster verwendet:<br />
?<br />
?<br />
?<br />
x2 x<br />
? ? ;<br />
t<br />
v x<br />
1<br />
? x<br />
? v x<br />
? 2 ? ;<br />
t<br />
p ? m ? v ? m ? v ;<br />
x<br />
(1)<br />
(2)<br />
1 x 2 x<br />
y y<br />
v ? 2 1<br />
y<br />
?<br />
t<br />
?<br />
? v y<br />
? 2?<br />
y<br />
y<br />
t<br />
p ? m ? v ? m ? v<br />
(1)<br />
(2)<br />
1 y 2 y<br />
?<br />
? p ?<br />
?<br />
x<br />
(1) 2<br />
(1) 2<br />
(2) 2<br />
(2)<br />
(?<br />
m?<br />
vx<br />
) ? ( m1<br />
?? vx<br />
) ? (?<br />
m?<br />
vx<br />
) ? ( m2<br />
? vx<br />
)<br />
2<br />
? p ?<br />
?<br />
y<br />
(1) 2<br />
(1) 2<br />
(2) 2<br />
(2)<br />
(?<br />
m?<br />
v<br />
y<br />
) ? ( m1<br />
?? v<br />
y<br />
) ? (?<br />
m?<br />
v<br />
y<br />
) ? ( m2<br />
? v<br />
y<br />
Hierbei sind die Bezeichnungen für die verschiedenen Pucks durch den in Klammern stehenden<br />
Index unterschieden. Die Berechnungen für die Geschwindigkeiten und Impulse nach<br />
dem Stoßprozess erfolgen völlig analog.<br />
)<br />
2<br />
46 An dieser Stelle muss der Lehrer den Einsatz dieser „Fehlerkästchen“ genau bedenken. Einerseits kann die<br />
Theorie zur Fehlerrechnung sehr schnell sehr kompliziert werden. Partielle Ableitungen, wie zur Berechnung der<br />
Gaußschen Fehlerfortpflanzung nötig, sind kein Schulstoff mehr. Andererseits ist die Angabe des Messfehlers<br />
auf die Messgröße originärer Bestandteil des physikalischen Exper<strong>im</strong>ents. Eventuell kann in der Schule der Umgang<br />
und der Hintergrund von Fehlerrechnung erklärt und verstanden werden, ohne dass jede einzelne in der<br />
Fehlerrechnung verwendete Formel nachgerechnet werden muss. Diese Entscheidungen sind von jedem Lehrer<br />
entsprechend der jeweiligen Lerngruppe neu zu treffen.<br />
35
5.3.3 Die Impulserhaltung - Untersuchung an einfachen Stößen<br />
Im Gegensatz zur Energieerhaltung, die nur <strong>im</strong> Fall der Elastischen Stöße einfach nachweisbar<br />
ist, soll hier die Gültigkeit des Impulserhaltungssatzes gezeigt werden. Der Versuchsaufbau<br />
und die Durchführung ist oben beschrieben. Zur Auswertung wurde das Auswertungsschema<br />
benutzt.<br />
Die Massenbest<strong>im</strong>mung („Wiegen“) der beiden Gleiter ergab:<br />
m 1 = 48,1 g ; m 2 = 47,96 g . Im Folgenden wurde in der Masseneinheit „Gramm“ weiter gerechnet,<br />
da eine Umrechnung in Kilogramm ein (unnötiges) Berücksichtigen von Zehnerpotenzen<br />
bedeutet hätte. Der Massenfehler ergab sich aus der Genauigkeit der Waage zu:<br />
?m = 0,1 g.<br />
Der (Koordinaten-) Messfehler wurde (wie oben besprochen) mit 2 Pixeln<br />
(? x, ? y = 0,008m) angenommen; das Zeitintervall zur Geschwindigkeitsbest<strong>im</strong>mung beträgt<br />
t = 0,2 s, d.h. es wurden fünf Bilder verwendet, um den statistischen Fehler zu min<strong>im</strong>ieren.<br />
Eine Auswertungsvorlage zu den Untersuchungen an „einfachen“ Stößen wurde in Tabelle 2<br />
gegeben, die anderen Ergebnisse sind in Tabelle 3 zu finden. Hierbei sind rechts neben den<br />
Ergebnissen die Fehler auf die einzelnen Größen eingetragen.<br />
VOR<br />
NACH<br />
a) px 67,3 ? 2,7 67,2 ? 3,8<br />
py 2,4 ? 2,7 2,4 ? 3,8<br />
b) px 76,0 ? 3,8 76,8 ? 3,8<br />
py -43,2 ? 3,8 -45,7 ? 3,8<br />
c) px 104,6 ? 5,4 100,0 ? 6,0<br />
py 0,0 ? 5,4 -4,6 ? 6,0<br />
d) px 133,1 ? 6,0 128,7 ? 6,0<br />
py -36,0 ? 6,0 -33,3 ? 6,0<br />
e) px 57,7 ? 2,7 52,5 ? 6,0<br />
py 0,0 ? 2,7 -0,3 ? 6,0<br />
f) px 73,8 ? 6,0 69,3 ? 6,0<br />
py -47,5 ? 6,0 -45,6 ? 6,0<br />
Tabelle 3: Versuchsergebnisse der „einfachen“ Stöße<br />
Im Rahmen der statistischen Fehlergrenzen ergibt sich eine gute Bestätigung der Theorie: Der<br />
Gesamt<strong>im</strong>puls vor dem Stoß ist gleich dem Gesamt<strong>im</strong>puls danach; somit ist der Impuls eine<br />
36
Erhaltungsgröße. Die Tatsache, dass <strong>im</strong> Endergebnis negative Zahlen auftauchen können,<br />
hängt mit der Orientierung der Koordinaten- und Geschwindigkeitsvektoren zusammen.<br />
5.3.4 Die Schwerpunktbewegung zweier gekoppelter Gleitpucks<br />
In diesem Versuchsteil soll der sogenannte Schwerpunktsatz der klassischen Mechanik bestätigt<br />
werden. VOGEL ([53], S. 23) formuliert ihn wie folgt:<br />
„Schwerpunktsatz<br />
Der Schwerpunkt eines abgeschlossenen Systems bewegt sich geradliniggleichförmig,<br />
unabhängig von den Bewegungen und Wechselwirkungen der Teile des<br />
Systems.“<br />
Als System wird hier ein „starrer Körper“, bestehend aus zwei Gleitpucks und der verbindenden<br />
Stange, betrachtet (Hantel). Die Hantel bewegt sich über den Tisch und führt einen Stoß<br />
mit einer der Seitenbanden aus. Egal, ob die Hantel dabei rotiert oder eine nahezu reine<br />
Translation ausführt, muss sich der Schwerpunkt nach dem Schwerpunktsatz auf einer Geraden<br />
fortbewegen.<br />
Um diese Gesetzmäßigkeit zu bestätigen, werden mit ViMPS die Schwerpunktbewegung der<br />
Hantel verfolgt und die gemessenen Koordinaten in EXCEL exportiert.<br />
Verschiedene Diagramme können zur <strong>Analyse</strong> beitragen. In Abbildung 4 ist die reine Bewegung<br />
des Schwerpunkts zu sehen (y- gegen x-Koordinate) 47 .<br />
0,9<br />
0,8<br />
0,7<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0 0,5 1 1,5<br />
x-Koordinate [m]<br />
Vor dem Stoß<br />
Nach dem Stoß<br />
Abbildung 4: Schwerpunktbewegung in Ortskoordinaten<br />
47 Aus den drei durchgeführten Versuchen zu dieser Thematik (vgl. Versuchsbeschreibung) ist hier exemplarisch<br />
der zweite Versuch b) vorgestellt. Die Ergebnisse der anderen Versuche a) und c) sind in Anhang D zu finden.<br />
37
Hierbei ist deutlich zu sehen, dass sowohl die Messpunkte vor wie nach dem Stoß (<strong>im</strong> Rahmen<br />
der Messgenauigkeit) auf einer Geraden liegen (Bestätigung des Schwerpunktsatzes).<br />
Dieser Sachverhalt kann in anderen Diagrammen noch näher beleuchtet werden, wenn man<br />
z.B. die Zeitabhängigkeit in das Diagramm einfließen lässt. Hierzu exemplarisch zwei Abbildungen:<br />
1,4<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 5 : Die Schwerpunktbewegung <strong>im</strong> x-t-Diagramm<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 6: Die Schwerpunktbewegung <strong>im</strong> y-t-Diagramm<br />
Hier soll keine ausführliche Diskussion der verschiedenen Diagramme erfolgen, sondern lediglich<br />
darauf hingewiesen werden, dass der Lehrer anhand dieser Versuche das Erstellen von<br />
38
kinematischen Grafen lehren bzw. den Zusammenhang zwischen Weg-, Geschwindigkeitsoder<br />
Beschleunigungs-Grafen verdeutlichen kann.<br />
Speziell am Graf in Abbildung 4 kann dem Schüler noch ein weiterer Sachverhalt auffallen<br />
oder klargemacht werden: Die Messpunkte vor dem Stoß sind weiter voneinander entfernt als<br />
nach dem Stoß. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass die Schwerpunktgeschwindigkeit<br />
nach dem Stoß kleiner ist als vorher. In Zusammenhang mit dem vorliegenden Video<br />
kann man erkennen, dass nach dem Stoß mit der Bande Translationsenergie in Rotationsenergie<br />
umgesetzt wurde und somit weniger Translationsenergie als vor dem Stoß zur Verfügung<br />
steht (Hinweis auf Energieerhaltung). Aufgrund dieser Umwandlung von Translations- in<br />
Rotationsenergie ist der Impuls des Schwerpunkts keine Erhaltungsgröße des Stoßprozesses;<br />
dies erklärt die offenkundige Verletzung des Reflexionsgesetzes („Einfallswinkel = Ausfallswinkel“)<br />
in Abbildung 4.<br />
5.3.5 Der Unelastische Stoß in Verbindung mit der Schwerpunktbewegung<br />
Die Massen der beiden Gleitpucks mit außen befestigtem Klettband betragen m 1 = 50,11 g;<br />
m 2 = 50,41 g. Als Zeitintervall werden wieder fünf Bilder, d.h. 0,2 Sekunden gewählt. Mit<br />
dem Auswertungsschema lässt sich auch hier der Impulserhaltungssatz prüfen. Vor dem Stoß<br />
sind die Geschwindigkeiten der beiden Gleiter zu best<strong>im</strong>men, nach dem Stoß wird die Bewegung<br />
des Kontaktpunktes (= Schwerpunkt) vektoriell verfolgt. Es ergeben sich folgende Resultate:<br />
VOR<br />
NACH<br />
a) px 66,8 ? 4,7 67,0 ? 9,5<br />
py 4,2 ? 4,7 0,0 ? 9,5<br />
b) px 75,4 ? 4,0 75,4 ? 2,9<br />
py -45,4 ? 4,0 -45,2 ? 2,9<br />
Tabelle 4: Ergebnisse der Versuche zum Unelastischen Stoß<br />
Wiederum wird der Impulserhaltungssatz <strong>im</strong> Rahmen der Fehlergrenzen bestätigt.<br />
5.3.6 Der Elastische Stoß - Energieerhaltung<br />
In der Versuchsbeschreibung in Kapitel 5.2.2.4 sind ausführlich verschiedene Überlegungen<br />
zum Elastischen Stoß diskutiert worden. Im Wesentlichen soll in diesem Versuchsteil der<br />
Energieerhaltungssatz nachgewiesen werden. Da vorher nur der Impulserhaltungssatz eingeführt<br />
oder geprüft wurde, steht dem Schüler also ein neuer Kenntnisgewinn bevor.<br />
39
Der zu überprüfende Energieerhaltungssatz lautet 48 :<br />
Hierbei gilt:<br />
1<br />
2<br />
v<br />
Für die Energie folgt:<br />
2 1 2 1 2 1<br />
? m<br />
1?<br />
v1<br />
? ? m2<br />
? v2<br />
? ? m1<br />
? u1<br />
? ? m2<br />
? u<br />
2 2 2<br />
?<br />
v<br />
?<br />
v<br />
2 2<br />
1 1x<br />
1y<br />
;<br />
1 2<br />
E vor<br />
? m1v1<br />
?<br />
2<br />
?<br />
? v<br />
1<br />
2<br />
1<br />
?<br />
mv<br />
2<br />
2<br />
? v1x<br />
??<br />
v<br />
? v1<br />
1x<br />
?<br />
?<br />
2<br />
2<br />
2<br />
? v1<br />
y<br />
??<br />
v<br />
?<br />
? v1<br />
2<br />
2<br />
2<br />
2<br />
? v1<br />
??<br />
m ? ?<br />
1<br />
v ??<br />
m ?<br />
E vor<br />
?<br />
?<br />
1 1 1<br />
2 2<br />
?<br />
?<br />
2<br />
?<br />
1y<br />
2 2 2<br />
? m ? v ?? v ? ??<br />
? ?? m ? v ? v ? 2<br />
Analoge Rechnungen gelten für v 2 , u 1 , u 2 und E nach . Als Beispiel zu den oben genannten Berechnungen<br />
ist <strong>im</strong> Folgenden wieder ein Auswertungsschema präsentiert.<br />
?<br />
2<br />
?<br />
?<br />
2<br />
?<br />
2<br />
m1 m2 Zeitintervall Messfehler Massenfehler<br />
212,97 237,8 0,2 0,008 0,1<br />
1. Puck:<br />
VOR<br />
NACH<br />
x1 0,22 x2 0,35 x1 0 x2 0<br />
y1 0,62 y2 0,63 y1 0 y2 0<br />
vx 0,65 0,06 vx 0 0,06 (ruht)<br />
vy 0,05 0,06 vy 0 0,06<br />
2. Puck:<br />
VOR<br />
NACH<br />
x1 0,58 x2 0,58 x1 0,7 x2 0,81<br />
y1 0,43 y2 0,52 y1 0,75 y2 0,85<br />
vx 0 0,06 vx 0,55 0,06<br />
vy 0,45 0,06 vy 0,5 0,06<br />
Impulserhaltungssatz:<br />
VOR<br />
NACH<br />
px 138,4 18,1 px 130,8 18,1<br />
py 117,7 18,1 py 118,9 18,1<br />
Energieerhaltungssatz:<br />
VOR<br />
NACH<br />
v1 0,65 0,06 0 0,06<br />
v2 0,45 0,06 0,74 0,06<br />
E 69,3 9,9 65,7 10,0<br />
Tabelle 5: Auswertungsbeispiel Elastischer Stoß<br />
48<br />
Eine alternative Form des Energieerhaltungssatzes ist <strong>im</strong> Anhang C auf Schulniveau hergeleitet.<br />
40
Bei diesem Beispiel handelt es sich um den in Abschnitt 5.2.2.4 d) beschriebenen seltenen<br />
Fall, dass der stoßende Magnetgleiter nahezu zentral stößt und danach zur Ruhe kommt 49 .<br />
Zusammenfassend sind alle Ergebnisse bezüglich des Energieerhaltungssatzes in untenstehender<br />
Tabelle aufgelistet. Man erkennt eine gute Bestätigung der Theorie in allen vier Versuchen.<br />
VOR<br />
NACH<br />
a) 60,2 ? 9,1 53,8 ? 8,6<br />
b) 53,2 ? 8,5 44,2 ? 7,9<br />
c) 62,9 ? 9,4 66,7 ? 10,0<br />
d) 69,3 ? 9,9 65,7 ? 10,0<br />
Tabelle 6: Ergebnisse der Versuche zum Energieerhaltungssatz<br />
5.3.7 Einführung der Rotationsbewegung (mögliche Unterrichtsreihe)<br />
5.3.7.1 Didaktische Vorbemerkungen<br />
Im Rahmen dieses Versuchsteils werden Rotationsbewegungen am Luftkissentisch untersucht<br />
(vgl. Versuchsbeschreibung in Kapitel 5.2.2.5). Bei den Überlegungen, welcher Art die Auswertung<br />
zu diesen Versuchen sein soll, wurde ein Konzept entwickelt, mit dem die Rotationsbewegung<br />
nach Meinung des Autors auch in der Schule eingeführt oder analysiert werden<br />
kann. Dabei wird zunächst die Bewegung in ihrer Gesamtheit betrachtet. Später werden Erklärungen<br />
bzw. beschreibende Formeln herausgearbeitet.<br />
Bei der Vorstellung der Versuchs- bzw. Erkenntnisschritte wird <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit allerdings<br />
die physikalische Seite betont. Die Einbindung in den Unterricht, die Unterrichtsplanung,<br />
die Unterstützung durch verschiedene Methoden oder Sozialformen des Unterrichts soll<br />
hier nicht näher diskutiert werden; dies wäre typischer Stoff für eine zweite Staatsexamensarbeit<br />
für das Lehramt an Gymnasien.<br />
49 Obwohl der Messwert hier „Null“ ist, d.h. der Gleiter ruht, ist ein Fehler auf diese Nulllage angegeben. Dies<br />
soll betont werden, da in anderen Versuchen am Luftkissentisch definierte Nullagen ohne Fehler angegeben<br />
werden.<br />
41
5.3.7.2 <strong>Analyse</strong> der Kreisbewegung mit ViMPS<br />
Zunächst ist aus den vorliegenden vier Videosequenzen zur Kreisbewegung eine ausgesucht<br />
und systematisch vermessen worden 50 . Hierbei ist pro Bild die Koordinate der Mitte des kreisenden<br />
Gleiters aufgenommen und gespeichert worden. In einem „Ortsdiagramm“ der y- gegen<br />
die x-Koordinate ergibt sich dann folgendes Bild:<br />
xy-Diagramm<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
y-Koordinate [m]<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
-0,6 -0,4 -0,2 0<br />
-0,1<br />
0,2 0,4 0,6<br />
-0,2<br />
-0,3<br />
-0,4<br />
-0,5<br />
x-Koordinate [m]<br />
Abbildung 7: Ortskoordinatendarstellung der Kreisbewegung<br />
Die Kreisbewegung ist hier deutlich zu erkennen. Ebenso kann schon an dieser Stelle die Fadenlänge,<br />
d.h. der Radius der Bewegung best<strong>im</strong>mt werden.<br />
5.3.7.3 Die Kreisgleichung - Zerlegung der Bewegung<br />
Physikalisch lässt sich eine Rotationsbewegung als Überlagerung einer Schwingung in x- und<br />
y-Richtung beschreiben. Diese Erkenntnis können die Schüler dadurch erhalten, dass sie die<br />
x- bzw. y-Koordinate gegen die Zeit auftragen. Hierbei entsteht folgendes Diagramm:<br />
50 Hierbei handelt es sich um den in Kapitel 5.2.2.5 c) beschriebenen Versuch.<br />
42
Koordinaten [m]<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
-0,1<br />
-0,2<br />
-0,3<br />
-0,4<br />
-0,5<br />
x,y-t-Diagramm<br />
0 1 2 3 4 5 6<br />
x-Koordinate<br />
y-Koordinate<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 8: Zerlegung der Kreisbewegung in Sinusschwingungen<br />
Zusammenhängend mit der Zerlegung in Sinusfunktionen kann die allgemeine Kreisgleichung<br />
betrachtet werden:<br />
2 2<br />
r ? x ?<br />
Nun kann man z.B. in EXCEL eine Wertetabelle anlegen und x, y, x², y² darin auftragen.<br />
Mittelt man dann über x² + y², erhält man (in diesem Beispiel) r² = 0,137 m² und damit<br />
r 0 = (0,370? 0,001) m. Dies deckt sich mit dem vorher mit Bandmaß gemessenen Wert von<br />
r 0 ‘ = (0,370? 0,005) m.<br />
Insgesamt kann mit der Erkenntnis, dass die x- bzw. y-Koordinate eine Sinusschwingung ausführt,<br />
die Kreisgleichung in folgender Form geschrieben werden 51 :<br />
2 2 2<br />
2<br />
r ( t)<br />
? r (sin ? t?<br />
cos ?<br />
0<br />
Hierbei greift man auf Wissen der Schüler aus dem Mathematikunterricht zurück. Sinusfunktionen<br />
werden dort in der 10. Klassenstufe behandelt.<br />
y<br />
2<br />
t)<br />
51 Entweder ist diese Schreibweise den Schülern aus der Diskussion von Schwingungen schon bekannt, andernfalls<br />
könnte ? zunächst als Konstante eingeführt werden, die später genauer untersucht wird.<br />
43
5.3.7.4 Einführung eines neuen Koordinatensystems<br />
Nachdem die Schüler <strong>im</strong> vorigen Kapitel den Zusammenhang zwischen x- und y-Koordinate<br />
herausgearbeitet haben, kann nun die Frage aufgeworfen werden, ob wirklich beide Koordinaten<br />
zur Beschreibung der Bewegung nötig sind. Nach einer möglichen Ideensammlung<br />
können dann Polarkoordinaten eingeführt werden. Der Radius r (Fadenlänge) ist fest, lediglich<br />
der Drehwinkel ? ändert sich. An einem einfachen Dreieck (evtl. Einheitskreis) lassen<br />
sich folgende Beziehungen veranschaulichen:<br />
y<br />
sin ? ? ;<br />
r<br />
x<br />
cos ? ? ;<br />
r<br />
Danach könnte in EXCEL eine Tabelle folgender Art angelegt werden (Auschnitt):<br />
tan?<br />
cos ? sin ? tan ? ? ?????<br />
0,38 -0,92 -2,43 -1,98 -113,39<br />
0,27 -0,94 -3,50 -1,90 -109,12<br />
0,19 -0,97 -5,22 -1,81 -103,64<br />
0,09 -1,00 -10,88 -1,52 -87,20<br />
-0,02 -1,00 48,49 -1,52 -87,20<br />
-0,14 -1,00 6,98 -1,52 -87,20<br />
-0,23 -0,97 4,29 -1,33 -76,36<br />
-0,32 -0,94 2,92 -1,24 -70,88<br />
-0,43 -0,92 2,13 -1,16 -66,61<br />
-0,51 -0,86 1,68 -1,04 -59,75<br />
Tabelle 7: Umrechnung von kartesischen in Polarkoordinaten<br />
Hierbei sind folgende Dinge zu beachten:<br />
? Der Drehwinkel ? wird vom Computer <strong>im</strong> Bogenmaß angegeben und berechnet.<br />
? Eine genauere Betrachtung der Eigenschaften der Trigonometrischen Funktionen liefert<br />
die Erkenntnis, dass sie nur in gewissen Bereichen zur Umrechnung von x/y-Koordinaten<br />
in Drehwinkel günstig sind: Wenn z.B. ? in der Nähe von ?/2 ist, wird die Umrechnung<br />
mittels der Sinusfunktion ungenau, wohingegen gerade hier der Kosinus günstig ist. Diesen<br />
Sachverhalt sieht man z.B. in der 4. bis 6. Zeile der Tabelle deutlich. Da ? in der Tabelle<br />
nur über die Sinusfunktion berechnet ist, sind die Einträge in diesen Zeilen natürlich<br />
ungenau (Dies ist auch in Abbildung 9 zu sehen, die (zur Demonstration) nicht verbessert<br />
wurde).<br />
? Der Drehwinkel ? kann dann zum besseren Verständnis in Gradzahlen umgerechnet werden<br />
(? [°]).<br />
? Folgendes Winkel-Zeit-Diagramm kann jetzt erstellt werden:<br />
?<br />
y<br />
x<br />
44
Winkel-Zeit-Diagramm<br />
15,0<br />
10,0<br />
? = 2,471t - 1,926<br />
??<br />
5,0<br />
0,0<br />
-5,0<br />
0 1 2 3 4 5 6<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 9: Winkel-Zeit-Diagramm der Kreisbewegung<br />
Im Diagramm ist eine Trendlinie eingezeichnet, welche die Messpunkte des ersten vollständigen<br />
Umlaufs fittet. Die Abweichung der Fitgeraden von den weiteren Messpunkten wird <strong>im</strong><br />
nächsten Kapitel erklärt.<br />
5.3.7.5 Der Proportionalitätsfaktor ?<br />
Um die Winkelgeschwindigkeit ? einzuführen, können die Schüler eine Wertetabelle bestehend<br />
aus ? , t und ? /t erstellen. Die Winkelgeschwindigkeit kann dann in Anlehnung an die<br />
Definition der (Translations-) Geschwindigkeit als überstrichener Winkel pro Zeit definiert<br />
werden.<br />
?<br />
?<br />
??<br />
? t<br />
Spätestens hier wird dann auch die Kreisgleichung aus Abschnitt 5.3.7.3 vollständig erklärt.<br />
Nun kann die Winkelgeschwindigkeit auf drei verschiedene Arten best<strong>im</strong>mt werden:<br />
? Im bisher betrachteten Beispielversuch kann ? als Mittelwert der Werte ??/? t berechnet<br />
werden. Es ergibt sich ein Wert von<br />
? 1<br />
? ? (2,39?<br />
0,12) s . Hierbei wird die Standardabweichung<br />
der Daten dividiert durch die Wurzel der Messwertzahl als Fehler angenommen.<br />
Der Messfehler wäre noch kleiner, wenn die Daten wie oben angesprochen an den Extremstellen<br />
der Sinusfunktion korrigiert würden.<br />
45
? Als Gegenprobe kann ? aus der Umdrehungszeit berechnet werden. Der Begriff der Umdrehungszeit<br />
T (Periodendauer, Umlaufzeit) kann an dieser Stelle eingeführt werden. Es<br />
gilt der Zusammenhang:<br />
?<br />
? 2?<br />
? ? f ?<br />
2?<br />
?<br />
T<br />
Aus der ersten Umdrehung des Gleiters folgt ein Zahlenwert von<br />
?<br />
? (2,45?<br />
0,04) s<br />
(Der Messfehler ergibt sich aus der Messgenauigkeit von einem Bild, d.h. ? T = 0,04 s und<br />
2?<br />
? ?? T<br />
?? ? ).<br />
2<br />
T<br />
? Schließlich kann ??als Geradensteigung aus Abbildung 9 ermittelt werden. Für die Mess-<br />
? 1<br />
werte des ersten Umlaufs liefert EXCEL den Wert: ? ? (2,47?<br />
0,09) s .<br />
? 1<br />
Aus den Messpunkten des letzten Umlaufs erhält man den Wert: ? ? (2,15?<br />
0,18) s .<br />
Diese Werte der Winkelgeschwindigkeit verdeutlichen, dass sich der Gleiter nicht ganz<br />
reibungsfrei auf dem Tisch bewegt. Die Winkelgeschwindigkeit n<strong>im</strong>mt <strong>im</strong> Lauf der Zeit<br />
merklich ab. Die Fehler auf ? ? ?bzw.?? E ?folgen aus ?²-Anpassungstests (vgl. z.B. Kapitel<br />
7.3.5.4). Wie in Abbildung 9 zu sehen ist die Kurve der Messpunkte zu Beginn der Bewegung<br />
„glatter“, was sich auch durch den kleineren Fehler von ? A zeigt.<br />
5.3.7.6 Die Bahngeschwindigkeit<br />
Bisher sind die Begriffe Winkelgeschwindigkeit, Periodendauer und Radius der Kreisbewegung<br />
eingeführt. Als nächster Schritt bietet sich an, die Bahngeschwindigkeit vorzustellen.<br />
Hierfür gilt:<br />
v? r??<br />
Die Herleitung dieses Begriffs kann entweder theoretisch oder exper<strong>im</strong>entell erfolgen. Exper<strong>im</strong>entell<br />
sind Wertetabellen anzufertigen, die dann grafisch ausgewertet werden.<br />
Die theoretische Herleitung ist formal:<br />
? s r??<br />
? r?<br />
???<br />
t<br />
v? ? const ? ? ? r?<br />
?<br />
? t ? t ? t<br />
Der Zusammenhang zwischen den Begriffen der Translationsgeschwindigkeit und der Bahngeschwindigkeit<br />
kann <strong>im</strong> folgenden Kapitel hergestellt werden, in dem (als letzter methodischer<br />
Schritt zur Einführung der Kreisbewegung) der Übergang einer Rotation in eine Translation<br />
untersucht wird.<br />
A<br />
E<br />
? 1<br />
46
5.3.8 Rotation und Translation<br />
Die vorliegenden Filme zum Übergang von Rotation in Translation sind dadurch gekennzeichnet,<br />
dass der Faden, der über die Zentripetalkraft den Gleiter auf eine Kreisbahn zwingt,<br />
„gesprengt“ wird.<br />
Bei Aufnahme je eines Messpunktes pro Videobild ergibt sich z.B. folgendes Diagramm der<br />
Ortskoordinaten 52 :<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5<br />
X-Koordinate<br />
Abbildung 10: Das tangentiale „Wegfliegen“<br />
Für die Rotationszeit kann z.B. eine Bahngeschwindigkeit mit ViMPS best<strong>im</strong>mt werden, die<br />
mit der Translationsgeschwindigkeit nach Durchtrennung des Fadens verglichen wird.<br />
Aufgrund dieses Übergangs von Rotation in Translation können nun verwandte Begriffe definiert<br />
werden, beispielsweise kann die Winkelbeschleunigung ? eingeführt werden. Bei der<br />
Frage, welche Wechselwirkung den Gleitpuck auf die Kreisbahn zwingt, kann die Zentripetalkraft<br />
motiviert werden. Im Leistungskurs oder während Projekttagen könnte der Begriff des<br />
Trägheitsmoments ? erarbeitet werden, welcher der Newtonschen Gleichung<br />
F ? m?<br />
a<br />
die zugehörige Rotationsform zuordnet:<br />
T ?? ?? (T= Drehmoment).<br />
52 Hier ist der zweite Versuch dieser Art <strong>im</strong> Bild dargestellt.<br />
47
Diese Gesetzmäßigkeiten sind häufig nötig, um kompliziertere Realbewegungen zu beschreiben.<br />
Im Kapitel 6 wird dies <strong>im</strong> Zusammenhang mit der <strong>Analyse</strong> des Wasserspringens noch<br />
deutlich werden.<br />
5.3.9 Ein neues Kraftgesetz: Die elliptische Federschwingung<br />
Nachdem an dieser Stelle die einfache Rotationsbewegung eingeführt ist, soll nun eine kompliziertere<br />
Bewegung betrachtet werden 53 . Ein Gleitpuck führt elliptische Drehbewegungen<br />
um ein Zentrum aus, mit dem er über Stift und Feder verbunden ist. N<strong>im</strong>mt man die Bahn der<br />
Ortskoordinaten auf, erhält man untenstehende Abbildung.<br />
1<br />
0,9<br />
0,8<br />
0,7<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,6 0,7 0,8 0,9 1 1,1<br />
Startpunkt<br />
x-Koordinate [m]<br />
Abbildung 11: Die elliptische Federschwingung<br />
Zu dieser Abbildung können sich verschiedene Diskussionspunkte ergeben:<br />
? Der Gleitpuck vollführt eine elliptische Bahn.<br />
? Die Ortskoordinaten können gegen die Zeit aufgetragen werden (Sinuskurven). Dieses<br />
Diagramm ist in Anhang E 1 zu finden. Ein Vergleich mit der Kreisbewegung aus Kapitel<br />
5.3.7 ist möglich.<br />
