Diplomarbeit Der Berezinski˘i-Kosterlitz-Thouless - Institut für Physik ...
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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Physik</strong><br />
Universität Augsburg<br />
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
<strong>Der</strong> Berezinskiĭ-<strong>Kosterlitz</strong>-<strong>Thouless</strong>-Übergang<br />
mit Unordnung<br />
vorgelegt von<br />
Thomas Lück<br />
November 1997<br />
Referent<br />
Korreferent<br />
: Prof. Dr. U. Eckern<br />
: Prof. Dr. A. Kampf
2<br />
Hiermit versichere ich, die vorliegende Arbeit selbstständig verfaßt und keine anderen<br />
als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben.<br />
Augsburg, den 4. Februar 2002
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung 5<br />
1.1 <strong>Der</strong> BKT-Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
1.2 Unordnung in der statistischen Mechanik . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
1.3 Das XY-Modell mit zufälligen Phasenverschiebungen . . . . . . . 8<br />
1.4 Aufbau dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
2 Vorbereitende Überlegungen 11<br />
2.1 Die Villain-Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
2.2 <strong>Der</strong> Grundzustand des Coulombgases mit externen Dipolen . . . . 16<br />
2.3 <strong>Der</strong> Replikatrick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
3 <strong>Kosterlitz</strong>-Renormierung des replizierten Systems 21<br />
3.1 Reskalierung des Gitterabstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
3.2 Ausintegrieren kleiner Ladungspaare . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
3.3 Umformulierung der RG-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
3.4 Qualitative Diskussion des RG-Flusses . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
3.5 Replika-Korrelationsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
4 <strong>Der</strong> Replika-Limes n → 0 31<br />
4.1 Die Eintyp-Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
4.2 Berücksichtigung aller Ladungstypen (Näherung I) . . . . . . . . . 35<br />
5 Die asymptotische Näherung 38<br />
5.1 Herleitung der vereinfachten RG-Gleichungen (Näherung II) . . . 38<br />
5.2 Eigenschaften des RG-Flusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
6 Vergleich von Näherung I mit Näherung II 45<br />
6.1 Berechnung der Entropiedichte in asymptotischer Näherung . . . 45<br />
6.2 Numerische Untersuchung der Flußgleichungen in Näherung I . . . 49<br />
7 Das kritische Verhalten einiger Größen 53<br />
7.1 Divergenz der Korrelationslänge am BKT-Übergang . . . . . . . . 53<br />
7.2 <strong>Physik</strong>alische Bedeutung der Replika-Korrelationsfunktionen . . . 57<br />
7.3 Die Dielektrizitätskonstante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4 INHALTSVERZEICHNIS<br />
7.4 Kritische Exponenten im 2D XY-Modell . . . . . . . . . . . . . . 61<br />
8 Die Monte-Carlo-Simulation 65<br />
8.1 <strong>Der</strong> MC-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />
8.2 Ergebnisse der MC-Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />
9 Zusammenfassung und Ausblick 72<br />
Danksagung 74<br />
Anhang 75<br />
A Herleitung von Gleichung (2.22) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />
B Die Summen aus den Gleichungen (3.29) und (3.30) . . . . . . . . 76<br />
C Berechnung von (3.26-3.28) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />
D Die Integrale aus den Gleichungen (4.22-4.24) . . . . . . . . . . . 78<br />
E Positive Entropie <strong>für</strong> τ > 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Kapitel 1<br />
Einleitung<br />
In dieser Arbeit werden wir den Berezinkiĭ-<strong>Kosterlitz</strong>-<strong>Thouless</strong>-Übergang in Anwesenheit<br />
von Unordnung anhand eines zweidimensionalen (2D) XY-Modells mit<br />
zufälligen Phasenverschiebungen untersuchen. Wir beziehen uns dabei hauptsächlich<br />
auf eine kürzlich erschienene Arbeit von Scheidl [1]. Dort wird die Unordnung<br />
durch den Replikatrick behandelt. Scheidl gibt zum einen eine Phasengrenze an,<br />
die kein ”<br />
reentrance“-Verhalten aufweist, wie es von Rubinstein et al. [2] gefunden<br />
wurde, und zum anderen begründet er die Korrektheit seiner Ergebnisse<br />
damit, daß seine Renormierungsgleichungen immer eine positive Entropie liefern.<br />
Er schließt deshalb die Relevanz von Replika-Symmetrie-Brechung <strong>für</strong> dieses System<br />
aus. Wir verwenden hier die gleichen Methoden, allerdings können wir nicht<br />
alle Resultate Scheidls bestätigen: Durch numerische Untersuchung der Renormierungsgleichungen<br />
finden wir nämlich einen Bereich (kleine Temperaturen und<br />
große Unordnungsstärken), in dem sie eine negative Entropie liefern.<br />
Zudem erhalten wir aus Monte-Carlo-Simulationen eine Phasengrenze, die gut mit<br />
der analytisch berechneten übereinstimmt. Leider konnte das System mit unserem<br />
Algorithmus nicht bei sehr tiefen Temperaturen untersucht werden. Deshalb<br />
können wir dadurch weder einer Aussage über das Auftreten von ”<br />
reentrance“-<br />
Verhalten machen, noch darüber, ob die Ergebnisse auch in diesem Bereich die<br />
analytischen Vorhersagen bestätigen.<br />
1.1 <strong>Der</strong> BKT-Übergang<br />
Zuerst werden wir sehr kurz die wichtigsten Eigenschaften des Berezinskiĭ-<strong>Kosterlitz</strong>-<strong>Thouless</strong>(BKT)-Übergangs<br />
[3–7] 1 wiederholen. Da im folgenden das 2D XY-<br />
Modell verwendet wird, werden wir dessen kritisches Verhalten kurz diskutieren.<br />
1 Ausführliche Übersichtsartikel dazu stammen von Niehnhuis [8], Minnhagen [9] und Nelson<br />
[10]; außerdem wird das Problem in einigen Lehrbüchern wie z.B. [11, 12] behandelt.
6 1 Einleitung<br />
Das Modell wird definiert durch die folgende Hamiltonfunktion:<br />
H XY [{Θ i }] = K ∑ 〈ij〉<br />
[1 − cos (Θ i − Θ j )] . (1.1)<br />
Diese Hamiltonfunktion beschreibt ein klassisches, ferromagnetisches (wir nehmen<br />
K > 0 an) Heisenberg-Modell mit planaren Spins {s i = e iΘ i<br />
} auf einem 2D<br />
Gitter; die effektiven Freiheitsgrade {Θ i } geben die Richtung der Spins bezüglich<br />
einer fest gewählten Achse an. Die Kopplungskonstante beinhaltet bereits die<br />
Temperatur (K = J/T ), und die Wechselwirkung beschränkt sich auf nächste<br />
Nachbarn; deshalb beinhaltet die Summe ∑ 〈ij〉<br />
jedes Nächste-Nachbar-Paar genau<br />
einmal. Die Bedeutung des 2D XY-Modells geht über die Beschreibung von<br />
magnetischen Systemen hinaus, da es möglich ist, eine Vielzahl anderer physikalischer<br />
Systeme wie z.B. 2D Heliumfilme oder Netzwerke von Josephson-Kontakten<br />
auf dieses Modell abzubilden.<br />
<strong>Der</strong> Grundzustand des 2D XY-Modells ist ferromagnetisch. Da die Hamiltonfunktion<br />
(1.1) allerdings eine kontinuierliche Rotationssymmetrie (U(1)-Symmetrie)<br />
aufweist, gilt das Mermin-Wagner-Hohenberg-Theorem [13, 14], das eine langreichweitige<br />
Ordnung <strong>für</strong> alle positiven Temperaturen ausschließt. Anschaulich<br />
läßt sich dies durch die Anwesenheit von Spinwellen erklären, die bei ausreichend<br />
tiefen Temperaturen zu einem algebraischen (im Gegensatz zu einem exponentiellen)<br />
Zerfall der Spin-Spin-Korrelationsfunktion führen. Man spricht deshalb<br />
auch von quasi-langreichweitiger Ordnung.<br />
Aufgrund der Periodizität der Spin-Spin-Wechselwirkung in (1.1) gibt es neben<br />
den Spinwellen noch zusätzliche, topologische Anregungen, sogenannte Vortizes“.<br />
In der Villain-Näherung [15, 16] entkoppeln Spinwellen- und Vortexanre-<br />
”<br />
gungen. Man erhält dann einen Spinwellenanteil der Zustandssumme, der analytisch<br />
in T ist, und einen Vortexanteil, der <strong>für</strong> den BKT-Übergang verantwortlich<br />
ist. Dieser Teil ist äquivalent zu einem neutralen 2D Coulombgas (CG): Bei tiefen<br />
Temperaturen sind positive und negative Ladungen zu Dipolen gebunden<br />
(BKT-Phase), bei hohen Temperaturen sind alle Ladungen frei (Plasma). Am<br />
BKT-Übergang dissoziieren die großen Ladungspaare im System. Sobald dies<br />
im XY-Modell geschieht, führen die Vortexanregungen zu einem exponentiellen<br />
Zerfall der Spin-Spin-Korrelationsfunktion; solange sie gebunden sind, haben sie<br />
keinen langreichweitigen Einfluß im System.<br />
Ein wichtiger Schritt zum Verständnis dieses Problems war dabei die Renormierungsgruppen(RG)-Behandlung<br />
durch <strong>Kosterlitz</strong> [6]. Dabei ist die grundlegende<br />
Idee, das System schrittweise auf immer größeren Längenskalen zu betrachten<br />
und die Abschirmung durch kleinere Ladungspaare in effektiven Kopplungskonstanten<br />
zu berücksichtigen.
1.2 Unordnung in der statistischen Mechanik 7<br />
1.2 Unordnung in der statistischen Mechanik<br />
Die obigen Überlegungen galten <strong>für</strong> reine Systeme wie dem durch (1.1) definierten.<br />
Wir diskutieren nun die formale Behandlung von Unordnung, die reine Systeme<br />
in zufälliger Weise stört, in der statistischen Mechanik. Man unterscheidet<br />
zwei Arten von Unordnung: Zum einen eingefrorene Unordnung ( ”<br />
quenched disorder“),<br />
deren Konfiguration sich unabhängig von den thermischen Freiheitsgraden<br />
einstellt, und auf der anderen Seite ”<br />
annealed disorder“, deren Konfiguration<br />
selbst thermisch fluktuiert. Mathematisch bedeutet dies, daß es im zweiten Fall<br />
ausreicht, die Zustandssumme über die Unordnung zu mitteln, um das Unordnungsmittel<br />
physikalischer Größen zu berechnen, während man im eingefrorenen<br />
Fall die freie Energie, also den Logarithmus der Zustandssumme, mitteln muß.<br />
Dies stellt ein erheblich größeres Problem dar, das allerdings auf Kosten neuer<br />
Schwierigkeiten durch den Replikatrick umgangen werden kann.<br />
Eine solche Mittelung ist nur sinnvoll, wenn man annimmt, daß die physikalischen<br />
Größen eines Systems mit Unordnung durch den Mittelwert gut beschrieben werden<br />
und die Abhängigkeit von der speziellen Realisierung der Unordnungskonfiguration<br />
schwach ist. Dies ist aufgrund folgender Überlegung in vielen Fällen<br />
mit genügend kurzreichweitiger Korrelation erfüllt: Ein System im thermodynamischen<br />
Limes kann in viele unkorrelierte, makroskopisch große Teilsysteme<br />
unterteilt werden; in jedem dieser Teilsysteme ist das Verhalten durch eine andere<br />
Unordnungskonfiguration bestimmt, und die Eigenschaften des Gesamtsystems<br />
sind dann durch das Mittel über alle Teilsysteme gegeben. 2<br />
Im folgenden betrachten wir den Einfluß eines bestimmten Typs von eingefrorener<br />
Unordnung auf den BKT-Übergang: Wir führen zufällig verteilte Phasenverschiebungen<br />
auf den Bindungen im XY-Modell ein.<br />
Bei tiefen Temperaturen erwarten wir sehr starken Einfluß von Unordnung, da<br />
hier keine thermischen Fluktuationen mehr auftreten, und die Freiheitsgrade aufgrund<br />
der Wechselwirkung untereinander eigentlich einen geordneten Zustand bevorzugen;<br />
durch die Unordnung wird dieser Zustand aber gestört. Eine interessante<br />
Frage ist dann, ob schon durch eine schwache, angelegte Störung die geordnete<br />
Phase zerstört wird oder weiterhin existiert. Wenn letzteres gilt, ist von Interesse,<br />
ob (und wenn ja wie) sich die Eigenschaften des Übergangs ändern; wichtig ist,<br />
ob sich die Universalitätsklasse oder nur nicht-universelle Eigenschaften wie die<br />
Übergangstemperatur ändern.<br />
Einen ersten Hinweis <strong>für</strong> die oben eingeführte Art der Unordnung erhält man<br />
durch das Harris-Kriterium [11, 17]: Da im reinen 2D XY-Modell die Bedingung<br />
2 − dν < 0 (d = 2 und ν ”<br />
unendlich“) gilt, 3 ist es trotz (schwacher) Unordnung<br />
möglich, daß der BKT-Übergang dadurch nur geringfügig verändert wird.<br />
2 Dies entspricht der gewöhnlichen Ensemble-Idee in der statistischen <strong>Physik</strong>. Ein System<br />
mit dieser Eigenschaft bezeichnet man als ”<br />
selbstmittelnd“.<br />
3 ν ist der kritische Exponent, der die Divergenz der Korrelationslänge bei Annäherung an<br />
den Übergang beschreibt.
8 1 Einleitung<br />
1.3 Das XY-Modell mit zufälligen Phasenverschiebungen<br />
In das XY-Modell kann in verschiedener Weise Unordnung eingeführt werden:<br />
Man kann das System z.B. durch ein ungeordnetes externes Magnetfeld stören<br />
( ”<br />
random field“-Modell) oder die Kopplungskonstanten zufällig wählen (Spinglas).<br />
In dieser Arbeit werden wir zu jeder Bindung eine zusätzliche Phasenverschiebung<br />
so anbringen, daß die Hamiltonfunktion folgende Form annimmt:<br />
H XY [{Θ i } , {A ij }] = ∑ 〈ij〉<br />
K [1 − cos (Θ i − Θ j − A ij )] . (1.2)<br />
Dabei sei A ij eine normalverteilte Zufallsgröße mit den Momenten [A ij ] d = 0<br />
und [A 2 ij ] d = σ; die Unordnung an verschiedenen Orten sei unkorreliert. In dieser<br />
Arbeit repräsentiert [h] d das Unordnungsmittel einer Größe h, die von der Unordnungskonfiguration<br />
abhängt.<br />
Die thermodynamischen Eigenschaften sind in der kanonischen Zustandssumme<br />
Z XY enthalten. Dabei ist zu beachten, daß hier nur die Spur über die thermischen<br />
Freiheitsgrade {Θ i } gebildet wird:<br />
Z XY = ∑ {Θ i }<br />
e −H[{Θ i},{A ij }] ,<br />
∑<br />
=<br />
{Θ i }<br />
∫ 2π<br />
0<br />
( ∏<br />
i<br />
)<br />
dΘ i<br />
. (1.3)<br />
2π<br />
Die Mittelung<br />
∑<br />
einer Größe h über die thermischen Freiheitsgrade wird dabei mit<br />
〈h〉 = Z −1<br />
XY Θ i<br />
he −H bezeichnet.<br />
Dieses Modell wurde in der Vergangenheit vielfach diskutiert. Granato und <strong>Kosterlitz</strong><br />
[18] zeigten, daß dadurch Netzwerke von Josephson-Kontakten mit geometrischer<br />
Unordnung beschrieben werden. Rubinstein et al. [2] untersuchten das<br />
2D XY-Modell, das über die Dzyaloshinskii-Moriya-Wechselwirkung an Störstellen<br />
gekoppelt ist, und fanden, daß es durch obiges Modell beschrieben werden<br />
kann. Ihre Lösung dieses Problems wies reentrance“-Verhalten auf: Wenn man<br />
”<br />
das System bei konstanter Unordnungsstärke von hohen Temperaturen abkühlt,<br />
so verhält es sich zuerst metallisch, geht dann in eine BKT-Phase über, und bei<br />
noch tieferen Temperaturen wird es wieder metallisch.<br />
Dieses reentrance“-Verhalten wurde seitdem viel diskutiert, da es weder in Experimenten<br />
[19, 20] noch in numerischen Simulationen [21–23] gefunden wurde.<br />
”<br />
Korshunov [24] behauptete, daß die BKT-Phase durch Unordnung völlig zerstört<br />
werden sollte. Ozeki und Nishimori [25] zeigten, daß kein reentrance“ auftreten<br />
”<br />
darf, wenn die BKT-Phase existiert.<br />
Daraufhin wurde dieses Problem von Nattermann et al. [26] sowie Cha und Fertig<br />
[27] erneut betrachtet, und beide stellten übereinstimmend fest, daß zum einen<br />
die BKT-Phase existiert und zum anderen kein reentrance“ auftritt. Auf diesen<br />
”<br />
Arbeiten aufbauend untersuchten zuerst Tang [28] und kurz darauf Scheidl [1]
1.4 Aufbau dieser Arbeit 9<br />
das Modell anhand einer <strong>Kosterlitz</strong>-Renormierungsprozedur genauer. Zur Behandlung<br />
der Unordnung führt Tang eine direkte Unordnungsmittelung im unreplizierten<br />
System durch. Dabei muß er gegenüber Scheidl, der den Replikatrick<br />
verwendet, zusätzliche Näherungen anwenden, auf die wir hier nicht näher eingehen.<br />
Im weiteren werden wir uns eingehend und kritisch mit der Arbeit Scheidls [1] auseinandersetzen;<br />
das heißt, wir werden die Vorgehensweise und Ergebnisse ausführlich<br />
diskutieren und durch eigene Rechnungen ergänzen und korrigieren.<br />
1.4 Aufbau dieser Arbeit<br />
Um es dem Leser zu erleichtern, die einzelnen Kapitel und Abschnitte in den<br />
Gesamtzusammenhang einzuordnen, geben wir zunächst einen kurzen Überblick<br />
über die gesamte Arbeit.<br />
In Kapitel 2 werden wir das XY-Modell durch die Villain-Näherung in eine CG-<br />
Darstellung bringen. Daran anschließend wird der Grundzustand dieses Systems<br />
untersucht. Zum Abschluß des Kapitels replizieren wir das System und mitteln<br />
dann über die Unordnung, um den Replikatrick anzuwenden; als effektives System<br />
erhält man dabei ein 2D CG mit verschiedenen Ladungstypen.<br />
Um später den Replika-Limes auszuführen, wenden wir in Kapitel 3 die <strong>Kosterlitz</strong>’sche<br />
RG-Methode an, um <strong>für</strong> das replizierte System Flußgleichungen zu erhalten.<br />
Wir stellen schon hier fest, daß der Übergang in verschiedenen Bereichen<br />
von Temperatur und Unordnungsstärke durch unterschiedliche Ladungstypen getrieben<br />
wird.<br />
Daran anschließend wird in Kapitel 4 der Replika-Limes <strong>für</strong> diese Flußgleichungen<br />
durchgeführt. Dabei folgen wir den Ideen Scheidls [1] und erhalten schließlich<br />
einen Satz von RG-Gleichungen, die das System mit Unordnung beschreiben sollen<br />
(Näherung I).<br />
Da es nicht möglich ist, diese Differentialgleichungen analytisch zu lösen, wird<br />
in Kapitel 5 eine asymptotische Näherung <strong>für</strong> den Grenzfall großer Längenskalen<br />
abgeleitet, die schon in [1] vorgeschlagen wurde (Näherung II). Die resultierenden<br />
Gleichungen stimmen in einigen Grenzfällen mit bereits bekannten Ergebnissen<br />
überein, weshalb wir die Gleichungen auch außerhalb ihres eigentlichen Gültigkeitsbereichs<br />
auf endlichen Längenskalen testen. Bei der anschließenden Untersuchung<br />
des RG-Flusses stellt man allerdings reentrance“-Verhalten fest.<br />
”<br />
In Kapitel 6 vergleichen wir die Ergebnisse der RG-Gleichungen aus Näherung I<br />
und II. Anhand der Entropie überprüfen wir zuerst den möglichen Gültigkeitsbereich<br />
(positive Entropie) der Gleichungen in Näherung II, wobei wir im Gegensatz<br />
zu Scheidls Aussagen in der BKT-Phase einen Bereich mit negativer Entropie<br />
finden. Daraufhin untersuchen wir die Gleichungen aus Näherung I durch numerische<br />
Verfahren; immerhin können wir nun feststellen, daß die Phasengrenze kein<br />
reentrance“-Verhalten mehr aufweist. Eine eindeutige Entscheidung darüber, ob<br />
”
10 1 Einleitung<br />
die Entropie nun immer positiv ist, können wir leider nicht treffen. Darüber hinaus<br />
stellen wir jedoch fest, daß die asymptotische Näherung <strong>für</strong> hinreichend schwache<br />
Unordnung korrekte Ergebnisse liefert.<br />
Kapitel 7 beschäftigt sich mit dem kritischen Verhalten einiger Größen, das aus<br />
den Flußgleichungen bestimmt werden kann: Wir untersuchen die Divergenz der<br />
Korrelationslänge bei Annäherung an die BKT-Phase. Zudem berechnen wir die<br />
Korrelationsfunktionen des Systems mit Unordnung ebenso wie die gemittelte<br />
Dielektrizitätskonstante. Am Ende werden die RG-Ergebnisse dazu verwendet,<br />
die relevanten Exponenten im 2D XY-Modell mit Unordnung zu bestimmen.<br />
In Kapitel 8 stellen wir Monte-Carlo(MC)-Simulationen des CG-Modells vor. Wir<br />
berechnen damit die Übergangstemperatur des Modells in Abhängigkeit von der<br />
Unordnungsstärke σ und vergleichen diese Ergebnisse mit den analytischen Vorhersagen.<br />
Abschließend werden in Kapitel 9 die wesentlichen Ergebnisse dieser Arbeit kurz<br />
zusammengefaßt und noch offene Probleme dargestellt.
Kapitel 2<br />
Vorbereitende Überlegungen<br />
Wie in der Einleitung erwähnt, sind <strong>für</strong> den Phasenübergang in diesem System<br />
die topologischen Anregungen (Vortizes) maßgeblich. Deshalb führen wir in Abschnitt<br />
2.1 das 2D XY-Modell durch die Villain-Näherung, in der Vortex- und<br />
Spinwellenanteil entkoppelt sind, in ein 2D CG über. Danach wird der Einfluß<br />
der Unordnung auf den Grundzustand dieses Systems untersucht. Um die Unordnungsmittelung<br />
durchzuführen, wird in Abschnitt 2.3 der erste Teil des Replikatricks<br />
durchgeführt, indem wir das 2D CG replizieren und über die Unordnung<br />
mitteln.<br />
2.1 Die Villain-Näherung<br />
In der Villain-Näherung [15, 16] macht man in der Zustandssumme (1.3) die folgende<br />
Ersetzung, die die Periodizität des Cosinus erhält:<br />
exp {−K (1 − cos Θ)} −→<br />
+∞∑<br />
p=−∞<br />
}<br />
exp<br />
{− K∗<br />
2 (Θ − 2πp)2 . (2.1)<br />
Im allgemeinen ist K ∗ abhängig von K; <strong>für</strong> kleine Temperaturen gilt K ∗ ≈ K.<br />
Wir nehmen im folgenden an, daß diese Abhängigkeit auf die universellen Eigenschaften<br />
des Systems keinen Einfluß hat, und wählen K ∗ = K. Mit Hilfe der<br />
Summationsformel von Poisson (siehe z.B. [12,29]) läßt sich der Villain-Term nun<br />
äquivalent umformen:<br />
+∞∑<br />
p=−∞<br />
exp<br />
{− K }<br />
2 (Θ − 2πp)2 =<br />
1<br />
√<br />
2πK<br />
∞<br />
∑<br />
n=−∞<br />
}<br />
exp<br />
{− n2<br />
2K + inΘ . (2.2)
12 2 Vorbereitende Überlegungen<br />
Somit stellt sich die ursprüngliche Zustandssumme (1.3) in der Villain-Näherung<br />
wie folgt dar:<br />
∫ 2π ( ∏<br />
Z V =<br />
0<br />
i<br />
[<br />
1<br />
√<br />
2πK<br />
)<br />
dΘ i ∏<br />
×<br />
2π<br />
〈ij〉<br />
∑ ∞ {<br />
} ]<br />
exp − n2 ij<br />
2K + in ij (Θ i − Θ j − A ij ) .<br />
n ij =−∞<br />
(2.3)<br />
Die ursprünglichen Freiheitsgrade {Θ i } sind jetzt sehr leicht auszuintegrieren,<br />
wenn man n ij = −n ji beachtet und die folgende Darstellung des Kronecker-δ<br />
verwendet; der Index µ symbolisiert dabei die Verschiebung um einen Gitterplatz<br />
{(0, ±1), (±1, 0)} (im weiteren verwenden wir ein Quadratgitter):<br />
∫ 2π<br />
0<br />
dΘ<br />
{<br />
i<br />
2π exp ∑ }<br />
iΘ i n i,i+µ = δ<br />
µ n i,i+µ,0. (2.4)<br />
µ<br />
Wenn man diese Einschränkung <strong>für</strong> die neuen Freiheitsgrade {n ij } mit (∂n) i<br />
= 0<br />
abkürzt, so erhält man folgende Zustandssumme:<br />
Z V = ∑ ∏<br />
{<br />
1<br />
√ exp − 1<br />
}<br />
{n ij } 〈ij〉 2πK 2K n2 ij − in ijA ij . (2.5)<br />
(∂n) i =0<br />
Die {n ij } liegen auf den Verbindungen zwischen je zwei der ursprünglichen Winkelfreiheitsgrade;<br />
um die Nebenbedingung (∂n) i<br />
= 0 zu erfüllen, führt man neue<br />
Freiheitsgrade {m a } mit m a ∈ Z ein, die auf einem dualen Gitter zum ursprünglichen<br />
existieren, das heißt im Fall des quadratischen Gitters auf den Plaquetten.<br />
Es ist leicht einzusehen, daß durch die Definition n ij = m a − m b die Nebenbedingung<br />
automatisch erfüllt wird, wenn a und b die an die Bindung ij grenzenden<br />
Plaquetten beschreiben; <strong>für</strong> diese Plaquetten a und b wird die entsprechende Zufallsvariable<br />
A ab = A ij definiert. Wir erhalten dann die folgende Form <strong>für</strong> die<br />
Zustandssumme:<br />
Z V = ∑ ∏<br />
{<br />
1<br />
√ exp − 1<br />
}<br />
{m a} 〈ab〉 2πK 2K (m a − m b ) 2 − i (m a − m b ) A ab . (2.6)<br />
Durch Anwendung von Poissons Summationsformel kann die Summe in ein Integral<br />
überführt werden, und wir erhalten:<br />
∫ ∞<br />
Z V = ∑ {q a}<br />
{<br />
exp<br />
−∞<br />
( ∏<br />
a<br />
− 1<br />
2K<br />
dϕ a<br />
) ∏<br />
〈ab〉<br />
∑<br />
( 1<br />
√<br />
2πK<br />
)<br />
×<br />
<br />
(ϕ a − ϕ b ) 2 + 2πi ∑ a<br />
(<br />
q a − 1<br />
2π<br />
∑<br />
µ<br />
A a,a+µ<br />
)<br />
ϕ a<br />
}.<br />
(2.7)
2.1 Die Villain-Näherung 13<br />
j<br />
a<br />
m a<br />
n ij<br />
i<br />
b<br />
m b<br />
Abbildung 2.1: Die neuen Freiheitsgrade {m a } liegen auf dem dualen Gitter; durch<br />
n ij = m a − m b wird die Bedingung (∂n) i<br />
= 0 erfüllt.<br />
Die Berechnung dieses Gauß’schen Integrals ist nun leicht möglich:<br />
Z V = Z SW<br />
∑<br />
{q a}<br />
{<br />
exp − 2π 2 K ∑ a,b<br />
(q a − Q a ) ˜G<br />
}<br />
ab (q b − Q b ) , (2.8)<br />
wobei Q a die Unordnungsgröße in dieser Darstellung ist, und ˜G ab die Gitter-<br />
Greensfunktion der Laplacegleichung (siehe unten). In einer weiteren Näherung<br />
werden nur solche Vortizitäten q i mit q i ∈ {0, ±1} zugelassen, da genau diese<br />
Ladungen bei schwacher Unordnung, wie im reinen Modell auch, den Übergang<br />
treiben. <strong>Der</strong> Spinwellenanteil Z SW besteht hier aus den bereits vorhandenen Vorfaktoren<br />
und einem q i -unabhängigen Faktor, der durch die Gauß-Integration entsteht.<br />
Im weiteren wird dieser Anteil nicht mehr berücksichtigt, da er analytisch<br />
in T ist und daher zum BKT-Übergang nicht beiträgt. <strong>Der</strong> Rest, der sogenannte<br />
Vortexanteil, wird im folgenden mit Z bezeichnet. Für die darin enthaltene<br />
Gitter-Greensfunktion ˜G ab gilt:<br />
∑<br />
(ϕ a − ϕ b ) 2 = ∑ a,b<br />
〈ab〉<br />
ϕ a ˜G−1 ab ϕ b, d.h. (2.9)<br />
˜G −1<br />
ab = 4δ ab − ∑ µ<br />
δ a,b+µ . (2.10)<br />
Das bedeutet, daß die Gitter-Greensfunktion die Laplace-Gleichung auf dem Gitter<br />
erfüllen muß (∆ → 4δ ab − ∑ µ δ a,b+µ):<br />
δ ab = ∑ c<br />
˜G −1<br />
ac ˜G cb = ∑ c<br />
(<br />
4δ ac − ∑ µ<br />
δ a,c+µ<br />
)<br />
˜Gcb . (2.11)
¡<br />
¡<br />
¡<br />
14 2 Vorbereitende Überlegungen<br />
i<br />
a<br />
−Q ij<br />
Q ij<br />
b<br />
j<br />
Abbildung 2.2: Die Phasenverschiebung A ij produziert einen Vortexdipol ±Q ij =<br />
±A ij /2π auf dem dualen Gitter; dort werden die Phasenverschiebungen durch A ab =<br />
A ij definiert.<br />
Die verbliebenen Freiheitsgrade {q a } stellen Vortizes am Ort x a (x a bezeichnet<br />
den Ortsvektor zum Gitterplatz a) mit q a ∈ {0, ±1} dar. Die neuen Unordnungsgrößen<br />
∑<br />
{Q a } in der CG-Darstellung gehen aus den alten durch die Relation<br />
Q a = 1<br />
2π µ A a,a+µ hervor. Das heißt, die extern“ in der Plaquette a induzierte“<br />
” ”<br />
Vortizität Q a berechnet sich aus der Summe der angrenzenden A iaj a<br />
: 1<br />
Q a = 1<br />
2π<br />
∑<br />
A iaj a<br />
. (2.12)<br />
a<br />
Einige Eigenschaften dieser neuen Zufallsgrößen Q a sind offensichtlich: Jedes A ij<br />
erzeugt auf den angrenzenden Plaquetten einen externen Vortexdipol, das heißt<br />
einen Vortex positiver Vortizität auf der einen Plaquette und einen negativer Vortizität<br />
auf der anderen; gemäß der Definition der Phasenverschiebungen können<br />
die Vortizitäten Q a im Gegensatz zu den ”<br />
internen“ Vortizitäten q a beliebige<br />
Werte annehmen.<br />
Da in dieser neuen Darstellung weitergearbeitet werden soll, muß die Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
der externen Vortizitäten Q a berechnet werden. Es genügt, die<br />
nun auftretende räumliche Korrelation der Zufallsvariablen zu ermitteln, da die<br />
Verteilung einer Linearkombination von gaußischen Zufallsgrößen gaußisch bleibt,<br />
wobei [Q a ] d = 0 der Mittelwert ist:<br />
[Q a Q b ] d<br />
= 1 ∑ ∑<br />
4π 2<br />
a<br />
b<br />
[A iaj a<br />
A ib j b<br />
] d<br />
. (2.13)<br />
Für benachbarte Plaquetten ist genau eine Bindung in beiden Summen enthalten,<br />
man erhält aufgrund der δ-Korrelation der A ij den Beitrag −σ (A ij = −A ji !); <strong>für</strong><br />
1 □ a zeigt dabei die Summation über den Rand der Plaquette a an; i a j a stellt eine Bindung<br />
dar, die an die Plaquette a grenzt.
