Chemie Diplomarbeit / Fakultät für Chemie und Pharmazie ...
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Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
1 Einleitung <strong>und</strong> Problemstellung 1<br />
0<br />
1.1 Überblick 1<br />
1.2 Kontext 1<br />
1.2.1 Multikontaktierung von Nerven mit Mikroelektrodenstrukturen 2<br />
1.3 Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen 4<br />
1.3.1 Nervensignale 4<br />
1.3.2 Charakterisierung der Nervenfaser über Ersatzschaltkreise 9<br />
1.3.3 Elektrodendesigns von Ableitungs- <strong>und</strong> Stimulationselektroden 11<br />
1.3.4 Arbeitsgruppen, die sich mit „Regeneration-Type-Microelectrodes“ beschäftigen 14<br />
1.3.5 Charakterisierung der Mikroelektroden über Ersatzschaltkreise 16<br />
1.3.5.1 Prozesse an der Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche 19<br />
1.3.5.2 Beschreibung des Spannungsabfalls an der Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche 21<br />
1.3.5.3 Parameter, die die Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche charakterisieren 23<br />
1.3.6 Anforderungen an das Elektrodenmaterial für die Neurostimulation 23<br />
1.3.7 Zusätzliche Anforderungen an die Mikroelektrodenstruktur für die Signalableitung 24<br />
1.3.8 Optimierung von Ableitungs- <strong>und</strong> Stimulationselektroden 25<br />
2 Experimentelle Ansätze 26<br />
2.1 Eigenschaften von elektrischen Bauelementen <strong>und</strong> deren Wechselstromverhalten 26<br />
2.2 Impedanzspektroskopie 27<br />
2.2.1 Impedanz <strong>und</strong> Ersatzschaltkreis einer elektrochemischen Zelle 29<br />
2.3 Verwendete Materialien 32<br />
3 Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion 34<br />
3.1 Elektrodencharakterisierung über Impedanzspektroskopie 34<br />
3.2 Modifikation der Elektrodenstrukturen 40<br />
3.2.1 Oxidation von Iridium 41<br />
3.2.2 Abscheidung von Iridium <strong>und</strong> Iridiumoxid über Elektronenstrahlverdampfung 43<br />
3.2.3 Zyklovoltammetrische Metallabscheidung 44<br />
3.3 Peptidbelegungen 55<br />
3.3.1 Zyklovoltammetrische Polymerisation von Lamininteilsequenzen 56<br />
3.3.2 Zukünftige Strategien bei der Peptidbelegung von Mikroelektrodenstrukturen 59<br />
4 Zusammenfassung 60<br />
5 Ausblick 61<br />
6 Literatur 64
1 Einleitung <strong>und</strong> Problemstellung<br />
1.1<br />
Überblick<br />
Diese <strong>Diplomarbeit</strong> beschreibt die elektrochemische Oberflächenmodifikation von<br />
Mikroelektrodenstrukturen durch Metallabscheidung <strong>und</strong> die Belegung mit polymerisierbaren<br />
Peptidsequenzenen aus den Zelladhäsionsmolekülen Laminin <strong>und</strong> Fibronektin. Es galt, diese<br />
Oberfläche hinsichtlich der Impedanz <strong>und</strong> Bioverträglichkeit zu optimieren.<br />
1.2<br />
Kontext<br />
Als eines der faszinierendsten Ergebnisse der Evolution steht das Nervensystem mit seiner<br />
heute noch weitgehend unverstandenen Komplexität im Mittelpunkt wissenschaftlichen<br />
Interesses. Die herausragende Eigenschaft des Nervensystems, im Hintergr<strong>und</strong> Informationen<br />
zu verarbeiten, ohne seinerseits direkt Informationen über den Verarbeitungsprozeß selbst<br />
preiszugeben, hat die Neugierde des Menschen seit Jahrtausenden provoziert. Trotzdem ist<br />
uns das Prinzip der Informationsverarbeitung bis zur Entdeckung von RAMÓN Y CAJAL vor<br />
h<strong>und</strong>ert Jahren (1891), daß das Gehirn aus abgegrenzten Nervenzellen besteht <strong>und</strong> diese<br />
untereinander zu vielfältigen Schaltkreisen verb<strong>und</strong>en sind, weitgehend verborgen geblieben.<br />
Vor etwa fünfzig Jahren gelangen die ersten Registrierungen der elektrischen Aktivität von<br />
Nervenzellen (ADRIAN, HARLINE, GRANIT, PFAFFMANN u.a (1930/40)), vor knapp vierzig<br />
Jahren erstmals eine eindeutige Identifizierung der Synapsen, d.h. der Kontaktstellen, an<br />
denen die Kommunikation zwischen Nervenzellen stattfindet (HODGKIN, HUXLEY, KATZ,<br />
ECCLES u.a. (1950/60)). Erst vor etwa fünfzehn Jahren konnten die molekularen Mechanismen<br />
analysiert werden, die die Differenzierung der Nervenzellen <strong>und</strong> die Expression ihrer<br />
funktionellen Eigenschaften steuern (1970/80) 1 .<br />
Die Zuordnung von Aufgabenbereichen im weithin verzweigten Informationsnetz, das<br />
Verständnis der Übermittlungsmechanismen <strong>und</strong> -abläufe nimmt sich wie ein Puzzle aus,<br />
dessen Teile sich über interdisziplinäre Forschungsbemühungen nur langsam zu einem<br />
konsistenten Gesamtbild zusammenfügen lassen. Gehirn <strong>und</strong> Rückenmark des Menschen<br />
enthalten etwa 10 bis 15 Milliarden Nervenzellen, die mit großer Red<strong>und</strong>anz komplex<br />
verschaltet sind. Gegenwärtig scheint es eine unlösbare Aufgabe, Millionen einzelner<br />
Nervenzellaktivitäten individuell <strong>und</strong> auch gleichzeitig zu erfassen <strong>und</strong> ihre Bedeutung für die<br />
1
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Wahrnehmung oder Bewegungssteuerung in Sek<strong>und</strong>enbruchteilen zu entschlüsseln. 2 Trotz der<br />
vielen, noch konturlosen Bereiche des Gesamtbildes ermutigten jedoch neugewonnene<br />
Erkenntisse immer wieder zu induktiven Ansätzen, das Nervensystem durch spezifische oder<br />
auch unspezifische Manipulation verstehen zu lernen.<br />
1.2.1<br />
.1 Multikontaktierung von Nerven mit Mikroelektrodenstrukturen<br />
Im Rahmen der Förderung über das Europäische Programm ESPRIT ist es das Ziel des<br />
Forschungsprojektes<br />
INTER (Intelligent Neural InTERfaces), die gr<strong>und</strong>legenden<br />
Voraussetzungen für die Entwicklung zuverlässiger Mikorelektrodensysteme zu schaffen, die<br />
eine künstliche, nichtinvasive, d.h. extrazelluläre Ankopplung des peripheren Nervensystems<br />
über seine Axone erlauben werden. Mit der Verfügbarkeit von Systemen, über die sich aus<br />
dem motorischen Bereich des peripheren Nervensystems Informationen auslesen <strong>und</strong> in das<br />
sensorische Netz von außen eingeben lassen, wird es möglich sein, Informationsflüsse in<br />
biologischen Systemen verstehen <strong>und</strong> lenken zu lernen. Detailliertere Kenntnisse der<br />
Informationsabläufe werden es dann gestatten, z.B. Prothesen zu entwickeln, die über den<br />
Willen steuerbar sind (z. B. eine künstliche Hand) <strong>und</strong> Signale aus der Umwelt aufnehmen<br />
<strong>und</strong> an das Nervensystem weiterleiten könnten (z.B. über tasten, riechen, sehen, hören).<br />
Zentrales<br />
Nervensystem<br />
CNS<br />
Sensorisierte<br />
Prothese<br />
Neuronales<br />
Interface<br />
Peripheres<br />
Nervensystem<br />
PNS<br />
Controller<br />
Peripheres<br />
Nervensystem<br />
PNS<br />
Neuronales<br />
Interface:<br />
Mikroelektrodenstruktur<br />
mit<br />
oder ohne<br />
Vorverstärker<br />
Neuronales<br />
Computernetz<br />
mit<br />
Lernalgorithmen<br />
Multiaktivierte<br />
<strong>und</strong><br />
sensorisierte<br />
Gliedmaßen<br />
Sensorische<br />
Auswertung<br />
Abbildung 1: Schematische Darstellung der künstlichen Ankopplung an das periphere Nervensystem am Beispiel<br />
der künstlichen Hand: Eine Mikroelektrodeneinheit kontaktiert elektrisch oder optisch direkt die einzelnen<br />
2
Nervenfasern des peripheren Nervensystems am Unterarm. Eine angeschlossene Rechnereinheit wertet die<br />
Signale des Nervensystems aus <strong>und</strong> setzt sie über eine elektromechanische Einheit in Bewegungsabläufe der<br />
Prothese um. Tast- <strong>und</strong> Wärmesensoren auf der Prothese speisen Signale in den Computer ein, der sie in für das<br />
Nervensystem verständliche Informationspakete übersetzt <strong>und</strong> über dieselbe Mikroelektrodenstruktur elektrisch<br />
an die sensorischen Nervenfasern weiterleitet.<br />
Führungskanäle<br />
distaler Nervenstumpf<br />
Mikroelektrodenstruktur (die)<br />
mit kontaktierten Durchgangslöchern<br />
(via-holes)<br />
proximaler Nervenstumpf mit<br />
einzelnen Nervenfasern (Axonen)<br />
einzelne Axone durchwachsen<br />
die Mikroelektrodenstruktur<br />
Abbildung 2: Ausschnittsvergrößerung des im vorliegenden Projekt entwickelten Neuron/Elektroden-<br />
„Interfaces“ 2 : Prinzip der Ankopplung des peripheren Nervensystems über Mikroelektrodenstrukturen: Die<br />
Enden eines durchtrennten peripheren Nervenfaserbündels werden in einem chirurgischen Eingriff in zwei<br />
Führungskanäle eingebettet <strong>und</strong> nahe an die dazwischenliegende Elektrodenstruktur herangeführt. Die einzelnen<br />
Nervenfasern des proximalen, d.h. des aus der Richtung des Gehirns her kommenden Nervenstumpfes,<br />
regenerieren im Laufe der Zeit (Wachstum in der Größenordnung von 1mm pro Tag) <strong>und</strong> wachsen durch die<br />
kontaktierten Löcher der perforierten Siliziumstruktur auf das distale Ende der Nervenfaser im<br />
gegenüberliegenden Führungskanal zu. Durch die Nervenfaser kommende Informationsflüsse<br />
(Potentialschwankungen) können damit kapazitiv an den Elektroden ausgelesen <strong>und</strong> über Computeralgorithmen<br />
in Steuerungssignale für Prothesen umgesetzt werden. Umgekehrt lassen sich damit auch einzelne Nervenfasern<br />
oder Faserbündel anregen. Sensorische Signale von Druck- oder Wärmesensoren in der Prothese ließen sich<br />
beispielsweise kapazitiv an die sensorischen Nervenfasern übermitteln. Das Gehirn würde die Signale in die<br />
entsprechenden Berührungs- oder Wärmeempfindungen umsetzen.<br />
Wichtige Kriterien für diesen Ansatz sind 3 :<br />
1. Zum einen müssen geeignete, langzeitstabile <strong>und</strong> biokompatible extrazelluläre<br />
Elektroden entwickelt werden, in die die Nervenendigungen einwachsen können,<br />
ohne das umgebende Gewebe zu reizen (Narbenbildung) oder zu zerstören (Bildung<br />
toxischer Produkte durch Lösungsprozesse oder an der Elektrode ablaufende<br />
elektrochemische Reaktionen). Es soll anschließend möglich sein, die an den<br />
Nervenendigungen eintreffenden Signale, ausgelöst durch die Änderungen der<br />
Potentialdifferenz über der Zellmembran, mit einer hohen örtlichen <strong>und</strong> zeitlichen<br />
Auflösung <strong>und</strong> hoher Signalamplitude selektiv auslesen zu können. Über dieselben<br />
3
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Elektroden sollten sich externe Signale an die Nervenendigungen ebenso selektiv<br />
übermitteln lassen. 4, 5<br />
2. Die geometrische Anordnung sollte so ausgelegt sein, daß es zu keiner<br />
Signalinterferenz (crosstalk) zwischen den einzelnen Elektroden <strong>und</strong> zu keinen<br />
Leckströmen an dem Zellgewebe vorbei in das die Zellen umgebende Medium<br />
hinein kommen kann.<br />
3. Die physikalischen <strong>und</strong> elektrischen Eigenschaften der Multielektrodenstruktur<br />
müssen reproduzierbar sein. Die Ausgangsmaterialien sollen billig sein <strong>und</strong> sich in<br />
einen zuverlässigen, reproduzierbaren <strong>und</strong> nach Möglichkeit schon erprobten<br />
Fertigungsprozeß (z.B. CMOS-Technologie) eingliedern lassen. Weiterhin soll die<br />
Steuerungs- <strong>und</strong> Verstärkungselektronik klein <strong>und</strong> möglichst in die Elektrode<br />
integriert sein, um durch den Einsatz von implantierten Sendern die transkutane<br />
Ableitung umgehen zu können.<br />
4. Die Ent- <strong>und</strong> Verschlüsselungsalgorithmen müssen sich auf veränderte Situationen<br />
selbstlernend einstellen können.<br />
1.3<br />
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
1.3.1<br />
.1 Nervensignale<br />
Informationen werden in allen bekannten Nervensystemen tierischer Organismen mithilfe<br />
zweier universaler Signaltypen übermittelt.<br />
Das Gehirn als dichtes Netz von ca. 10 12 komplex miteinander verknüpfter Nervenzellen<br />
benutzt stereotype elektrische Signale, um alle Informationen zu verarbeiten, die es über die<br />
Nervenzuleitungen (Axone) erhält <strong>und</strong> daraufhin analysiert. Die Signale sind über ihre<br />
Frequenz, ihre Herkunft im Körper <strong>und</strong> ihren Bestimmungsort im Gehirn eindeutig codiert,<br />
aber isoliert gesehen noch kein Abbild der äußeren Welt. Die Verknüpfung einzelner Signale<br />
auf ihrem Weg zum <strong>und</strong> am Bestimmungsort selbst entscheiden über die Interpretation der<br />
Information. Erst die spezifischen Verschaltungen der Nervenzellen erlauben damit eine<br />
Entschlüsselung der Nachricht.<br />
4
Apicale<br />
Dendriten<br />
Nucleus<br />
(Zellkern)<br />
Basale<br />
Dendriten<br />
Synaptischer<br />
Spalt<br />
Präsynaptisches<br />
Axonende<br />
Dendrit<br />
Axon<br />
Myelinscheide<br />
RANVIERscher<br />
Apicale<br />
Dendriten<br />
Schnürring<br />
Inhibitorisches<br />
Axonende<br />
Excitatorisches<br />
Axonende<br />
Präsynaptische<br />
Zelle<br />
Postsynaptische<br />
Zelle<br />
Abbildung 3: Typisches Neuron eines Wirbeltieres. Der Zellkörper mit einem Durchmesser von ca. 50µm enthält<br />
den Zellkern <strong>und</strong> macht etwa 1/10 des gesamten Neuronvolumens aus. 6,11 Zwei Funktionseinheiten entwachsen<br />
dem Zellkörper, die Dendriten <strong>und</strong> ein meist längeres Axon mit einer Länge von bis zu einem Meter bei einem<br />
Durchmesser zwischen 0,2 <strong>und</strong> 20µm. Die meisten Axone der Wirbeltiere sind von einer lipidhaltigen<br />
Isolationsschicht, der sog. Myelinscheide umgeben, die in regelmäßigen Abständen von den sog. RANVIERschen<br />
Schnürringen über eine Länge von ca. 0,5µm unterbrochen wird. Im Bereich dieser Schnürringe sind mehrere<br />
h<strong>und</strong>ert Ionenkanäle in die Membran eingebettet. Am Axonende verzweigt sich das Axon <strong>und</strong> koppelt über<br />
synaptische Endigungen an die Dendriten, Zellkörper oder auch Axone anderer Neurone an. Ein typisches<br />
Neuron kann an der Ausbildung von zwischen 100 <strong>und</strong> 10000 Synapsen beteiligt sein.<br />
Der Informationsfluß innerhalb <strong>und</strong> zwischen den einzelnen Neuronen verläuft über<br />
elektrische <strong>und</strong> chemische Signale. Ursache der elektrischen Signale sind Potentialänderungen<br />
zwischen dem Axoplasma im Inneren eines Axons <strong>und</strong> der durch eine Plasmamembran davon<br />
getrennten extrazellulären Lösung; sie werden in der Regel von Ionenströmen erzeugt (z.B.<br />
Natrium-, Kalium- <strong>und</strong> Chloridionen, aber auch Magnesium- <strong>und</strong> Calciumionen), die durch<br />
spannungsaktivierte, in der dazwischenliegenden Plasmamembran eingebettete Ionenkanäle<br />
fließen. Neben den elektrischen Reizen vermögen auch andere Mechanismen, wie chemische<br />
oder mechanische Reize (Ligandenankopplung oder Streckung der Membran), die<br />
verschiedenen Kanäle zu öffnen oder zu schließen. Die Lösungen innerhalb <strong>und</strong> außerhalb des<br />
Axons weisen dieselbe Ionenstärke, aber eine unterschiedliche Ionenzusammensetzung auf.<br />
5
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Abbildung 4: Riesenaxon eines Tintenfisches mit<br />
Verteilung der für das Membranpotential wichtigen<br />
Ionen [mmol·l -1 ]. Das Innere der Nervenfaser ist<br />
durch diese ungleiche Ionenverteilung um ca. 60mV<br />
negativ gegenüber dem Außenmedium geladen.<br />
Dieses Membranruhepotential wird durch eine<br />
energieumsetzende Ionenpumpe aufrechterhalten,<br />
die ständig (durch die Membran) in das Zellinnere<br />
diff<strong>und</strong>ierte Na -Ionen in den Außenraum <strong>und</strong> in<br />
den Außenraum diff<strong>und</strong>ierte K -Ionen in das<br />
Zellinnere zurück befördert. Wird die Nervenfaser<br />
durch einen ausreichend starken Reiz erregt, so<br />
nimmt die Permeabilität der Membran für Na -<br />
Ionen kurzzeitig um das etwa 500fache zu. Es<br />
kommt zu einem starken Na -Einstrom in das<br />
Zellinnere, das sich dadurch positiv gegenüber dem<br />
Außenmedium auflädt, d.h. das Membranpotential<br />
ändert kurzzeitig seine Polarität. Unmittelbar darauf<br />
nimmt die Na -Permeabilität der Membran spontan<br />
wieder ab; etwa gleichzeitig wächst vorübergehend<br />
die K -Permeabilität etwas an, Kaliumionen<br />
strömen aus dem Zellinneren aus <strong>und</strong> senken damit<br />
die Potentialdifferenz über der Membran in<br />
Richtung auf <strong>und</strong> sogar unter das Ruhepotential ab.<br />
Das Membranruhepotential wird letztlich durch die<br />
Ionenpumpe wiederhergestellt. 7<br />
Das Axoplasma leitet den Strom aufgr<strong>und</strong> seiner geringen Ladungsträgerdichte <strong>und</strong> der<br />
geringen Ionenbeweglichkeit etwa 10 7 mal schlechter als ein Metalldraht. Der geringe<br />
Durchmesser der Nervenfaser (ca. 0,1 bis 20µm bei Wirbeltieren) begrenzt zusätzlich die<br />
transportierbare Strommenge. Ein geringer Teil des Leitungsstromes geht aufgr<strong>und</strong> der nichtperfekten<br />
Isolatoreigenschaften der Membran nach außen hin als Leckstrom verloren. Viele<br />
Axone in den Nervensystemen von Wirbeltieren werden von einer lipidhaltigen, weißen, etwa<br />
8-10µm dicken Myelinscheide umgeben, die aus sog. Gliazellen besteht. Jede Gliazelle<br />
umhüllt ein axonales Segment von etwa 1mm Länge, in dem die Ionenkanäle in der<br />
Axonmembran fast vollständig fehlen. Zwischen den einzelnen Segmenten liegen kleine<br />
Bereiche der Axonmembran (ca. 0,5 µm), die sog. RANVIERschen Schnürringe, frei. Auf ihnen<br />
