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Gitterschwingungen

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<strong>Gitterschwingungen</strong><br />

Fortgeschrittenen-Praktikum (FP oder P III)<br />

Institut für Angewandte Physik<br />

Allgemeine Vorbemerkung: Mehrere der Versuche im FP des Instituts für Angewandte<br />

Physik zielen auf das Verständnis verschiedener Effekte und Phänomene aus dem Bereich<br />

Halbleiterphysik in Übereinstimmung mit der Hauptarbeitsrichtung des Instituts und der<br />

Anwendung in der Industrie, wie z.B. die Versuche pn-Übergang, Solarzelle, Halleffekt,<br />

Lumineszenzspektroskopie, Photoleitfähigkeit oder Halbleiterspektroskopie. Die Mehrzahl<br />

der Studierenden führt die Versuche zum FP im 5. oder 6. Semester durch. Das ist im<br />

Hinblick auf die Dauer des Studiums sinnvoll, hat aber das Problem, dass die<br />

Festkörperphysik (Physik V) oft erst im gleichen Semester gehört wird, sodass insbesondere<br />

zu Beginn dieses Semesters noch kaum Festkörperkenntnisse vorliegen. Dieses Problem<br />

sollen die nachfolgenden Ausführungen beheben. Der Aufbau ist folgendermaßen:<br />

Die Kenntnis der hier dargestellten Grundlagen ist Voraussetzung für die sinnvolle<br />

Durchführung des Versuchs und wird in der Besprechung vor Versuchsbeginn mit dem<br />

Assistenten überprüft. Der Text der Vorbereitung soll selbst verfasst sein, kurz auf die<br />

Grundlagen und auf die zu Beginn des Aufgabenblattes gestellten Fragen eingehen. Es ist<br />

nicht nötig, den ganzen Text aus der Vorbereitungsmappe abzuschreiben oder zu kopieren. Es<br />

ist verboten, Vorbereitungstexte „alter Meister“ aus dem Netz auszudrucken, da der<br />

Lerneffekt dieses Verfahrens Null ist und die Texte im Netz erfahrungsgemäß mit Fehlern<br />

behaftet sind.<br />

Einleitung<br />

In diesem Versuch werden die Eigenschaften von Schwingungen in einem Gitter an Hand<br />

eines mechanischen Modells untersucht. Von <strong>Gitterschwingungen</strong> spricht man, wenn die<br />

Ruhelagen der Massen ein periodisches Punktgitter bilden. Ein bekanntes Beispiel sind<br />

Festkörpergitter, deren Atome oder Moleküle um ihre Gitterpositionen schwingen. Die<br />

Normalschwingungen eines solchen Systems können als Quasiteilchen mit (Quasi-) Impuls<br />

Ñ k und Energie Ñω betrachtet werden mit dem Wellenvektor k und der Kreisfrequenz ω der<br />

Normalschwingung. Sie heißen Phononen.<br />

Der Zusammenhang zwischen der Kreisfrequenz ω und dem Wellenvektor k wird als<br />

Dispersionsrelation ω(k) bezeichnet. Alle wesentlichen Eigenschaften der<br />

<strong>Gitterschwingungen</strong> lassen sich hieraus ableiten.<br />

Im Versuch wird die Dispersionsrelation eines eindimensionalen Modellkristalls bestimmt.<br />

Die Kristallatome sind durch Gleiter realisiert, die sich auf einer Luftkissenschiene bewegen.<br />

Die Kräfte zwischen den „Atomen“ werden durch Zugfedern zwischen den Gleitern simuliert.<br />

Auf der Luftkissenschiene befinden sich insgesamt 12 Gleiter. Das Modell repräsentiert somit<br />

die longitudinalen Schwingungen einer linearen Kette von 12 Atomen.<br />

Massen, Wellenlängen und Schwingungsfrequenzen haben im Modellkristall Werte im<br />

Bereich kg, Meter und Hertz. In einem echten Atomkristall liegen diese Werte im Bereich<br />

Zeptogramm, Mikrometer und Terahertz. Trotz dieser sehr großen Unterschiede wird die<br />

Dispersionsrelation atomarer <strong>Gitterschwingungen</strong> sehr gut wiedergegeben.<br />

1


1. Kristallstruktur<br />

Wir betrachten zunächst und im Folgenden, soweit nicht anders vermerkt, kristalline<br />

Festkörper, die sich durch eine räumlich periodische Anordnung der Atome auszeichnen. Die<br />

(primitive) Einheitszelle wird aufgespannt durch drei nicht koplanare Basisvektoren a r i. Eine<br />

Translation, die den Kristall in sich selbst überführt, lässt sich schreiben als<br />

R r =<br />

3<br />

∑<br />

i=<br />

1<br />

ni<br />

a r i<br />

mit n i =0, ±1, ±2,… (1)<br />

Die a r<br />

i spannen ein abstraktes Punktgitter im Ortsraum auf, das sog. Kristallgitter. Die<br />

Kristallstruktur besteht aus diesem abstrakten Punktgitter und der sog. Basis, die angibt, an<br />

welchen Plätzen in der Einheitszelle die einzelnen Atome sitzen. Es können unterschiedliche<br />

Kristallstrukturen für das gleiche Punktgitter auftreten, so haben z.B. Diamant, Zinkblende<br />

oder Kochsalz ein kubisch flächenzentriertes Punktgitter, aber durchaus unterschiedliche<br />

Kristallstrukturen.<br />

Neben dem abstrakten Punktgitter im Ortsraum definiert man ein Punktgitter im reziproken<br />

Raum, das sog. reziproke Gitter, aufgespannt durch die Vektoren b r i mit<br />

b r 2π<br />

r r<br />

= a 2 × a3<br />

1<br />

VEZ<br />

sodass gilt:<br />

r<br />

a<br />

i ⋅b j<br />

und zyklisch, (2)<br />

r<br />

= 2πδij<br />

. (3)<br />

Dabei ist V EZ das Volumen der Einheitszelle im Ortsraum. Ein Translationsvektor G r im<br />

reziproken Gitter schreibt sich somit<br />

r<br />

G =<br />

3<br />

∑<br />

i=<br />

1<br />

r<br />

h i<br />

b i<br />

mit h i =0,±1,±2,… (4)<br />

Man definiert im reziproken Gitter sogenannte Brillouin-Zonen (BZ). Die erste Zone besteht<br />

aus allen Punkten des reziproken Raumes, die dem Ursprung (dem sog. Γ-Punkt) näher liegen<br />

als allen anderen Punkten G r .<br />

Für eine einfache kubische Kristallstruktur mit der Gitterkonstanten a erstreckt sich die erste<br />