2.1 Die Villain-Näherung 15<br />
a = b ist der Beitrag 4σ. Dies sind alle Beiträge, und daher folgt die Form<br />
[Q a Q b ] d<br />
= σ (<br />
4δ<br />
4π 2 ab − ∑ )<br />
δ a,b+µ = σ −1 ˜G<br />
4π2 ab . (2.14)<br />
µ<br />
1.BZ<br />
˜G<br />
−1<br />
ab<br />
Da die Matrix einen Eigenwert null hat, besitzt sie strenggenommen keine<br />
−1<br />
Inverse. Man wählt deshalb eine Inverse −G ab des regulären Anteils von ˜G<br />
ab<br />
so,<br />
daß G aa = 0 gilt. ˜Gab wird also durch −G ab ersetzt, wobei G(x a − x b ) = G ab<br />
durch das folgende Fourierintegral dargestellt wird:<br />
∫<br />
d 2 k 1 − e ikx<br />
G (x) =<br />
(2π) 2<br />
. (2.15)<br />
4 − 2 cos k x − 2 cos k y<br />
Dabei symbolisiert 1.BZ die erste Brillouin-Zone des Quadratgitters mit dem elementaren<br />
Gitterabstand a 0 . Dieses Integral läßt sich in guter Näherung analytisch<br />
darstellen (siehe [12]):<br />
{<br />
0 <strong>für</strong> x = 0<br />
G (x) ≈ ( )<br />
1<br />
ln | x 2π a 0<br />
| + π . (2.16)<br />
<strong>für</strong> |x| ≥ a<br />
2<br />
0<br />
Die Gitter-Greensfunktion G(x) divergiert <strong>für</strong> große Abstände logarithmisch; deshalb<br />
divergiert auch die Feldenergie eines Vortex logarithmisch mit der Systemgröße.<br />
Das bedeutet, daß nur solche Konfigurationen eine endliche Feldenergie<br />
besitzen und folglich zu Z V beitragen, <strong>für</strong> die die globale Neutralitätsbedingung<br />
erfüllt ist:<br />
∑<br />
q i = 0. (2.17)<br />
i<br />
Das Einsetzen von (2.16) in (2.8) und Gleichung (2.17) ergibt <strong>für</strong> die Zustandssumme<br />
des neutralen 2D CG den Ausdruck (i, j bezeichnen nun die Gitterplätze<br />
des dualen Gitters):<br />
Z CG = ∑ {<br />
exp πK ∑ (q i − Q i ) ln |x i − x j |<br />
(q j − Q j )<br />
a 0<br />
{q i }<br />
i≠j<br />
(2.18)<br />
− E ∑ i<br />
(q i − Q i ) 2 }.<br />
<strong>Der</strong> on-site-Term E = π2 K wird im reinen System als core-Energie eines Vortex<br />
2<br />
interpretiert. Im ungeordneten System ist diese Interpretation allerdings problematischer,<br />
da auch Terme der Form EQ i q i auftreten.<br />
In den weiteren Kapiteln wird der Sprachgebrauch dahingehend geändert, daß das<br />
System aufgrund der logarithmischen Wechselwirkung als neutrales (vgl. (2.17))<br />
Coulombgas aufgefaßt wird und folglich nicht mehr von Vortizes, sondern von<br />
Ladungen gesprochen wird; die Zufallsgrößen sind dann externe Ladungen Q i ,<br />
die als Dipole angeordnet sind.
16 2 Vorbereitende Überlegungen<br />
2.2 <strong>Der</strong> Grundzustand des Coulombgases mit<br />
externen Dipolen<br />
Es stellt sich natürlich die Frage, welchen Einfluß diese externen Ladungen auf<br />
das Verhalten des Systems haben. Dies untersuchen wir zuerst anhand des Grundzustands,<br />
weil wir erwarten, daß der Einfluß von Unordnung umso stärker wird,<br />
je geringer die Temperatur ist.<br />
Bei Betrachten des Systems (1.2) ist offensichtlich, daß <strong>für</strong> starke Unordnung<br />
(σ π) jegliche Ordnung zerstört wird; allerdings ist nicht klar, ob die BKT-<br />
Phase, in der quasi-langreichweitige Ordnung existiert, 2 schon <strong>für</strong> beliebig schwache<br />
Unordnung σ verschwindet, oder ob es einen endlichen kritischen Wert gibt,<br />
ab dem dies geschieht. Es ist bekannt, daß im reinen System der Grundzustand<br />
ladungsfrei ist. Diese Eigenschaft könnte allerdings in Anwesenheit von Unordnung<br />
verlorengehen, da sich Unordnungskonfigurationen einstellen können, so daß<br />
der Grundzustand (Zustand kleinster Energie) nicht mehr ladungsfrei ist.<br />
Um diese Vermutung zu verifizieren, wird nun die gemittelte Ladungs-Ladungs-<br />
Korrelationsfunktion<br />
[C(|x i − x j |)] d<br />
= [〈q i q j 〉] d<br />
(2.19)<br />
berechnet. Diese Größe ist, wie im reinen System, translationsinvariant, da über<br />
alle Unordnungskonfigurationen gemittelt wird. Im verdünnten System (wenige<br />
Ladungen) ist sie durch die Wahrscheinlichkeit P (r) gegeben, eine Ladung an<br />
einem gegebenen Ort vorzufinden, wenn im Abstand r bereits eine Ladung mit<br />
umgekehrtem Vorzeichen vorhanden ist. Bei T = 0 bedeutet dies, daß man die<br />
Wahrscheinlichkeit berechnen muß, mit der eine Konfiguration mit einem Ladungspaar<br />
an den beliebigen Orten i, j (r = (x i − x j ), r = |r|) negative Energie<br />
hat.<br />
Die Energie eines Ladungspaars aufgrund der Kopplung der Teilchen ist durch<br />
V (r) = V ij = 4π 2 KG ij (2.20)<br />
gegeben.<br />
Als zusätzlicher Beitrag kommt die Potentialdifferenz des Unordnungspotentials<br />
U i = −4π 2 K ∑ j Q jG ij hinzu.<br />
Es muß zuerst die Wahrscheinlichkeitsverteilung dieses Potentials ermittelt werden.<br />
Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Gaußverteilung mit Mittelwert<br />
[U i ] d = 0 und der räumlichen Korrelation<br />
[U i U j ] d<br />
= −4π 2 σK 2 G ij . (2.21)<br />
2 Quasi-langreichweitige Ordnung bedeutet im CG-Bild, daß die Ladungs-Ladungs-Korrelationsfunktion<br />
(2.19) algebraisch zerfällt.
2.2 <strong>Der</strong> Grundzustand des Coulombgases mit externen Dipolen 17<br />
Nun ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung <strong>für</strong> {U i } bestimmt, allerdings benötigt<br />
man die Verteilung <strong>für</strong> die Potentialdifferenz (U i − U j ), wobei alle anderen U k<br />
keine Rolle spielen (siehe Anhang A):<br />
√<br />
∫<br />
| det G<br />
P [(U i − U j ) = v] =<br />
−1 ∞ (<br />
| ∏<br />
∏<br />
dU<br />
k 8π3 σK 2<br />
k<br />
)×<br />
−∞<br />
k<br />
{<br />
exp − 1 ∑<br />
(<br />
)<br />
(2.22)<br />
1<br />
U k<br />
2 −4π 2 σK 2 G− kl 1 U l<br />
}δ (U i − U j − v) .<br />
k,l<br />
Dann ist die Wahrscheinlichkeit P (r/a 0 ), daß das Unordnungspotential die Wechselwirkungsenergie<br />
eines Paares der Größe r kompensiert, also (U i − U j + V ij ) < 0<br />
gilt, durch folgenden Ausdruck gegeben:<br />
P (r) =<br />
−V<br />
∫<br />
(r)<br />
−∞<br />
dU<br />
√<br />
8π2 σK 2 G ij<br />
exp<br />
{<br />
}<br />
U 2<br />
−<br />
. (2.23)<br />
16π 2 σK 2 G ij<br />
Für r ≫ 1 gilt die Näherung G ij = G(r) ≈ 1/2π ln(r/a 0 ), und da dann nur der<br />
äußerste Teil der Verteilung beiträgt, erhält man <strong>für</strong> die gesuchte Korrelationsfunktion<br />
P (r):<br />
√ ( ) −π/2σ<br />
σ r<br />
P (r) ≈<br />
. (2.24)<br />
2π 2 ln r/a 0 a 0<br />
Im Grundzustand existieren also nicht nur Ladungspaare auf der Skala des Gitterabstands,<br />
sondern die Wahrscheinlichkeit <strong>für</strong> große Paare, die das kritische<br />
Verhalten maßgeblich bestimmen, ist ungleich null. Nun kann man die Frage beantworten,<br />
ob diese Paare schon die BKT-Phase zerstören. Dazu muß man sich<br />
an die Ergebnisse ohne Unordnung erinnern; <strong>für</strong> geringe Paardichten kann dort<br />
die Korrelationsfunktion näherungsweise <strong>für</strong> r ≫ 1 angeben werden:<br />
C (r) ∝<br />
( r<br />
a 0<br />
) −2πK<br />
. (2.25)<br />
Die Polarisierbarkeit eines Paares zeigt in führender Ordnung folgendes Verhalten,<br />
wobei aufgrund der ursprünglichen Gitterstruktur ein ”<br />
cut-off“ <strong>für</strong> kleine r<br />
eingeführt wird (R 2 → ˜R 2 ):<br />
∫<br />
χ E ∝<br />
¢<br />
˜ 2<br />
C (r)<br />
( r<br />
a 0<br />
) 2<br />
. (2.26)<br />
Im reinen System divergiert diese Größe <strong>für</strong> K ≤ 2/π (⇔ 2πK ≤ 4), dadurch<br />
wird der metallische Bereich des Phasendiagramms beschränkt. K = 2/π ist also
18 2 Vorbereitende Überlegungen<br />
die minimale Kopplung, bis zu der die BKT-Phase existieren kann.<br />
Dieses Vorgehen wollen wir jetzt <strong>für</strong> T = 0 im System mit Unordnung anwenden,<br />
um einen Wert <strong>für</strong> σ mit ähnlicher Bedeutung zu erhalten: Wir haben gezeigt,<br />
daß genügend starke Unordnung (ähnlich wie die Temperatur) Ladungspaare auf<br />
allen Längenskalen erzeugt; diese Ladungspaare können sich aufgrund einer kleinen<br />
äußeren Störung im Unordnungspotential so umordnen, daß sie diese völlig<br />
abschirmen können. Wir erhalten dann unter Berücksichtigung von<br />
∫<br />
χ E ∝<br />
¢<br />
˜ 2<br />
die Bedingung<br />
P (r)<br />
( r<br />
a 0<br />
) 2<br />
(2.27)<br />
π<br />
2σ ≤ 4 ⇔ σ ≥ π 8<br />
(2.28)<br />
und fassen deshalb σ = π/8 als maximale Unordnungsstärke auf, bis zu der<br />
die BKT-Phase reichen kann. Für hinreichend schwache Unordnung sollte also<br />
der Grundzustand dielektrisch bleiben. Wir werden feststellen, daß dies auch <strong>für</strong><br />
positive Temperaturen gilt.<br />
2.3 <strong>Der</strong> Replikatrick<br />
Um weitere Ergebnisse <strong>für</strong> das System mit Unordnung zu erhalten, muß man die<br />
freie Energie F = − ln Z über die Zufallsgrößen Q i mitteln; dabei erweist sich<br />
der Logarithmus als besonders problematisch. Viel leichter wäre es, die Zustandssumme<br />
direkt zu mitteln, was <strong>für</strong> eingefrorene Unordnung leider falsch ist. Aus<br />
diesem Dilemma kann man sich mit Hilfe des Replikatricks [30] befreien. Man<br />
verwendet die folgende Identität:<br />
ln Z = lim<br />
n→0<br />
Z n − 1<br />
n<br />
⇒<br />
[Z n ]<br />
[F] d<br />
= − lim d<br />
− 1<br />
. (2.29)<br />
n→0 n<br />
Dabei soll Z n die Zustandssumme des n-fach replizierten Ausgangssystems bezeichnen,<br />
also n nicht-gekoppelte 2D CG-Systeme mit identischer Unordnungskonfiguration.<br />
Man kann dann im replizierten System die Zustandssumme über<br />
die Unordnung mitteln und damit Berechnungen anstellen. Um die physikalisch<br />
relevanten Ergebnisse <strong>für</strong> das System mit Unordnung zu erhalten, müssen wir<br />
zuletzt den Limes n → 0 durchführen. Dieser Schritt wird uns später die größten<br />
Probleme bereiten, da die physikalische Bedeutung von nicht-ganzzahligem n unklar<br />
ist. 3<br />
3 Dieses Vorgehen wird von Cardy in [11] ausführlich behandelt.
2.3 <strong>Der</strong> Replikatrick 19<br />
Es sollte noch erwähnt werden, daß bei einigen Systemen (z.B. Sherrington-<br />
Kirkpatrick-Spinglas, vgl. [31]) diese Methode verallgemeinert werden muß (Replika-Symmetrie-Brechung<br />
[31,32]), um physikalisch richtige Ergebnisse zu erhalten.<br />
4<br />
Um das System zu replizieren, führt man <strong>für</strong> das CG-System einen zusätzlichen<br />
Index α, den sogenannten Replikaindex, ein und erhält aus (2.8) die replizierte<br />
Zustandssumme n unabhängiger Systeme:<br />
ZCG n = ∑ {<br />
exp 2π 2 K<br />
{qi α }<br />
n∑ ∑<br />
( ) }<br />
(qi α − Q i ) G ij q<br />
α<br />
j − Q j . (2.30)<br />
α=1<br />
i,j<br />
Nun läßt sich die Mittelung über die normalverteilten Zufallsvariablen Q i problemlos<br />
durchführen, wobei die räumliche Korrelation durch (2.14) gegeben ist:<br />
√<br />
[ZCG n ] d = | det G| ∏ 2π ∑<br />
{<br />
exp 2π 2 K ∑ ∑<br />
}<br />
qi α σ<br />
G ijqj<br />
α ×<br />
i<br />
α i,j<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
( ∏<br />
i<br />
{q α i }<br />
) {<br />
dQ i exp − 1 ∑<br />
(<br />
}<br />
Q i − 4π2<br />
2<br />
σ<br />
− n4π2 K<br />
)G ij Q j ×<br />
i,j<br />
{<br />
exp i ∑ Q i i4π 2 K ∑ ∑<br />
qj α G ij<br />
}.<br />
i<br />
α j<br />
Als Ergebnis erhält man dann durch einfache Gauß’sche Integration:<br />
[ZCG n ] d = 1 ∑<br />
{<br />
√∏<br />
i (1 + nσK) exp 2π 2 K ∑ ∑<br />
}<br />
qi α G ijqj<br />
α ×<br />
{qi α }<br />
α i,j<br />
{ −2π 2 σK 2 ∑ ∑<br />
}<br />
exp<br />
qi α 1 + nσK<br />
G ijq β j .<br />
α,β<br />
i,j<br />
(2.31)<br />
(2.32)<br />
Es wird deutlich, daß sich die Struktur der Zustandssumme durch die Mittelung<br />
über die Unordnung geändert hat, denn nun sind Kopplungen nicht nur innerhalb<br />
eines Replikas, sondern auch zwischen verschiedenen Replikas vorhanden; dabei<br />
ist die Wechselwirkung Replika-symmetrisch, das heißt, beim Vertauschen zweier<br />
Replikas bleibt die Zustandssumme invariant. Außerdem erkennt man, daß <strong>für</strong><br />
die untersuchte Art der Unordnung die räumliche Abhängigkeit der unordnungsinduzierten<br />
und ursprünglichen Wechselwirkung identisch ist. Dies ist später <strong>für</strong><br />
die RG-Behandlung des Problems von entscheidender Bedeutung.<br />
Wenn wir nun die Näherung (2.16) <strong>für</strong> die Gitter-Greensfunktion anwenden und<br />
die Ladungen der verschiedenen Replikas an einem Ort i zu einem Vektor<br />
q i = (q 1 i , . . . , q α i , . . . , q n i ) (2.33)<br />
4 Ein Ziel der Arbeit ist zu untersuchen, ob wir dies <strong>für</strong> unseren Fall ausschließen können.
20 2 Vorbereitende Überlegungen<br />
zusammenfassen, so erhalten wir folgende kompakte Form:<br />
[Z n CG ] d = 1<br />
√∏<br />
i (1 + nσK) ∑<br />
{q i }<br />
{<br />
exp π ∑ q i Kq j ln |x i − x j |<br />
− ∑ a<br />
i≠j<br />
i<br />
q i Eq i<br />
}.<br />
(2.34)<br />
Dabei sind die Matrizen K, E ∈ R n×n durch<br />
K αβ = Kδ αβ − ˆK mit ˆK = σK2 , und (2.35)<br />
1 + nσK<br />
E αβ = π2<br />
2 Kαβ<br />
definiert. Im weiteren gilt E = (π 2 /2)K und Ê = (π2 /2) ˆK. Die Neutralitätsbedingung<br />
(2.17) gilt getrennt <strong>für</strong> jedes Replika:<br />
∑<br />
q i = 0, mit qi α ∈ {0, ±1}. (2.36)<br />
i<br />
Man erhält also eine verallgemeinerte Form des neutralen CG ohne Unordnung;<br />
die skalaren Ladungen werden durch Ladungsvektoren (im Replikaraum) und<br />
die Kopplungskonstante durch eine Kopplungsmatrix ersetzt. Nach der Unordnungsmittelung<br />
ist das Problem wieder translationsinvariant, und aufgrund seiner<br />
Struktur läßt es sich durch die bekannten RG-Methoden behandeln; es wird<br />
deutlich, daß es einem herkömmlichen System mit verschiedenartigen Ladungstypen<br />
sehr ähnlich ist. Die größte Schwierigkeit wird der Grenzübergang n → 0<br />
darstellen.