sind fast alle Ionenkanäle der Axonmembran anzutreffen (ca. 1000Kanäle/µm 2 ). In der Regel<br />
finden sich zwischen 300 <strong>und</strong> 500 dieser Schnürringe auf einer Nervenfaser. Die<br />
Myelinscheide hat gute elektrische Isolatoreigenschaften. Sie bewirkt eine Erhöhung des<br />
Membranwiderstands der Axone <strong>und</strong> eine Erniedrigung der Membrankapazität in den<br />
Bereichen der Schnürringe.<br />
6
RANVIERsche Schnürringe<br />
Myelinscheide<br />
anzutreffen. Jede SCHWANNsche Zelle bildet auf<br />
eine Länge von etwa 1mm die sog. Myelinscheide<br />
um ein einzelnes Axon aus, indem sie sich in<br />
mehreren Lagen konzentrisch um das Axon wickelt.<br />
Zwischen den umhüllten Segmenten liegen die<br />
RANVIERschen Schnürringe. 500 SCHWANNsche<br />
Zellen sind an der Myelinisierung eines einzelnen<br />
sensorischen Axons beteiligt. 11 In Wirklichkeit sind<br />
die Myelinlagen weitaus kompakter als hier<br />
dargestellt.<br />
SCHWANNsche<br />
Zelle<br />
Zellkern<br />
innere Zunge<br />
einzelnes Axon<br />
Abbildung 5: SCHWANNsche Zellen (oder auch<br />
Gliazellen) sind im peripheren Nervensystem<br />
Nervenfasern verwenden nur zwei Typen von Signalen: „Passive“, d.h. lokale, graduierte<br />
Potentiale, <strong>und</strong> „alles-oder-nichts“ Aktionspotentiale. Die lokalen Potentiale können sich nur<br />
über kurze Strecken ausbreiten; ihre Reichweite beträgt gewöhnlich nur 1 bis 2 Millimeter.<br />
Sie ermöglichen es den Nervenzellen, an sensorischen Nervenendigungen über sog. Rezeptoroder<br />
Generatorpotentiale oder an den Verbindungen zwischen den Zellen, an den Synapsen,<br />
über sog. (post-)synaptische Potentiale Aktionspotentiale auszulösen. Synaptische Potentiale<br />
können exzitatorisch (EPSP) oder inhibitorisch (IPSP) sein. Das Hauptmerkmal von lokalen<br />
Potentialen liegt darin, daß sie, integrativ über die Impulsfrequenz, die proportional zur<br />
Reizstärke ist, kontinuierlich in ihrer Größe abgestuft werden können. 8 Aktionspotentiale sind<br />
stereotypische regenerative Impulse, die rasch <strong>und</strong> ohne Abschwächung, d.h. mit konstanter<br />
Amplitude (ca. 0,1V), konstanter Dauer (ca. 1ms) <strong>und</strong> charakteristischer Form mit einer<br />
Geschwindigkeit von bis zu 120m/s über weite Strecken geleitet werden. Die Kombination<br />
dieser beiden Signaltypen codiert die universelle Sprache aller bisher bekannten tierischen<br />
Nervenzellen. 9 In einer ruhenden Nervenfaser eines Wirbeltieres beträgt die Potentialdifferenz<br />
über die Axonmembran ca. 70mV (Ruhepotential), wobei der Innenraum gegenüber dem<br />
Außenraum negativ geladen ist. Die unterschiedlichen Permeabilitäten P der Membran für die<br />
einzelnen Ionensorten <strong>und</strong> die momentanen Ionenkonzentrationen zwischen Axoninnenraum i<br />
<strong>und</strong> Axonaußenraum a bestimmen das Membranpotential V M . Es läßt sich über die von der<br />
NERNSTschen Gleichung abgeleitete, hier um den kapazitiven Anteil der Membran selbst<br />
erweiterte GOLDMAN-Gleichung (1-1) berechnen: 11<br />
7
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
V<br />
M<br />
RT<br />
= ⋅<br />
F<br />
[<br />
⊕] + [<br />
⊕] + [<br />
−]<br />
[<br />
⊕] + [<br />
⊕] + [<br />
−]<br />
P K P Na P Cl<br />
K a Na a Cl i<br />
P K P Na P Cl<br />
K i Na i Cl a<br />
Q<br />
+<br />
C<br />
ln<br />
(1-1)<br />
R: Allgemeine Gaskonstante 8,31451 J·mol -1·K -1 ; T: absolute Temperatur [K]; F: FARADAY-Konstante 96484,56<br />
C·mol -1 ; P: Permeabilitätskoeffizient der Membran für die benannte Ionensorte [cm·s -1 ]; Q: Ladung auf der<br />
10<br />
Membranoberfläche [C]; C: Membrankapazität [F = A·s/V = C·A·s/J].<br />
Das Ruhepotential wird einerseits durch ein elektrostatisches Gleichgewicht zwischen<br />
organischen Anionen innerhalb des Axons <strong>und</strong> Kaliumkationen, die durch einen Typ stets<br />
geöffneter, nicht regulierbarer Kaliumkanäle in der Axonmembran frei diff<strong>und</strong>ieren können,<br />
aufrechterhalten. Der osmotische Druck <strong>und</strong> das Potentialgefälle über die Membran hinweg<br />
halten sich dabei die Waage. Andererseits verhindern im Ruhezustand geschlossene<br />
Natriumkanäle (Molekulargewicht etwa 260kDa) das Eindiff<strong>und</strong>ieren von Natriumkationen<br />
entlang des Konzentrationsgradienten in das Axoplasma. Ein Spannungsreiz, dessen Potential<br />
eine bestimmte positive Schwelle überschreiten muß, verursacht die sog. Depolarisation der<br />
Axonmembran: Weicht die Potentialdifferenz über der Axonmembran um etwa 20mV in<br />
positive Richtung von ihrem Ruhewert ab, dann öffnen sich spannungskontrollierte<br />
Natriumkanäle in der Membran <strong>und</strong> gestatten den Einstrom von Na -Ionen in das Axoplasma<br />
(positiver Stromfluß). Diese Polarisation trägt zur weiteren Depolarisation der Axonmembran<br />
bei, indem sie sukzessive weitere benachbarte Natriumkanäle öffnet. Der Na -Einstrom in das<br />
Axon übersteigt nach kurzer Zeit den K -Ausstrom aus dem Axon. Der Innenraum der<br />
Nervenfaser wird vorübergehend auf +40mV positiv polarisiert. Andererseits triggert die<br />
Potentialänderung ihrerseits die Repolarisation durch verzögertes Öffnen von<br />
spannungsgesteuerten Kaliumkanälen. Vermehrter Ausstrom von K -Ionen aus dem Axon<br />
<strong>und</strong> spontanes Schließen der Natrium-Kanäle wiegen den Na -Ionen-Einstrom auf <strong>und</strong> stellen<br />
schließlich das Ruhepotential nach kurzfristiger Hyperpolarisation (Unterschreitung des<br />
Ruhepotentials) wieder her. Der beschriebene Prozeß läuft meist innerhalb einer Millisek<strong>und</strong>e<br />
ab. Eine erneute Depolarisation des Axonabschnitts ist erst nach einer gewissen Ruhezeit im<br />
Millisek<strong>und</strong>enbereich, der sog. Refraktärzeit möglich, während der die Ionenkanäle gegenüber<br />
Schwellpotentialen unempfindlich sind <strong>und</strong> verschlossen bleiben. Aus diesem Gr<strong>und</strong> pflanzt<br />
sich das Aktionspotential auch nur in die Richtung der noch depolarisierbaren Ionenkanäle<br />
fort, nicht dagegen rückwärts zum Ursprung. Energieumsetzende Transportmechanismen<br />
(Na -K -Pumpe) erzeugen anschließend den ursprünglichen Konzentrationsgradienten.<br />
8
Ruhepotential<br />
(ca. -70 mV)<br />
Aktionspotential<br />
Zeit (ms)<br />
Abbildung 6: g Na =1/R Na [1/Ω]: Leitfähigkeit des<br />
Natriumionenkanals; g K =1/R K [1/Ω]: Leitfähigkeit<br />
des Kaliumionenkanals; V M : Gesamtpotential über<br />
der Zellmembran [V]; Mit dem Öffnen eines<br />
Ionenkanals durch die Depolarisation ändert sich<br />
auch dessen Leitfähigkeit für die entsprechende<br />
Ionensorte. Relativ schnell öffnen sich nach der<br />
Depolarisation die vorhandenen Natrium-<br />
Ionenkanäle, d.h. die Gesamtleitfähigkeit g Na der<br />
Membran für Natrium als Summe über die<br />
Leitfähigkeiten der einzelnen Natriumionenkanäle<br />
steigt steil an. Etwas langsamer öffnen sich die<br />
Kalium-Ionenkanäle; die Gesamtleitfähigkeit g K für<br />
Kalium steigt damit etwas flacher an. Aus dem<br />
plötzlichen Natriumeinstrom in das Axoplasma <strong>und</strong><br />
dem darauffolgenden Kaliumausstrom aus dem<br />
Axoplasma resultiert das Aktionspotential V m , das<br />
sich statt über die Konzentrationsgradienten <strong>und</strong> die<br />
Permeabilitätskoeffizienten auch, wie weiter unten<br />
ausgeführt, über die Leitfähigkeiten <strong>und</strong> die<br />
Gleichgewichtspotentiale für die einzelnen<br />
Ionensorten beschreiben läßt.<br />
1.3.2<br />
.2 Charakterisierung der Nervenfaser über Ersatzschaltkreise<br />
Eine mit Gliazellen myelinisierte Axonmembran hat Isolatoreigenschaften. Im<br />
Ersatzschaltbild entspricht sie einem leckenden Kondensator mit einer Kapazität von ca.<br />
1µF/cm 2 , da geringe Ströme durch die relativ wenigen eingebetteten Ionenkanäle fließen<br />
können. Die Leitfähigkeit g durch die Axonmembran ist proportional zur Anzahl der<br />
geöffneten Ionenkanäle; sie läßt sich im Ersatzschaltbild für eine Nervenfaser über parallel<br />
verschaltete Widerstände R beschreiben, wenn man die Beziehung g Kanal =1/R Kanal<br />
berücksichtigt. Betrachtet man ein typisches Motor-Neuron mit einer Membranfläche von<br />
etwa 10 -4 cm 2 , so liegt dessen Leitfähigkeit aufgr<strong>und</strong> der nicht schaltbaren, d.h. allzeit offenen<br />
Kalium-Ionenkanäle bei 40nS. Gäbe es keine Kanäle in der Membran, läge die Leitfähigkeit<br />
des reinen Lipid-Bilayers bei nur 1pS. Die im Ruhezustand aus den Konzentrationsgradienten<br />
der einzelnen Ionensorten erwachsenden Potentialdifferenzen zwischen Axoninnenraum <strong>und</strong><br />
extrazellulärer Flüssigkeit repräsentieren Batterien im Ersatzschaltkreis.<br />
9
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Na + K +<br />
Cl -<br />
Na +<br />
Cl -<br />
Na + Cl -<br />
Na + Na<br />
Cl - +<br />
Cl -<br />
Na +<br />
Extrazelluläre Matrix<br />
+ + + + + +<br />
A -<br />
K +<br />
+ + + + + + + + + + + + + + +<br />
Na + g g g<br />
-<br />
+<br />
E E E<br />
Na +<br />
K +<br />
ATP ADP + Pi<br />
K +<br />
K<br />
K + +<br />
K + K +<br />
A - A- A -<br />
Na K Cl<br />
Na K Cl<br />
Na<br />
Ionenpumpe<br />
Axoplasma<br />
K<br />
C M<br />
Abbildung 7: Jede Population an Ionenkanälen, selektiv für Na , K oder Cl , kann als Batterie (E X ) in Serie mit<br />
einem Widerstand (hier Leitfähigkeit g X =1/R X mit X: Ionensorte) dargestellt werden. 11 Im unteren Teil der<br />
Abbildung ist das Axoplasma zu sehen, das im Ruhezustand relativ zum Außenraum der Nervenfaser negativ<br />
geladen ist. Rechts im Ersatzschaltkreis ist die Kapazität der Membran gezeigt mit dem Axoplasma <strong>und</strong> dem<br />
Außenmedium als Kondensatorplatten <strong>und</strong> der Membran selbst als Dielektrikum.<br />
Nach der 1. KIRCHHOFFschen (Knoten-)Regel ist der Nettostrom I Ges gleich null. Außerdem ist<br />
der Spannungsabfall über die einzelnen parallel verlaufenden Zweige immer gleich groß.<br />
Unter der vereinfachenden Annahme einer elektroneutralen Na - K - Pumpe (in Wirklichkeit<br />
trägt die Ionenpumpe zur Erzeugung des Potentialgradienten bei, indem für drei Na -Ionen aus dem Axoplasma<br />
in den extrazellulären Bereich nur zwei K -Ionen aus dem extrazellulären Bereich in das Axoplasma hinein<br />
transportiert werden) berechnet sich damit das im Ruhezustand der Zelle herrschende<br />
Membranpotential V M , das sich aus den resistiven Elementen der Ionenkanäle sowie dem<br />
11<br />
kapazitiven Element der Zellmembran an sich zusammensetzt, wie folgt:<br />
V g ⋅ E + g ⋅ E + g ⋅ E<br />
M<br />
=<br />
g + g + g<br />
Na Na K K Cl Cl<br />
Na K Cl<br />
Q<br />
+<br />
C<br />
M<br />
M<br />
(1-2)<br />
g x : Leitfähigkeit des Ionenkanals für die genannte Ionensorte [S=1/Ω]; E: Gleichgewichtspotential für die<br />
genannte Ionensorte bei gegebenem Konzentrationsgradienten über die Membran [V], das in voranstehender<br />
Abbildung als Batterie betrachtet wird; Q M : Ladungen, die sich auf der Membranoberfläche befinden [C]; C M :<br />
Kapazität der Membran [F].<br />
Aus den Gleichungen(1-1) <strong>und</strong> (1-2) wird ersichtlich, daß das Membranpotential V M von der<br />
Ionensorte bestimmt wird, für die die Permeabilität P der Membran am höchsten ist bzw.<br />
deren Ionenkanäle im betrachteten Augenblick die größte Leitfähigkeit g durch die<br />
Axonmembran, d.h. den kleinsten Widerstand haben.<br />
10
1.3.3<br />
Elektrodendesigns von Ableitungs- <strong>und</strong> Stimulationselektroden<br />
Erste Signalableitungen an lebenden Neuronen wurden mit feinen Metallmikroelektroden<br />
(Nadeln) vorgenommen, die in die Nervenzelle eingestochen werden. In einer bipolaren<br />
Anordnung wurde direkt die Potentialdifferenz zwischen Axoplasma <strong>und</strong> extrazellulärer<br />
Umgebung, deren Potential willkürlich null gesetzt wird, gemessen. Aufgr<strong>und</strong> der<br />
Zellschädigung können nur Kurzzeitexperimente durchgeführt werden Abbildung ( 8A).<br />
Neben dieser invasiven Technik unterscheidet man noch folgende nichtinvasive Methoden:<br />
starre Schaft-Mikroelektroden können neben dem intakten oder auch durchtrennten Axon<br />
plaziert werden <strong>und</strong> dessen Aktivität registrieren oder auch beeinflussen ( Abbildung 8B <strong>und</strong><br />
Abbildung 9). Zellen lassen sich für sensorische Anwendungen auf Mikroelektrodenstrukturen<br />
plazieren. Kommen Membranabschnitte mit Ionenkanälen auf den Ableitelektroden zu liegen,<br />
so lassen sich die Ionenströme über die Ableitungen kapazitiv registrieren ( Abbildung 8C).<br />
Ein ähnlicher Weg kann auch für Axonenden nach dem Durchtrennen der Nervenfaser<br />
beschritten werden. Die im Rahmen von INTER zum Einsatz kommenden „die“-Elektroden<br />
mit kontaktierten Durchgangslöchern (via holes), durch die die Axone durchwachsen,<br />
gestatten das Registrieren <strong>und</strong> Stimulieren der angrenzenden Axonstränge über kapazitive<br />
Ströme (Abbildung 2). Für die Kontaktierung einer Nervenfaser mit mehreren Axonsträngen<br />
eignen sich auch flexible „Cuff“-Elektroden, auf deren einzelnen Fingern Mikroelektroden<br />
aufgebracht sein können. Die nur drei bis fünf Millimeter großen Systeme lassen sich durch<br />
leichte Zugspannung manschettenartig um einen Nervenstrang, den sie kontaktieren sollen,<br />
herumlegen (Abbildung 8D <strong>und</strong> Abbildung 10). Die Aktivität einzelner Ionenkanäle läßt sich<br />
direkt über die sog. „patch-clamp“-Technik erfassen, bei der ein Ionenkanal elektrisch von der<br />
übrigen Zelle isoliert wird. Eine direkt über einen Ionenkanal gestülpte Glaspipette dichtet an<br />
ihrem Ende mit der Zellmembran ab. Gemessen werden bei konstant vorgegebener Spannung<br />
die (Ionen-) Stromschwankungen über der Membran beim Öffnen bzw. Schließen des<br />
Ionenkanals (Abbildung 8E). Schließlich kann die Zellaktivität auch über spannungssensitive<br />
Farbstoffe verfolgt werden, die in das extrazelluläre Medium eingeführt werden.<br />
Spannungsabhängige Farbänderungen lassen sich über einen Photodetektor registrieren<br />
(Abbildung 8F).<br />
11
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
offen<br />
geschlossen<br />
pA<br />
0<br />
mV<br />
50<br />
0<br />
Ruhepotential<br />
2 4 ms<br />
2 4<br />
ms<br />
µV<br />
relative<br />
Absorption<br />
0<br />
2<br />
4<br />
s<br />
B<br />
E<br />
A<br />
F<br />
2<br />
4<br />
ms<br />
Gegenelektrode<br />
Referenzelektrode<br />
D<br />
C<br />
mV<br />
1<br />
mV<br />
10<br />
0<br />
Ruhepotential<br />
0<br />
Ruhepotential<br />
2<br />
4<br />
ms<br />
2<br />
4<br />
ms<br />
Abbildung 8: Schematische Darstellung der prinzipiellen Möglichkeiten der Signalerfassung an (Nerven-) Zellen<br />
<strong>und</strong> der zu erwartenden Signaltypen: A: Intrazelluläre Ableitung über eine Mikroelektrode, mit der die Zelle<br />
punktiert wird; B: Kapazitive elektrische Ableitung über eine feine Draht- oder Schaftelektrode, die nahe am<br />
Zellkörper plaziert wird; C: Kapazitive elektrische Ableitung über eine Metallelektrode einer<br />
Mikroelektrodenstruktur, auf der die Zelle zu liegen kommt; D: Manschettenelektrode (cuff-Elektrode), die um<br />
ein einzelnes Axon oder eine Axongruppe gelegt wird; E: "patch-clamp"-Technik: Registrierung der Ionenströme<br />
durch die einzelnen Ionenkanäle in der Zellmembran bei vorgegebener Spannung. Eine Pipette mit ausgezogener<br />
Kapillare wird über einem Ionenkanal so auf die Zellmembran aufgesetzt, daß sie r<strong>und</strong>um dicht abschließt; F:<br />
Einstrahlen von monochromatischem Licht (Laser, Lampe mit Prisma, Gitter oder Farbfilter,) <strong>und</strong> Detektion der<br />
Farbveränderung spannungssensitiver Farbstoffe bei verschiedenen Wellenlängen im extrazellulären Medium<br />
über einen Photodetektor. Bei den elektrischen Methoden ist zu berücksichtigen, daß zur Signalerfassung eine<br />
Gegenelektrode <strong>und</strong> zur Signalstabilisierung eine Referenzelektrode erforderlich sind.<br />
12
Abbildung 9 (oben) <strong>und</strong> Abbildung 10 (rechts): 2<br />
Starre Schaft-Mikroelektrode auf Siliziumbasis<br />
(Universität Michigan, Ann Arbor) <strong>und</strong> Konzept<br />
einer flexiblen Manschetten-Elektrode (cuff-<br />
Elektrode), auf deren Finger Mikroelektroden<br />
aufgebracht sind. Durch leichten Zug schließt sich<br />
das drei bis fünf Millimeter große System von selbst<br />
ringförmig um den Nervenstrang, den es<br />
kontaktieren soll. Manschetten-Elektroden lassen<br />
sich auch wie helixartige Sprungfedern realisieren,<br />
die sich von selbst an die Nervenfaseroberfläche<br />
anschmiegen<br />
Abbildung 11 (links): Beschichtetes dreidimensionales<br />
Elektrodenfeld aus Siliziumnadeln, das nach Säge- <strong>und</strong><br />
„Schärfungs“-prozessen mittels RIE (Reactive Ion<br />
Etching) hergestellt wurde (Universität Twente,<br />
Enschede) 12 : Jede Nadel ist mit einer Nickelschicht als<br />
Ableitung belegt <strong>und</strong> kann an der Rückseite kontaktiert<br />
werden. Die Nickelschicht ist an der Oberfläche mit<br />
Siliziumnitrid passiviert. An den Nadelspitzen wurde<br />
diese Passivierungsschicht wieder entfernt, um gegen<br />
eine Iridumoxidschicht ausgetauscht zu werden. Die<br />
Nadeln werden an ihrem Schaft über einen „Glassee“<br />
untereinander zusammengehalten.<br />
Elektrodentyp<br />
Metallnadeln<br />