BZ in alle drei Richtungen des reziproken Raumes von<br />

π<br />

− ≤<br />

a<br />

ki<br />

≤<br />

π<br />

a<br />

i=x,y,z (5)<br />

2


2. Phasen- und Gruppengeschwindigkeit, Dispersion von Wellen<br />

Eine Welle ist charakterisiert durch Kreisfrequenz ω und Wellenvektor k bzw. Frequenz ν<br />

und Wellenlänge λ. Sie besitzt die Phasengeschwindigkeit<br />

ω<br />

v ph = = λν , (6)<br />

k<br />

und ein Wellenpaket die Gruppengeschwindigkeit<br />

v gr<br />

dω<br />

= . (7)<br />

dk<br />

Ein einfacher Fall ist die<br />

elektromagnetische Welle im Vakuum,<br />

bei der gilt:<br />

Kreisfrequenz ω<br />

Elektromagnetische Welle im Vakuum<br />

lineare Dispersion ω = c k<br />

ω dω<br />

= = c<br />

k dk<br />

(ω 1<br />

,k 1<br />

)<br />

Δ ω<br />

ω = c k.<br />

ω wächst linear in k. In diesem Fall<br />

fallen Phasengeschwindigkeit und<br />

Gruppengeschwindigkeit zusammen und<br />

sind gleich der Porportionalitätskonstante<br />

c<br />

ω 1<br />

k 1<br />

Δ k<br />

ω 1<br />

Δ ω<br />

=<br />

k 1<br />

Δ k<br />

Wellenvektor k<br />

ω dω<br />

v ph ≡ = vgr<br />

≡ = c .<br />

k dk<br />

Die Propagation von Wellen durch Materie hebt die Linearität zwischen ω und k auf. Die<br />

Folge ist das Auftreten von Dispersion: Phasen- und Gruppengeschwindigkeit werden<br />

abhängig von der Frequenz bzw. von der<br />

Wellenlänge. Insbesondere unterscheiden<br />

Nichtlineare Dispersion<br />

sie sich :<br />

v = v ( ω)<br />

≠ v = v ( ω)<br />

.<br />

ph<br />

ph<br />

gr<br />

gr<br />

(ω 1<br />

,k 1<br />

)<br />

dω<br />

dk<br />

k 1<br />

Normalerweise ist die Gruppengeschwindigkeit<br />

kleiner als die<br />

Phasengeschwindigkeit, v < v<br />

(« normale Dispersion »).<br />

gr<br />

ph<br />

ω 1<br />

Kreisfrequenz ω<br />

ω(k)<br />

Δ k<br />

Δ ω<br />

ω 1<br />

k 1<br />

><br />

Δ ω dω<br />

Δ k<br />

=<br />

dk<br />

k 1<br />

k 1<br />

Wellenvektor k<br />

Die Funktion ω = f(k) heißt Dispersionsrelation oder Dispersionsbeziehung. Die<br />

Gruppengeschwindigkeit entspricht der Steigung der Dispersionskurve.<br />

3


3. Stehende Wellen: Schwingungsmoden und Wellenvektor<br />

3.1 Kontinuierliche Massenverteilung (schwingende Saite)<br />

Im Folgenden betrachten wir eindimensionale Systeme. Ein eindimensionaler Strang mit<br />

kontinuierlicher, homogener Massenverteilung sei zwischen feste Enden mit Abstand L<br />

eingespannt. Der Strang sei dehnbar und ist<br />

somit schwingungsfähig. Auf Grund der<br />

L<br />

Kontenbedingung am Rand sind nur stehende<br />

Wellen möglich. Dabei muss eine ganzzahlige<br />

Anzahl n von Schwingungsbäuchen in die<br />

Länge L eingepasst werden.<br />

n = 1 n = 3<br />

λ<br />

!<br />

n ⋅ = L,<br />

n = 1,2, ... ∈ N . (8)<br />

2<br />

Es sind also nur die Wellenlängen λ n = 2L/n<br />

möglich.<br />

Die zugehörigen Wellenvektoren sind<br />

n = 2<br />

k<br />

n<br />

2π = =<br />

λ<br />

n<br />

nπ<br />

L<br />

(9)<br />

Die zu jeder Welle λ n gehörenden Frequenzen ω n heißen Eigenfrequenzen, n heißt auch<br />

Modenzahl und man spricht von der n-ten Eigenschwingung, der n-ten Mode oder der n-ten<br />

Eigenmode.<br />

Die Zahl der Eigenfrequenzen ist im Idealfall eines unendlich dünnen Strangs unbegrenzt.<br />

Denn ein beliebig dünner Strang kann auf beliebig kleinen Strecken gedehnt werden, so dass<br />

beliebig kleine Wellenlängen möglich sind.<br />

3.2 Diskontinuierliche, diskrete Massenverteilung<br />

Wir denken uns die Masse des eindimensionalen Strangs zu diskreten Punktmassen<br />

zusammengezogen, die zunächst einen festen Abstand a voneinander haben.<br />

Bei einem physikalischen Gitter muss nun die Wechselwirkung zwischen den diskreten<br />

Massen derart sein, dass a gerade der sich von selbst einstellende Gleichgewichtsabstand ist.<br />

In diesem Fall können die Massen um ihre Gleichgewichtspositionen schwingen. Eine<br />

derartige Reihe von miteinander gekoppelten Massepunkten heißt lineare Kette.<br />