Kapitel 3<br />
<strong>Kosterlitz</strong>-Renormierung des<br />
replizierten Systems<br />
Da es sich bei unserem Problem (2.34-2.36) aus dem vorigen Kapitel um eine Verallgemeinerung<br />
des CG-Problems ohne Unordnung handelt, wird in diesem Kapitel<br />
versucht, ein ähnliches Lösungskonzept anzuwenden, wie es von <strong>Kosterlitz</strong> [6]<br />
vorgeschlagen wurde. Es werden also RG-Gleichungen hergeleitet, und damit wird<br />
der Phasenübergang untersucht; dies geschieht, wie bei der herkömmlichen Rechnung<br />
auch, lediglich in der Näherung geringer Teilchendichten. In diesem Kapitel<br />
wird der Fall n > 0 behandelt, also ein System von n gleichen CG-Ebenen, wobei<br />
alle Ebenen untereinander gleich stark gekoppelt sind. In Kapitel 4 wird der<br />
Replika-Limes n → 0 untersucht; dort wird versucht, die hier gewonnenen Ergebnisse<br />
geeignet zu verallgemeinern.<br />
Das Problem ist durch die Zustandssumme (2.34) mit der Nebenbedingung (2.36)<br />
gegeben. Für die Behandlung durch die RG-Methode ist es bequem, zu einer Kontinuumsdarstellung<br />
überzugehen, wobei beachtet werden muß, daß der Abstand<br />
zweier Vektorladungen nicht kleiner als der Gitterabstand a 0 sein darf. Dies führt<br />
dazu, daß nicht alle Teilchenpositionen unabängig voneinander über den gesamten<br />
Raum R 2 integriert werden dürfen. In dieser Darstellung summiert man dann<br />
nicht mehr über Gitterplätze, sondern über alle vorhandenen Replika-Ladungen,<br />
wobei die Neutralitätsbedingung (2.36) erfüllt sein muß (vgl. δ<br />
ν nνqν,0 ):<br />
[ZCG n ] d = ∑ ∫<br />
1<br />
∏<br />
{n ν} ν (n ν!)<br />
( ∏<br />
ν<br />
Y nν<br />
ν<br />
)<br />
exp<br />
∫<br />
. . .<br />
∏ ∏n ν<br />
|x ν ν i=1<br />
i −xµ j |>a 0<br />
d 2 x ν i<br />
a 2 0<br />
{ n<br />
1 ∑ ∑ µ<br />
∑n ν<br />
2πq µ Kq ν ln<br />
2<br />
µ,ν i=1 j=1<br />
(µ,i)≠(ν,j)<br />
δ<br />
ν nνqν,0 ×<br />
∣ x<br />
µ<br />
∣}<br />
.<br />
a 0<br />
i − xν j<br />
(3.1)<br />
Die Indizes ν, µ numerieren die verschiedenen Typen von Vektorladungen, die<br />
dadurch bestimmt sind, an welchen Stellen des Vektors welche Einträge stehen;
22 3 <strong>Kosterlitz</strong>-Renormierung des replizierten Systems<br />
α<br />
1 2 3 4<br />
5<br />
Abbildung 3.1: Hier sind fünf verschiedene Vektorladungen dargestellt; dabei symbolisieren<br />
die waagrechten Linien die verschiedenen Replikaebenen und die Zahlen 1-5<br />
verschiedene Gitterplätze. Hier gilt m 0 = 4, 3, 3, 1, 4 und m 1 = 0, 1, 1, 1, 0. q 2 und q 3<br />
haben also die gleiche Fugazität, q 1 = −q 5 bilden zusammen einen Ladungsdipol.<br />
einige Beispiele sind in Abb. 3.1 dargestellt. Die Indizes i, j symbolisieren nicht<br />
mehr die Gitterplätze, sondern die vorhandenen Teilchen“ der verschiedenen Ladungstypen.<br />
”<br />
Wenn q ν den Vektor vom Typ ν bezeichnet, so ergibt sich die zugehörige Paarfugazität<br />
(eines Dipols) Y 2<br />
ν<br />
Y 2<br />
ν<br />
zu:<br />
{<br />
= exp {−2q νEq ν } = exp − 2E ∑ α<br />
( ∑<br />
(qν α )2 + 2Ê<br />
α<br />
q α ν<br />
) 2<br />
}<br />
. (3.2)<br />
Die Größe n ν gibt die Anzahl der Ladungen vom Typ ν in einer Konfiguration an.<br />
Ein Typ einer Vektorladung ist durch durch die Einträge {q α ν } eines Vektors im<br />
Replikaraum bestimmt; da der Nullvektor meist keine physikalische Bedeutung<br />
besitzt, wird ihm kein Typ ν zugeordnet. Es werden die folgenden Abkürzungen<br />
eingeführt, die die Paarfugazität eines Typs vollständig bestimmen:<br />
m 0,ν = ∑ (qν α )2 und (3.3)<br />
α<br />
m 1,ν = ∣ ∑ qν<br />
α ∣<br />
∣. (3.4)<br />
α<br />
Dabei gibt m 0,ν die Gesamtzahl der nicht-trivialen Einträge und m 1,ν den Unterschied<br />
zwischen positiven und negativen Einträgen im Vektortyp ν an. Diese<br />
beiden Größen charakterisieren die einzelnen Typen nicht eindeutig, sondern sie<br />
fassen all die Typen zu einer Klasse zusammen, die wegen der Replika-Symmetrie<br />
die gleiche Fugazität haben.<br />
Nach diesen Vorüberlegungen können wir die RG-Prozedur von <strong>Kosterlitz</strong> [6] anwenden,<br />
in der sukzessive Freiheitsgrade auf kleinen Längenskalen eliminiert werden,<br />
und dies zu einer Veränderung der Systemparameter führt. Dies geschieht in
3.1 Reskalierung des Gitterabstands 23<br />
zwei Schritten: Zum einen wird die Zustandssumme statt durch den minimalen<br />
Abstand a durch a + da ausgedrückt und danach reskaliert a + da → a; dies führt<br />
zu einer Verdichtung des Systems. Zum anderen werden alle Paare ausintegriert,<br />
die sich im Abstand zwischen a und a + da befinden, das heißt, kleine Paare<br />
verschwinden aus der Zustandssumme, was zu einer Ausdünnung führt. Danach<br />
wird die neue Zustandssumme durch Umdefinition der Systemparameter auf die<br />
gleiche funktionale Form gebracht wie vor dem Renormierungsschritt: Diese Prozedur<br />
liefert Differentialgleichungen <strong>für</strong> den RG-Fluß der Systemparameter. Das<br />
Verhalten dieses RG-Flusses in der Nähe von Fixpunkten bestimmt das physikalische<br />
Verhalten auf großen Längenskalen, also insbesondere das kritische Verhalten.<br />
Dies wird zum Beispiel in Abschnitt 7.1 am Beispiel der Korrelationslänge<br />
illustriert.<br />
3.1 Reskalierung des Gitterabstands<br />
In der Reskalierungsprozedur werden wir alle a’s in der Zustandssumme durch<br />
a + da ausdrücken und dann diesen Abstand wieder a nennen. Damit die Zustandssumme<br />
unter dieser Operation invariant bleibt, müssen die Parameter des<br />
Systems verändert werden.<br />
Die Größe a kommt in der Zustandssumme (3.1) in zwei Formen vor:<br />
1.<br />
(<br />
1<br />
a → 1<br />
2 (a + da) 2 1 + 2 da )<br />
a<br />
⇒ ∏ ∏n ν<br />
(<br />
1 ∏<br />
a → ∏n ν<br />
)(<br />
1 ∏ 2 (a + da) 2 ν<br />
ν<br />
ν<br />
i=1<br />
i=1<br />
(<br />
1 + 2 da ) nν<br />
)<br />
.<br />
a<br />
(3.5)<br />
2. ln 1 a → ln 1<br />
a + da<br />
⇒ 1 n<br />
∑ ∑ µ<br />
∑n ν<br />
2<br />
= 1 2<br />
µ,ν i=1 j=1<br />
(µ,i)≠(ν,j)<br />
n<br />
∑ ∑ µ<br />
∑n ν<br />
µ,ν<br />
i=1<br />
j=1<br />
(<br />
1 + da )<br />
a<br />
2π da<br />
a q µKq ν =<br />
2π da<br />
a q µKq ν<br />
} {{ }<br />
=0, wegen (2.36)<br />
− 1 2<br />
∑ ∑n ν<br />
ν<br />
i=1<br />
2π da<br />
a q νKq ν .<br />
(3.6)
24 3 <strong>Kosterlitz</strong>-Renormierung des replizierten Systems<br />
Die Beziehung (3.6) geht im Exponenten in die Zustandssumme ein; deshalb<br />
ergibt sich:<br />
{<br />
exp − π da ∑ ∑n ν<br />
}<br />
q ν Kq ν =<br />
a<br />
ν i=1<br />
{<br />
= exp − π da ∑<br />
n ν<br />
(m ˆK) }<br />
0,ν K − m 2 1,ν =<br />
(3.7)<br />
a<br />
ν<br />
= ∏ [ {<br />
exp −π da (<br />
ˆK) }] n ν<br />
m 0,ν K − m 2 1,ν .<br />
a<br />
ν<br />
Da da/a infinitesimal ist, lassen sich die Terme (3.5) und (3.7) in erster Ordnung<br />
danach entwickeln, und wir erhalten aufgrund der Reskalierung eine veränderte<br />
Fugazität:<br />
Y ν → Y ν + da<br />
a Y ν<br />
( (<br />
2 − π m 0,ν K − m 2 ˆK<br />
))<br />
1,ν . (3.8)<br />
Wenn dies in eine Differentialgleichung umgeschrieben wird, so erhält man als abschließendes<br />
Ergebnis die folgenden RG-Gleichungen <strong>für</strong> die verschiedenen Typen<br />
ν der Vektorladungen:<br />
a dY ν<br />
2<br />
da = Y ν<br />
2<br />
(<br />
4 − 2π<br />
(<br />
m 0,ν K − m 2 ˆK<br />
))<br />
1,ν . (3.9)<br />
Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet kann man dies auch als eine Änderung<br />
der Energien E und Ê interpretieren:<br />
a dE<br />
da<br />
= πK, (3.10)<br />
a dÊ<br />
da = π ˆK. (3.11)<br />
Die beiden Gleichungen ergeben dann zusammen mit<br />
{<br />
Yν 2 (a) = exp 4 ln a }<br />
− 2m 0,ν E + 2m 2<br />
a<br />
1,νÊ . (3.12)<br />
0<br />
die gleiche Information wie Gleichung (3.9). Im folgenden wird immer, außer wir<br />
erwähnen es explizit, von renormierten Größen gesprochen; alle Parameter (K, σ,<br />
E, Ê und Yν 2 ) sind also eigentlich Funktionen des renormierten Gitterabstands<br />
a, 1 wobei a = a 0 die unrenormierten Werte liefert; im folgenden werden diese<br />
Anfangswerte einer Größe h mit h 0 abgekürzt. Für die renormierten Größen (a ><br />
a 0 ) gilt die Beziehung (2.35) zwischen E und K bzw. Ê und ˆK nicht mehr. Auch<br />
die renormierten Fugazitäten Yν 2 sind dann nicht mehr durch Gleichung (3.2)<br />
bestimmt, sondern durch den Ausdruck (3.12) gegeben.<br />
1 Soweit die Bedeutung klar ist, wird in der Notation allerdings darauf verzichtet, diese<br />
Abhängigkeit ständig anzugeben.
3.2 Ausintegrieren kleiner Ladungspaare 25<br />
3.2 Ausintegrieren kleiner Ladungspaare<br />
Die Integration in der Zustandssumme über eine Ladungsposition teilen wir<br />
gemäß <strong>Kosterlitz</strong> [6] in ein Integral über den Ring zwischen a und (a + da)<br />
um alle anderen Ladungsvektoren und den Rest des Konfigurationsraums auf.<br />
Dann wird die Integration über den Ring ausgeführt. Das bedeutet, daß in allen<br />
Konfigurationen, in denen sich zwei Teilchen q p und q q auf einen Abstand<br />
a < |x p − x q | ≤ (a + da) nähern, diese Freiheitsgrade aus der Zustandssumme<br />
ausintegriert werden. Durch dieses Integral berücksichtigt man die Abschirmung<br />
der Wechselwirkung zwischen zwei weiter entfernten Teilchen durch kleine Paare.<br />
Wie man aus der Rechnung <strong>für</strong> CG-Systeme mit verschiedenen Ladungsarten<br />
weiß (vgl. Nienhuis [8]), trägt in niederster Ordnung in den Fugazitäten nur<br />
der Fall bei, daß ein Ladungsdipol ausintegriert wird, daß also q p = −q q gilt.<br />
Die Möglichkeit, daß zwei oder mehr verschiedene Ladungen eine neue effektive<br />
Ladung erzeugen, kann daher <strong>für</strong> kleine Fugazitäten vernachlässigt werden; wir<br />
beschränken uns deshalb im folgenden auf verdünnte Systeme. 2<br />
Wenn wir annehmen, daß q p vom Typ ν ist, so muß <strong>für</strong> den Beitrag solcher Dipole<br />
das Integral I ν berechnet werden:<br />
I ν =<br />
∫∫<br />
a
26 3 <strong>Kosterlitz</strong>-Renormierung des replizierten Systems<br />
Nienhuis [8] ist bekannt, daß dies zu den resultierenden RG-Gleichungen lediglich<br />
in höherer Ordnung in Yν<br />
2 beiträgt. Da wir nur verdünnte Systeme betrachten,<br />
stellt diese Näherung kein Problem dar.<br />
Da die Ladung q p schon dadurch festgelegt ist, daß man sich auf einen Vektorladungstyp<br />
ν beschränkt, wird diese nun mit q ν bezeichnet.<br />
In einem verdünnten CG sind die einzelnen Paare weit voneinander entfernt; <strong>für</strong><br />
die Ausdehnung |r| ≈ a des auszuintegrierenden Ladungspaares gilt deshalb, daß<br />
sie im allgemeinen wesentlich geringer ist als der Abstand des Paares zu allen<br />
anderen Ladungen. Das Integral kann dann nach der kleinen Größe |r|/|x µ j − R|<br />
entwickelt werden. Da die Integration der linearen Näherung wegen der Isotropie<br />
des Systems keinen Beitrag liefert, wird der Integrand bis in quadratische<br />
Ordnung von |r|/|x µ j − R| entwickelt, und man erhält:<br />
∫<br />
d 2 ∫<br />
R d 2 r<br />
I ν =<br />
1<br />
a 2 a 2<br />
∫<br />
+<br />
¢<br />
2<br />
+ 1 2<br />
¢<br />
2<br />
∫<br />
¢<br />
2<br />
d 2 R<br />
a 2<br />
a
3.3 Umformulierung der RG-Gleichungen 27<br />
gegeben. Durch Umordnen der Zustandssumme (3.1) wird deutlich, daß dieser<br />
Prozeß die Kopplungsmatrix K renormiert:<br />
K → K − da<br />
a 4π3 1 2<br />
∑<br />
ν<br />
Als Differentialgleichung stellt sich dies wie folgt dar:<br />
a dK<br />
da = −4π3 1 2<br />
∑<br />
ν<br />
R ν Y 2<br />
ν . (3.18)<br />
R ν Y 2<br />
ν . (3.19)<br />
<strong>Der</strong> erste Summand aus Gleichung (3.16) renormiert zusätzlich die Zustandssumme<br />
um einen globalen Faktor:<br />
∏<br />
{<br />
[Z n ] d<br />
→ [Z n ] d<br />
exp π da }<br />
A<br />
a a Y 2<br />
2 ν = [Z n ] d<br />
+ [Z n ] d<br />
π A da ∑<br />
Y<br />
a 2 ν 2<br />
a<br />
. (3.20)<br />
ν<br />
Deshalb erhält man eine Renormierung der freien Energiedichte pro Replikaebene<br />
f = Fa 2 /nA:<br />
a df<br />
da = −π 1 n<br />
∑<br />
ν<br />
Y 2<br />
ν . (3.21)<br />
Die Renormierung der gesamten freien Energiedichte ist durch<br />
( a0<br />
) 2<br />
f g (K 0 , σ 0 , Y 0 ) = fg (K(a), σ(a), Y (a)) + f(a) (3.22)<br />
a<br />
gegeben. Offensichtlich gilt dabei f 0 = 0.<br />
<strong>Der</strong> erste Summand aus Gleichung (3.22) kommt durch die Vergrößerung der<br />
Längenskala zustande und ist der Beitrag zur freien Energiedichte, den die renormierten<br />
Freiheitsgrade liefern. f(a) ist dagegen der Anteil, den Paare, deren<br />
Ausdehnung kleiner als a ist, beitragen. Diese Überlegung wird später bei der Berechnung<br />
der Entropiedichte (siehe Abschnitt 6.1) von entscheidender Bedeutung<br />
sein.<br />
3.3 Umformulierung der RG-Gleichungen<br />
Grundsätzlich ist der RG-Fluß durch die Differentialgleichungen (3.9) und (3.19)<br />
vollständig gegeben. Die zweite Gleichung <strong>für</strong> die Matrix K kann allerdings auf lediglich<br />
zwei Differentialgleichungen <strong>für</strong> die relevanten Parameter K und σ zurückgeführt<br />
werden. Dazu müssen wir die Matrix R = 1/2 ∑ ν Y ν 2R<br />
ν genauer untersuchen:<br />
R αβ = 1 2<br />
∑ ∑<br />
ν<br />
γ,δ<br />
Y 2<br />
ν qγ ν qδ ν Kαγ K βδ . (3.23)<br />
ν
28 3 <strong>Kosterlitz</strong>-Renormierung des replizierten Systems<br />
Es wird schnell deutlich, daß sich die Struktur der Matrix K auf die Matrix R<br />
überträgt. Deshalb sind nur zwei Werte zu berechnen, der diagonale und der<br />
nicht-diagonale Eintrag. Dabei sind viele Summanden aufgrund des Faktors q γ ν q δ ν<br />
null. Die beiden Einträge der Matrix R sind dann wie folgt gegeben:<br />
R αα = 1 ∑<br />
K αδ K ∑ αγ<br />
2<br />
γ≠δ ν<br />
R α≠β = 1 ∑<br />
K αγ K ∑ βδ<br />
2<br />
γ≠δ ν<br />
q γ ν qδ ν Y 2<br />
ν + 1 2<br />
q γ ν qδ ν Y 2<br />
ν + 1 2<br />
∑<br />
(K αγ ) ∑ 2<br />
γ<br />
ν<br />
∑<br />
K αγ K ∑ βγ<br />
γ<br />
ν<br />
Als nächstes führen wir wie in [1] die folgenden Abkürzungen ein:<br />
Y 2 = 1 2<br />
Y 2<br />
dis = 1 2<br />
∑<br />
ν<br />
∑<br />
ν<br />
(q γ ν )2 Y 2<br />
ν und (3.24)<br />
(q γ ν )2 Y 2<br />
ν . (3.25)<br />
q α ν qα ν Y 2<br />
ν , (3.26)<br />
qν α qβ≠α ν Yν 2 , (3.27)<br />
Y 2<br />
con = Y 2 − Y 2<br />
dis . (3.28)<br />
Aufgrund der Replika-Symmetrie ist klar, daß diese Paarfugazitäten nicht vom<br />
expliziten Wert von α und β abhängen. Ihre Bedeutung kann man sich wie folgt<br />
vorstellen: Y 2 ist die Fugazität <strong>für</strong> ein Paar, dessen Partner sich in einer Replikaebene<br />
befinden; Ydis 2 ( disconnected“) ist relevant <strong>für</strong> ein Paar aus Teilchen<br />
”<br />
verschiedener Replikaebenen. Ycon 2 ( connected“) gibt den Unterschied dieser beiden<br />
Werte an und ist somit der Diagonalanteil, der ohne Unordnung vorhanden<br />
”<br />
wäre. Wir werden sehen, daß im Replika-Limes Ydis 2 der Unordnungsteil der Fugazität<br />
und Ycon 2 der reine Anteil ist. Die Gesamtfugazität ist durch Y 2 = Ycon 2 + Y dis<br />
2<br />
gegeben.<br />
Mit diesen Substitutionen erhält man dann die folgenden zwei Differentialgleichungen:<br />
a dKαα<br />
da<br />
a dKα≠β<br />
da<br />
= −4π 3 Y 2 ∑ γ<br />
= −4π 3 Y 2 ∑ γ<br />
(K αγ ) 2 − 4π 3 Y 2<br />
dis<br />
∑<br />
K αγ K αδ , (3.29)<br />
γ≠δ<br />
K αγ K βγ − 4π 3 Y 2<br />
dis<br />
∑<br />
K αγ K βδ . (3.30)<br />
Die vier Summen werden in Anhang B unter Berücksichtigung der genauen Form<br />
von K (K αβ = Kδ αβ − ˆK) explizit berechnet; <strong>für</strong> die weitere Diskussion der<br />
Ergebnisse ist dies allerdings vorerst nicht notwendig. Zusammen mit (3.9) ist<br />
der RG-Fluß dann vollständig gegeben:<br />
a dY ν<br />
2 ( (<br />
da = Y ν<br />
2 4 − 2π m 0,ν K − m 2 ˆK<br />
))<br />
1,ν .<br />
γ≠δ
3.4 Qualitative Diskussion des RG-Flusses 29<br />
3.4 Qualitative Diskussion des RG-Flusses<br />
In diesem Abschnitt leiten wir einige Ergebnisse aus den RG-Gleichungen <strong>für</strong> das<br />
replizierte System ab. Da wir aber eigentlich an den Gleichungen im Replika-<br />
Limes n → 0 interessiert sind, fällt die Diskussion knapp und qualitativ aus.<br />
Für n = 1 und σ = 0 erhält man die bekannten Gleichungen <strong>für</strong> das reine System.<br />
Für den Fall n > 1 werden wir den Phasenfluß qualitativ untersuchen. Die BKT-<br />
Phase wird schon zerstört, sobald nur ein Vektorladungstyp dissoziiert; deshalb<br />
treiben die Ladungstypen mit der geringsten Kopplung den Übergang. In den RG-<br />
Gleichungen sind dies die Ladungstypen, deren Fugazität unter Renormierung am<br />
stärksten steigt bzw. am geringsten fällt. Für die entsprechenden Typen ν muß<br />
also gelten (vgl. (3.9)):<br />
(<br />
)<br />
4 − 2πK m 0,ν − m 2 σK<br />
1,ν<br />
ist maximal. (3.31)<br />
1 + nσK<br />
Man muß also m 1,ν maximal wählen, woraus folgt, daß m 1,ν = m 0,ν gilt (siehe<br />
(3.3) und (3.4)). Daraus erhält man eine nach oben geöffnete Parabel <strong>für</strong> m 0,ν ,<br />
die die maximalen Werte an den Grenzen m 0,ν = 1 oder m 0,ν = n annimmt. Im<br />
Hochtemperatur-Bereich σK < 1 sind dann die Ladungstypen mit m 0,ν = m 1,ν =<br />
1 relevant; <strong>für</strong> kleine Temperaturen σK > 1 bestimmt m 0,ν = m 1,ν = n die entscheidenden<br />
Vektorladungstypen. In zwei verschiedenen Parameterbereichen sind<br />
also verschiedene Vektorladungstypen <strong>für</strong> den Übergang verantwortlich.<br />
Dadurch ist ein weiterer Hinweis gegeben, daß es nicht gerechtfertigt ist, lediglich<br />
einen einzigen Ladungstyp wie in [2] zu betrachten. Man muß also auch im<br />
Replika-Limes mehr als nur einen Vektorladungstyp in Betracht ziehen.<br />
Davon abgesehen ist zu beachten, daß man außerhalb der BKT-Phase unphysikalische<br />
Ergebnisse erhält, da die Fugazitäten dort auf Längenskalen, die groß<br />
genug sind, beliebig anwachsen; zudem verläßt man dabei den Gültigkeitsbereich<br />
der Gleichungen. Bis auf eine Ausnahme (siehe 7.1), wo dieses Problem umgangen<br />
werden kann, werden wir die RG-Gleichungen deshalb nur innerhalb der BKT-<br />
Phase verwenden. Grundsätzlich kann man das Problem dadurch lösen, daß die<br />
Beiträge höherer Ordnung in den Fugazitäten berücksichtigt werden, die bei der<br />
Herleitung der RG-Gleichungen in dieser Arbeit vernachlässigt wurden. Bei der<br />
Untersuchung des BKT-Übergangs spielen sie allerdings keine Rolle.<br />
3.5 Replika-Korrelationsfunktionen<br />
In diesem Abschnitt werden die Ladungsdichte-Korrelationsfunktionen im replizierten<br />
System innerhalb der BKT-Phase betrachtet. Man kann dabei zwei Typen<br />
unterscheiden: Zum einen gibt es die Korrelation innerhalb einer Replikaebene<br />
und zum anderen die zwischen zwei verschieden Replikas.<br />
Die Vektorladungsdichte ρ(r) eines Systems mit den Vektorladungen {q ν i } an den
30 3 <strong>Kosterlitz</strong>-Renormierung des replizierten Systems<br />
Orten {x ν i } ist durch den folgenden Ausdruck gegeben:<br />
ρ (r) = ∑ ν<br />
∑n ν<br />
i=1<br />
q ν δ (r − x ν i ) . (3.32)<br />
Von Interesse sind nun Korrelationsfunktionen von folgendem Typ: 3<br />
C αβ (r) = 〈 ρ α (0) ρ β (r) 〉 . (3.33)<br />
Diese Funktionen lassen sich problemlos in niederster Ordnung in den Fugazitäten<br />
(entspricht geringer Teilchendichte) berechnen; dazu verwenden wir die Darstellung<br />
des Systems auf der Skala a = |r|. Wir greifen dabei also auf die renormierten<br />
Größen zurück. Mit Hilfe der Zustandssumme (3.1) erhalten wir so in niederster<br />
Ordnung in Yν 2:<br />
C αβ (r) ≈ 1 2<br />
∑<br />
ν<br />
Y 2<br />
ν<br />
∫<br />
¢<br />
˜ 2<br />
d 2 x ν 1<br />
a 2<br />
∫<br />
¢<br />
˜ 2<br />
+ O ( )<br />
Yν<br />
4 |r|=a<br />
= − 2 1<br />
a 4 2<br />
(<br />
d 2 x ν 2<br />
|x<br />
a 2 ρα (0) ρ β ν<br />
(r) 1 − x ν 2 |<br />
a<br />
∑<br />
ν<br />
) −2πqνKq ν<br />
Yν 2 qν α qν β + O ( (3.34)<br />
)<br />
Yν<br />
4 .<br />
Entsprechend den Fugazitäten (3.26-3.28) definieren wir nun die folgenden drei<br />
Korrelationsfunktionen mit |r| = a:<br />
C (a) = C αα (a) = − 2 a 4 Y 2 (a) , (3.35)<br />
C dis (a) = C α≠β (a) = − 2 a 4 Y 2<br />
dis (a) , (3.36)<br />
C con (a) = C (a) − C dis (a) = − 2 a Y 2<br />
4 con (a) . (3.37)<br />
Damit ist ein Zusammenhang zwischen den renormierten Fugazitäten und den<br />
Korrelationsfunktionen hergestellt.<br />
3 Da die Replika-Zustandssumme (2.34) bzw. (3.1) translationsinvariant ist, hängen die Korrelationsfunktionen<br />
auch nur vom Abstand ab.
Kapitel 4<br />
<strong>Der</strong> Replika-Limes n → 0<br />
In diesem Kapitel wird versucht, die Ergebnisse aus Kapitel 3 so zu verallgemeinern<br />
bzw. zu erweitern, daß man physikalisch sinnvolle RG-Gleichungen <strong>für</strong><br />
n → 0 erhält.<br />
Einige dieser Verallgemeinerungen sind einfach durchzuführen; zum Beispiel kann<br />
man in den Gleichungen (3.29) und (3.30) mit Hilfe der Überlegungen aus Anhang<br />
B leicht den Replika-Limes durchführen:<br />
dK αα<br />
dl<br />
dK α≠β<br />
dl<br />
= −4π<br />
[(K 3 2 − 2K ˆK<br />
)<br />
Y 2 + 2K ˆKY<br />
]<br />
dis<br />
2 , (4.1)<br />
]<br />
= −4π 3 [−2K ˆKY 2 +<br />
(<br />
K 2 + 2K ˆK<br />
)<br />
Y 2<br />
dis<br />
. (4.2)<br />
Für den Skalenparameter l des RG-Flusses gilt dabei a = a 0 e l , also dl = da/a. Die<br />
verschiedenen Fugazitäten sind nach wie vor durch die Gleichungen (3.26-3.28)<br />
gegeben, wobei der Limes n → 0 in vernünftiger Weise durchgeführt werden muß;<br />
dies stellt das Hauptproblem des nun folgenden Kapitels dar.<br />
Die interessanten physikalischen Größen in den Gleichungen (4.1) und (4.2) sind<br />
allerdings nicht die Komponenten von K, sondern die Kopplungskonstante K<br />
und die Unordnungsstärke σ; unter Berücksichtigung von K αβ = Kδ αβ − σK 2<br />
erhält man dann die RG-Gleichungen <strong>für</strong> K und σ:<br />
dK<br />
= −4π 3 K 2 Ycon 2<br />
dl<br />
(4.3)<br />
dσ<br />
dl = 4π3 Ydis 2 (4.4)<br />
Dabei haben wir folgende Vorstellung von den verschiedenen Fugazitäten: In Abschnitt<br />
7.2 werden wir sehen, daß die Dichte der im Unordnungspotential eingefrorenen<br />
Ladungen durch Ydis 2<br />
2<br />
bestimmt ist, und entsprechend Ycon den Beitrag<br />
der freien Ladungen zur Gesamtfugazität Y 2 = Ydis 2 + Y con 2 angibt. Deshalb gibt<br />
der Quotient Ydis 2 /Y 2 die Glasartigkeit“ des Systems an. Wir erkennen dann,<br />
”<br />
daß die eingefrorenen Ladungen nur die Unordnungsstärke renormieren und die
32 4 <strong>Der</strong> Replika-Limes n → 0<br />
freien Ladungen nur die Kopplung.<br />
In der Arbeit von Rubinstein et al. [2] wurden zur weiteren Rechnung nur solche<br />
Konfigurationen berücksichtigt, in denen ausschließlich Ladungstypen mit<br />
m 0 = m 1 = 1 vorhanden sind; wir werden später sehen, daß diese Näherung<br />
nur <strong>für</strong> große Temperaturen gerechtfertigt ist. Man muß nämlich auch feststellen,<br />
daß bei σ ≠ 0 die Anziehung zwischen den Ladungen verschiedener Replikas<br />
dazu führt, daß auch Vektorladungstypen mit m 0,ν > 1 relevant werden und die<br />
Näherung <strong>für</strong> tiefe Temperaturen zusammenbricht. 1 Deshalb ist eine vorsichtigere<br />
Annäherung an den Replika-Limes angebracht.<br />
Bisher wurde der Grenzübergang n → 0 nur an solchen Stellen durchgeführt,<br />
an denen n = 0 ein wohldefiniertes Ergebnis liefert. Wenn man allerdings eine<br />
RG-Gleichung <strong>für</strong> die Paarfugazität Y 2 aus den Gleichungen (3.9) und (3.26)<br />
herleitet, bleibt folgendes Problem:<br />
dY 2<br />
dl<br />
= ∑ ν<br />
(<br />
4 − 2π<br />
(<br />
m0,ν K − m 2 1,ν σK2)) (q α ν )2 Y 2<br />
ν . (4.5)<br />
In verschiedenen Gleichungen wie (3.21), (3.26-3.28) oder (4.5) ist der Limes von<br />
Summen der Form ∑ ν<br />
. . . zu bilden. Da es kein befriedigendes Ergebnis liefert,<br />
diese Summen durch null zu ersetzten, was Y 2 , Ycon, 2 Ydis 2 = 0 implizieren würde,<br />
muß man zuerst die Summe <strong>für</strong> endliches n berechnen und danach das Ergebnis<br />
geeignet nach n = 0 fortsetzen.<br />
In den nächsten beiden Abschnitten wird, den Überlegungen Scheidls folgend, ein<br />
auf diese Weise geschlossenes RG-Gleichungssystem <strong>für</strong> n → 0 hergeleitet.<br />
4.1 Die Eintyp-Näherung<br />
Aus dem Fall n > 1 ist bekannt, daß das Problem nicht dadurch beschrieben<br />
werden kann, daß auf dem gesamten Parameterbereich die gleichen Ladungstypen<br />
den Übergang treiben. Möglich wäre allerdings, daß zu jeder Kopplungskonstante<br />
K und Unordnungsstärke σ andere Werte m 0/1 gehören (vgl. Abschnitt 3.4).<br />
Dementsprechend sind <strong>für</strong> jedes (K, σ)-Paar die Ladungstypen ν <strong>für</strong> den Übergang<br />
entscheidend, <strong>für</strong> die m 0/1,ν = m 0/1 gilt. Wie wir in Abschnitt 3.4 gesehen<br />
haben, tragen nur die am schwächsten gekoppelten Ladungstypen bei, <strong>für</strong> die<br />
jeweils m 1,ν = m 0,ν = m 0 gilt.<br />
1 Schon <strong>für</strong> den Fall n > 0 ist diese Näherung nur in einem begrenzten Parameterraum gültig<br />
(vgl. Abschnitt 3.3).