Eignung<br />
Selektive Punktierung einer Nervenzelle<br />
<strong>und</strong> / oder ihrer Fortsätze für kurzfristige<br />
Signalankopplung.<br />
Signalamplitude<br />
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Manschetten-Elektrode<br />
Summensignale mehrerer Axone eines<br />
Nervenstrangs oder Signalaktivität<br />
einzelner Axone über elektrische<br />
Feldsteuerung. Eine dauerhafte<br />
Implantation ist möglich, die Stimulation<br />
denkbar.<br />
1978 T. Matsuo, A. Yamajuchi, Löcher eines Durchmessers von 200µm in<br />
M. Esashi 19 einem 200µm starken Siliziumwafer. Die<br />
Löcher sind mit einer vertikalen MOSFET-<br />
Struktur umgeben<br />
Keine Signale aufgr<strong>und</strong> des hohen<br />
thermischen Rauschens in den<br />
Transistoren<br />
1980<br />
Hoffer <strong>und</strong> Loeb 20<br />
Dreischichtige Schlauchelektrode mit<br />
Muskel oder Nervengewebe<br />
1991<br />
jeweils 12 Elektroden. Außerdem kürzlich<br />
Mikrostimulator mit telemetrischer<br />
Signalankopplung für die Implantation<br />
unter die Haut: 10mm Länge, 2mm<br />
Durchmesser<br />
1981 D. T. Joblin, J. G. Smith,<br />
H. V. Wheal 21 FET mit metallisierter Basis<br />
1985<br />
1991<br />
T. Akin, K. Najafi 22 Bor-dotierte Siliziumwafer; die<br />
tiefdiff<strong>und</strong>ierende Bordotierung diente als<br />
Ätzbarriere<br />
Glossopharyngealer Nerv der Ratte<br />
1986 D. J. Edell 23 Silizium (110) mit photolithographisch<br />
aufgebrachten Goldelektroden <strong>und</strong><br />
0,1·1mm Schlitzen über KOH-Ätzung;<br />
800µm 2 Gesamtfeld<br />
Tibialer Nerv von Hasen<br />
1988 W. G. Regehr, J. Pine, D.<br />
B. Rutledge 24 Metallisiertes Silizium Neuron<br />
1990<br />
G. T. A. Kovacs, C. W.<br />
Silizium (100) mit 40-100µm<br />
Peroneal-Nerv der Ratte<br />
1992<br />
Storment, T. K.<br />
plasmageätzten Vertiefungen, die<br />
1994<br />
Withehurst, C. R.<br />
anschließend mechanisch zu Löchern<br />
Belczynski; Standford<br />
durchbrochen wurden<br />
University 25<br />
p-Kanal (Bor-Diffusionsdotierung)<br />
1991 P. Frommherz, A.<br />
Weis, Uni Ulm 26 dünnen Isolationsschicht (20nm) eines<br />
Offenhäusser, T. Vetter, J. isolierte FETs: Das Neuron liegt auf einer<br />
Oxids als Basis auf n-dotiertem Silizium<br />
(100). Der Abstand zwischen Kollektor<br />
<strong>und</strong> Emitter beträgt 6µm, die Breite 30µm.<br />
Die Neuronen übernehmen damit auf<br />
diesen FET-Strukturen die Funktion der<br />
Basis<br />
Dissoziierte RETZIUS-Zellen<br />
(Durchmesser ca. 60µm).<br />
Spannungsamplituden<br />
des<br />
Aktionspotentials in (enzymatisch)<br />
frisch dissoziierten Zellen: 40-60mV<br />
15
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
1991 T. Lefurge, E. Goodall, K.<br />
Horch, L. Stensaas, A.<br />
Schoenberg 27<br />
1994 G. Santina; Stanford<br />
University 28<br />
Intrafaszikuläre bipolare Drahtelektroden,<br />
die sowohl das elektrische Potential im<br />
Nervenfaszikel als auch das Potential an<br />
der Nervenoberfläche ableiten:<br />
differentielle Meßmethode; teflonisolierte<br />
Platin-Iridium Drähte, Durchmesser 25-<br />
50µm<br />
Mikroelektrodenarray mit<br />
Durchgangslöchern<br />
Signale sensorischer Tastnerven von<br />
Katzenvorderpfoten; Stimulation<br />
motorischer Nerven<br />
American Bullfrog: anuran eighth<br />
nerve<br />
1995 R. Eckmiller; Uni Bonn 29 Simulation biologischer Nervenzellen;<br />
lernfähige neuronale Netze<br />
1995 J.-U. Meyer 2 Mikroelektrodenarrays aus Silizium (100)<br />
mit platinkontaktierten Durchgangslöchern<br />
Taschenkrebs<br />
1.3.5<br />
.5 Charakterisierung der Mikroelektroden über Ersatzschaltkreise<br />
Aufgabe der Elektrode ist es, bioelektrische Signale in elektronische Signale zu überführen<br />
<strong>und</strong>/oder aus elektronischen Signalen bioelektrische zu erzeugen. Diese Überführung schließt<br />
die Übertragung von Energie ein, die in Form von räumlich getrennten ionischen <strong>und</strong><br />
elektronischen Ladungsträgern (Elektronen <strong>und</strong> Löcher) vorliegt. Die Überführung kann durch<br />
kapazitive Kopplung ohne effektiven Ladungsdurchtritt (Netto-Ladungstransfer) <strong>und</strong>/oder<br />
auch Ladungsübertragungsreaktionen stattfinden, bei denen Elektronen zwischen der<br />
Elektrode <strong>und</strong> den Ionen in der umgebenden Lösung über Redoxprozesse ausgetauscht<br />
werden. Die Beweglichkeit der ionischen Ladungsträger liegt um ca. 6 bis 7 Größenordnungen<br />
unter der von Elektronen oder Löchern in Metallen.<br />
Beweglichkeit elektronischer <strong>und</strong> einiger ionischer Ladungsträger in vivo<br />
Ladungsträger Beweglichkeit [cm 2·s -1·V -1 ]<br />
Elektron e 1,350 10 3<br />
Loch p 0,480 10 3<br />
H 3,625 10 -3<br />
OH 2,050 10 -3<br />
Cl 7,912 10 -4<br />
K 7,619 10 -4<br />
16
NH4 7,610 10 -4<br />
ClO 4 7,050 10 -4<br />
Na 5,193 10 -4<br />
HCO 3 4,610 10 -4<br />
Li 4,010 10 -4<br />
Die Zeitkonstanten beider Ladungsträgersysteme liegen ebenfalls um mehrere<br />
Größenordnungen auseinander: Elektronen in elektrischen Schaltkreisen vermögen Signale<br />
mit einer Frequenz von bis zu mehreren h<strong>und</strong>ert Megahertz zu übertragen, Elektroden/Ionen-<br />
Grenzflächensysteme arbeiten dagegen nur in einem Frequenzbereich von bis zu zehn<br />
Kilohertz noch zuverlässig.<br />
Sind die Spannungsamplituden über der betrachteten Grenzfläche klein, so treten in erster<br />
Linie kapazitive Feldeffekte ohne Ladungsübertritt auf (Nervensignal-Aufnahme <strong>und</strong> im<br />
günstigen Fall auch Stimulation: small-signal operation: die Elektroden verhalten sich in<br />
diesem Modus in der Regel als Netzwerk linearer Schaltkreiselemente); kommt es zu einem<br />
Ladungsübertritt an der Grenzfläche Elektrode/Elektrolyt, fließen also signifikante Ströme<br />
über diese Grenzfläche, dominieren resistive <strong>und</strong>/oder nichtlineare Effekte (nur bei der<br />
Stimulation von Bedeutung: large-signal operation). Kapazitiv gekoppelte Elektroden werden<br />
z.B. von FROMMHERTZ ET AL. eingesetzt, bei denen die Signale an MOSFET-Strukturen direkt<br />
von den Neuronen, die als Basis der FETs fungieren, ausgelesen werden können.<br />
Wie aus Abbildung 12 hervorgeht, müssen im Ersatzschaltkreis folgende Elemente enthalten<br />
sein:<br />
1. die Doppelschichtkapazität der Elektroden/Elektrolyt-Grenzschicht,<br />
2. der Durchtrittswiderstand der Ladungen aus der Elektrode in den Elektrolyten unter<br />
Beachtung der Polarisierbarkeit der Elektrode,<br />
3. Elemente, die die diffusionskontrollierten Prozesse (WARBURG-Impedanz)<br />
berücksichtigen <strong>und</strong><br />
17
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
4. der Widerstand, den eine aus der Elektrode definierter geometrischer Größe<br />
ausgetretene Ladung im Elektrolyten erfährt spreading ( resistance).<br />
Elektrolyt/Elektroden-Grenzfläche<br />
C<br />
DS<br />
Parasitäre Elemente auf der Mikroelektrodenstruktur<br />
R<br />
M<br />
R<br />
E<br />
R<br />
Dt<br />
Z<br />
W<br />
zum verarbeitenden<br />
Schaltkreis (Verstärker)<br />
Z<br />
P<br />
C C C<br />
P K S<br />
R Dicht<br />
R E<br />
C<br />
R<br />
Ds<br />
Ds<br />
R<br />
M<br />
C Streu<br />
R<br />
V<br />
C V<br />
Referenzelektrode<br />
Abbildung 12: Erweiterter Ersatzschaltkreis nach ROBINSON 30 (1968, unten) <strong>und</strong> in seine Anteile zerlegt nach<br />
KOVACS 31 (1995, oben): links liegt der Elektrolyt <strong>und</strong> das Neuron (nicht gezeigt), rechts die<br />
Meßdatenerfassungseinheit bzw. der Computer (beide nicht gezeigt), die/der über die angedeutete<br />
Verstärkereinheit die Signale auswertet. R E : Elektrolytwiderstand oder auch Ausbreitungswiderstand, dessen<br />
Wert sich durch Integration über die Serienwiderstände der einzelnen Elektrolytschichten, deren<br />
Zusammensetzung nicht gleich sein muß, berechnet; C Ds : Doppelschichtkapazität des aus der Elektrode <strong>und</strong> der<br />
angrenzenden Wasser- <strong>und</strong> Ionenschicht gebildeten „Kondensators“; R Ds : Doppelschichtwiderstand, den eine<br />
Ladung beim Austritt aus der Elektrode in den Elektrolyten erfährt. Dieser Widerstand setzt sich bei genauerer<br />
Betrachtung aus folgenden Elementen zusammen: R Dt : Durchtrittswiderstand, den eine Ladung beim Austritt aus<br />
einer Elektrode mit einer ideal glatten Oberfläche in den Elektrolyten erfährt. Für ein ideales, nichtpolarisierbares<br />
Grenzflächensystem sollte sein Wert gegen null streben; Z P : aus der Porosität einer realen<br />
Elektrodenoberfläche resultierende Impedanz; Z W : WARBURG-Impedanz: Wechselstromwiderstand, der aus an<br />
der Elektrode ablaufenden, diffusionskontrollierten Redox-Prozessen resultiert; R M : Widerstand des metallischen<br />
Leiters, also des Elektrodenmaterials an sich; C Streu : Allgemeine Streukapazität, die sich aus folgenden Anteilen<br />
zusammensetzen kann: C P : Passivierungs-Streukapazität zwischen Elektrodenableitungen <strong>und</strong> dem Elektrolyten<br />
über das Isolationsmaterial (Passivierung) als Dielektrikum; C K : Kopplungs-Streukapazität zwischen den<br />
einzelnen Elektrodenableitungen über das zwischen ihnen liegende Substrat; C S : Substrat-Streukapazität aus<br />
Elektrodenableitungen <strong>und</strong> dem darunterliegenden Substrat. R Dicht : Widerstand zwischen Elektrode <strong>und</strong><br />
Gegenelektrode, der sehr hoch sein sollte, da es ansonsten bei der Stimulation zu immensen Leckströmen an der<br />
Zelle vorbei zur Gegenelektrode kommen wird. Der Dichtwiderstand wird in erster Linie dadurch bestimmt, wie<br />
gut der Zellkörper die Elektrode gegen den Elektrolyten abdichtet; R V : Widerstand des Verstärkers; C V :<br />
18
Kapazität des Verstärkers; Ähnliche Ersatzschaltkreise sind u.a. auch von M. GRATTAROLA et al. 32 <strong>und</strong> G. W.<br />
GROSS 33 vorgeschlagen worden.<br />
1.3.5.1<br />
.1 Prozesse an der Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche<br />
Taucht eine Metallelektrode in eine Lösung ein, so werden einige der Oberflächenmetallatome<br />
als Ionen in Lösung gehen <strong>und</strong> negative Ladungen in der Elektrode zurücklassen, die sich<br />
aufgr<strong>und</strong> der elektrostatischen Anziehung zwischen positiven Ionen <strong>und</strong> zurückgebliebenen<br />
Elektronen an der Metalloberfläche, der Grenzfläche Elektrode/Elektrolyt, ansammeln<br />
werden:<br />
Donor Akzeptor + e .<br />
Die Energiebarriere für die beschriebene Reaktion wird anfangs niedriger sein als für die<br />
denkbare Rückreaktion,<br />
Akzeptor + e<br />
Donor,<br />
der Abscheidung des Metallions an der Metalloberfläche unter Aufnahme eines Elektrons aus<br />
dem Metall. Während des Lösungsvorgangs wird sich mit zunehmender Ionenbildung ein<br />
elektrostatisches Feld aufbauen, das die Energiebarriere für den Lösungsvorgang langsam<br />
anhebt, die Energiebarriere für den Abscheidungsprozeß, d.h. die Rückreaktion, dagegen<br />
herabsetzt. Die Oberflächenkonzentration an Elektronen <strong>und</strong> Metallionen wird also nur so<br />
lange anwachsen, bis das durch das elektrostatische Feld gebildete Potential eine weitere<br />
Ionenbildung verhindert. Erst nach Ausbildung des gleichen elektrochemischen Potentials µ el<br />
in den beiden Phasen wird sich also ein echtes Gleichgewicht einstellen, in dem gleich viele<br />
Metallatome in Lösung gehen wie sich Metallionen aus der Lösung wieder an der<br />
Metallelektrode abscheiden. In diesem Fall ist die Energiebarriere der Hinreaktion, der<br />
chemisch motivierten Metallatomoxidation (osmotischer Druck), ebenso hoch wie die der<br />
Rückreaktion, der elektrochemisch initiierten Metallionenreduktion (elektrisches Feld;<br />
Potentialsprung). Der Absolutwert des dabei fließenden Stroms wird bei gegebener<br />
Oberfläche als Austauschstromdichte J 0 [A/cm 2 ] angegeben. Ihr Wert ist in einer gegebenen<br />
Situation charakteristisch für das Elektrodenmaterial <strong>und</strong> der daran ablaufenden<br />
elektrochemischen Reaktion. Kleine Werte für J 0 gehen mit großen<br />
Durchtrittsüberspannungen η t (s.u.) einher. Schickt man einen zusätzlichen äußeren Strom<br />
19
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
durch die Elektrode, so ist das I/U-Verhalten, insbesondere die Überspannung η abhängig von<br />
seiner Größe in Relation zur Austauschstromdichte J 0 . Ist der applizierte Strom kleiner als J 0 ,<br />
dann wird das an der Elektrode herrschende elektrochemische Gleichgewicht nicht merklich<br />
verschoben. Der resistive Anteil der Grenzfläche verhält sich dann in erster Näherung linear.<br />
Übersteigt die Spannung einen Grenzwert, zeigt dieser Anteil exponentielles Verhalten.<br />
Werden Edelmetalle (Gold, Platin, Iridium) als Ableitungs- oder Stimulationselektroden<br />
eingesetzt, so herrschen Redoxprozesse vor, in denen das Metall Elektronen abgibt oder<br />
aufnimmt, selbst aber nicht direkt an Lösungs- oder Abscheidungsprozessen teilnimmt. Für<br />
die Signalaufnahme, bei der sich die Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche wegen der geringen<br />
Spannungen wie ein Kondensator verhält, trifft diese Annahme zu. Für die<br />
Neuronenstimulation ist sie ein Anliegen, damit sich bei steigenden Spannungen in<br />
irreversiblen Redoxprozessen keine toxischen Nebenprodukte bilden, die das Zellsystem<br />
vergiften könnten (z.B.: Pt + 4Cl [PtCl 4 ] 2- + 2e ; aber auch 2H 2 O + 2e - H 2 + 2OH ;<br />
2Cl Cl 2 + 2e ). Um die Bildung solcher Produkte zu minimieren (falls sie sich nicht<br />
gänzlich ausschließen lassen) läßt sich mit ladungsausgeglichenen biphasischen Strompulsen<br />
(LILLY-Pulse nach J. C. LILLY) 34 arbeiten, deren Erzeugung allerdings eine höhere<br />
Anforderung an den elektronischen Stimulationsschaltkreis stellt.<br />
anodisch<br />
Abbildung 13: LILLY-Pulse: Illustration der<br />
anodischen <strong>und</strong> kathodischen,<br />
ladungsausgeglichenen biphasischen Strompulse,<br />
wie sie häufig für die Neurostimulation eingesetzt<br />
werden.<br />
kathodisch<br />
Quantitativ wird die „Inertheit“ eines Materials gegenüber möglichen Redoxprozessen über<br />
das sog. reversible Ladungsübertragungslimit (reversible charge injection limit oder auch save<br />
charge injection limit) beschrieben [mC/cm 2 ] (es muß von dem im Englischen ebenfalls<br />
häufig verwendeten Begriff des Ladungsabgabevermögens, der charge delivery capacity,<br />
unterschieden werden, das lediglich die theoretisch maximal mögliche Ladungsakkumulation<br />
auf einer Elektrodenoberfläche beschreibt <strong>und</strong> durch Integration über die Fläche unter der<br />
Strom/Spannungkurve im Zyklovoltammogramm bestimmt werden kann. Es wird zwar in der<br />
20
selben Einheit [mC/cm 2 ] angegeben, berücksichtigt jedoch nicht die im physiologischen<br />
System bei der Stimulation an der Elektrode wirklich ablaufenden Prozesse). Je größer das<br />
reversible Ladungsübertragungslimit eines Elektrodenmaterials in einer gegebenen Umgebung<br />
ist, desto mehr Ladungen können reversibel an der Elektroden/Elektrolyt-Grenzschicht<br />
ausgetauscht werden, ohne irreversible Nebenprodukte in einem Redoxprozeß zu erzeugen.<br />
Für eine kapazitive Neurostimulation ist ein hohes reversibles Ladungsübertragungslimit<br />
wünschenswert, um Leckströme in den Elektrolyten <strong>und</strong> einhergehende denkbare<br />
Redoxprozesse an der Elektrode zu vermeiden.<br />
1.3.5.2<br />
.2 Beschreibung des Spannungsabfalls an der Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche<br />
Folgende Modelle haben sich etabliert:<br />
HELMHOLTZ-PERRIN (ca.1900): Zweidimensionale hydratisierte Ladungen in der Lösung<br />
befinden sich am Ort der äußeren HELMHOLTZschicht. Dies entspricht einem parallelen<br />
Plattenkondensator mit linearem Spannungsabfall zwischen Elektrode <strong>und</strong> äußerer<br />
HELMHOLTZschicht.<br />
GOUY-CHAPMAN: Modell der diffusen Raumladung: Es existiert weder eine immobile Schicht<br />
hydratisierter Ionen am Ort der äußeren HELMHOLTZschicht noch ein linearer Spannungsabfall<br />
zwischen Elektrode <strong>und</strong> äußerer HELMHOLTZschicht. Stattdessen wird ein exponentieller<br />
Spannungsabfall hinter der Elektrodenoberfläche in die Lösung hinein angenommen. Das<br />
Modell liefert Kapazitätswerte, die sich mit angelegter Spannung stärker verändern, als es<br />
Messungen zeigen. Außerdem wird kein Plateauwert vorhergesagt, wie ihn reale Systeme mit<br />
zunehmender angelegter Spannung aufweisen.<br />
STERN-Modell: Kombination aus den HELMHOLTZ-PERRIN- <strong>und</strong> GOUY-CHAPMAN-Modellen:<br />
Annahme eines linearen Spannungsabfalls zwischen innerer <strong>und</strong> äußerer HELMHOLTZschicht<br />
<strong>und</strong> eines exponentiellen Spannungsabfalls jenseits davon.<br />
Die gebildete Ladungsdoppelschicht aus Elektronen auf der Metalloberfläche <strong>und</strong> der durch<br />
die innere HELMHOLTZschicht aus orientierten Wassermolekülen davon getrennten Schicht<br />
aus hydratisierten positiven Metallionen in der Lösung repräsentiert eine Kapazität mit der<br />
Fläche der Elektrodenoberfläche, dem Abstand der Dicke der inneren HELMHOLTZschicht<br />
einschließlich der Hydrathülle der hydratisierten Metallionen, deren erste Lage die äußere<br />
21
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