53 Diese <strong>Analyse</strong> der elliptischen Federschwingung könnte in der Schule auch gut als Facharbeit gestellt werden,<br />
sofern nicht einige Aspekte direkt <strong>im</strong> Unterricht besprochen werden.<br />
48
? Die Dämpfung der Schwingung ist <strong>im</strong> Diagramm an der Verkleinerung der Halbachsen<br />
bei jedem Umlauf zu sehen.<br />
? Der Dämpfungsfaktor ? kann berechnet werden. Hierzu könnte z.B. eine Koordinate, die<br />
gegen die Zeit aufgetragen ist, durch eine Funktion der Gestalt<br />
??<br />
f ( t)<br />
? e ? sin?<br />
t<br />
gefittet<br />
werden.<br />
? Es kann eine Hauptachsentransformation durchgeführt werden. In den Koordinaten der<br />
Hauptachsen wäre die Phasenveschiebung von 90° zwischen beiden Koordinaten deutlich<br />
zu sehen (Dies ist <strong>im</strong> Fall der x-y-Koordinaten nicht der Fall und auch nicht erwartet!).<br />
? Überprüfung des 2. Keplerschen Gesetzes. VOGEL ([53], S.52) formuliert es wie folgt:<br />
„Der „Radiusvektor“ (der Strahl Sonne?Planet) überstreicht in gleichen Zeiten gleiche<br />
Flächen.“<br />
Dieses Gesetz soll an den Messwerten überprüft werden 54 . Hierzu wird folgendermaßen<br />
vorgegangen:<br />
1) Zusätzlich zu den Messwerten aus Abbildung 11 werden mit ViMPS die Koordinaten<br />
des Aufhängepunktes der Feder (Zentrum) best<strong>im</strong>mt.<br />
2) Jeweils zwei aufeinanderfolgende Messpunkte der Ellipsenbahn bilden mit dem Zentrum<br />
ein Dreieck, dessen Fläche in guter Näherung gleich der vom Fahrstrahl oder<br />
„Radiusvektor“ pro Bild, d.h. in 0,04 Sekunden, überstrichenen Fläche ist. Diese Dreiecksfläche<br />
kann aus den Koordinaten der Eckpunkte berechnet werden (siehe Anhang<br />
E 2).<br />
3) Addiert man die Flächen der einzelnen Dreiecke fortlaufend, erhält man die insgesamt<br />
<strong>im</strong> Lauf der Zeit „überstrichene“ Fläche.<br />
4) In einem Diagramm kann die Gesamtfläche gegen die verstrichene Zeit aufgetragen<br />
werden. Bei Gültigkeit des zweiten Keplerschen Gesetzes liegen die Messpunkte auf<br />
einer Geraden. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 12 zu sehen. Die Abweichung der<br />
Werte von der eingezeichneten Trendlinie, die aus den zum ersten Umlauf gehörenden<br />
Messwerten ermittelt wurde, entsteht durch die leichte Dämpfung der Bewegung (Reibung),<br />
die schon in Kapitel 5.3.7.5 bzw. Abbildung 9 zu sehen war.<br />
54 Man beachte, dass in diesem Fall der Aufhängepunkt der Feder als „Zentrum“ der Bewegung bezeichnet wird.<br />
Planeten hingegen bewegen sich auf Ellipsenbahnen um die in einem Brennpunkt der Ellipse befindliche Sonne.<br />
49
0,6<br />
0,5<br />
A = 0,0418t + 0,0019<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 12: Überprüfung des 2. Keplerschen Gesetzes<br />
5.3.10 Versuche zur Gaskinetik<br />
Die <strong>im</strong> Folgenden präsentierten Auswertungsvorschläge der Videosequenzen unterscheiden<br />
sich deutlich von den Auswertungen vorher. Bisher wurden mechanische Prozesse betrachtet,<br />
die mit der Sprache der Mechanik (Geschwindigkeiten, Kräfte, Winkel) beschrieben wurden.<br />
Nun soll ein mechanisches Modell (Gleiter auf Luftkissentisch) gaskinetisch interpretiert<br />
werden. Hierbei spielt weniger der einzelne Gleitpuck eine Rolle als vielmehr das Zusammenwirken<br />
oder Wechselwirken von vielen Gleitern. Zum Thema Kinetische Gastheorie ist<br />
ein Vergleich mit dem gleichnamigen Kapitel in [53], S. 214 ff., sinnvoll.<br />
5.3.10.1 Diffusion<br />
Die Videosequenz zur Diffusion kann weniger quantitativ als viel mehr phänomenologisch<br />
ausgewertet werden. Es zeigt sich, dass die Entropie <strong>im</strong> System der Gleitpucks zun<strong>im</strong>mt, da<br />
die Pucks durch die Abstände zwischen den Eisenkernen „diffundieren“, sobald der trennende<br />
Stab entfernt ist.<br />
5.3.10.2 Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung<br />
Ein mögliches Lernziel für Schüler ergibt sich in diesem Kapitel dadurch, dass sie Kenntnisse<br />
über eine zweid<strong>im</strong>ensionale Geschwindigkeitsverteilung von Teilchensystemen erlangen 55 .<br />
55 Im Folgenden hält der Autor sich eng an die Ausführungen in [13], Kapitel 10.2 f.<br />
50
Zunächst müssen mit ViMPS möglichst viele Gleitergeschwindigkeiten <strong>im</strong> Video best<strong>im</strong>mt<br />
werden. Hierzu stehen zwei verschiedene Videosequenzen zur Verfügung: Die Fälle b) bzw.<br />
c) aus Kapitel 5.2.2.8. Zur Erstellung eines Histogramms für die Geschwindigkeitsverteilung<br />
muss die Anzahl der Gleiter in einem best<strong>im</strong>mten Geschwindigkeitsintervall best<strong>im</strong>mt werden.<br />
Da bei einer zu groben oder zu feinen Aufteilung der Intervalle das Histogramm nur<br />
schwer eine zugrundeliegende Gesetzmäßigkeit erkennen lässt, empfiehlt HERLITZ/ WIDULLA<br />
([13], Kap. 10.2.1) eine Aufteilung in 2 ? n gleichgroße Intervalle, wobei n die Anzahl der<br />
Messwerte bezeichnet.<br />
Im zweid<strong>im</strong>ensionalen Fall ergibt die Theorie für die Anzahl dn der Teilchen mit Geschwindigkeiten<br />
<strong>im</strong> Intervall von v bis (v + dv):<br />
Dabei ist<br />
? v<br />
2<br />
v<br />
dn? C?<br />
v?<br />
e<br />
0 dv (1)<br />
v<br />
2<br />
0<br />
1<br />
? ?<br />
n<br />
l<br />
?<br />
i?<br />
1<br />
2<br />
n i<br />
? v i<br />
2<br />
(2)<br />
mit n: Anzahl aller gemessener Teilchen<br />
v i : Intervallmitten der Geschwindigkeitsintervalle<br />
n i : Anzahl der Teilchen mit einer Geschwindigkeit aus dem i-ten Intervall<br />
l: Anzahl der Geschwindigkeitsintervalle.<br />
Die Fläche unter der Kurve ist gegeben durch:<br />
C<br />
? v<br />
2 0<br />
2<br />
? n<br />
(3)<br />
Das mittlere Geschwindigkeitsquadrat v 2 0 lässt sich nach (2) aus den Messwerten berechnen.<br />
Es ist abhängig von der „Temperatur“ des Gassystems, d.h. von der Frequenz des Schüttelrahmens.<br />
Mit Gleichung (3) kann aus den Messwerten zusätzlich noch C best<strong>im</strong>mt werden.<br />
Setzt man C und v 2 0 in die theoretische Kurve (1) ein, so kann diese mit dem Histogramm<br />
verglichen werden. Natürlich müsste die Übereinst<strong>im</strong>mung umso besser werden, je mehr<br />
Messwerte best<strong>im</strong>mt werden 56 .<br />
5.3.10.3 Mittlere freie Weglänge<br />
Um die mittlere freie Weglänge von Teilchen in Gasen zu best<strong>im</strong>men, können zunächst zwei<br />
Videosequenzen mit ViMPS untersucht werden (Filme b) und c) aus Kapitel 5.2.2.8). Hierbei<br />
56 Eine genauere Herleitung oben genannter Sachverhalte findet sich in [13], Kapitel 10.2.1 (Anhang) oder in<br />
[53], S. 225 ff.<br />
51
haben die Gleiter die gleiche Größe 57 . Die Filme unterscheiden sich durch die unterschiedliche<br />
„Gasdichte“, d.h. Gleitpuckzahl auf dem Luftkissentisch.<br />
Die freie Weglänge kann z.B. mit ViMPS dadurch best<strong>im</strong>mt werden, dass man einen Gleiter<br />
betrachtet und dann bei jedem Stoß dieses Gleiters dessen Ortskoordinaten aufn<strong>im</strong>mt. Die<br />
freie Weglänge dazwischen kann dann sehr leicht mit EXCEL best<strong>im</strong>mt werden (Satz des<br />
Pythagoras).<br />
In einer Wertetabelle können dann Wegintervalle aufgetragen und die Messergebnisse pro<br />
Intervall eingetragen werden.<br />
Die theoretische Verteilung für das Histogramm der freien Weglängen lautet:<br />
Hierbei ist:<br />
dn?<br />
? x<br />
n0 ?<br />
? e dx (4)<br />
?<br />
dn: Anzahl der Teilchen mit Wegstrecken zwischen x und (x + dx)<br />
n 0 : Anzahl aller gemessener Teilchen bzw. Wegstrecken<br />
1<br />
? ?<br />
? ?(<br />
d1 ? d<br />
2<br />
)?<br />
2<br />
?: Teilchenzahldichte<br />
d 1 : Durchmesser eines kleinen Gleiters<br />
d 2 : Durchmesser eines großen Gleiters (falls benutzt)<br />
Integration von (4) liefert die Verteilung:<br />
n? n0<br />
? e<br />
? x<br />
?<br />
Eine genaue Herleitung der oben genannten Sachverhalte ist in [53], S. 221 ff. bzw. in [13],<br />
Kapitel 10.3.1 zu finden.<br />
5.3.10.4 Brownsche Bewegung<br />
Lernziel dieses Kapitels ist die Vorstellung der Brownschen (Molekular-) Bewegung. Hierzu<br />
können die Videos d) und e) aus Kapitel 5.2.2.8 verwendet werden. Vogel schreibt dazu 58 :<br />
„Ein Teilchen in einem System mit der Temperatur T hat die mittlere kinetische Energie<br />
? kT der regellosen thermischen Bewegung. Wie groß das Teilchen ist, spielt für<br />
3<br />
2<br />
die Energie keine Rolle (Gleichverteilungssatz), nur für die Geschwindigkeit: Schwere<br />
Teilchen fliegen langsamer.“<br />
57 Im Video e) ist ein Puck deutlich größer als die Anderen, doch auch diese Sequenz könnte untersucht werden.<br />
58 Vgl. [53], S. 223.<br />
52
In e) kann der große, grüne Puck über einen längeren Zeitraum verfolgt werden, da er sich<br />
deutlich von den anderen Pucks abhebt. Um den „Flug“ schwerer Teilchen zu s<strong>im</strong>ulieren,<br />
kann statt des grünen Pucks der rote Magnetgleiter in d) verfolgt werden.<br />
Weitere Theorie zu diesem Kapitel findet sich in [53], S. 223 f. und in [13], Kapitel 10.3.2.<br />
5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
Schon <strong>im</strong> Verlauf dieses Kapitels sind viele Anwendungs- bzw. Durchführungsmöglichkeiten<br />
für die Schule aufgezeigt worden. Zunächst bleibt festzuhalten, dass sich einige Kapitel sehr<br />
gut für den Schulunterricht eignen (Einführung der Rotationsbewegung, Überprüfung der Impulserhaltung,<br />
u.a.). Jedoch muss die Wahl einer best<strong>im</strong>mten Sozialform des Unterrichts genau<br />
bedacht werden. Die einfachen Stoßversuche aus Kapitel 5.2.2.1 bzw. 5.3.3 eignen sich<br />
beispielsweise sehr gut für Gruppenarbeit. Jede Gruppe kann einen anderen Stoßversuch<br />
analysieren und doch kommen die Gruppen insgesamt zu dem Ergebnis der Impulserhaltung.<br />
Andere Filme kommen für Projektarbeit oder fächerübergreifenden Unterricht in Frage. Hierzu<br />
zählt z.B. das Kapitel der Versuche zur Gaskinetik, welches sowohl als Baustein <strong>im</strong> Lehrplan<br />
der Oberstufe 59 genannt ist oder als Verbindung zu den Fächern Biologie oder Geografie<br />
einsetzbar ist.<br />
Insgesamt bleibt anzumerken, dass die Messergebnisse, die mit ViMPS aufgenommen und<br />
dann meist mit EXCEL weiterverarbeitet wurden, den theoretischen Erwartungen gut entsprechen.<br />
Zu vielen Versuchen ist die Größe des Messfehlers angegeben, der <strong>im</strong> Fall der Messung<br />
der Ortskoordinaten bei 0,8 Zent<strong>im</strong>eter liegt. Dies ist akzeptabel bezüglich den D<strong>im</strong>ensionen<br />
des Versuchsaufbaus bzw. der Tatsache, dass (absichtlich wegen Schulnähe) keine Hochgeschwindigkeitskamera<br />
verwendet wurde und so die Gleitpucks bei schneller Bewegung leicht<br />
„verwaschen“.<br />
Gegenüber den bisherigen Exper<strong>im</strong>enten, die man in der physikalischen Lehre am Luftkissentisch<br />
mittels stroboskopischer Aufnahmetechnik durchführte (vgl. [13], [42]), ist die Entwicklung<br />
hin zur Filmaufnahme und Videoanalyse ein Fortschritt, der erst jetzt den Einsatz<br />
des Luftkissentischs <strong>im</strong> Unterricht erlaubt.<br />
59 Vgl. [33], S. 49, 56.<br />
53
6 Zweite Themeneinheit: Das Wasserspringen<br />
„..daß die Mathematik in irgendeiner Weise auf die Gebilde unserer Erfahrung paßt, empfand ich als<br />
außerordentlich merkwürdig und aufregend.“<br />
Werner Heisenberg 60<br />
6.1 Idee und Fragestellung<br />
6.1.1 Gründe für die Auswahl des Wasserspringens<br />
Im vorhergehenden Kapitel wurden am Luftkissentisch Begriffe wie „Impuls“, „Dreh<strong>im</strong>puls“<br />
oder „Schwerpunktbewegung“ eingeführt. In diesem Kapitel sollen nun die vorher eingeführten<br />
Begriffe auf die <strong>Analyse</strong> von realen Bewegungsvorgängen eines Menschen übertragen<br />
werden. Im Wesentlichen soll gezeigt werden, dass auch hinter komplizierteren Bewegungsvorgängen<br />
des Menschen physikalische Gesetze stecken. Wohingegen solche Bewegungen<br />
früher kaum analysiert werden konnten, steht heute mit der Methode der videografischen<br />
<strong>Analyse</strong> ein Werkzeug zur Verfügung, mit welchem einfachere Bewegungen betrachtet und<br />
vermessen werden können.<br />
Im Fach Sport beschäftigt sich die Biomechanik mit der <strong>Analyse</strong> von Bewegungsvorgängen,<br />
um eine mögliche Opt<strong>im</strong>ierung des Bewegungsablaufs und somit bessere Leistung zu erzielen.<br />
Im Rahmen dieser Arbeit soll diese (sportliche) Seite der <strong>Analyse</strong> nicht verfolgt werden,<br />
sondern das Wasserspringen dient als Beispiel für Bewegungsvorgänge, die physikalisch<br />
analysiert werden sollen. Natürlich könnten in der Schule <strong>im</strong>mer auch entsprechend sportliche<br />
Aspekte berücksichtigt werden.<br />
Die Besonderheit des Wasserspringens liegt darin, dass in der Flugphase „freie“ Bewegungen,<br />
d.h. ohne Bindung an ein festes System, durchgeführt werden. Dies ist sonst nur in wenigen<br />
Sportarten üblich; Beispiel hierfür ist neben dem Wasserspringen z.B. das Trampolinspringen<br />
oder das Turnen. In den Fällen, in denen „feste“ Systeme beteiligt sind, ist die Wechselwirkung<br />
zwischen Athlet und System oft nicht leicht zu best<strong>im</strong>men und erschwert die physikalische<br />
Bewegungsanalyse.<br />
Ein weiterer Vorteil bezüglich der <strong>Analyse</strong> des Wasserspringens rührt aus der Tatsache, dass<br />
<strong>im</strong> Universitätsschw<strong>im</strong>mbad in Mainz die Springer des Landesleistungszentrums der rheinland-pfälzischen<br />
Wasserspringer trainieren und so Badezeiten und Athleten zur Verfügung<br />
standen, die für diese Arbeit gefilmt werden konnten.<br />
60 Vgl. [54], S. 202.<br />
54
6.1.2 Konkrete Fragestellungen<br />
Ein Schwerpunkt der Fragestellung ist die Überprüfung der Parabelflugbahn eines „geworfenen“<br />
Körpers in der Luft 61 . Dieses Phänomen wird <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> in der 11. Klasse häufig<br />
durch die <strong>Analyse</strong> der Flugphase von Kugeln vorgestellt. Statt an Kugeln soll an dieser<br />
Stelle die Flugphase <strong>im</strong> Wasserspringen untersucht und geprüft werden, ob trotz verschiedener<br />
Einflussgrößen (Mensch ? starrer Körper, Luftwiderstand, Lage des Körperschwerpunkts<br />
nicht fixiert, u.a.) die der Bewegung zugrunde liegende Wurfparabel gefunden werden kann.<br />
Hierzu wird das Mittel der videografischen <strong>Analyse</strong> mit ViMPS angewandt.<br />
Eine zweite Fragestellung betrifft das Gebiet der Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung. Es wäre didaktisch<br />
wertvoll, den Dreh<strong>im</strong>puls und die Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung z.B. am Luftkissentisch einzuführen<br />
und sie dann auf den Wasserspringer anzuwenden 62 . Diese Bestätigung ist allerdings insofern<br />
schwierig, als die physikalische Theorie auf den Sachverhalt des Wasserspringens angepasst<br />
werden müsste. Vor allem der Begriff des (Massen-) Trägheitsmoments müsste wenigstens in<br />
seinen Grundzügen eingeführt werden.<br />
6.2 Vorgehen/ praktische Durchführung<br />
6.2.1 Versuchsaufbau<br />
Im Universitätsschw<strong>im</strong>mbad wurde die Kameraposition so gewählt, dass der Springer gut von<br />
der Seite zu sehen war und möglichst die komplette Flugphase <strong>im</strong> Videoausschnitt erschien.<br />
Hierbei ergaben sich unvorhergesehene Schwierigkeiten:<br />
? Die Schw<strong>im</strong>mbadbeleuchtung alleine reichte nicht aus, den Springer gut zu beleuchten.<br />
Das Problem wurde dadurch gelöst, dass ein Theaterscheinwerfer und ein wasserdichter<br />
Industriescheinwerfer <strong>im</strong> Schw<strong>im</strong>mbad aufgestellt wurden. Dies musste aus Sicherheitsgründen<br />
außerhalb der geregelten Öffnungszeiten des Schw<strong>im</strong>mbads passieren. Außerdem<br />
konnten nur Scheinwerfer verwendet werden, die die hohe Luftfeuchtigkeit in der<br />
Schw<strong>im</strong>mhalle unbeschadet überstehen konnten.<br />
? Das zweite Problem ergab sich aufgrund der Tatsache, dass der Bildausschnitt der Kamera<br />
für die 3 ½ -fachen Salti zu klein war, falls gegen die Schw<strong>im</strong>mbadwand gefilmt werden<br />
sollte. Dies wäre aus beleuchtungstechnischen Gründen zu bevorzugen gewesen. Also<br />
musste gegen die Fensterseite des Schw<strong>im</strong>mbads gefilmt werden. Die Kontrastprobleme<br />
(Vordergrund/ Hintergrund) mussten hier in Kauf genommen werden. Um den Springer<br />
61 Vom Luftwiderstand soll an dieser Stelle abgesehen werden.<br />
62 Pädagogisches Prinzip: Das Bekannte <strong>im</strong> Unbekannten sehen.<br />
55
trotzdem als „Mensch“ und nicht nur als schwarzen Schatten zu erkennen, wurde die<br />
Blende der Kamera weiter geöffnet 63 . Bei den Sprüngen vom 1 m-Brett konnte dann gegen<br />
die Schw<strong>im</strong>mbadwand gefilmt werden.<br />
? In den Videoaufnahmen muss ein Maßstab zu sehen sein, anhand dessen die Kalibrierung<br />
der ViMPS-Messtechnik erfolgen kann. Für die Aufnahmen vom 3 m-Brett wurde der<br />
Abstand des (Hand-) Geländers vom (braunen) Boden des Sprungbretts als Maßstab verwendet:<br />
Er betrug genau 1 Meter. Für die Sprünge vom 1 m-Brett wurde das Brett selbst<br />
als Maßstab verwendet: Vom Brettende bis zu der beginnenden schwarzen Markierung an<br />
der Brettseite beträgt der Abstand genau 2 m.<br />
6.2.2 Versuchsdurchführung<br />
Zunächst wurde die Masse des Springers best<strong>im</strong>mt. Sie ergab sich zu (56 ? 1) kg 64 . Die folgenden<br />
Sprünge können in vier Versuchsteile gegliedert werden, die nacheinander vorgestellt<br />
werden sollen.<br />
a) Als erstes wurden drei 3 ½-fache Saltosprünge vom 3 m-Brett aufgenommen, da sie koordinativ<br />
am anspruchsvollsten waren 65 . Zu den verschiedenen Sprungtypen des Wasserspringens<br />
oder <strong>im</strong> Speziellen der Saltobewegungen vergleiche z.B. LUDWIG ([24], S. 92<br />
ff.) oder UCKE ([52], S. 187 ff., physikalische Betrachtungsweise).<br />
b) Anschließend wurde die Kameraposition umgebaut (andere Schw<strong>im</strong>mbadseite, siehe<br />
oben) und es wurden drei 2 ½-fache Saltosprünge vom 1 m-Brett aufgenommen.<br />
c) Danach wurde ein einfacher Kopfsprung vom 1 m-Brett aufgezeichnet.<br />
d) Zuletzt sollte ein salto-ähnlicher Sprung gefilmt werden. Hierbei wurde ein Teil der Rotation<br />
um die Körperbreitenachse in gestreckter Körperhaltung, ein anderer Teil in gehockter<br />
Körperhaltung ausgeführt. Diese Sprungform, die <strong>im</strong> wettkampfmäßigen Wasserspringen<br />
nicht üblich ist, sollte später bezüglich der Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung untersucht werden.<br />
Für die Auswertung ist die Reihenfolge der gestreckten Flugphase und der Hockphase unerheblich.<br />
Auch von diesen speziellen Saltosprüngen wurden drei Aufnahmen gemacht.<br />
63 Natürlich hätte an dieser Stelle auch eine Kamera mit Weitwinkelobjektiv ausgewählt werden können. Allerdings<br />
wären die Filmaufnahmen dann wesentlich stärker verzerrt worden als mit der verwendeten Kamera. Dadurch<br />
wären die Messungen massiv beeinflusst worden.<br />
Die verwendete Kamera filmt sehr abbildungssecht: selbst am äußerst rechten Rand konnte nur eine Rechts-<br />
Links-Verzerrung von 2 Zent<strong>im</strong>etern, am äußersten unteren Rand eine Verzerrung von max<strong>im</strong>al 5 Zent<strong>im</strong>etern in<br />
der Höhe bei einer Entfernung zum Filmobjekt von ca. 9 Metern festgestellt werden.<br />
64 Dieser recht große Fehler ist durch die zwischenzeitliche Einnahme von Wasser bzw. die Ansammlung von<br />
unterschiedlichen Mengen von Wassertröpfchen auf der Haut des Springers zu erklären.<br />
65 Der Wasserspringer hatte zum Zeitpunkt der Aufnahmen ein anderthalbtägiges Kadertraining hinter sich, sodass<br />
eine Eingrenzung der Sprungarten und -zahlen vorgenommen werden musste.<br />
56
6.3 Auswertung der verschiedenen Sprünge 66<br />
6.3.1 Die 3 ½-fachen Saltosprünge vom 3 m-Brett<br />
6.3.1.1 Auswertung der Flugphase eines Sprunges<br />
Im Wasserspringen kommt es zu einer Überlagerung von Translations- und Rotationsbewegungen<br />
in einem freien System (Luft). Den Sachverhalt von Drehungen <strong>im</strong> freien System beschreiben<br />
SPONHOLZ/ BUCHMANN ([49], S. 13 ff.) anschaulich. Im wesentlichen bedeutet die<br />
Aussage „freies“ System, dass außer der Schwerkraft keine äußeren Kräfte wirken.<br />
Die Komplexität der Überlagerung von Translations- und Rotationsbewegungen beschreibt<br />
einer der führenden Biomechaniker, D<strong>im</strong>itri D<strong>im</strong>itrijewitsch DONSKOJ, z.B. auf Seite 224 ff.<br />
seines Buches über die Grundlagen der Biomechanik [7]. Erst die moderne Videoanalyse ermöglicht<br />
es, auch diese komplizierteren Bewegungen näher beschreiben zu können. Nichtsdestotrotz<br />
muss die zu untersuchende Bewegung <strong>im</strong>mer noch best<strong>im</strong>mte Eigenschaften haben,<br />
da die dritte Raumkomponente (mit einer Kamera) nicht erfassbar ist. Demzufolge musste<br />
z.B. auf sämtliche Schraubenbewegungen (= Drehungen um die Körperlängsachse) verzichtet<br />
werden.<br />
Der Koordinatenmessfehler beträgt in diesem Kapitel ? x = ? y = 0,025 m. Diese Zahl ergibt<br />
sich aus der Annahme, dass z.B. der Körperschwerpunkt innerhalb einer kreisförmigen Umgebung<br />
eines Durchmessers von 5 Zent<strong>im</strong>eter liegt und nicht genauer best<strong>im</strong>mt werden kann.<br />
Der Radius dieses Kreises wird dann als Messfehler angenommen. Dieser Wert liegt auch in<br />
der Nähe der Pixelauflösung der Videosequenzen von 2 Zent<strong>im</strong>etern.<br />
Der 3 ½-fache Salto lässt sich nun wie der Schiefe Wurf durch eine Überlagerung einer linearen<br />
Translation in x-Richtung (vom Brett weg) und einer Bewegung in y-Richtung (zum Wasser)<br />
beschreiben, wobei die y-Richtung eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung darstellt<br />
(Fallgesetze). Dementsprechend müsste sich der Körperschwerpunkt (KSP) des Springers in<br />
x-Richtung auf einer Geraden, in y-Richtung auf einer Parabel bewegen.<br />
Da der KSP allerdings nicht unmittelbar leicht zu best<strong>im</strong>men ist, soll vor dessen <strong>Analyse</strong> in<br />
Abschnitt 6.3.1.2 die Flugkurve des Kopfes des Springers betrachtet werden, da diese durch<br />
Anklicken und Messen der Flugbahn mit ViMPS unmittelbar zu erhalten ist 67 .<br />
66 In diesem Kapitel wird für den Körperschwerpunkt die <strong>im</strong> Sport übliche Abkürzung „KSP“ verwendet.<br />
67 Natürlich könnte auch jeder andere Körperteil ausgewählt werden; in Anhang F 1 und F 2 ist zur Verdeutlichung<br />
in einem Diagramm die Bewegung des Kopfes und die der Füße als Rotation um die Bahn des KSP aufgetragen.<br />
57
Trägt man die Ergebnisse grafisch auf, lassen sich z.B. folgende Diagramme erstellen 68 (der<br />
Messfehler der Ortskoordinate ist klein gegenüber der Auflösung <strong>im</strong> Diagramm):<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
x = -1,24 t + 5,29<br />
0 0,5 1 1,5<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 13: x-t-Diagramm der Saltobewegung<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
y = -4,57t 2 + 3,47t + 4,01<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 14: y-t-Diagramm der Saltobewegung<br />
Hierbei beginnt die Messung erst mit vollständigem Verlassen des Sprungbrettes und Einnehmen<br />
der gehockten Haltung (konstante Winkelgeschwindigkeit). Deshalb ist der erste<br />
Salto in der Darstellung der Ortskoordinaten gegeneinander auch nur teilweise erkennbar.<br />
Es ergibt sich folgendes Diagramm:<br />
68 Als Beispiel ist hier der dritte gefilmte Sprung vorgestellt, die anderen Sprünge können analog ausgewertet<br />
werden.<br />
58
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
2 3 4 5 6<br />