Bei festen Enden sind wieder nur stehende Wellen möglich, für die die gleiche Knotenrandbedingung<br />

gilt wie zuvor. Die Auslenkung ist jedoch nur noch an den Stellen der<br />

Massepunkte, d.h. an diskreten Koordinatenpunkten definiert. Dazwischen existiert keine<br />

Materie, so dass die „Auslenkung“ der Welle zwischen den Massepunkten lediglich eine<br />

mathematische Konstruktion darstellt. Das hat zur Folge, dass zu jeder möglichen Welle mit λ<br />

a<br />

4


2a eine langwellige Welle mit λ > 2a existiert, die ein identisches Auslenkungsmuster der<br />

Punktmassen besitzt.<br />

Auslenkung<br />

m=1<br />

2a<br />

λ 2<br />

= 7a<br />

λ 1<br />

= 0,875 a<br />

1<br />

2<br />

Fig. 3.1:<br />

Auslenkungsmuster des eindimensionalen<br />

Punktmassegitters.<br />

Zu jeder Welle mit λ < 2a<br />

existiert eine Welle identischer<br />

Auslenkung mit λ > 2a.<br />

Dabei muss gelten:<br />

λ −1 lang = λ<br />

−1<br />

kurz − m a ,<br />

mit m = trunc( a λ kurz ) ∈ N ,<br />

bzw. k 2 = k1<br />

− 2π<br />

m / a .<br />

(trunc = ganzzahliger Anteil)<br />

Ortskoordinate<br />

In Fig. 3.1 zeigt ein Beispiel für diesen Sachverhalt. Der obere Teil 1 zeigt eine Welle mit<br />

einer Wellenlänge λ 1 < 2a und die dazugehörige Auslenkung der Punktmassen. Der Mittelteil<br />

zeigt das Auslenkungsmuster der Punktmassen alleine. Der untere Teil 2 zeigt eine Welle<br />

mit λ 2 > 2a, die genau das gleiche Auslenkungsmuster hat. Offensichtlich existieren mehrere<br />

Wellen, die an den Orten der Punktmassen ein und dasselbe Auslenkungsmuster aufweisen.<br />

Da nun lediglich die Punktmassen materiell existierende Objekte sind, sind die Wellen 1 und<br />

2 physikalisch ununterscheidbar. Sie beschreiben ein und denselben physikalischen Zustand,<br />

nämlich eine bestimmte Auslenkung der Punktmassen. Zur Beschreibung dieses Zustands<br />

genügt es vollständig, sich auf eine Welle beschränken. Man wählt diejenige mit λ > 2a, da<br />

hier nur eine passende Welle für ein gegebenes Auslenkungsmuster existiert, während es im<br />

kurzwelligen Bereich λ < 2a unendlich viele sind. Die kleinste benötigte Wellenlänge ist<br />

daher λ = 2a. Diese Schranke bedeutet, dass die Zahl der stehenden Wellen zur Beschreibung<br />

der diskreten Auslenkungsmuster endlich ist.<br />

In einer linearen Kette diskreter Massepunkte ist die Anzahl physikalisch unterscheidbarer<br />

Schwingungen endlich. Die kleinste Wellenlänge ist das Zweifache der Gitterkonstante.<br />

Alle Wellenlängen der unterscheidbaren Schwingungen mit λ ≥ 2a müssen im Intervall<br />

[2a, 2L] liegen:<br />

λ min = 2a<br />

2a<br />

und<br />

λ max = 2L<br />

L<br />

5


Mit der Modennummer n = 2L/λ n aus (8) folgt die Gesamtzahl der Moden aus der größten<br />

Modenzahl n max zu<br />

2L<br />

L<br />

n max = = .<br />

λmin<br />

a<br />

L L , genauer der ganzzahlige Anteil von , ist gerade die Anzahl der Gitterabstände a, die in<br />

a<br />

a<br />

der Länge L Platz haben. Sie ist gleich der Anzahl der Massenpunkte.<br />

Die Anzahl der (unterscheidbaren) Schwingungsmoden der linearen Kette entspricht der<br />

Anzahl ihrer Massenpunkte.<br />

Für den maximalen Wellenvektor folgt:<br />

k<br />

max<br />

2π π =<br />

λ a<br />

=<br />

min<br />

(10)<br />

Der maximale Wellenvektor ist somit identisch zum maximalen reziproken Gittervektor der<br />

ersten Brillouin-Zone des Kristallgitters, siehe Gleichung (5). Anders gesagt: Die<br />

Beschränkung auf physikalisch unterscheidbare Wellen entspricht der Beschränkung auf die<br />

erste Brillouin-Zone im k-Raum. Die erste Brillouin-Zone enthält somit bereits alle k-<br />

Vektoren, die zur Beschreibung der Gesamtheit der physikalisch unterscheidbaren Zustände<br />

nötig sind.<br />

6


4. <strong>Gitterschwingungen</strong>: Eindimensionales Modell für ein Gitter realer<br />

Atome<br />

Die Abbildung eines realen Atomgitters in einer Dimension auf eine lineare Kette von<br />

Punktmassen erfordert zum einen die Kenntnis der Wechselwirkung zwischen den Atomen,<br />

zum anderen muss klar sein, ob Atome als Punktmassen behandelt werden dürfen.<br />

Das Letztere kann bejaht werden, denn die Masse des Atoms ist ganz überwiegend im Kern<br />

konzentriert und der Kernradius beträgt nur etwa ein Hunderttausendstel eines typischen<br />

Gitterabstands. Auf der Längenskala der linearen Kette schrumpft die Masse des Atoms also<br />

zu einem Punkt zusammen. Die Ausdehnung des Atoms wird jedoch von der Elektronenhülle<br />

bestimmt und liegt in der Größenordnung der Gitterkonstante.<br />

Die Wechselwirkung zwischen Atomen beruht auf dem Überlapp der Wellenfunktionen der<br />

Elektronen der äußeren Schale. Die inneren, abgeschlossenen Schalen samt dem Kern<br />

bezeichnet man als Atomrumpf. Bewirkt der Überlapp eine Absenkung der Energie der<br />

äußeren (Valenz-) Elektronen, so entsteht eine chemische Bindung: Die Gesamtenergie des<br />