HELMHOLTZschicht bildet, <strong>und</strong> der Dielektrizitätskonstanten des Wassers, das als<br />
Dielektrikum in der inneren HELMHOLTZschicht zwischen den „Kondensatorplatten“<br />
Elektrodenoberfläche <strong>und</strong> Ionenschicht liegt. Annahme ist dabei ein linearer Potentialabfall<br />
zwischen den Kondensatorplatten wie im elektrischen Fall eines idealen parallelen<br />
Plattenkondensators.<br />
C =<br />
Q V<br />
(1-3)<br />
A<br />
C = ε ε r<br />
d<br />
0<br />
(1-4)<br />
Q: effektive Ladung auf den „Kondensatorplatten“ [C]; V: Spannung zwischen den Kondensatorplatten [V=J·C -<br />
1 ]; ε o : elektrische Feldkonstante: 8.854·10 -12 F·m -1 ; ε r : Dielektrizitätskonstante des Wassers: 81; A: geometrische<br />
Elektrodenoberfläche [m 2 ]; d: Dicke der inneren HELMHOLTZschicht incl. der hydratisierten Metallionen [m].<br />
Im Experiment zeigt sich, daß die Kapazität potentialabhängig ist, was das HELMHOLTZ-<br />
PERRIN-Modell nicht voraussagt. Beim Anlegen eines dem sich natürlich ausbildenden<br />
elektrochemischen Potential entgegengesetzten Potentials (V in Gleichung (1-3) wird kleiner,<br />
C damit größer) wird sich die Elektronenkonzentration in der Elektrode erhöhen, d.h. es<br />
können weniger Metallatome als Ionen in Lösung gehen, da sich bildende Ionen stärker von<br />
den negativen Überschußladungen in <strong>und</strong> auf der Elektrode zurückgezogen werden; der<br />
Plattenabstand wird also abnehmen <strong>und</strong> damit die Kapazität zunehmen; die Spannung über<br />
der inneren HELMHOLTZschicht nimmt damit schließlich auch ab.<br />
+ + + + +<br />
V = V<br />
V = V + V<br />
ges nat ges nat äuß<br />
+<br />
+<br />
- - - - - - - - - - - - - -<br />
Abbildung 14: Vergleich der Metallionenverteilung an einer Metallelektrode/Elektrolyt-Grenzschicht, wenn nur<br />
das sich durch Dissoziation einstellende Gleichgewichtspotential V nat zwischen positiven Ionen in der Lösung<br />
<strong>und</strong> zurückgebliebenen Elektronen in der Elektrode wirkt (links), <strong>und</strong> Verschiebung der Ionen in Richtung der<br />
Elektrodenoberfläche, sobald ein äußeres Potential V äuß entgegengesetzt zum Gleichgewichtspotential V nat wirkt.<br />
22
1.3.5.3<br />
Parameter, die die Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche charakterisieren<br />
Überspannung: Die Überspannung läßt sich nach VETTER 35 in folgende Anteile aufspalten:<br />
η = η t + η d + η r + η c<br />
η t Ladungsübertrittprozesse durch die Elektrodendoppelschicht (Hauptanteil). Der Wert für η t<br />
in einer einfachen Redoxreaktion O + z·e<br />
Gleichung beschreiben.<br />
R läßt sich über die BUTLER-VOLMER-<br />
η d: Diffusion von Reaktanden zur Elektrode hin <strong>und</strong> von ihr weg (bei höheren Stromdichten).<br />
η r: Chemische Reaktionen an der Elektrode (nur für kinetisch gehemmte chemische<br />
Reaktionen an der Elektrode relevant).<br />
η c: Kristallisation oder Austausch von Metallatomen mit korrespondierenden Ionen.<br />
Polarisierbarkeit: Die Polarisierbarkeit eines Materials äußert sich in der Stärke der<br />
Abweichung vom Gleichgewichtspotential in Abhängigkeit der es durchfließenden<br />
Strommenge. Anders ausgedrückt ist eine Elektrode umso leichter polarisierbar, je schneller<br />
sie sich bei konstantem äußeren Potential aus ihrem elektrochemischen Gleichgewicht bringen<br />
läßt. In einem parallelen RC Schaltkreis äußert sich eine hohe Polarisierbarkeit bei gegebener<br />
Kapazität in einem großen Durchtrittswiderstand. Für vernachlässigbare Polarisierbarkeit geht<br />
der Widerstandswert gegen null.<br />
1.3.6<br />
.6 Anforderungen an das Elektrodenmaterial für die Neurostimulation<br />
Aus den vorangegangenen Überlegungen läßt sich folgender Schluß ziehen: Zur<br />
Neuronenstimulation ist es erforderlich, Materialien mit hohen Austauschstromdichten<br />
(exchange current densities) einzusetzen, um die Stimulationsspannungen, bei denen es zu<br />
einem ausreichenden Ladungstransfer über die Elektrodengrenzschicht kommt, gering zu<br />
halten. Hohe Spannungen führen normalerweise zu unerwünschten irreversiblen<br />
23
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
elektrochemischen Reaktionen an der Grenzschicht Elektrode/Elektrolyt. Ein ideales<br />
Elektrodenmaterial für neurowissenschaftliche Anwendungen wäre nichtpolarisierbar (kleiner<br />
Durchtrittswiderstand R Dt ), hätte eine unendlich große Austauschstromdichte (<strong>und</strong> damit<br />
geringe Überspannung) <strong>und</strong> ein entsprechend hohes reversible charge injection limit. Es<br />
bliebe damit immer nahe seines Gleichgewichtspotentials unabhängig von der<br />
durchfließenden Strommenge. Solche Elektroden änderten das Potential über den Elektrolyten<br />
(die Nervenfaser <strong>und</strong> ihrer Matrix), nicht dagegen an der Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche<br />
selbst.<br />
1.3.7<br />
.7 Zusätzliche Anforderungen an die Mikroelektrodenstruktur für die<br />
Signalableitung<br />
Für die Nervensignalableitung sind neben den für die Neurostimulation geltenden Kriterien<br />
noch zusätzliche Gesichtspunkte zu beachten: Generell verhalten sich Selektivität <strong>und</strong><br />
Signalintensität antagonistisch zueinander. Aus der folgenden Tabelle wird ersichtlich, daß<br />
sich diesen beiden von der Elektrodengröße <strong>und</strong> ihrer Struktur abhängigen Anforderungen nur<br />
durch einen Kompromiß angenähert werden kann.<br />
kleine kontaktierte<br />
Löcher oder<br />
kleine Elektroden<br />
pro<br />
• erhöhte Selektivität, da nur wenige Axone<br />
gleichzeitig durch ein Loch bzw. über eine<br />
Elektrode wachsen können<br />
contra<br />
• geringe Chance, daß ein RANVIERscher<br />
Schnürring nahe der Elektrode zu liegen<br />
kommt, d.h. geringe Sensitivität, also relativ<br />
geringe Signalamplitude<br />
• zusätzliche Signalabschwächung infolge der<br />
shunt-Impedanz zwischen Ableitung <strong>und</strong> Erde<br />
(d.h. in diesem Fall dem Organismus)<br />
• Zunahme der Impedanz der Elektroden mit der<br />
Abnahme ihrer Oberfläche, d.h. Zunahme der<br />
thermischen Störpotentialbildung in der<br />
Elektrode (JOHNSON Rauschen)<br />
24
große kontaktierte<br />
Löcher oder große<br />
Elektroden<br />
• viel Platz für die Elektroden <strong>und</strong> Ableitungen,<br />
d.h. geringe Impedanzen der breiten,<br />
zuleitenden Leiterbahnen <strong>und</strong> Elektrodenringe<br />
um die Löcher bzw. Elektrodenflächen; damit<br />
geringeres thermisches Rauschen in den<br />
Ableitungen<br />
• wachsen die Axone durch die kontaktierten<br />
Löcher , so ist mit einem größeren mittleren<br />
Abstand der RANVIERschen Schnürringe zum<br />
Elektrodenkontakt zu rechnen, d.h. geringe<br />
Sensitivität, also auch hier relativ geringe<br />
Signalamplitude<br />
• gemittelte Signale über mehrere Axone, d.h.<br />
geringere Selektivität<br />
• größeres bioelektrisches Rauschen als Störung<br />
durch benachbarte Axone<br />
• nur schlechtes Abdichten der<br />
Elektrodenflächen gegen die äußere Lösung<br />
über die relativ kleinen Zellkörper möglich,<br />
d.h. geringer Dichtwiderstand R dicht <strong>und</strong> damit<br />
hohe Leckströme insbesondere bei der<br />
Stimulation<br />
1.3.8<br />
.8 Optimierung von Ableitungs- <strong>und</strong> Stimulationselektroden<br />
Für die vorliegenden Mikroelektrodenstrukturen lassen sich die folgenden Parameter noch<br />
nachträglich optimieren:<br />
• Die Austauschstromdichte durch Aufbringen eines geeigneten Elektrodenmaterials mit<br />
höherer „charge-delivery-capacity“ (CDC), d.h. Auffinden von Materialien mit einer hohen<br />
CDC. Iridiumoxid in der Oxidationsstufe +4 (IrO 2 ) hat eine hohe CDC von 3000µC/cm 2<br />
im Vergleich zu Platin mit einer CDC von 75µC/cm 2 . Erst nach Elektrodenmodifikation<br />
kann allerdings bestimmt werden, ob ein Material mit theoretisch hoher CDC auch ein<br />
hohes reversibles Ladungsübertragungsvermögen in der spezifischen physiologischen<br />
Umgebung hat.<br />
• Das Impedanzverhalten durch die Wahl des Elektrodenmaterials <strong>und</strong> seiner<br />
Oberflächenbeschaffenheit: Vergrößerung der Leiterbahnoberfläche durch Aufrauhen der<br />
Elektroden <strong>und</strong>/oder Erhöhung deren Porosität <strong>und</strong> damit Verringerung von Z’’ = f(1/C).<br />
25
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
2 Experimentelle Ansätze<br />
2.1<br />
Eigenschaften von elektrischen Bauelementen <strong>und</strong> deren<br />
Wechselstromverhalten<br />
Ein einfacher ohmscher Widerstand zeigt keine<br />
Amplitude<br />
Spannung<br />
Frequenzabhängigkeit. Die Stromantwort auf eine<br />
Wechselspannung ist zu dieser also nicht<br />
phasenverschoben (Abbildung 15A). Sein Wert<br />
A<br />
Strom<br />
Zeit<br />
ist damit sowohl für Gleich- als auch für<br />
Wechselspannungen konstant. Ein Widerstand ist<br />
nicht in der Lage, Energie zu speichern. Er setzt<br />
sie stattdessen in Wärme, Licht,<br />
elektromagnetische Strahlung oder Schall um.<br />
Amplitude<br />
B<br />
Spannung<br />
Strom<br />
90°<br />
Zeit<br />
In einer Spule baut sich der Strom beim Anlegen<br />
einer Spannung nur langsam zu seinem Peakwert<br />
auf. Daher hinkt er der Spannung immer<br />
hinterher. Diese positive Phasenverschiebung θ<br />
zwischen Spannung <strong>und</strong> Strom variiert beim<br />
Anlegen einer Wechselspannung. Bei sehr hohen<br />
Wechselspannungsfrequenzen erreicht sie ihren<br />
Maximalwert von θ=90° (Abbildung 15B). Dieses<br />
Amplitude<br />
Verhalten der Spule bezeichnet man als induktive Reaktanz Z L . Ihr Wert ist eine positive<br />
imaginäre Zahl. Je höher die Frequenz der Wechselspannung, desto größer ist Z L . Eine Spule<br />
ist in der Lage, elektrische Energie als Magnetfeld zu speichern.<br />
C<br />
Spannung<br />
90°<br />
Strom<br />
Zeit<br />
Abbildung 15: Spannungssignal- <strong>und</strong><br />
Stromantwortverhalten eines reinen linearen<br />
ohmschen Widerstandes R (A), einer reinen<br />
Spule mit der Induktivität L (B) <strong>und</strong> eines reinen<br />
Kondensators mit der Kapazität C (C).<br />
In einem Kondensator baut sich dagegen die Spannung zwischen den Kondensatorplatten bei<br />
Stromfluß langsam auf, da sich die Ladungsträger nur mit endlicher Geschwindigkeit auf den<br />
Platten verteilen können. Die Spannung hinkt in diesem Fall dem Strom hinterher. Die<br />
negative Phasenverschiebung θ zwischen Spannung <strong>und</strong> Strom variiert ebenfalls beim<br />
Anlegen einer Wechselspannung. Bei sehr hohen Wechselspannungsfrequenzen erreicht sie<br />
ihren Maximalwert von θ=90° (Abbildung 15C). Dieses Verhalten eines Kondensators<br />
bezeichnet man als kapazitive Reaktanz Z C . Ihr Wert ist eine negative imaginäre Zahl. Je<br />
26
höher die Frequenz der Wechselspannung, desto negativer ist Z C . Da die Aufladezeit für einen<br />
Kondensator immer gleich bleibt, die Auf- <strong>und</strong> Entladeperiodizitäten mit steigender Frequenz<br />
jedoch kürzer werden, verhält sich ein Kondensator bei sehr hohen Frequenzen wie ein<br />
Kurzschluß. Der Kondensator speichert elektrische Energie als elektrisches Feld.<br />
2.2<br />
Impedanzspektroskopie<br />
Neben den klassischen Methoden der Elektrochemie, die mit konstanter Spannung (z.B.<br />
Chronoamperometrie) oder mit Wechselspannungen definierter niedriger Frequenz <strong>und</strong> großer<br />
Amplitude (z.B. Zyklovoltammetrie) arbeiten <strong>und</strong> für die der mathematische Zusammenhang<br />
zwischen Spannung <strong>und</strong> Strom nach Gleichung (2-1) beschrieben werden kann, verwendet<br />
man bei der Impedanzspektroskopie IS sinusförmige Wechselspannungen kleiner Amplituden<br />
<strong>und</strong> variiert diese über einen weiten Frequenzbereich. Gemessen werden die Amplitude der<br />
Stromantwort <strong>und</strong> deren Phasenverschiebung θ (mittels Frequenzganganalysator) zur an das<br />
zu charakterisierende System angelegten Wechselspannung (mittels Potentiostat). Aus dem<br />
Verhältnis von angelegter Spannung <strong>und</strong> gemessenem Strom ergibt sich der<br />
frequenzabhängige Wechselstromwiderstand des Systems, die Impedanz Z Ges (Gleichung (2-7)<br />
hier für den Fall der seriellen Anordnung der Schaltkreiselemente). Sie setzt sich aus einem<br />
Realteil Z’, d.h. dem frequenzunabhängigen ohmschen Widerstand R (Gleichung (2-4)), <strong>und</strong><br />
einem frequenzabhängigen Imaginärteil Z’’, der Summe aus induktiver <strong>und</strong> kapazitiver<br />
Reaktanz, Z L <strong>und</strong> Z C , zusammen (Gleichungen (2-4) <strong>und</strong> (2-5)). Im allgemeinen Fall lassen<br />
sich die Schaltkreiselemente auch über Gleichung (2-6) beschreiben. Jeder Impedanztyp Z X<br />
wird über die systemempirische Variable A <strong>und</strong> den Exponenten n eindeutig charakterisiert.<br />
Der Zusammenhang zwischen Spannung <strong>und</strong> Strom wird im Wechselstromkreis über<br />
Gleichung (2-2) formuliert.<br />
U<br />
= R⋅<br />
I<br />
~ ~<br />
U = Z ⋅ I<br />
Ges<br />
Z = R<br />
R<br />
ZL = i ⋅ω<br />
⋅ L<br />
(2-1)<br />
(2-2)<br />
(2-3)<br />
(2-4)<br />
27
1<br />
ZC = −<br />
i ⋅ ω ⋅ C<br />
(2-5)<br />
Z<br />
X<br />
= A⋅( i ⋅ω)<br />
−n<br />
(2-6)<br />
Z = Z′+ i ⋅ Z<br />
Ges<br />
( )<br />
= R + i ⋅ Z + Z<br />
" (2-7)<br />
L<br />
C<br />
ω=2πν: Kreisfrequenz der angelegten Wechselspannung mit der Frequenz ν [s -1 ]; U: Spannung [V]; I: Strom [A];<br />
L: Induktivität der Spule [H=V·s/A]; C: Kapazität des Kondensators [F=C/V]. A: systemempirische Variable; n:<br />
Korrelationsfaktor, der allgemein zwischen -1 <strong>und</strong> 1 liegen kann. Ist n=1, dann geht Z CPE für A=1/C in die<br />
kapazitive Reaktanz Z C über, d.h. das konstante Phasenelement repräsentiert einen reinen Kondensator; für n=0<br />
<strong>und</strong> A=R ist Z CPE ein reiner Widerstand; für n=0,5 geht Z CPE in eine WARBURG-Impedanz über, die nachfolgend<br />
beschrieben wird; für n=-1 <strong>und</strong> A=L liegt schließlich eine induktive Reaktanz Z L vor.<br />
iZL<br />
iZC<br />
ZGes(ωt) = R1<br />
ZGes(ω0) = R1+R2<br />
ωt ∞ ω0 = 0<br />
ZGes(ω1)<br />
ZGes(ω2)<br />
ZGes(ω3)<br />
R2<br />
R1<br />
C<br />
ZR<br />
Abbildung 16: Typisches Vektordiagramm zur Darstellung der<br />
Impedanz in einem KARTHESISCHEN Koordinatensystem mit<br />
imaginären Einheiten in y-Achsenrichtung, hier für einen<br />
R 1 (R 2 C)-Schaltkreis, wie er häufig für Grenzflächensysteme zu<br />
finden ist. In positiver x-Richtung ist der Realteil Z R der<br />
Gesamtimpedanz Z Ges , ein rein ohmscher Widerstand R,<br />
aufgetragen. In y-Richtung wird der imaginäre Anteil der<br />
Gesamtimpedanz, der sich aus der positiven induktiven<br />
Reaktanz Z L <strong>und</strong> der negativen kapazitiven Reaktanz Z C additiv<br />
zusammensetzt, aufgetragen. Bei niedrigen<br />
Wechselspannungsfrequenzen (ω nahe 0) ist die<br />
Gesamtimpedanz des betrachteten R 1 (R 2 C)-Schaltkreises allein<br />
die Summe der beiden Widerstände, da sich dann die Kapazität<br />
wie eine durchtrennte Leitung verhält <strong>und</strong> der Strom daher nur<br />
über die beiden Widerstände abfließen kann. Im<br />
Vektordiagramm liegt der für die Gesamtimpedanz<br />
resultierende Vektor auf der x-Achse. Seine Länge entspricht<br />
der Summe aus den Werten für R 1 <strong>und</strong> R 2 . Für sehr hohe<br />
Frequenzen verhält sich der Kondensator dagegen wie ein<br />
Kurzschluß <strong>und</strong> läßt den gesamten Strom durch. Der Vektor für<br />
die Gesamtimpedanz liegt dann wieder auf der x-Achse. Seine<br />
Länge entspricht diesmal aber nur dem Wert für R 1 . Wäre<br />
R 1 =0, so wäre der Vektor für die Gesamtimpedanz auf einen<br />
Punkt im Ursprung geschrumpft. Für alle übrigen Frequenzen<br />
tragen sowohl die resistiven als auch die kapazitiven Anteile<br />
des Schaltkreises zur Gesamtimpedanz bei. Die Vektoren<br />
kommen dann auf einem Halbkreis zu liegen. (Weil häufig<br />
keine induktiven Anteile in Schaltkreisen auftreten, wird der<br />
Betrag von iZ C gegen den Realteil aufgetragen. Der Halbkreis<br />
kommt dann oberhalb der x-Achse zu liegen.)<br />
Die Aussagekraft dieser elektrochemischen Spektroskopieart beruht auf der Annahme, daß<br />
sich jedes System (z.B. Festkörperelektrolyte, gelöste Substanzen, Oberflächenbeschichtungen<br />
etc.) wie ein elektrischer Schaltkreis aus seriell <strong>und</strong> parallel angeordneten Impedanzelementen
(Widerständen, Spulen <strong>und</strong> Kondensatoren, aber auch konstanten Phasenelementen <strong>und</strong><br />
WARBURG-Impedanzen) verhält <strong>und</strong> sich daher über einen Ersatzschaltkreis beschreiben läßt.<br />
Die das System aufbauenden Materialien, ihre Struktur <strong>und</strong> insbesondere ihre physikalischen<br />
Eigenschaften (z.B. Oberflächenrauhigkeit, Porosität) <strong>und</strong> Wechselwirkungen (z.B. an<br />
Phasengrenzen) bestimmen die Art, Größe <strong>und</strong> Anordnung der elektrischen<br />
Impedanzelemente. Voraussetzung für die Auswertbarkeit der Ergebnisse ist ein lineares<br />
Strom-Spannungs-Verhalten des (Redox-) Systems <strong>und</strong> der darin ablaufenden Prozesse, da<br />
ansonsten Wechselstromkurven auftreten, deren positive <strong>und</strong> negative Halbwellen differieren<br />
(<strong>und</strong> sich als eine Art Gleichrichtereffekt bemerkbar machen). Wählt man die Amplitude U 0<br />