x-Koordinate [m]<br />
Abbildung 15: Ortskoordinatendarstellung der Saltobewegung<br />
Interpretation der Grafen:<br />
? Im x-t-Diagramm erkennt man einen sinusförmigen Verlauf der Messpunkte, die sich um<br />
eine Gerade bewegen. Dies entspricht den Erwartungen und zeigt, dass die Bewegung in<br />
x-Richtung <strong>im</strong> Mittel einer linearen (gleichförmigen) Bewegung entspricht. Der Sinusverlauf<br />
der Messpunkte ist Zeichen der überlagerten Rotation des Kopfes (vgl. z.B. Kapitel<br />
5.3.4 zur Schwerpunktbewegung am Luftkissentisch).<br />
? Im y-t-Diagramm liegen die Messpunkte sinusförmig um eine Parabel. Auch das entspricht<br />
den Erwartungen, da die Bewegung in y-Richtung einen freien Fall darstellt und<br />
somit die Gesetze der gleichförmig beschleunigten Bewegung gelten. Auch hier überlagert<br />
die Rotation des Körpers den Verlauf der Messpunkte.<br />
? Wenn man die Messpunkte des y-t-Diagramms mit einer Parabel 2. Ordnung fittet, kann<br />
man sich die Formel der Fitfunktion mit EXCEL anzeigen lassen (vgl. Diagramm oben).<br />
Es gilt:<br />
1<br />
y ( t)<br />
? at<br />
2<br />
2<br />
? y0<br />
? v0t<br />
.<br />
Da es sich bei der Beschleunigung um die Erdbeschleunigung handelt, kann a = g gesetzt<br />
werden. Mit der <strong>im</strong> Diagramm angegebenen Fitformel können Schüler die Erdbeschleunigung<br />
g auf unkonventionelle Art messen.<br />
m m<br />
Hier: g ? 2?<br />
4,57 ? 9, 14 .<br />
2 2<br />
s s<br />
59
Andere Messungen ergeben die Werte:<br />
g = 8,95 m/s²<br />
g = 9,99 m/s².<br />
Da die Berechnung der Erdbeschleunigung g nicht <strong>im</strong> Vordergrund dieses Kapitels steht<br />
und die angewandte Methode auch keine Präzisionsmessung zur exakten Best<strong>im</strong>mung von<br />
g darstellt, wird an dieser Stelle auf eine Diskussion des Messfehlers von g verzichtet 69 .<br />
? Aus dem Diagramm der Ortskoordinaten lässt sich der Verlauf des Sprunges rekonstruieren.<br />
Da die Messpunkte die Flugbahn des Kopfes des Springers beschreiben, kann hier die<br />
Rotationsbewegung nachvollzogen werden.<br />
6.3.1.2 Die Flugbahn des Körperschwerpunkts<br />
Durch die Diagramme <strong>im</strong> vorigen Kapitel wird deutlich, dass alle Translationsbewegungen<br />
von einer Rotation überlagert sind. Betrachtet man nur die Bahn des Körperschwerpunkts<br />
(KSP), so kann die Rotation vernachlässigt werden, da sie <strong>im</strong> freien System um den KSP erfolgt.<br />
Übrig bleibt die reine Translation in x- und y-Richtung, die ausgewertet werden kann.<br />
Die Lage des KSP kann entweder aufgrund der Körperhaltung und Massenverteilung geschätzt<br />
oder über die Best<strong>im</strong>mung von Teilkörperschwerpunkten berechnet werden.<br />
SCOTT ([46], S. 170 ff.) beschreibt u.a. die rechenaufwendige Best<strong>im</strong>mung des KSP über<br />
Teilkörperschwerpunkte; WILLIAMS/ LISSNER ([56], S. 137 f.) zeigen, wie sich die Lage des<br />
KSP aus der Massenverteilung und Körperhaltung best<strong>im</strong>men lässt.<br />
Da beinahe jede Berechnung von (Teil-) Körperschwerpunkten in der Schule zu aufwendig<br />
ist, sollte die Lage des KSP aufgrund der Körperhaltung geschätzt werden. Dies fällt natürlich<br />
umso leichter, je mehr Erfahrung die Schüler aus dem Sportunterricht mitbringen. Wohingegen<br />
der KSP direkt nach dem Absprung aufgrund der Beugung des Oberkörpers sogar außerhalb<br />
des Körpers liegt, wird nach Einnahme der Hockhaltung ein (sinnfälliger) Punkt als KSP<br />
definiert. Hierbei empfiehlt sich z.B. der linke Ellenbogen des Springers, der (in der Projektion)<br />
gut in der Körpermitte liegt und auch während des Flugs einfach zu verfolgen ist 70 .<br />
69 Ein einfacher Chi²-Test zur Best<strong>im</strong>mung des Fehlers von g würde unrealistische Ergebnisse liefern, da die<br />
mittleren quadratischen Abweichungen zwischen der Parabel und den sinusförmigen Messwerten (um die Parabel)<br />
entsprechend zu groß sind. Eine Anpassung der Theorie wäre möglich, soll aber an dieser Stelle nicht vorgeführt<br />
werden.<br />
70 In der Schule könnte entweder die Vorgabe gemacht werden, dass der KSP <strong>im</strong> Bereich Ellenbogen liegt oder<br />
man lässt die Schüler ausprobieren (bei Tests mit Schülergruppen ergaben sich gute Ergebnisse). Solange noch<br />
sinusförmige Kurven in den Diagrammen zu erkennen sind, ist die Lage des KSP noch nicht eindeutig getroffen.<br />
60
Werden diese Messergebnisse der Flugbahn des KSP mit EXCEL dargestellt, liegen die<br />
Punkte <strong>im</strong> x-t-Diagramm nun deutlich auf einer Geraden; dieses Bild ist in Anhang F 3 zu<br />
finden. Das y-t-Diagramm sieht folgendermaßen aus:<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
y = -4,65t 2 + 4,68t + 3,58<br />
0 0,5 1 1,5<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 16: Das y-t-Diagramm der KSP-Flugbahn<br />
In diesem Diagramm ist deutlich zu sehen, dass die Messpunkte auf einer Parabel liegen, die<br />
hier in 2. Ordnung um die Messwerte gefittet ist 71 . Auch bestätigt der Kurvenverlauf, dass ein<br />
„Raten“ der Lage des KSP mit einigen Vorkenntnissen durchaus legit<strong>im</strong> zu sein scheint.<br />
Auch hier lässt sich wieder die Erdbeschleunigung g aus der Fitkurve ermitteln. Der Fehler<br />
von g ergibt sich aus einem ? 2 -Test der Messergebnisse (vgl. z.B. Kapitel 7.3.5.4).<br />
Ergebnis:<br />
g = (9,303? 0,005) m/s²<br />
Interpretation: Der relativ kleine Fehler von g <strong>im</strong>pliziert, dass hier Messergebnisse und Fitparabel<br />
statistisch gut übereinst<strong>im</strong>men. Die Tatsache, dass der Zahlenwert von g systematisch<br />
um 5 % zu klein best<strong>im</strong>mt wurde, liegt an äußeren Einflussgrößen (z.B. Luftwiderstand).<br />
Die Bewegungsgleichung, die die Bahn des KSP beschreibt, kann natürlich nicht nur gefittet,<br />
sondern auch aus den Anfangsbedingungen berechnet werden:<br />
71 Im Diagramm fällt auf, dass etwa an der Stelle „1 s“ eine Lücke in der Reihe der Messpunkte ist. Hintergrund<br />
ist ein Defekt <strong>im</strong> Aufnahmevideo. Normalerweise kann es vorkommen, dass während der Digitalisierung ein<br />
Bild verloren geht (zu Vermeiden wegen Fehler in der Zeitberechnung) und so kein Messpunkt zustande kommt.<br />
Hier ist allerdings kein Bild verloren, sondern dasselbe Bild ist zwe<strong>im</strong>al zu sehen. Da es keinen Sinn macht, hier<br />
einen zweiten Messpunkt aufzunehmen, wurde dieses zweite Bild übersprungen und danach die Messung normal<br />
fortgesetzt. Deshalb gibt ViMPS auch (richtig) den Abstand von 0,08 s zwischen beiden Messungen an.<br />
61
1 2<br />
Bewegungsgleichung: y( t)<br />
??<br />
gt ? v0<br />
y<br />
t?<br />
y0<br />
2<br />
.<br />
( ?<br />
0 y<br />
Aus y t)<br />
? gt?<br />
v ? 0<br />
folgt:<br />
v y<br />
? ? ,<br />
0<br />
g tmax<br />
wobei sich y max und t max aus dem Max<strong>im</strong>um der Flugparabel best<strong>im</strong>men lassen.<br />
Mit t max eingesetzt in die Bewegungsgleichung ergibt sich:<br />
y<br />
max<br />
?<br />
v<br />
2<br />
0 y ?<br />
2g<br />
y<br />
0<br />
2<br />
v0<br />
y<br />
Aus<br />
y0 ? ymax<br />
? lässt sich y 0 berechnen.<br />
2g<br />
Man muss allerdings beachten, dass <strong>im</strong> Videoausschnitt ca. 40 Zent<strong>im</strong>eter am unteren Bildschirmrand<br />
fehlen 72 .<br />
6.3.1.3 Flugbahn eines Teilkörperschwerpunkts (Kopf)<br />
Zuletzt soll nun die Flugbahn des Kopfes mit der des KSP verglichen werden. Hierzu stehen<br />
die Ergebnisse der beiden vorhergehenden Untersuchungen zur Verfügung. Wenn man die<br />
aus dem Video erhaltenen Messdaten in ein Diagramm aufträgt, entsteht Abbildung 17.<br />
6<br />
Flugphase be<strong>im</strong> 3 1/2-fachen Salto<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5<br />
KSP<br />
Kopf<br />
t [s]<br />
Parabelfit (KSP) Parabelfit (Kopf)<br />
Abbildung 17: Flugbahn des Kopfes und des KSP<br />
72 Z.B. ergeben Messungen eine Bretthöhe von 2,56 m statt 3 m. Dieser Unterschied müsste als additive Konstante<br />
in den Rechnungen berücksichtigt werden.<br />
62
Im Diagramm sind zwei Trendlinien eingezeichnet. Einmal die Kurve, die sich als Fit der<br />
Bewegung des KSP ergibt (Parabelfit KSP), zum anderen die Kurve, die, wie in Kapitel<br />
6.3.1.1 beschrieben, den sinusförmigen Verlauf quadratisch fittet. Es ist zu erkennen, dass die<br />
Abweichungen zwischen beiden Kurven nur sehr gering sind.<br />
Zuletzt kann von der Bewegung des Kopfes die Flugbahn des KSP subtrahiert werden. Im<br />
Diagramm dargestellt müsste das Ergebnis eine sinusförmige Funktion sein, die um den Nullpunkt<br />
schwankt. Dieser Sachverhalt ist in folgender Abbildung 18 dargestellt.<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
-0,2<br />
0 0,5 1 1,5<br />
-0,4<br />
-0,6<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 18: Differenzplot Bahn Kopf minus Bahn KSP<br />
Im Diagramm sind Fehlerbalken in y-Richtung eingezeichnet; die Zeitmessung in x-Richtung<br />
wird (wie bisher) ohne Fehler angegeben. Als y-Fehler wird wie oben ? y = 0,025 m angenommen.<br />
Der Verlauf der Kurve ist nicht genau symmetrisch um die x-Achse, allerdings widerspricht<br />
er auch nicht den Erwartungen; die Abweichungen von einer deutlicheren Sinus-<br />
Bewegung könnten z.B. mit einer leichten Neigung des Kopfes in der Phase zwischen 0,6 und<br />
0,9 Sekunden erklärt werden.<br />
6.3.2 Die 2 ½-fachen Saltosprünge vom 1 m-Brett<br />
Wie in Kapitel 6.2.2 beschrieben wurden drei 2 ½-fache Saltosprünge vom 1 m-Brett gefilmt.<br />
Das Vorgehen zur Kalibrierung dieser Messungen wurde <strong>im</strong> Abschnitt 6.2.1 erklärt. Die<br />
Auswertung der Sprünge wird an dieser Stelle nicht vorgeführt, da sie völlig analog zu der<br />
Auswertung der 3 ½-fachen Salti <strong>im</strong> vorhergehenden Kapitel durchgeführt werden kann. Der<br />
63
einzige Unterschied besteht in der Tatsache, dass die Flugphase kürzer ist und der Wasserspringer<br />
demzufolge nur einen 2 ½-fachen Salto springen kann 73 .<br />
Eventuell können die Sprünge <strong>im</strong> Rahmen einer Gruppenarbeit <strong>im</strong> Unterricht eingesetzt werden.<br />
Mit diesen und den vorigen Sprüngen stehen dann sechs verschiedene Filme zum Thema<br />
Saltobewegungen <strong>im</strong> Wasserspringen zur Verfügung, die in Kleingruppen vermessen und<br />
ausgewertet werden können.<br />
6.3.3 Der Kopfsprung vom 1 m-Brett<br />
Der Kopfsprung vom 1 m-Brett stellt wahrscheinlich einen der einfachsten Sprünge überhaupt<br />
dar. Er entspricht der Alltagserfahrung des sportbegeisterten Schülers und ist für ihn in seinem<br />
Ablauf unmittelbar nachvollziehbar. Trotzdem kann auch an diesem einfachen Sprung<br />
„Physik“ gemacht werden.<br />
? Wie in Kapitel 6.3.1 vorgeführt kann die Flugphase betrachtet und vermessen werden. Der<br />
KSP bewegt sich auf einer Parabel.<br />
? Um nach dem Absprung fußwärts kopfwärts ins Wasser einzutauchen, muss der Körper<br />
eine Drehung vollführen. Anhand der vorher eingeführten Gesetzmäßigkeiten der Rotationsbewegung<br />
kann der Kopfsprung mit Begriffen wie Drehwinkel, Winkelgeschwindigkeit<br />
oder Dreh<strong>im</strong>puls beschrieben werden.<br />
? Bei der Betrachtung des Kopfsprunges kann die Frage gestellt werden, wieso der Körper<br />
überhaupt dreht, bzw. wie der Athlet das Überdrehen des Körpers verhindert. Betrachtet<br />
man dann das Video genauer, fallen die Steuerbewegungen der Arme auf. Hier kann zum<br />
ersten Mal der Begriff des Trägheitsmoments oder die Auswirkung der Änderung desselben<br />
angeschnitten werden. Dies wäre eine Vorbereitung der Untersuchungen <strong>im</strong> nächsten<br />
Kapitel.<br />
6.3.4 Der „Spezialsprung“ vom 1 m-Brett<br />
6.3.4.1 Theoretische Vorbemerkungen und Literaturhinweise<br />
Der Versuchsbeschreibung ist zu entnehmen, dass es sich bei diesem Sprung um einen einfachen<br />
Salto handelt, der teilweise gestreckt und teilweise gehockt ausgeführt wird. Durch die<br />
Verlagerung von Massenteilen an die Drehachse und die damit verbundene Verringerung des<br />
Massenträgheitsmoments beschleunigt sich die Drehung durch die Gültigkeit des Dreh<strong>im</strong>pulserhaltungssatzes.<br />
73 Exemplarisch sind in Anhang G zwei mögliche Diagramme der Auswertung hierzu angefügt.<br />
64
Es ist: L ?? ??<br />
,<br />
wobei L der Dreh<strong>im</strong>puls, ? das Trägheitsmoment und ? die Winkelgeschwindigkeit ist.<br />
Man kann nun umgekehrt vorgehen und versuchen, mit Hilfe dieser drei zur Verfügung stehenden<br />
Videos den Erhalt des Dreh<strong>im</strong>pulses nachzuweisen. Wie oben besprochen muss an<br />
dieser Stelle das (Massen-) Trägheitsmoment (moment of inertia) eingeführt werden. Es bleibt<br />
wieder dem unterrichtenden Lehrer überlassen, in welcher Form er dies tut ? ob er es z.B. aus<br />
gewissen Alltagserfahrungen der Schüler ableitet oder nur Größenordnungen angibt.<br />
Die Veränderung des Trägheitsmoments in einem freien System ist auch in der (zumeist<br />
sportwissenschaftlichen) Literatur untersucht. DONSKOJ ([7], S. 221 ff., S. 229) beschreibt die<br />
Wirkung einer Veränderung der Körperhaltung auf Drehmoment und Dreh<strong>im</strong>puls und gibt<br />
Werte für die verschiedenen Trägheitsmomente an; HOCHMUTH 74 leitet das Massenträgheitsmoment<br />
mathematisch ab und präsentiert unterschiedliche Werte für ? in Verbindung mit dem<br />
Steinerschen Satz. Die Auswirkungen einer Veränderung der Trägheitsbedingungen (z.B. Anhocken)<br />
<strong>im</strong> freien System berechnen FETZ/ OPAVSKY für das Gerätturnen 75 ; dies lässt sich jedoch<br />
ohne weiteres auch auf das Wasserspringen übertragen.<br />
In der englischsprachigen Literatur sind neuere Ergebnisse für die Trägheitsmomente bei<br />
Drehungen um verschiedene Achsen mit unterschiedlichen Körperhaltungen zu finden; <strong>im</strong><br />
Rahmen dieser Arbeit wurden auf die Ergebnisse von CLAUSER et al. zurückgegriffen 76 .<br />
6.3.4.2 Anwendung der Theorie auf die 3 m-Sprünge<br />
Bevor nun der Spezialfall untersucht wird, bei dem der Springer in einem Sprung sein Trägheitsmoment<br />
ändert, kann die Formel L ?? ??<br />
zunächst auf die 3 ½-fachen Saltosprünge angewendet<br />
werden. Dies empfiehlt sich (bei Schülern), um eine Vertrautheit mit dieser „neuen“<br />
Formel bzw. dem Sachverhalt zu entwickeln.<br />
Für Drehungen um die Körperbreitenachse gibt die Literatur übereinst<strong>im</strong>mend ein Trägheitsmoment<br />
von 4 - 5 kg m² bei gehockter Körperhaltung an 77 . Aus<br />
?<br />
?<br />
2 ? ? f ?<br />
2?<br />
T<br />
lässt sich durch die Messung der Umdrehungszeit (Periodendauer) T die Winkelgeschwindigkeit<br />
? best<strong>im</strong>men. Hieraus kann dann der Dreh<strong>im</strong>puls L berechnet werden.<br />
74 Vgl. [15], S. 57 ff.<br />
75 Diese Rechnungen sind in [9] zu finden.<br />
76 Veröffentlichung z.B. <strong>im</strong> Internet [5].<br />
77 Vgl. [7], S. 125; [15], S. 60; [5], S. 1. Diese und andere Werte beziehen sich auf einen Sportler mittlerer Größe<br />
und mittleren Gewichts. Leider werden keine Fehlergrenzen oder Signifikanzintervalle für diese Werte angegeben<br />
(Fehlerdiskussion <strong>im</strong> nächsten Kapitel).<br />
65
Beispielsweise wurden folgende Werte ermittelt:<br />
L?<br />
?<br />
??<br />
?<br />
2 2?<br />
4 kg m ? ?<br />
0,4 s<br />
kg m<br />
62,8<br />
s<br />
2<br />
Mit ???????5 kg m²?und ? T = 0,02 s (1/2 Bild) folgt:<br />
? L?<br />
? 2?<br />
???<br />
? T<br />
2<br />
?<br />
?<br />
? 2?<br />
??<br />
??<br />
T ?<br />
?<br />
2<br />
? T ?<br />
2<br />
kg m<br />
? 8,4<br />
s<br />
Die Größe des Fehlers resultiert natürlich wesentlich aus dem großen Fehler für das Massenträgheitsmoment,<br />
das für den menschlichen Körper noch heute schwer zu best<strong>im</strong>men ist 78 .<br />
2<br />
kg m<br />
Der Wert von L ? 63 ist reproduzierbar; auch aus den anderen 3 m-Sprüngen kann die-<br />
s<br />
se Größenordnung bestätigt werden.<br />
6.3.4.3 Überprüfung des Dreh<strong>im</strong>pulserhaltungssatzes<br />
Nachdem die Berechnungsformel für den Dreh<strong>im</strong>puls nun eingeführt worden ist, kann die<br />
Überprüfung der Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung angegangen werden. Hierzu folgende Systematik:<br />
? Das Trägheitsmoment für die verschiedenen Körperhaltungen bei Drehungen um die Körperbreitenachse<br />
ergibt sich aus der Literatur ?? .<br />
? Die Winkelgeschwindigkeit muss für beide Körperhaltungen gemessen werden. Dies geschieht<br />
wieder über die Best<strong>im</strong>mung der Umdrehungszeit T.<br />
? Der Körper des Springers rotiert um die Körperbreitenachse, allerdings kann keine volle<br />
Umlaufzeit betrachtet werden (Änderung der Körperhaltung). Es empfiehlt sich, Anteile<br />
der vollen Umlaufzeit zu betrachten. Vollführt der Springer z.B. eine Vierteldrehung in<br />
(vollständig) gehocktem Zustand, kann durch Zeitnahme (mit ViMPS) und Multiplikation<br />
mit dem Faktor (hier 4) die Umlaufzeit T berechnet werden. Hieraus ergibt sich ? .<br />
2<br />
?<br />
78 Zur Best<strong>im</strong>mung des Massenträgheitsmoments be<strong>im</strong> Menschen mit der Drehtischmethode vergleiche z.B.<br />
[15], S. 146 ff.<br />
79 Wie oben angegeben gibt die Literatur für ? (gehockt) 4 bis 5 kg m² an, für ? (gestreckt) variiert der Wert zwischen<br />
14 und 17 kg m². Diese Werte sind u.a. abhängig von der Körpergröße, der Masse und natürlich der Massenverteilung<br />
bezüglich der Drehachse. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hier jeweils derselbe Springer<br />
untersucht wird, der eine feste Masse und Körpergröße hat, ist ein Fehler von ?? = 0,5 kg m² als akzeptabel anzusehen<br />
und wird zur Demonstration der Fehlerrechnung <strong>im</strong> Folgenden verwendet.<br />
Sollten andere Wasserspringer gefilmt werden, um die Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung zeigen zu wollen, ist zu prüfen, ob<br />
deren „Körperd<strong>im</strong>ensionen“ deutlich vom Durchschnitt abweichen. In diesem Fall empfiehlt es sich, unter der<br />
Annahme, dass z.B. Körpergröße und Gewicht in etwa proportional zueinander sind, statt mit den absoluten<br />
Werten für das Massenträgheitsmoment mit Verhältnisgleichungen zum Nachweis der Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung zu<br />
operieren.<br />
Zu überprüfen wäre dann z.B.:<br />
?<br />
?<br />
gestreckt<br />
gehockt<br />
?<br />
?<br />
gehockt<br />
? .<br />
gestreckt<br />
66
? Schließlich kann ein Dreh<strong>im</strong>pulswert für den gehockten Zustand berechnet und mit dem<br />
Wert für die gestreckte Körperhaltung verglichen werden.<br />
Zur Best<strong>im</strong>mung des „gehockten“ Dreh<strong>im</strong>pulses wird eine Viertelkörperdrehung benutzt. Es<br />
ergibt sich:<br />
2<br />
2?<br />
2 2?<br />
kg m<br />
L H<br />
??<br />
? ? 4kg m ? ?? 52,4?<br />
6,5?<br />
4?<br />
t 4?<br />
0,12s<br />
s<br />
Der Messfehler berechnet sich wie folgt 80 :<br />
2 ? ???<br />
? L H<br />
?<br />
.<br />
4?t<br />
Zur Berechnung des Dreh<strong>im</strong>pulses in gestreckter Körperhaltung, kann aufgrund des Videomaterials<br />
in den meisten Fällen nur eine Achtelkörperdrehung (t = 0,08 s) benutzt werden.<br />
2?<br />
Mit L S<br />
??<br />
?<br />
8?t<br />
2 ? ???<br />
und ? L S<br />
?<br />
8?t<br />
ergeben sich folgende Werte für den Dreh<strong>im</strong>puls L S , die in untenstehender Tabelle gegen die<br />
verschiedenen Werte von ? aufgetragen sind.<br />
Massenträgheitsmoment ??[kg m²]<br />
14 15 16 17<br />
Dreh<strong>im</strong>puls<br />
(gestreckt) 45,8 ? 4,9 49,1 ? 4,9 52,4 ? 4,9 55,6 ? 4,9<br />
L [kg m²/s]<br />
Zum Vergleich:<br />
Dreh<strong>im</strong>puls<br />
(gehockt) 52,4 ? 6,5<br />
L [kg m²/s]<br />
Tabelle 8: Massenträgheitsmoment und Dreh<strong>im</strong>puls<br />
Man sieht, dass für ? = 16 kg m² die Werte identisch sind. Allerdings ist festzuhalten, dass die<br />
Übereinst<strong>im</strong>mung bis in die Nachkommastelle(n) keine übergroße Genauigkeit des Messsystems<br />
darstellt, sondern in der Tatsache begründet liegt, dass aufgrund der (diskreten) Zeitmessung<br />
und Trägheitsmomentangabe nur diskrete Werte für den Dreh<strong>im</strong>puls L resultieren<br />
können.<br />
80 Der Fehler in der Zeitmessung ist wieder klein gegen den Fehler des Trägheitsmoments und kann vernachlässigt<br />
werden.<br />
67
Um in der Schule die Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung zeigen zu können, muss sich der jeweilige Lehrer<br />
überlegen, ob er z.B. ? = 16 kg m² als festen Wert angibt, oder ob er ein „Vertrauensintervall“<br />
für ? einführen möchte. Dies hängt sicherlich stark von den jeweiligen Klassen und der<br />
Vertrautheit mit (Mess-) Fehlern in der Physik ab. Letztendlich sind aber auch in diesem Versuch<br />
zum Wasserspringen gute Ergebnisse erzielt worden, welche die physikalische Betrachtung<br />
von Realbewegungen anregen können.<br />
6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
In diesem Kapitel werden Realbewegungen des menschlichen Körpers am Beispiel des Wasserspringens<br />
untersucht. Im Wesentlichen ist herauszustellen, dass das Springen vom Sprungbrett<br />
einer Alltagserfahrung des Schülers entspricht. Zwar wird nicht jeder Schüler einen 3 ½-<br />
fachen Salto springen können, allerdings wird er eine Affinität hierzu haben. Dies soll als<br />
Motivationsfaktor ausgenutzt werden, um diese Sprünge physikalisch zu analysieren.<br />
Einerseits werden Gesetzmäßigkeiten überprüft:<br />
? Fallgesetze.<br />
? Schiefer Wurf.<br />
? Überlagerung von Bewegungen in verschiedenen Koordinaten.<br />
? Dreh<strong>im</strong>puls und Dreh<strong>im</strong>pulserhaltung.<br />
Diese sind meist schon aus dem Mechanikunterricht bekannt, bzw. die Rotationsbewegungen<br />
können am Luftkissentisch eingeführt werden. Hierauf baut verallgemeinernd nun die Bewegungsanalyse<br />
<strong>im</strong> Wasserspringen auf: Der Mensch ist kein Massenpunkt und auch nur in<br />
schlechter Näherung ein „starrer Körper“; trotzdem kann ein Modell gefunden werden, welches<br />
kompliziertere Bewegungszusammenhänge gut beschreibt; physikalische Gesetze können<br />
angewendet bzw. bestätigt werden.<br />
Zum anderen werden die Schüler durch das Arbeiten mit dem Videomaterial nicht nur an<br />
physikalische Gesetze, sondern auch an die Arbeitsweise eines Physikers herangeführt. Eine<br />
zunächst unverstandene Bewegung wird hier zunächst betrachtet, dann elementarisiert (reduziert),<br />
idealisiert, modelliert, mathematisiert und schließlich <strong>im</strong> Exper<strong>im</strong>ent überprüft und bewertet.<br />
Genau dieses Vorgehen ist <strong>im</strong> fachspezifischen Teil des Lehrplans der Oberstufe als<br />
originäre „Methode der Physik“ bezeichnet 81 .<br />
81 Vgl. [33], S. 9.<br />
68
7 Dritte Themeneinheit: Das Trampolinspringen<br />
„Ich glaube, daß selbst zur Entdeckung der schwierigsten Wahrheiten, wenn man nur recht geleitet<br />
wird, nichts als der sogenannte gemeine Menschenverstand erforderlich ist.“<br />
René Descartes 82<br />
7.1 Idee und Fragestellungen<br />
Im vorigen Kapitel wurde das Wasserspringen als Anwendungsmöglichkeit physikalischer<br />
Berechnungen vorgestellt. Im Folgenden soll ein weiteres Beispiel des Messens und Arbeitens<br />
mit dem ViMPS-Programm aus dem Bereich Sport vorgestellt werden, nämlich das Trampolinspringen.<br />
7.1.1 Ausgangsidee<br />
Am Studienseminar in Koblenz wird zur Zeit zum Bereich „Physik und Sport“, der ein Wahlbaustein<br />
<strong>im</strong> neuen Lehrplan der Oberstufe ist 83 , Unterrichtsmaterial zusammengetragen. In einigen<br />
Projektvorschlägen wird z.B. die Thematik „Wurfparabel“ betrachtet 84 (Kugelstoßen,<br />