Systems aus Valenzelektronen und positiven Atomrümpfen besitzt ein Minimum bei einem<br />

bestimmten Atomkernabstand x 0 . Dieser Abstand ist der Gleichgewichtsabstand und identisch<br />

zur Bindungslänge. Eine Auslenkung des Atoms aus der Minimumslage erhöht die<br />

Zustandsenergie der Valenzelektronen. Die Erhöhung ist aber viel zu klein, um höhere<br />

Zustände anregen zu können. Sie wird daher beim Rückgang der Auslenkung reversibel<br />

zurückgewonnen. Der Atomrumpf schwingt daher im Potenzial der Valenzelektronen um<br />

seine Gleichgewichtslage x 0 . Die Schwingung ist reibungsfrei.<br />

Das Paarpotenzial, d.h. das Potenzial zwischen zwei Atomen einer Kette, hat qualitativ<br />

folgende Form:<br />

Potenzialenergie<br />

0<br />

Parabelnäherung<br />

aus Taylor-Entwicklung<br />

x 2 x 0<br />

0<br />

Kernabstand x<br />

Paarpotenzial<br />

Fig. 4.1:<br />

Paarpotenzial zwischen zwei Atomen als<br />

Funktion des Kernabstands. Den steilen<br />

Anstieg zu kleinen Abständen bewirkt das<br />

Pauli-Prinzip, das eine Durchdringung<br />

der abgeschlossenen Schalen ausschließt.<br />

Die Parabelnäherung entspricht der<br />

Taylor-Entwicklung um x 0 bis zur 2.<br />

Ordnung.<br />

Die genaue Form des Potenzials ist zunächst unbekannt, aber es kann offensichtlich um den<br />

Gleichgewichtsabstand x 0 entwickelt werden<br />

Φ<br />

2<br />

1 ∂ Φ<br />

2<br />

2 ∂x<br />

2<br />

( x) = Φ + ( x − x ) + K<br />

0<br />

xo<br />

0<br />

7


Das Paarpotenzial ist also um x 0 herum in erster Näherung parabolisch (der lineare Term<br />

verschwindet aus Symmetriegründen).<br />

Zur Beschreibung der Kräfte auf ein Atom machen wir daher folgende Näherungen:<br />

1. Die harmonische Näherung: Wir gehen davon aus, dass die Atome nur wenig aus der<br />

Gleichgewichtslage ausgelenkt werden. Dann genügt die Entwicklung des Schwingungspotenzials<br />

bis zur 2. Ordnung in der Auslenkung. Die Kräfte zwischen den Atomen werden<br />

damit linear in der Auslenkung.<br />

2. Die Näherung der so genannten Nächste-Nachbar-Wechselwirkung: Es wird nur die<br />

Wechselwirkung mit den direkten Nachbarn berücksichtigt. Die mit dem Abstand rasch<br />

abnehmende Wechselwirkung entfernterer Atome wird vernachlässigt. Auf ein Atom in der<br />

eindimensionalen Kette wirken also nur Kräfte des jeweils rechten und linken Nachbarn.<br />

Mit diesen Näherungen ist eine Punktmasse der linearen Kette nur an ihre jeweils rechten und<br />

linken Nachbarn gekoppelt, und zwar mit harmonischer Kopplung. Die Kräfte auf die<br />

Punktmasse reduzieren sich somit auf zwei Hookesche Federkräfte.<br />

Die Schwingungsdynamik des eindimensionalen Atomgitters lässt sich im Rahmen der<br />

Nächste-Nachbar-Wechselwirkung und der harmonischen Näherung durch ein sehr einfaches<br />

Modell darstellen: Linear angeordnete Punktmassen verbunden mit idealen Federn.<br />

Die Auslenkung erfolgt dabei längs der Kette. Es handelt sich also um longitudinale<br />

Schwingungen.<br />

Anmerkung 1:<br />

Die „Federkonstante“ der Hookeschen Kraft F −Dx<br />

= −∇Φ( x)<br />

= entspricht gerade dem<br />

Entwicklungskoeffizienten ∂ 2 Φ/∂x 2 | xo mit der Dimension N/m. Dieser<br />

Entwicklungskoeffizient heißt auch Kopplungskonstante.<br />

Anmerkung 2:<br />

Effekte bei realen Kristallen, die aus der Nichtharmonizität des Potenzials resultieren, heißen<br />

anharmonische Effekte. Ein Beispiel hierfür ist die thermische Ausdehnung.<br />

8


5. <strong>Gitterschwingungen</strong>: Die lineare einatomige Kette<br />

5.1 Koordinatensystem<br />

Wir betrachten ein eindimensionales Atomgitter mit einem Atom in der Basis. Die Masse des<br />

Atoms sei m. Der Gitterabstand sei a. Die lineare Kette, die dieses Atomgitter repräsentiert,<br />

heißt lineare einatomige Kette. Sie besteht aus Punktmassen der Masse m mit dem<br />

Ruheabstand a, verbunden durch identische, masselose Hookesche Federn mit der<br />

Federkonstante D.<br />

m<br />

a<br />

D<br />

x<br />

Zur mathematischen Behandlung werden die Massenpunkte mit dem Index j indiziert. Als<br />

Koordinatenachse wählen wir eine x-Achse parallel zur Kette, da sich die Massepunkte nur<br />

längs x bewegen können (longitudinale Auslenkung). x j (t) ist dann die momentane Position<br />

des Massepunkts mit der Nummer j. Sie lässt sich zerlegen in die Gleichgewichtsposition x o,j<br />

und in die Auslenkung aus dieser Gleichgewichtsposition, s j (t):<br />

x ( t)<br />

= x , s ( t)<br />

.<br />

j o j +<br />

j<br />

9


5.2 Die Bewegungsgleichung<br />

Die Newtonsche Bewegungsgleichung für einen herausgegriffenen Massepunkt j kann damit<br />

wie folgt aufgestellt werden<br />

() t = F rechte Feder)<br />

F ( linke )<br />

m & x<br />

j j, j+ 1( + j,<br />

j−1<br />

Feder .<br />

F j,j+1 ist die Kraft auf den Massepunkt j durch die rechte Feder, die j mit j+1 verbindet. F j,j-1<br />

ist die Kraft auf j durch die linke Feder, die j mit j-1 verbindet.<br />

Sind die Massen in Ruhe, d.h. die Federlänge ist gleich a, so ist die Summe dieser Kräfte<br />