des Erregungssignals jedoch klein genug (ca. 2 bis 10mV), kann mit linearen Näherungen<br />
gearbeitet werden. Während der Aufnahme eines Impedanzspektrums muß das (mittlere)<br />
Potential konstant gehalten werden, da die Impedanz eines elektrochemischen Systems<br />
potentialabhängig ist. Die Konstanz des Potentials kann entweder durch eine<br />
Referenzelektrode oder durch die Einführung eines reversiblen Redoxpaares, das als innere<br />
Referenz zwischen zwei Elektroden fungiert, gewährleistet werden. Die angelegte<br />
Wechselspannung variiert dann bei äquimolaren Konzentrationen des Redoxpaares um das<br />
Standardpotential E 0 , das sich spontan an den Elektroden einstellt. Diese Vorgehensweise<br />
gestattet es, Materialien sowie innere Grenzflächen eines elektrochemischen Systems im<br />
Gleichgewichtszustand zu charakterisieren.<br />
2.2.1<br />
.1 Impedanz <strong>und</strong> Ersatzschaltkreis einer elektrochemischen Zelle<br />
In eine physiologische Kochsalzlösung (0,9% NaCl) tauchen drei Elektroden (Arbeits-,<br />
Gegen- <strong>und</strong> Referenzelektrode) parallel zueinander <strong>und</strong> in hinreichend großem Abstand<br />
voneinander ein (Verhinderung, daß die elektrochemische Zelle als Ganzes im meßbaren<br />
Frequenzbereich als Kondensator wirkt, beschreibbar über die sog. geometrische Kapazität).<br />
An der jeweiligen Elektrodenoberfläche bildet sich aufgr<strong>und</strong> elektrostatischer Anziehungen<br />
zwischen der Elektrode <strong>und</strong> den Wassermolekülen bzw. den hydratisierten Ionen in der<br />
angrenzenden Lösung die sog. STERN-Schicht bzw. HELMHOLTZ-Doppelschicht aus. Dieses<br />
elektrochemische Verhalten wird durch einen Plattenkondensator mit der<br />
Doppelschichtkapazität C Ds beschrieben. Zeigt dieser Kondensator eine frequenzabhängige<br />
Phasenverschiebung mit dem Verlustwinkel θ zwischen angelegter Wechselspannung <strong>und</strong><br />
dem gemessenen Wechselstrom, wird er als konstantes Phasenelement CPE bezeichnet. Diese<br />
29
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Frequenzabhängigkeit wird über die mikroskopische (fraktale) Rauhigkeit der<br />
Elektrodenfläche erklärt, die je nach Frequenz eine andereffektive Oberfläche hat. 36<br />
30
Z<br />
CPE<br />
−n<br />
= A⋅ ( i ⋅ω ) mit 0,5 < n < 1<br />
(2-8)<br />
A: systemempirische Variable; ω: Kreisfrequenz der angelegten Wechselspannung [s -1 ]; n: Korrelationsfaktor,<br />
der allgemein zwischen -1 <strong>und</strong> 1 liegen kann. Ist n=1, dann geht Z CPE für A=1/C in die kapazitive Reaktanz Z C<br />
über, d.h. das konstante Phasenelement repräsentiert einen reinen Kondensator; für n=0 <strong>und</strong> A=R ist Z CPE ein<br />
reiner Widerstand; für n=0,5 geht Z CPE in eine WARBURG-Impedanz über, die nachfolgend beschrieben wird; für<br />
n=-1 <strong>und</strong> A=L liegt schließlich eine induktive Reaktanz Z L vor.<br />
Kommt es durch Anlegen einer Wechselspannung zu einem Ladungsdurchtritt aus der<br />
Elektrode in oder durch die Doppelschicht, so läßt sich der Elektronenaustausch über einen<br />
Durchtrittswiderstand R Dt beschreiben. Käme es an der Elektrodenoberfläche aufgr<strong>und</strong> des<br />
Ladungsdurchtritts schließlich zu einem Redoxprozeß, der die Ionenkonzentrationen in<br />
diesem Bereich veränderte, so führte dies zu einer Diffusion von Ionen, je nach<br />
Spannungshalbwelle von der Elektrode weg bzw. zur Elektrode hin. Die resultierenden<br />
Konzentrationsschwankungen setzen sich als gedämpfte Wellen bis zu einer gewissen<br />
Eindringtiefe in den Elektrolyten hinein fort. Dieses diffusionsbestimmte Verhalten läßt sich<br />
mit keinem aus der Elektrodynamik bekannten Impedanzelement beschreiben. Im<br />
Ersatzschaltbild wird dafür die WARBURG-Impedanz Z W verwendet, die als Reihenschaltung<br />
eines Verlustkondensators <strong>und</strong> eines frequenzabhängigen Widerstandes betrachtet werden<br />
kann: 37 ( )<br />
σ<br />
R⋅T<br />
⎛ 1 1 ⎞<br />
ZW<br />
= 1− i ⋅ mit σ =<br />
⋅ +<br />
2 2<br />
⎜ ⎟<br />
ω n ⋅ F ⋅ A⋅ 2 ⋅ D ⎝ c c ⎠<br />
O<br />
R<br />
(2-9)<br />
ω: Kreisfrequenz [s -1 ]; R: Allgemeine Gaskonstante 8,31451 [J·mol -1·K -1 ]; T: absolute Temperatur [K]; n: Zahl<br />
der am Redoxprozeß beteiligten Elektronen; F: FARADAY- Konstante 964853·10 4 [C·mol -1 ]; A: Elektrodenfläche<br />
[cm 2 ]; D: Diffusionskoeffizient der Verbindung [cm 2·s -1 ]; c O , c R : Konzentration der Verbindung in oxidierter <strong>und</strong><br />
reduzierter Form [mol·l -1 ]<br />
Schließlich werden aus dem Inneren der Lösung weitere solvatisierte Ionen zu den Elektroden<br />
transportiert. Der dabei zu überwindende Widerstand der Lösung ( STOKEsche Reibungskräfte,<br />
elektrostatische Wechselwirkungen) ist dem eines ohmschen Widerstandes R E vergleichbar.<br />
Diese Elemente setzen sich in dem das Gesamtsystem beschreibenden Ersatzschaltbild<br />
zusammen, wobei die Referenzelektrode nicht berücksichtigt wurde. Abbildung ( 17)<br />
31
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Elektrolyt/Arbeitselektroden-Grenzfläche<br />
Elektrolyt/Gegenelektroden-Grenzfläche<br />
C DS<br />
C DS<br />
R<br />
E<br />
R<br />
Dt<br />
Z<br />
W<br />
R<br />
Dt<br />
Abbildung 17: Ersatzschaltbild für das Gesamtsystem (Berücksichtigung des schraffierten Ersatzschaltkreises) <strong>und</strong><br />
Ersatzschaltbild für das Gesamtsystem unter Vernachlässigung des Impedanzanteils der Gegenelektrode: RANDELS-<br />
Ersatzschaltkreis (Vernachlässigung des schraffierten Bereiches) .<br />
Wählt man die Gegenelektrode groß genug, so läßt sich ihr Impedanzanteil vernachlässigen.<br />
Das Ersatzschaltbild vereinfacht sich dann zu dem nach RANDELS benannten Ersatzschaltbild,<br />
das die geometrische Kapazität, die sich zwischen gegenüber angeordneten Metallelektroden<br />
ergibt, die endliche Aufladungsgeschwindigkeit der Doppelschichtkapazitäten <strong>und</strong> die<br />
endliche Zellgeometrie vernachlässigt.<br />
2.3<br />
Verwendete Materialien<br />
Die vom Institut für Biomedizinische Technik (IBMT), Abteilung Sensor<br />
Systeme/Mikrosysteme, der Fraunhofer-Gesellschaft in St. Ingbert, Saarland, zur Verfügung<br />
gestellten Mikroelektrodenstrukturen (dice, Einzahl: die) sind auf gepreßten Al 2 O 3 -<br />
Keramikträgern aufgebracht (Widerstand: 10 12 Ω). Der Träger ist mit 10 in<br />
Dickschichttechnik hergestellten Leiterbahnen aus einer Silber/Palladiumlegierung versehen,<br />
die am Ende mit aufgelöteten Mikrosteckern kontaktiert werden können. Zwischen den<br />
Leiterbahnen befindet sich ein Dielektrikum. Die dice selbst sind über Golddrähte (wedgebond-Technik)<br />
mit den vergoldeten Leiterbahnenden auf dem Träger kontaktiert.<br />
Silikonkautschuk bedeckt die Kontaktierung, die dadurch auch gegen mechanische Einflüsse<br />
geschützt ist. Die zum Einsatz gekommenen Mikroelektrodenstrukturen haben folgende<br />
Abmessungen:<br />
32
Gesamtabmessungen 1510·1510µm 2<br />
Diaphragmafläche 800·800µm 2<br />
Lötfelder 150·150µm 2<br />
222µm Mittenabstand<br />
50µm Kantenabstand<br />
Elektroden 9·7696µm 2<br />
Leiterbahnen<br />
20µm Breite<br />
Durchgangslöcher<br />
(via-holes)<br />
24·24µm 2<br />
36µm Mittenabstand<br />
Gegenelektrode<br />
81200µm 2 geometrische<br />
Größe, 80µm Breite<br />
Abbildung 18: Rückansicht einer<br />
Mikroelektrodenstruktur. 2 Zu sehen ist das 300µm<br />
starke Substrat aus Silizium, aus dem auf der<br />
Rückseite naßchemisch (KOH) ein Fenster der<br />
Größe 800·800µm 2 auf eine Membranstärke von<br />
10µm heruntergeätzt wurde.<br />
Das Mikroelektrodensubstrat ist p-dotiertes Silizium (100), das mit KOH naßchemisch auf<br />
eine Stärke von 300µm nach dem Zeitätzverfahren heruntergeätzt wird. Eine Schichtfolge aus<br />
Siliziumdioxid, Siliziumnitrid <strong>und</strong> Siliziumdioxid dient als Isolation <strong>und</strong> Passivierung,<br />
hergestellt nach dem PECVD-Verfahren (Plasma Enhanced Chemical Vapour Deposition).<br />
Titan als Haftvermittler <strong>und</strong> Platin als eigentliches Elektrodenmaterial wurden über<br />
Elektronenstrahlverdampfung durch eine Maske auf das Silizium in einer Stärke von<br />
insgesamt 330nm aufgedampft. Eine weitere Passivierungsschicht aus Siliziumnitrid (420nm)<br />
bedeckt die Elektroden, die photolithographisch nach dem RIE-Prozeß (Reactive Ion Etching)<br />
selektiv wieder freigelegt werden. Anschließend werden die Durchgangslöcher von der<br />
Oberseite aus naßchemisch vorgeätzt. In einer Stickstoff durchfluteten Ätzbox wird<br />
33
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
schließlich naßchemisch der Diaphragma-Ausschnitt von 800·800µm 2 aus der Rückseite der<br />
Struktur auf eine Stärke von 10µm heruntergeätzt.<br />
3 Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion<br />
3.1<br />
Elektrodencharakterisierung über Impedanzspektroskopie<br />
An den Mikroelektrodenstrukturen (dice) des IBMT wurden im unbehandelten Zustand sowie<br />
nach Reinigung <strong>und</strong> elektrochemischer Modifikation wie metallischer Belegung <strong>und</strong><br />
Oxidation Impedanzmessungen vorgenommen, die zu nachfolgend dargestellten Ergebnissen<br />
führten. Als Meßapparatur kam eine Dreielektroden-Anordnung aus Arbeitselektrode<br />
(Mikroelektrodenstruktur), Gegenelektrode (Platin-Blech der Abmessungen 5·20mm) <strong>und</strong><br />
Referenzelektrode (Ag/AgCl-Draht) zum Einsatz. Diese Meßzelle war über einen<br />
Potentiostaten bidirektional über einen davorgeschalteten Lock-In-Verstärker der Firma<br />
EG&G Princeton Applied Research mit einem 386´er PC verb<strong>und</strong>en, auf dem ein<br />
Auswerteprogramm der selben Firma die Impedanzen bestimmte. Der Lock-In-Verstärker<br />
hatte lediglich die Aufgabe, die Meßfrequenz sauber herauszufiltern, um den Phasenwinkel<br />
zwischen angelegter Spannung <strong>und</strong> gemessener Stromantwort eindeutig bestimmen zu<br />
können. Die Meßparameter waren: Frequenzbereich: 100kHz bis 1 Hz mit 5 Meßpunkten pro<br />
Dekade; Wechselspannungsamplitude: 10mV; automatische Stromregulation; Elektrolyt war<br />
immer eine 0,9%ige, d.h. physiologische Kochsalzlösung.<br />
Dreielektroden-<br />
Meßanordnung mit<br />
Arbeitselektrode<br />
(die), Pt-Gegenelektrode<br />
<strong>und</strong><br />
Ag/AgCl-Referenzelektrode<br />
EG&G<br />
Potentiostat /<br />
Galvanostat<br />
Modell 273<br />
Computer mit<br />
EG&G<br />
Impedanzprogramm<br />
Modell 370<br />
Lock-In<br />
Verstärker<br />
Abbildung 19: Schematischer Versuchsaufbau für die Impedanzspektroskopie.<br />
34
Die Gesamtimpedanz der unbehandelten dice stieg linear mit fallender Frequenz von 10 3 Ω<br />
(100kHz) bis 10 8 Ω (1Hz). Der Phasenwinkel bewegte sich wellenförmig im Bereich zwischen<br />
65° <strong>und</strong> 85°. (Die Wellenform ist ein Meßartefakt: wird eine neue Frequenzdekade erreicht,<br />
muß die Stromamplitude neu an das Spannungssignal angepaßt werden; für kleine Signale<br />
führt das aufgr<strong>und</strong> der nicht hinreichenden Auflösung des Gerätes zu diesem Wellenverhalten<br />
des Phasenwinkels.) Dieses Ergebnis entspricht nach Simulationsdaten am ehesten einer<br />
Parallelschaltung aus hohem Durchtrittswiderstand (glatte Oberfläche eines polarisierbaren<br />
Materials: 9,51·10 7 Ω) <strong>und</strong> kleinem konstantem Phasenelement (relativ geringe Oberfläche:<br />
4,57·10 -8 Fs (n-1) , n: 0,90), das in Reihe mit einem Elektrolytwiderstand (4,79·10 2 Ω) geschaltet<br />
ist.<br />
2<br />
4,79·10 Ω<br />
9,51·10 Ω<br />
-8 (n-1)<br />
9,51·10 Fs<br />
7<br />
n: 0,90<br />
Abbildung 20: Simulierter Ersatzschaltkreis für die<br />
unbehandelte Gegenelektrode der eingesetzten<br />
Mikroelektrodenstruktur. Meßergebnisse <strong>und</strong><br />
Simulationsdaten sind in Abbildung 24<br />
übereinandergelegt.<br />
35
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
1.00E+09<br />
Z [Ohm] Pin01 [ohm]<br />
Z [Ohm] Pin02 [ohm]<br />
Z [Ohm] Pin03 [ohm]<br />
1.00E+08<br />
Z [Ohm] Pin04 [ohm]<br />
Z [Ohm] Pin05 [ohm]<br />
Z [Ohm] Pin06 [ohm]<br />
Z [Ohm] Pin07 [ohm]<br />
1.00E+07<br />
Z [Ohm] Pin08 [ohm]<br />
Z [Ohm] Pin09 [ohm]<br />
Z [Ohm] Pin10 [ohm]<br />
1.00E+06<br />
Gesamtimpedanz Z [ ]<br />
1.00E+05<br />
1.00E+04<br />
1.00E+03<br />
1.00E+02<br />
1.00E+01<br />
1.00E+00<br />
1.00E+00 2.51E+00 6.31E+00 1.58E+01 3.98E+01 1.00E+02 2.51E+02 6.31E+02 1.58E+03 3.98E+03 1.00E+04 2.51E+04 6.31E+04<br />
Frequenz ν [Hz]<br />
Abbildung 21: BODE-Plot der Gesamtimpedanz der einzelnen Fensterelektroden <strong>und</strong> der Gegenelektrode der<br />
unbehandelten Mikroelektrodenstruktur. Die Impedanz der auf der Struktur untergebrachten Gegenelektrode liegt<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer Größe in der Regel um mindestens eine Größenordnung unter der Impedanz eines<br />
Elektrodenfensters. Der Impedanzverlauf ist hier linear <strong>und</strong> liegt für niedrige Wechselspannungsfrequenzen<br />
relativ hoch.<br />
36
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
Phasenwinkel [°]<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1.00E+00<br />
1.58E+00<br />
2.51E+00<br />
3.98E+00<br />
6.31E+00<br />
1.00E+01<br />
1.58E+01<br />
2.51E+01<br />
3.98E+01<br />
6.31E+01<br />
1.00E+02<br />
1.58E+02<br />
2.51E+02<br />
3.98E+02<br />
6.31E+02<br />
1.00E+03<br />
1.58E+03<br />
2.51E+03<br />
3.98E+03<br />
6.31E+03<br />
1.00E+04<br />
1.58E+04<br />
2.51E+04<br />
3.98E+04<br />
6.31E+04<br />
1.00E+05<br />
phi [°] Pin01 [ohm]<br />
phi [°] Pin02 [ohm]<br />
phi [°] Pin03 [ohm]<br />
phi [°] Pin04 [ohm]<br />
phi [°] Pin05 [ohm]<br />
phi [°] Pin06 [ohm]<br />
phi [°] Pin07 [ohm]<br />
phi [°] Pin08 [ohm]<br />
phi [°] Pin09 [ohm]<br />
phi [°] Pin10 [ohm]<br />
Frequenz ν [Hz]<br />
Abbildung 22: Frequenzverlauf des Phasenwinkels für die einzelnen Elektrodenfenster <strong>und</strong> die Gegenelektrode<br />
auf der Mikroelektrodenstruktur. Die Wellenstruktur ist auf das nicht hinreichende Auflösungsvermögen der<br />
Meßanordnung zurückzuführen. Beim Erreichen jeder neuen Frequenzdekade kommt es daher zu einem<br />
Anwachsen des Phasenwinkels.<br />
37
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
1.00E+09<br />
1.00E+08<br />
1.00E+07<br />
1.00E+06<br />
1.00E+05<br />
- Z´´<br />
1.00E+04<br />
1.00E+03<br />
1.00E+02<br />
1.00E+01<br />
|Z"| Pin01 [ohm]<br />
|Z"| Pin02 [ohm]<br />
|Z"| Pin03 [ohm]<br />
|Z"| Pin04 [ohm]<br />
|Z"| Pin05 [ohm]<br />
|Z"| Pin06 [ohm]<br />
|Z"| Pin07 [ohm]<br />
|Z"| Pin08 [ohm]<br />
|Z"| Pin09 [ohm]<br />
|Z"| Pin10 [ohm]<br />
1.00E+00<br />
1.00E+00 1.00E+01 1.00E+02 1.00E+03 1.00E+04 1.00E+05 1.00E+06 1.00E+07 1.00E+08<br />
Z´<br />
Abbildung 23: ARGAND- oder NYQUIST- Diagramm, in dem der Imaginärteil der Impedanz, der sich aus<br />
kapazitiven <strong>und</strong> hier nicht zu erwartenden induktiven Anteilen zusammensetzt, gegen den Realteil der Impedanz,<br />
der einen Widerstand repräsentiert, aufgetragen ist.<br />
38
Gesamtimpedanz Z [Ω]<br />
Phasenwinkel [°]<br />
Frequenz [Hz]<br />
Abbildung 24: Impedanzen <strong>und</strong> Verlauf des Phasenwinkels der Gegenelektrode auf einer unbehandelten<br />
Mikroelektrodenstruktur: Meßdaten <strong>und</strong> Simulationsdaten eines Ersatzschaltkreises mit den im Text genannten<br />
Schaltkreiselementen kommen mit geringer relativer Abweichung aufeinander zu liegen.<br />
Die parasitäre Kapazität der Leiterbahnen auf dem Keramikträger fließt offenbar nicht in das<br />
Meßergebnis mit ein. Mit der Simulation eines R(RC)R(RC)- bzw R(RC)(RC)- Schaltkreises<br />
(wobei die Elemente in den r<strong>und</strong>en Klammern immer parallel angeordnet sind) für eine<br />
doppelte Grenzschicht (Elektroden <strong>und</strong> Leiterbahnen) mit <strong>und</strong> ohne Zwischenwiderstand<br />
ließen sich die Meßdaten nicht angleichen. Die Annahme, daß die Elektroden mit einer<br />
Passivierungsschicht belegt seien <strong>und</strong> damit nicht in direktem Kontakt mit der Saline stehen,<br />
konnte ausgeschlossen werden: Zunächst wurden die Strukturen in Aceton, Isopropanol <strong>und</strong><br />
Wasser im Ultraschall gereinigt. (Die Reinigung im Ultraschall ist im allgemeinen nicht<br />
ratsam, da die fragile Membran der Mikroelektrodenstruktur leicht zerbricht.) Diese<br />
Reinigungsprozedur führte zu keiner Veränderung des Impedanzverhaltens, wohl aber die<br />
elektrolytische Belegung mit Silber, deren Ablauf <strong>und</strong> Auswirkung auf das Impedanzverhalten<br />
in den „erwünschten“ Bereich weiter unten diskutiert wird. Nach elektrolytisch-oxidativem<br />
Ablösen der Silberschicht zeigten die Elektroden wieder exakt das ursprünglich hohe, lineare<br />
Impedanzverhalten der unbehandelten Strukturen. Eine Behandlung der Elektroden mit<br />
20%iger HCl-Lösung über drei St<strong>und</strong>en führte zu einer reversiblen Herabsetzung der<br />
Impedanzen um eine Größenordnung, wobei der lineare Verlauf erhalten blieb. Allgemein läßt<br />
sich sagen, daß die kontaktierten Elektrodenfenster auf den Mikroelektrodenstrukturen in der<br />
Regel untereinander nahezu gleiches Impedanzverhalten zeigen. Aufgr<strong>und</strong> der fast 20fach<br />
39
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
größeren Oberfläche der on-chip-Gegenelektrode gegenüber den einzelnen Elektrodenfenstern<br />
um die Durchgangslöcher liegt ihre Impedanz normalerweise mindestens um eine<br />