Abstoß be<strong>im</strong> Fußball, Freiwurf <strong>im</strong> Basketball; diese Untersuchungen sind alle mit ViMPS<br />
möglich). Andere Vorschläge beschäftigen sich mit der Thematik „Impulsumkehr“, was ebenfalls<br />
mit ViMPS untersucht werden kann. Hierzu wird z.B. ein von einer Wand abprallender<br />
Ball betrachtet, der Abbremsvorgang eines Fußballs in der Hand des Torwarts untersucht oder<br />
das Trampolinspringen analysiert 85 .<br />
Bezüglich des Trampolinspringens schreibt LEISEN [21]:<br />
„Be<strong>im</strong> Springen auf dem Trampolin treten Impulsänderungen und damit Kräfte auf. Die<br />
Kräfte, die während des Sprungs auf die Fußgelenke des Sportlers wirken, können auf<br />
zwei Arten best<strong>im</strong>mt werden:<br />
? p m??<br />
v<br />
(1) über die Impulsänderung gemäß F ? ? . Dabei ist m die Masse des<br />
? t ? t<br />
Springers, ?t die Kontaktzeit mit dem Trampolin und ?v die Differenz von Aufprallund<br />
Absprunggeschwindigkeit. Bei einem Sprung aus der Höhe h erhält man mit<br />
den Gesetzen des freien Falls und dem Satz über die Energieerhaltung<br />
2?<br />
m?<br />
2?<br />
g?<br />
h<br />
F ?<br />
? t<br />
82 Vgl. [54], S. 172.<br />
83 Vgl. [33], S. 16 f.<br />
84 Vgl. z.B. [21].<br />
85 Vgl. [41], S. 37 – 46.<br />
69
(2) über die Bremsbeschleunigung a, die sich aus dem Bremsweg s und der Fallhöhe<br />
h nach den Gesetzen der gleichmäßig beschleunigten Bewegung wie folgt berechnen<br />
läßt:<br />
g?<br />
h<br />
m?<br />
g?<br />
h<br />
a ? ? F ? m?<br />
a ?<br />
.“<br />
s<br />
s<br />
In den von Referendaren durchgeführten Exper<strong>im</strong>enten hierzu wurde die Eintauchtiefe mechanisch<br />
ermittelt. Mit dem Videomesssystem ViMPS steht nun ein wesentlich eleganteres<br />
Werkzeug der Bewegungsanalyse zur Verfügung.<br />
Die Ausgangsüberlegung ist also, mit Hilfe von ViMPS das Trampolinspringen zu vermessen,<br />
um z.B. die Kraft auf die Fußgelenke des Springers berechnen zu können. Dies erfordert eine<br />
physikalische <strong>Analyse</strong> des Bewegungsvorgangs, deren Ergebnis auch sportlich bzw. sportphysiologisch<br />
interessant ist.<br />
7.1.2 Die Problematik<br />
Die vorgestellten Untersuchungsmöglichkeiten bzw. Berechnungen sind mit Mitteln der<br />
Schulmathematik ohne weiteres durchführbar. Während den Vorarbeiten stellte sich allerdings<br />
die Frage, ob die oben genannten Gesetze in der angegebenen Form gelten oder ob sie<br />
nur eine Näherung des realen Sachverhalt darstellen. Im zweiten Fall wäre natürlich (physikalisch)<br />
interessant, wie gut diese Näherung ist.<br />
Im ersten Fall wird eine Kraft aus der Impulsänderung berechnet. Der Kraft-Zeit-Verlauf <strong>im</strong><br />
Tuch ist hier nicht betrachtet, es wird vielmehr eine „Mittlere Kraft“ für diese Tuchphase best<strong>im</strong>mt.<br />
Da keine Aussage über den zeitlichen Verlauf der Kraft gemacht wird, kann zwar<br />
konstatiert werden, dass diese „Mittlere Kraft“ auf jeden Fall auf die Fussgelenke wirkt, allerdings<br />
kann die Kraft während dem Tuchkontakt auch kurzzeitig wesentlich höher sein. Im<br />
zweiten Ansatz werden die Gesetze der gleichmäßig beschleunigten Bewegung benutzt. Dies<br />
ist bei einer konstant wirkenden Kraft wie z.B. der Schwerkraft, die auf fallende Körper wirkt,<br />
natürlich legit<strong>im</strong>. Allerdings besteht ein Trampolin aus einer Kombination von Federn und<br />
Tuchbahnen; zumindest die Federn legen die Assoziation nahe, dass es sich bei der Kraft um<br />
eine lineare Kraft nach Vorbild des Hookeschen Gesetzes handelt. In diesem Fall wäre die<br />
Bremsbeschleunigung nicht gleichmäßig, sondern abhängig von der Eintauchtiefe ins Tuch.<br />
Aufgrund dieser Überlegungen soll auch die Kontaktphase mit dem Tuch <strong>im</strong> Folgenden untersucht<br />
werden.<br />
70
7.1.3 Versuchsideen<br />
Da an dieser Stelle keine sportliche <strong>Analyse</strong> von Trampolinsprüngen erfolgen soll, sind keine<br />
Kunstsprünge 86 gefilmt worden, sondern nur „normale“ Fußsprünge betrachtet. Hierbei haben<br />
sich aber eine Vielzahl von zu untersuchenden Möglichkeiten ergeben:<br />
? „Wippen“ auf dem Trampolin (ohne abzuheben).<br />
? Sprünge verschiedener Höhe (½ m, 1 m, 1 ½ m, etc.).<br />
? Aufnahme von einfachen Sprüngen in großer Zahl, um Statistik zu gewinnen.<br />
? Sprünge mit geöffneten bzw. geschlossenen Beinen.<br />
? Sprünge ohne „Abdruck“, d.h. der Körper wird angespannt und der Absprung wird nicht<br />
durch Muskelaktionen unterstützt. Der Mensch kann als starrer Körper betrachtet werden<br />
und vollführt näherungsweise eine gedämpfte Schwingung.<br />
Neben diesen dynamischen können auch statische oder beinahe statische Aufnahmen durchgeführt<br />
und untersucht werden:<br />
? Aufnahme verschiedener Personen (Massenunterschied) stehend auf dem Trampolin.<br />
? Belastung des Trampolins durch unterschiedliche (Gewichts-) Kräfte.<br />
? Aufnahme einer Person, die aus einer definierten Höhe auf das Tuch „fällt“.<br />
7.2 Praktische Durchführung<br />
7.2.1 Versuchsaufbau<br />
In der Mehrzweckhalle des Fachbereichs Sport wird das Trampolin, mit dem die Untersuchungen<br />
durchgeführt werden sollen, aufgebaut 87 . Hierbei handelt es sich um das Gerät<br />
„Grand Master“ der Firma Eurotramp. In untenstehender Abbildung ist der Aufbau zu sehen.<br />
Ein Aufriss auf das Trampolin (mit Anordnung der Federn etc.) ist auf der Internetseite der<br />
Firma Eurotramp zu finden 88 .<br />
86 Vgl. z.B. [49].<br />
87 Hinweis: zum Aufbau bzw. zur Benutzung eines Großtrampolins ist qualifiziertes Personal erforderlich. Der<br />
Nachweis dieser Kenntnisse kann z.B. durch einen Schein des Deutschen Turnerbundes nach einer Ausbildung<br />
und Prüfung erfolgen. Der Sportlehrer hat diesen Schein in der Regel nicht. Diese Voraussetzungen sind bei der<br />
praktischen Durchführung derselben Versuche in der Schule zu bedenken. Ansonsten empfiehlt es sich, auf das<br />
Videomaterial dieser Arbeit zurückzugreifen.<br />
88 Vgl.: http://www.eurotramp.com .<br />
71
Abbildung 19: Versuchsaufbau Trampolinspringen<br />
Unter dem Trampolin werden zwei Turnkästen aufgestellt. Auf dem rechten Kasten ist die vor<br />
den Sprüngen best<strong>im</strong>mte Masse der Springer in Kilogramm angeschrieben. Der linke Kasten<br />
hat eine Höhe von 0,5 Metern; hiermit können die Ortsmessung in ViMPS kalibriert werden.<br />
Zusätzlich zu dem in Abbildung 18 sichtbaren Aufbau wird noch ein Scheinwerfer aufgestellt,<br />
der einerseits die Kastenaufschriften und andererseits das eingedrückte Tuch beleuchtet und<br />
so eine bessere Aufnahmequalität ermöglicht.<br />
Die Kamera wird in etwa auf die Höhe des Trampolins justiert. Zwar sind keine großen Messfehler<br />
durch Verzerrungsaspekte zu erwarten (vgl. Fußnote in Kapitel 6.2.1), aber nichtsdestotrotz<br />
wird so bei Eintauchtiefen von bis zu 90 Zent<strong>im</strong>eter und durchschnittlichen Sprunghöhen<br />
von 1 Meter dieser Messfehler min<strong>im</strong>iert.<br />
7.2.2 Versuchsdurchführung<br />
In Kapitel 7.1.3 sind verschiedene Versuchsideen aufgeführt. Einige sind in die Tat umgesetzt,<br />
gefilmt und digitalisiert worden. Für die Themeneinheit Trampolinspringen war allerdings<br />
charakteristisch, dass die Auswertung eines Sprungtyps wieder neue Fragen aufgeworfen<br />
hat, die dann durch weitere Sprungversuche bestätigt oder verworfen werden mussten. Insofern<br />
hält sich die unten folgende Versuchsbeschreibung nur an die inhaltlichen Zusammenhänge<br />
und nicht an den chronologischen Zeitablauf der verschiedenen Versuche 89 .<br />
89 Diese Bemerkungen erklären z.B., warum Springer in verschiedenen Aufnahmen unterschiedliche Kleidung<br />
tragen. Durchführungszeitraum waren die Sommermonate 2000.<br />
72
7.2.2.1 Das Dotzen 90<br />
Im vorliegenden Versuch soll eine Situation geschaffen werden, in der der Springer keine<br />
Energie in das System „Trampolin“ pumpt. Normalerweise geschieht dieses „Pumpen“ von<br />
Energie dadurch, dass der Springer kraftvoll abspringt, d.h. sich mit Unterschenkel- und<br />
Fußmuskulatur vom Tuch abdrückt. Hier besteht die Aufgabe darin, die Freiheitsgerade der<br />
Bewegung 91 soweit einzuschränken, dass der Körper des Springers quasi als starrer Körper<br />
reagiert. In der praktischen Durchführung werden nach Erreichen einer best<strong>im</strong>mten Sprunghöhe<br />
auf ein Zeichen hin sämtliche Muskeln angespannt/ fixiert und die Bewegung klingt<br />
gleich einem dotzenden Ball aus. Hierbei muss bemerkt werden, dass diese vermeintlich<br />
leichte Bewegung in der praktischen Ausführung sehr schwierig ist: Durch die geschlossen<br />
Beine wird die Standfläche kleiner, d.h. das System wird leichter instabil. Außerdem sind<br />
keine Korrekturbewegungen erlaubt. Sobald der Springer aus dem Gleichgewicht kommt,<br />
muss die Bewegung abgebrochen und neu begonnen werden.<br />
7.2.2.2 Sprünge verschiedener Höhe<br />
Hierbei wird dem Springer die Aufgabe gestellt, <strong>im</strong> Rahmen seiner Möglichkeiten zu versuchen,<br />
eine best<strong>im</strong>mte Sprunghöhe zu reproduzieren, d.h. „<strong>im</strong>mer gleich hoch zu springen“.<br />
Dabei sollen pro Springer drei verschiedene „Höhenstufen“ gefilmt werden. Insgesamt wurden<br />
hierzu zwei verschiedene Springer gefilmt. Die Sprünge werden ansonsten „ganz normal“<br />
ausgeführt, d.h. es werden keine zusätzlichen Vorschriften bezüglich der Bewegung gemacht.<br />
7.2.2.3 Sprünge bei wechselndem Beinöffnungswinkel<br />
Während der Auswertung der vorangegangenen Versuche hat sich die Frage gestellt, ob der<br />
Öffnungswinkel der Beine und damit die Größe der Standfläche einen nicht zu vernachlässigenden<br />
Faktor in der Messung darstellt. Ursprung der Idee ist die Beobachtung der Tuchform<br />
<strong>im</strong> unteren Umkehrpunkt der Bewegung. Bei geschlossenen Beinen bildet sich eine „V“-Form<br />
des Tuches aus, wohingegen es bei geöffneten Beinen zu einer „W“-Form kommt. Diese Fragestellung<br />
soll durch die <strong>Analyse</strong> von speziellen Sprüngen geklärt werden. Hier hat der<br />
Springer die Aufgabe, abwechselnd mit geöffneten bzw. geschlossenen Beinen zu landen.<br />
90 Der Begriff „Dotzen“ entstammt der Umgangssprache und wird zumeist <strong>im</strong> südlichen Rheinland oder in der<br />
Pfalz verwendet. In der Regel wird hierdurch ein best<strong>im</strong>mter Bewegungsprozess beschrieben. Man stelle sich<br />
z.B. einen auf den Boden aufprellenden Ball vor, der <strong>im</strong> Laufe der Zeit Energie, d.h. Flughöhe, verliert. Dieses<br />
Aufprellen mit dazugehörigem Energieverlust (Reibung, Wärme, Luftwiderstand) wird durch den Begriff<br />
„(Aus-) Dotzen“ beschrieben. Da die durchgeführte Übung hiermit verwandt ist, soll diese Bewegung <strong>im</strong> Folgenden<br />
als „Dotzen“ definiert werden, um längere Umschreibungen der Bewegung zu umgehen.<br />
91 Vgl. hierzu [2], S. 169.<br />
73
7.2.2.4 Standbilder<br />
Im Gegensatz zu den vorher durchgeführten Versuchen wird hier eine statische Situation aufgenommen.<br />
Zwei Springer verschiedener Masse werden nacheinander gefilmt. Hierbei stehen<br />
sie einfach nur auf dem Trampolin; die Auslenkung wird lediglich durch ihre eigene Gewichtskraft<br />
hervorgerufen.<br />
7.2.2.5 Standbilder unter Vergrößerung der Masse<br />
Ziel dieses Versuches ist die Erstellung eines Diagramms, in dem die Gewichtskraft als einwirkende<br />
Kraft auf das Tuch gegen die Auslenkung aufgetragen ist.<br />
Es werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, unterschiedliche Massen auf das Trampolin<br />
zu bringen: Gewichtsscheiben, eine große Wasserwanne oder Betonsäcke kämen in Frage.<br />
Die Entscheidung fällt auf die kostengünstigste und einfachste Möglichkeit: Neun Personen<br />
werden in die Turnhalle eingeladen und gewogen. Danach werden sie in unterschiedlichen<br />
„Paarungen“ auf das Trampolin gebeten, sodass sich Massenschritte von ca. 40 kg ergeben,<br />
bis am Ende alle neun Personen gleichzeitig auf dem Trampolin stehen 92 .<br />
Abschätzungen <strong>im</strong> Vorfeld haben ergeben, dass, um eine Auslenkung ähnlich der dynamischen<br />
Sprünge zu erreichen, das Trampolin mit etwa 600 kg belastet werden muss 93 . Aus den<br />
Videoaufnahmen wird pro Belastungsstufe des Trampolins ein Standbild digitalisiert.<br />
7.2.2.6 Fallversuche<br />
Bei den vorangegangenen dynamischen Versuchen hat sich die Energie, mit der der Springer<br />
ins Tuch eintauchte, <strong>im</strong>mer aus der Flughöhe ergeben, die allerdings keinen festgelegten Wert<br />
angenommen hat, sondern nur zufällig aus der Stärke des Abdrucks vorher resultierte.<br />
In diesem Versuch soll der Springer sich aus einer definierten Höhe auf das Tuch fallen lassen,<br />
wobei die Ausgangshöhe langsam gesteigert wird. In der praktischen Umsetzung wird<br />
das Trampolin unter einem Tau aufgebaut, welches über Klebestreifen in regelmäßige Abschnitte<br />
unterteilt ist. Der Springer klettert dann am Tau empor und nach Erreichen einer best<strong>im</strong>mten<br />
Höhe fixiert er seine Position. Dann wird das hängende Tau zur Seite gezogen<br />
(Verletzungsgefahr) und der Springer lässt sich aus dieser Höhe fallen. Die Höhe und die<br />
Eintauchtiefe können mit ViMPS gemessen werden.<br />
92 Vgl. Abbildung 38 am Ende dieser Arbeit.<br />
93 Ein vom Autor geführtes Telefonat mit dem Trampolinhersteller ergab den Hinweis, dass Tuch und Federn eines<br />
Freizeittrampolins bei 8000 N Belastung noch reißfest sein müssen, bei Wettkampftrampolinen (wie das<br />
verwendete Trampolin) liegt die TÜV-geprüfte Sicherheitsgrenze bei 10000 N. Zum Vergleich: die gewählte<br />
Max<strong>im</strong>albelastung von 615 kg entspricht einer Gewichtskraft von G ? 6000 N.<br />
74
7.3 Auswertung der verschiedenen Sprungversuche<br />
Im vorherigen Kapitel sind die verschiedenen Versuche, die zum Trampolinspringen durchgeführt<br />
wurden, beschrieben. Hierbei sind dynamische und statische Prozesse getrennt voneinander<br />
dargestellt. Bezüglich der Auswertung empfiehlt es sich allerdings, eine andere Systematik<br />
einzuführen und erst später auf einzelne Versuche zurückzugreifen. Dies entspricht in<br />
etwa dem pädagogischen Leitsatz „vom Leichten zum Schweren“. Mit anderen Worten sollen<br />
nun zunächst allgemeine Überlegungen und Ergebnisse dargestellt werden, bevor dann anhand<br />
spezifischer Sprungversuche die Gesetzmäßigkeiten des Trampolins best<strong>im</strong>mt werden.<br />
Wie auch <strong>im</strong> Themengebiet „Wasserspringen“ wird <strong>im</strong> Folgenden ein Koordinatenmessfehler<br />
von 0,025 Meter angenommen.<br />
7.3.1 Die Wahl des „richtigen“ Koordinatensystems<br />
7.3.1.1 Das verwendete Koordinatensystem<br />
Um das Trampolinspringen mit Hilfe von ViMPS analysieren zu können, muss das Messsystem<br />
zunächst kalibriert werden. Wie oben angeführt werden mit Hilfe des linken Kastens,<br />
der genau einen halben Meter hoch ist, die nötigen Einstellungen vorgenommen. Der Anwender<br />
wird danach routinemäßig gefragt, ob er einen Nullpunkt für die Messungen festlegen<br />
will. In den bisher vorgestellten Themeneinheiten wurde diese Frage standardmäßig verneint<br />
und die linke untere Ecke des Videofensters wurde von ViMPS als Nullpunkt festgesetzt.<br />
Im Fall des Trampolinspringens sollte diese Frage neu diskutiert werden. Die Sprungbewegung<br />
auf dem Trampolin ist durch eine Flugphase (ohne Kontakt zum Tuch) und eine Eintauchphase<br />
(Tuchphase) gekennzeichnet. Während diesen Phasen wird ständig Energie umgewandelt<br />
(potentielle in kinetische und umgekehrt) 94 . Hierbei entspricht die Trampolinhöhe<br />
einer natürlichen Grenze: Oberhalb findet ein „freier Flug“ statt, der den Wurfgesetzen ? mit<br />
oder ohne Berücksichtigung der Luftreibung ? genügt (Schwerkraft wirkt nach unten).<br />
Im Tuch wird der Springer abgebremst und wieder nach oben beschleunigt; die Tuchkraft<br />
wirkt also nach oben.<br />
94 Von Reibungs- oder Wärmeverlusten soll in diesem Kapitel abgesehen werden; Ausnahmefälle sind besonders<br />
gekennzeichnet.<br />
75
Aufgrund dieser Gegebenheiten ist es naheliegend, den Nullpunkt der Koordinatenmessung in<br />
Höhe des (entspannten) Tuches zu definieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurde dies konsequent<br />
durchgeführt 95 .<br />
7.3.1.2 Alternative Koordinatensysteme<br />
Es ist allerdings keinesfalls zwingend notwendig, genau diesen Nullpunkt zu wählen. In der<br />
Schule könnte z.B. diskutiert werden, welche Punkte sich noch als Koordinatenursprung eignen<br />
und ob die Messergebnisse eventuell zueinander <strong>im</strong> Widerspruch stehen. Folgende<br />
Wahlmöglichkeiten kämen z.B. in Frage:<br />
? Nullpunkt in Höhe des entspannten Tuches (wie oben). Im Nullpunkt ist keine Energie <strong>im</strong><br />
Tuch gespeichert.<br />
? Nullpunkt in Höhe der Füße bei statischer Belastung des Trampolins, d.h. die Eintauchtiefe<br />
einer ohne Bewegung <strong>im</strong> Tuch stehenden Person wird als „Null“ definiert.<br />
Achtung: dies wirkt sich auf die Auswertung der Sprünge aus; <strong>im</strong> Nullpunkt wirkt eine<br />
Kraft, die gerade der umgekehrten Gewichtskraft entspricht.<br />
? Nullpunkt in Höhe des Hallenbodens. Der Hallenboden als Bezugsgröße für die Sprungund<br />
Eintauchhöhen; er kann nicht unterschritten werden.<br />
? Nullpunkt <strong>im</strong> unteren Umkehrpunkt der Bewegung. Dieser Punkt entspricht der max<strong>im</strong>alen<br />
potentiellen Tuchenergie.<br />
? Nullpunkt <strong>im</strong> oberen Umkehrpunkt der Bewegung. Dieser Punkt entspricht der größten<br />
Flughöhe und damit dem höchsten Potential <strong>im</strong> Schwerefeld.<br />
An dieser Stelle sollen die Unterschiede der Nullpunktwahl nicht genauer beschrieben werden,<br />
es handelt sich <strong>im</strong> Wesentlichen um eine einfache Koordinatentransformation. Für<br />
Schüler ist dieser Sachverhalt vielleicht nicht unmittelbar einsichtig. So könnte ein Trampolinsprung<br />
in Kleingruppen mit unterschiedlicher Nullpunktwahl untersucht werden und be<strong>im</strong><br />
Ergebnisvergleich kann die Frage gestellt werden, ob einzelne Ergebnisse nun falsch sind<br />
oder woraus diese Unterschiede resultieren.<br />
95 In den Videosequenzen sieht man am Trampolingestänge auf der der Kamera zugewandten Seite ein kleines<br />
rotes Schild. An der Stange direkt oberhalb befinden sich die Halterungen für die Federn, sodass diese Stange als<br />
Nullhöhe definiert werden kann. Da die x-Koordinate in den Messungen nicht von Belang ist, wird nur von einer<br />
Nullhöhe gesprochen. Allerdings wäre die Trampolinmitte eine naheliegende Nullpunktdefinition.<br />
76
7.3.2 Erkenntnisse aus dem Dotzen<br />
7.3.2.1 Die Flugparabel<br />
Be<strong>im</strong> Dotzen handelt es sich wie schon in Kapitel 7.2.2.1 beschrieben um eine abklingende<br />
(gedämpfte) Form der Bewegung. Der Springer „pumpt“ keine Energie in das System Tuch,<br />
sodass die Dotzbewegung durch die Reibungskraft gedämpft wird und die Amplituden in positiver<br />
wie negativer y-Richtung langsam kleiner werden. Dieser Sachverhalt wird in folgendem<br />
Diagramm deutlich, bei dem die y-Koordinate der Bewegung gegen die Zeit aufgetragen<br />
ist:<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
-0,2<br />
0 2 4 6 8<br />
-0,4<br />
-0,6<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 20: Der Zeitverlauf be<strong>im</strong> Dotzen<br />
Die Tuchphase der Bewegung soll an dieser Stelle noch nicht diskutiert werden. Zunächst<br />
wird nur die Flugphase der Bewegung betrachtet.<br />
Ohne Kontakt zum Tuch vollführt der Springer einen „senkrechten Wurf“, der den Gesetzen<br />
der gleichmäßig beschleunigten Bewegung entsprechen muss. Die Flugphase wird demzufolge<br />
durch einen Parabelast zweiter Ordnung beschrieben, sofern man von Luftwiderstandseinflüssen<br />
absieht. Es gilt die Bewegungsgleichung:<br />
1<br />
y ?<br />
2<br />
2<br />
( t)<br />
? g?<br />
t ? v0<br />
? t y0<br />
77
Im folgenden Diagramm ist eine Flugphase aus der Gesamtbewegung herausgegriffen und mit<br />
EXCEL eine Parabel an die Messwerte gefittet worden. Hierbei wird davon ausgegangen,<br />
dass die Zeitmessung (über die Framenummer) korrekt erfolgt, wohingegen die Messung der<br />
y-Koordinate einen Fehler von ? 0,025 m aufweist 96 . Trotzdem ergibt sich eine gute Übereinst<strong>im</strong>mung<br />
zwischen der Theorie und den Messwerten, wie die folgende Abbildung zeigt.<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
y = -5,03t 2 + 20,81t - 20,97<br />
0<br />
1,5 1,7 1,9 2,1 2,3 2,5<br />
Zeit t [s]<br />
Abbildung 21: Die Flugzeit be<strong>im</strong> Dotzen<br />
Entsprechend den Ausführungen <strong>im</strong> Kapitel „Wasserspringen“ könnte aus der <strong>Analyse</strong> der<br />
Flugkurve wieder die Erdbeschleunigung g berechnet werden. Im betrachteten Fall folgt:<br />
g = 10,06 m/s² (Der Fehler auf g ergibt sich aus der Genauigkeit des Parabelfits). Außerdem<br />
sieht man, dass aufgrund dieser guten Ergebnisse in den folgenden Rechnungen guten Gewissens<br />
die Luftreibung vernachlässigt werden kann, was die Auswertungen vereinfacht.<br />
7.3.2.2 Die Dämpfung der Sprünge<br />
Deutlich ist in Abbildung 20 zu sehen, dass sowohl die positive wie die negative y-Amplitude<br />
<strong>im</strong> Lauf der Zeit kleiner werden. Dies lässt darauf schließen, dass es sich um eine gedämpfte<br />
Bewegung handelt. Da die Dämpfung wie eben gesehen nicht wesentlich in der Flugphase<br />
96 Bezüglich dieser speziellen Messung könnte auch ein Fehler von 0,02 m angenommen werden (Pixelauflösung);<br />
<strong>im</strong> Rahmen der Einordnung in das gesamte Kapitel wurde aber (wie schon in Abschnitt 6.3.1.1 analog begründet)<br />
der angegebene Messfehler von 0,025 m beibehalten.<br />
78
stattfindet, muss sie während der Tuchphase verstärkt auftreten. Einerseits kann Energie in<br />
Form von Reibungsverlusten an Tuch und Federn verloren gehen. Andererseits kann Energie<br />
in Form von Muskelanspannung (Wärme) in den Körper des Springers „gepumpt“ werden, da<br />
die Elastizität des menschlichen Körpers nicht mit einem (physikalisch) starren Körper zu<br />
vergleichen ist.<br />
Die einfachste Theorie, die diesen Sachverhalt beschreibt, ist die Annahme, dass der Springer<br />
bei jedem Sprung einen festen Prozentsatz seiner Höhe, d.h. der Energie (wegen E ? m?<br />
g?<br />
h ),<br />
verliert. Diese Annahme kann anhand der Messwerte überprüft werden und trifft <strong>im</strong> Rahmen<br />
der Messfehler auch zu, wie untenstehende Tabelle zeigt.<br />
Hierzu war gegeben:<br />
? Die Höhe h in [m].<br />
? Die (potentielle) Energie [J] <strong>im</strong> Max<strong>im</strong>um:<br />
E ? m?<br />
g?<br />
h .<br />
Wenn h 1 und h 2 zwei aufeinanderfolgende Höhenmax<strong>im</strong>a bezeichnen, wird der prozentuale<br />
h1<br />
? h2<br />
h<br />
Höhen-/ Energieverlust beschrieben durch: ? h ? ? 1?<br />
h h<br />
Der Fehler F für den Höhenverlust berechnet sich nach Gaußscher Fehlerfortpflanzung:<br />
1<br />
2<br />
1<br />
? h ??<br />
h<br />
?<br />
?<br />
?<br />
2<br />
?? h<br />
??<br />
?<br />
?<br />
?<br />
2<br />
2 1<br />
2<br />
F ?<br />
? 2 ? ? ? ; Fehler des Mittelwerts:<br />
h1<br />
h1<br />
?<br />
m ? ?<br />
n<br />
Höhe der Relativer<br />
Max<strong>im</strong>a Höhen-/ Energieverlust<br />
Fehler<br />
0,62<br />
0,54 0,13 ? 0,04<br />
0,46 0,15 ? 0,05<br />
0,38 0,17 ? 0,06<br />
0,32 0,16 ? 0,07<br />
0,24 0,25 ? 0,08<br />
0,20 0,17 ? 0,11<br />
0,16 0,20 ? 0,13<br />
Mittelwert: 0,18 ? 0,01<br />
Prozentualer<br />
Energieverlust<br />
0,35<br />
0,3<br />
0,25<br />
0,2<br />
0,15<br />
0,1<br />
0,05<br />
0<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />
Sprünge<br />
Tabelle 9: Prozentualer Energieverlust<br />
Abbildung 22: Energieverlustdiagramm<br />
79
7.3.2.3 Interpretation der Gesamtbewegung<br />
Bisher sind die Flugphase und die Dämpfung der Bewegung behandelt worden. Offen bleibt<br />
die Frage, was während der Tuchphase passiert. Im Wesentlichen wird diese Frage in Kapitel<br />
7.3.5 beantwortet; dort wird ein Energiegesetz für das Trampolin gesucht. Trotzdem lassen<br />
sich schon hier einige Vermutungen (durch Abbildung 20 angeregt) über die Tuchphase anstellen:<br />
? Der Eintritt von der Flug- in die Tuchphase (und umgekehrt) erfolgt stetig, <strong>im</strong> mathematischen<br />
Sinn wahrscheinlich sogar differenzierbar.<br />
? Die Eintauchtiefe n<strong>im</strong>mt ebenso wie die Höhe <strong>im</strong> Lauf der Zeit ab; allerdings ist dieses<br />
Absinken weniger stark als das der Max<strong>im</strong>a.<br />
? Der zeitliche Verlauf der Kurve <strong>im</strong> Tuch ist weniger parabelförmig als vielmehr sinusartig.<br />
? Die Breite der „Täler“ <strong>im</strong> Tuch bleibt über die ganze beobachtete Videosequenz nahezu<br />
konstant bei 0,45 s.<br />
Wird in der Schule die <strong>Analyse</strong> von Trampolinsprüngen mit dem Video zum Dotzen begonnen,<br />
können hieran (wie gesehen) einige wichtige Fakten eingeführt werden. Die Kalibrierung<br />
des Messsystems wird ebenso besprochen wie die Flugphase der Bewegung und die Dämpfung.<br />
Gleichzeitig werden Fragen aufgeworfen. Vor allem das Tuchverhalten während der<br />
Eintauchphase kann an dieser Stelle noch nicht erklärt werden. Aspekte hierzu werden in den<br />
folgenden Kapiteln diskutiert.<br />
7.3.3 Höhenkorrektur bei allgemeinen Sprüngen<br />
Im Video zum vorigen Kapitel ist zu sehen, dass der Springer seine Körperhaltung unabhängig<br />
von seiner Lage zum Tuch nicht ändert. Bei allgemeineren Trampolinsprüngen ist das<br />
nicht der Fall. Normalerweise werden die Arme zum „Schwung holen“ eingesetzt, d.h., dass<br />
sie <strong>im</strong> unteren Umkehrpunkt der Bewegung in etwa am Körper anliegen, wohingegen sie <strong>im</strong><br />
oberen Umkehrpunkt nach oben gestreckt sind.<br />
Daraus resultiert eine Verlagerung des Körperschwerpunkts <strong>im</strong> Schwerefeld der Erde. Dies<br />
muss berücksichtigt werden, sofern man die Höhenmessungen an einer festen Stelle, wie z.B.<br />
dem Kopf oder den Füßen, durchführen will. Die hierzu nötige Korrektur soll <strong>im</strong> Folgenden<br />
abgeschätzt werden.<br />
Da sich nur die Armhaltung bei dynamischen Sprüngen ändert, trägt allein deren Masse zu einer<br />
Gewichtsverlagerung bei. Aus der Literatur 97 ergibt sich, dass durchschnittlich ca. 10 %<br />
97 Vgl. [15], S. 144.<br />
80
des Körpergewichts auf die Arme entfallen. Unter der Annahme, dass der Teilkörperschwerpunkt<br />
eines Arms in etwa auf Höhe des Ellenbogens liegt, kann die (in der Regel zum Körpergewicht<br />
proportionale) Gewichtsverlagerung der Arme in Kilogramm abgeschätzt werden.<br />
Mit ViMPS kann dann der Abstand zwischen Schulter und einem Ellenbogen gemessen und<br />
hieraus die Änderung der Höhe des Teilkörperschwerpunkts der Arme berechnet werden.<br />
Aufgrund der Tatsache, dass unterschiedliche Armlängen in der Regel proportional zur Körpergröße<br />
bzw. zum Körpergewicht sind, ergab sich bei Messungen an zwei Personen (53 kg<br />
und 94 kg) auch ein ähnlicher Höhenkorrekturwert von ca. 5 cm. Insofern wird dieser Wert <strong>im</strong><br />
Folgenden unabhängig von der gefilmten Person zur Sprunghöhe addiert. Die potentielle<br />
Energie <strong>im</strong> oberen Umkehrpunkt der Bewegung berechnet sich also stets wie angegeben<br />
(Sprunghöhe in Meter):<br />
? h?<br />
0, m?<br />
E pot<br />
? m?<br />
g?<br />
05<br />
7.3.4 Auswirkung des Beinöffnungswinkels auf die Eintauchtiefe<br />
Be<strong>im</strong> Eintauchen in das Trampolin hat der Springer die Wahl, ob er seine Beine eher geöffnet<br />
oder geschlossen halten will. Aus sportlicher Hinsicht ist <strong>im</strong>mer die geöffnete Position zu<br />
empfehlen, da die Standfläche hierdurch vergrößert und die Absprungposition somit stabiler<br />
wird. Auch fällt das „Aussteuern“ der Bewegung leichter.<br />
Aus physikalischer Sicht wäre es einfacher zu betrachten, wenn der Springer annähernd<br />
punktförmig, d.h. mit geschlossenen Beinen auf dem Tuch landet. Hintergrund ist, dass eine<br />
größere Standfläche, die in der <strong>Analyse</strong> berücksichtigt werden müsste, das ohnehin schwierige<br />
zweid<strong>im</strong>ensionale Kraftverhalten des Trampolins noch weiter erschweren würde 98 .<br />
Im Fall der Landung mit geschlossenen Beinen wirkt der Bewegungs<strong>im</strong>puls auf eine kleinere<br />
Standfläche und die Eintauchtiefe muss somit größer sein als bei einem Sprung mit weiter geöffneten<br />
Beinen.<br />
In Abbildung 23 ist die Sprunghöhe gegen die Eintauchtiefe aufgetragen 99 . Um weiterführende<br />
Aussagen treffen zu können, müssten mehr Sprünge analysiert werden (Statistik). Trotz-<br />
98 Der denkbar einfachste Fall wäre der eines runden Trampolins, welches zentral von einer punkt- oder kugelförmigen<br />
Masse getroffen wird. Die Kraftwirkung auf alle Federn des Trampolins wäre isotrop. Das reale Trampolintuch<br />
entspricht aber in etwa einem Rechteck mit den Seitenlängen von 3 auf 5 Meter. In diesem Fall wirkt<br />
die Federkraft unterschiedlich in beide Achsenrichtungen des Trampolins. Durch die Hinzunahme einer ausgedehnten<br />
Standfläche müsste die Aufspaltung der wirkenden Kräfte weiter verfeinert werden.<br />
99 Zur Erstellung dieses Diagramms wurde eine Videosequenz analysiert, bei welcher der Springer abwechselnd<br />
mit geöffneten und mit geschlossenen Beinen landet (vgl. Kapitel 7.2.2.3).<br />
81
dem erkennt man schon hier, dass bei einer ähnlichen Sprunghöhe die Eintauchtiefen der<br />
blauen Punkte (geschlossen) größer sind als die Eintauchtiefen mit geöffneten Beinen 100 .<br />
Da <strong>im</strong> Folgenden allerdings alle Sprünge mit „normal“ geöffneten Beinen gesprungen werden,<br />
ist es nicht von Nutzen, ein Kraftgesetz zu finden, welches nur für einen idealisierten<br />
Sprung mit geschlossenen Beinen gilt. Deshalb fließen in die folgenden Rechnungen keine<br />
Korrekturfaktoren bezüglich des Beinöffnungswinkels ein.<br />
Sprunghöhe h [m]<br />
1,4<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8<br />
geschlossen offen Eintauchtiefe s [m]<br />
Abbildung 23: Vergleich unterschiedlicher Beinhaltungen<br />
7.3.5 Dynamik des Trampolinspringens<br />
7.3.5.1 Systematisierung der Sprungvideos<br />
Um Energiebetrachtungen am Trampolin durchzuführen, stehen verschiedene Videos zur Verfügung.<br />
Hierbei wird <strong>im</strong>mer der höchste Punkt der Flugphase benötigt. Aus ihm lässt sich die<br />
max<strong>im</strong>al zur Verfügung stehende (potentielle) Energie nach E ? m?<br />
g?<br />
h berechnen. Danach<br />
kann versucht werden, die Eintauchtiefe in Abhängigkeit von der max<strong>im</strong>alen potentiellen<br />
Energie anzugeben. Folgende Videosequenzen eignen sich hierzu:<br />
100 Da <strong>im</strong> gesamten Kapitel verschiedene Größen gegen die Eintauchtiefe aufgetragen werden, ist auch hier diese<br />
Darstellung und nicht die umgekehrte Auftragungsweise gewählt worden.<br />
82
a) Das Dotzen. Hier wird eine Bewegung über 8 Perioden verfolgt, d.h. es lassen sich 8<br />
Messwerte für die potentielle Energie und die Eintauchtiefe best<strong>im</strong>men.<br />
b) Die Sprünge unterschiedlicher Höhe. In jeder der 6 ca. 4 Sekunden langen Sequenzen<br />
führt der Springer einfache Sprungbewegungen ähnlicher Höhe durch. Auch hier kann das<br />
Max<strong>im</strong>um der Flugbahn sowie der untere Umkehrpunkt ausgemessen werden.<br />
c) Die „Taufall“-Versuche. Der Springer läßt sich aus einer best<strong>im</strong>mten Höhe auf das Trampolin<br />
fallen und taucht ins Tuch ein. Ausgangspunkt und Umkehrpunkt können best<strong>im</strong>mt<br />
werden.<br />
Sollen alle drei Sprungtypen miteinander verglichen werden, ist darauf zu achten, dass die<br />
Messungen einerseits <strong>im</strong>mer an denselben Stellen erfolgen (z.B. Füße des Springers) und andererseits<br />
der Nullpunkt <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> gleichen Niveau definiert wird.<br />
Um Aussagen über die herrschenden Kräfte zu machen, müssen die statischen Videoaufnahmen<br />
(Kapitel 7.2.2.4 und 7.2.2.5) verwendet werden. Aus dem Kräftegleichgewicht<br />
G ? m?<br />
g ? lässt sich die momentan wirkende Tuchkraft best<strong>im</strong>men. Variiert man die<br />
F Tuch<br />
Masse und betrachtet nur den statischen Fall, kann eine Auslenkung abhängig von der Tuchkraft<br />
ermittelt werden.<br />
7.3.5.2 Das E(s)-Diagramm<br />
Wie oben beschrieben soll entweder die Energie oder die Kraft gegen die Tuchauslenkung<br />
aufgetragen werden 101 . Hier soll zunächst das Energie-Auslenkungs-Diagramm vorgestellt<br />
werden; für die Kraft gelten die angestellten Überlegungen mehr oder weniger analog.<br />
Bei der <strong>Analyse</strong> der Trampolinsprünge mit ViMPS werden zwei Koordinaten gemessen: Der<br />
Hochpunkt und der untere Umkehrpunkt der Bewegung. Aus dem Max<strong>im</strong>um wird über<br />
? h s?<br />
E ? m?<br />
g?<br />
? die Energie berechnet, die der Springer gegenüber dem Schwerefeld der Erde<br />
bis zum unteren Umkehrpunkt verliert 102 . Sowohl die max<strong>im</strong>ale Auslenkung des Tuches<br />
s [m] wie auch h [m] können direkt gemessen werden.<br />
Werden alle Sprungtypen zusammengefasst, die Energiewerte gegenüber der Auslenkung liefern<br />
(Kapitel 7.3.5.1 a)-c)), so ergeben sich folgende Messpunkte <strong>im</strong> E(s)-Diagramm, in dem<br />
die Energie gegen die max<strong>im</strong>ale Auslenkung aufgetragen ist.<br />
101 Die Messung der y-Koordinate mit ViMPS erfolgt in der Achse, entlang derer Flughöhe und Eintauchtiefe<br />
gemessen werden. Ein höhenabhängiges Energiegesetz wird somit durch E(y) bezeichnet. Der Buchstabe s steht<br />
für den unteren Umkehrpunkt. Für die Energie in diesem Punkt kann dann E(s) geschrieben werden.<br />
102 Hier und <strong>im</strong> Folgenden ist die Sprunghöhe h bereits um die in Kapitel 7.3.3 angesprochene Korrektur von<br />
0,05 m berichtigt.<br />
83
2500<br />
Energiewerte be<strong>im</strong> Trampolin<br />
2000<br />
Energie E [J]<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1<br />
TauFall Höhensprünge Dotzen<br />
Eintauchtiefe s [m]<br />
Abbildung 24: Gemessene Energiewerte <strong>im</strong> Trampolin (alle (Energie-) Versuche)<br />
Als Messfehler wird angenommen:<br />
? ?m = 1 kg 103 .<br />
? ?s = ? h = 0,025 m.<br />
2 ? ? h m<br />
? E ? g?<br />
? m?<br />
h ? ?<br />
? ? ? ? ? 2<br />
Diese Auftragungsweise der Energie über der Eintauchtiefe (und nicht umgekehrt) wird gewählt,<br />
um die „Fit-Routinen“ in EXCEL ohne weiteres benutzen zu können (EXCEL verwendet<br />
nur einfache „Fit-Routinen“ wie z.B. Polynomfit, Linearer Trend, Exponentielle Anpassung,<br />
u.a.).<br />
Es zeigt sich, dass nur eine kleine Zahl von (streuenden) Messwerten zur Verfügung steht und<br />
so eine Bestätigung oder Ablehnung eines Fits schwierig ist. Beispielsweise wären die Werte<br />
zum Dotzen zufriedenstellend sowohl durch eine Gerade wie Parabeln unterschiedlicher Ordnung<br />
zu fitten. Um alle Messwerte befriedigend zu beschreiben, wird <strong>im</strong> folgenden Kapitel<br />
ein allgemeiner Ansatz zur Beschreibung des Tuchverhaltens vorgestellt.<br />
103 Einerseits wird die Masse der Springer mit einer mechanischen Waage nur auf ein halbes Kilogramm genau<br />
gemessen, andererseits wirkt sich auch Schweißverlust und Wasseraufnahme während der Versuche aus, sodass<br />
der Wert von ? m = 1 kg realistisch erscheint.<br />
84
Noch genauere Ergebnisse könnten durch weitere Videoaufnahmen erzielt werden, um durch<br />
die größere Zahl von Messpunkten einen geringeren statistischen Fehler zu erhalten. Weitere<br />
Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet wären möglich 104 .<br />
7.3.5.3 Das Energiegesetz der Form E(y) = ay 4 +by 2<br />
Ein allgemeiner Ansatz eines Energiegesetzes für das Trampolinspringen wäre durch eine<br />
Potenzreihenentwicklung gegeben.<br />
Aufgrund des Aufbaus und der Konstruktion des Trampolins ist zu erwarten, dass E(y) symmetrisch<br />
bezüglich der Auslenkung ist. Ob das Tuch nach oben oder nach unten aus der Ruhelage<br />
ausgelenkt wird, sollte keinen Einfluss auf die hierfür aufzuwendende Energie haben.<br />
Dies bedeutet, dass bei einem allgemeinen Potenzreihenansatz die Exponenten <strong>im</strong> Energiegesetz<br />
„gerade“ sein müssen.<br />
Ausgehend von einem solchen Ansatz kommen z.B. folgende Energiegesetze in Frage:<br />
2<br />
a) E ? a?<br />
y ? F ? 2a?<br />
y (Hookesches Gesetz)<br />
b)<br />
4<br />
E ? a?<br />
y ? F ? a?<br />
4 y<br />
3<br />
4 2<br />
3<br />
c) E ? a?<br />
y ? b?<br />
y ? F ? 4a?<br />
y ? 2b?<br />
y<br />
d) Potenzgesetze höherer Ordnung<br />
Hierbei entsprechen a) und b) einfachen Parabeln 2. bzw. 4. Ordnung; der Fall c) entsteht aus<br />
einer Überlagerung der Fälle a) und b).<br />
Um die „Qualität“ der jeweiligen Theorie zu testen, werden die Kurven in die Abbildung der<br />
Messwerte eingefügt und die Parameter a bzw. b verändert. Schon durch Betrachten des Diagramms<br />
kann festgestellt werden, ob durch feinere Wahl der Parameter eine bessere Übereinst<strong>im</strong>mung<br />
erreichbar ist oder ob die Theoriekurve systematisch nicht zu den Messwerten<br />
passt. Nach Bildung einer Hypothese, welcher Kurvenverlauf am ehesten die Messwerte beschreibt,<br />
können dann die Parameter genauer angepasst werden (z.B ?²-Test, vgl. nächstes<br />
Kapitel). In der folgenden Abbildung sind die Kurven der verschiedenen Energiegesetze dargestellt;<br />
aus Übersichtsgründen sind in Abbildung 25 keine Fehlerbalken eingetragen; die<br />
Messwerte mit Fehlerbalken sind in Abbildung 24 zu finden:<br />
104 Der Trampolinhersteller (Eurotramp) berichtete, dass die Trampoline zwar aus Sicherheitsgründen einigen<br />
Tests auf Reißfestigkeit unterworfen werden, dass aber die Physik des Trampolins von vielen Einflüssen geprägt<br />
(und dadurch kompliziert) und bisher noch weitgehend unerforscht ist.<br />
85
E [J]<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Verschiedene Energiegesetze<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1<br />
s [m]<br />
Messwerte E=as^4 E=as^4+bs^2 E=as^2<br />
Abbildung 25: Best<strong>im</strong>mung eines Energiegesetzes<br />
Aus der Abbildung ist zu entnehmen, dass sowohl Fall a) wie b) deutlich und systematisch<br />
von den Messwerten abweichen, wohingegen c) die Messwerte in guter Näherung beschreibt.<br />
Da das zu best<strong>im</strong>mende Energiegesetz eine möglichst einfach Form haben soll, werden auch<br />
die Fälle d) vernachlässigt und folgender Ansatz für das Energiegesetz des Trampolins soll<br />
überprüft werden:<br />
E ?<br />
4 2<br />
( y)<br />
? a?<br />
y ? b y<br />
Diese Gleichung kann auch physikalisch gedeutet werden:<br />
? Der quadratische Anteil der Formel entspricht dem Hookeschen Gesetz, wonach die Federkraft<br />
linear, d.h. die Energie quadratisch eingeht. Der Anteil<br />
4<br />
a? y entspricht einem<br />
Korrekturterm, welcher der nächst höheren aus Symmetriegründen erlaubten Ordnung<br />
entspricht.<br />
? Die <strong>Analyse</strong> (weiter unten) zeigt, dass der Hooke-Term dominiert. Es ist also gerechtfertigt,<br />
den zu y 4 proportionalen Term als „Korrektur“ zu verstehen.<br />
7.3.5.4 ? 2 -Anpassung des Energiegesetzes<br />
Das Energiegesetz<br />
E ( y)<br />
? y<br />
4 2<br />
? a?<br />
y ? b ist <strong>im</strong> vorigen Kapitel nur durch „Ausprobieren“ gefunden<br />
worden; nun müssen noch die Parameter a und b best<strong>im</strong>mt und statistisch überprüft<br />
werden. Deren Größenordnung folgt aus den Werten des vorigen Kapitels.<br />
86
J<br />
J<br />
Hiernach ist: a ? 2500 ; b?<br />
2000 .<br />
4 2<br />
m<br />
m<br />
Prinzipiell muss nun ein zweid<strong>im</strong>ensionaler ?²-Test zwischen den Messwerten und dem theoretischen<br />
Energiegesetz bei variablen Parametern a und b durchgeführt werden. Hierzu könnten<br />
verschiedene Statistikprogramme verwendet werden.<br />
Um allerdings die schulüblichen Möglichkeiten nicht zu überschreiten, wird weiterhin das<br />
Programm EXCEL verwendet. Zunächst wird ein Parameter fixiert und der andere variiert,<br />
sodass ein min<strong>im</strong>ales ?² zu diesem Parameter best<strong>im</strong>mt werden kann. Danach wird dieser Parameter<br />
fixiert und der andere variiert und erneut ein min<strong>im</strong>ales ?² best<strong>im</strong>mt. Dieses Verfahren<br />
kann (mit etwas Glück) beliebig oft wiederholt werden, um die „besten“ Werte für a und b<br />
zu best<strong>im</strong>men, die mit <strong>im</strong>mer größerer Genauigkeit vorliegen. Hier sind 8 Rekursionsschritte<br />
durchgerechnet worden und es haben sich folgende Werte für die Parameter a und b mit min<strong>im</strong>alem<br />
?² ergeben:<br />
a = (2451? 125) J/m 4<br />
b = (2022? 57) J/m 2<br />
Die Fehler auf a und b best<strong>im</strong>mt sich statistisch aus dem Diagramm, in welchem ?² gegen den<br />
entsprechenden Parameter aufgetragen ist. Man erhöht den min<strong>im</strong>alen Wert von ?² um 1 und<br />
bildet dann <strong>im</strong> symmetrischen Fall den Mittelwert der zu (?²+1) gehörigen x-Abweichungen.<br />
Insgesamt ergibt sich also (für den unteren Umkehrpunkt) ein Energiegesetz der Form:<br />
J<br />
J<br />
E ( s)<br />
? s<br />
m<br />
m<br />
4<br />
2<br />
? 2451 ? s ? 2022 .<br />
4 2<br />
Bei Eintauchtiefen <strong>im</strong> Bereich von 0,15 bis 0,8 Meter leistet der quadratische Term den größeren<br />
Beitrag zur Gesamtenergie. Beispielsweise liefert für s = 0,5 m der quadratische Term<br />
einen Beitrag von E 2 = 1011 J, der andere Term dagegen nur E 4 = 153 J. Dies rechtfertigt die<br />
Deutung von E 4 als Korrekturterm zum Hookeschen Gesetz.<br />
7.3.5.5 Das Kraftgesetz der Form F(y) = ay 3 +by<br />
Aus dem eben best<strong>im</strong>mten Energiegesetz des Trampolins lässt sich nun das Kraftgesetz ableiten.<br />
Wegen F ? gilt folgendes Gesetz:<br />
d E<br />
d s<br />
N 3 N<br />
F ( s)<br />
? 9804 ? s ? 4044 ? s<br />
3<br />
m<br />
m<br />
87
Hierbei werden zur Berechnung der Koeffizienten die vorher best<strong>im</strong>mten Parameter a und b<br />
verwendet.<br />
Die Interpretation dieses Gesetzes als Hookesches Gesetz mit Zusatzterm lässt eine Best<strong>im</strong>mung<br />
der Federkonstanten D des gesamten Trampolins zu. Wegen<br />
Federkonstante aus dem linearen Glied zu:<br />
D = (4044? 114) N/m.<br />
F ? D?<br />
s ergibt sich die<br />
Dies ist mit den statischen Messungen zu den Versuchen aus Kapitel 7.2.2.4 verträglich, aus<br />
denen ein Wert von<br />
D = (3840? 461) N/m<br />
folgt.<br />
7.3.5.6 Überprüfung des Kraftgesetzes an den Messwerten<br />
In der <strong>im</strong> Kapitel 7.2.2.5 beschriebenen Videosequenz wird das Trampolintuch durch eine<br />
<strong>im</strong>mer größer werdende Masse belastet und die zugehörige Auslenkung best<strong>im</strong>mt. Die so ermittelten<br />
Messwerte sollten dann durch das oben angegebene Kraftgesetz des Trampolins beschrieben<br />
werden. In untenstehender Abbildung sind der theoretische Kraftverlauf und die<br />
Messwerte gegen die max<strong>im</strong>ale Eintauchtiefe aufgetragen.<br />
Kraft <strong>im</strong> Trampolin<br />
12000<br />
10000<br />
8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1<br />
s[m]<br />
Messwerte<br />
F(s)=4as³+2bs<br />
Abbildung 26: Messwerte und theoretischer Kraftverlauf<br />
Man erkennt, dass das gefundene Kraftgesetz vor allem <strong>im</strong> Bereich kleinerer Tuchauslenkungen<br />
die Messwerte gut beschreibt. Im Bereich größerer Eintauchtiefen scheinen die s-Werte<br />
88
systematisch zu klein zu sein. Dieses Verhalten ist allerdings zu erwarten, da <strong>im</strong> Video zu erkennen<br />
ist, dass die <strong>im</strong> Trampolin stehenden Personen nicht auf einem Punkt konzentriert sind<br />
(wie ein Einzelspringer), sondern sich auf einen größeren Raumbereich ausdehnen, wodurch<br />
die Eintauchtiefe kleiner ist, als sie bei punktförmiger Belastung wäre (vgl. auch Kapitel<br />
7.3.4).<br />
Schließlich kann mit dem Kraftgesetz noch die sportphysiologische Frage aus der Einleitung<br />
dieses Kapitels beantwortet werden, welche Kraft <strong>im</strong> unteren Umkehrpunkt auf die Fußgelenke<br />
des Springers wirkt.<br />
Beispielsweise folgt für eine Eintauchtiefe von s = 0,8 m eine wirkende Kraft von:<br />
N<br />
F(0,8m)<br />
? 9804<br />
m<br />
? 8255 N<br />
3<br />
?(0,8m)<br />
3<br />
N<br />
? 4044 ? 0,8m<br />
m<br />
Dies entspricht einer Masse von etwa 850 kg! Physiologisch kann der Mensch Kräfte dieser<br />
Größenordnung zwar ertragen, z.B. auf dem Trampolin oder be<strong>im</strong> Absprung von einem<br />
Sprungbrett, allerdings dürfen sie nur sehr kurzzeitig wirken 105 .<br />
7.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Best<strong>im</strong>mung eines Gesetzes für die Trampolinenergie<br />
bzw. die Tuchkraft. Um dieses Ziel zu erreichen, werden zunächst grundsätzliche Überlegungen<br />
zur Wahl des Koordinatensystems angestellt, bevor dann wichtige Einzelheiten des<br />
Trampolinspringens am Beispiel des Dotzens erarbeitet bzw. aufgezeigt werden. Erst danach<br />
können anhand verschiedener Sprungvideos Messwerte aufgenommen werden, die eine Theoriebildung<br />
zulassen.<br />
Durch die Übereinst<strong>im</strong>mung zwischen den Messwerten und der theoretischen Vorhersage,<br />
durch die Unterstützung der zugehörigen Kraftmesswerte und durch die physikalisch naheliegende<br />
Ableitung als Hookesches Gesetz mit einem Korrekturterm, der die Geometrie des<br />
Trampolins mitberücksichtigt, entstehen Energie- und Kraftgesetze, welche schlussendlich<br />
sämtliche Sprungtypen und -arten vollständig und befriedigend beschreiben.<br />
Sinnvoll aufbereitet ist das Trampolin auch <strong>im</strong> Schulphysikunterricht einsetzbar. Die Bewegung<br />
kann untersucht werden und ist zunächst mit bekannten Mitteln (Hooke oder gleichmäßig<br />
beschleunigte Bewegung) nicht oder nur unzureichend zu beschreiben. Neue Hypothesen<br />
105 Vgl. hierzu z.B. HOCHMUTH [15], S. 68 ff., oder andere sportphysiologische Literatur.<br />
89
zur Erläuterung des Sachverhalts müssen aufgestellt werden und gerade die Hypothesenbildung<br />
ist z.B. laut WILLER 106 unverzichtbarer Teil des Schulphysikunterrichts.<br />
Danach kann auch in der Schule durch einen allgemeineren Ansatz (z.B. als Potenzreihe), eine<br />
Abschätzung der Größenordnung auftretender Terme und eine Symmetrieüberlegung das<br />
eigentliche Energiegesetz ermittelt werden. Bei dieser „Forschungsarbeit“ stoßen die Schüler<br />
zum Teil auf Bekanntes (Federenergie, Hookesches Gesetz), was aber erst nach einer Korrektur<br />
den eigentlichen Sachverhalt beschreiben kann. Gleichzeitig ist es ein Beleg dafür, dass<br />
kompliziertere Bewegungen oder schwer zu beschreibende Sachverhalte mitunter keine trivialen<br />
Lösungen haben und gerade deshalb <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> natürliche (reale) Bewegungen<br />
modelliert und elementarisiert werden müssen, um sie untersuchen zu können (vgl. z.B.<br />
WILLER [55], S. 91 ff.).<br />
106 In [55], S. 39 ff.<br />
90
8 Vierte Themeneinheit: Die Nebelkammer<br />
„Die Geschehnisse der Natur sind verborgen; obgleich sie <strong>im</strong>mer tätig ist, entdecken wir nicht <strong>im</strong>mer<br />
ihre Wirkungen...“<br />
Blaise Pascal 107<br />