4.1 Die Eintyp-Näherung 33<br />
Unter dieser Voraussetzung kann man die Fugazitäten einfacher ausdrücken:<br />
Y 2 = 1 2 lim<br />
∑<br />
( )<br />
′<br />
n − 1<br />
(qν α ) 2 Yν<br />
2 = lim Ym 2 n→0<br />
n→0 m<br />
ν<br />
0 − 1 0<br />
, (4.6)<br />
Ydis 2 = 1 2 lim<br />
∑<br />
( )<br />
′<br />
n − 2<br />
qν α n→0<br />
qβ≠α ν Yν<br />
2 = lim Ym 2 n→0 m 0 − 2 0<br />
, (4.7)<br />
Ycon 2 = Y 2 − Ydis 2 = lim<br />
lim<br />
n→0<br />
lim<br />
n→0<br />
Y 2<br />
con<br />
Y 2<br />
Y 2<br />
dis<br />
Y 2<br />
ν<br />
= lim<br />
n→0<br />
= lim<br />
n→0<br />
n→0<br />
( n−2<br />
m 0 −1)<br />
Y<br />
2<br />
m0<br />
(<br />
n−1<br />
m 0 −1<br />
( n−2<br />
m 0 −2)<br />
Y<br />
2<br />
m0<br />
(<br />
n−1<br />
m 0 −1<br />
( n − 2<br />
m 0 − 1<br />
)<br />
Ym 2 0<br />
, (4.8)<br />
)<br />
Y<br />
2 m0<br />
= m 0 , (4.9)<br />
)<br />
Y<br />
2 m0<br />
= 1 − m 0 . (4.10)<br />
Die Summen ∑ ′<br />
ν<br />
. . . sind dabei nur über die Vektorladungstypen zu nehmen, <strong>für</strong><br />
die m 0,ν = m 1,ν = m 0 gilt. Da Yν 2 = Ym 2 2<br />
0<br />
= exp{4l − 2m 0 E + 2m0Ê} dann unabhängig<br />
von ν ist, ergeben die Summen die angegebenen Binomialkoeffizienten.<br />
Man erhält sofort die RG-Gleichungen:<br />
dK<br />
= −4π 3 n − m 0<br />
dl n − 1 K2 Y 2 n→0<br />
−→ −4π 3 m 0 K 2 Y 2 , (4.11)<br />
dσ<br />
dl = m 4π3 0 − 1<br />
n − 1 Y 2 n→0<br />
−→ 4π 3 (1 − m 0 ) Y 2 , (4.12)<br />
dY 2<br />
= ( 4 − 2π ( m 0 K − m 2 0<br />
dl<br />
σK2)) Y 2 . (4.13)<br />
Offen bleibt bei diesen Gleichungen lediglich, welcher Wert <strong>für</strong> m 0 = m 0 (K, σ)<br />
einzusetzen ist. Dabei stellt sich die Frage, in welchem Bereich m 0 nach dem<br />
Replika-Limes überhaupt liegen muß, da die triviale Vermutung n → 0 ⇒ m 0 → 0<br />
kein physikalisches Ergebnis liefert. Deshalb verallgemeinern wir die Bedingung<br />
(n − m 0 )(m 0 − 1) ≥ 0, die <strong>für</strong> m 0 , n ∈ N mit 0 < m 0 ≤ n identisch ist, <strong>für</strong> n → 0<br />
(m 0 , n ∈ R!) und erhalten damit den erlaubten Bereich <strong>für</strong> m 0 :<br />
(n − m 0 ) (m 0 − 1) ≥ 0 n→0<br />
−→ 0 ≤ m 0 ≤ 1. (4.14)<br />
Also gilt im Replika-Limes m 0 ∈ [0, 1].<br />
Als Test wird der bekannte Fall σ = 0 untersucht. Wenn man nun, wie in Abschnitt<br />
3.3, m 0 so bestimmt, daß (4−2π(m 0 K−m 2 0σK 2 )) = (4−2πm 0 K) maximal<br />
ist, dann erhält man den unphysikalischen Wert m 0 = 0. Richtig ist aber der Wert<br />
m 0 = 1, der hier den minimalen Wert liefert.<br />
Im folgenden soll das m 0 deshalb so berechnet werden, daß es den minimalen<br />
Wert von (4 − 2π(m 0 K − m 2 0 σK2 )) liefert. 2 Dazu betrachtet man diesen Term als<br />
2 Eine ähnliche Problematik kennt man aus dem Bereich der Replika-Symmetrie-<br />
Brechung [32], wenn statt des Minimums der freien Energie das Maximum bestimmt werden<br />
muß.
34 4 <strong>Der</strong> Replika-Limes n → 0<br />
Funktion von m 0 ∈ R. Solange das Minimum dieser Parabel in [0, 1] liegt, liefert<br />
dieses Minimum den relevanten Wert <strong>für</strong> m 0 . Sobald es allerdings jenseits von 1<br />
liegt, liefert m 0 = 1 den minimalen Wert in [0, 1]. Für m 0 erhält man also durch<br />
leichte Analysis:<br />
m 0 =<br />
{<br />
1<br />
<strong>für</strong> 1<br />
< 1<br />
2σK 2σK<br />
1<br />
1 <strong>für</strong> > 1 . (4.15)<br />
2σK<br />
Mit diesem Ergebnis scheint es so, als sei das Problem gelöst: Man kann den RG-<br />
Fluß durch ein geschlossenes Differentialgleichungssystem angeben und erkennt,<br />
daß im Parameterbereich 1/2σK < 1 andere Ladungstypen als die mit m 0 = 1<br />
eine Rolle spielen. In diesem Bereich bilden sich auch eingefrorene Ladungen aus,<br />
da Ydis 2 /Y 2 = 1 − m 0 .<br />
Allerdings hat die Eintyp-Näherung“ (bei jeder Temperatur trägt jeweils nur ein<br />
”<br />
Ladungstyp bei) essentielle Schwächen: Wenn man nun z.B. die Paarfugazität Y 2<br />
(oder auch eine der anderen Fugazitäten) ausrechnen will, so erhält man hier <strong>für</strong><br />
n → 0 einen divergenten Ausdruck (vgl. [33, 34]):<br />
( ) n − 1<br />
Y 2 = Ym 2 m 0 − 1 0<br />
=<br />
n→0<br />
∼ sin πm 0<br />
πn Y 2 m 0<br />
.<br />
Γ (n)<br />
Γ (m 0 ) Γ (n − m 0 + 1) Y 2 m 0<br />
(4.16)<br />
Das gleiche Problem tritt auf, wenn man die RG-Gleichung <strong>für</strong> die freie Energiedichte<br />
(3.21) herleitet:<br />
df<br />
dl = − 2π 1 ( ) n<br />
Ym 2 n m 0<br />
= −2π 1 ( ) n − 1<br />
Ym 2<br />
0 m 0 m 0 − 1 0<br />
n→0<br />
∼ −2π sin πm 0<br />
m 0 πn Y 2 m 0<br />
.<br />
(4.17)<br />
Einige entscheidenden Größen des Systems sind demnach nicht bestimmt. Lediglich<br />
<strong>für</strong> m 0 = 1 (dies entspricht 1/2σK > 1) sind (4.16) und (4.17) definiert, und<br />
man erhält in diesem Bereich:<br />
Y 2 = Ycon 2 = Y1 2 , (4.18)<br />
df<br />
dl = −2πY 2 . (4.19)<br />
Hier ist Y 2<br />
dis<br />
= 0, und der Einfluß von Unordnung in Form von eingefrorenen<br />
Ladungen ist somit vernachlässigbar; deshalb stimmen die RG-Gleichungen hier<br />
mit denen aus [2] überein. Insgesamt stellt man fest, daß diese Näherung <strong>für</strong> unser<br />
Problem nicht ausreicht.
£<br />
©<br />
<br />
4.2 Berücksichtigung aller Ladungstypen (Näherung I) 35<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
¤¦¥¨§<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Abbildung 4.1: Anfangsbedingung <strong>für</strong> Y in Abhängigkeit von K −1 und σ nach Gleichung<br />
(4.22).<br />
4.2 Berücksichtigung aller Ladungstypen (Näherung<br />
I)<br />
Nachdem der Lösungsansatz aus dem letzten Kapitel nur bedingt zufriedenstellende<br />
Ergebnisse liefert, berücksichtigt Scheidl [1] nun alle Vektorladungstypen<br />
auf einmal: Alle zusammen sollen gleichzeitig zum Phasenübergang beitragen;<br />
d.h. die Summen ∑ ν<br />
. . . werden explizit ausgeführt. Man erhält dann analytische<br />
Funktionen von n, so daß der Replika-Limes einfach durchgeführt werden<br />
kann. Als Beispiel behandeln wir die Summe aus der RG-Gleichung <strong>für</strong> f (3.21).<br />
<strong>Der</strong> quadratische Term in m 1,ν wird dabei durch eine Gauß-Transformation linearisiert:<br />
∑<br />
ν<br />
Y 2<br />
ν<br />
= e 4l ∑ ν<br />
{<br />
}<br />
exp −2Em 0,ν + 2Êm2 1,ν =<br />
= e ∑ [ {<br />
√ }]<br />
4l exp −2Em 0,ν + 2A 2Êm 1,ν =<br />
A<br />
ν<br />
[ ∑ (<br />
)<br />
= e 4l α<br />
exp {−2E} (qα ν ) 2 ( { √<br />
exp 2A 2Ê<br />
{qν α}≠0 { √ }<br />
= e<br />
[(1 4l + exp −2E + 2A 2Ê<br />
{ √ } ) n<br />
+ exp −2E − 2A 2Ê − 1<br />
]<br />
.<br />
A<br />
})<br />
α qα ν<br />
]<br />
A<br />
=<br />
(4.20)<br />
Dabei ist A eine gauß’sche Zufallsvariable mit Mittelwert [A] A<br />
= 0 und zweitem<br />
Moment [A 2 ] A<br />
= 1; [. . . ] 2 A<br />
stellt das Mittel bezüglich der Zufallsgröße A dar. Wie
!<br />
(<br />
(<br />
&<br />
"<br />
36 4 <strong>Der</strong> Replika-Limes n → 0<br />
()# &+*<br />
()# &,"<br />
()# &<br />
()# ('-<br />
()# ('.<br />
()# (/*<br />
()# (0"<br />
()# %<br />
&'# %<br />
"$# %<br />
Abbildung 4.2: Im relevanten Bereich kleiner Fugazitäten stimmen die beiden Kurven<br />
exp{−π 2 K/2} (durchgezogen) und exp{−π 2 K/2}/ √ 1 + 2 exp{−π 2 K} (gestrichelt)<br />
sehr gut überein.<br />
<br />
bisher gilt qν α ∈ {0, ±1}. Mit der Abkürzung<br />
{ √ }<br />
z ± = exp −2E ± 2A 2Ê<br />
(4.21)<br />
lassen sich auch die anderen Summen recht einfach darstellen (siehe Anhang C):<br />
Y 2 = 1 ∑<br />
(qν α 2<br />
Yν<br />
2 2 e4l (z + + z − ) (1 + z + + z − ) n−1] A<br />
ν<br />
n→0<br />
−→ 1 [<br />
z+ + z −<br />
2 e4l ,<br />
1 + z + + z −<br />
]A<br />
(4.22)<br />
Ydis 2 ∑<br />
qν α 2<br />
ν Yν<br />
2 2 e4l (z + − z − ) 2 (1 + z + + z − ) n−2] A<br />
ν<br />
[ (<br />
n→0<br />
−→ 1 ) ] 2 z+ − z −<br />
2 e4l ,<br />
1 + z + + z −<br />
(4.23)<br />
A<br />
Ycon 2 = Y 2 − Ydis<br />
2 n→0<br />
−→ 1 [<br />
z+ + z − + 4z + z −<br />
2 e4l (1 + z + + z − )<br />
]A<br />
2 . (4.24)<br />
In diesen Termen läßt sich der Replika-Limes problemlos durchführen. Zudem<br />
kann der Fluß der freien Energie berechnet werden, wobei f 0 = 0 als Anfangsbedingung<br />
dient (vgl. Abschnitt 3.2):<br />
[<br />
df<br />
dl = −πe4l lim<br />
n→0<br />
(1 + z + + z − ) n − 1<br />
n<br />
]<br />
A<br />
[<br />
]<br />
= −πe 4l ln (1 + z + + z − ) . (4.25)<br />
A<br />
Es ist nun nicht mehr notwendig, die ν-Summen in Gleichung (4.5) zu behandeln,<br />
da man mit den Gleichungen (4.22-4.24) explizite Darstellungen der verschiedenen<br />
Paarfugazitäten als Funktionen von E und Ê gewonnen hat. Zusammen mit
4.2 Berücksichtigung aller Ladungstypen (Näherung I) 37<br />
den folgenden RG-Gleichungen haben wir nun ein abgeschlossenes System von<br />
Differentialgleichungen, das wir mit Näherung I bezeichnen:<br />
dE<br />
= πK,<br />
dl<br />
(4.26)<br />
dÊ<br />
= π<br />
dl<br />
= πσK 2 , (4.27)<br />
dK<br />
= −4π 3 K 2 Y 2<br />
dl<br />
con, (4.28)<br />
dσ<br />
dl = 4π3 Ydis. 2<br />
(4.29)<br />
<strong>Der</strong> RG-Fluß ist hierdurch in einem Raum der vier Variablen E, Ê, K und σ<br />
definiert. Dabei sind als Anfangswerte <strong>für</strong> K und σ die unrenormierten Werte zu<br />
nehmen; diese bestimmen die Anfangswerte E = (π 2 /2)K und Ê = (π2 /2)σK 2 .<br />
Durch die Gleichungen (4.22-4.24) kann man mit l = 0 die Anfangswerte der<br />
Fugazitäten in Abhängigkeit von K und σ berechnen.<br />
Die Anfangswerte <strong>für</strong> Y sind in Abb. 4.1 dargestellt. Man erkennt dabei, daß<br />
Y auch <strong>für</strong> K −1 = 0 mit steigendem σ auf endliche Werte anwächst. Dies<br />
liegt an eingefrorenen Ladungen, die durch die Unordnung erzeugt werden, und<br />
stimmt mit unseren Überlegungen aus Abschnitt 2.2 überein. Für σ = 0 sollte<br />
die Anfangsbedingung <strong>für</strong> Y 2 durch Y 2 = exp{−π 2 K} gegeben sein; aus Gleichung<br />
(4.22) folgt aber Y 2 = exp{−π 2 K}/(1 + 2 exp{−π 2 K}). Anhand von Graphik<br />
4.2 erkennt man allerdings, daß diese beiden Ausdrücke <strong>für</strong> den hier betrachteten<br />
Bereich kleiner Fugazitäten gut übereinstimmen.<br />
Man kann die Gleichungen (4.26-4.29) durch numerische Verfahren lösen; auf<br />
analytischem Weg ist dies aufgrund der komplizierten funktionalen Abhängigkeit<br />
der Fugazitäten (4.22-4.24) von E und Ê leider nicht möglich. Deshalb wird im<br />
nächsten Abschnitt versucht, durch eine weitere Näherung diese Gleichungen auf<br />
eine einfachere Form zu bringen.
Kapitel 5<br />
Die asymptotische Näherung<br />
Da die RG-Gleichungen aus dem letzten Kapitel nicht analytisch lösbar sind,<br />
schlägt Scheidl [1] eine weitere Näherung <strong>für</strong> große Längenskalen l vor, die es<br />
ermöglicht, die RG-Gleichungen in eine Form zu bringen, in der der RG-Fluß im<br />
Raum der drei Parameter Y 2 , K und σ gegeben ist. Während wir diese Gleichungen<br />
im ersten Teil des Kapitels herleiten, folgt im zweiten Teil eine ausführliche<br />
Diskussion des resultierenden RG-Flusses.<br />
5.1 Herleitung der vereinfachten RG-Gleichungen<br />
(Näherung II)<br />
<strong>Der</strong> Arbeit Scheidls [1] folgend wenden wir eine asymptotische Näherung an: Wir<br />
entwickeln die Gleichungen um den Fixpunkt <strong>für</strong> l → ∞ und berücksichtigen<br />
nur die führenden Terme bezüglich der Skala l; alle Beiträge, die schneller mit l<br />
abnehmen, werden vernachlässigt. Dabei wird angenommen, daß eine BKT-Phase<br />
existiert, in der die Paarfugazität gegen null renormiert, wobei K und σ endliche<br />
Werte K ∞ und σ ∞ erreichen; wir bezeichnen Fixpunktwerte einer Größe h mit<br />
h ∞ = lim l→∞ h. Dann kann man das Renormierungsverhalten von E und Ê aus<br />
den Gleichungen (4.26) und (4.27) explizit angeben:<br />
K ≈ K ∞ ⇒ E ≈ πKl, (5.1)<br />
σ ≈ σ ∞ ⇒ Ê ≈ πσK2 l. (5.2)<br />
Im Rahmen der Näherung werden hier auch konstante Terme, die durch die Anfangswerte<br />
auftreten, vernachlässigt. Dadurch verliert man alle Abhängigkeiten<br />
von den Startbedingungen. Man erhält dann den folgenden Ausdruck <strong>für</strong> z ± aus<br />
Gleichung (4.21):<br />
{ ( √ )}<br />
2σ<br />
z ± = exp −2πKl 1 ∓ A . (5.3)<br />
πl
5.1 Herleitung der vereinfachten RG-Gleichungen (Näherung II) 39<br />
In Anhang D werden die resultierenden Integrale (4.22-4.24) in führender Ordnung<br />
in l berechnet:<br />
Y 2 ≈<br />
Y 2<br />
{<br />
e<br />
−2πK(1−1/2τ)l+4l<br />
<strong>für</strong> τ > 1<br />
√ σ<br />
2π 2 l<br />
πτ<br />
sin(πτ) e− π<br />
2σ l+4l <strong>für</strong> τ < 1 , (5.4)<br />
√ σ πτ(1−τ)<br />
2π 2 l sin(πτ) e− π<br />
dis ≈ {<br />
e<br />
−4πK(1−1/τ)l+4l<br />
<strong>für</strong> τ > 2<br />
Y 2<br />
con ≈<br />
{<br />
e<br />
−2πK(1−1/2τ)l+4l<br />
<strong>für</strong> τ > 1<br />
√ σ<br />
2π 2 l<br />
2σ l+4l <strong>für</strong> τ < 2 , (5.5)<br />
πτ 2<br />
sin(πτ) e− π<br />
2σ l+4l <strong>für</strong> τ < 1 , (5.6)<br />
wobei τ = 1/2Kσ ist. Ebenso kann man in dieser Näherung den RG-Fluß der<br />
freien Energiedichte f aus Gleichung (4.25) bestimmen:<br />
{<br />
df e<br />
−2πK(1−1/2τ)l+4l<br />
dl = −2π <strong>für</strong> τ > 1<br />
√ σ π<br />
2σ l+4l <strong>für</strong> τ < 1 . (5.7)<br />
2π 2 l sin(πτ) e− π<br />
Man erkennt sofort, daß diese Gleichungen nur auf großen Längenskalen gelten<br />
können, da die Ausdrücke <strong>für</strong> l → 0 divergieren; die Ursache ist darin zu sehen,<br />
daß die RG-Gleichungen durch die asymptotische Näherung praktisch ihr<br />
Gedächtnis“ an die Anfangsbedingungen verloren haben.<br />
”<br />
Trotzdem lassen sich daraus einige Größen berechnen, wobei wiederum nur die<br />
führenden Terme auf großen Längenskalen berücksichtigt werden. Die Quotienten<br />
der Fugazitäten können in dieser Näherung leicht berechnet werden:<br />
{<br />
Ycon<br />
2<br />
Y ≈ 1 <strong>für</strong> τ > 1<br />
2 τ <strong>für</strong> τ < 1 , (5.8)<br />
{<br />
Ydis<br />
2<br />
Y ≈ 0 <strong>für</strong> τ > 1<br />
2 (1 − τ) <strong>für</strong> τ < 1 . (5.9)<br />
Es ist nun auch möglich, eine einfache Form der RG-Gleichungen anzugeben,<br />
indem man die Fugazität Y 2 (5.4) nach l differenziert:<br />
dY 2<br />
dl<br />
{[ ( )]<br />
4 − 2πK 1 −<br />
1<br />
2τ Y<br />
2<br />
<strong>für</strong> τ > 1<br />
= ( )<br />
4 −<br />
π<br />
2σ Y 2 − 1 Y 2 <strong>für</strong> τ > 1 . (5.10)<br />
2l
40 5 Die asymptotische Näherung<br />
Man erhält ein gekoppeltes Differentialgleichungssystem in den Größen Y 2 , K<br />
und σ, das wir im folgenden Näherung II nennen:<br />
dY 2<br />
= [4 − 2πKτ ∗ (1 − τ ∗ σK)] Y 2 ,<br />
dl<br />
(5.11)<br />
dK<br />
= −4π 3 τ ∗ K 2 Y 2 ⇔ dK−1<br />
= 4π 3 τ ∗ Y 2 ,<br />
dl<br />
dl<br />
(5.12)<br />
dσ<br />
dl = 4π3 (1 − τ ∗ ) Y 2 , (5.13)<br />
df<br />
dl = −2π 1<br />
τ Y 2 , ∗ (5.14)<br />
mit τ ∗ = min {τ, 1} , τ = 1<br />
2Kσ .<br />
Diese RG-Gleichungen stimmen exakt mit denen überein, die auch Tang [28] <strong>für</strong><br />
den Grenzfall großer Skalen herleitet.<br />
Da in diesen Gleichungen keine Probleme mehr <strong>für</strong> l → 0 auftreten, stellt sich<br />
die Frage, ob sie <strong>für</strong> kleine Fugazitäten trotz der asymptotischen Approximation<br />
auch auf endlichen Skalen gültig sind. Diese Möglichkeit wird dadurch gestützt,<br />
daß die Gleichungen <strong>für</strong> σ = 0 mit denen des reinen Systems [6] und <strong>für</strong> τ > 1 mit<br />
denen aus [2] übereinstimmen. Interessanterweise stimmen (5.11-5.13) auch mit<br />
den RG-Gleichungen (4.11-4.13) der Eintyp-Näherung aus Abschnitt 4.1 überein.<br />
Im weiteren (Kapitel 6) werden diese Gleichungen auf endlichen Renormierungsskalen<br />
l im gesamten Parameterbereich daraufhin untersucht, ob die Ergebnisse,<br />
die sie liefern, physikalisch vernünftig sind.<br />
5.2 Eigenschaften des RG-Flusses<br />
In diesem Abschnitt werden wir einige Eigenschaften der RG-Gleichungen (5.11-<br />
5.13) untersuchen. Insbesondere werden die Fixpunkte sowie der qualitative Verlauf<br />
des Flusses diskutiert.<br />
Man erkennt sofort, daß Y 2 = 0 eine Fixpunktebene der Gleichungen darstellt;<br />
wie im reinen Fall befindet sich das System in der BKT-Phase, falls die Fugazität<br />
gegen null renormiert. Dies ist der Fall, wenn das Vorzeichen in der RG-Gleichung<br />
der Fugazität negativ ist. Daher ist die Phasengrenze <strong>für</strong> die renormierten Werte<br />
bei l → ∞ durch die folgende Gleichung bestimmt:<br />
4 − 2πK ∞ τ∞ ∗ (1 − τ∞σ ∗ ∞ K ∞ ) = 0<br />
}<br />
mit τ∞ {1, ∗ = min 1<br />
τ ∞ =<br />
2K ∞ σ ∞<br />
⇔<br />
(5.15)<br />
{ ( )<br />
K∞<br />
−1 1 −<br />
2<br />
π<br />
σ ∞ =<br />
K−1 ∞ <strong>für</strong> τ ∞ > 1<br />
π<br />
<strong>für</strong> τ<br />
8 ∞ < 1 .