Größenordnung unterhalb der der Elektrodenfenster.<br />
3.2<br />
Modifikation der Elektrodenstrukturen<br />
Da Iridiumoxid eine hohes Ladungsübertragungsvermögen sowie gute<br />
Biokompatibilitätseigenschaften aufweist, war es ein Anliegen, zunächst Iridium<br />
elektrolytisch auf den vorgegebenen Mikroelektrodenstrukturen abzuscheiden <strong>und</strong><br />
anschließend ebenfalls elektrochemisch zum Iridiumoxid zu oxidieren.<br />
In der Literatur werden fünf verschiedene Verfahren zur Erzeugung von Iridiumoxidfilmen<br />
erwähnt. Die elektronischen Eigenschaften der gebildeten Iridiumoxidschichten, die als<br />
„aktiviertes Iridium“ bezeichnet werden, sind z.T. unterschiedlich. Im einzelnen werden<br />
folgende Aktivierungsverfahren unterschieden:<br />
A(E)IROFs (Anodically Electrodeposited Iridium Oxid Films): Oxidative<br />
zyklovoltammetrische Bildung von Iridiumoxid aus Iridium in H 2 SO 4 -saurer, Na 2 SO 4 - oder<br />
Phosphat-gepufferter (PBS) Lösung. [Parameter: 0,5M H 2 SO 4 , -0,25V bis +1,25V, 150mV/s,<br />
130 Zyklen 38, 39, 40 ; 0,5M H 2 SO 4 , 0V bis +1,5V, 100mV/s, 4 St<strong>und</strong>en 39 ; PBS, 0,05V bis 1,45V<br />
(RHE: Reversible Hydrogen Electrode), 100mV/s, 10/20/120 min 41 ; 0,5M H 2 SO 4 , -0,64V bis<br />
+0,81V (SCE: Saturated Calomel Electrode), 2V/s 3 ; <strong>und</strong> nicht genannt 42 ].<br />
SIROFs (Sputtered IRidium Oxide Films): Sputtern von Iridiummetall auf eine<br />
43, 44, 45<br />
Substratunterlage in einer oxidierenden Gasatmosphäre.<br />
TIROFs (Thermally Oxidized IRidium Oxide Films): Abscheidung von Iridiumoxid auf einer<br />
Substratunterlage durch Elektronenstrahlverdampfung von IrCl 3 aus einem Graphitgefäß in<br />
Gegenwart eines oxidierenden Sauerstoffstroms.<br />
46<br />
MODE (Modification by Oxide DEposition) oder Sol-Gel-Prozeß: Auftragen einer in Alkohol<br />
gelösten organischen Iridiumverbindung oder wäßrigen Iridiumchlorid-Lösung auf Pt/Ti-<br />
Kontakte, Eintrocknen der Lösung an Luft <strong>und</strong> anschließendes Erhitzen auf 350-500°C über<br />
47, 48<br />
einige Minuten bis St<strong>und</strong>en.<br />
40
DTA (DifferenzThermoAnalyse): Lineares Hochheizen einer Iridiumprobe unter oxidativen<br />
Bedingungen. 49<br />
3.2.1<br />
.1 Oxidation von Iridium<br />
Zur generellen Beurteilung der zyklovoltammetrischen Aktivierung von Iridium, d.h. der<br />
Bildung einer Iridiumoxidschicht auf Iridium, wurde in Vorversuchen ein 5mm langer<br />
Iridiumdraht mit einem Durchmesser von 0,2mm über zyklisch verlaufende Spannungsrampen<br />
von 0V bis +1,25V in 0,5M H 2 SO 4 , in 1N HClO 4 , in 1N KOH-alkalischer 15%iger H 2 O 2 -<br />
Lösung sowie in 0,5N HNO 3 , wie in der Literatur beschrieben, oxidiert. Diese Prozedur führte<br />
zu keiner mit dem bloßem Auge sichtbaren Veränderung des Drahtes. Allerdings ließ sich das<br />
Aufwachsen einer Oxidschicht über den bei der Oxidation geflossenen Strom im I/U-<br />
Diagramm verfolgen.<br />
Exemplarisch wird dies an einem polierten, freiliegenden Endes eines ansonsten mit<br />
Epoxidharz isolierten Iridiumdrahtes gezeigt. Die effektive Oberfläche des 0,2mm starken<br />
Drahtes betrug 0,0628mm 2 . Wie zu erkennen ist, wachsen in 0,5M H 2 SO 4 zwischen den<br />
Potentialschranken von -0,25V <strong>und</strong> +1,25V die während der Redoxvorgänge fließenden<br />
positiven wie auch negativen Stöme bis zu einem Grenzwert nach etwa 1500 Zyklen an.<br />
3x10 -6<br />
2x10 -6<br />
3x10 -6<br />
Zyklus 10<br />
Zyklus 2000<br />
Strom [A]<br />
1x10 -6<br />
-1x10 -6 0<br />
Strom [A]<br />
2x10 -6<br />
1x10 -6<br />
0<br />
-2x10 -6<br />
-0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2<br />
Spannung [V]<br />
-1x10-6<br />
0<br />
5<br />
Zeit [s]<br />
10<br />
15<br />
20<br />
0,60,81,01,2<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,0<br />
-0,2<br />
-0,4<br />
Spannung [V]<br />
Abbildung 25: Strom/Spannungskurve der Oxidation eines polierten Iridiumdrahtes mit dem Durchmesser von<br />
0,2mm. In der dreidimensionalen Darstellung rechts, in der nur die Zyklen N°10 <strong>und</strong> N°2000 der<br />
Übersichtlichkeit halber berücksichtigt sind, ist in der x,y-Ebene die Spannungsrampe zu sehen. In der x,z-<br />
Ebene ist der zeitliche Stromverlauf zu erkennen, in der y,z-Ebene der hier interessierende Strom/Spannungs-<br />
Verlauf, der links davon noch einmal zweidimensional über mehrere Zyklen aufgetragen wurde. Wie in der<br />
Literatur vorgestellte Untersuchungen vorschlagen, wächst mit jedem Oxidationsvorgangs die an der<br />
41
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Oberfläche gebildete Oxidschicht weiter in den Metalldraht hinein, die während des Reduktionsvorgangs nicht<br />
mehr ganz zum Metall reduziert werden kann. Über die gebildete Oxidschicht mit ihrer größeren<br />
Austauschstromdichte gegenüber dem reinen Iridium können damit in jedem folgenden Zyklus höhere<br />
Oxidationsströme zur parallel verlaufenden Sauerstoffbildung in den Elektrolyten abfließen. Eine alternative<br />
Erklärung des Strom/Spannungsverlaufs ist denkbar <strong>und</strong> wird im Text diskutiert.<br />
Folgende Erklärungen sind denkbar: Zum einen könnte sich eine Iridiumoxidschicht bilden,<br />
die ein größeres Ladungsabgabevermögen (charge delivery capacity oder reversible charge<br />
injection limit) als reines Iridium hat, wie es der Literatur auch zu entnehmen ist. D.h. über<br />
eine Iridiumoxid/Elektrolyt-Grenzschicht lassen sich mehr Ladungen pro geometrischer<br />
Elektrodenfläche übertragen als über eine Iridium/Elektrolyt-Grenzschicht. Je dicker die<br />
Oxidschicht also wird, desto mehr Ladung kann an ihrer Grenzschicht auch pro geometrischer<br />
Elektrodenoberfläche übertragen werden. Das Ladungsabgabevermögen berechnet sich aus<br />
der Fläche unter dem Oxidationsstrom, geteilt durch die geometrische Oberfläche der<br />
Elektrode, <strong>und</strong> wird in mC/cm 2 angegeben. (Es ist bei der Berechnung zu berücksichtigen, daß<br />
die Spannungsachse proportional zum Zeitraum ist, über den die Oxidationsspannung<br />
angelegt wird. Da man die Spannungsanstiegsrate (scan rate) vorgibt, muß zur Berechnung<br />
des Ladungsabgabevermögens nur die Spannungsachse in eine Zeitachse umgerechnet<br />
werden; damit ergibt sich dann die Einheit mAs/cm 2 =mC/cm 2 =Fläche unter der<br />
Kurve/geometrische Oberfläche der Elektrode.) Das Anwachsen des Stromes wäre also ein<br />
Indiz für die Zunahme der Oxidschichtdicke. Das hieße, daß sich während des<br />
Oxidationsschrittes mehr Oxid bildet, als während des Reduktionsschrittes wieder reduziert<br />
werden kann, es sich also um einen nicht vollständig reversiblen Vorgang handelt. Dies ist die<br />
gängige, in der Literatur zitierte Meinung. Allerdings scheint der Reduktionsstrom in<br />
gleichem Maße wie der Oxidationsstrom anzuwachsen, was nicht der Fall wäre, wenn die<br />
Reduktion im Vergleich zur Oxidation unvollständig abliefe. Es ist bekannt, daß Iridiumoxid<br />
eine geringere Dichte als reines Iridium hat, sich bei dessen Bildung also automatisch die<br />
Oberfläche vergrößert, d.h. sich die makroskopische Packungsstruktur an der Oberfläche<br />
während der Oxidation verändert. Denkbar wäre also alternativ, daß sich bei der Reduktion<br />
nicht mehr die ursprüngliche Oberflächenstuktur zurückbildet, zumal sich der bei der<br />
Oxidation bildende Sauerstoff als kleine Gasblasen in die Oxidschicht einlagern kann <strong>und</strong><br />
damit rein mechanisch die Zunahme der ursprünglichen makroskopischen Dichte des Iridiums<br />
verhindert. Eine reine Vergrößerung der Oberfläche führte in gewissen Grenzen allein auch zu<br />
einer Erhöhung der Anzahl der an der Grenzschicht austauschbaren Ladungen. Es läßt sich an<br />
der Stromliniendichte erkennen, daß der Strom bis zum 1500sten Zyklus anwächst, danach<br />
aber ein Plateauverhalten zeigt, d.h. bei einem bestimmten Redoxmuster stagniert. Dies wiese<br />
42
darauf hin, daß sich nach einer gewissen Anzahl an Redoxzyklen die makroskopische<br />
Oberfläche aufgr<strong>und</strong> der reversiblen Oxidbildung strukturell derart verändert hat, daß an ihr<br />
die maximal denkbare Anzahl an Ladungen ausgetauscht werden kann. Da das<br />
Ladungsabgabevermögen auf die geometrische <strong>und</strong> nicht die effektive Oberfläche bezogen<br />
wird, ist im Einzelfall aber nicht direkt zu entscheiden, zu welchem Anteil das Anwachsen des<br />
Stromes von der Vergrößerung der effektiven Elektrodenoberfläche bzw. von der Änderung<br />
des Ladungsabgabevermögens des nicht gänzlich reversibel gebildeten Oxids bestimmt wird.<br />
Daher ist es an dieser Stelle nicht ohne weitere spektroskopische Untersuchungen, die das<br />
Vorhandensein <strong>und</strong> die Dicke der gebildeten Oxidschicht zu bestimmen vermögen, möglich,<br />
eine eindeutige Aussage zu treffen. Lediglich soviel kann gesagt werden: ab dem 1500sten<br />
Zyklus verändert sich die Dicke der Oxidschicht <strong>und</strong>/oder die effektive Oberfläche nicht<br />
mehr. Offenbar wird ab einer gewissen Dicke der Oxidschicht während eines Redox-Zyklus<br />
gleich viel Oxid gebildet, wie im Reduktionsschritt wieder reduziert wird, sei es nun bereits<br />
während des ersten Redox-Zyklus oder nach einem bestimmten Grenzzyklus.<br />
3.2.2<br />
Abscheidung von Iridium <strong>und</strong> Iridiumoxid über Elektronenstrahlverdampfung<br />
Als Alternative zur elektrolytischen Abscheidung von Ir aus einer wässrigen IrCl 3 -Lösung<br />
wurde die Elektronenstrahlverdamfung des IrCl 3 aus einem Bornitrid-Tiegel in einer partiellen<br />
Sauerstoffatmosphäre ausprobiert. Als Target dienten sowohl die Mikroelektrodenstrukturen<br />
als auch ein Platinblech. Der Sauerstoffdruck in der Kammer wurde auf 8·10 -4 mbar<br />
eingestellt. Nach insgesamt 40 Minuten hatte sich bei einer Spannung von 4kV zwischen<br />
Heizfilament <strong>und</strong> Probe <strong>und</strong> einem Stromfluß von 50 mA eine blauschimmernde Schicht auf<br />
den Proben abgeschieden, deren Dicke unterhalb von 20nm liegt. (Für eine genaue Verfolgung<br />
des Schichtdickenzuwachses über einen Schwingquarz fehlte der Wert für die akustische<br />
Impedanz des Iridiumoxids.) Eine XPS-Messung an der Schicht ist geplant, aus zeitlichen<br />
Gründen jedoch noch nicht durchgeführt worden. Nachteile dieser Methode sind ihr<br />
Zeitaufwand <strong>und</strong> die Nachbehandlung. Will man nicht mit einer Maske arbeiten, die die<br />
Abscheidung nur auf den Elektrodenfenstern gestattet, gestaltet sich der lift-off-Prozeß des auf<br />
den Siliziumzwischenräumen abgeschiedenen Iridiumoxids relativ schwierig, da die<br />
Siliziummembran mit den Elektrodenfenstern <strong>und</strong> den Durchgangslöchern leicht beschädigt<br />
wird oder ganz zerbricht.<br />
43
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
3.2.3<br />
.3 Zyklovoltammetrische Metallabscheidung<br />
Beim Versuch, Iridium aus einer HCl-sauren (ca. 15%), wäßrigen IrCl 3·(HCl) X·(H 2 O) X -<br />
Lösung (0,01M, Fluka Chemikalien) auf den Elektroden zyklovoltammetrisch (Potentiostat<br />
Modell 274 mit zugehöriger Steuersoftware M270 der Firma EG&G Princeton Applied<br />
Research, -0,2V bis -0,56V; 0 Sek<strong>und</strong>en Peak-Potentialverweilzeit ( vertex-time), 200mV/s<br />
Scan-Rate, 20mV Inkremente, 50 Zyklen, variabler Stromfluß, Ag/AgCl-Draht<br />
Referenzelektrode, Pt-Blech Gegenelektrode) abzuscheiden, wurde statt des Iridiums aus der<br />
Lösung entweder das aus den zuführenden Leiterbahnen (Pd/Ag-Legierung) auf dem<br />
Trägermaterial <strong>und</strong>/oder möglicherweise sogar das von der Ag/AgCl-Referenzelektrode in<br />
Lösung gegangene Silber auf den Elektroden der Mikroelektrodenstruktur zum Metall<br />
reduziert. (Die Leiterbahnen auf dem Al 2 O 3 -Keramikträger waren nicht hinreichend gegen<br />
Säureangriff geschützt. Die Säure zersetzte nach einer Weile die<br />
Siliziumdioxid/Siliziumnitrid-Deckschicht <strong>und</strong> löste die Leiterbahnen auf. Eine zusätzliche<br />
Isolationsschicht aus 2-Komponenten-Kleber unterband den Säureangriff. Allerdings ist<br />
dieses Konzept keine zuverlässige Isolationsmethode, da der Kleber zwar lange, aber auch<br />
nicht dauerhaft auf der Keramikunterlage haftet. Die Lösung konnte die Klebestelle teilweise<br />
unterkriechen. Der mit Silberchlorid belegte Silberdraht als Referenzelektrode war nicht durch<br />
eine Glasfritte von dem eigentlichen Elektrolyten getrennt. Daher konnte das Silber überhaupt<br />
ionisch in Lösung gehen, obwohl sich eher erwarten ließ, daß es sich sofort als<br />
Silberchloridniederschlag am Silberdraht selbst oder am Gefäßboden <strong>und</strong> nicht nach<br />
Reduktion zum Silber auf den Elektrodenfenstern abschied.) Nach Identifizierung dieses<br />
Fehlers durch Nachweis des Silbers im EDX-Spektrum (Energy Dispersive X-rax analysis), in<br />
dem kein Iridium zu sehen war (Abbildung 26), <strong>und</strong> Ausschluß desselben gelang es in der<br />
verbliebenen Zeit nicht mehr, die für die Iridiumabscheidung geeigneten Bedingungen<br />
ausfindig zu machen, obwohl ein Patent VON C. L. BYERS, P. ZIMMERMAN, P. FEINSTEIN UND<br />
M. SUTTER 50 gr<strong>und</strong>sätzlich diesen Weg der elektrolytischen Iridiumabscheidung als<br />
Möglichkeit beschreibt. Ihre Ergebnisse ließen sich allerdings mit den oben beschriebenen<br />
Geräten, über die sich auch amperostatisch Strompulse erzeugen lassen, im vorgegebenen<br />
Zeitrahmen nicht verifizieren.<br />
44
elative Intensität<br />
Energie [keV]<br />
Abbildung 26: EDX-Spektrum der mit Silber belegten Mikroelektrodenstruktur. Aufgetragen sind die relative<br />
Signalintensität gegen die Energie des emittierten Röntgenquants. Deutlich zu sehen ist der Peak für Silber (OZ:<br />
47), nicht dagegen der für Iridium (OZ: 77).<br />
Als Ursache für die gehemmte Reaktivität des Iridiums in den Oxidationsstufen +III (im<br />
neutralen <strong>und</strong> basischen) <strong>und</strong> +IV (in HCl-saurer Lösung) wird die Bildung eines stabilen<br />
Hexaquakomplexes genannt. 51 Die ursprüngliche Idee war es, durch Umkomplexierung<br />
(Hexachlorokomplex) die Reaktivität zu erhöhen. Man muß von einer kinetischen Hemmung<br />
ausgehen, da sich das Iridiumchlorid chemisch leicht zum nachtblauen Iridiumoxid umsetzen<br />
(Oxidation mit H 2 O 2 ) bzw. als Fluorid mit NaF fällen läßt.<br />
45
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Folgende Lösungen wurden mit dem Iridiumchlorid angesetzt:<br />
Lösungsmittel<br />
IrCl 3 0,01M <strong>und</strong> HCl (15%): Sherry-braun<br />
klar löslich<br />
neutrale IrCl 3 -Lösung: 0,01M: grünbraun<br />
löslich<br />
IrCl 3 in 97%iger Schwefelsäure: schlecht<br />
löslich<br />
IrCl 3 in wasserfreiem Acetonitril: (etwas)<br />
löslich (rötlich); Leitsalz: Tetrabutylammoniumperchlorat<br />
IrCl 3 in wasserfreiem Ethanol: Sherry-braun<br />
löslich<br />
IrCl 3 in stark ammoniakalischer Lösung: olivklar<br />
löslich<br />
IrCl 3 in stark alkalischer Lösung (KOH) mit<br />
<strong>und</strong> ohne Wasserstoffperoxid<br />
Erwartungen<br />
Bildung eines Hexachlorokomplexes des<br />
3<br />
Iridiums: Ir(III)Cl 6 oder Ir(IV)Cl 2 6 , der<br />
sich kathodisch leichter als der<br />
Hexaquakomplex reduzieren ließe<br />
Oxidatives Potential zwischen 0 <strong>und</strong> bis zu<br />
+10V, um gleich IrO 2 auf der Oberfläche<br />
abzuscheiden. (Anhaltspunkt war die einfach<br />
durchzuführende chemische Oxidation einer<br />
wäßrigen IrCl 3 -Lösung mit H 2 O 2 .)<br />
Zerstörung des Hexaquakomplexes aus dem<br />
Restwasseranteil in dem vorliegenden Salz<br />
durch die stark wasserentziehende Wirkung<br />
der konzentrierten Schwefelsäure<br />
Abscheidung aus wasserfreier Umgebung<br />
Abscheidung aus wasserfreier Umgebung<br />
Bildung eines Komplexes mit geringerer<br />
Überspannung<br />
Bildung eines Komplexes mit geringerer<br />
Überspannung; chemische Unterstützung<br />
über das Wasserstoffperoxid<br />
Das Silber schied sich als schwarzer, samtiger Belag (ähnlich dem Platinmoor), wie<br />
gewünscht, genau auf den Fensterstrukturen, nicht aber auf den ableitenden Bahnen der<br />
Mikroelektrodenstruktur ab. Im noch feuchten Zustand haftet das Silber allerdings nicht sehr<br />
fest auf der glatten Platinunterlage <strong>und</strong> läßt sich mechanisch (Wischen, Kratzen) relativ leicht<br />
wieder von den Elektroden entfernen. Erst in trockenem Zustand unterstützt sich wohl die<br />
46
Schicht zweidimensional von selbst <strong>und</strong> haftet damit besser auf der Oberfläche. Das<br />
Impedanzverhalten veränderte sich dramatisch in Richtung der erwarteten Werte: 10 2 Ω<br />
(100kHz) bis 10 4 Ω (1Hz) mit einem nichtlinearen Anstieg.<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
47
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Abbildung 27: REM-Aufnahmen eines mit Silber nach obigem Prozeß belegten Pt-Elektrodenfensters (Pin N°<br />
07, Bilder A,B,C <strong>und</strong> D) <strong>und</strong> der Gegenelektrode (Pin N° 01, Bilder E <strong>und</strong> F) der Mikroelektrodenstruktur mit<br />
zunehmenden Vergrößerungsfaktoren. Die Aufnahmen zeigen eine relativ gleichmäßige körnige Struktur der<br />
Abscheidung, die damit die Oberfläche um ein Vielfaches vergrößert. Die Impedanz einer Elektroden/Elektrolyt-<br />
Grenzschicht, die sich vereinfacht in erster Näherung aus einem Parallelschaltkreis mit Widerstand <strong>und</strong><br />