Null. Sie spielen daher für die Dynamik keine Rolle. Ein Dynamikbeitrag resultiert nur aus<br />

einer Änderung der Federlänge. Die Federlänge ändert sich auf Grund der Positionsänderung<br />

der beiden Massenpunkte an den Federenden.<br />

Die Kraft der rechten Feder auf die Masse j ist demnach<br />

F<br />

j, j+ 1 = − D ⋅ s j + D ⋅ s j+<br />

1<br />

Stauchung für Dehnung für<br />

s j > 0 s j+1 > 0<br />

=> Kraft zeigt in => Kraft zeigt in<br />

negative x-Richtung positive x-Richtung<br />

a<br />

j j+1<br />

a<br />

j j+1<br />

s j<br />

s j+1<br />

F<br />

F<br />

x<br />

Die Kraft der linken Feder auf j ist entsprechend<br />

F<br />

( − s )<br />

j, j−1<br />

= − D ⋅ s j + D ⋅ s j−1<br />

= − D s j j−1<br />

Die Newtonsche Bewegungsgleichung kann jetzt ausgeschrieben werden<br />

( s + s s )<br />

m & s<br />

2 .<br />

j = D j+<br />

1 j−1<br />

−<br />

Dabei wurde benutzt, dass aufgrund der Koordinatenzerlegung gilt: x&<br />

( t) & s<br />

( t)<br />

j<br />

& = .<br />

j<br />

j<br />

5.3 Die Dispersionsrelation<br />

i( kx −ω t )<br />

Zur Lösung werden eindimensionale harmonische ebene Wellen ∝ e angesetzt. Dabei<br />

sind die Auslenkungen x nur an den diskreten Gitterpunkten x o,j definiert. Diese können als<br />

Vielfache des Gitterabstands geschrieben werden: x o,j = a⋅ j. Der Ansatz lautet dann explizit<br />

i( k⋅<br />

a⋅<br />

j −ω<br />

t)<br />

s k, ω,<br />

t = s e .<br />

j<br />

( )<br />

( )<br />

o<br />

Die zweifache Zeitableitung kann sofort berechnet werden:<br />

Einsetzen in die Bewegungsgleichung liefert<br />

2<br />

& s j = −ω s .<br />

j<br />

10


[ ]<br />

2 i( k⋅( a⋅<br />

j)<br />

−ω<br />

t) i( k ⋅a( j+<br />

1)<br />

−ω<br />

t) i ( k ⋅a( j−1)<br />

−ω<br />

t ) i( k⋅<br />

( a⋅<br />

j ) −ω<br />

t )<br />

− mω<br />

s e = D s e + e − 2e<br />

o<br />

o<br />

i( ) ( a j t) i ka i( a j t )<br />

[ ]<br />

k ⋅a⋅<br />

j −ω<br />

t ika i<br />

D s e e e<br />

k ⋅ ⋅ −ω<br />

( − )<br />

e e<br />

k ⋅ ⋅ −ω<br />

= +<br />

− 2 .<br />

o<br />

Nach Kürzen mit<br />

s i( k a j t )<br />

o e ⋅ ⋅ −ω<br />

verbleibt<br />

2<br />

ika −<br />

[ ( e + e )]<br />

ika<br />

mω = D 2 −<br />

.<br />

Wir erhalten somit eine Beziehung zwischen der Kreisfrequenz ω und dem Wellenvektor k.<br />

Mit den Identitäten<br />

ix ix<br />

e + e<br />

− = 2 cos( x)<br />

und<br />

1 − cos( x ) = 2sin<br />

2 x 2<br />

( )<br />

kann nach ω 2 und schließlich nach ω aufgelöst werden, so dass wir die Dispersionsrelation<br />

ω(k) der linearen einatomigen Kette erhalten<br />

4D<br />

⎛ ka ⎞<br />

ω ( k) = sin⎜<br />

⎟ (11)<br />

m ⎝ 2 ⎠<br />

ω(k)<br />

4D<br />

m<br />

- 2π<br />

a<br />

π<br />

-<br />

a<br />

0 π<br />

2π<br />

a<br />

a<br />

k<br />

Fig. 5.1: Dispersionsrelation der linearen einatomigen Kette.<br />

ω ist offensichtlich periodisch im Wellenvektor k mit der Periode 2π/a. Zu Wellenvektoren<br />

größer π/a gehören Kreisfrequenzen, die bereits im Intervall [-π/a, π/a] enthalten sind. Die<br />

Dispersionsrelation (11) drückt daher das Ergebnis aus Kap. 4 aus, wonach keine neuen<br />

Moden für Wellenvektoren größer π/a zu finden sind (Glg. 10).<br />

Da jede Kette eine endliche Länge hat, ist auch die Anzahl N der diskreten Massen endlich.<br />

Die Dispersionskurve besteht daher im k-Intervall [0, π/a] in Wirklichkeit aus N diskreten<br />

Punkten, der Zahl der unterscheidbaren Moden. Die zugehörigen k-Werte ergeben sich aus<br />

Glg. (9). Allerdings ist bei einem realen Kristall die Zahl der Atome sehr, sehr groß, so dass<br />

die Dispersionskurve realer Kristalle einen quasi-kontinuierlichen Verlauf zeigt. Dem<br />

entspricht Fig. 5.1. Der Modellkristall unseres Versuchs besitzt aber nur 12 Massen, so dass<br />

die „Kurve“ in diesem Fall auch nur aus 12 Punkten besteht.<br />

11


5.4 Grenzfälle für kleine und große k (Zentrum und Rand der Brillouin-Zone)<br />

k<br />

0 (Zonenzentrum)<br />

k 0 bedeutet λ ∞: die Wellenlänge wird wesentlich größer als die Gitterkonstante. Dann<br />

gilt<br />

ka


Die maximale Wellenausbreitungsgeschwindigkeit der linearen Kette, die für kleine k oder<br />

lange Wellen auftritt, ist die Schallgeschwindigkeit.<br />

Die Schallgeschwindigkeit ist also die größte in einem Kristall auftretende Wellenausbreitungsgeschwindigkeit.<br />