6<br />
M<br />
M<br />
5.2 Eigenschaften des RG-Flusses 41<br />
MNGQP<br />
MNGJR<br />
MNGLK<br />
798;:=@?BADC,E<br />
MNGF<br />
MNGQP MNGJO<br />
FHGLK FHGJI<br />
Abbildung 5.1: Analyse der Flußgleichungen (4.11-4.13) aus Näherung II. Die durchgezogenen<br />
Linien zeigen die Grenze der BKT-Phase <strong>für</strong> Y 2 → 0 sowie die Linie τ = 1.<br />
Die gestrichelte Linie ist die Phasengrenze <strong>für</strong> endliche Anfangswerte der Fugazität<br />
nach (4.22). Die gepunkteten Linien sind Projektionen von Trajektorien, die auf der<br />
kritischen Fläche laufen, in die K −1 -σ-Ebene.<br />
13254<br />
Dies ist in Abbildung 5.1 dargestellt. Man erkennt sofort, daß die Ergebnisse<br />
<strong>für</strong> den Grundzustand aus Abschnitt 2.2 im Limes K −1 → 0 mit denen aus den<br />
RG-Gleichungen gewonnenen Resultaten übereinstimmen: Die Unordnungsstärke<br />
σ = π/8 ist der maximale Wert, bei dem noch quasi-langreichweitige Ordnung<br />
existieren kann.<br />
Diese Phasengrenze <strong>für</strong> Y 2 = 0 gilt vermutlich nicht nur in asymptotischer Näherung,<br />
denn aufgrund folgender Überlegung ist plausibel, daß sie auch <strong>für</strong> die<br />
ursprünglichen Gleichungen (4.26-4.29) in Näherung I gelten sollte: Man startet<br />
mit einer Trajektorie an einem beliebigen Anfangswert innerhalb der BKT-Phase;<br />
diese läuft mit wachsendem l gegen Y 2 = 0. Irgendwann läuft diese Trajektorie<br />
dann in den Gültigkeitsbereich der asymptotischen Näherung, und das Verhalten<br />
<strong>für</strong> Y 2 ≈ 0 wird dadurch richtig beschrieben. Dies ist in den Gleichungen (4.26-<br />
4.29) leider nicht direkt erkennbar, da Y 2 selbst darin nicht vorkommt.<br />
Man erhält also eine kritische Fläche, die durch die marginalen Trajektorien gegeben<br />
ist, die gerade noch gegen Y = 0 laufen. Anhand einiger auf ihr verlaufender<br />
Trajektorien ist dies in Abb. 5.2 dargestellt.<br />
Da die inverse Kopplung K −1 und die Unordnungsstärke σ im Laufe der Renormierung<br />
steigen, sollten die kritischen Werte Kc<br />
−1 und σ c , an denen der Übergang<br />
stattfindet, immer unterhalb der Grenzlinie (5.15) liegen; insbesondere gilt:<br />
K −1<br />
c < π 2<br />
und σ c < π 8 . (5.16)
Y<br />
Y[Z]\<br />
Y[ZL^<br />
Y[Z_<br />
Y[Z]`<br />
S<br />
T<br />
Y<br />
42 5 Die asymptotische Näherung<br />
Y[Zba<br />
Y[Zba<br />
Y[Z]`<br />
Y[Z^<br />
Y[Z_<br />
Y[Ze<br />
Y[ZL^<br />
aBZ`<br />
UWVX<br />
YcZ\<br />
aBZd<br />
Abbildung 5.2: In dieser Graphik ist anhand von ausgewälten Trajektorien (gepunktete<br />
Linien) die kritische Fläche dargestellt. Außerdem sind in gestrichelten Linien die Linie<br />
τ = 1 und die Phasengrenze <strong>für</strong> Y 2 → 0 eingezeichnet.<br />
Die ”<br />
physikalische“ Phasengrenze erhalten wir durch numerische Integration der<br />
RG-Gleichungen (5.11-5.13), wobei man die Anfangsbedingung <strong>für</strong> Y 2 aus Gleichung<br />
(4.22) erhält. Die Phasengrenze ist in Abb. 5.1 dargestellt. Man erkennt,<br />
daß dieser aus der asymptotischen Näherung gewonnene RG-Fluß zu ”<br />
reentrance“-Verhalten<br />
führt, da der kritische Wert <strong>für</strong> σ mit kleinen K −1 wieder abfällt.<br />
Wie in der Einleitung bereits diskutiert, wurde dies aber noch nie experimentell<br />
oder in numerischen Simulationen beobachtet.<br />
Wenn man nun das Verhalten innerhalb der BKT-Phase betrachtet, stellt man<br />
schon anhand der RG-Gleichungen fest, daß hier zwei verschiedene Bereiche existieren,<br />
die durch τ = 1 getrennt sind. Dies ist besonders deshalb von Interesse,<br />
da eine solche Grenze in den ursprünglichen RG-Gleichungen (4.26-4.29) nicht zu<br />
erkennen ist.<br />
Wir stellen fest, daß <strong>für</strong> τ < 1 die Unordnungsstärke zu größeren Werten hin renormiert.<br />
Wie in Kapitel 3 dargelegt, kommt die Renormierung von σ nur durch<br />
das Ausintegrieren von kleinen Paaren zustande. Eigentlich würde man erwarten,<br />
daß durch thermische Ladungen die Unordnung abgeschirmt wird und dadurch<br />
dieser Prozeß ein gegenteiliges Ergebnis liefern sollte. Es muß allerdings beachtet<br />
werden, daß nicht σ selbst die relevante Größe <strong>für</strong> die Abschirmung ist, sondern<br />
wie man aus den bisherigen Rechnungen weiß, das Produkt σK 2 wegen der Abschirmung<br />
zu kleineren Werten renormiert; dies ist natürlich immer noch möglich,<br />
wenn σ unter Renormierung steigt.<br />
Innerhalb des Gebiets τ < 1 kann man nochmals einen Bereich getrennt untersuchen:<br />
Während es <strong>für</strong> Anfangswerte mit 1/2 < τ < 1 grundsätzlich möglich<br />
ist, daß die Parameter im Laufe der Renormierung die Linie τ = 1 überschreiten,<br />
bleiben <strong>für</strong> Startwerte mit τ < 1/2 auch die renormierten Parameter in diesem<br />
Bereich. Dies ist dadurch zu begünden, daß nach den RG-Gleichungen (5.12) und<br />
(5.13) die Unordnungsstärke σ in diesem Gebiet immer schneller unter Renor-
5.2 Eigenschaften des RG-Flusses 43<br />
mierung steigt als die inverse Kopplungskonstante K −1 . Quantitativ wird das<br />
anhand der folgenden Rechnung deutlich:<br />
) (− K−1 dK −1<br />
= 4π 3 τ (<br />
σ Y 2 τ − 1 + τ<br />
dτ<br />
dl = 1 2<br />
σ 2<br />
dσ<br />
dl + 1 σ<br />
= 4π 3 τ (<br />
σ Y 2 τ − 1 ) {<br />
> 0, <strong>für</strong> τ > 1 2<br />
=<br />
.<br />
2 < 0, <strong>für</strong> τ < 1 2<br />
dl<br />
σ<br />
)<br />
=<br />
} K{{ −1<br />
}<br />
1<br />
2τ<br />
(5.17)<br />
Folglich fällt der Wert <strong>für</strong> τ = K −1 /2σ im Bereich τ < 1/2 immer unter Renormierung,<br />
und somit gilt auf einer RG-Trajektorie, die dort startet, auch immer<br />
τ < 1/2.<br />
Für die verschiedenen Gebiete des Parameterbereichs lassen sich zusätzlich Konstanten<br />
der Bewegung angeben. Offensichtlich gilt <strong>für</strong> τ > 1:<br />
σ = konst. (5.18)<br />
Analog dazu erhält man <strong>für</strong> τ < 1:<br />
K − σK 2 = konst. (5.19)<br />
Durch diese Gleichungen sind die Projektionen der Trajektorien in die K-σ-Ebene<br />
schon bestimmt; dies ist in Abb. 5.1 anhand einiger Trajektorien dargestellt. Wie<br />
sich durch Einsetzen der Differentialgleichungen (5.11-5.13) einfach zeigen läßt,<br />
sind die noch fehlenden Konstanten wie folgt gegeben:<br />
(<br />
Y 2 − π −3 K −1 − π 2 σK + π )<br />
2 ln K = konst. <strong>für</strong> τ > 1, (5.20)<br />
(<br />
Y 2 − π −3 K −1 + σ + π )<br />
4 ln K = konst. <strong>für</strong> τ < 1. (5.21)<br />
Dadurch sind die Trajektorien im gesamten Gültigkeitsbereich der RG-Gleichungen<br />
bestimmt.<br />
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß <strong>für</strong> den Parameterbereich τ < 1 die<br />
RG-Gleichungen deutlich von denen des reinen Systems abweichen, wohingegen<br />
im restlichen Bereich die Eigenschaften des Systems mit Unordnung denen des<br />
reinen Systems sehr ähnlich sind, da hier σ unter Renormierung konstant bleibt.<br />
Die Unordnung hat also starken Einfluß im Bereich τ < 1, und zwar in Form<br />
von eingefrorenen Ladungen. Sobald allerdings die Linie τ = 1 überschritten<br />
wird, existieren keine großen, eingefrorenen Ladungspaare mehr, die das kritische<br />
Verhalten beeinflussen. Dies wird in Abschnitt 7.2 anhand der Korrelationsfunktionen<br />
vertieft.<br />
Nun ist es möglich, die Näherung von Rubinstein et al. [2] physikalisch zu interpretieren:<br />
Die Existenz von eingefrorenen (unordnungserzeugten) Ladungen wird
44 5 Die asymptotische Näherung<br />
dort völlig vernachlässigt, was <strong>für</strong> kleine Temperaturen (τ < 1) offensichtlich<br />
falsch ist, da in diesem Bereich auch diese Ladungen einen Teil der Abschirmung<br />
ausmachen. Insbesondere ist der Grundzustand in [2] im Gegensatz zu unseren<br />
Überlegungen aus Abschnitt 2.2 ladungsfrei.
Kapitel 6<br />
Vergleich von Näherung I mit<br />
Näherung II<br />
In diesem Kapitel werden wir die beiden Näherungen I und II vergleichen. Dazu<br />
betrachten wir die Phasengrenze und die Entropiedichte. Wir untersuchen die<br />
RG-Gleichungen besonders darauf, ob sie zu negativen Entropiedichten führen,<br />
was ihre Fehlerhaftigkeit anzeigt.<br />
Im ersten Teil wird deshalb die Entropiedichte in Näherung II bestimmt, während<br />
wir im zweiten Teil sowohl die Phasengrenze als auch die Entropiedichte, die die<br />
RG-Gleichungen aus Näherung I liefern, durch numerische Verfahren berechnen.<br />
6.1 Berechnung der Entropiedichte in asymptotischer<br />
Näherung<br />
In diesem Abschnitt wird die Entropiedichte in Näherung II berechnet, um deren<br />
Korrektheit zu überprüfen, da eine negative Entropiedichte einen deutlichen<br />
Hinweis auf fehlerhafte RG-Gleichungen liefert.<br />
Um die Entropiedichte zu bestimmen, sind zunächst einige allgemeine Vorüberlegungen<br />
durchzuführen. Wir betrachten dazu das Renormierungsverhalten der<br />
gesamten freien Energiedichte anhand von Gleichung (3.22):<br />
f a (K 0 , σ 0 , Y 0 ) f g (K 0 , σ 0 , Y 0 ) = e −2l f g (K(l), σ(l), Y (l)) + f(l) =<br />
= lim e −2l f g (K(l), σ(l), Y (l)) +f ∞ , (6.1)<br />
l→∞<br />
} {{ }<br />
=0,wegen Y ∞=0<br />
wobei vorausgesetzt wird, daß man sich innerhalb der BKT-Phase befindet, also<br />
Y ∞ = 0. Damit läßt sich grundsätzlich die freie Energie des Systems berechnen,<br />
indem man die Differentialgleichungen (5.11-5.14) bis l = ∞ aufintegriert und<br />
die Größe f ∞ erhält, die natürlich von den Startwerten K 0 , σ 0 und Y0 2 abhängt;<br />
als Anfangswert muß dabei f 0 = 0 gewählt werden.
jcpqBr<br />
j[p]q<br />
jcpsitr<br />
j[pbi<br />
jcp]j5r<br />
j<br />
j<br />
l<br />
46 6 Vergleich von Näherung I mit Näherung II<br />
fhg$iHjBj5k<br />
jcp]u<br />
j[p]q<br />
j[pLw<br />
j[psi<br />
j[pv<br />
mWno<br />
iBp]q<br />
Abbildung 6.1: Hier ist S(100) innerhalb der BKT-Phase aufgetragen.<br />
Ähnlich verhält es sich mit der Entropiedichte (die freie Energiedichte wurde mit<br />
einem zusätzlichen Faktor 1/T definiert!):<br />
S = − ∂ (<br />
)<br />
T f g (K 0 , σ 0 , Y 0 ) = − ∂<br />
∂T<br />
∂T (T f ∞) . (6.2)<br />
Wir müssen dabei beachten, daß nicht die Temperatur renormiert wird, sondern<br />
lediglich die Kopplungskonstante K(l) = J(l)/T , das heißt, es gilt dT/dl = 0. Die<br />
Temperatur ist dann durch den Anfangswert der Kopplungskonstante bestimmt:<br />
T = K0 −1 (mit J 0 = 1).<br />
Gleichung (6.2) gilt natürlich streng nur dann, wenn die RG-Gleichungen exakt<br />
sind. Unsere Gleichungen sind allerdings lediglich Näherungen, wobei zudem der<br />
Replikatrick ohne Symmetrie-Brechung verwendet wurde. Die Entropiedichte soll<br />
deshalb dazu dienen, die Korrektheit der gefundenen Gleichungen zu überprüfen.<br />
Falls die RG-Gleichungen zu einem negativen Wert führen, zeigt dies an, daß<br />
die verwendeten Näherungen nicht gut genug sind; dies ist zum Beispiel aus der<br />
Behandlung des Sherrington-Kirkpatrick-Spinglases (vgl. [31]) bekannt, wo die<br />
Replika-symmetrische Lösung nicht ausreicht, und Replika-Symmetrie-Brechung<br />
notwendig wird. Daher wird nun untersucht, ob die RG-Gleichungen zu negativen<br />
Werten der Entropiedichte führen können, oder ob sie immer positiv ist.<br />
Dazu wird die Hilfsgröße S(l) eingeführt, wobei die Entropiedichte selbst durch<br />
S = S ∞ gegeben ist:<br />
S(l) = − ∂ [ ]<br />
T f (l) . (6.3)<br />
∂T<br />
Diese Größe kann als der Beitrag zur Entropiedichte interpretiert werden, der<br />
durch Paare mit einer Ausdehnung kleiner als a 0 e l zustande kommt. Da f 0 = 0<br />
(vgl. (6.1)) unabhängig von den anderen Startwerten gilt, ist auch S 0 = 0. Im<br />
folgenden soll die erste Ableitung der Größe S(l) betrachtet werden; man erhält
†<br />
†<br />
|[ƒ]||B|„<br />
|[ƒ]||B|5…<br />
|<br />
<br />
6.1 Berechnung der Entropiedichte in asymptotischer Näherung 47<br />
xzy0{}|B|5~<br />
|cƒ]|B||5…<br />
|cƒ]|B||„<br />
|[ƒ]‡B…<br />
|cƒ]|B‡<br />
|cƒ]‡B‡<br />
|[ƒ|B‰<br />
|cƒ]|Bˆ<br />
|[ƒ‡„<br />
€W‚<br />
|[ƒb{t…<br />
Abbildung 6.2: Hier ist S(100) im Bereich sehr kleiner τ dargestellt.<br />
mit Gleichung (5.14):<br />
d<br />
dl S(l) = − ∂<br />
∂T<br />
(<br />
T df<br />
dl<br />
)<br />
= 2π ∂<br />
∂T<br />
(<br />
T 1<br />
τ ∗ Y 2 )<br />
. (6.4)<br />
Man muß also den Ausdruck (2πT Y 2 (l)/τ ∗ (l)) bei festem l als Funktion des<br />
Anfangswertes T = 1/K 0 untersuchen und entscheiden, ob diese Funktion fällt<br />
oder steigt. Falls dieser Ausdruck <strong>für</strong> alle Parameter und Skalen l positiv ist, so<br />
steigt die Hilfsgröße S(l) immer unter Renormierung und bleibt wegen S 0 = 0<br />
positiv; dann hat auch die Entropiedichte S = S ∞ einen positiven Wert. Um das<br />
zu verifizieren, wird zuerst die strenge Monotonie des Logarithmus ausgenutzt:<br />
(6.4) hat dasselbe Vorzeichen wie<br />
(<br />
∂<br />
∂T ln T 1 )<br />
τ Y 2 . (6.5)<br />
∗<br />
Die Schwierigkeit besteht nun darin, daß die Funktionen τ ∗ (l) und Y 2 (l) implizit<br />
von den Anfangswerten, also insbesondere von T = K0 −1 , abhängen. Deshalb wird<br />
der Ausdruck (6.5) zuerst nur <strong>für</strong> l = 0 betrachtet; hier ist lediglich die Fugazität<br />
von der Temperatur abhängig, wobei im allgemeinen ∂Y 0 /∂T ≥ 0 gilt. 1 Weiter<br />
ist K 0 = 1/T (J 0 = 1!), und man erhält:<br />
∂<br />
∂T ln T ∣ {<br />
∣∣∣l=0 1<br />
<strong>für</strong> τ > 1<br />
T<br />
=<br />
τ ∗ 0 <strong>für</strong> τ < 1 . (6.6)<br />
Somit läßt sich die folgende Ungleichung angeben:<br />
(<br />
∂<br />
∂T ln T 1 ) ∣<br />
∣∣∣l=0<br />
τ Y 2 = ∂ ( ) ∣ T ∣∣∣l=0<br />
+ 1<br />
∂Y 2<br />
∗ ∂T τ ∗ Y 2 ∂T ∣<br />
} {{ } } {{<br />
l=0<br />
}<br />
≥0<br />
≥0<br />
1 Die genaue Abhängigkeit Y (T ) folgt aus (4.22).<br />
≥ 0,<br />
(6.7)
48 6 Vergleich von Näherung I mit Näherung II<br />
und es gilt dS ∣<br />
dl l=0<br />
≥ 0.<br />
Falls es nun möglich ist, über das Vorzeichen von (6.5) bei endlichen l eine Aussage<br />
zu treffen, so läßt sich entscheiden, wie sich die Entropiedichte in Näherung<br />
II verhält. Deshalb wird der Ausdruck (6.5) erneut nach l abgeleitet; wir<br />
beschränken uns zunächst auf den Fall τ > 1 (⇒ τ ∗ = 1) und erhalten mit der<br />
RG-Gleichung (5.11) <strong>für</strong> Y 2 den Ausdruck<br />
∂<br />
∂T<br />
(<br />
d<br />
dl ln T 1 )<br />
τ∗ Y 2 = −2π ∂<br />
∂T<br />
(<br />
K − σK<br />
2 ) <strong>für</strong> τ > 1. (6.8)<br />
Im Bereich τ > 1 ist σ = σ 0 eine Konstante, da die Unordnungsstärke hier<br />
nicht renormiert wird; außerdem bleibt die Bedingung τ > 1 während der Renormierung<br />
bestehen, wenn sie, wie oben angenommen, <strong>für</strong> die Anfangswerte gilt.<br />
Ausdruck (6.8) wird folglich zu<br />
∂K<br />
−2π (1 − 2σK)<br />
} {{ } ∂T<br />
>0, da τ>1<br />
<strong>für</strong> τ > 1. (6.9)<br />
In Anhang E wird gezeigt, daß im Gebiet τ > 1 auf beliebiger Skala l die Ungleichung<br />
∂K < 0 gilt, woraus folgt, daß (6.9) und damit (6.4) <strong>für</strong> alle l positiv sind.<br />
∂T<br />
Leider ist kein analoges Argument <strong>für</strong> das Verhalten der Entropiedichte im Bereich<br />
τ < 1 bekannt. Scheidl [1] behauptet, analytisch zeigen zu können, daß (6.8)<br />
und damit (6.4) auch <strong>für</strong> τ < 1 positiv bleiben, und schließt daraus, daß die vorhergesagte<br />
Entropiedichte im gesamten Parameterbereich positiv ist.<br />
Deshalb versuchen wir nun, dieses Problem numerisch zu behandeln: Wir integrieren<br />
die RG-Gleichungen (5.11-5.13) zusammen mit (6.4) bis zu einer endlichen<br />
Skala numerisch auf. Dadurch berechnen wir die Größe S(l = 100); zudem überprüfen<br />
wir die Stabilität der Ergebnisse gegenüber der Variation der Renormierungsskala<br />
l. Dabei stellt sich heraus, daß die Beziehung S(50) = S(100) = S(150)<br />
numerisch exakt ist. Wir nehmen also an, daß S = S ∞ ≈ S(100) gilt. Das Ergebnis<br />
ist im Bereich der BKT-Phase in Abb. 6.1 aufgetragen.<br />
Für kleine Temperaturen und Unordnungsstärken verschwindet die Entropiedichte,<br />
da dort höchstens kleine Ladungspaare im System sind. In der Nähe der Phasengrenze<br />
ändert sich dies: Für τ > 1 nimmt die Entropiedichte positive Werte<br />
an, während wir <strong>für</strong> sehr kleine τ feststellen, daß die Entropiedichte negativ wird<br />
(siehe Abb. 6.2).<br />
Diese Eigenschaft des RG-Flusses wird bei folgender Modifikation der Anfangsbedingungen<br />
noch deutlicher: Bisher wurden die Anfangsbedingungen immer so<br />
gewählt, daß sie das 2D XY-Modell in der Villain-Näherung beschreiben. Will<br />
man dagegen ein 2D CG mit fester, mittlerer Teilchendichte durch diese RG-<br />
Gleichungen beschreiben, so muß man lediglich andere Anfangsbedingungen vorgeben.<br />
Wählt man also die Anfangsbedingung von Y 2 = konst. unabhängig von<br />
K −1 und σ, so ist die Entropie <strong>für</strong> τ > 1 positiv und <strong>für</strong> τ < 1 negativ. Daß die<br />
Verletzung der Bedingung S ≥ 0 <strong>für</strong> das Villain-Modell weniger ausgeprägt ist,
ž<br />
ž<br />
6.2 Numerische Untersuchung der Flußgleichungen in Näherung I 49<br />
žN›Q<br />
žN›J¡<br />
žN›L<br />
Ž ;‘=’”“–•B—D˜/<br />
žN›š<br />
žN›Q<br />
žN›JŸ<br />
šH›L šD›Jœ<br />
Š3‹5Œ<br />
Abbildung 6.3: Die durchgezogene Linie gibt die Phasengrenze bei Y 2 = 0 an; die<br />
untere gestrichelte Linie ist die Phasengrenze des Villain-Modells, und die gestichelte<br />
Linie dazwischen zeigt die Fixpunktwerte (l = 100) einer Linie, die ein Prozent<br />
unterhalb der Phasengrenze liegt.(Ausführliche Erklärung im Text)<br />
liegt daran, daß zum einen die unrenormierte Fugazität <strong>für</strong> kleine Temperaturen<br />
und Unordnungsstärken schon exponentiell klein ist und sie zum anderen mit der<br />
Temperatur ansteigt, wie aus Gleichung (4.22) hervorgeht.<br />
Das Auftreten einer negativen Entropiedichte weist auf die Fehlerhaftigkeit der<br />
RG-Gleichungen hin. Dabei wird die Frage nach Replika-Symmetrie-Brechung besonders<br />
deshalb interessant, da Tang [28] <strong>für</strong> große l die gleichen RG-Gleichungen<br />
wie in Näherung II ohne Verwendung des Replikatricks herleitet. Andererseits ist<br />
es auch möglich, daß die asymptotische Näherung zu diesem Fehler führt. Um dies<br />
zu überprüfen, werden wir im folgenden Abschnitt die RG-Gleichungen (4.26-<br />
4.29) zur numerischen Bestimmung der Entropiedichte verwenden.<br />
6.2 Numerische Untersuchung der Flußgleichungen<br />
in Näherung I<br />
In diesem Abschnitt werden sowohl die Phasengrenze als auch die Entropiedichte<br />
mit Hilfe der RG-Gleichungen in Näherung I bestimmt, um die Ergebnisse am Ende<br />
mit denen aus Näherung II zu vergleichen (Abschnitt 5.2 bzw. 6.1). Aufgrund<br />
der komplizierten Struktur dieser Gleichungen verwenden wir dabei numerische<br />
Hilfsmittel.<br />
Ein Ergebnis aus Abschnitt 5.2 war, daß die asymptotisch genäherten Gleichungen<br />
zu ”<br />
reentrance“-Verhalten führen. Dies gilt allerdings als unphysikalisch (Abschnitt<br />
1.3); wir untersuchen deshalb, ob es sich dabei um ein Artefakt der asym-
¥<br />
³<br />
³<br />
50 6 Vergleich von Näherung I mit Näherung II<br />
³N°Qµ<br />
³N°J<br />
³N°L²<br />
¦ §;¨=©”ª–«B¬D/®<br />
³N°¯<br />
³N°Qµ<br />
³N°J´<br />
¯H°L² ¯D°J±<br />
Abbildung 6.4: Neben der Phasengrenze <strong>für</strong> Y 2 = 0 und Phasengrenze des Villain-<br />
Modells in Näherung I ist die Phasengrenze, die aus den asymptotischen Gleichungen<br />
(Näherung II) gefunden wurde, zum Vergleich dargestellt. Für σ < 0.3 stimmen die<br />
Ergebnisse aus Näherung I und II gut überein; <strong>für</strong> σ > 0.3 erkennt man qualitative<br />
Unterschiede (siehe Text).<br />
¢3£5¤<br />
ptotischen Näherung handelt.<br />
Dazu werden die RG-Gleichungen (4.26-4.29) bis zur Skala l = 100 numerisch<br />
integriert, 2 und anhand des renormierten Wertes Y 2 (100) entscheiden wir, ob<br />
ein Punkt innerhalb (Y 2 → 0) oder außerhalb (Y 2 → ∞) der BKT-Phase liegt.<br />
Technisch geschieht dies, indem wir einen Schwellenwert (≈ 10 −10 ) vorgeben und<br />
einen Punkt im Parameterraum zur BKT-Phase zählen, falls der renormierte<br />
Wert Y (100) darunter liegt.<br />
Dabei treten im Bereich sehr kleiner Temperaturen und größerer Unordnungsstärken<br />
Probleme auf, da die Integranden aus den Termen (4.22-4.24) mit wachsenden<br />
Werten <strong>für</strong> E und Ê singulär werden, wodurch die Integrationsroutinen die Werte<br />
nicht hinreichend genau bestimmen können.<br />
Darüber hinaus ist die numerische Lösung <strong>für</strong> Startwerte, die außerhalb der BKT-<br />
Phase, aber sehr nahe an der kritischen Fläche liegen, im Bereich σ 0.3 instabil.<br />
Dies liegt daran, daß eine solche Trajektorie bis zu sehr großen Längenskalen bei<br />
kleinen Fugazitäten verweilt und erst dann zu großen Fugazitäten läuft. Mit unserem<br />
Verfahren zählen wir solche Trajektorien also zur BKT-Phase; das hat zwar<br />
nur einen geringen Einfluß auf die gefundene Phasengrenze, aber wir können nicht<br />
erwarten, daß die renormierten Werte <strong>für</strong> K −1 und σ auf der Phasengrenze <strong>für</strong><br />
Y 2 = 0 aus Gleichung (5.15) liegen. Für σ 0.3 ist es jedoch empirisch Fall.<br />
2 Dabei werden sowohl zur Auswertung der Integrale in (4.23,4.24) als auch zur Lösung<br />
des Differentialgleichungssystems numerische Routinen verwendet, die in der NAG-Library [35]<br />
bereitgestellt werden.
ºcÀ]ºBÁ<br />
ºcÀ]ºBÂ<br />
ºcÀ]ºÃ<br />
ºcÀ]º5Ä<br />
º<br />
º<br />
¼<br />
6.2 Numerische Untersuchung der Flußgleichungen in Näherung I 51<br />
·h¸$¹HºBº5»<br />
ºcÀ]Å<br />
º[À]Ä<br />
ºcÀÃ<br />
º[Àb¹<br />
º[ÀÁ<br />
½W¾¿<br />
¹BÀ]Ä<br />
Abbildung 6.5: Hier ist die Größe S(100) ≈ S <strong>für</strong> die RG-Gleichungen aus Näherung I<br />
dargestellt; an der Phasengrenze steigt die Entropiedichte stark an.<br />
Wegen dieser Instabilität betrachten wir eine Linie von Startwerten, die ein wenig<br />
innerhalb der BKT-Phase liegen, und verfolgen deren renormierte Werte; diese<br />
Linie wird dabei erzeugt, indem wir die Punkte der Phasengrenze verwenden<br />
und sowohl die Unordnungsstärke als auch die inverse Kopplungskonstante um<br />
ein Prozent verringern. In Abb. 6.3 sind neben der Phasengrenze und der entsprechenden<br />
Linie <strong>für</strong> Y 2 = 0 (5.15) auch die renormierten Punkte zu diesen<br />
Startwerten dargestellt. Die letzteren liegen wie erwartet unterhalb der Phasengrenze<br />
<strong>für</strong> Y 2 = 0.<br />
Um diese Ergebnisse mit denen aus Näherung II zu vergleichen, sind in Abb. 6.4<br />
beide Phasengrenzen aufgetragen. Dabei erkennt man, daß bei Unordnungsstärken<br />
σ 0.3 die Übergangstemperaturen identisch sind; ein reentrance“-Verhalten<br />
”<br />
wie in Näherung II kann in Näherung I nicht festgestellt werden.<br />
Im zweiten Teil dieses Abschnitts untersuchen wir nochmals die Entropiedichte,<br />
nun unter Verwendung der RG-Gleichungen in Näherung I, darauf, ob sie immer<br />
positiv ist. Die allgemeinen Überlegungen können wir dabei aus Abschnitt 6.1<br />
übernehmen. Die Renormierung der Hilfsgöße S(l) ist nach wie vor durch den<br />
ersten Teil der Gleichung (6.4) gegeben; es ist lediglich zu beachten, daß die<br />
Renormierung von f nun durch die Gleichung (4.25) bestimmt wird:<br />
d<br />
dl S(l) = − ∂<br />
∂T<br />
(<br />
T df<br />
dl<br />
)<br />
= πe 4l ∂<br />
∂T<br />
(<br />
T<br />
[<br />
ln (1 + z + + z − )<br />
]<br />
A<br />
)<br />
. (6.10)<br />
Diese Gleichung wird zusammen mit den restlichen RG-Gleichungen aus Abschnitt<br />
4.2 numerisch integriert. Als Ergebnis ist S(100) in Abb. 6.5 dargestellt.<br />
Hier treten die gleichen numerischen Probleme bei kleinen Temperaturen und<br />
großen Unordnungsstärken auf wie vorher bei der Berechnung der Phasengrenze;<br />
leider betreffen sie genau den Bereich, in dem die asymptotisch genäherten Gleichungen<br />
die negative Entropie liefern.<br />
Es gibt aber einen anderen Hinweis darauf, daß die Entropie auch in Näherung<br />
I negativ wird: Wenn wir wie in Abschnitt 6.1 die Anfangsbedingungen so
Ñ<br />
Ñ<br />
É<br />
È<br />
Ë<br />
É<br />
52 6 Vergleich von Näherung I mit Näherung II<br />
ÆhÇ$ÈHÉBÉ5Ê<br />
ÉcÏ]ÉÐ<br />
ÉcÏ]ÉÐ<br />
ÉcÏ]ÉBÒ<br />
É[ÏbÈ<br />
ÈÏÕ<br />
É[ÏÔ<br />
ÉcÏ]Ó<br />
É[Ï]Õ<br />
ÌWÍÎ<br />
Abbildung 6.6: Hier ist S(100) aufgetragen, das sich ergibt, wenn man die Startwerte<br />
E = 5π 2 /8 und Ê = 5π2 /32 unabhängig von K und σ wählt.<br />
abändern, daß die Fugazität unabhängig von Temperatur und Unordnungsstärke<br />
einen konstanten Wert annimmt, 3 so erhält man einen Bereich, in dem die Entropie<br />
klar negativ wird. Dieser Bereich in der BKT-Phase ist zwar nicht wie in<br />
Abschnitt 6.1 genau durch τ < 1 gegeben, allerdings stimmt das qualitative<br />
Verhalten damit überein. Die entsprechende Entropiedichte ist in Abb. 6.6 dargestellt.<br />
Bei einem genaueren Vergleich der berechneten Entropiedichten mit den Werten<br />
aus der asymptotischen Näherung stellen wir fest, daß das qualitative Verhalten<br />
zwar ähnlich ist, jedoch keine quantitative Übereinstimmung vorliegt.<br />
Zusammenfassend können wir die folgenden Aussagen treffen: Durch die Verwendung<br />
der ursprünglichen RG-Gleichungen (Näherung I) ist eine Phasengrenze<br />
gegeben, die kein ”<br />
reentrance“-Verhalten aufweist. Allerdings stellt sich heraus,<br />
daß die Entropie auch hier ein unphysikalisches Verhalten zeigt; es ist aber nicht<br />
klar, woran dies liegt. Ein möglicher Grund könnte die vernachlässigte Replika-<br />
Symmetrie-Brechung sein.<br />
Die Korrektheit der RG-Gleichungen (4.26-4.29) im gesamten Parameterbereich<br />
ist also nach wie vor fraglich. Für σ 0.3 stellen wir fest, daß durch beide<br />
Näherung I und II die Phasengrenze gut beschrieben wird. Wie in Abschnitt 8.2<br />
gezeigt wird, stimmt dieses Ergebnis auch sehr gut mit numerischen Simulationen<br />