8.1 Idee und Fragestellung<br />
In diesem Kapitel soll eine Anwendung von ViMPS vorgestellt werden, die nicht aus dem Bereich<br />
Mechanik, sondern aus der Kernphysik stammt. Im Physiklehrplan der Oberstufe 108 ist<br />
„Kernphysik I“ ein Pflichtbaustein, der um die Bereiche „Kernphysik II“ und „Kernphysik<br />
III“ erweitert werden kann, wobei „ein exper<strong>im</strong>entell orientierter Zugang [...] nur in Verbindung<br />
mit dem Wahlbaustein Kernphysik II möglich [ist]“ (ebd., S. 42).<br />
In diesem Wahlbaustein sollen Arten und Nachweismöglichkeiten radioaktiver Strahlung vorgestellt<br />
werden. VOGEL ([53], S. 685 ff.) führt Eigenschaften der Kernstrahlung auf, die an<br />
dieser Stelle nicht diskutiert werden sollen.<br />
Zum Nachweis radioaktiver Strahlung genügt z.B. eine Wilsonsche Nebelkammer, in der<br />
Spuren radioaktiver Strahlung durch adiabatische Ausdehnung des Nachweisgases (meist<br />
Luft) sichtbar gemacht werden können (vgl. z.B. VOGEL [53], S. 695). Viele Schulen sind <strong>im</strong><br />
Besitz einer solchen Kammer, die auch von Lehrmittelfirmen vertrieben wird. Hier kann das<br />
„Phänomen“ der Kernstrahlung sichtbar gemacht werden, allerdings sind quantitative Messungen<br />
bisher nicht möglich gewesen. Erst mit Hilfe der Videomesstechnik kann Strahlung in<br />
einer Nebelkammer für einen längeren Messzeitraum sichtbar gemacht und so z.B. die<br />
Reichweite von ? -Strahlung in Luft best<strong>im</strong>mt werden.<br />
Die Idee der Reichweitenbest<strong>im</strong>mung von ? -Strahlung in Luft soll in diesem Kapitel <strong>im</strong> Zentrum<br />
stehen, wobei eine andere Art von Nebelkammer zum Nachweis der Strahlung verwendet<br />
werden soll 109 .<br />
8.2 Praktische Durchführung<br />
Einige der Videoaufnahmen wurden <strong>im</strong> Besucherzentrum des Kernkraftwerks Mülhe<strong>im</strong>-<br />
Kärlich gemacht, andere <strong>im</strong> <strong>Institut</strong> für Kernchemie an der Universität Mainz. Da die Auf-<br />
107 In [54], S. 189.<br />
108 In [33], S. 42, ff.<br />
109 Da die Wilsonsche Nebelkammer in der Regel in den Schulen „live“ vorgeführt werden kann, werden hierzu<br />
keine Videoaufnahmen angeboten. Die verwendeten Diffusionsnebelkammern sind in den Schulen aber in der<br />
Regel nicht bekannt; hiermit wird dem Schüler ein weiteres Nachweisgerät für radioaktive Strahlung vorgestellt.<br />
91
nahmetechnik und das didaktische Ziel in beiden Fällen unterschiedlich gewesen sind, sollen<br />
sie <strong>im</strong> Folgenden getrennt voneinander dargestellt werden.<br />
8.2.1 Die Nebelkammer <strong>im</strong> AKW Mülhe<strong>im</strong>-Kärlich<br />
Im Atomkraftwerk steht eine Diffusionsnebelkammer 110 , die dauerhaft in Betrieb ist und in<br />
deren Zentrum ein Uranerzklumpen befestigt ist, von dem ?-,?- und ?-Strahlung ausgeht. Um<br />
die verschiedenen Spuren der radioaktiven Strahlung, die der Stein abgibt, sichtbar zu machen,<br />
wird über der Nebelkammer eine Kamera aufgestellt, sodass die Nebelspuren der verschiedenen<br />
Strahlungsarten von oben gefilmt werden können.<br />
Danach werden die Lichtverhältnisse so eingerichtet, dass keine Reflexionen auf der die Nebelkammer<br />
abdeckenden Glasplatte auftreten. Schließlich wird die Strahlung des Uranerzes<br />
über einen Zeitraum von fünf Minuten gefilmt.<br />
Eine Ansicht der Nebelkammer zeigt die folgende Abbildung.<br />
Abbildung 27: Nebelkammer <strong>im</strong> AKW Mühlhe<strong>im</strong>-Kärlich<br />
Problematisch ist es, Voraussetzungen zu schaffen, mit denen die Videoaufnahmen später kalibriert<br />
werden können. Da das Nebelkammervolumen verschlossen ist, kann kein Maßstab<br />
zur Kalibrierung der Videoaufnahmen direkt neben dem Uranstein platziert werden. Daher<br />
muss die Kalibrierung indirekt erfolgen. Hierzu wird die Breite der Nebelkammer gemessen;<br />
sie beträgt b = (32,0 ? 0,2) cm. Hieraus lässt sich die Länge der flachen, angestrahlten Seite<br />
des Steins best<strong>im</strong>men, sie beträgt s = (3,0 ? 0,1) cm. Über dieses Maß können dann die Aufnahmen,<br />
in denen nur der Stein zu sehen ist, kalibriert werden.<br />
110 Eine allgemeine Beschreibung einer Diffusionsnebelkammer findet sich in der Literatur. Spezielle Hinweise<br />
gibt REIBER in [35], wo er die von ihm gebaute Nebelkammer in der Kernchemie beschreibt.<br />
92
8.2.2 Die Nebelkammer am <strong>Institut</strong> für Kernchemie (Mainz)<br />
Die Diffusionsnebelkammer des <strong>Institut</strong>s für Kernchemie ist eine „Selbstbau-Nebelkammer“,<br />
die <strong>im</strong> Rahmen einer Staatsexamensarbeit 1996 von REIBER (vgl. [35]) angefertigt wurde. Als<br />
radioaktive Quelle ist hier ein monoenergetischer ?-Strahler (Americium 241) eingebaut. Das<br />
Americium-Präparat ist auf einer Metallspitze befestigt, die in den sensitiven Bereich der Nebelkammer<br />
gedreht werden kann.<br />
Um die Spuren der ?-Teilchen sichtbar zu machen, muss die Temperatur in der Nebelkammer<br />
auf ca. –50° C abgesenkt werden. Dies wird durch Kühlung der Kammer mit flüssigem Stickstoff<br />
erreicht. Das Präparat wird in den sensitiven Bereich gedreht, sodass die Spuren der ?-<br />
Teilchen verfolgt werden können.<br />
Leider ist es nicht möglich in der Aufsicht zu filmen, da die Nebelkammer in einem Schrank<br />
eingebaut ist. Deshalb wird die Kamera vor der Nebelkammer befestigt und über einen Zeitraum<br />
von 5 Minuten seitlich in das Kammervolumen gefilmt. Folgende Abbildung zeigt den<br />
Versuchsaufbau, eine genauere Beschreibung der Nebelkammer findet sich in [35], S. 34 ff.<br />
Abbildung 28: Die „Selbstbau-Nebelkammer“ (Kernchemie Mainz)<br />
Auch hier ist die Kalibrierung der Videosequenzen nicht trivial, da kein Maßstab in die Nebelkammer<br />
eingesetzt werden kann. Der Bauanleitung der Nebelkammer (vgl. [35], S. 39) ist<br />
aber zu entnehmen, dass die weiße Plastikkappe, die den Metallstift mit dem Präparat hält, die<br />
Länge von einem Zent<strong>im</strong>eter hat. Hieraus kann nun die Länge des Metallstiftes best<strong>im</strong>mt<br />
werden, der sich zur Kalibrierung der gesamten Aufnahmen eignet.<br />
93
8.3 Auswertung der Nebelkammeraufnahmen<br />
8.3.1 Verschiedene Arten radioaktiver Strahlung<br />
Im Lehrplan der Mittelstufe (vgl. [32], S. 201 ff.) ist das Thema Kernphysik als Wahlpflichtbaustein<br />
für die 10. Klasse aufgeführt. Natürlich kann an dieser Stelle die Kernphysik weniger<br />
mathematisch bzw. theoretisch als viel mehr phänomenologisch vorgestellt werden. Mit anderen<br />
Worten kann z.B. gelehrt werden, dass es verschiedene Arten von Kernstrahlung gibt, die<br />
sich auch unterschiedlich äußert, ohne dass deren genaue Natur (? -Strahlung als Heliumkerne,<br />
etc.) bekannt ist.<br />
Zur Demonstration der unterschiedlichen Strahlungsarten steht z.B. das Video, welches <strong>im</strong><br />
AKW Mühlhe<strong>im</strong>-Kärlich gedreht wurde, zur Verfügung. Da das Uranerz ?-, ?- und ?-<br />
Strahlung aussendet (zusätzliche ?-Strahlung aus der Umgebung), können die verschiedenen<br />
Spuren bzw. Spurtypen über den Zeitraum von einer Minute mit ViMPS betrachtet werden.<br />
Danach können verschiedene (Schüler-) Beobachtungen zusammengetragen werden, um so<br />
etwas über die Natur von Strahlung zu erfahren. Die Besuchertafeln <strong>im</strong> Kernkraftwerk weisen<br />
dabei auf folgende Beobachtungen hin:<br />
1) ?-Strahlung: Kräftige, kurze, meist geradlinige Spuren.<br />
2) ?-Strahlung: Schwache Spuren, die meist nicht geradlinig verlaufen, da sich nur sehr<br />
schnelle Elektronen ohne Ablenkung geradlinig bewegen.<br />
3) ?-Strahlung: Vielfach gekrümmte, schwache Spuren, verursacht von Sekundärelektronen,<br />
die durch photoelektrischen Effekt der ?-Quanten an den Luftmolekülen frei werden; diese<br />
Spuren sind <strong>im</strong> Video am schlechtesten zu sehen.<br />
8.3.2 Best<strong>im</strong>mung der Reichweite von ?-Teilchen in Luft<br />
8.3.2.1 Auswertung der Messdaten<br />
Zur Best<strong>im</strong>mung der Reichweite von ?-Teilchen ist es wichtig, einerseits einen monoenergetischen<br />
?-Strahler zu untersuchen (Vergleichbarkeit der Spurlängen) und andererseits möglichst<br />
wenig Störungen von anderen radioaktiven Strahlungsarten zu haben. Daher werden zur<br />
Spurlängenbest<strong>im</strong>mung der ?-Teilchen die Videoaufnahmen verwendet, die <strong>im</strong> <strong>Institut</strong> für<br />
94
Kernchemie am Am 241 -Präparat aufgenommen wurden 111 .<br />
Bevor die eigentlichen Spurlängen best<strong>im</strong>mt werden können, müssen zunächst die günstigen<br />
Ereignisse aus dem 5-Minuten-Video ausgeschnitten werden. Die gesuchten Spuren müssen<br />
alle in einer Ebene liegen, die orthonormal zur Kameraposition steht und durch das Präparat<br />
geht. Alle anderen Spuren werden durch ihre Projektion auf diese zweid<strong>im</strong>ensionale Ebene<br />
nur verkürzt dargestellt und sind für die Reichweitenbest<strong>im</strong>mung der ?-Strahlung unbrauchbar.<br />
Insofern muss nach den längsten Spuren gefahndet werden, die in dieser beschriebenen<br />
Ebene liegen.<br />
Neun dieser günstigen Ereignisse können aus dem 5-Minuten-Video aussortiert, digitalisiert<br />
und aneinander geschnitten werden. Nach erfolgter Kalibrierung der Aufnahmen (über die<br />
Metallstiftlänge, vgl. Kapitel 8.2.2) können die max<strong>im</strong>alen Spurlängen best<strong>im</strong>mt werden. In<br />
der folgenden Tabelle 10 sind die Spurlängen der neun günstigen Ereignisse aufgetragen, die<br />
bis auf einen Koordinatenmessfehler von ? x ??<br />
y ? 0, 002m<br />
best<strong>im</strong>mbar sind. Die Größe des<br />
Messfehlers folgt aus der Tatsache, dass einige Spuren an ihren Enden durch die Nebeltröpfchenbildung<br />
oder einen ungünstigen Austrittswinkel leicht verwaschen sind, sodass sich das<br />
exakte Spurende nicht mit absoluter Genauigkeit angeben lässt. Deshalb wurde ein Messfehler<br />
von 0,2 Zent<strong>im</strong>etern als realistisch angenommen 112 .<br />
Spurlänge<br />
[cm]<br />
Messfehler<br />
[cm]<br />
Mittelwert<br />
[cm]<br />
1.<br />
Spur<br />
2.<br />
Spur<br />
3.<br />
Spur<br />
4.<br />
Spur<br />
5.<br />
Spur<br />
6.<br />
Spur<br />
7.<br />
Spur<br />
8.<br />
Spur<br />
9.<br />
Spur<br />
L 2,72 2,91 2,93 2,7 2,9 2,6 2,81 2,83 2,8<br />
0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2<br />
2,80 ? 0,04<br />
Tabelle 10: Spurlängenbest<strong>im</strong>mung der ?-Teilchen<br />
Hieraus ergibt sich also eine mittlere Spurlänge der beobachteten ?-Teilchen von<br />
?<br />
L = (2,80? 0,04) cm; hierbei ist: ? L ? .<br />
n<br />
111 Im Gegensatz zum Uranerz <strong>im</strong> vorhergehenden Kapitel (? -, ?- und ?-Strahler) erfüllt das verwendete Am 241<br />
diese Voraussetzungen. Weitere Eigenschaften von ? -Strahlern, insbesondere Am 241 , führt BORMANN [4] auf,<br />
unter anderem:<br />
? Natur der ? -Strahlung (S. 7 ff.).<br />
? Wechselwirkung von ? -Strahlung mit Materie (S. 63 ff.).<br />
? Radioaktive Quellen für ? -Strahlung (S. 65 f.).<br />
? Exper<strong>im</strong>ente mit Nebelkammer, Ionisationskammer, Zählrohr (S. 85 ff.).<br />
112 Zum Vergleich: Die Pixelauflösung liegt bei 0,3 mm.<br />
95
Um die Diskrepanz zwischen diesem Wert und dem Literaturwert 113 von 3,6 cm für die<br />
Reichweite von ?-Strahlung in Luft zu erklären, muss <strong>im</strong> folgenden Kapitel noch eine thermische<br />
Korrektur vorgenommen werden.<br />
8.3.2.2 Temperaturbedingte Korrektur der Messwerte<br />
Der angegebene Literaturwert für die Reichweite von ?-Strahlung in Luft (Energie der ?-<br />
Teilchen E ? = 5,5 MeV) von 3,6 cm bezieht sich auf Z<strong>im</strong>mertemperatur (20° C). Da die Temperatur<br />
<strong>im</strong> sensitiven Bereich der Nebelkammer allerdings –50° C beträgt, sind die Luftmoleküle<br />
hier natürlich viel dichter als bei Z<strong>im</strong>mertemperatur; daher ist zu erwarten, dass die Spuren<br />
in der durchgeführten Messung tatsächlich kürzer sind.<br />
Aus der allgemeinen Gasgleichung lässt sich eine Korrektur für die Messwerte ableiten.<br />
Es gilt:<br />
p ? V ? n?<br />
R?<br />
T<br />
Mit V ~ 1/? und L = 1/? (L = Spurlänge) folgt:<br />
L ? const?<br />
T<br />
Daraus ergibt sich die Best<strong>im</strong>mungsgleichung:<br />
L<br />
T<br />
20?<br />
20? ? ? L?<br />
50?<br />
T?<br />
50?<br />
Wenn man das Messergebnis von L -50° = (2,80 ? 0,04) cm nun in „Z<strong>im</strong>mertemperatur“ umrechnet,<br />
ergibt sich (mit? T 20° = ? T -50° = 1° K):<br />
293 K<br />
L20 ? ? 2,8 cm?<br />
3, 68cm<br />
223 K<br />
?<br />
.<br />
2<br />
??<br />
T L L T ? T L T ?<br />
20?<br />
?<br />
? 50?<br />
? ??<br />
? 50?<br />
?<br />
20?<br />
? ?<br />
? 50?<br />
?<br />
? 50?<br />
?<br />
20?<br />
Dabei ist: ? L20 ?<br />
? ? ? 0, 06cm<br />
2<br />
T<br />
50<br />
T<br />
50<br />
T<br />
?<br />
? ? ? ? ? ? ? ? ? ? 50?<br />
?<br />
Das um den Temperaturunterschied korrigierte Endergebnis für die mittlere Spurlänge lautet<br />
somit:<br />
L = (3,68? 0,06) cm.<br />
2<br />
2<br />
Dieser Wert ist in etwa mit dem Literaturwert von 3,6 cm verträglich, der leider ohne Fehler<br />
angegeben wurde.<br />
113 Der Literaturwert für die mittlere Reichweite von ? -Strahlung (Am 241 ) in Luft ist aus [4], S. 84, entnommen.<br />
96
8.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
Anhand der Videos zum Thema „Nebelkammer“ können in diesem Kapitel <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
zwei Gesichtspunkte betrachtet werden. Zum einen kann der Nachweis radioaktiver Strahlung<br />
mit einer Nebelkammer diskutiert werden. Darüber hinaus können die unterschiedlichen Arten<br />
von radioaktiver Strahlung aufgrund der Form oder Stärke ihrer Spuren in der Nebelkammer<br />
verdeutlicht werden. Wichtig ist, dass eine solche <strong>Analyse</strong> durchaus auf dem Niveau der<br />
Sekundarstufe I erfolgen kann und somit sowohl ViMPS als auch Eigenschaften der Kernphysik<br />
bereits an dieser Stelle eingeführt werden können.<br />
Zum anderen wird in diesem Kapitel die Reichweite von ?-Strahlung in Luft berechnet. Wie<br />
in der Einleitung angeführt kann dieser Versuch bereits heute in den Schulen mit den herkömmlichen<br />
Wilsonschen Nebelkammern durchgeführt, gefilmt, digitalisiert und mit ViMPS<br />
ausgewertet werden.<br />
Die hier verwendete Diffusionsnebelkammer steht als weiterer Typ von Nebelkammer für die<br />
Schule zur Verfügung; evtl. bietet sich hier eine Zusammenarbeit mit dem Fach Chemie an, in<br />
welchem die Entstehung der Nebelspuren vertieft behandelt werden kann. Zusätzlich bietet<br />
die Diffusionsnebelkammer die Möglichkeit, die kontinuierliche Abstrahlung von Radioaktivität<br />
zu beobachten, wohingegen die Wilsonsche Nebelkammer nur einen kurzen „Einblick“<br />
während der adiabatischen Gasexpansion gibt.<br />
Das Ergebnis, welches für die Reichweite von ?-Teilchen der Energie E ? = 5,5 MeV des<br />
Americium-Präparats ermittelt wird, ist zunächst zu klein und muss um die veränderten thermischen<br />
Bedingungen zwischen Literaturwert und Messwert korrigiert werden. Nach dieser<br />
(einfachen und in der Schule durchführbaren) Korrektur wird eine gute Übereinst<strong>im</strong>mung<br />
zwischen dem Messwert und dem Literaturwert erzielt.<br />
97
9 Der Einsatz von ViMPS aus (fach-) didaktischer Sicht 114<br />
In diesem Kapitel soll der pädagogische und fachdidaktische Hintergrund der Vor- bzw.<br />
Nachteile des Einsatzes von ViMPS <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> diskutiert werden. Da hierzu keine<br />
eigene Forschung durchgeführt wurde, werden einige Meinungen zu diesem Thema aus der<br />
Literatur vorgestellt und anhand dieser Aussagen eine Bewertung vorgenommen, in welchem<br />
Rahmen ViMPS in der Schule einsetzbar ist.<br />
Die Aspekte, die in diesem Kapitel genannt werden, sind von den didaktischen Hinweisen in<br />
Kapitel 2.2.1 zu trennen; dort wurde beschrieben, warum BECKER ViMPS in der zur Verfügung<br />
stehenden Art und Weise programmiert hat; hier soll jetzt mehr der (sinnvolle) Einsatz<br />
<strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> <strong>im</strong> Vordergrund stehen.<br />
9.1 Zum Einsatz von Videomesssystemen <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong><br />
9.1.1 Allgemeine Eigenschaften von Videomesssystemen<br />
Zum Thema Videomesssysteme <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> sind schon seit Mitte der 90er Jahre zahlreiche<br />
Veröffentlichungen erschienen, deren Hauptaussagen hier zusammenfassend dargestellt<br />
werden sollen.<br />
Nach HILSCHER bringt der Einsatz von Videokameras <strong>im</strong> Unterricht wesentliche Vorteile:<br />
? „Kleine Gegenstände, Skalen und Objekte eines Exper<strong>im</strong>ents [..] und auf kleine Raumgebiete<br />
beschränkte Ereignisse lassen sich aus größerer Entfernung mit dem Auge nicht<br />
wahrnehmen. Durch Herauszoomen von Teilbereichen des Exper<strong>im</strong>ents mit der Kamera<br />
und Übertragen des Kamerabilds auf <strong>im</strong> Raum verteilte Monitore oder mittels Beamer auf<br />
eine Projektionsleinwand können allen Lernenden einer Schulklasse [..] sonst nicht beobachtbare<br />
Details zugänglich gemacht werden.<br />
? Zeitaufwendige oder sehr komplexe Exper<strong>im</strong>ente [..] können vor der Veranstaltung aufgezeichnet<br />
werden und <strong>im</strong> Unterricht [..] vom Band vorgeführt werden.“ ([14], S. 194).<br />
Die Tatsache, dass der Computer <strong>im</strong> Unterricht in vielfältiger Weise eingesetzt werden kann,<br />
führt MIKELSKIS ([30], S. 235) aus. Er nennt die Videoanalyse neben den möglichen Verwendungen<br />
als Interface-System, Modellbildungssystem, Tabellenkalkulator oder Computers<strong>im</strong>ulator<br />
(a.a.O.).<br />
114 WILLER definiert den Begriff ([55], S. 10): „Didaktik ist die Theorie des Unterrichts und als solche eine Disziplin<br />
der Erziehungswissenschaft“. Weiter führt er aus: „[Die] Fachdidaktik der Physik befaßt sich mit den spezifischen<br />
Problemen des <strong>Physikunterricht</strong>s und entwickelt Methoden, um diese Probleme zu klären“(a.a.O., S. 12).<br />
98
Den Einsatz von Videomesssystemen hat LAWS schon 1997 untersucht, sie nennt eine Reihe<br />
von Vorteilen 115 :<br />
? Schnell umsetzbare Methode der quantitativen Untersuchung (bei Vorhandensein geeigneter<br />
Videoausstattung).<br />
? Breite Palette von Möglichkeiten zur Projektarbeit; Ausnutzung der Tatsache, dass heutige<br />
Schüler und Studenten mit der Videotechnik aufgewachsen sind.<br />
? Ortsmessungen in der Regel mit geringerem relativen Fehler als bei anderen (einfachen)<br />
Messungen.<br />
? Bezug zur Alltagswelt außerhalb des Laborraumes.<br />
Alle oben genannten Faktoren sprechen für einen Einsatz eines Videomesssystems <strong>im</strong> schulischen<br />
<strong>Physikunterricht</strong>. Dabei soll betont werden, dass die Autoren den herkömmlichen <strong>Physikunterricht</strong><br />
nicht ersetzen, sondern nur eine neue, schülergerechte und zeitgemäße Methode<br />
zusätzlich anbieten wollen.<br />
9.1.2 ViMPS <strong>im</strong> Unterschied zu anderen Videomesssystemen (Verfügbarkeit)<br />
KRAHMER beschreibt in [18], S. 274, die Gründe, die ihn und WINTER (Universität Potsdam)<br />
dazu bewogen haben, ein „Video-Auswertungsprogramm“ zu entwickeln. Hier nennt er u.a.:<br />
? Benutzeroberfläche in deutscher Sprache<br />
? bedienerfreundliches Anpassen einer Modellkurve an die Meßwertkurve (Fitten)<br />
? Angebot als preiswerte Shareware.<br />
Die Programmierung von ViMPS geht teilweise noch über die geforderten Punkte hinaus:<br />
? Die Benutzeroberfläche ist in deutscher Sprache geschrieben und somit an Schulen ohne<br />
weiteres einsetzbar.<br />
? Zudem handelt es sich bei ViMPS um Freeware, die als „Download“ von Rechnern der<br />
Universität Mainz bezogen werden kann.<br />
? Verwendbare Videosequenzen stehen ebenfalls als „Download“ bzw. auf Anfrage auf CD-<br />
ROM zur Verfügung.<br />
? Zur Auswertung steht es jedem Lehrer bzw. Schüler frei, die von ihm bevorzugte Tabellenkalkulation<br />
zu benutzen, da die Messdaten von ViMPS als einfache ASCII-Zeichen<br />
z.B. an EXEL übergeben werden.<br />
Weitere Punkte, die ViMPS deutlich von anderen Videomesssystemen unterscheidet, sind<br />
entweder schon in Kapitel 2.2 genannt oder finden sich bei BECKER in seiner Staatsexamensarbeit<br />
[3] und sollen an dieser Stelle nicht wiederholt werden.<br />
115 Vgl. [19], S. 282.<br />
99
Stattdessen sollen <strong>im</strong> Folgenden didaktische Faktoren, die einen Einsatz von ViMPS <strong>im</strong> Unterricht<br />
mitbest<strong>im</strong>men, diskutiert werden.<br />
9.2 Die Bedeutung von Realexper<strong>im</strong>enten<br />
Schon bei der Nennung von Vorteilen der neuen Videomesssysteme wurde darauf hingewiesen,<br />
dass durch die Videoaufnahmen ein Bezug zur Alltagswelt der Schüler hergestellt werden<br />
kann. Das bedeutet, dass alltägliche Bewegungsabläufe auf diese Weise auf ihren physikalischen<br />
Gehalt oder ihre Gesetzmäßigkeiten untersucht werden können und so nicht als abstrakte<br />
physikalische Aussagen <strong>im</strong> Raum stehen, sondern durch die Videos <strong>im</strong> wahrsten Sinne<br />
des Wortes mit Farbe gefüllt werden.<br />
Des weiteren handelt es sich bei den gefilmten Versuchen um reale Exper<strong>im</strong>ente, die sich<br />
deutlich von Computers<strong>im</strong>ulationen abheben und auch einen differierenden didaktischen Wert<br />
haben (vgl. Kapitel 2.1.1). Wie <strong>im</strong> realen Exper<strong>im</strong>ent kann der Schüler die einzelnen Schritte<br />
steuern und die Messungen selbst durchführen (vgl. z.B. Präsentation des Milikanversuchs<br />
(BECKER) oder die Versuche zum Trampolinspringen). Im Gegensatz zur S<strong>im</strong>ulation ist das<br />
Messergebnis somit nicht „vorgegeben“, sondern Produkt des eigenständigen Arbeitens des<br />
Schülers.<br />
MIKELSKIS ([30], S. 238) betont noch folgende Punkte:<br />
? „Behandlung komplexer, realistischer Vorgänge trotz restringierter, mathematischformaler<br />
bzw. meßtechnischer Möglichkeiten <strong>im</strong> Unterricht;<br />
? Heranführung der Schüler in der Sekundarstufe II an Verfahren der physikalischquantitativen<br />
Modellierung.“<br />
Gerade der Zusammenhang zwischen Realexper<strong>im</strong>enten und der daraus resultierenden Modellierung<br />
muss neben dem Arbeiten mit reinen Modellbildungssystemen 116 herausgestrichen<br />
werden, da für viele reale Vorgänge zunächst ein physikalisches Modell gefunden werden<br />
muss. Beispielsweise konnte der Trampolinspringer während der Landung <strong>im</strong> Tuch als „starrer<br />
Körper“ idealisiert werden, obwohl genauer ein zusätzliches Modell die unterschiedliche<br />
Armhaltung <strong>im</strong> Flug bzw. <strong>im</strong> Tuch korrigieren musste.<br />
116 Modellbildungssysteme wie z.B. STELLA werden z.B. in [20] vorgestellt und diskutiert. Auch das didaktische<br />
Potential ist hier beschrieben (S. 1).<br />
100
9.3 Einbeziehung der Schüler in den Unterricht<br />
9.3.1 Schülerversuche mit ViMPS<br />
Neben der Alltagsnähe, d.h. der physikalischen <strong>Analyse</strong> von Bewegungen aus dem Schülerumfeld,<br />
ist einer der Hauptgründe für das Arbeiten mit ViMPS die mögliche Schülerbeteiligung<br />
<strong>im</strong> Unterricht. Vielerorts wird in pädagogischen Zeitschriften der Einsatz von Schülerexper<strong>im</strong>enten<br />
verstärkt gefordert, was <strong>im</strong> Schulalltag entweder an der schlechten Ausstattung<br />
der Schule oder an Zeitnot scheitert. Hierzu bietet ViMPS eine Alternative:<br />
? Schülerversuche müssen nicht in z.B. zehnfacher Ausfertigung vorhanden sein; es reicht,<br />