Typische Werte sind einige wenige Kilometer pro Sekunde<br />

(Silizium: 8,9 km/s, Gold: 1,7 km/s). Da die Wellen, die mit Schallgeschwindigkeit laufen,<br />

gleichzeitig die geringste Energie besitzen, denn ω geht gegen Null für k gegen Null, werden<br />

solche Wellen auch sehr leicht erzeugt. Jede mechanische Anregung erzeugt diese Wellen.<br />

Ein Weg-Zeit-Experiment zur Messung der Geschwindigkeit der Wellenausbreitung in einem<br />

kristallinen Material liefert daher stets die dispersionsfreie Schallgeschwindigkeit v S .<br />

k<br />

π/a (Zonenrand)<br />

In diesem Fall geht die Steigung der Dispersionskurve gegen Null. Im Punkt k = π/a wird also<br />

die Gruppengeschwindigkeit Null.<br />

Die Frequenz ist maximal und die Wellenlänge ist die kürzest mögliche, nämlich λ = 2a.<br />

5.5 Die Schwingungsmoden des Modellkristalls<br />

Aus dem Realteil der Lösung<br />

s<br />

j<br />

i( k⋅( a⋅<br />

j)<br />

−ω t )<br />

= s e erhält man durch Addition einer hinlaufenden<br />

o<br />

und einer mit Phasensprung π zurücklaufenden Welle eine stehende Welle der Form<br />

s<br />

j<br />

( t) ⋅sin( k a ⋅ j)<br />

= 2 so<br />

⋅ sin ω n 1 .<br />

Der Index von a 1 steht für „einatomig“.<br />

nπ<br />

Die Wellenzahl k n mit der Modenzahl n folgt aus (9) zu k n = .<br />

L<br />

Im Modellkristall mit 12 Massen ist die Länge L gegeben durch 12+1 Federlängen = 12+1<br />

Gitterkonstanten. Daher ist L = 13a1<br />

und k n wird zu<br />

k n<br />

nπ<br />

= . (13)<br />

13a 1<br />

Da nur 12 Massen vorhanden sind, gibt es maximal 12 Moden, d.h. insgesamt 12 k-Werte.<br />

Das bedeutet<br />

n max = 12 .<br />

Der zeitunabhängige Sinus-Term der stehenden Welle beschreibt das ortsabhängige<br />

Amplitudenmuster:<br />

⎛ nπ<br />

⎞<br />

s j ∝ sin⎜<br />

j⎟<br />

⎝ 13 ⎠<br />

mit dem Gitterplatzindex oder Positionsindex j , j = 1 … 12.<br />

Fig. 5.2 zeigt das Amplitudenmuster der Punktmassen für alle 12 Moden. Die<br />

„mathematische“ Sinuswelle ( = Amplitude für „unendlich“ viele Massenpunkte) ist mit<br />

eingezeichnet. Zur Verdeutlichung ist die Amplitude transversal dargestellt.<br />

13


n =<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

j =<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

Fig. 5.2:<br />

Amplituden der stehenden Wellen der linearen einatomigen Kette mit 12 Punktmassen.<br />

5.6 Zusammenfassung<br />

• Die Dispersionsrelation der einatomigen Kette ist sinusförmig.<br />

• Sie ist periodisch im Wellenvektor k mit der Periodizität 2π/a.<br />

• Wellenvektor k und Modennummer n sind äquivalent: sie unterscheiden sich nur um<br />

den Faktor π/L.<br />

• Die Steigung im Ursprung der Dispersionskurve entspricht der Schallgeschwindigkeit.<br />

14


6. <strong>Gitterschwingungen</strong>: Die lineare zweiatomige Kette<br />

6.1 Koordinatensystem<br />

Wir betrachten ein eindimensionales Atomgitter mit zwei Atomen pro Basis, die<br />

unterschiedliche Masse haben. Die Masse des leichteren Atoms sei m, die des schwereren<br />

Atoms sei M. Der Gitterabstand sei wieder a. Die lineare Kette, die dieses Gitter repräsentiert,<br />

heißt lineare zweiatomige Kette. Sie besteht aus Punktmassen, die durch ideale Hookesche<br />

Federn im Abstand a/2 verbunden sind und die abwechselnd die Massen m und M haben.<br />

a/2<br />

a<br />

.<br />

m<br />

M<br />

Die Auslenkungen sind wieder relativ zu den Ruhelagen definiert<br />

a/2<br />

x<br />

s<br />

j-2<br />

s<br />

j-1 s<br />

j<br />

s<br />

j+1<br />

s<br />

j+2<br />

s<br />

j+3<br />

x j-2 x j-1 x j x j+1 x j+2 x j+3<br />

x( t)<br />

x 0,j-2<br />

x 0,j-1<br />

x 0,j<br />

x 0,j+1<br />

x 0,j+2<br />

x 0,j+3<br />

= a 2<br />

(j-2) = a (j-1) = a j = a (j+1) = a (j+2) = a (j+3)<br />

2 2 2 2 2<br />

Die Ruhelagen<br />

x 0,<br />

j ergeben sich wegen der verdoppelten Gitterkonstante zu<br />

x0,<br />

j<br />

a<br />

= j ⋅ .<br />

2<br />

6.2 Die Bewegungsgleichungen<br />

Die Kraft auf einen Massepunkt resultiert wieder aus der Änderung der Federlänge der jeweils<br />

rechten und linken Federn. Auf den Massepunkt j wirkt somit die Kraft<br />

F<br />

( − s ) − D( s s )<br />

j = − D s j j+ 1 j − j−1<br />

rechte Feder<br />

linke Feder<br />

15


Auf den rechts benachbarten Massepunkt j+1 wirkt die Kraft<br />

F<br />

( − s ) − D( s − s )<br />

j+ 1 = − D s j+<br />

1 j+<br />

2 j+<br />

1<br />

j<br />

rechte Feder<br />

linke Feder<br />

Der Massepunkt an der Position j habe die kleine Masse m (analog zur obigen Abbildung).<br />