überein.<br />
3 Dies bedeutet hier, daß die Energien E und Ê konstant gehalten werden.
Kapitel 7<br />
Das kritische Verhalten einiger<br />
Größen<br />
In diesem Kapitel verwenden wir die RG-Gleichungen dazu, das Verhalten einiger<br />
Größen am Phasenübergang zu untersuchen. Dazu zählt die Divergenz der<br />
Korrelationslänge bei Annäherung an die BKT-Phase ebenso wie das Verhalten<br />
der Korrelationsfunktionen des ungeordneten Systems. Von besonderer Bedeutung<br />
<strong>für</strong> Messungen oder numerische Simulationen sind zudem die Dielektizitätskonstante,<br />
die die Polarisierbarkeit des Systems beschreibt, und die Spin-Spin-<br />
Korrelationsfunktion im 2D XY-Modell.<br />
7.1 Divergenz der Korrelationslänge am BKT-<br />
Übergang<br />
Abgesehen von grundsätzlichen Einschränkungen der Gültigkeit der RG-Gleichungen,<br />
die in den letzten Abschnitten untersucht wurden, stellen diese Gleichungen,<br />
wie in Abschnitt 3.4 diskutiert, nur eine Näherung <strong>für</strong> kleine Fugazitäten<br />
dar; da die Fugazität außerhalb der BKT-Phase stark ansteigt, werden sie dort<br />
schnell ungültig. Trotzdem können wir das System in unmittelbarer Nähe der<br />
BKT-Phase untersuchen. Dies ist analytisch nur mit den besser handhabbaren<br />
asymptotisch genäherten RG-Gleichungen möglich; wir beschränken uns zunächst<br />
auf τ > 1.<br />
Wir wollen nun untersuchen, wie sich physikalische Eigenschaften bei einer Annäherung<br />
”<br />
von außen“ an die Phasengrenze ändern; das soll bei konstanter Unordnungsstärke<br />
geschehen. Von Bedeutung ist dabei, daß RG-Trajektorien, die in<br />
der Nähe der kritischen Fläche starten, bis zu großen Skalen bei kleinen Y bleiben<br />
und erst dann zu großen Fugazitäten laufen. Das bedeutet, daß das System erst<br />
auf großen Längenskalen das metallische Verhalten zeigt, und diese Längenskala<br />
immer weiter wächst, wenn man sich der kritischen Fläche annähert.<br />
Wir geben uns dazu einen Referenzbereich in der metallischen Phase des Systems
í<br />
54 7 Das kritische Verhalten einiger Größen<br />
Û'ÜWÝÞ<br />
ßãä ßáàãâ<br />
Û/ÜWÝÞ<br />
à â èéëê ä èéëê<br />
Û/Ü<br />
ÝÞ<br />
ì<br />
à â ì ä<br />
å Ü<br />
ÝÞ<br />
æ<br />
àãâ æ ç<br />
Ö×ÙØQÚ<br />
å Ü<br />
ÝÞ<br />
àãâ ç<br />
Abbildung 7.1: Hier ist Y senkrecht zur Linie (K −1 , σ) aufgetragen. Die durchgezogene<br />
Linie stellt die kritische Fläche dar, und die gestrichelte Linie eine Trajektorie, die in<br />
deren Nähe startet. Die Startwerte <strong>für</strong> das Villain-Modell sind durch die gepunktete<br />
Linie gegeben.<br />
vor, der durch die Parameter Y ref , K −1<br />
ref<br />
und σ ref bestimmt ist. Die beiden letzteren<br />
sind sogar so gewählt, daß sie jenseits der Phasengrenze <strong>für</strong> Y 2 = 0 aus<br />
Gleichung (5.15) liegen. Zusätzlich wird mit diesem metallischen Referenzbereich<br />
eine charakteristische Länge ξ ref (z.B. die Korrelationslänge) verknüpft.<br />
Im folgenden werden wir untersuchen, bis zu welchem l die RG-Gleichungen aufintegriert<br />
werden müssen, um von einem unrenormierten Startpunkt in der metallischen<br />
Phase mit der charakteristischen Länge ξ 0 und den Parametern Y 0 , K0<br />
−1<br />
und σ 0 durch Renormierung in die Nähe dieses Referenzpunktes zu gelangen.<br />
Insbesondere werden Startpunkte betrachtet, die sich in der Nähe der kritischen<br />
Fläche befinden und somit wegen des endlichen Wertes von Y 0 innerhalb der Phasengrenze<br />
<strong>für</strong> Y 2 = 0 (5.15) liegen. Dabei wird die Abhängigkeit des notwendigen<br />
l vom Abstand zur kritischen Fläche gesucht.<br />
Ein geeignetes Maß <strong>für</strong> diesen Abstand ist der minimale Wert der Fugazität Y min ,<br />
der während der Renormierung angenommen wird. Je kleiner dieser Wert ist,<br />
desto geringer ist auch der Abstand, und Y min = 0 bedeutet dann, daß die entsprechende<br />
Trajektorie marginal ist und auf der kritischen Fläche liegt. Dieser<br />
Wert wird genau auf der Linie (5.15) angenommen; im folgenden sind die Parameterpaare<br />
(Kp<br />
−1,<br />
σ p) immer als die Elemente dieser Linie aufzufassen, an denen<br />
eine Trajektorie mit vorgegebenen Startwerten diese Linie überschreitet. Eine<br />
Trajektorie ist somit entweder durch die Startwerte oder durch die Werte Y min<br />
und (Kp<br />
−1,<br />
σ p) eindeutig bestimmt. Da hier alle Parameter in der Nähe dieser<br />
Punkte (Kp −1 , σ p ) betrachtet werden, wird die Konstante der Bewegung (5.20)
7.1 Divergenz der Korrelationslänge am BKT-Übergang 55<br />
<strong>für</strong> τ > 1 (σ = σ 0 !) dort entwickelt, und wir erhalten:<br />
Y 2 = Ymin 2 + λ ( δK −1)2 . (7.1)<br />
Dabei ist λ > 0 die Krümmung der Trajektorie bei (Kp −1 , σ p ), und δK −1 =<br />
(K −1 − Kp<br />
−1 ) ein kleiner Parameter. <strong>Der</strong> Wert λ hängt nur von K−1 p und σ p<br />
ab. Ebenso läßt sich die RG-Gleichung <strong>für</strong> die Fugazität (5.11) um (Kp −1,<br />
σ p)<br />
linearisieren, und mit σ = σ p erhält man:<br />
dY<br />
dl<br />
= [2 − πK (1 − σ p K)] Y ≈ π (1 − 2σ p K p ) Kp<br />
2 Y δK −1 . (7.2)<br />
} {{ }<br />
γ>0<br />
Die Größe γ ist dabei wie λ eine nicht-universelle Konstante. Wenn wir nun die<br />
Gleichung (7.1) in die linearisierte RG-Gleichung (7.2) einsetzen, so erhalten wir:<br />
dY<br />
dl<br />
= ±κY<br />
√<br />
Y 2 − Y 2 min , (7.3)<br />
wobei alle nicht-universellen Vorfaktoren in κ zusammengefaßt sind. Das Vorzeichen<br />
der Wurzel ist gleich dem Vorzeichen der Größe δK −1 . Dies wird in der<br />
folgenden Integration der Differentialgleichung deutlicher:<br />
Y∫<br />
min<br />
∫Y ref<br />
dY<br />
lκ =<br />
−Y √ dY<br />
+<br />
Y 2 − Ymin<br />
2 Y √ =<br />
Y 2 − Ymin<br />
2 Y 0<br />
Y min<br />
= 1 [ ( ) ( )<br />
]<br />
Y0<br />
Yref<br />
arcsec + arcsec − 2arcsec (1) .<br />
Y min Y min Y min<br />
(7.4)<br />
Da nur Trajektorien, die nahe der kritischen Fläche starten, betrachtet werden,<br />
gilt Y min ≪ Y 0 , Y ref , und man erhält mit arcsec(∞) = π/2 bzw. arcsec(1) = 0 das<br />
folgende einfache Ergebnis:<br />
l = πκ−1<br />
Y min<br />
. (7.5)<br />
Wir werden nun das Verhalten der Länge ξ 0 in Abhängigkeit von Y min untersuchen.<br />
Das Renormierungsverhalten von ξ ist wie <strong>für</strong> alle Längen durch den<br />
folgenden Ausdruck gegeben:<br />
ξ(l) = ξ 0 e −l . (7.6)<br />
Wird l so bestimmt, daß ξ (l) = ξ ref gilt, so erhält man <strong>für</strong> die unrenormierte<br />
Länge den Ausdruck:<br />
ξ 0 = ξ ref e πκ−1 /Y min<br />
. (7.7)
56 7 Das kritische Verhalten einiger Größen<br />
Die Größe ξ ref wird dabei als Korrelationslänge im metallischen Bereich interpretiert;<br />
ξ 0 gibt diese Größe in der Nähe des Übergangs an. Bei Annäherung an die<br />
kritische Fläche (Y min → 0) divergiert ξ 0 . Eine Divergenz der Korrelationslänge<br />
ist typisch <strong>für</strong> einen Phasenübergang; diese Singularität ist genau wie im reinen<br />
System wesentlich, also kein Pol wie üblich bei Phasenübergängen zweiter Ordnung.<br />
Um den physikalisch relevanten Zusammenhang zu erhalten, werden wir nun die<br />
Größe Y min durch die Abweichungen von der kritischen Fläche (K0 −1 − Kc<br />
−1 ) darstellen;<br />
wenn wir uns auf eine Annäherung bei konstanter Unordnungsstärke beschränken,<br />
gilt (σ 0 − σ c ) = 0. Dabei gibt das Parameterpaar (Kc<br />
−1 , σ c ) einen<br />
Punkt der Phasengrenze an. Wenn man die Konstante der Bewegung (5.20) <strong>für</strong><br />
die beiden Trajektorien, die am Punkt (Kc<br />
−1 , σ c , Y c ) bzw. (K0 −1 , σ 0 , Y 0 ) starten,<br />
verwendet und sie jeweils auf die Werte bei (Kp<br />
−1,<br />
σ p) bezieht, erhält man den<br />
genauen Zusammenhang:<br />
Ymin 2 = ( [<br />
Y0 2 − Y )<br />
c<br />
2 − π<br />
−3 (K )<br />
−1<br />
0 − Kc<br />
−1 π +<br />
2 σ (K 0 − K c ) − π 2 ln K ]<br />
0<br />
. (7.8)<br />
K c<br />
Diesen Ausdruck kann man nun nach den oben angegebenen Abweichungen von<br />
der kritischen Fläche entwickeln, wobei Y0/c 2 durch Gleichung (4.22) gegeben ist;<br />
man erhält dann<br />
Ymin 2 = ν ( )<br />
K0 −1 − Kc<br />
−1 . (7.9)<br />
Nun setzten wir dies in den Ausdruck <strong>für</strong> die Korrelationslänge ein und identifizieren<br />
T = K −1<br />
0 :<br />
√<br />
ξ 0 = ξ ref e πκ−1 / ν(T −T c) . (7.10)<br />
Dies entspricht genau dem kritischen Verhalten der Korrelationslänge wie im<br />
reinen System. Für τ > 1 ist der Übergang also dem BKT-Übergang ohne Unordnung<br />
sehr ähnlich, da die Singularität der freien Energie vom gleichen Typ<br />
ist; wenn man die üblichen RG-Argumente anwendet, erhält man nämlich:<br />
f g ∝ ξ −2<br />
0 ∝ e −2πκ−1√ ν(T −T c) . (7.11)<br />
Bei schwacher Unordnung ändern sich <strong>für</strong> τ > 1 die kritischen Eigenschaften gegenüber<br />
dem reinen System also nur geringfügig. Nach wie vor kann der kritische<br />
Exponent, der die Divergenz der Korrelationslänge bei Annäherung an die kritische<br />
Temperatur beschreibt, mit ν = ∞ angegeben werden. In diesem Sinne kann<br />
man bei schwacher Unordnung nach wie vor von einem BKT-Übergang sprechen.<br />
Im Rahmen von Näherung II wäre es möglich, dies auch <strong>für</strong> τ < 1 durchzuführen;<br />
da die Näherung dort allerdings keine physikalische Relevanz besitzt, verzichten<br />
wir darauf.
7.2 <strong>Physik</strong>alische Bedeutung der Replika-Korrelationsfunktionen 57<br />
7.2 <strong>Physik</strong>alische Bedeutung der Replika-Korrelationsfunktionen<br />
In diesem Abschnitt werden die Ladungsdichte-Korrelationsfunktionen des Systems<br />
mit Unordnung untersucht. Die Ladungsdichte setzt sich im Villain-Modell<br />
aus Punktladungen an den Positionen x i zusammen:<br />
ρ (r) = ∑ i<br />
q i δ (r − x i ) . (7.12)<br />
Von Interesse sind dabei die beiden Korrelationsfunktionen<br />
[〈ρ (0) ρ (r)〉] d<br />
und (7.13)<br />
[〈ρ (0)〉 〈ρ (r)〉] d<br />
. (7.14)<br />
Diese Funktionen hängen natürlich wieder nur vom Abstand r = |r| ab, da das<br />
System nach dem Unordnungsmittel wieder isotrop und homogen ist.<br />
Bisher wurden nur die Korrelationsfunktionen C αβ (r) im replizierten System berechnet.<br />
Im Replika-Limes wird deren Zusammenhang mit den oben angegebenen<br />
Größen (7.13) und (7.14) deutlich. Dazu muß man sich genau klarmachen, mit<br />
welcher Verteilung die thermischen Mittel durchgeführt werden:<br />
〈<br />
lim<br />
n→0 Cαβ (r) = lim ρ α (0) ρ β (r) 〉 =<br />
n→0<br />
= lim<br />
n→0<br />
{ 1<br />
[Z n CG ] d<br />
∑<br />
ρ α (0) ρ β (r)<br />
{q α i }<br />
[<br />
e −<br />
{ [ 1 ∑<br />
= lim<br />
n→0 [ZCG n ] ρ α (0) ρ β (r) e −<br />
d<br />
{qi α }<br />
]<br />
α H({qα i },{Q i})<br />
α H({qα i },{Q i})<br />
}<br />
=<br />
d<br />
(7.15)<br />
]<br />
Wenn man nun innerhalb des Unordnungsmittels mit der entsprechenden ungemittelten<br />
Zustandssumme ZCG n erweitert und dabei beachtet, daß die verschiedenen<br />
Replikas dort nicht gekoppelt sind, so erhält man das folgende Ergebnis:<br />
{<br />
1 [Z<br />
lim<br />
n→0 Cαβ CG n (r) = lim<br />
〈ρ (0) ρ (r)〉] d<br />
<strong>für</strong> α = β<br />
n→0 [ZCG n ] d [ZCG n 〈ρ (0)〉 〈ρ (r)〉] d<br />
<strong>für</strong> α ≠ β . (7.16)<br />
Da lim n→0 ZCG<br />
n = 1 gilt, erhält man im Replika-Limes einen Zusammenhang<br />
zwischen den bereits bekannten und den gesuchten Korrelationsfunktionen (vgl.<br />
Gleichungen (3.35-3.37)); dabei muß l = ln(r/a 0 ) gewählt werden:<br />
[〈ρ (0) ρ (r)〉] d<br />
= C (r) = − 2 r 4 Y 2 (l) , (7.17)<br />
[〈ρ (0)〉 〈ρ (r)〉] d<br />
= C dis (r) = − 2 r Y 2<br />
4 dis (l) , (7.18)<br />
C con (r) = C (r) − C dis (r) = − 2 r 4 Y 2<br />
con (l) . (7.19)<br />
d<br />
}<br />
.
58 7 Das kritische Verhalten einiger Größen<br />
Damit haben wir einen einfachen Zusammenhang zwischen den Korrelationsfunktionen,<br />
die man durch den Replikatrick berechnen kann, und physikalisch<br />
relevanten Funktionen hergestellt. C dis gibt dabei den Unordnungsanteil der Gesamtkorrelationsfunktion<br />
C an, der durch die eingefrorenen Ladungen im System<br />
zustande kommt; im reinen Fall verschwindet C dis somit. Auch unsere Vermutung<br />
aus Abschnitt 4 bestätigt sich nun: Ydis 2 enthält den Beitrag eingefrorener<br />
Ladungspaare zur Gesamtfugazität Y 2 .<br />
Von besonderem Interesse <strong>für</strong> das kritische Verhalten ist die räumliche Abhängigkeit<br />
der Korrelationsfunktionen auf großen Längenskalen r ≫ a 0 : Mit Hilfe der<br />
asymptotischen Darstellung der Fugazitäten (5.4-5.6) können wir diese angeben,<br />
wenn die Fixpunktwerte K ∞ und σ ∞ bekannt sind:<br />
⎧(<br />
C (r) ≈ −2<br />
a 4 0<br />
C dis (r) ≈ −2<br />
a 4 0<br />
C con (r) ≈ −2<br />
a 4 0<br />
⎪⎨ r<br />
√<br />
⎪⎩<br />
⎧(<br />
⎪⎨ r<br />
√<br />
⎪⎩<br />
⎧(<br />
⎪⎨<br />
√<br />
⎪⎩<br />
a 0<br />
) −2πK∞(1−1/2τ ∞)<br />
σ∞<br />
2π 2 ln r/a 0<br />
πτ ∞<br />
sin(πτ ∞)<br />
(<br />
a 0<br />
) −4πK∞(1−1/τ ∞)<br />
σ∞ πτ ∞(1−τ ∞)<br />
2π 2 ln r/a 0 sin(πτ ∞)<br />
) −2πK∞(1−1/2τ ∞)<br />
r<br />
a 0<br />
σ∞<br />
2π 2 ln r/a 0<br />
πτ 2 ∞<br />
sin(πτ ∞)<br />
) −<br />
π<br />
r 2σ∞<br />
a 0<br />
(<br />
(<br />
) −<br />
π<br />
r 2σ∞<br />
a 0<br />
) −<br />
π<br />
r 2σ∞<br />
a 0<br />
<strong>für</strong> τ ∞ > 1<br />
, (7.20)<br />
<strong>für</strong> τ ∞ < 1<br />
<strong>für</strong> τ ∞ > 2<br />
, (7.21)<br />
<strong>für</strong> τ ∞ < 2<br />
<strong>für</strong> τ ∞ > 1<br />
. (7.22)<br />
<strong>für</strong> τ ∞ < 1<br />
Wir erkennen, daß der Unordnungsbeitrag C dis <strong>für</strong> τ ∞ > 1 gegenüber C con exponentiell<br />
klein ist. Für τ ∞ < 1 allerdings sind beide Beiträge von der gleichen<br />
Größenordnung, wobei C dis mit sinkender Temperatur immer mehr Einfluß gewinnt.<br />
Für τ ∞ < 1 werden also durch die Unordnung auch auf großen Skalen<br />
eingefrorene Ladungen erzeugt, die das kritische Verhalten des Systems stark<br />
beeinflussen.<br />
7.3 Die Dielektrizitätskonstante<br />
Dieser Abschnitt ist besonders <strong>für</strong> numerische und experimentelle Untersuchungen<br />
wichtig, da die k-abhängige Dielektrizitätsfunktion ɛ(k) eine meßbare Größe<br />
ist, die den BKT-Übergang anzeigt.<br />
Wir betrachten die Abschirmung eines infinitesimalen externen Potentials V ext (k)<br />
durch im System anwesende Ladungen, so daß effektiv das Potential V sc (k) vorhanden<br />
ist. Daraus ergibt sich die folgende Definition der Dielektrizitätsfunktion:<br />
ɛ (k) = V ext (k)<br />
V sc (k) . (7.23)<br />
Man kann sich leicht überlegen, wie sich ɛ(k) in der metallischen Phase verhält:<br />
Die positiven, freien Ladungen werden sich in die Potentialmulden bewegen und
7.3 Die Dielektrizitätskonstante 59<br />
die negativen auf die Potentialberge. Dadurch wird das externe Potential auf<br />
großen Längenskalen ideal abgeschirmt, das heißt, in der metallischen Phase ist<br />
zu erwarten, daß<br />
V sc (k → 0) = 0, und folglich (7.24)<br />
ɛ(k → 0) → ∞ (7.25)<br />
gilt. In der BKT-Phase ist die Situation dadurch anders, daß sich nicht einzelne<br />
Ladungen frei bewegen können, sondern nur Dipole, die durch ein äußeres Feld<br />
lediglich ausgerichtet werden. Deshalb ist nur eine geringe Abschirmung zu erwarten<br />
und man erhält eine endliche Dielektrizitätsfunktion. Im folgenden wird<br />
dies quantitativ behandelt.<br />
Durch ein infinitesimales externes Potential V ext (r) wird gemäß der Linearen-<br />
Antwort-Theorie folgende Ladungsdichte 〈ρ ind (r)〉 induziert:<br />
〈ρ ind (r)〉 = − 1 ∫<br />
d 2 r ′ V ext (r ′ )<br />
T<br />
˜C (r, r ′ )<br />
(7.26)<br />
mit ˜C (r, r ′ ) = 〈ρ (r) ρ (r ′ )〉 − 〈ρ (r)〉 〈ρ (r ′ )〉 .<br />
¢<br />
2<br />
Da man im weiteren nur an den über die Unordnung gemittelten Größen interessiert<br />
ist, betrachtet man die gemittelte Korrelationsfunktion [ ˜C(r, r ′ )] d =<br />
C con (r − r ′ ) (siehe (7.19)), die nun nur vom Abstand (r − r ′ ) abhängt und man<br />
erhält ein Faltungsintegral:<br />
[〈ρ ind (r)〉] d<br />
= − 1 ∫<br />
d 2 r ′ V ext (r ′ ) C con (r − r ′ )<br />
T<br />
⇐⇒<br />
¢<br />
2<br />
(7.27)<br />
[〈ρ ind (k)〉] d<br />
= − 1 T V ext (k) C con (k) .<br />
Die k-abhängigen Größen sind dabei die entsprechenden Fourier-Transformierten;<br />
die Fourier-Transformation einer beliebigen Funktion h(r) ist folgendermaßen<br />
definiert:<br />
∫<br />
h (k) = d 2 r e −ikr h (r) . (7.28)<br />
Den Ausdruck <strong>für</strong> [〈ρ ind (k)〉] kann man in die fouriertransformierte Poissongleichung<br />
einsetzen, in der Potential und Ladungsdichte verknüpft sind; da man hier<br />
die gemittelten Ausdrücke betrachtet, muß beachtet werden, daß lediglich V sc (k)<br />
von der Unordnung abhängt, V ext (k) als von außen angelegtes Potential unordnungsunabhängig<br />
ist: 1<br />
¢<br />
2<br />
[V sc (k) − V ext (k)] d<br />
= 4π2<br />
k [〈ρ ind(k)〉] 2<br />
d<br />
= − 4π2<br />
T k V 2 ext (k) C con (k) . (7.29)<br />
1 Wegen der Darstellung von Z in (3.1) und T = 1/K 0 werden die Potentiale mit einem<br />
zusätzlichen Faktor 2π definiert, was zu einem 4π 2 in der Poissongleichung führt.
60 7 Das kritische Verhalten einiger Größen<br />
Mit (7.23) erhält man die unordnungsgemittelte Dielektrizitätsfunktion:<br />
[<br />
ɛ<br />
−1 ] d<br />
(k) = 1 −<br />
4π2<br />
T k 2 C con (k) . (7.30)<br />
Für kritische Phänomene ist das Verhalten auf großen Längenskalen von entscheidender<br />
Bedeutung. Deshalb wird nun [ɛ −1 ] d (k → 0) = [ɛ −1<br />
0 ] d behandelt. Wie<br />
vorher schon diskutiert, ist besonders das Verhalten am Übergang interessant,<br />
also wenn T = T c gilt.<br />
<strong>Der</strong> Grenzübergang k → 0 ist einfach durchzuführen, wenn man die Fouriertransformation<br />
von C con (k) explizit ausschreibt:<br />
{ ∫<br />
}<br />
[<br />
ɛ<br />
−1<br />
0<br />
]d = 1 − 4π2 1<br />
lim d 2 r e −ikr C<br />
T c k→0 k 2 con (r) =<br />
= 1 − 4π2<br />
T c<br />
{ ∫ 1<br />
lim<br />
k→0 k 2<br />
¢<br />
2<br />
¢<br />
2<br />
d 2 r<br />
(1 − ikr − 1 )<br />
}<br />
2 (kr)2 C con (r) + O (k) .<br />
(7.31)<br />
Die ersten beiden Summanden tragen wegen der Ladungsneutralität bzw. der Isotropie<br />
der gemittelten Korrelationsfunktionen nicht zum Integral bei; die Summanden<br />
von linearer bzw. höherer Ordnung in k verschwinden ebenfalls, und es<br />
bleibt der folgende Term übrig: 2<br />
[<br />
ɛ<br />
−1<br />
0<br />
]d = 1 + 4π3<br />
T c<br />
∫∞<br />
a 0<br />
dr r3<br />
2 C con (r) . (7.32)<br />
Nun multiplizieren wir diese Gleichung mit 1/T c und setzten den Ausdruck (7.19)<br />
ein. Wenn wir zusätzlich im Integral die Variablentransformation l = ln(r/a 0 )<br />
durchführen, erhalten wir die folgende Form:<br />
[ ]<br />
ɛ<br />
−1<br />
0 d<br />
T c<br />
= 1 T c<br />
− 4π3<br />
T 2 c<br />
∫ ∞<br />
0<br />
dl Ycon 2 (l) . (7.33)<br />
Wir betrachten jetzt die RG-Gleichung (4.28) <strong>für</strong> die inverse Kopplungskonstante<br />
und integrieren sie formal auf. Dies geschieht <strong>für</strong> eine RG-Trajektorie auf der<br />
kritischen Fläche; deshalb dient als Anfangswert K0 −1 = 1/T c (J 0 = 0!). Man<br />
erhält dann:<br />
∫∞<br />
∞ = T c + 4π 3 dl Ycon 2 (l). (7.34)<br />
K −1<br />
0<br />
2 Dabei muß ein ”<br />
cut-off“ eingeführt werden, um die ursprüngliche Gitterstruktur des Problems<br />
zu berücksichtigen.