wenn ein gefilmter Versuch, der schülergerecht in Form einer Präsentation aufgearbeitet<br />
ist, zur Verfügung steht; mit ViMPS kann jeder Schüler diesen Versuch dann selbst (am<br />
PC) durchführen 117 .<br />
? Auch das Argument der „Zeitnot“ kann durch den Einsatz von ViMPS etwas entkräftet<br />
werden. Bei herkömmlichen Schülerversuchen müssen die Schüler <strong>im</strong>mer neu in den Versuchsaufbau<br />
und die benutzten Messgeräte eingearbeitet werden, wohingegen das „Werkzeug<br />
ViMPS“ bereits in der Mittelstufe eingeführt werden kann und fortan als<br />
Orts-, Zeit-, Geschwindigkeits-, Beschleunigungs- und sogar Kraftmesser zur Verfügung<br />
steht.<br />
? Obwohl die Schüler am Computer eigenverantwortlich exper<strong>im</strong>entieren können, gibt der<br />
Lehrer nur scheinbar die Kontrolle seines Unterrichts aus der Hand. In Wirklichkeit steuert<br />
er ja gezielt das Lernziel (nicht das Lerntempo!) durch die Programmierung einer entsprechenden<br />
Versuchspräsentation. Zum Arbeiten der Schüler schreibt MIKELSKIS:<br />
„Die Chancen des neuen Hypermediums [= vernetzter Computer; Anm. d. Autors] ermöglichen<br />
komplexes und interdisziplinäres Erschließen von Sachverhalten und legen<br />
die Hoffnung nahe, daß jeder Lerner einen ihm adäquaten Lernweg gehen kann, also<br />
Formen der Differenzierung und Individualisierung ermöglicht werden, die man bisher<br />
nicht beschreiten konnte.“ (MIKELSKIS [29], S. 434).<br />
Inzwischen liegen bereits einige Unterrichtsbeispiele vor, in denen Videomesssysteme eingesetzt<br />
wurden. Die Autoren beschreiben hier durchweg gute Erfahrungen mit der Einbeziehung<br />
der Schüler in den Unterricht und die Realitätsnähe durch entsprechende Videosequenzen.<br />
117 An dieser Stelle muss erneut betont werden, dass der Autor nicht auf herkömmliche Schülerversuche verzichten<br />
will, sondern sie nur da (zusätzlich) ermöglichen will, wo sie bisher nicht durchführbar waren.<br />
101
Als Unterrichtsbeispiele liegen vor:<br />
? Basketballwurf (SEIFERT [31], S. 307 f.).<br />
? Looping auf der Achterbahn (SEIFERT [31], S. 309 f.).<br />
? Tennisaufschlag (SEIFERT [47], S. 352 ff.).<br />
? Elfmeter <strong>im</strong> Fußball (SEIFERT [47], S. 355 f.).<br />
? „Freier Fall“ (KRAHMER [18], S. 275 f.).<br />
? Weitsprung (KRAHMER [18], S. 276).<br />
? Sprung eines Froschs (KRAHMER [18], S. 276).<br />
9.3.2 Unabhängigkeit vom ViMPS-Einsatz und der gewählten Sozialform<br />
Neben diesen bereits getesteten Unterrichtsbeispielen muss noch die Möglichkeit herausgestellt<br />
werden, dass das Arbeiten mit ViMPS innerhalb verschiedener Sozialformen des Unterrichts<br />
geschehen kann. Neben dem Frontalunterricht, in welchem der Lehrer einen neuen Versuch<br />
(mit Hilfe von ViMPS) präsentieren kann (z.B. Wilsonsche Nebelkammer), können<br />
Schüler in Gruppenarbeit einzelne Messungen mit ViMPS durchführen (z.B. zum Dreh<strong>im</strong>puls<br />
be<strong>im</strong> Wasserspringen, Reichweitenbest<strong>im</strong>mung von ?-Teilchen oder Stoßprozesse am Luftkissentisch).<br />
Darüber hinaus bietet sich auch der projektartige Umgang mit ViMPS an: Im<br />
Rahmen eines Unterrichtsprojekts (oder einer Projektwoche) können Schüler den ganzen Weg<br />
vom Erstellen geeigneter Videoaufnahmen über deren Digitalisierung und Bearbeitung hin<br />
zur physikalischen Messung beschreiten. Gerade die verschiedenen Arbeitsweisen oder Methoden<br />
werden z.B. <strong>im</strong> Lehrplan 118 gefordert, da hier sowohl die Inhalte der Physik 119 bearbeitet<br />
werden als auch die physikalische Methode 120 vorgestellt und somit ein Beitrag zur<br />
(Allgemein-) Bildung des Schülers geleistet wird 121 .<br />
Folgende Eigenschaften werden z.B. durch das Arbeiten mit ViMPS gefördert:<br />
? Die kognitiven Fähigkeiten (Abstraktion, Denken in Modellen, rationale Beurteilung).<br />
? Die Intuition und Phantasie (schöpferisches Modellbilden, sich Einlassen auf Neues).<br />
? Das Selbst- und Weltverständnis durch Vergleich der Alltagswelt mit der naturwissenschaftlichen<br />
Weltsicht.<br />
? Die Kommunikations- und Teamfähigkeit durch Zusammenarbeit.<br />
118 Vgl. [33], S. 8.<br />
119 Ebd., S. 7.<br />
120 Ebd.<br />
121 Ebd.<br />
102
9.4 Physik und Sport – ein Themenfeld<br />
9.4.1 Interdependenz zwischen Physik und Sport<br />
Im Rahmen dieser Arbeit sind neben den Themenfeldern Nebelkammer und Luftkissentisch<br />
auch bewusst mit dem Wasser- und Trampolinspringen zwei Themen aus dem Bereich Sport<br />
behandelt worden. Die Tatsache, dass auch der Lehrplan auf die Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />
in diesen Fächern hinweist 122 , bietet neue Möglichkeiten für den <strong>Physikunterricht</strong>:<br />
„Mit der Einbeziehung von Problemen aus dem Sport, dem Verkehr, vom Jahrmarkt<br />
oder aus der Natur in den <strong>Physikunterricht</strong> besteht die Möglichkeit, die Lebenswelt<br />
der Schülerinnen und Schüler ernsthaft zu berücksichtigen.<br />
Ferner können physikalische Beschreibungen von Phänomenen mit entsprechenden<br />
motorischen, sinnlichen und gefühlsmäßigen Erfahrungen gekoppelt werden. Damit<br />
eröffnet sich eine Chance, den ganzheitlichen Anspruch für <strong>Physikunterricht</strong> <strong>im</strong> Sinne<br />
der Einheit von „Kopf, Herz und Hand“ einzulösen.“ (SEIFERT [31], S. 306)<br />
Dabei ist die Beziehung zwischen den Fächern Physik und Sport nicht einseitig, sondern<br />
durchaus wechselseitig. Wo Sport der Physik ein Anwendungsfeld für Gesetze und Vorgänge<br />
bietet, kann umgekehrt die sportliche Bewegung (<strong>im</strong> Rahmen der Biomechanik) durch die<br />
Physik beschrieben (und opt<strong>im</strong>iert) werden.<br />
9.4.2 Sport und Physik in der Literatur<br />
Seit Mitte der 90er Jahre tauchen auch in der physikalischen Literatur verstärkt Beispiele und<br />
Untersuchungen zum Thema Sport auf. Die Autoren und die von ihnen beschriebenen Themen<br />
sollen hier kurz genannt werden, um einem Lehrer oder Anwender von ViMPS Ideenmaterial<br />
zur Verfügung zu stellen. Außerdem können selbst gemessene Werte mit bereits<br />
durchgeführten Messungen bzw. Messverfahren verglichen werden.<br />
? Startsprung mit Ausgleiten; in: SCHUBERT [43], S. 395 ff.<br />
? Laufen und Springen; in: LUDWIG/ NOTHELLE [22], S. 391 ff.<br />
? Physikalische Größen in der Realität finden; in: SCHLICHTING [38], S. 4 ff.<br />
? Energetik des Menschen; Sprung- und Wurfbewegungen; Laufen; Radfahren; Schw<strong>im</strong>men;<br />
Windsurfen; Segeln; in: SCHLICHTING [39], S. 7 ff.<br />
? Schleuderball; in: SCHLICHTING [40], S. 18 ff.<br />
? Stehen, Gehen, Laufen; in: RODEWALD [37], S. 22 ff.<br />
? Antrieb und Widerstand <strong>im</strong> Schw<strong>im</strong>men; in: RODEWALD [36], S. 28 ff.<br />
122 Vgl. [33], S. 39.<br />
103
? Skifahren; in: MEIER/ SCHLICHTING [28], S. 34 ff.<br />
? Tischtennis; in: LUDWIG/ NOTHELLE [23], S. 15 ff.<br />
? Präzision be<strong>im</strong> Messen und Rechnen; in: DORN/ REIß [8], S. 2 f.<br />
? Energetik der Fortbewegung, Unterrichtsprojekt Physik/ Sport/ Chemie/ Biologie; in:<br />
HEGLMEIER [11], S. 34 ff.<br />
? Saltobewegungen; in: UCKE [52], S. 187 ff.<br />
? Gehen, Laufen und Springen; Karate; Werfen; Ski (-lang) -laufen; Radfahren; in:<br />
MATHELITSCH [27], S. 4 – 44.<br />
? Physik und Sport aus Schülersicht betrachtet; in: MÜLLER [34], S. 25 – 87.<br />
? Fallgesetze <strong>im</strong> Sport, Zufall (Statistik) <strong>im</strong> Tennis, Stoßprozesse <strong>im</strong> Fußball, Rotation eines<br />
Balles, Strömungslehre u.a.; in: SEXL [48].<br />
Zusammenfassend sollen physikalischen Themen und sportliche Anwendungsmöglichkeiten<br />
<strong>im</strong> Überblick aufgelistet werden 123 :<br />
? Drehungen: Turnen, Wasserspringen, Eiskunstlauf.<br />
? Schwingungen: Gehen, Laufen, Schaukeln.<br />
? Gleiten: Schlittschuhlaufen, Skifahren, Wasserski, Windsurfen.<br />
? Reibung: Radfahren, Tischtennis, Autorennen.<br />
? Auftrieb: Skispringen, Wasserski, Diskuswerfen, Volleyball, Segeln.<br />
? Rückstoß: Schw<strong>im</strong>men, Paddeln, Rudern.<br />
? Stöße: Tennis, Fußball, Karate, Boxen.<br />
? Würfe: Kugelstoßen, Handball, Basketball.<br />
? Fall: Weitsprung, Pferdsprung, Hochsprung.<br />
? Energieumwandlung: Stabhochsprung, Trampolinspringen, Bunjee-Jumping.<br />
123 Einige Beispiele sind von SEIFERT übernommen, vgl. [47], S. 352.<br />
104
10 Schluss<br />
10.1 Zusammenfassung<br />
In dieser Staatsexamensarbeit stehen zwei zentrale Punkte <strong>im</strong> Vordergrund: auf der einen<br />
Seite wird das Videomess- und -präsentationssystem ViMPS vorgestellt und Hardwarevoraussetzungen<br />
besprochen. Auf der anderen Seite wird das Arbeiten mit ViMPS erläutert<br />
und auf didaktische Hintergründe untersucht. Die wichtigsten Punkte hierzu sollen an dieser<br />
Stelle noch einmal kurz zusammengefasst werden.<br />
Das Videomess- und -präsentationssystem ViMPS ist <strong>im</strong> Rahmen einer Staatsexamensarbeit<br />
von BECKER 1999 an der Universität Mainz programmiert und in dieser Staatsexamensarbeit<br />
um verschiedene Anwendungsmöglichkeiten erweitert worden. Aufgrund der Tatsache, dass<br />
das Thema ViMPS in Form von Staatsexamensarbeiten und keinen (verlagsgebundenen) Veröffentlichungen<br />
vorliegt, ist das Programm mitsamt den verwendbaren Videosequenzen und<br />
-präsentationen über das Internet kostenlos von Rechnern des <strong>Institut</strong>s für Physik der Universität<br />
Mainz herunterladbar und steht somit für den Einsatz in der Schule zur Verfügung.<br />
Wie <strong>im</strong> einführenden Kapitel 2 beschrieben ist das Programm ViMPS für die Durchführung<br />
von Koordinatenmessungen innerhalb digitaler Videosequenzen programmiert. Durch Kalibrierung<br />
der Messungen werden den Bildschirmpunkten reale D<strong>im</strong>ensionen wie „Meter“ zugeordnet.<br />
Über die Koordinatenmessungen, die abgespeichert und mit einem Tabellenkalkulationsprogramm<br />
wie EXCEL ausgewertet werden können, sind auch Größen wie Geschwindigkeit,<br />
Beschleunigung, Winkel, Zeit oder Winkelgeschwindigkeit best<strong>im</strong>mbar.<br />
Bevor mit der Videoanalyse begonnen werden kann, müssen die Videofilme, die in der Regel<br />
als analoge Magnetbandaufzeichnungen zur Verfügung stehen und evtl. von Schülern selbst<br />
produziert worden sind, in ein digitales Format verwandelt werden. Dieser Prozess ist ausführlich<br />
in den Kapiteln 3 und 4 erklärt, in denen die Digitalisierung und die (Nach-) Bearbeitung<br />
von Videosequenzen besprochen wird. Außerdem werden getestete „Capture“-Karten<br />
(= Digitalisierungskarten) beschrieben und deren Vor- bzw. Nachteile beurteilt.<br />
Im 5. Kapitel werden Exper<strong>im</strong>ente am Luftkissentisch durchgeführt und ausgewertet. Im<br />
Mittelpunkt steht der Impulsbegriff und der (zweid<strong>im</strong>ensionale) Nachweis des Impulserhaltungssatzes,<br />
wobei auch Drehbewegungen und gaskinetische Vorgänge untersucht werden.<br />
Die erstellten Videosequenzen hierzu stehen <strong>im</strong> Internet zur Verfügung; einige Luftkissentischauswertungen<br />
sind in dieser Arbeit vorgestellt bzw. <strong>im</strong> Anhang angefügt.<br />
105
Von den untersuchten Drehbewegungen am Luftkissentisch kann dann direkt zum Kapitel 6<br />
übergeleitet werden, in dem u.a. die Rotation eines Wasserspringers während der Flugphase<br />
untersucht wird. Begriffe wie Dreh<strong>im</strong>puls, Winkelgeschwindigkeit, Trägheitsmoment oder<br />
Bewegung des Körperschwerpunkts werden an realen Bewegungen gemessen und Zusammenhänge<br />
überprüft. Vor allem das Erstellen und die Auswertung kinematischer Graphen<br />
können Schüler hierbei üben, da <strong>im</strong> Gegensatz zu den anderen Themeneinheiten hier der Weg<br />
vom Video bis zur fertigen Auswertung recht kurz ist 124 .<br />
Das Trampolinspringen, das <strong>im</strong> 7. Kapitel näher beschrieben ist, stellt weitere Bewegungsvorgänge<br />
aus dem Bereich Sport zur Verfügung, welche physikalisch analysierbar sind. Die<br />
Untersuchung einzelner Fußsprünge ergibt, dass der Springer in der Flugphase wie erwartet<br />
den Wurf- bzw. Fallgesetzen folgt. Die Tuchphase <strong>im</strong> Trampolin ist wesentlich schwerer zu<br />
beschreiben. Hier wird ein Kraft- bzw. Energiegesetz ermittelt, welches auf dem Hookeschen<br />
Gesetz basiert und um einen Term höherer Ordnung korrigiert werden muss. Insofern ist das<br />
Trampolinspringen ein Beispiel dafür, dass die physikalische <strong>Analyse</strong> von Realbewegungen<br />
in manchen Fällen kompliziert werden kann und dann die Elementarisierung bzw. Modellbildung<br />
unbedingt nötig ist.<br />
Im 8. Kapitel wird mit der Reichweitenbest<strong>im</strong>mung von ?-Strahlung in Luft der Bereich Mechanik<br />
verlassen und eine Messung bzw. Problemstellung der Kernphysik vorgestellt. Hierbei<br />
werden die Spurlängen von ?-Teilchen vermessen, die von einem radioaktiven Präparat ausgehend<br />
als Nebelstreifen in einer Nebelkammer zu sehen sind.<br />
Nachdem <strong>im</strong> Rahmen von vier Themeneinheiten Beispiele des Arbeiten mit ViMPS und der<br />
Auswertung von Messergebnissen vorgeführt sind, stehen <strong>im</strong> 9. Kapitel didaktische Überlegungen<br />
zum Einsatz von ViMPS <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> <strong>im</strong> Vordergrund. Neben der Abgrenzung<br />
zu anderen Videomesssystemen und der Nennung der ViMPS-spezifischen Vorteile (in<br />
der Einfachheit für den Anwender) wird das didaktische Potential der <strong>Analyse</strong> von Realbewegungen<br />
betont. Auch die aktivere Einbindung der Schüler in den <strong>Physikunterricht</strong> durch das<br />
Arbeiten mit ViMPS ist angesprochen; hierzu ist vor allem die Alltagsnähe von Videosequenzen<br />
als motivierender Faktor zu nennen. Gerade der Bereich Sport stellt bezüglich der Alltagsnähe<br />
eine große Auswahl von physikalisch interessanten Bewegungen zur Verfügung, von<br />
denen einige beispielhaft am Kapitelende aufgelistet sind.<br />
124 Dies wurde mit Schülergruppen, die das physikalische <strong>Institut</strong> besuchten, getestet. Bei den anderen Themeneinheiten<br />
muss vor dem wesentlichen Ergebniss oder dem Lernfortschritt zumeist noch länger gerechnet werden<br />
oder die Messergebnisse müssen wie <strong>im</strong> Nebelkammerkapitel noch korrigiert werden.<br />
106
10.2 Ausblick<br />
Nachdem ViMPS nun als Programm zur Verfügung steht und auch ein kleine Sammlung von<br />
Videofilmen vorliegt, die mit ViMPS bearbeitet und ausgewertet werden können, wird in den<br />
folgenden Jahren der „Praxistest“ <strong>im</strong> Vordergrund stehen. Einerseits muss die Existenz und<br />
das Arbeiten mit ViMPS bekannt gemacht werden; hierzu bieten sich z.B. Lehrerfortbildungen<br />
an, die auch an der Universität Mainz durchgeführt werden. Andererseits sollten Unterrichtserfahrungen,<br />
Schülermeinungen und mögliche Änderungsvorschläge gesammelt werden,<br />
um in Zukunft die Arbeit mit Videomesssystemen <strong>im</strong> Schulphysikunterricht als didaktischen<br />
Fortschritt fest verankern zu können.<br />
107
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 0: Rotationsbewegung eines Gleitpucks am Luftkissentisch .................................2<br />
Abbildung 1: Das „Video abspielen“-Fenster von ViMPS ....................................................11<br />
Abbildung 2: Die Benutzeroberfläche von AviEdit ...............................................................22<br />
Tabelle 1: Kompr<strong>im</strong>ierungsformate ..................................................................................23<br />
Abbildung 3: Versuchsaufbau Luftkissentisch.......................................................................28<br />
Tabelle 2: Auswertungsbeispiel zum Nachweis der Impulserhaltung...............................34<br />
Tabelle 3: Versuchsergebnisse der „einfachen“ Stöße......................................................36<br />
Abbildung 4: Schwerpunktbewegung in Ortskoordinaten .....................................................37<br />
Abbildung 5 : Die Schwerpunktbewegung <strong>im</strong> x-t-Diagramm.................................................38<br />
Abbildung 6: Die Schwerpunktbewegung <strong>im</strong> y-t-Diagramm.................................................38<br />
Tabelle 4: Ergebnisse der Versuche zum Unelastischen Stoß...........................................39<br />
Tabelle 5: Auswertungsbeispiel Elastischer Stoß..............................................................40<br />
Tabelle 6: Ergebnisse der Versuche zum Energieerhaltungssatz ......................................41<br />
Abbildung 7: Ortskoordinatendarstellung der Kreisbewegung..............................................42<br />
Abbildung 8: Zerlegung der Kreisbewegung in Sinusschwingungen ....................................43<br />
Tabelle 7: Umrechnung von kartesischen in Polarkoordinaten.........................................44<br />
Abbildung 9: Winkel-Zeit-Diagramm der Kreisbewegung....................................................45<br />
Abbildung 10: Das tangentiale „Wegfliegen“..........................................................................47<br />
Abbildung 11: Die elliptische Federschwingung .....................................................................48<br />
Abbildung 12: Überprüfung des 2. Keplerschen Gesetzes.......................................................50<br />
Abbildung 13: x-t-Diagramm der Saltobewegung ...................................................................58<br />
Abbildung 14: y-t-Diagramm der Saltobewegung ...................................................................58<br />
Abbildung 15: Ortskoordinatendarstellung der Saltobewegung ..............................................59<br />
Abbildung 16: Das y-t-Diagramm der KSP-Flugbahn.............................................................61<br />
Abbildung 17: Flugbahn des Kopfes und des KSP ..................................................................62<br />
Abbildung 18: Differenzplot Bahn Kopf minus Bahn KSP .....................................................63<br />
Tabelle 8: Massenträgheitsmoment und Dreh<strong>im</strong>puls ........................................................67<br />
Abbildung 19: Versuchsaufbau Trampolinspringen.................................................................72<br />
Abbildung 20: Der Zeitverlauf be<strong>im</strong> Dotzen............................................................................77<br />
Abbildung 21: Die Flugzeit be<strong>im</strong> Dotzen.................................................................................78<br />
Tabelle 9: Prozentualer Energieverlust.............................................................................79<br />
Abbildung 22: Energieverlustdiagramm ..................................................................................79<br />
108
Abbildung 23: Vergleich unterschiedlicher Beinhaltungen .....................................................82<br />
Abbildung 24: Gemessene Energiewerte <strong>im</strong> Trampolin (alle (Energie-) Versuche) ...............84<br />
Abbildung 25: Best<strong>im</strong>mung eines Energiegesetzes..................................................................86<br />
Abbildung 26: Messwerte und theoretischer Kraftverlauf .......................................................88<br />
Abbildung 27: Nebelkammer <strong>im</strong> AKW Mühlhe<strong>im</strong>-Kärlich.....................................................92<br />
Abbildung 28: Die „Selbstbau-Nebelkammer“ (Kernchemie Mainz)......................................93<br />
Tabelle 10: Spurlängenbest<strong>im</strong>mung der ?-Teilchen ..........................................................95<br />
Abbildung 29: Schwerpunktbewegung ohne Rotationskomponenten....................................117<br />
Abbildung 30: Schwerpunktbewegung mit (überlagerter) Rotation vor und nach dem Stoß 117<br />
Abbildung 31: Zerlegung der Federschwingung....................................................................118<br />
Abbildung 32: Diagramm zur Dreiecksflächenberechnung (2. Keplergesetz).......................119<br />
Abbildung 33: Die Bewegung des Kopfes und der Füße <strong>im</strong> x-t-Diagramm..........................120<br />
Abbildung 34: Die Bewegung des Kopfes und der Füße <strong>im</strong> y-t-Diagramm..........................121<br />
Abbildung 35: Die Bewegung des KSP <strong>im</strong> x-t-Diagramm ....................................................121<br />
Abbildung 36: Die Bewegung des Kopfes <strong>im</strong> y-t-Diagramm ................................................122<br />
Abbildung 37: Bewegung des KSP in Ortskoordinaten .........................................................122<br />
Abbildung 38: Helfer bei den Standbild-Aufnahmen zum Trampolinspringen.....................124<br />
109
Literaturverzeichnis<br />
[1] Adobe Homepage: http://www.adobe.com/supportservice/custsupport .<br />
[2] Baumann, W.: Freiheitsgrade der Gelenke. In: Röthig, P. (Hrsg.): Sportwissenschaftliches<br />
Lexikon. Schorndorf-Verlag. Schorndorf 1992.<br />
[3] Becker, M.: Entwicklung eines mult<strong>im</strong>edialen Präsentationssystems für physikalische Exper<strong>im</strong>ente.<br />
Wissenschaftliche Prüfungsarbeit <strong>im</strong> Fach Physik <strong>im</strong> Rahmen des Ersten<br />
Staatsexamens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Manuskriptdruck. Mainz<br />
1999.<br />
[4] Bormann, M.: Kerne und Teilchen I. In: Kuhn, W.(Hrsg.): Handbuch der exper<strong>im</strong>entellen<br />
Physik. Sekundarbereich II. Band 9. Aulis-Verlag. Köln 2000.<br />
[5] Clauser et al.: http://courses.washington.edu/phys208 .<br />
[6] Computer Becker: http://www.computerbecker.com/hintvid.htm .<br />
[7] Donskoj, D. D.: Grundlagen der Biomechanik. Sportverlag. Berlin 1975.<br />
[8] Dorn, G./ Reiß, J.: Präzision be<strong>im</strong> Messen und Rechnen. In: mathematik lehren. Heft 4/<br />
84. Friedrich Verlag. Seelze 1984.<br />
[9] Fetz, F./ Opavsky, P.: Biomechanik des Turnens. L<strong>im</strong>pert-Verlag. Frankfurt a. M. 1968.<br />
[10] Fleig, M.: Ein Einstieg in den Mechanikunterricht nach dem KPK. In: Praxis der Naturwissenschaften<br />
Physik. Heft 6/ 47. Aulis-Verlag. Köln 1998.<br />
[11] Heglmeier, F.: Energetik der Fortbewegung. In: Unterricht Physik 7. Heft 31. 1996.<br />
[12] Heise, C.(Hrsg.): c´t: magazin für computer technik. Heft 18. Heise-Verlag. Hannover<br />
2000.<br />
[13] Herlitz, P./ Widulla, U.: Exper<strong>im</strong>ente auf dem Luftkissentisch. Gesellschaft für Regelungstechnik<br />
und S<strong>im</strong>ulationstechnik mbH. Darmstadt 1979.<br />
[14] Hilscher, H.: Videoeinsatz in der Lehre. In: Physik in der Schule. Heft 3. Pädagogischer<br />
Zeitschriftenverlag. Berlin 2000.<br />
[15] Hochmuth, G.: Biomechanik sportlicher Bewegungen. L<strong>im</strong>pert-Verlag. Frankfurt a.<br />
M. 1967.<br />
[16] Hoffmann: Grafik- und Videokarten. http://www.hoffmann-ueberall.de/grafik.htm .<br />
[17] Körner, H.: Luftkissen-Fahrbahn. Versuchsbeispiele für Demonstration und Praktikum.<br />
Leybold-Heraeus. Köln 1979.<br />
[18] Krahmer, P./ Winter, R./ Mikelskis, H.: Der Computer - ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug<br />
zum Lernen von Physik. Das Projekt „Galileo“ - Videoanalyse von Bewegungsvorgängen<br />
(2). In: Physik in der Schule. Heft 7/8. Pädagogischer Zeitschriftenverlag. Berlin 1997.<br />
110
[19] Laws, P./ Pfister, H.: The physics teacher 36. 5/ 1998.<br />
[20] Leisen, J.: Modellbildungssysteme. In: Praxis der Naturwissenschaften Physik. Heft 3/<br />