Dann hat der benachbarte Massepunkt j+1 die große Masse M. Für beide Massenpunkte folgt<br />

je eine Newtonsche Bewegungsgleichung<br />

( s + s s )<br />

m & s<br />

j = D j+<br />

1 j−1<br />

− 2<br />

(14a).<br />

( s + s s )<br />

M & s<br />

, (14b)<br />

j + 1 = D j + 2 j − 2 j + 1<br />

die jedoch gekoppelt sind, da beide s j und s j+1 enthalten. Zur Lösung setzen wir für die<br />

insgesamt vier Auslenkungen s j−1 , s j , s j+1 , s j+2 wieder harmonische ebene Wellen an. Im<br />

Unterschied zur einatomigen Kette erhalten die zwei verschiedenen Massen aber nun zwei<br />

verschiedene Amplituden: s o,m für die leichten Massen und s o,M für die schweren Massen. Die<br />

Auslenkungen sind wieder nur bezüglich der diskreten Ruhelagen = j ⋅ 2 definiert.<br />

s<br />

s<br />

s<br />

s<br />

⎛<br />

⎞<br />

i⎜<br />

k⋅( j−1) −ω<br />

t ⎟<br />

⎝ 2<br />

, ω s e<br />

⎠<br />

schwere Masse j-1<br />

( k t)<br />

j− 1 , =<br />

j<br />

( k , t)<br />

o,<br />

M<br />

a<br />

⎛ a ⎞<br />

i⎜<br />

k⋅<br />

j −ω<br />

t ⎟<br />

⎝ 2 ⎠<br />

, ω = so,<br />

m e<br />

leichte Masse j<br />

⎛<br />

⎞<br />

i⎜<br />

k⋅( j+<br />

1) −ω<br />

t ⎟<br />

⎝ 2<br />

, ω s e<br />

⎠<br />

schwere Masse j+1<br />

( k t)<br />

j+ 1 , =<br />

( k t)<br />

o,<br />

M<br />

a<br />

⎛<br />

⎞<br />

i⎜<br />

k⋅( j+<br />

2) −ω<br />

t ⎟<br />

⎝ 2<br />

, ω s e<br />

⎠<br />

leichte Masse j+2<br />

j+ 2 , =<br />

o,<br />

m<br />

a<br />

j<br />

x o , j a<br />

Damit die Amplituden für beliebige j den richtigen Gitterplätzen zugeordnet sind, müssen wir<br />

noch fordern, dass j entweder stets geradzahlig oder stets ungeradzahlig ist, je nach dem, ob<br />

die leichten Massen auf den Positionen j = 2, 4, 6, … oder j = 1, 3, 5, … liegen.<br />

6.3 Die Dispersionsrelation<br />

Einsetzen des Ansatzes in (14) und kürzen durch<br />

(14b) liefert<br />

i<br />

e<br />

⎛ a ⎞<br />

⎜ k⋅<br />

⋅ j −ω<br />

t ⎟<br />

⎝ 2 ⎠<br />

bei (14a) und<br />

i<br />

e<br />

⎛ a<br />

⎜ k⋅<br />

⎝ 2<br />

⎞<br />

⋅( j+<br />

1) −ω<br />

t ⎟ ⎠<br />

bei<br />

− ω<br />

− ω<br />

⎡<br />

= D ⎢s<br />

⎢⎣<br />

⎛<br />

⎜e<br />

⎜<br />

⎝<br />

⎞<br />

⎟ − 2s<br />

⎟<br />

⎠<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎥⎦<br />

a a<br />

ix<br />

+<br />

−ix<br />

ik −ik<br />

e e = 2cos x<br />

2<br />

m s<br />

2<br />

o m o M + e<br />

2<br />

,<br />

,<br />

o,<br />

m =<br />

o,<br />

M<br />

o,<br />

m<br />

⎡<br />

= D ⎢s<br />

⎢⎣<br />

⎛<br />

⎜e<br />

⎜<br />

⎝<br />

⎞<br />

⎟ − 2s<br />

⎟<br />

⎠<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎥⎦<br />

⎡<br />

2D⎢s<br />

⎣<br />

⎡<br />

2D⎢s<br />

⎣<br />

⎛ a ⎞<br />

cos⎜k<br />

⎟ − s<br />

⎝ 2 ⎠<br />

a a<br />

ix<br />

+<br />

−ix<br />

ik −ik<br />

e e = 2cos x<br />

2<br />

M s<br />

2<br />

o M o m + e<br />

2<br />

,<br />

,<br />

o,<br />

M =<br />

o,<br />

m<br />

o,<br />

M<br />

⎛ a ⎞<br />

cos⎜k<br />

⎟ − s<br />

⎝ 2 ⎠<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦<br />

16


Alles auf eine Seite gebracht ergibt<br />

2<br />

cos ⎛ a ⎞ ⎛ mω<br />

⎞<br />

⎜k<br />

⎟ so<br />

M + ⎜ 1⎟<br />

2<br />

−<br />

⎝ ⎠ 2<br />

so<br />

⎝ D ⎠<br />

,<br />

, m =<br />

2<br />

cos ⎛ a ⎞ ⎛ Mω<br />

⎞<br />

⎜k<br />

⎟ so<br />

m + ⎜ 1⎟<br />

2<br />

−<br />

⎝ ⎠ 2<br />

so<br />

⎝ D ⎠<br />

,<br />

, M =<br />

0<br />

0<br />

(15a)<br />

(15b)<br />

Das sind Bestimmungsgleichungen für die Amplituden s o,m , s o,M . Sie bilden ein lineares<br />