7.4 Kritische Exponenten im 2D XY-Modell 61<br />
Da die Fugazität Y 2<br />
con klein ist und mit steigendem l schnell gegen null renormiert,<br />
ist auch das Integral in Gleichung (7.34) klein. Das heißt, zur Berechnung von<br />
K ∞ können wir nach diesem Integral entwickeln und erhalten:<br />
K ∞ = 1 T c<br />
− 4π3<br />
T 2 c<br />
∫ ∞<br />
0<br />
dl Y 2<br />
con + O ( (4π 3<br />
T 2 c<br />
∫ ∞<br />
0<br />
) ) 2<br />
dl Ycon<br />
2<br />
(7.35)<br />
Im Rahmen der Näherung <strong>für</strong> kleine Fugazitäten ist dies identisch mit der rechten<br />
Seite von (7.33). 3 Demnach gilt:<br />
[ ]<br />
ɛ<br />
−1<br />
0 d<br />
= K ∞ . (7.36)<br />
T c<br />
Dies führt am Übergang zu einem Sprung in der Größe [ɛ −1<br />
0 ] d/T c , da diese außerhalb<br />
der BKT-Phase wegen (7.25) null ist. Dieser Sprung ist nun nicht mehr universell,<br />
da er wie die Übergangstemperatur von der Unordnungsstärke σ c abhängt,<br />
bei der der Übergang stattfindet. In Abschnitt 6.2 wurde begründet, daß <strong>für</strong><br />
σ c 0.3 die asymptotisch genäherten Gleichungen verwendet werden können;<br />
in diesem Bereich ist es dadurch möglich, die Sprungbedingung in Abhängigkeit<br />
der Unordnungsstärke, die hier unter Renormierung konstant bleibt, anzugeben.<br />
Dazu verwenden wir, daß der renormierte Punkt auf der Phasengrenze <strong>für</strong> Y 2 = 0<br />
aus Gleichung (5.15) liegen muß:<br />
( √ )<br />
K −1<br />
∞ = π 4<br />
1 +<br />
1 − 8σ c<br />
π<br />
<strong>für</strong> σ c 0.3. (7.37)<br />
Aufgrund dieses Sprungs ist die Dielektrizitätskonstante als Meßgröße (z.B. in<br />
den numerischen Simulationen in Kapitel 8) wichtig, da sie den Phasenübergang<br />
deutlich anzeigt.<br />
7.4 Kritische Exponenten im 2D XY-Modell<br />
In diesem Kapitel wollen wir die gefundenen Ergebnisse auf das XY-Modell anwenden<br />
und dadurch dessen kritische Eigenschaften untersuchen. Wir untersuchen<br />
dazu die Spin-Spin-Korrelationsfunktion<br />
[〈s k · s l 〉] d<br />
= [ Re 〈 e i(Θ k−Θ l ) 〉] d . (7.38)<br />
Nun nehmen wir an, daß in unserem System keine Vortizes (Ladungen) vorhanden<br />
sind, und die Temperatur klein ist. Das bedeutet, daß man die Periodizität<br />
3 Für den reinen Fall existieren RG-Gleichungen von Minnhagen [9], in denen diese Korrekturen<br />
<strong>für</strong> größere Fugazitäten in der Beziehung (7.35) nicht vorkommen; <strong>für</strong> kleine Fugazitäten<br />
stimmen diese Gleichungen natürlich mit den in dieser Arbeit berechneten überein.
62 7 Das kritische Verhalten einiger Größen<br />
in den Winkelfreiheitsgraden nicht berücksichtigen muß, und wir bei schwacher<br />
Unordnung (A ij klein) den Cosinus in der Hamiltonfunktion (1.2) entwickeln<br />
können: 4<br />
H XY [{Θ i } , {A ij }] ≈ ∑ 〈ij〉<br />
1<br />
2 K(Θ i − Θ j − A ij ) 2 . (7.39)<br />
Für die unordnungsgemittelte Korrelationsfunktion (7.38) ist der folgende Ausdruck<br />
zu berechnen:<br />
[∑{Θ<br />
[〈s k · s l 〉] d<br />
= Re<br />
i } ei(Θ k−Θ l ) e −H[{Θ i},{A ij }] ]<br />
∑<br />
{Θ i } e−H[{Θ i},{A ij<br />
. (7.40)<br />
}]<br />
d<br />
Da die Summe über die thermischen Freiheitsgrade hier gaußisch ist, kann man<br />
sie ohne Mühe ausführen und erhält die folgenden Terme <strong>für</strong> Zähler und Nenner:<br />
∑ {<br />
}<br />
exp i (Θ k − Θ l ) − H [{Θ i } , {A ij }] = (7.41)<br />
{Θ i }<br />
{<br />
= N exp − 1 ∑ (<br />
− iK ∑ )<br />
A i,i+µ + δ ki − δ li (−G ij ) ×<br />
2K<br />
i,j<br />
µ<br />
(<br />
− iK ∑ A j,j+µ + δ kj − δ lj<br />
)},<br />
µ<br />
∑ {<br />
}<br />
exp − H [{Θ i } , {A ij }] = (7.42)<br />
{Θ i }<br />
{<br />
= N exp<br />
− 1<br />
2K<br />
∑ (<br />
− iK ∑<br />
i,j<br />
µ<br />
) (<br />
A i,i+µ (−G ij ) − iK ∑ µ<br />
A j,j+µ<br />
)}.<br />
Dabei ist der Vorfaktor N wie folgt gegeben: 5<br />
N = ∑ { 1<br />
exp<br />
2 K ∑ }<br />
Θ i G −1<br />
ij Θ j . (7.43)<br />
{Θ i } i,j<br />
Die Auswertung der Kronecker-δ’s in (7.41) führt zu folgendem Ausdruck (G ii =<br />
0, G ij = G ji !):<br />
{<br />
[〈s k · s l 〉] d<br />
= exp − 1 }[ {<br />
K G kl exp −i ∑ ( ∑ )}]<br />
(G ik − G il ) A i,i+µ . (7.44)<br />
d<br />
i<br />
µ<br />
Es ist nun geschickter, das Mittel nicht über die ursprünglichen Unordnungsvariablen<br />
{A ij } auszuführen, sondern über die kombinierte Größe { ∑ µ A i,i+µ}. Dabei<br />
4 Dies bezeichnet man häufig als Spinwellennäherung.<br />
5 Zur Erinnerung: µ repräsentiert einen Verschiebungsvektor auf einen Nachbarplatz; −G ij<br />
ist die Gitter-Greensfunktion, wie sie in Abschnitt 2.1 durch Gleichung (2.15) definiert wurde<br />
(−G ij ↔ ˜G ij !).
7.4 Kritische Exponenten im 2D XY-Modell 63<br />
ist die Verteilung gaußisch mit Mittelwert null und dem zweiten Moment (vgl.<br />
Abschnitt 2.1)<br />
[( ∑ )( ∑ )] (<br />
A i,i+µ A j,j+µ = σ 4δ ij − ∑ δ i,j+µ<br />
). (7.45)<br />
d<br />
µ<br />
µ<br />
µ<br />
Damit können wir das Unordnungsmittel in (7.44) ausführen und erhalten mit<br />
Gleichung (2.11) das folgende Ergebnis:<br />
{<br />
[〈s k · s l 〉] d<br />
= exp − 1 } {<br />
K G kl exp<br />
(G ik − G il ) ×<br />
∑<br />
j<br />
= exp<br />
− 1 2 σ ∑ i<br />
) }<br />
δ i,j+µ (G jk − G jl ) =<br />
(<br />
4δ ij − ∑ µ<br />
{ ( ) }<br />
1<br />
−<br />
K + σ G kl .<br />
(7.46)<br />
Damit wurde die Spin-Spin-Korrelationsfunktion in der Spinwellennäherung berechnet;<br />
wenn wir in die Kontinuumsdarstellung wechseln, so können wir die<br />
Korrelationsfunktion <strong>für</strong> große Abstände mit Hilfe von Gleichung (2.16) durch<br />
folgenden Ausdruck angeben:<br />
( ) −(1+σK)/2πK |r|<br />
[〈s (r) · s (0)〉] d<br />
∝<br />
. (7.47)<br />
a 0<br />
Für tiefe Temperaturen und schwache Unordnung finden wir also eine algebraisch<br />
zerfallende Spin-Spin-Korrelationsfunktion. Da die Spin-Rotationssymmetrie<br />
in diesem Bereich zwar nicht gebrochen ist, aber die Korrelationsfunktion des<br />
Ordnungsparameters algebraisch (nicht exponentiell) zerfällt, spricht man von<br />
quasi-langreichweitiger Ordnung. Diese wird bei höheren Temperaturen oder Unordnungsstärken<br />
durch Vortexanregungen zerstört.<br />
Durch die Spinwellennäherung allein kann das kritische Verhalten des XY-Modells<br />
so nicht zufriedenstellend beschrieben werden, da Vortizes im System vorhanden<br />
sind, und folglich die Periodizität des Cosinus relevant wird. Aus den RG-<br />
Untersuchungen ist allerdings bekannt, daß die Vortizes innerhalb der BKT-Phase<br />
gebunden sind, und ihre Fugazität bzw. Dichte gegen null renormiert. Dadurch<br />
ist <strong>für</strong> das renormierten System wieder eine Spinwellenbeschreibung möglich, allerdings<br />
nun mit den renormierten Fixpunktparametern K∞<br />
−1 und σ ∞. Somit hat<br />
die Korrelationsfunktion <strong>für</strong> große r in der gesamten BKT-Phase folgendes Verhalten:<br />
( ) −(K |r|<br />
∞ −1 +σ ∞)/2π<br />
[〈s (r) · s (0)〉] d<br />
∝<br />
. (7.48)<br />
a 0<br />
Hieraus erhält man direkt den Exponenten η, der den räumlichen Zerfall der<br />
Korrelationsfunktion am Phasenübergang bestimmt, wenn man die Temperatur
64 7 Das kritische Verhalten einiger Größen<br />
und die Unordnungsstärke so wählt, daß der Punkt auf der Phasengrenze liegt.<br />
Die renormierten Größen liegen dann auf der Phasengrenze <strong>für</strong> Y 2 = 0 aus Gleichung<br />
(5.15), und η ergibt sich zu:<br />
η = 1 (<br />
K<br />
−1<br />
∞<br />
2π<br />
+ σ ∞)<br />
. (7.49)<br />
Für σ = 0 ist K∞<br />
−1 = π/2, und man erhält den bekannten Wert η = 1/4. Allgemein<br />
gilt <strong>für</strong> eine gegebene renormierte Übergangstemperatur K∞<br />
−1 ≤ π/2 nach<br />
Gleichung (5.15)<br />
η = 1<br />
2π<br />
{ (<br />
K∞<br />
−1 2 −<br />
2<br />
( )<br />
K<br />
−1<br />
∞ + π 8<br />
π K−1 ∞<br />
)<br />
<strong>für</strong> π ≤ 4 K−1 ∞ ≤ π 2<br />
<strong>für</strong> 0 ≤ K∞ −1 ≤ π 4<br />
. (7.50)<br />
Mit fallender kritischer Temperatur (d.h. mit steigender Unordnung) fällt auch<br />
der Exponent ab. Zwei Systeme mit verschiedenen Unordnungsstärken gehören<br />
in diesem Sinne verschiedenen Universalitätsklassen an.
Kapitel 8<br />
Die Monte-Carlo-Simulation<br />
In der bisherigen Arbeit wurden größtenteils analytische Argumente verwendet,<br />
um Ergebnisse wie z.B. die RG-Gleichungen zu erhalten. In den Herleitungen<br />
wurden zudem Näherungen verwendet, die den Gültigkeitsbereich aller Überlegungen<br />
auf den Bereich kleiner Fugazitäten beschränken. Um die Gültigkeit der<br />
so gewonnenen Vorhersagen zu prüfen, wird in diesem Kapitel das Verhalten des<br />
2D CG mit Unordnung numerisch durch eine Monte-Carlo-Simulation untersucht.<br />
Im ersten Abschnitt wird eine knappe, allgemeine Einführung in die MC-Methode<br />
gegeben und unser Algorithmus vorgestellt. Danach werden anhand der MC-<br />
Daten die Übergangstemperaturen <strong>für</strong> einige Werte der Unordnungsstärke berechnet<br />
und mit den analytischen Vorhersagen verglichen.<br />
8.1 <strong>Der</strong> MC-Algorithmus<br />
Hier werden die elementaren Ideen des numerischen Vorgehens diskutiert. Das<br />
entscheidende Problem bei der numerischen Behandlung in der statistischen Mechanik<br />
ist die enorme Anzahl an mikroskopischen Zuständen, die einen Beitrag<br />
zu den physikalischen Eigenschaften des Systems liefern. Da man in der Praxis<br />
mit Sicherheit nie alle Zustände berücksichtigen kann, wird versucht, nur die<br />
wichtigsten Zustände 1 einzubeziehen und den großen Rest zu vernachlässigen. In<br />
MC-Simulationen werden deshalb repräsentative Zustände auf stochastische Weise<br />
erzeugt. Dabei muß berücksichtigt werden, daß im thermischen Gleichgewicht<br />
detailed balance“ gilt: Die gesamte Wahrscheinlichkeit, um von einem Zustand<br />
”<br />
1 zu einem Zustand 2 zu springen, muß genauso groß sein wie die <strong>für</strong> den Sprung<br />
von 2 nach 1:<br />
P 1 P 1→2 = P 2 P 2→1 . (8.1)<br />
Dabei ist P 1(2) die Wahrscheinlichkeit, mit der sich das System (im thermischen<br />
Gleichgewicht) im Zustand 1(2) befindet. P 1(2)→2(1) gibt die bedingte Wahrschein-<br />
1 Wichtig sind die Zustände, die einen großen Beitrag zur Zustandssumme liefern.
66 8 Die Monte-Carlo-Simulation<br />
Abbildung 8.1: Durch das Hinzufügen eines Paares kann entweder ein neues Paar an<br />
bisher unbesetzten Plätzen erzeugt oder ein vorhandenes Paar vernichtet werden. Außerdem<br />
ist es möglich, ein einzelnes Teilchen auf einen einen benachbarten Gitterplatz<br />
zu bewegen.<br />
lichkeit <strong>für</strong> einen Sprung nach 2(1) an, wenn sich das System vorher im Zustand<br />
1(2) befindet.<br />
Im thermischen Gleichgewicht ist die Verteilung P i der Zustände {i} durch die<br />
Boltzmannverteilung gegeben. Dann ist die einfachste Möglichkeit, detailed balance“<br />
zu erfüllen, durch den Metropolis-Algorithmus [36] gegeben: Wenn ein<br />
”<br />
Zustand 1 mit Energie E 1 in einen Zustand 2 mit Energie E 2 übergehen soll, so<br />
geschieht dies mit der Wahrscheinlichkeit P 1→2 :<br />
{<br />
1 <strong>für</strong> E 1 ≥ E 2<br />
P 1→2 =<br />
. (8.2)<br />
e −(E 2−E 1 )/T<br />
<strong>für</strong> E 1 < E 2<br />
Dabei ist T die Temperatur des Systems. <strong>Der</strong> gesamte Algorithmus verläuft<br />
dann wie folgt: Man gibt sich einen Ausgangszustand vor, durch eine elementare<br />
Veränderung erhält man einen anderen Zustand. Mit diesen MC-Schritten<br />
muß es möglich sein, durch wiederholte Anwendung das System von einem beliebigen<br />
Zustand in jeden anderen zu bringen. Anhand obiger Wahrscheinlichkeiten<br />
wählt man jetzt den neuen oder den alten Zustand aus und startet mit diesem die<br />
Prozedur erneut. Aufgrund der ”<br />
detailed balance“ läuft das System von einem<br />
beliebigen Anfangszustand in das thermische Gleichgewicht, wenn man genügend<br />
viele MC-Schritte nacheinander ausführt; dies bezeichnet man als ”<br />
warm-up“.<br />
Nach dem ”<br />
warm-up“ kann man Messungen zu Gleichgewichtseigenschaften des<br />
Systems vornehmen. Dabei müssen zwischen zwei Messungen genügend viele MC-<br />
Schritte durchgeführt werden, um in möglichst unabhängigen Zuständen zu messen.<br />
<strong>Der</strong> Mittelwert aller Messungen liefert das Gesamtergebnis einer Meßgröße.<br />
Bei dieser Prozedur treten lediglich stochastische Fehler auf, die man jedoch im<br />
Prinzip (Rechenzeit!) beliebig klein halten kann.<br />
Hier wird der oben skizzierte Algorithmus auf ein Gittersystem <strong>für</strong> ein 2D CG<br />
angewandt, wobei gemäß der Problemstellung (siehe Zustandssumme (2.8)) großkanonisch<br />
gerechnet wird; Details des Algorithmus gehen auf eine Arbeit von Lee<br />
und Teitel [37] zurück. Als elementaren MC-Schritt fügt man ein neutrales Ladungspaar,<br />
das genau eine Gitterkonstante groß ist, an einer zufällig ausgewählte
8.1 <strong>Der</strong> MC-Algorithmus 67<br />
Abbildung 8.2: Durch den zusätzlichen MC-Schritt können einzelne Teilchen auf<br />
Nächste-Nachbar- oder Übernächste-Nachbar-Plätze geschoben werden, soweit diese<br />
frei sind.<br />
Stelle des Gitters hinzu. Wie in Abb. 8.1 graphisch dargestellt ist, können dadurch<br />
Paare erzeugt oder vernichtet werden, oder es werden einzelne Teilchen um<br />
einen Gitterplatz verschoben.<br />
Um gerade bei tiefen Temperaturen die Akzeptanzrate zu erhöhen, wurde dieser<br />
Algorithmus noch erweitert, so daß auch ein bereits vorhandenes Teilchen ausgewählt<br />
und auf einen Nächsten- oder Übernächsten-Nachbarplatz bewegt werden<br />
kann (siehe Abb. 8.2).<br />
Die Energieänderung durch einen elementaren MC-Schritt läßt sich schnell ermitteln,<br />
wenn man <strong>für</strong> jeden Gitterplatz das Potential, das durch alle vorhandenen<br />
Ladungen erzeugt wird, bereits berechnet hat; zusätzlich muß natürlich noch das<br />
chemische Potential eines Paares bei Erzeugung oder Vernichtung berücksichtigt<br />
werden. Dann läßt sich sofort entscheiden, ob der Schritt angenommen wird<br />
oder nicht. Wir müssen also die Potentialänderung an allen Plätzen nur dann<br />
neu berechnen, wenn er akzeptiert wird. Auch die Unordnung läßt sich in diesem<br />
Algorithmus gut einführen, indem man auf alle Nächste-Nachbar-Paare Ladungsdipole<br />
setzt, deren Stärken unabhängigen Gauß-Verteilungen gehorchen. Aus der<br />
resultierenden Ladungsverteilung wird das zugehörige Potential berechnet, das<br />
im Verlaufe der Simulation als konstanter Untergrund bleibt.<br />
Mit diesem Algorithmus können Systeme mit linearer Ausdehnung bis zu ca.<br />
L = 32 Gitterplätzen untersucht werden. Zwischen den einzelnen Messungen<br />
werden L 2 MC-Schritte durchgeführt; dies wird als MC-sweep“ bezeichnet. Es<br />
”<br />
stellt sich heraus, daß <strong>für</strong> den warm-up“ 10 4 MC-sweeps“ benötigt werden, und<br />
” ”<br />
daß 10 5 Messungen, die durch je einen MC-sweep“ getrennt sind, durchgeführt<br />
”<br />
werden müssen, um eine zufriedenstellende Statistik zu erhalten. Für große Unordnungsstärken<br />
bzw. tiefe Temperaturen (τ = 1/2Kσ klein) ist es zudem notwendig,<br />
über einige Unordnungskonfigurationen zu mitteln. Dies war hier bei<br />
L = 32 aufgrund der Rechenzeit nur über ca. 10 Konfigurationen möglich. Zudem<br />
ist es leider auch nicht möglich, bei sehr tiefen Temperaturen T = K −1 < 0.83<br />
zu rechnen, da die Akzeptanzrate hier zu gering ist; dies kann nur durch eine<br />
wesentliche Erhöhung der MC-Schritte (Faktor 10 2 ) pro MC-sweep“ korrigiert<br />
”<br />
werden, wodurch wir wiederum an die Grenzen des Rechenzeitaufwands stoßen.<br />
Als Meßgröße dient die inverse Dielektrizitätskonstante [ɛ −1<br />
0 ] d aus Abschnitt 7.3,<br />
wobei wir zur Berechnung die Gleichung (7.30) verwenden: Durch die MC-Simu-
68 8 Die Monte-Carlo-Simulation<br />
lation erhalten wir die ortsabhängige gemittelte Korrelationsfunktion C con , die<br />
wir dann fouriertransformieren. Da wir den Grenzwert k → 0 nicht durchführen<br />
können, verwenden wir wie von Lee und Teitel [37] vorgeschlagen den Ausdruck<br />
[ ]<br />
ɛ<br />
−1<br />
0 ≈ 1 ([ ]<br />
d ɛ<br />
−1<br />
2<br />
(2πˆx/L) + [ ɛ −1] (2πŷ/L)) , (8.3)<br />
d d<br />
wobei ˆx, ŷ die Einheitsvektoren in x- bzw. y-Richtung repräsentieren; das heißt,<br />
wir mitteln über die kleinsten Wellenvektoren k ≠ 0 in der Brillouin-Zone.<br />
8.2 Ergebnisse der MC-Simulation<br />
Im folgenden werden wir die MC-Ergebnisse dazu verwenden, die Übergangstemperatur<br />
in Abhängigkeit von σ zu bestimmen. Dazu wurde zu verschiedenen Temperaturen<br />
K −1 und Unordnungsstärken die mittlere inverse Dielektrizitätskonstante<br />
[ɛ −1<br />
0 ] d auf einem 32 × 32-Quadratgitter bestimmt. Aufgrund des Rechenzeitaufwands<br />
wurde [ɛ −1<br />
0 ] d nur über fünf Unordnungskonfigurationen gemittelt.<br />
Zu jedem Parameterpaar (K, σ) berechneten wir fünf oder sechs Datenpunkte;<br />
der Mittelwert und die Standardabweichung dieser Werte sind in Abb. 8.3 dargestellt.<br />
Aufgrund der Mittelung über nur wenige Unordnungsrealisierungen ist der<br />
Fehler hauptsächlich durch die Unordnung bestimmt; deutlich wird das dadurch,<br />
daß <strong>für</strong> steigende σ die Abweichungen wesentlich größer werden als <strong>für</strong> das reine<br />
System.<br />
Wie wir im letzten Abschnitt bereits festgestellt haben, können wir die Phasengrenze<br />
lediglich im Bereich K < 1.2 untersuchen. Deshalb reichen unsere<br />
Daten nicht aus, um eine Entscheidung über das Vorhandensein von reentrance“-Verhalten<br />
zu treffen, das erst <strong>für</strong> K > 4/π erwartet werden kann. Wir müssen ”<br />
uns also darauf beschränken zu untersuchen, ob bei gegebener Unordnung im Bereich<br />
K < 1.2 ein Phasenübergang stattfindet, und wo dieser liegt. Dabei prüfen<br />
wir die Konsistenz mit den Ergebissen aus der asymptotischen Näherung, deren<br />
Gültigkeit wir in diesem Gebiet erwarten.<br />
Um die Phasengrenze in diesem Bereich aus den MC-Daten zu bestimmen, wenden<br />
wir folgende Überlegung an: In einem unendlich ausgedehnten System erkennt<br />
man die Stelle des Übergangs dadurch, daß die inverse Dielektrizitätskonstante<br />
einen Sprung von null auf einen endlichen Wert macht (vgl. Abschnitt 7.3).<br />
Da wir allerdings unsere MC-Simulation auf einem endlichen Gitter (L = 32)<br />
durchführen, kann man den Sprung durch unsere Daten nicht lokalisieren, da bei<br />
endlichen Systemen der Phasenübergang nur verschmiert sichtbar wird. Deshalb<br />
kombinieren wir nun die numerischen Daten mit unseren analytischen Ergebnissen:<br />
Wir bestimmen den Übergang, indem wir die MC-Kurve mit der Sprungbedingung<br />
aus Gleichung (7.36) schneiden. Da unser System endlich ist, existiert<br />
eine maximale Skala l max = ln L, die hier relevant ist. Deshalb verwenden wir<br />
nicht den Fixpunktwert der Kopplungskonstante K ∞ , sondern den entsprechenden<br />
Wert auf der Skala der Systemgröße l max mit L = 32, das heißt, es ist die
ô<br />
(<br />
R<br />
ú ÿ<br />
ÿ<br />
ðúû<br />
ðúþ<br />
"<br />
N<br />
N<br />
ñ<br />
O<br />
%<br />
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<<br />
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5<br />
5<br />
5<br />
<br />
`<br />
r<br />
C<br />
5<br />
8<br />
5<br />
r<br />
5<br />
8<br />
<br />
i<br />
9<br />
C<br />
8.2 Ergebnisse der MC-Simulation 69<br />
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÷ùø õ'ö<br />
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58<br />
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K¨W ]<br />
K¨W Z<br />
K¨W ZX<br />
NYX NW N NW KX<br />
NW<br />
` s g u<br />
Abbildung 8.3: Für verschiedene Unordnungsstärken sind die MC-Ergebnisse <strong>für</strong> den<br />
[ɛ −1<br />
0 ] d-K-Zusammenhang zusammen mit der entsprechenden Sprungbedingung (gestrichelte<br />
Linie) aufgetragen.<br />
folgende Gleichung als Sprungbedingung in Abb. 8.3 graphisch dargestellt:<br />
[<br />
ɛ<br />
−1<br />
0<br />
]d (K c) = K (l max)<br />
. (8.4)<br />
K c<br />
Den Wert <strong>für</strong> K(l max ) erhalten wir aus der numerischen Integration der RG-<br />
Gleichungen (5.11-5.13) aus Näherung II. Die kritische Kopplungskonstante finden<br />
wir aus dem Schnittpunkt dieser Linie mit unseren MC-Daten. Durch die<br />
statistischen Fehler erhalten wir ein minimales und maximales K c , woraus wir<br />
entsprechend T = 1/K ein minimales und maximales T c erhalten. Dadurch haben<br />
wir Intervalle bestimmt, in denen die Übergangstemperaturen liegen sollten.<br />
Diese sind zusammen mit den analytisch berechneten Werten in der folgenden
x<br />
Ž<br />
Ž<br />
w<br />
70 8 Die Monte-Carlo-Simulation<br />
Ž ‹‘<br />
Ž ‹l’<br />
Ž ‹$<br />
y{z}|~ €ƒ‚…„‡†‰ˆ<br />
Ž ‹Š<br />
Ž ‹‘<br />
Ž ‹l<br />
ŠŒ‹$<br />
Abbildung 8.4: Hier sind die aus den MC-Daten berechneten kritischen Temperaturen<br />
dargestellt; zum Vergleich ist auch die analytisch gefundene Phasengrenze aufgetragen.<br />
Tabelle eingetragen:<br />
σ T c numerisch T c analytisch<br />
0 1.32 ± 0.01 1.34<br />
0.09 1.22 ± 0.01 1.24<br />
0.16 1.13 ± 0.01 1.15<br />
0.25 1.02 ± 0.03 1.01<br />
0.31 0.88 ± 0.01 0.87<br />
0.36 < 0.83 0.58<br />
0.49 < 0.83 kein BKT-<br />
0.64 < 0.83 Übergang<br />
Im letzten Bild von Abb. 8.3 ist allerdings nicht die Sprungbedingung auf endlicher<br />
Skala aus Gleichung (8.4) aufgetragen, sondern die entsprechende Kurve mit<br />
K ∞ <strong>für</strong> σ = 0.36; wir erkennen dabei keinen Schnittpunkt mit den MC-Kurven.<br />
Wegen K ∞ < K(ln 32) schließen wir daraus, daß <strong>für</strong> σ ≥ 0.36 die kritische Kopplungskonstante<br />
im Bereich K > 1.2 (T < 0.83) liegt.<br />
Bei der Bestimmung der kritischen Temperaturen wurde auf weitere ”<br />
finite size“-Korrekturen<br />
verzichtet, da sich <strong>für</strong> den Fall σ = 0 herausstellte, daß diese<br />
wesentlich geringer als die restlichen Fehler sind. Wir nehmen an, daß dies auch<br />
<strong>für</strong> σ > 0 gilt.