Kondensator zusammengesetzt denken läßt, wird nach fraktaler Metallabscheidung in erster Linie von dem<br />
kapazitiven Element dominiert, das seinerseits stark abhängig von der effektiven Oberfläche ist.<br />
Mit Platin ließen sich die Elektrodenfenster unter den selben cyclovoltammetrischen<br />
Parametern nach 150 Zyklen aus einer Hexachlorplatinsäure in einer etwas dickeren Schicht<br />
belegen. Auch hier zeigt sich im Rasterelektronenmikroskop eine fraktale feinkörnige<br />
Abscheidung, die der der Silberabscheidung stark ähnelt. Das Gesamtimpedanzverhalten ist in<br />
diesem Fall über einen weiteren Bereich konstant als das der mit Silber belegten Elektroden.<br />
Abbildung 28: REM-Aufnahmen eines mit Platin nach obigem Prozeß belegten, zuvor blanken Pt-<br />
Elektrodenfensters der Mikroelektrodenstruktur mit zunehmenden Vergrößerungsfaktoren. Die Aufnahmen<br />
zeigen auch hier eine relativ gleichmäßige körnige Struktur der Abscheidung, die ebenfalls die Oberfläche um ein<br />
Vielfaches vergrößert. Ein Vergleich der fast identischen Silberabscheidung mit der von Platin läßt vermuten,<br />
daß weniger das Metall selbst als die Abscheidungsparameter die Körnigkeit <strong>und</strong> Oberflächenstruktur der<br />
gebildeten Metallschicht bestimmen.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß sich Silber <strong>und</strong> Platin nach Wahl einer schnellen<br />
Spannungsrampe feinkörnig <strong>und</strong> gleichmäßig abscheiden lassen. Entgegen der intuitiven<br />
Annahme, eine langsame Spannungsrampe <strong>und</strong> geringe Ströme begünstigten eine<br />
gleichmäßige Abscheidung, zeigte sich, daß schnelle Spannungsänderungen die bei den<br />
angelegten Potentialdifferenzen schon auftretende Bildung größerer Wasserstoffblasen<br />
unterbindet. Kleinste Wasserstoffblasen dagegen tragen zu einer unterstützenden<br />
Mikrostrukturierung der Oberfläche bei, die im ganzen damit sehr groß <strong>und</strong> gleichmäßig zu<br />
gestalten ist.<br />
Das Impedanzverhalten aller untersuchten, hier exemplarisch ausgewählten Systeme ist in den<br />
folgenden drei Diagrammen vergleichsweise gegenübergestellt. Als Referenz wurden zwei<br />
48
Iridiumdrähte unterschiedlicher Abmessungen hinzugezogen. Einer davon wurde wie die<br />
Mikroelektrodenstrukturen belegt, der andere dagegen zyklovoltammetrisch in 0,5M H 2 SO 4<br />
oxidiert.<br />
1.00E+08<br />
1.00E+07<br />
1.00E+06<br />
Z [ohm] Träger mit Kleber<br />
Z [ohm] Ir-Draht 5mm*0.2mm unbelegt<br />
Z [ohm] Ir-Draht 5mm*0.2mm mit Ag belegt<br />
Z [ohm] Ir-Draht poliert 0.2mm unbelegt<br />
Z [ohm] Ir-Draht 0.2mm oxidiert (2020 Zyklen)<br />
Z [ohm] Gegenelektrode von die 20 unbehandelt<br />
Z [ohm] Elektrode 01 von die 20 unbehandelt<br />
Z [ohm] Gegenelektrode von die 27 mit Ag belegt<br />
Z [ohm] Elektrode 01 von die 27 mit Ag belegt<br />
Z [ohm] Gegenelektrode von die 28 mit Pt belegt<br />
Z [ohm] Elektrode 01 von die 28 mit Pt belegt<br />
Z [ohm] Pt Gegenelektrode oxidiert mit H2SO4<br />
Z [ohm] Pt Elektrode 01 oxidiert mit H2SO4<br />
1.00E+05<br />
Gesamtimpedanz Z [ ]<br />
1.00E+04<br />
1.00E+03<br />
1.00E+02<br />
1.00E+01<br />
1.00E+00<br />
1.00E+00<br />
1.58E+00<br />
2.51E+00<br />
3.98E+00<br />
6.31E+00<br />
1.00E+01<br />
1.58E+01<br />
2.51E+01<br />
3.98E+01<br />
6.31E+01<br />
1.00E+02<br />
1.58E+02<br />
2.51E+02<br />
3.98E+02<br />
6.31E+02<br />
1.00E+03<br />
1.58E+03<br />
2.51E+03<br />
3.98E+03<br />
6.31E+03<br />
1.00E+04<br />
1.58E+04<br />
2.51E+04<br />
3.98E+04<br />
6.31E+04<br />
1.00E+05<br />
Frequenz ν [Hz]<br />
Abbildung 29: Exemplarische Gegenüberstellung der BODE-Plots der Gesamtimpedanzen der untersuchten<br />
Systeme. Die Gesamtimpedanz ist sowohl von dem Elektrodenmaterial als auch insbesondere von der<br />
Oberflächenbeschaffenheit der Elektroden abhängig. Da davon ausgegangen werden kann, daß sich in<br />
biologischen Systemen mit den angelegten Spannungen an den Elektroden/Zellmedium-Grenzflächen keine<br />
Redoxprozesse abspielen werden, sind in diesem Fall keine Impedanzanteile durch Redoxsysteme, d.h.<br />
WARBURG-Impedanzen, zu erwarten. Allerdings wird der verwendete Elektrolyt einen Einfluß auf die<br />
Gesamtimpedanz haben, der aber in dieser vergleichenden Betrachtung nicht berücksichtigt wird. Mit<br />
abnehmender Gesamtimpedanz bei niedrigen Frequenzen sind folgende Systeme dargestellt: höchste Impedanz:<br />
1. Elektrodenfenster einer unbehandelten Mikroelektrodenstruktur; 2. Keramikträger ohne<br />
Mikroelektrodenstruktur; 3. Gegenelektrode einer unbehandelten Mikorelektrodenstruktur; 4. Elektrodenfenster<br />
mit Ag belegt; 5. Elektrodenfenster mit Pt belegt; 6. polierter Ir-Draht mit einer Gesamtoberfläche von<br />
0,063mm 2 ; 7. unbelegter Ir-Draht mit einer Gesamtoberfläche von 0,377mm 2 ; 8. oxidierter Ir-Draht mit der<br />
geometrischen Oberfläche von 0,063mm 2 ; 9. mit Ag belegte Gegenelektrode einer Mikroelektrodenstruktur; 10.<br />
in 0,05M H 2 SO 4 oxidiertes Pt-Elektrodenfenster; 11: in 0,05M H 2 SO 4 oxidierte Pt-Gegenelektrode; 12: mit Ptbelegte<br />
Gegenelektrode; geringste Impedanz: 13. mit Ag belegter Iridiumdraht mit der geometrischen Oberfläche<br />
von 0,377mm 2 .<br />
49
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
Phasenwinkel [°]<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
phi [°] Träger mit Kleber<br />
phi [°] Ir-Draht 5mm*0.2mm unbelegt<br />
10phi [°] Ir-Draht 5mm*0.2mm mit Ag belegt<br />
phi [°] Ir-Draht poliert 0.2mm unbelegt<br />
phi [°] Ir-Draht 0.2mm oxidiert (2020 Zyklen)<br />
phi [°] Gegenelektrode von die 20 unbehandelt<br />
phi [°] Elektrode 01 von die 20 unbehandelt<br />
0phi [°] Gegenelektrode von die 27 mit Ag belegt<br />
phi [°] Elektrode 01 von die 27 mit Ag belegt<br />
phi [°] Gegenelektrode von die 28 mit Pt belegt<br />
phi [°] Elektrode 01 von die 28 mit Pt belegt<br />
phi [°] Pt Gegenelektrode oxidiert mit H2SO4<br />
phi [°] Pt Elektrode 01 oxidiert mit H2SO4<br />
1.00E+00<br />
1.58E+00<br />
2.51E+00<br />
3.98E+00<br />
6.31E+00<br />
1.00E+01<br />
1.58E+01<br />
2.51E+01<br />
3.98E+01<br />
6.31E+01<br />
1.00E+02<br />
1.58E+02<br />
2.51E+02<br />
3.98E+02<br />
6.31E+02<br />
Frequenz ν [Hz]<br />
1.00E+03<br />
1.58E+03<br />
2.51E+03<br />
3.98E+03<br />
6.31E+03<br />
1.00E+04<br />
1.58E+04<br />
2.51E+04<br />
3.98E+04<br />
6.31E+04<br />
1.00E+05<br />
Abbildung 30: Frequenzverlauf der Phasenwinkel der verglichenen Systeme<br />
50
1.00E+08<br />
1.00E+07<br />
1.00E+06<br />
1.00E+05<br />
1.00E+04<br />
- Z´´<br />
1.00E+03<br />
1.00E+02<br />
1.00E+01<br />
1.00E+00<br />
|Z"| [ohm] Träger mit Kleber<br />
|Z"| [ohm] Ir-Draht 5mm*0.2mm unbelegt<br />
|Z"| [ohm] Ir-Draht 5mm*0.2mm mit Ag belegt<br />
|Z"| [ohm] Ir-Draht poliert 0.2mm unbelegt<br />
|Z"| [ohm] Ir-Draht 0.2mm oxidiert (2020 Zyklen)<br />
|Z"| [ohm] Gegenelektrode von die 20 unbehandelt<br />
|Z"| [ohm] Elektrode 01 von die 20 unbehandelt<br />
|Z"| [ohm] Gegenelektrode von die 27 mit Ag belegt<br />
|Z"| [ohm] Elektrode 01 von die 27 mit Ag belegt<br />
|Z"| [ohm] Gegenelektrode von die 28 mit Pt belegt<br />
|Z"| [ohm] Elektrode 01 von die 28 mit Pt belegt<br />
|Z"| [ohm] Pt Gegenelektrode oxidiert mit H2SO4<br />
|Z"| [ohm] Pt Elektrode 01 oxidiert mit H2SO4<br />
1.00E-01<br />
1.00E+00 1.00E+01 1.00E+02 1.00E+03 1.00E+04 1.00E+05 1.00E+06 1.00E+07 1.00E+08<br />
Z´<br />
Abbildung 31: ARGAND- oder NYQUIST- Diagramm der verglichenen Systeme. Interessant ist das Z’’/Z’-<br />
Verhalten des mit Ag belegten 5mm langen Iridiumdrahtes, das auf eine fast reine Kapazität schließen läßt.<br />
Folgende Ersatzschaltkreise lassen sich mit dem Programm „Equivalent Circuit“ von B. A.<br />
BOUKAMP, University of Twente, the Netherlands, an die gemessenen Impedanzen anpassen.<br />
Die relativen Fehler weisen nicht notwendigerweise auf eine schlechte Übereinstimmung von<br />
gemessenen <strong>und</strong> simulierten Daten hin, da offenbar einzelne Maximalabweichungen<br />
überproportional stark gewichtet werden.<br />
51
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
System<br />
Ersatzschaltkreis<br />
Größe der Elemente relativer Fehler [%]<br />
Mit Silber belegter Iridiumdraht<br />
der geometrischen Oberfläche<br />
QDs<br />
von 0,377mm 2 RE<br />
R E : 1,35·10 2 Ω<br />
Q DS : 1,74·10 -4 Fs (n-1)<br />
n: 0,92<br />
0,63<br />
2,39<br />
0,75<br />
Neben dem Elektrolytwiderstand taucht nur ein konstantes Phasenelement mit relativ hoher<br />
Kapazität auf. Ein Durchtrittswiderstand ist nicht zu finden. Der belegte Draht verhält sich<br />
annähernd wie eine reine Kapazität. Allerdings liegt der kapazitive Anteil so hoch, daß<br />
irreversible chemische Prozesse an der Grenzschicht, die die Ladungen verzehren, nicht<br />
auszuschließen sind. Möglicherweise sind eingelagerte Verunreinigungen dafür<br />
verantwortlich.<br />
Polierter Iridiumdraht mit einer<br />
geometrischen Gesamtoberfläche<br />
von 0,063mm 2<br />
RE<br />
RDt<br />
CDs<br />
R E :<br />
R Dt :<br />
Q DS :<br />
7,03·10 2 Ω<br />
9,98·10 5 Ω<br />
1,34·10 -6 Fs (n-1)<br />
11,22<br />
50,63<br />
10,36<br />
R E (R Dt Q Ds )<br />
n: 0,58<br />
2,46<br />
Im einfachsten, hier auftretenden Fall verhält sich eine Elektroden/Elektrolyt-Grenzschicht<br />
wie eine Kapazität (bzw. ein konstantes Phasenelement) mit einem hohem<br />
Durchtrittswiderstand für die Ladungen beim Übertritt aus dem Material in die Lösung.<br />
Offensichtlich ist die Kapazität von der effektiven Elektrodenoberfläche abhängig, wogegen<br />
der Durchtrittswiderstand in erster Linie eine für das Metall <strong>und</strong> seine Beschaffenheit<br />
(Körnigkeit) charakteristische Größe ist.<br />
Über 2020 Zyklen oxidierter<br />
Iridiumdraht mit einer<br />
RE ZW<br />
geometrischen Gesamtoberfläche<br />
von 0,063mm 2<br />
R E : 1,04·10 3 Ω<br />
5,24<br />
Z W : 7,59·10 -6 Ωs −½ 3,39<br />
R E Z W<br />
Das Impedanzverhalten wird in diesem Fall neben dem Elektrolytwiderstand allein durch die<br />
WARBURG-Impedanz bestimmt, die aus der Porosität der Oxidschicht resultiert <strong>und</strong> die eine<br />
offenbar dominierende Diffusionsbarriere darstellt.<br />
52
Unbelegte Gegenelektrode einer<br />
Mikroelektrodenstruktur mit<br />
einer geometrischen Oberfläche<br />
von 81200µm 2<br />
RDt<br />
RE<br />
CDs<br />
R E (R Dt Q Ds )<br />
R E : 4,79·10 2 Ω<br />
R Dt : 9,52·10 7 Ω<br />
Q DS : 4,57·10 -8 Fs (n-1)<br />
n: 0,90<br />
2,70<br />
82,10<br />
2,31<br />
0,34<br />
Unbelegte Fensterelektrode einer<br />
Mikroelektrodenstruktur mit<br />
einer geometrischen Oberfläche<br />
von 7696µm 2<br />
RDt<br />
RE<br />
CDs<br />
R E (R Dt Q Ds )<br />
R E : 2,05·10 3 Ω<br />
R Dt : 1,76·10 8 Ω<br />
Q DS : 3,32·10 -9 Fs (n-1)<br />
n: 0,88<br />
9,60<br />
18,60<br />
3,64<br />
0,51<br />
Nicht unbedingt einsichtig ist das Ansteigen des Elektrolytwiderstands mit abnehmender<br />
Elektrodengröße.<br />
Mit Silber belegte<br />
Gegenelektrode<br />
einer<br />
Mikroelektrodenstruktur<br />
RE<br />
RDt<br />
CDs<br />
R E :<br />
R Dt :<br />
Q DS :<br />
4,05·102Ω<br />
1,69·10 5 Ω<br />
4,41·10 -6 Fs (n-1)<br />
0,75<br />
10,67<br />
2,12<br />
R E (R Dt Q Ds )<br />
n: 0,48<br />
0,48<br />
oder<br />
RDt<br />
RE<br />
CP<br />
QDs<br />
R E (R Dt C P Q Ds )<br />
R E : 4,05·10 2 Ω<br />
R Dt : 1,69·10 5 Ω<br />
C P : 2,53·10 -21 F<br />
Q DS : 4,41·10 -6 Fs (n-1)<br />
n: 0,94<br />
0,87<br />
15,07<br />
/<br />
86,01<br />
7,97<br />
In den einfachen R(RQ)-Schaltkreis läßt sich ohne großen Fehler eine zusätzliche parasitäre<br />
Kapazität einführen, deren Größe allerdings vernachlässigbar ist.<br />
Mit Silber belegte<br />
Fensterelektrode einer<br />
Mikroelektrodenstruktur<br />
RE<br />
RDt<br />
CDs<br />
R E :<br />
R Dt :<br />
Q DS :<br />
2,92·10 3 Ω<br />
2,72·10 6 Ω<br />
3,90·10 -7 Fs (n-1)<br />
2,70<br />
82,10<br />
2,31<br />
R E (R Dt Q Ds )<br />
n: 0,92<br />
0,34<br />
53
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Mit Platin belegte<br />
Gegenelektrode<br />
einer<br />
Mikroelektrodenstruktur<br />
RE<br />
QSur<br />
RDt<br />
QDs<br />
R E : 2.91·10 3 Ω<br />
Q Sur : 3.32·10 -4 Fs (n-1)<br />
n: 0.79<br />
0,97<br />
9,61<br />
11,38<br />
R E Q Sur (R Dt Q Ds )<br />
R M : 9.07·10 2 Ω<br />
Q Ds :2.91·10 3 Fs (n-1)<br />
n: 0.61<br />
14,80<br />
12,12<br />
3,40<br />
Mit Platin belegte<br />
Fensterelektrode einer<br />
Mikroelektrodenstruktur<br />
RE<br />
QSur<br />
RDt<br />
CDs<br />
R E : 1.89·10 3 Ω<br />
Q Sur : 1.18·10 -6 Fs (n-1)<br />
n: 0.72<br />
2,73<br />
4,87<br />
9,43<br />
R E Q Sur (R Dt C Ds )<br />
R M :<br />
9.75·10 3 Ω<br />
12,55<br />
C Dl :<br />
2.59·10 -7 F<br />
2,33<br />
Wie bei dem mit Silber belegten Iridiumdraht verhält sich die körnig rauhe Oberfläche<br />
weitgehend rein kapazitiv.<br />
Gegenelektrode nach oxidativer<br />
Aufrauhung in H 2 SO 4<br />
Elektrodenfenster nach<br />
oxidativer Aufrauhung in H 2 SO 4<br />
R E : 8,17·10 2 Ω<br />
Q DS : 5,47·10 -5 Fs (n-1)<br />
n: 0,77<br />
QDs<br />
RE<br />
R E : 1,36·10 3 Ω<br />
Q DS : 1,64·10 -5 Fs (n-1)<br />
n: 0,58<br />
QDs<br />
RE<br />
3,61<br />
13,68<br />
5,17<br />
5,62<br />
12,90<br />
5,03<br />
Nach oxidativer Behandlung der Elektroden in 0,5M H 2 SO 4 (0V bis +2V, 500 Zyklen) ließ<br />
sich eine Aufrauhung der Oberflächen im Lichtmikroskop erkennen (besser als im<br />
Elektronenmikroskop). Interessant ist, daß die Kapazität im Vergleich zur unbehandelten<br />
Elektrode um 3 bis 4 Größenordnungen gestiegen ist.<br />
R<strong>und</strong>e Klammern () weisen auf parallel verschaltete Elemente hin. R E : Elektrolytwiderstand; R Dt :<br />
Durchtrittswiderstand; C Ds : Doppelschichtkapazität; C Sur : Oberflächenkapazität an der äußeren<br />
Elektrodenoberfläche; Q Ds : konstantes Phasenelement für eine Doppelschicht; Q Sur : konstantes Phasenelement für<br />
eine äußere Elektrodenoberfläche; Z W : WARBURG-Impedanz; C P : Parasitäre Kapazität<br />
Wie sich aus den Ergebnissen erkennen läßt, ließ sich kein Ersatzschaltbild direkt an die von<br />
ROBINSON <strong>und</strong>/oder KOVACS vorgestellten Ersatzschaltkreise anpassen (vgl. Abbildung 12).<br />
54
Die Ursache liegt unter anderem sicherlich an dem außerordentlich kleinen Beitrag der<br />
parasitären Komponenten, die sich aufgr<strong>und</strong> der nicht hinreichenden Anzahl von Meßpunkten<br />
<strong>und</strong> dem für genaueste Untersuchungen zu eng gewählten Frequenzbereich noch nicht<br />
erfassen ließen. Außerdem ist es nicht einfach, den Meßaufbau derart zu entwerfen, daß<br />
externe Störungen ausgeschlossen werden können <strong>und</strong> absolute Reproduzierbarkeit<br />
gewährleistet ist.<br />
3.3<br />
Peptidbelegungen<br />
Um den nachwachsenden Nervenzellen eine geeignete Umgebung anzubieten, in der sie sich<br />
ungehindert regenerieren können, muß die Elektroden- <strong>und</strong> evtl. die gesamte die-Oberfläche<br />
modifiziert werden. Es bietet sich eine chemische sowie strukturelle Modifikation durch<br />
Peptidbelegung <strong>und</strong>/oder Aufbringen von Führungskanälen auf den<br />
Mikroelektrodenstrukturen an. Es ist bekannt, daß Zellen im allgemeinen <strong>und</strong> Nervenzellen<br />
insbesondere im einfachsten Fall hydrophile Oberflächen mit positiven Partialladungen<br />
bevorzugen. Hydrophobe, negativ geladene Oberflächen wirken abstoßend. 52,53 Im Rahmen<br />
dieser Arbeit wurde in Zusammenarbeit mit dem Naturwissenschaftlichen <strong>und</strong> Medizinischen<br />
Institut der Universität Tübingen NMI, Reutlingen, zunächst nur die Belegung mit<br />
verschiedenen Peptidteilsequenzen des Laminins verfolgt, die von den Nervenzellen über<br />
spezifische Rezeptoren (Integrine) erkannt <strong>und</strong> als adhäsive Unterlage akzeptiert werden.<br />
Diese Studie sollte eine grobe Abschätzung gestatten, ob Peptidteilsequenzen aus den<br />
natürlichen Proteinen generell als geeigneter Proteinersatz dienen könnten. Laminin ist ein<br />
Oligopeptid (67kDa), das aus drei kettenförmigen Untereinheiten A (M r : 400000), B1 (M r :<br />
210000) <strong>und</strong> B2 (M r : 200000) besteht, die in einer kreuzartigen Struktur zusammenliegen. 11<br />
Das Laminin unterstützt die Zelladhäsion aller Zellen im Körper <strong>und</strong> wird entsprechend auch<br />
in allen Körperregionen gef<strong>und</strong>en. Es ist eines der ersten Oligopeptide, die der Körper in<br />
seiner Entwicklung überhaupt produziert.<br />
55
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
A<br />
Abbildung 32: Schematische Struktur des Laminins mit<br />
seinen drei funktionellen Untereinheiten <strong>und</strong> der<br />
Bedeutung verschiedener Abschnitte für die<br />
Zelladhäsion.<br />
B1<br />
Zellankopplung<br />
B2<br />
Zellankopplung<br />
Zellankopplung<br />
Heparinbindung<br />
Neuritenauswuchs<br />
Die Strategie, mit Teilsequenzen zu arbeiten, erscheint aus den folgenden Gründen sinnvoll:<br />
1. Das große Laminin an sich belegt die Substratunterlage großflächig <strong>und</strong> ungeordnet. Eine<br />
reproduzierbare, selektive Belegung ist aus diesem Gr<strong>und</strong> nicht möglich. Kleinere<br />
Ausschnitte aus dem Molekül lassen sich mit geeigneten funktionellen Gruppen versehen<br />
<strong>und</strong> damit selektiv <strong>und</strong> geordnet auf einer bestimmten Materialoberfläche, z.B. über<br />
Polymerisation, definierte Adhäsion oder kovalente Ankopplung, aufbringen.<br />
2. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Axon einer Nervenfaser die unter der Peptidbelegung<br />
liegenden Elektroden kontaktiert, wächst mit abnehmender Dicke der Peptidschicht, da von<br />
einem kapazitiven Stromfluß bei der Signalableitung als auch bei der Neurostimulation<br />
ausgegangen wird <strong>und</strong> die Kapazität mit abnehmender Doppelschichtdicke zunimmt (vgl.<br />
Gleichung (1-4).<br />
3.3.1<br />
.1 Zyklovoltammetrische Polymerisation von Lamininteilsequenzen<br />
Die vom Arbeitskreis Prof. G. Jung an der Universiät Tübingen fre<strong>und</strong>licherweise zur<br />
Verfügung gestellten, an ihren N-terminalen Enden modifizierten Laminin-Teilsquenzen<br />
wurden zyklovoltammetrisch oxidativ auf einen Kamm von 100µm Pt-Kammstrukturen auf<br />
Saphir polymerisiert. Untereinander werden die Sequenzen über polymerisierbare Endgruppen<br />
(3-Hydroxyphenylessigsäure: 3Hpa) oxidativ vernetzt.<br />
56
R2<br />
R2<br />
R2<br />
R2<br />
HN<br />
CO<br />
HN<br />
CO<br />
HN<br />
CO<br />
HN<br />
CO<br />
R1<br />
NH<br />
R1<br />
NH<br />
R1<br />
NH<br />
R1<br />
NH<br />
OC<br />
CH2<br />
OC<br />
CH2<br />
H<br />
OC<br />
H<br />
CH2<br />
OC<br />
H<br />
CH2<br />
H<br />
OH<br />
O<br />
Anode:<br />
Oxidation<br />
e<br />
H<br />
- e<br />
O<br />
H<br />
-H<br />
Protonenabspaltung<br />
e<br />
O<br />
Anode:<br />
Oxidation<br />
O<br />
H<br />
Elektrophiler<br />
Angriff<br />
A B C D<br />
- e<br />
CH2C(O)NHR<br />
R2<br />
HN<br />
CO<br />
R1<br />
NH<br />
OC<br />
CH2<br />
CH2C(O)NHRx<br />
CH2C(O)NHRz<br />
H<br />
OH<br />
O<br />
O<br />
-H<br />
O<br />
CH2C(O)NHR<br />
O<br />
CH2C(O)NHRy<br />
O<br />
E<br />
F<br />
Abbildung 33: Polymerisationsablauf: 54 Die phenolische Hydroxygruppe wird zunächst zum Phenol-Kation-<br />
Radikal oxidiert (A), gibt dann ein Proton ab (Phenoxyl-Radikal B) <strong>und</strong> wird aufgr<strong>und</strong> des geringeren<br />
Oxidationspotentials des entstandenen Oxoradikals gleich weiter zum Phenoxy-Kation oxidiert, dessen positive<br />
Ladung delokalisiert werden kann (C). Dieses wird bevorzugt in para-Stellung elektrophil an dem aromatischen<br />
Ring einer anderen peptidderivatisierten 3-Hydroxyphenylessigsre angreifen (D) <strong>und</strong> unter Verdrängung eines<br />
weiteren Protons (E) das eigentliche Polymer bilden (F).<br />
Die so agglomerierten Strukturen legen sich adhäsiv auf die Elektrodenkämme. Die Belegung<br />
nur eines Kammes gestattet einen Vergleich, ob die Zellen wirklich selektiv die mit den<br />
Sequenzen beschichteten Bereiche bevorzugen. Die polymerisierbare Gruppe ist über zwei ε-<br />
Aminocapronsäure-Spacer (-Aca-Aca-) von den eigentlich aktiven Teilsequenzen des<br />
Laminins getrennt. Folgende Parameter wurden eingestellt: Lösungsmittel PBS (Phosphate<br />
Buffered Saline); Startpotential: 0,2V, Spannungsrampe: 100mV/s; Spitzenpotential: 1,2V,<br />
Verweilzeit beim Spitzenpotential: 20 Sek<strong>und</strong>en, Endpotential: 0,2V, Anzahl der Zyklen: 20.<br />
57
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
Abbildung 34: Schematische Darstellung der Platin-<br />
Kammstruktur auf Saphir. Die 100µm breiten<br />
Kammzinken liegen in 100µm weitem Abstand<br />
nebeneinander. In Wirklichkeit liegen weit mehr<br />
Zinken nebeneinander.<br />
Das Laminin selbst als auch die Teilsequenzen Tyr-Ile-Gly-Ser-Arg (YIGSR) aus der B 1 -Kette<br />
<strong>und</strong> Ile-Lys-Val-Ala-Val (IKVAV) aus der A-Kette kamen in folgenden Varianten zum<br />
Einsatz:<br />
Laminin<br />
Intention<br />
Laminin<br />
Zelladhäsion <strong>und</strong> Neuritenwachstum; Test, ob sich<br />
Laminin direkt elektrochemisch auf den Elektroden<br />
abscheiden läßt<br />
Sequenzen aus dem Laminin<br />
3Hpa-Aca-Aca-CDPGYIGSR<br />
3Hpa-βAla-Val-CDPGYIGSR<br />
3Hpa-Aca-Aca-CDPGYIGSR-NH 2<br />
3Hpa-βAla-Val-CDPGYIGSR-NH 2<br />
3Hpa-Aca-Aca-SIKVAV<br />
Intention<br />
Zelladhäsion <strong>und</strong> Neuritenwachstum<br />
Zelladhäsion <strong>und</strong> Neuritenwachstum<br />
Zelladhäsion <strong>und</strong> Neuritenwachstum<br />
Zelladhäsion <strong>und</strong> Neuritenwachstum<br />
Zelladhäsion <strong>und</strong> z.T. Neuritenwachstum<br />
3Hpa-Aca-Aca-SRARKQAASIKVAVSADR Zelladhäsion <strong>und</strong> z.T. Neuritenwachstum<br />
Andere Sequenzen<br />
Intention<br />
3Hpa<br />
3Hpa-Aca-Aca-FFGGGGA<br />
Kontrollbelegung der komplementären Kämme<br />
hydrophobe Sequenz zum Verhindern der Zelladhäsion<br />
Nach Fluoreszenzanfärbung ließ sich lediglich in der ersten Versuchsreihe eine bevorzugte<br />
Zellbelegung von nur einem der beiden Kämme im Verhältnis 5:1 nachweisen. Leider hatten<br />
sich die Zellen auf dem zur Kontrolle mit 3-Hydroxyphenylessigsäure belegten Kamm<br />
angesiedelt, nicht dagegen auf dem Kamm mit den oben genannten Teilsequenzen des<br />
Laminins. In allen anderen Fällen kamen etwa gleich viele Zellen auf beiden Kämmen zu<br />
liegen. Von den mit Laminin belegten Kammstrukturen ließen sich die Zellen außerdem leicht<br />
58
<strong>und</strong> vollständig abspülen. In letztgenannten Fall kann also nicht von einer Zelladhäsion<br />
gesprochen werden. Offenbar verändern die Sequenzen bei der Ankopplung an die<br />
Abstandshalter oder auch erst bei der Polymerisation ihre für die Zellerkennung wichtige<br />
Tertiärstruktur. Zudem ist anzunehmen, daß eine einzige Erkennungssequenz allein die<br />
Zelladhäsion noch nicht in ausreichendem Maße zu fördern vermag.<br />
Es zeigte sich unter dem Fluoreszensmikroskop, daß die Anfärbung eine qualitative<br />
Beurteilung der Peptidbeschichtung gestattet, da der Farbstoff auch die Polymerschicht leicht<br />
anfärbt, nicht dagegen das Metall darunter. An einigen Stellen ließ sich erkennen, daß sich die<br />
Polymerschicht von dem Metalluntergr<strong>und</strong> abgelöst hatte <strong>und</strong> zerissen war. Auf einigen<br />
Strukturen konnte überhaupt keine Peptidschicht ausgemacht werden. Dort ist es<br />
offensichtlich zu keiner hinreichenden elektrochemischen Polymerisation gekommen. Wie die<br />
letzte Versuchsreihe außerdem zeigte, läßt sich das Laminin an sich unter den oben genannten<br />
Versuchsbedingungen elektrochemisch nicht abscheiden, solange keine polymerisierbare<br />
Seitenkette eingeführt wird, die die physiologische Wirkung nicht beeinträchtigt.<br />
3.3.2<br />
.2 Zukünftige Strategien bei der Peptidbelegung von Mikroelektrodenstrukturen<br />
Zur systematischen Untersuchung der Eigenschaften der Teilsequenzen sind folgende Aspekte<br />
zu berücksichtigen:<br />
• Die elektronischen Eigenschaften der zugr<strong>und</strong>e liegenden Strukturen, elektrochemisch<br />
modifiziert oder nicht, müssen vor der Belegung charakterisiert werden, um identische<br />
Bedingungen einhalten zu können <strong>und</strong> später eine Aussage über die Qualität der<br />
Peptidabscheidung z.B. mittels Impedanzspektroskopie treffen zu können. Die<br />
Impedanzspektroskopie liefert eine qualitative sowie semiempirisch halbquantitative<br />
(Eichkurven) Information über die Belegung, deren Dicke <strong>und</strong> Dichte.<br />
• Zur Kontrolle der Wirksamkeit einer Sequenz hinsichtlich der Zelladhäsion sind unbelegte<br />
<strong>und</strong>/oder unspezifisch belegte Strukturen hinzuzuziehen. Als eine weitere Referenz ließen<br />
sich Zellkulturen untersuchen, die auf einer Elektrodenstruktur angesiedelt werden, an<br />
deren Elektroden ein permanentes positives als auch an anderer Stelle negatives<br />
elektrisches Feld angelegt wird (milder Potentialgradient), um abschätzen zu können,<br />
welchen Einfluß Ladungsschwerpunkte allein auf die Zellorientierung <strong>und</strong> das Wachstum<br />
59
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
ausüben. Ebenso ließen sich Polymere mit kurzen geladenen Seitenketten auf die Elektrode<br />
aufbringen. Desweiteren ist eine experimentelle Trennung zwischen der Hydrophilie <strong>und</strong><br />
der Ladungspräferenz der Zellen vorzunehmen.<br />
• Für eine quantitative Auswertung sind alle übrigen Parameter konstant zu halten: Auf den<br />
belegten Strukturen müssen gleiche Zellkulturtypen angesiedelt werden. Messungen sind<br />
unter identischen Bedingungen durchzuführen.<br />
• Neben der spezifischen elektrochemischen Abscheidung auf den Metallelektroden ist auch<br />
eine spezifische chemische, d.h. kovalente Ankopplung an die Unterlage denkbar. Für<br />
Platin kämen Peptidsequenzen mit endständigen Carboxyl- oder Nitrilgruppen, für Gold<br />
Thiolendgruppen (z.B. aus dem Cystein) in Frage.<br />
• Neben der das Zellwachstum <strong>und</strong> die Zell- <strong>und</strong> Axonorientierung fördernden<br />
Oligopeptidbelegung ist eine gleichzeitige oder auch ausschließlich komplementäre<br />
Belegung der Substratunterlage um die Elektroden herum mit abweisenden chemischen<br />
Strukturen denkbar (Inhibitoren oder auch avoidance factors, z.B. modifizierte<br />
Organosilane, die sich auf die Silizium- oder Quarzoberfläche kovalent ankoppeln ließen,<br />
bzw. Proteine, die den Wachstumskegel der Nervenzelle zum Kollabieren bringen) 55 . Die<br />
Nervenzellen wüchsen dann nur auf den weniger abweisenden Elektrodenoberflächen aus.<br />
4 Zusammenfassung<br />
In der vorliegenden Arbeit wurden Metalle auf Platinelektroden von<br />
Mikroelektrodenstrukturen für neurowissenschaftliche Anwendungen elektrochemisch<br />
abgeschieden, um die Änderung der resistiven <strong>und</strong> kapazitiven Eigenschaften der Elektroden<br />
zu untersuchen <strong>und</strong> zu optimieren. Das in erster Linie interessierende Iridium ließ sich aus<br />
verschiedenen Iridium-(III)-chloridlösungen cyclovoltammetrisch nicht abscheiden,<br />
wahrscheinlich aufgr<strong>und</strong> der Ausbildung eines stabilen löslichen Komplexes, der kinetisch<br />
gehemmt ist <strong>und</strong> eine extrem hohe Überspannung aufweist. Silber <strong>und</strong> Platin ließen sich durch<br />
Wahl einer schnellen Spannungsrampe feinkörnig <strong>und</strong> gleichmäßig abscheiden. Entgegen der<br />
intuitiven Annahme, daß eine langsame Spannungsrampe <strong>und</strong> geringe Ströme eine<br />
gleichmäßige Abscheidung begünstigen, zeigte sich, daß schnelle Spannungsänderungen die<br />
bei den angelegten Potentialdifferenzen schon auftretende Bildung größerer Wasserstoffblasen<br />
unterbindet. Kleinste Wasserstoffblasen dagegen tragen zu einer unterstützenden<br />
60
Mikrostrukturierung der Oberfläche bei, deren effektiver Wert damit sehr groß <strong>und</strong><br />
gleichmäßig einzustellen ist. Im Impedanzspektrum zeigt sich der Oberflächengewinn in<br />
einem deutlichen Anstieg des kapazitiven Anteils, der die kapazitiv erfolgende Aufnahme von<br />
Nervensignalen sowie die ebenfalls kapazitiv durchführbare Neurostimulation begünstigt.<br />
Einfache Strukturierung durch elektrolytisch oxidatives Herauslösen von Platin aus der<br />
blanken Platinoberfläche der Elektroden in 0,5M H 2 SO 4 führte ebenso zu einer beträchtlichen<br />
gleichmäßigen Oberflächenaufrauhung <strong>und</strong> einhergehenden Erhöhung der Kapazität. Die aus<br />
den Impedanzspektren formulierbaren Ersatzschaltkreise, die das elektrische Verhalten des<br />
Systems beschreiben, zeigen mit ihren Werten der Bauelemente diesen Trend. Außerdem zeigt<br />
sich, daß gealterte Schichten, aus denen das Lösungsmittel verdampft war, auch weitgehend<br />
mechanisch stabil sind <strong>und</strong> auf der Unterlage haften bleiben.<br />
Ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung von Mikroelektrodenstrukturen, die mit dem<br />
Nervensystem in Wechselwirkung treten sollen, ist die gezielte (bio)chemische <strong>und</strong><br />
strukturelle Oberflächenmodifizierung der Elektroden, um gewährleisten zu können, daß die<br />
einzelnen Nervenfasern auf die Struktur aufwachsen <strong>und</strong> die Stimulations- <strong>und</strong><br />
Ableitelektroden möglichst eng kontaktieren. In einem ersten Versuch wurde untersucht, wie<br />
sich eine natürliche Zellumgebung mit einfachen Mitteln simulieren läßt. Dazu wurde<br />
Laminin als Struktur, die in erster Linie der Zelladhäsion dient, sowie Ausschnitte aus diesem<br />
Oligopeptid elektrochemisch auf Kammelektrodenstrukturen aufgebracht. Es zeigte sich, daß<br />
die Ansprüche der Zellen für die erfolgreiche Adhäsion an die angebotene Oberfläche<br />
offenbar sehr hoch sind, da sie sich in keinem Fall auf den angebotenen Oligopeptidschichten<br />
ansiedelten, wohl aber auf der unspezifisch belegten Oberfläche aus polymerisierter 3-<br />
Hydroxyphenylessigsäure.<br />
5 Ausblick<br />
Wesentlich für einen guten physikalischen <strong>und</strong> elektrischen Elektroden/Gewebekontakt<br />
scheint eine große fraktale Oberfläche zu sein, die mit niedermolekularen Erkennungs- <strong>und</strong><br />
Adhäsionsstrukturen für die Zellmembranankopplung belegt ist. Die Elektrodenoberfläche<br />
ließe sich in die dritte Dimension hinein strukturieren, wenn man „Graben“- oder auch<br />
„Turm“- oder „Nadelstrukturen“ berücksichtigt. Die resultierende Oberfläche könnte<br />
anschließend zusätzlich elektrochemisch durch Metallabscheidung oder gezieltes Herauslösen<br />
61
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
von Elektrodenmaterial aufgerauht werden. Da die natürlich vorkommenden, für die<br />
Zelladhäsion verantwortlichen Oligopeptide relativ groß <strong>und</strong> vermutlich auch für andere<br />
Aufgaben verantwortlich sind, gilt es, die relevanten Erkennungsstrukturen aus diesen<br />
Oligopeptiden zu isolieren <strong>und</strong> über geeignete „chemische Klammern“ annähernd in ihre<br />
ursprüngliche Tertiärstruktur zu zwingen. Dies kann über untereinander verbrückte Spacer an<br />
beiden Enden der Erkennungssequenz geschehen, die sich über chemische oder<br />
elektrochemische Methoden an eine Elektrodenoberfläche ankoppeln lassen. Zusätzlich sollte<br />
in Zukunft berücksichtigt werden, daß nicht eine einzelne Erkennungsstruktur im Organismus<br />
die Zelladhäsion fördert, sondern eine ganze Reihe unterschiedlicher Substanzen erst im<br />
Wechselspiel eine optimale Zellentwicklung gewährleisten.<br />
62
Danksagung<br />
Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit von Juni bis Dezember 1995 unter der Leitung von<br />
Prof. Dr. Wolfgang Göpel am Institut für Pyskalische <strong>und</strong> Theoretische <strong>Chemie</strong> an der<br />
Eberhard-Karls-Universität Tübingen durchgeführt.<br />
Herrn Prof. Dr. Wolfgang Göpel möchte ich für die Anregung <strong>und</strong> Überlassung des Themas<br />
sowie für die Bereitstellung der ausgezeichneten Arbeitsbedingungen danken.<br />
Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Christiane Ziegler für die gute Betreuung, Unterstützung<br />
<strong>und</strong> stete Diskussionsbereitschaft bei allen Fragen. Ich danke ihr für die guten Anregungen<br />
<strong>und</strong> die Gewährung eines großen Aktionsfreiraumes.<br />
Danken möchte ich auch Herrn Dr. Peter Heiduschka für die unkomplizierte Einführung in die<br />
Impedanzspektroskopie.<br />
Dem Arbeitskreis Prof. Dr. Günther Jung, insbesondere Herrn Dipl. Chem. Stefan Kienle,<br />
danke ich für die Bereitstellung der Peptidsequenzen.<br />
Den Herren Dr. Hugo Hämmerle <strong>und</strong> Dr. Karl Josef Föhr sowie ihren Mitarbeitern am NMI<br />
danke ich für die Zellbelegung.<br />
Insbesondere möchte ich mich auch bei Frau Elke Nadler für die ausgezeichneten REM-<br />
Aufnahmen <strong>und</strong> EDX-Messungen bedanken, die sie mit außerodentlichem Geschick <strong>und</strong><br />
erfahrenem Auge angefertigt hat.<br />
Desweiteren danke ich Herrn Dr. Gerd Noetzel für manche Hilfe <strong>und</strong> Beratung bei<br />
elektronischen Fragen <strong>und</strong> Schaltkreisentwürfen. Mit seinem Erfahrungsschatz in der<br />
Impedanzspektroskopie konnte er mir darüberhinaus bei der Auswertung der Spektren<br />
hilfreich zur Seite stehen.<br />
Besonders bedanke ich mich bei Herrn Dipl. Chem. Jan Rickert <strong>und</strong> Herrn Dipl. Chem. Ralph<br />
Burckardt für ihre Unterstützung, unsere Diskussionen <strong>und</strong> das gute Arbeitsklima. Besonders<br />
möchte ich Ralph Burckardt für seine guten Ideen <strong>und</strong> die hilfreiche Hand bei der Zyklischen<br />
Voltammetrie danken. Jan Rickert hat mir bei mancher Frage hinsichtlich der<br />
Impedanzspektroskopie guten Rat gegeben <strong>und</strong> schnell weiterhelfen können.<br />
Mein Dank gilt auch den Projektpartnern vom IBMT, insbesondere Herrn Dipl. Ing. Thomas<br />
Stieglitz, für die Bereitstellung der Mikroelektrodenstrukturen <strong>und</strong> die Diskussion der ersten<br />
Meßergebnisse.<br />
Herrn Dipl. Chem. Markus Schweizer-Berberich danke ich für die Einweisung in die<br />
Elektronenstrahlverdampfer-Anlage.<br />
Allen nicht namentlich erwähnten Mitarbeitern danke ich für die gute Zusammenarbeit <strong>und</strong><br />
die außerordentlich gute Arbeitskreisatmosphäre.<br />
Schließlich sei meinen Eltern herzlicher Dank für ihre finanzielle <strong>und</strong> familiäre<br />
Unterstützung, die es mir gestattete, unbeschwert dem Studium nachzugehen.<br />
63
Modifikation <strong>und</strong> Charakterisierung von Mikroelektrodenstrukturen zur Optimierung der kapazitiven Kommunikation mit Nervenfasern<br />
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