48. Aulis-Verlag. Köln 1998.<br />
[21] Leisen, J.: Physik und Sport. Unterrichtsvorschlag nach dem additiv-integrativen Ansatz.<br />
Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien in Koblenz. Manuskriptdruck.<br />
Koblenz o. J.<br />
[22] Ludwig, M./ Nothelle, C.: Physik – Sport – Medien. In: Physik in der Schule. Heft 11.<br />
Pädagogischer Zeitschriftenverlag. Berlin 1995.<br />
[23] Ludwig, M./ Nothelle, C.: Projektwoche mit der Videokamera begleitet. In: Physik in<br />
der Schule. Heft 1. Pädagogischer Zeitschriftenverlag. Berlin 1997.<br />
[24] Ludwig, U.: Wasserspringen gelernt gekonnt. Pohl-Druckerei. Celle 1971.<br />
[25] Luetzelschwab, M./ Laws, P./ Gile, M.: Videopoint. Dickinson College (USA). Carlisle<br />
o.J.<br />
[26] Marousek, G./ Williams, T.W.: Exper<strong>im</strong>ents on an Air Table. The Ealing Corporation<br />
(Massachusetts). Cambridge 1969.<br />
[27] Mathelitsch, L.: Sport und Physik. Hölder-Pichler-Tempsky-Verlag. Wien 1991.<br />
[28] Meier, W./ Schlichting, H. J.: Die Trägheit und die Skidrehung. In: Naturwissenschaften<br />
<strong>im</strong> Unterricht – Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag. Stuttgart 1992.<br />
[29] Mikelskis, H.: Der Computer- ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug zum Lernen von Physik.<br />
Mult<strong>im</strong>edia und Internetlernen <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong>? (6). In: Physik in der Schule. Heft 12.<br />
Pädagogischer Zeitschriftenverlag. Berlin 1997.<br />
[30] Mikelskis, H./ Seifert, S./ Winter, R.: Der Computer - ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug<br />
zum Lernen von Physik. Mult<strong>im</strong>edia und Hypermedia <strong>im</strong> <strong>Physikunterricht</strong> – Eine einführende<br />
Übersicht (1). In: Physik in der Schule. Heft 6. Pädagogischer Zeitschriftenverlag.<br />
Berlin 1997.<br />
[31] Mikelskis, H./ Seifert, S./ Winter, R.: Der Computer - ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug<br />
zum Lernen von Physik. Videoanalyse von Wurf- und Kreisbewegungen <strong>im</strong> Alltag mit<br />
CUPLE, VIDEOPOINT und EXCEL (3). In: Physik in der Schule. Heft 9. Pädagogischer<br />
Zeitschriftenverlag. Berlin 1997.<br />
[32] Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung: Lehrplan-Entwürfe. Lernbereich<br />
Naturwissenschaften – Biologie, Physik, Chemie. Sekundarstufe I. Sommer-<br />
Verlag. Grünstadt 1997.<br />
[33] Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung: Lehrplan Physik. Sekundarstufe<br />
II. http://www.uni-koblenz.de/~odsleis/lehrplan-physik/lehrplan.pdf .<br />
111
[34] Müller, K. (Hrsg.): Sport und Wissenschaften. Dokumentation des 2. Internationalen<br />
Schülertreffens als Förderprojekt des EU-Programms „Eurathlon 1995“ der Europäischen<br />
Union. Offset-Druckerei Kaspers. Trier 1996.<br />
[35] Reiber, H. W.: Bau einer Nebelkammer zum Nachweis ionisierender Strahlung. Wissenschaftliche<br />
Prüfungsarbeit zum Ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien <strong>im</strong><br />
Fach Chemie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Manuskriptdruck. Mainz<br />
1996.<br />
[36] Rodewald, B.: Antrieb und Widerstand <strong>im</strong> Schw<strong>im</strong>men. In: Naturwissenschaften <strong>im</strong><br />
Unterricht – Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />
[37] Rodewald, B.: Physik auf Schritt und Tritt. In: Naturwissenschaften <strong>im</strong> Unterricht –<br />
Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />
[38] Schlichting, H. J.: Die physikalische D<strong>im</strong>ension des Sports. In: Naturwissenschaften<br />
<strong>im</strong> Unterricht – Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />
[39] Schlichting, H. J.: Einfache Themen zur Physik des Sports. In: Naturwissenschaften<br />
<strong>im</strong> Unterricht – Physik 3. Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />
[40] Schlichting, H. J.: Schleuderball. In: Naturwissenschaften <strong>im</strong> Unterricht – Physik 3.<br />
Heft 12. Klett-Verlag, Stuttgart 1992.<br />
[41] Schmitz, C.: Physik und Sport. Fächerübergreifende Bezüge als didaktisches Konzept<br />
nach dem neuen Lehrplan <strong>im</strong> Mechanikunterricht der Jahrgangsstufe 11. Prüfungsarbeit<br />
für das Zweite Staatsexamen am Staatlichen Studienseminar Koblenz. Manuskriptdruck.<br />
Koblenz 1997.<br />
[42] Schroll, R.: Demonstrationsversuche am Luftkissentisch. Wissenschaftliche Prüfungsarbeit<br />
zum Ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien <strong>im</strong> Fach Physik an der Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz. Manuskriptdruck. Mainz 1978.<br />
[43] Schubert, D.: Startsprung mit Ausgleiten. In: Physik in der Schule. Heft 11. Pädagogischer<br />
Zeitschriftenverlag. Berlin 1995.<br />
[44] Schwarz, G.: Handbuch Luftkissentisch. Phywe Aktiengesellschaft. Göttingen 1979.<br />
[45] Schwarze, H.: Erst Impuls dann Kraft?. In: Praxis der Naturwissenschaften Physik.<br />
Heft 6/ 47. Aulis-Verlag. Köln 1999.<br />
[46] Scott, G.: Analysis of human motion. Appleton-Century-Croft-Verlag. New York<br />
1963.<br />
[47] Seifert, S./ Mikelskis, H./ Winter, R.: Der Computer- ein mult<strong>im</strong>ediales Werkzeug<br />
zum Lernen von Physik. Videoanalyse von Schlag- und Stoßvorgängen <strong>im</strong> Sport mit VI-<br />
DEOPOINT und DAVID (4). In: Physik in der Schule. Heft 10. Pädagogischer Zeitschriftenverlag.<br />
Berlin 1997.<br />
[48] Sexl, R.: Physik <strong>im</strong> Sport. Projektintegrierte Lehrerfortbildung <strong>im</strong> Auftrag des Bundesministeriums<br />
für Wissenschaft und Forschung. Manuskriptdruck. o.J.<br />
112
[49] Sponholz, K.-H./ Buchmann, G.: Trampolinspringen. Sportverlag. Berlin 1971.<br />
[50] Steinmetz, R.: Mult<strong>im</strong>edia-Technologie. Springer-Verlag. Berlin 1993.<br />
[51] Tom: Hardware-Kataloge. http://www.tomshardware.com .<br />
[52] Ucke, C.: Saltospringer. In: Physik in der Schule. Heft 5. Pädagogischer Zeitschriftenverlag.<br />
Berlin 1993.<br />
[53] Vogel, H. (Hrsg.): Gerthsen Physik. Springer-Verlag. Berlin 1995.<br />
[54] Wagenschein, M.: Naturphänomene sehen und verstehen. Klett-Verlag. Stuttgart 1988.<br />
[55] Willer, J.: Repetitorium Fachdidaktik Physik. Klinkhardt-Verlag. Bad Heilbrunn 1977.<br />
[56] Williams, M./ Lissner, H.: Biomechanics of Human Motion. Saunders Company. Philadelphia<br />
1962.<br />
[57] Wilson, J./ Redish, E.: CUPLE. Rensselar Polytechnic <strong>Institut</strong>e. University of Maryland<br />
(USA). Troy o.J.<br />
113
Anhang<br />
A: Veränderungen von ViMPS gegenüber der Vorgängerversion<br />
Bei verschiedenen Messungen am Luftkissentisch stellte sich heraus, dass die von ViMPS an<br />
die Tabellenkalkulation übergebenen Werte ungenau waren: Im Versuch konnten drei Nachkommastellen<br />
gemessen werden, während ViMPS nur zwei Nachkommastellen ausgab (Man<br />
beachte, dass ViMPS nicht prinzipiell mit drei Nachkommastellen rechnet, sondern je nach<br />
Kalibrierung der Messung eine feste Zahl von physikalisch relevanten Größen ausgibt).<br />
Da der Programmschreiber von ViMPS zur Zeit Referendar am Staatlichen Studienseminar in<br />
Bad Kreuznach ist und noch Kontakt zwischen ihm und dem Autor dieser Arbeit besteht,<br />
konnte BECKER <strong>im</strong> Herbst 2000 den Mangel selbst korrigieren, sodass die von ViMPS ausgegebenen<br />
Werte nun auch denen der Messung entsprechen.<br />
Weitere Änderungen mussten bisher nicht vorgenommen werden, die verbesserte Version von<br />
ViMPS firmiert nun unter dem Namen ViMPS 1.2 .<br />
B: Kurze Bedienungsanleitung des Programms AviEdit<br />
Diese Bedienungsanleitung, in der typische Probleme bzw. Vorgänge innerhalb des Programms<br />
AviEdit beschrieben werden, wurde von A. KOHLHAAS <strong>im</strong> Rahmen eines Praktikums<br />
<strong>im</strong> physikalischen <strong>Institut</strong> der Universität Mainz für diese Staatsexamensarbeit geschrieben<br />
und wird <strong>im</strong> Folgenden nur geringfügig verändert wiedergegeben.<br />
Wie bekomme ich das Programm?<br />
Quelle: Internet http://softseek.zdnet.com<br />
Das Programm ist als Freeware erhältlich und somit kostenlos.<br />
Welche Systemvoraussetzungen sind zu beachten?<br />
Pentium-Prozessor, 16 MB RAM, Windows 95 oder höher.<br />
Wie kann man ein Video bearbeiten?<br />
Öffnen eines Videos: In der Menüleiste ‚File‘ den Befehl ‚Open‘ anwählen. Video (<strong>im</strong> AVI-<br />
Format) auswählen und öffnen. Achtung: Alle noch geöffneten Videos werden ohne Speicherung<br />
geschlossen.<br />
Markieren: Frames werden durch Mausklick ausgewählt. Durch Drücken der Umschalttaste<br />
und Markieren eines Anfangs- und Endframes können aufeinanderfolgende Frames markiert<br />
werden.<br />
Löschen: Markierte Frames können durch Drücken von ‚Entfernen‘ oder <strong>im</strong> Menü mit ‚Edit‘<br />
und ‚Delete‘ gelöscht werden.<br />
Kopieren: Markierte Frames können durch ‚Edit‘, ‚Copy‘ in die Zwischenablage kopiert werden.<br />
114
Einfügen: Frames aus der Zwischenablage können mit ‚Edit‘, ‚Paste‘ vor einem markierten<br />
Frame eingefügt werden.<br />
Ausschneiden: Mit ‚Edit‘, ‚Cut‘ werden markierte Frames in die Zwischenablage kopiert und<br />
von ihrer ursprünglichen Position entfernt.<br />
Wie kann man mehrere Videos zusammenschneiden?<br />
Ein zu bearbeitendes Video mit ‚File‘, ‚Open‘ öffnen. Die anderen Videos werden mit ‚File‘,<br />
‚Merge‘, ‚Video auswählen‘, ‚öffnen‘ hinzugefügt. Es ist darauf zu achten, dass die Videos <strong>im</strong><br />
gleichen Format vorliegen (siehe AVI-Settings). Noch zu bearbeitende Videos sollten daher<br />
unkompr<strong>im</strong>iert gespeichert werden (Ausnahme: Einfügen von Bitmap-Dateien). Nun sind entsprechende<br />
Sequenzen in das erste Video einzufügen.<br />
Anschließend sind alle überflüssigen Frames zu löschen. Allein das zusammengeschnittene<br />
Video bleibt übrig. Es muss gespeichert werden.<br />
Wie speichert man ein Video?<br />
Der Befehl zum Speichern findet sich <strong>im</strong> Menü ‚File‘, ‚Save as‘. Als erstes muss ein geeignetes<br />
Kompr<strong>im</strong>ierungsformat ausgewählt werden. Wenn das Video noch bearbeitet werden<br />
muss, sollte man es als „Volle Einzelbilder“ (unkompr<strong>im</strong>iert) speichern. Ansonsten kann es je<br />
nach Anforderung in unterschiedlichen Kompr<strong>im</strong>ierungsformaten und in unterschiedlicher<br />
Kompr<strong>im</strong>ierungsqualität gespeichert werden. Die Auswahl mit ‚OK‘ bestätigen.<br />
Im nächsten Dialogfeld muss man einen Dateinamen und den Zielordner angeben. Außerdem<br />
muss in jedem Fall der Dateityp auf „AVI-movies“ eingestellt werden! Die Standardvorgabe<br />
„All supported files“ führt zu einer Fehlermeldung und die Datei, die erstellt wird, ist unbrauchbar.<br />
Kann man die Frames auch in ein neues, leeres Video kopieren?<br />
Es besteht theoretisch auch die Möglichkeit, ein neues, leeres Video erstellen zu lassen (Angabe<br />
der Frame size und der Anzahl der Frames pro Sekunde sind notwendig). In dieses neu<br />
erstellte Video kann man dann Frames aus anderen Videos kopieren (mit ‚Merge‘ hinzufügen).<br />
Dabei kommt es jedoch häufig zu Konflikten zwischen den Formaten. Die oben beschriebene<br />
Methode zum Zusammenschneiden mehrerer Videos ist daher vorzuziehen.<br />
Wie best<strong>im</strong>mt man das Format eines Videos?<br />
Wenn man zwei oder mehr Videos geöffnet hat, kann man mit ‚Options‘, ‚AVI-settings‘ die<br />
Formate der Videos ansehen. Unter dem Feld, in dem man nacheinander die Videos auswählen<br />
kann, steht das Kompr<strong>im</strong>ierungsformat und die Framegröße in der Form „Breite x Höhe x<br />
Farbtiefe“. Für ein reibungsloses Zusammenschneiden der Videos sollten die Videos in Framegröße<br />
und Kompr<strong>im</strong>ierungsformat übereinst<strong>im</strong>men.<br />
Kann man in ein AVI-Video auch Bitmap Dateien einfügen?<br />
Erstellen von geeigneten Bitmap-Dateien mit Paint: In Paint ist unter ‚Bild‘, ‚Attribute‘ die<br />
Bildgröße auf 384 x 288 Pixel (Digitalisierungskarte) bzw. 384 x 284 Pixel (Fernsehkarte) zu<br />
setzen. Diese Fläche kann wie gewünscht gestaltet werden. Das Bild ist als 24-Bit-BMP zu<br />
speichern.<br />
Einlesen einer Bitmap-Datei in AviEdit: Unter ‚File‘, ‚Import‘, ‚Bitmap Images‘ findet man<br />
ein Dialogfenster, in dem man die Größe der Frames und die Anzahl der Frames pro Sekunde<br />
einstellt und die Angaben mit ‚OK‘ bestätigt. Im darauffolgenden Dialogfenster wählt man<br />
das Bitmap-Image aus und drückt ‚Speichern‘. Die Kompr<strong>im</strong>ieroptionen stellt man auf unkompr<strong>im</strong>iert<br />
und wählt abschließend ‚OK‘. Die gewählte Bitmap-Datei muss nun <strong>im</strong> AVI-<br />
Format exportiert und gespeichert werden.<br />
115
Im AVI-Format abspeichern: Man wählt ‚File‘, ‚Export‘, ‚AVI‘. Man gibt erneut die Größe<br />
der Frames an und die Anzahl der Frames pro Sekunde. Im nächsten Dialogfenster gibt man<br />
den Dateinamen und den Zielordner an, stellt den Dateityp wie be<strong>im</strong> normalen Speichern auf<br />
‚AVI-movies‘ und drückt ‚Speichern‘. Die Kompr<strong>im</strong>ieroptionen stellt man auf „volle Einzelbilder“<br />
und drückt ‚OK‘.<br />
Man überprüft anschließend, ob das Video auch tatsächlich gespeichert wurde, indem man es<br />
mit ‚Merge‘ öffnet. Wenn man das Video nicht finden kann, sollte der Speichervorgang wiederholt<br />
werden.<br />
Einfügen des Bilds in ein Video: Da das Bild inzwischen als AVI-Datei vorliegt, kann wie<br />
be<strong>im</strong> Zusammenschneiden mehrerer Videos verfahren werden. Es muss lediglich darauf geachtet<br />
werden, dass auch das eigentliche Video in 24-Bit Farbtiefe vorliegt (nachzusehen unter<br />
‚AVI settings‘).<br />
C: Herleitung des Energieerhaltungssatzes (Luftkissentisch)<br />
Die Herleitung erfolgt in Anlehnung an die Bezeichnungsweise in [13] auf Schulniveau.<br />
Der Schwerpunkt des Gesamtsystems hat die Geschwindigkeit:<br />
v?<br />
m1?<br />
v1<br />
? m2?<br />
v2<br />
m ? m<br />
1<br />
2<br />
Betrachtet man die Geschwindigkeit von Gleiter 1 <strong>im</strong> Schwerpunktsystem S, so ist:<br />
? v1<br />
2?<br />
m<br />
v S<br />
?<br />
2<br />
1<br />
? v1<br />
? v ? ? v<br />
m1<br />
? m2<br />
Für die Geschwindigkeit von Gleiter 2 <strong>im</strong> Schwerpunktsystem S gilt:<br />
m1<br />
? v2<br />
? v1? ??<br />
?? v1<br />
2?<br />
m<br />
v S<br />
?<br />
1<br />
2<br />
? v2<br />
? v ?<br />
v<br />
m1<br />
? m2<br />
m1<br />
? m2<br />
Entsprechend gilt für die Geschwindigkeit nach dem Stoß:<br />
Und:<br />
? u1<br />
2?<br />
m<br />
u S<br />
?<br />
2<br />
1<br />
? ? u<br />
m1<br />
? m2<br />
? u2<br />
1?<br />
m<br />
u S<br />
?<br />
1<br />
2<br />
? ? u<br />
m1<br />
? m2<br />
Der Energiesatz <strong>im</strong> System S lautet dann:<br />
1 2 1 2 1 2 1<br />
? m<br />
1?<br />
v1S<br />
? ? m2<br />
? v2<br />
S<br />
? ? m1?<br />
u1S<br />
? ? m2<br />
? u<br />
2 2 2 2<br />
Durch Einsetzen und Kürzen ergibt sich dann:<br />
Oder:<br />
2<br />
? v ? ? ? 2<br />
1<br />
? v2<br />
? u1<br />
? u2<br />
v ?<br />
1<br />
? v2<br />
? u1<br />
u2<br />
Diese Gleichung kann nun exper<strong>im</strong>entell überprüft werden (vgl. Kapitel 5.3.6).<br />
2<br />
2 S<br />
116
D: Diagramme zur Schwerpunktbewegung (Luftkissentisch)<br />
D 1: Schwerpunktbewegung ohne Rotationskomponenten<br />
0,7<br />
0,65<br />
0,6<br />
0,55<br />
0,5<br />
0 0,5 1 1,5<br />
x-Koordinate [m]<br />
Vor dem Stoß<br />
Nach dem Stoß<br />
D 2: Schwerpunktbewegung mit (überlagerter) Rotation vor und nach dem Stoß<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4<br />
x-Koordinate [m]<br />
Vor dem Stoß<br />
Nach dem Stoß<br />
117
E: Die elliptische Federschwingung (Luftkissentisch)<br />
E 1: Zerlegung der Federschwingung<br />
1,2<br />
x/y-t-Diagramm der Federschwingung<br />
OrtsKoordinaten [m]<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
x-Koordinate<br />
y-Koordinate<br />
Zeit t [s]<br />
Die Sinusschwingungen der x- bzw. y-Koordinate sind <strong>im</strong> Diagramm ebenso gut zu erkennen<br />
wie die unterschiedlichen Größen der Amplituden. Da keine Hauptachsentransformation der<br />
Messwerte durchgeführt wurde (vgl. Kapitel 5.3.9), sind die Koordinaten nicht genau um 90°<br />
phasenverschoben.<br />
E 2: Berechnung der Dreiecksflächen (2. Keplergesetz)<br />
In Kapitel 5.3.9 sind die einzelnen Schritte zur Überprüfung des 2. Keplergesetzes beschrieben.<br />
Offen ist noch die Frage, auf welche Art und Weise die Fläche der Dreiecke zwischen<br />
zwei Messpunkten und dem Zentrum berechnet werden kann. Statt elementargeometrischen<br />
Methoden (Winkelberechnung und Sinussatz) soll eine Eigenschaft des Vektorprodukts der<br />
analytischen Geometrie benutzt werden.<br />
Die Abbildung in Anhang E 3 zeigt einen Ausschnitt der Ellipsenbewegung. Die Dreiecke<br />
zwischen den einzelnen Messpunkten und dem Zentrum sind farbig markiert. Die Koordinaten<br />
der Messpunkte P i (x i /y i ) sowie des Zentrums O (x 0 /y 0 ) liegen vor, sodass die Verbindungsvektoren<br />
wie z.B. a und b berechnet werden können.<br />
Aus der analytischen Geometrie folgt, dass das der Betrag des Vektorprodukts (a? b) den<br />
Flächeninhalt des von a und b aufgespannten Parallelogramms (O, P 2 ,O´,P 3 ) angibt. Für die<br />
Fläche des Dreiecks ?(OP 3 P 2 ) gilt dann:<br />
118
1 1 ? x2<br />
? xO<br />
x3<br />
? xO<br />
?<br />
A<br />
3<br />
? a?<br />
b ? det<br />
?<br />
O<br />
O<br />
O<br />
?<br />
y yO<br />
y y<br />
2<br />
3<br />
2<br />
3<br />
2 2 ? 2<br />
?<br />
3<br />
?<br />
O?<br />
? x ? x ??? y ? y ??? y ? y ??? x x ?<br />
Analog lassen sich die Flächen A i der anderen Dreiecke berechnen.<br />
E 3: Diagramm zur Dreiecksflächenberechnung (2. Keplergesetz)<br />
O<br />
119
F: Diagramme zum 3 ½-fachen Salto (Wasserspringen)<br />
F 1: Die Bewegung des Kopfes und der Füße <strong>im</strong> x-t-Diagramm<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5<br />
Zeit t [s]<br />
Bewegung des Kopfes<br />
Bewegung der Füße<br />
Im Diagramm ist die x-Koordinate der Kopf- und Fußbewegung gegen die Zeit aufgetragen.<br />
Man erkennt, dass sich beide Körperteile um die gleichförmige Bewegung des KSP in x-<br />
Richtung drehen.<br />
120
F 2: Die Bewegung des Kopfes und der Füße <strong>im</strong> y-t-Diagramm<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2<br />
Zeit t [s]<br />
Bewegung des Kopfes Bewegung der Füße<br />
Im Diagramm erkennt man, dass sich sowohl der Kopf als auch die Füße sinusförmig um die<br />
Bahn des KSP drehen, deren y-Koordinate <strong>im</strong> Zeitverlauf eine gleichförmig beschleunigte<br />
Bewegung beschreibt.<br />
F 3: Die Bewegung des KSP <strong>im</strong> x-t-Diagramm<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
x = -1,35t + 5,45<br />
0 0,5 1 1,5<br />
Zeit t [s]<br />
Im Diagramm ist deutlich zu erkennen, dass der KSP in x-Richtung eine reine Translation in<br />
Form einer physikalisch gleichförmigen Bewegung beschreibt.<br />
121
G: Diagramme zum 2 ½-fachen Salto (Wasserspringen)<br />
G 1: Die Bewegung des Kopfes <strong>im</strong> y-t-Diagramm<br />
4<br />
3,5<br />
3<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
y = -4,86t 2 + 3,52t + 2,52<br />
0<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8<br />
Zeit t [s]<br />
Bewegung des Kopfes Parabelfit<br />
Im Gegensatz zum 3 ½-fachen Salto ist hier zu erkennen, dass der Springer nur zwei Rotationen<br />
um die Bahn des KSP ausführt.<br />
G 2: Bewegung des KSP in Ortskoordinaten<br />
y-Koordinate [m]<br />
3,3<br />
3,1<br />
2,9<br />
2,7<br />
2,5<br />
2,3<br />
2,1<br />
1,9<br />
1,7<br />
1,5<br />
2 2,5 3 3,5 4 4,5<br />
x-Koordinate [m]<br />
In diesem Diagramm wurde wieder die Bahn des KSP vermessen, die diesmal nicht gegen die<br />
Zeit, sondern als Darstellung der Ortskoordinaten in „Meter“ wiedergegeben ist. Da nur ein<br />
Ausschnitt der Bewegung dargestellt ist, können hier auch Fehlerbalken angegeben werden,<br />
die sonst <strong>im</strong>mer kleiner als die Messpunktdarstellungen waren.<br />
122
Danksagung<br />
Wenn ich auf das letzte Jahr zurückblicke, muss ich feststellen, dass das Arbeiten mit dem<br />
Videomesssystem ViMPS abwechslungsreich war und mich mit Interesse erfüllt hat. Obwohl<br />
es während dieser Zeit neben den Höhen auch zahlreiche Tiefen in der Auseinandersetzung<br />
mit Videoaufnahmen, Digitalisierungsprozeduren oder Auswertungen gegeben hat, hält der<br />
Leser nun ein „fertiges“ Endprodukt in Händen, das ohne den Einsatz, die Bereitschaft oder<br />
die Hilfe anderer Personen allerdings nicht die vorliegende Form erhalten hätte.<br />
In diesem Sinne möchte ich mich an dieser Stelle bei all den Menschen bedanken, die zum<br />
Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.<br />
An erster Stelle sind sicherlich Martin Becker als Autor von ViMPS und Günter Quast, der<br />
mich zur Auseinandersetzung mit diesem Thema anregte, zu nennen. Auch den Professoren<br />
Sander und Köpke gilt mein Dank, da sie einerseits als Korrektoren der Arbeit zur Verfügung<br />
standen und mir andererseits die Bearbeitung eines physikdidaktischen Themas nicht verwehrten.<br />
Da für diese Arbeit zahlreiche Videoaufnahmen angefertigt werden mussten, die einem späteren<br />
Anwender <strong>im</strong> Internet zur Verfügung stehen, mussten zahlreiche „Drehtage“ außerhalb<br />
des physikalischen <strong>Institut</strong>s organisiert werden.<br />
Für die Unterstützung bei den Luftkissentischaufnahmen möchte ich mich bei unserem Vorlesungsassistenten<br />
Martin Heinrichs bedanken, der mir „rund um die Uhr“ Zugang zum Luftkissentisch<br />
gewährte und Ideen zur Durchführung der Versuche einbrachte.<br />
Bezüglich des Wasserspringens gebührt mein Dank Christiane Kilb und Gerd Neuburger, die<br />
mir die Nutzung des Universitätsbads für die Filmaufnahmen ermöglichten. Im Besonderen<br />
möchte ich Florian Wenskus erwähnen, der mir als Springer für die Aufnahmen zur Verfügung<br />
stand und durchaus einige Blessuren „für die Wissenschaft“ hinnehmen musste.<br />
Neben zahlreichen (Sport-) Studenten als „Massen“ unterstützte mich Celia Kuch be<strong>im</strong> Trampolinspringen<br />
viele Male tatkräftig, vor allem dort, wo meine eigenen Trampolinkünste versagten.<br />
Professor Denschlag (<strong>Institut</strong> für Kernchemie) inspirierte und unterstützte mich bei den Nebelkammeraufnahmen,<br />
wofür ich mich bei ihm und außerdem be<strong>im</strong> Leiter des Besucherzentrum<br />
des Kernkraftwerks Mühlhe<strong>im</strong>-Kärlich bedanken möchte.<br />
Weitere Personen traten durch Hilfsbereitschaft, Rat oder Tat hervor. Hier möchte ich meine<br />
„Praktikantin“ Annika Kohlhaas, meine Mitbewohnerin Dana Goldbach, Claudia Inden, Lars<br />
Wittig und meine Eltern Marita und Kurt-Walter May erwähnen.<br />
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Zwei Personen gilt abschließend mein ganz besonderer Dank:<br />
Einmal Friedrich Kayser, meinem „physikalischen“ Betreuer, Berater und Diskussionspartner,<br />
mit dem ich fast alle Höhen und Tiefen der Forschungsarbeit geteilt habe und zum anderen<br />
Stefanie Schulte, die während des letzten Jahres <strong>im</strong>mer ein offenes Ohr für mich hatte und<br />
wundervolle Ratgeberin, Krisen-Managerin und Trost-Spenderin war.<br />
Abbildung 38: Helfer bei den Standbild-Aufnahmen zum Trampolinspringen<br />
Eigene Erklärung<br />
Hiermit versichere ich, dass ich diese Staatsexamensarbeit selbstständig verfasst habe und außer<br />
wertvollen Gesprächen mit meinen Betreuern keine anderen Hilfsmittel als die <strong>im</strong> Literaturverzeichnis<br />
angegebenen Quellen benutzt habe.<br />
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