8.2 Ergebnisse der MC-Simulation 71<br />
In Abb. 8.4 sind die ermittelten kritischen Punkte zusammen mit der analytisch<br />
gefundenen Phasengrenze (siehe Abschnitt 6.2) dargestellt. Man erkennt in dem<br />
hier untersuchten Bereich σ 0.3 eine sehr gute Übereinstimmung der MC-Daten<br />
mit den analytischen Ergebnissen. Darüberhinaus stimmt die Aussage, daß die<br />
Übergangstemperatur <strong>für</strong> σ ≥ 0.36 im Bereich T < 0.83 liegt, mit den analytischen<br />
Vorhersagen überein.
Kapitel 9<br />
Zusammenfassung und Ausblick<br />
Abschließend werden wir in diesem Kapitel unsere Ergebnisse zusammenfassen<br />
und die interessantesten Probleme darstellen, deren Lösung wir nicht finden konnten.<br />
Als Ausgangspunkt unserer Untersuchungen diente die Arbeit Scheidls [1], wobei<br />
dessen RG-Gleichungen erneut hergeleitet wurden. Bei deren Diskussion waren<br />
wir allerdings genauer und arbeiteten den Unterschied zwischen Näherung I<br />
(siehe 4.2) und der asymptotischen Näherung II (siehe 5.1) deutlicher heraus, indem<br />
wir jeweils den resultierenden RG-Fluß untersuchten. Besonderes Augenmerk<br />
richteten wir dabei auf die Entropiedichte in der BKT-Phase und den Verlauf der<br />
Phasengrenze selbst.<br />
Obwohl die asymptotische Näherung <strong>für</strong> den Grenzfall großer Längenskalen hergeleitet<br />
wurde, verwenden wir sie, wie Scheidl auch, auf allen Längenskalen, um<br />
daraus die Entropiedichte zu berechnen. Während Scheidl nun in seiner Arbeit<br />
argumentiert, diese sei im gesamten Parameterbereich positiv, können wir dies<br />
auf analytischem Weg nur <strong>für</strong> τ > 1 bestätigen; unsere numerische Auswertung<br />
von Näherung II liefern darüber hinaus Gebiete, in denen die Entropiedichte<br />
negativ ist. Auch die numerische Berechnungen der Entropiedichte mit den<br />
RG-Gleichungen aus Näherung I liefern qualitativ das gleiche Ergebnis. Deshalb<br />
können wir Replika-Symmetrie-Brechung in diesem Modell nicht ausschließen.<br />
Dies ist besonders deshalb interessant, da Tang [28] die gleichen RG-Gleichungen<br />
wie in Näherung II ohne den Replikatrick (aber mit zusätzlichen Näherungen)<br />
hergeleitet hat.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt war die Bestimmung der Phasengrenze. Näherung II<br />
zeigt das schon mehrfach diskutierte ”<br />
reentrance“-Verhalten <strong>für</strong> σ 0.35, wohingegen<br />
dieses in Näherung I nicht auftritt. Beim Vergleich der beiden Näherungen<br />
im Bereich σ 0.3 stellt sich heraus, daß der RG-Fluß im kritischen Bereich in<br />
beiden Fällen sehr gut übereinstimmt; dies ist besonders deshalb wichtig, da die<br />
RG-Gleichungen in asymptotischer Näherung analytisch wesentlich einfacher zu<br />
behandeln sind.<br />
Insgesamt sind die Ergebnisse mit dem Harris-Kriterium (vgl. Abschnitt 1.2) in
dem Sinne in Einklang, daß auch bei schwacher Unordnung eine BKT-Phase mit<br />
gebundenen Ladungspaaren existiert.<br />
Unabhängig von den analytischen Untersuchungen führten wir eine MC-Simulation<br />
durch. Wir können damit im Bereich σ ≤ 0.31 eine sehr gute Übereinstimmung<br />
der numerischen und analytischen Ergebnisse <strong>für</strong> die Phasengrenze zeigen.<br />
Andererseits gibt es eine Vielzahl von Problemen, die wir nicht lösen konnten. An<br />
erster Stelle steht dabei die Frage nach der Ursache <strong>für</strong> die negative Entropie. Dazu<br />
wird eine genauere Untersuchung der vorhandenen RG-Gleichungen notwendig<br />
sein, und man muß eventuell versuchen, verallgemeinerte RG-Gleichungen unter<br />
Berücksichtigung von Replika-Symmetrie-Brechung herzuleiten.<br />
Weiter ist es wichtig, mit verbesserten MC-Algorithmen das System auch bei<br />
niedrigeren Temperaturen zu untersuchen, mit dem Ziel, dort die Phasengrenze<br />
numerisch zu bestimmen und mit den analytischen Vorhersagen zu vergleichen.<br />
Insbesondere wäre eine abschließende Aussage über das Auftreten von ”<br />
reentrance“-Verhalten<br />
wünschenswert. Besser geeignet <strong>für</strong> diese Simulation als das<br />
hier verwendete 2D CG dürfte dabei ein 2D XY-Modell sein (vgl. Maucourt und<br />
Grempel [21]), da hier nur kurzreichweitige Wechselwirkungen vorhanden sind,<br />
und zudem die Akzeptanzrate auch bei kleinen Temperaturen größer sein sollte.<br />
Abgesehen davon gibt es noch eine Vielzahl ungelöster Probleme. Insbesondere<br />
kann man andere Arten von Unordnung an das System koppeln. Dies ist dann sehr<br />
problematisch, wenn die unordnungsinduzierte Wechselwirkung nach der Mittelung<br />
zwar langreichweitig, aber nicht mehr logarithmisch ist, was entscheidend in<br />
unsere Herleitung der RG-Gleichungen eingeht (vgl. Kapitel 3).<br />
73
Danksagung<br />
Mein herzlicher Dank gilt<br />
• Herrn Prof. Dr. Ulrich Eckern <strong>für</strong> die Ausgabe und Betreuung dieser Arbeit,<br />
• Herrn Prof. Dr. Arno Kampf <strong>für</strong> die Übernahme des Korreferats,<br />
• Herrn Dr. Dierk Bormann <strong>für</strong> die geduldige und besonders engagierte Hilfe<br />
bei der Lösung von größeren und kleineren physikalischen Problemen,<br />
• Frau Dipl. Phys. Cosima Schuster und Herrn Dipl. Phys. Ralf Utermann<br />
<strong>für</strong> die allgegenwärtige Computerbetreuung,<br />
• den restlichen Mitarbeitern des Lehrstuhls <strong>für</strong> die ständige Bereitschaft,<br />
mir bei der Lösung verschiedenster physikalischer Probleme zu helfen,<br />
• meinen Eltern, die mir dieses Studium erst ermöglichten,<br />
• Frau Kerstin Becker <strong>für</strong> ihre liebevolle Hilfe in allen Lebenslagen,<br />
• Frau Claudia Schühle, den Herren Elmar Bihler und Ulrich Christ <strong>für</strong> regelmäßige<br />
(nicht-)wissenschaftliche Zerstreuung.
Anhang<br />
A Herleitung von Gleichung (2.22)<br />
In Abschnitt 2.2 wurde der Ausdruck (2.22) verwendet, der nun berechnet wird,<br />
wobei hier die Abkürzung Ĝij = −4π 2 σK 2 G ij eingeführt wird. Zuerst wird die<br />
Darstellung der δ-Funktion verwendet:<br />
δ(U i − U j − v) =<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
dλ<br />
2π exp { iλ (U i − U j − v) } . (9.1)<br />
Dadurch erhält man <strong>für</strong> den Term in (2.22) die Form, in der man die Integration<br />
über die U i ausführen kann:<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
=<br />
dλ<br />
2π exp { − iλv }√ | det G −1 | ∏<br />
∏<br />
k 8π3 σK 2 k<br />
{<br />
exp − 1 ∑<br />
2<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
k,l<br />
dλ<br />
2π exp { − iλv } exp<br />
U k Ĝ −1<br />
kl U l + iλ ∑ k<br />
{<br />
− 1 ∑ 2 λ2 k,l<br />
( ∫∞<br />
−∞<br />
dU k<br />
)×<br />
}<br />
U k (δ ki − δ kj ) =<br />
}<br />
(δ ki − δ kj ) Ĝkl (δ li − δ lj ) .<br />
(9.2)<br />
Mit der Relation Ĝii = 0 (vgl. (2.16)) gilt:<br />
∑<br />
(δ ki − δ kj ) Ĝkl (δ li − δ lj ) = −2Ĝij. (9.3)<br />
k,l<br />
Damit kann das obige Gauß-Integral auf folgende Form gebracht werden:<br />
{ }<br />
1<br />
P [(U i − U j ) = v] = √ exp −<br />
v2<br />
. (9.4)<br />
−2Ĝij<br />
−4πĜij<br />
Wenn man nun Ĝij einsetzt, so erhält man den Integranden von (2.23).
76 Anhang<br />
B<br />
Die Summen aus den Gleichungen (3.29) und<br />
(3.30)<br />
Hier sind die Summen, die in den Gleichungen (3.29) und (3.30) vorkommen,<br />
explizit ausgeführt; außerdem wird der Wert <strong>für</strong> den Replika-Limes n → 0 angegeben.<br />
∑<br />
(K αγ ) 2 = (n − 1) ˆK 2 +<br />
γ<br />
n→0<br />
−→ K 2 − 2K ˆK,<br />
(<br />
K − ˆK<br />
) 2<br />
= n ˆK2 − 2K ˆK + K 2<br />
(9.5)<br />
∑<br />
K αγ K βγ = (n − 2) ˆK 2 − 2 ˆK<br />
γ<br />
α≠β<br />
n→0<br />
−→ −2K ˆK,<br />
∑<br />
K αγ K βδ = − (n − 1) ˆK<br />
γ≠δ<br />
∑<br />
γ≠δ<br />
α≠β<br />
−<br />
(<br />
K − ˆK<br />
)<br />
(n − 1) ˆK<br />
(<br />
K − ˆK<br />
)<br />
= n ˆK 2 − 2K ˆK<br />
(<br />
− (n − 2) ˆK<br />
(<br />
+ K − ˆK<br />
))<br />
= (n − 1) 2 ˆK2 − 2 (n − 1) K ˆK + (n − 1) ˆK 2<br />
n→0<br />
−→ 2K ˆK,<br />
K αγ K βδ = − ˆK<br />
(<br />
(n − 2) − ˆK<br />
(<br />
(n − 2) + K − ˆK<br />
))<br />
+ ˆK 2 (n − 1) − ˆK<br />
(<br />
K − ˆK<br />
) (<br />
(n − 2) + K − ˆK<br />
) 2<br />
(9.6)<br />
(9.7)<br />
(9.8)<br />
n→0<br />
−→ K 2 + 2K ˆK.
C Berechnung von (3.26-3.28) 77<br />
C Berechnung von (3.26-3.28)<br />
In diesem Abschnitt werden die Summen aus den Gleichungen (3.26-3.28) auf<br />
die in Abschnitt 4.2 verwendete Form (4.22-4.24) gebracht, wobei z ± durch Gleichung<br />
(4.21) definiert sind:<br />
Y 2 = 1 2<br />
= 1 [<br />
2 e4l<br />
∑<br />
ν<br />
(q γ ν )2 Y 2<br />
ν =<br />
∑<br />
{q α ν }≠0,q γ ν ≠<br />
= 1 2 e4l [<br />
(z + + z − )<br />
(<br />
) ( { √ }) ]<br />
α<br />
exp {−2E} (qα ν )2 α<br />
exp 2A 2Ê<br />
qα ν<br />
∑<br />
{q α ν }≠0,q γ ν ≠0<br />
(<br />
exp {−2E}<br />
)<br />
α≠γ (qα ν )2 ×<br />
( { √ }) ]<br />
α≠γ<br />
exp 2A 2Ê<br />
qα ν<br />
=<br />
A<br />
= 1 [<br />
]<br />
2 e4l (z + + z − ) (1 + z + + z − ) n−1 A.<br />
A<br />
=<br />
(9.9)<br />
Genau so verhält es sich <strong>für</strong> Y 2<br />
dis :<br />
Ydis 2 = 1 2<br />
= 1 [<br />
2 e4l<br />
∑<br />
ν<br />
q γ ν qδ ν Y 2<br />
ν =<br />
∑<br />
{qν α}≠0,qγ/δ<br />
ν ≠0<br />
= 1 2 e4l [<br />
(z + + z − ) 2 (1 + z + + z − ) n−2 ] A.<br />
(<br />
) ( { √ }) ]<br />
α<br />
exp {−2E} (qα ν )2 α<br />
exp 2A 2Ê<br />
qα ν<br />
=<br />
A<br />
(9.10)<br />
Nun ist es einfach, Y 2<br />
con zu berechnen:<br />
Y 2<br />
con = Y 2 − Y 2<br />
dis = 1 2 e4l [<br />
(z + + z − + 4z + z − ) (1 + z + + z − ) n−2] A. (9.11)<br />
Damit sind alle Summen durch ein Gaußintegral über die Variable A ausgedrückt.
78 Anhang<br />
D Die Integrale aus den Gleichungen (4.22-4.24)<br />
Um die Integrale (4.22-4.24) in asymptotischer Näherung zu untersuchen, wird<br />
nur der führende Beitrag in l des Integranden berücksichtigt. Zuerst wird das<br />
Integral aus Gleichung (4.22) I = 2e −4l Y 2 berechnet; dabei wird die Symmetrie<br />
des Interganden unter A → −A verwendet:<br />
I = √ 2 ∫∞<br />
π<br />
0<br />
dAe −A2<br />
z + + z −<br />
. (9.12)<br />
1 + z + + z −<br />
Wegen Gleichung (5.3) kann man im Bereich A ≥ 0 <strong>für</strong> l ≫ 1 den Anteil z −<br />
gegenüber z + vernachlässigen, 1 und es bleibt folgendes Integral übrig:<br />
I ≈ √ 2 ∫∞<br />
dAe z −A2 +<br />
. (9.13)<br />
π 1 + z +<br />
0<br />
Zur Vereinfachung wird die Abkürzung α = (E 2 /2Ê)1/2 = √ πl/2σ eingeführt.<br />
<strong>Der</strong> Integrand wird nun als geometrische Reihe dargestellt:<br />
z + < 1 ⇐⇒ A < α<br />
z +<br />
∑ ∞<br />
= z + (−1) ν z+ ν 1 + z . (9.14)<br />
+<br />
ν=0<br />
z + > 1 ⇐⇒ A > α<br />
z +<br />
= 1<br />
1 + z + 1 + 1 =<br />
z +<br />
∞∑<br />
ν=0<br />
(−1) ν z −ν<br />
+ . (9.15)<br />
Man muß das Integral also in die beiden Bereiche A ∈ [0, α) und A ∈ (α, ∞)<br />
aufspalten und erhält:<br />
I = √ 2 ∫∞<br />
dAe z −A2 +<br />
=<br />
π 1 + z +<br />
0<br />
∞∑<br />
(−1) ν I ν+1 < +<br />
ν=0<br />
∞∑<br />
(−1) ν I ν > . (9.16)<br />
ν=0<br />
Dabei sind die Integrale I “ν wie folgt definiert (ν ≥ 0):<br />
I < ν = 2 √ π<br />
∫α<br />
0<br />
I ν > = √ 2 ∫∞<br />
π<br />
α<br />
dAe −A2 z ν + = 2 √ π<br />
e −2Eν<br />
dAe −A2 z −ν<br />
+ = 2 √ π<br />
e +2Eν<br />
∫α<br />
0<br />
∞<br />
∫<br />
α<br />
{ √2Êν }<br />
dA exp −A 2 + 2A , (9.17)<br />
{ √2Êν }<br />
dA exp −A 2 − 2A .<br />
(9.18)<br />
1 Dies gilt nur <strong>für</strong> σ > 0, denn <strong>für</strong> σ = 0 ist z − = z + ; andererseits ist das Integral dann<br />
einfach zu lösen, da z ± unabhängig von A sind.
D Die Integrale aus den Gleichungen (4.22-4.24) 79<br />
Nach der Transformation A ′ = A∓(2Ê)1/2 ν erhält man die folgenden Ausdrücke:<br />
[ ( √2Êν ) ( √ )]<br />
I ν<br />
< = Φ α − − Φ −ν 2Ê , (9.19)<br />
e−2Eν+2Êν2<br />
[ ( √2Êν )]<br />
= 1 − Φ α + . (9.20)<br />
e2Eν+2Êν2<br />
I > ν<br />
Dabei ist Φ(x) = 2π ∫ −1/2 x<br />
0 dx′ e −x′2 die Fehlerfunktion; <strong>für</strong> große Werte x gilt<br />
folgende asymptotische Abschätzung:<br />
Φ (x) ≈<br />
{<br />
1 −<br />
1<br />
√ πx<br />
e −x2 <strong>für</strong> x ≫ 1<br />
−1 − 1 √ πx<br />
e −x2 <strong>für</strong> x ≪ 1 . (9.21)<br />
Da α ∝ l, und der Limes großer l betrachtet wird, wendet man diese Näherung<br />
an. Wenn sgn(x) als Signumsfunktion das Vorzeichen von x angibt, erhält man:<br />
[ ( √ ) ]<br />
≈ sgn α − ν 2Ê + 1<br />
(9.22)<br />
e−2Eν+2Êν2<br />
I < ν<br />
) − e −ν2E √π2Êν 1<br />
,<br />
2Êν<br />
( √ )]<br />
I ν<br />
[1 > = 2Ê−ν2E − sgn α − ν 2Ê<br />
eν2<br />
− e 1<br />
−α2 √ ( √<br />
π α −<br />
+ e 1<br />
−α2 √ ( √2Êν ). (9.23)<br />
π α +<br />
In asymptotischer Näherung (l → ∞) werden in der Summe jeweils nur die<br />
Summanden berücksichtigt, die am langsamsten mit wachsendem l verschwinden,<br />
der Rest wird vernachlässigt.<br />
Es muß dann beachtet werden, daß (α − ν(2Ê)1/2 ) sein Vorzeichen ändern kann,<br />
und abhängig davon verschiedene Terme <strong>für</strong> l ≫ 1 relevant sind. Um dies zu<br />
untersuchen, bietet sich der Term τ = E/2Ê = α/(2Ê)1/2 = 1/2σK an: Für<br />
τ > 1 zerfällt der Ausdruck 2e −2E+2Ê am langsamsten; dieser Term tritt nur in<br />
I 1<br />
< auf:<br />
I ≈ 2e −2E+2Ê. (9.24)<br />
Für τ < 1 ist e −α2 der entscheidende Term, der in allen I “ν vorkommt. Dann muß<br />
der folgende Ausdruck ausgewertet werden:<br />
[ ∞<br />
1 1<br />
I ≈ √ e −α2<br />
2πÊ τ + ∑<br />
( 1<br />
(−1) ν τ + ν + 1 ) ]<br />
=<br />
τ − ν<br />
ν=1<br />
= √<br />
π [ 1<br />
e −α2<br />
2πÊ πτ + 2τ ∞∑ (−1) ν ]<br />
= ← siehe [38], 1.422.3 (9.25)<br />
π τ 2 − ν 2<br />
= √<br />
π<br />
2πÊ<br />
1<br />
sin πτ e−α2 .<br />
ν=1
80 Anhang<br />
Wenn man die explizite l-Abhängigkeit einsetzt, erhält man als Ergebnis:<br />
{<br />
2e<br />
−2πK(1−σK)l<br />
<strong>für</strong> τ > 1<br />
I ≈ √<br />
2σ πτ<br />
e π<br />
π 2 2σ l <strong>für</strong> τ < 1 . (9.26)<br />
l sin πτ<br />
Als nächstes wird das Integral aus Gleichung (4.23) I dis = 2e −4l Y 2<br />
dis untersucht:<br />
I dis = 1 π<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
( ) 2 z+ − z −<br />
dA<br />
≈ 2 1 + z + + z − π<br />
∫ ∞<br />
0<br />
( ) 2 z+<br />
dA<br />
. (9.27)<br />
1 + z +<br />
Zur Berechnung schreibt man z − aus Gleichung (4.21) folgendermaßen um:<br />
z − = ỹ˜z − , (9.28)<br />
wobei ỹ = exp(−2E) und ˜z − = 2A(2Ê)1/2 . Dann verwendet man die folgende<br />
Identität:<br />
( ) 2 z+<br />
= −ỹ 2 ∂ ( )<br />
ỹ −1 z +<br />
. (9.29)<br />
1 + z + ∂ỹ 1 + z +<br />
Da ỹ unabhängig von A ist, läßt sich das gesuchte Integral einfach berechnen:<br />
I dis ≈ −ỹ 2 ∂ ∂ỹ<br />
(ỹ−1 I ) = −ỹ 2 ∂E<br />
∂ỹ<br />
∂ (ỹ−1 I ) = 1 ∂ (ỹ−1 I ) . (9.30)<br />
∂E 2ỹ ∂E<br />
Für τ > 1 erkennt man, daß es nicht ausreicht, den führenden Term aus Gleichung<br />
(9.24) zu verwenden, da man sonst als Ergebnis null erhält; dies ist nicht<br />
möglich, da sonst I dis selbst identisch null wäre. Das heißt, man muß zur Berechnung<br />
von I dis auch noch den nächsten Term in I berücksichtigen. Im Bereich<br />
τ > 2 trägt (−2 exp{−4E + 8Ê}) in nächster Ordnung bei (vgl. I < 2 in Gl. (9.17)):<br />
∂<br />
(<br />
)<br />
2ỹ −1 e −4E+8Ê = ∂ ( )<br />
2e −2E+8Ê = −4e −2E+8Ê. (9.31)<br />
∂E<br />
∂E<br />
Insgesamt erhält man dann <strong>für</strong> τ > 2:<br />
I dis ≈ 2e −4E+8Ê. (9.32)<br />
Für τ < 2 sind die einzigen Terme, die nach der Ableitung erhalten bleiben, durch<br />
den Faktor exp(−α 2 ), dessen Beitrag schon in Gleichung (9.25) berechnet wurde:<br />
(<br />
)<br />
∂ −E2 /2Ê+2E π 1<br />
e √<br />
=<br />
∂E<br />
2πÊ sin πE/2Ê<br />
[ (<br />
= e −E2 /2Ê+2E π 1<br />
√<br />
2 1 − E )<br />
] (9.33)<br />
π cos πE/2Ê<br />
− .<br />
2πÊ sin πE/2Ê 2Ê 2Ê sin πE/2Ê
D Die Integrale aus den Gleichungen (4.22-4.24) 81<br />
<strong>Der</strong> zweite Summand wird dabei vernachlässigt, da er zusätzlich mit 1/Ê ∝ 1/l<br />
abfällt. Man erhält dann <strong>für</strong> I dis den folgenden Ausdruck:<br />
{<br />
2e<br />
−4πK(1−2σK)l<br />
<strong>für</strong> τ > 2<br />
I dis ≈ √<br />
2σ πτ(1−τ)<br />
π 2 l sin πτ e(π/2σ)l <strong>für</strong> τ < 2 . (9.34)<br />
Nun ist es einfach, das Integral I con = 2e −4l Ycon 2 zu berechnen; man verwendet<br />
dabei die Bedingung Y 2 = Ydis 2 + Y con, 2 die auch in dieser Näherung gelten soll.<br />
Daraus erhält man den folgenden Ausdruck, wenn man lediglich die <strong>für</strong> große l<br />
dominierenden Term berücksichtigt:<br />
I con ≈<br />
{<br />
2e<br />
−2πK(1−1/2τ)l<br />
<strong>für</strong> τ > 1<br />
√<br />
2σ<br />
π 2 l<br />
πτ 2<br />
sin πτ e(π/2σ)l <strong>für</strong> τ < 1 . (9.35)<br />
Somit sind alle drei Integrale in asymptotischer Näherung berechnet.
82 Anhang<br />
E Positive Entropie <strong>für</strong> τ > 1<br />
In diesem Abschnitt wird gezeigt, daß <strong>für</strong> τ > 1 die beiden Ableitungen ∂ T Y 2<br />
und ∂ T K nach dem Anfangswert T = K0 −1 auf allen Skalen l größer bzw. kleiner<br />
als null sind. Vorausgesetzt wird dabei wie in Abschnitt 6.1, daß ∂ T Y0 2 ≥ 0 gilt.<br />
Dazu betrachtet man die Ableitung ∂ T K −1 und zeigt, daß diese positiv ist. Die<br />
Ableitung ∂ T K0 −1 = 1 ist natürlich auch positiv. Außerdem reicht es wegen<br />
der strengen Monotonie des Logarithmus wie in Abschnitt 6.1 aus, die Größe<br />
∂ T (ln Y 2 ) zu betrachten.<br />
Man betrachtet zuerst die Steigung der zu untersuchenden Größen bezüglich der<br />
Renormierungsskala l <strong>für</strong> τ > 1:<br />
d<br />
dl ∂ (<br />
T K −1 = 4π 3 ∂ T Y 2 = 4π 3 Y 2 ∂ ) T ln Y<br />
2<br />
, (9.36)<br />
d<br />
dl ∂ ( )<br />
T ln Y<br />
2<br />
= −2π (1 − 2σK) ∂ T K = 2πK 2 (1 − 2σK) ∂ T K −1 . (9.37)<br />
Dadurch ist sichergestellt, daß die beiden Ableitungen ∂ T K −1 und ∂ T (ln Y 2 ) <strong>für</strong><br />
alle l im Bereich τ > 1 positiv sind. Dies wird nun rigoros gezeigt, indem man<br />
einen Widerspruchsbeweis anwendet.<br />
Dazu nimmt man an, daß eine der beiden Größen auf einer Skala l 0 negativ wird,<br />
<strong>für</strong> die gilt:<br />
l 0 = min { l > 0 ∣ ∣ ∂T<br />
(<br />
ln Y<br />
2 ) = 0 ∨ ∂ T K −1 = 0 } . (9.38)<br />
Wegen der stetigen Abhängigkeit der zu untersuchenden Größen von l ist sichergestellt,<br />
daß l 0 > 0 gilt, da ∂ T K −1 (0) > 0 gilt. Dies führt sofort dazu, daß auch<br />
∂ T (ln Y 2 ) in einem endlichen Bereich mit l > 0 auf positive Werte steigt, da<br />
∂ T (ln Y 2 )(0) ≥ 0 gilt. Somit gilt <strong>für</strong> alle 0 < l < l 0 , daß beide Größen positiv<br />
sind. Für die Werte der beiden zu untersuchenden Größen bei l = l 0 erhält man<br />
also:<br />
∣ ∫l 0<br />
∂ T K −1 ∣∣∣l=l0<br />
= 4π 3<br />
(<br />
∂ ) ∣ ∫ l 0<br />
T ln Y<br />
2 ∣∣l=l0 = 2π<br />
0<br />
(<br />
dl ′ Y 2 ∂ )<br />
T ln Y<br />
2<br />
+ ∂ T K −1 (0)<br />
} {{ } } {{ }<br />
>0 <strong>für</strong> 0 0.<br />
} {{ }<br />
>0 <strong>für</strong> 0≤l 1 gezeigt, daß <strong>für</strong> alle l > 0 ∂ T K < 0 und ∂ T Y 2 > 0 gilt, wenn<br />
∂ T K 0 < 0 und ∂ T Y0 2 ≥ 0 vorausgesetzt wird.
Literaturverzeichnis<br />
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[5] J.M. <strong>Kosterlitz</strong> and D.J. <strong>Thouless</strong>, J. Phys. C 6, 1181 (1973).<br />
[6] J.M. <strong>Kosterlitz</strong>, J. Phys. C 7, 1046 (1974).<br />
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[11] J.L. Cardy,<br />
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University Press, Cambridge, 1996.<br />
[12] C. Itzykson and J.-M.Drouffe,<br />
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University Press, Cambridge, 1989.<br />
[13] N.D. Mermin and H. Wagner, Phys. Rev. Lett. 17, 1133 (1966).<br />
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