Gleichungssystem A x = 0 mit<br />

⎛ s<br />

x =<br />

⎜<br />

⎝ s<br />

o,<br />

m<br />

o,<br />

M<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

und<br />

⎛ mω2<br />

⎜ − 1<br />

⎜ 2D<br />

A =<br />

⎜ ⎛ a ⎞<br />

⎜cos⎜k<br />

⎟<br />

⎝ ⎝ 2 ⎠<br />

⎛ a ⎞⎞<br />

cos⎜k<br />

⎟⎟<br />

⎝ 2 ⎠⎟<br />

2<br />

.<br />

Mω<br />

⎟<br />

−1⎟<br />

2D<br />

⎠<br />

Dieses hat nur dann eine nichttriviale Lösung, wenn die Determinante von A verschwindet,<br />

d.h. wenn gilt:<br />

2<br />

2<br />

⎛ mω<br />

⎞⎛<br />

Mω<br />

⎞<br />

2⎛<br />

ka<br />

⎜<br />

⎞<br />

1⎟⎜<br />

1⎟<br />

−<br />

− cos ⎜ ⎟ = 0<br />

2<br />

−<br />

2<br />

. (16)<br />

⎝ D ⎠⎝<br />

D ⎠ ⎝ 2 ⎠<br />

Gleichung (16) ist eine Beziehung zwischen der Kreisfrequenz ω und dem Wellenvektor k.<br />

Ausmultiplizieren ergibt eine quadratische Gleichung in ω 2 mit den zwei Lösungen<br />

2<br />

2 ⎛ 1 1 ⎞ ⎛ 1 1 ⎞ 4 2⎛<br />

ka ⎞<br />

ω + = D ⎜ + ⎟ + D ⎜ + ⎟ − sin ⎜ ⎟<br />

(17a)<br />

⎝ m M ⎠ ⎝ m M ⎠ mM ⎝ 2 ⎠<br />

2<br />

2 ⎛ 1 1 ⎞ ⎛ 1 1 ⎞ 4 2⎛<br />

ka ⎞<br />

ω − = D ⎜ + ⎟ − D ⎜ + ⎟ − sin ⎜ ⎟ . (17b)<br />

⎝ m M ⎠ ⎝ m M ⎠ mM ⎝ 2 ⎠<br />

Dabei wurde die Idendität 1 − cos 2 = sin 2 benutzt. Die beiden Gleichungen (17a) und (17b)<br />

sind die Dispersionsrelation der zweiatomigen Kette (in quadratischer Form). Es gibt also<br />

zwei Lösungen: zu jedem k-Wert gibt es zwei ω-Werte, ω + und ω − . Die verschiedenen<br />

Lösungen werden „Zweige“ oder „Äste“ genannt.<br />

17


ω(k)<br />

ω +<br />

Frequenzlücke<br />

ω -<br />

- 2π<br />

a<br />

π<br />

-<br />

a<br />

0 π<br />

2π k<br />

a<br />

a<br />

Fig. 6.1: Dispersionsrelation der linearen zweiatomigen Kette.<br />

Die Dispersionsrelation ist wiederum periodisch in k mit der k-Periode 2π/a. Der ω + -Ast heißt<br />

„optischer Ast“, da hier, wie wir noch sehen werden, die leichten und schweren Massen<br />

gegeneinander schwingen, so dass bei unterschiedlicher elektrischer Ladung die Atome m und<br />

M einen schwingenden Dipol bilden. Da dieser elektromagnetische Strahlung absorbieren<br />

oder emittieren kann, wird die Schwingung „optisch aktiv“. Die unterschiedliche Ladung<br />

resultiert aus dem ionischen oder polaren Charakter der chemischen Bindung in vielen<br />

Kristallen.<br />

Der ω − -Ast heißt „akustischer Ast“, da er für k → 0 die größte Gruppengeschwindigkeit<br />

innerhalb der Kette aufweist, d.h. die akustischen Schallgeschwindigkeit v S .<br />

Zwischen den beiden Ästen existiert ein Frequenzbereich, der nicht überstrichen wird. Im<br />

Frequenzspektrum der Schwingungsmoden existiert also eine Frequenzlücke.<br />

Die zwei fundamentalen Unterschiede zur einatomigen Kette sind also: Ankopplung an<br />

elektromagnetische Wellen und eine Frequenzlücke im Frequenzbereich der Schwingungen.<br />

6.4 Grenzfälle für kleine und große k (Zentrum und Rand der Brillouin-Zone)<br />

k<br />

0 (Zonenzentrum)<br />

Im langwelligen Grenzfall kann auf die Dispersionsrelation des akustischen Astes (17b)<br />

wieder die Näherung sin(x) ≈ x angewandt werden. Entwickeln der Wurzel liefert dann<br />

ω<br />

mit der Schallgeschwindigkeit<br />

D ka<br />


Für den optischen Ast folgt aus (17a) mit k = 0<br />

2 ⎛ 1 1 ⎞<br />

ω + , k→0<br />

= 2D⎜<br />

+ ⎟<br />

(19)<br />

⎝ M m ⎠<br />

k π/a (Zonenrand)<br />

Einsetzen von k = π⁄a in (17) liefert nach Ausquadrieren der Wurzel<br />

2<br />

⎡⎛<br />

1 1 ⎞ ⎛ 1 1 ⎞⎤<br />

ω + / − k = π / a = D ⎢⎜<br />

+ ⎟ ± ⎜ − ⎟⎥<br />

.<br />

⎣⎝<br />

m M ⎠ ⎝ m M ⎠⎦<br />

d.h. für den optischen Ast ω +<br />

und für den akustischen Ast ω −<br />

2 2D<br />

ω + , k→π<br />

/ a =<br />

m<br />

(20)<br />

2 2D<br />

ω −, k→π<br />

/ a =<br />

M<br />

(21)<br />

Man nennt (19), (20) und (21) die „Grenzfrequenzen“ oder „charakteristische Frequenzen“<br />

der Dispersionsrelation.<br />

Einige interessante Aspekte sind:<br />

• (19) ist die Summe von (20) + (21); die drei Grenzfrequenzen sind also linear<br />

abhängig. Aus der Dispersion können daher die drei Größen m, M und D nicht<br />

unabhängig voneinander bestimmt werden.<br />

• Das Verhältnis der Grenzfrequenzen am Zonenrand hängt nur vom Verhältnis der<br />

Massen M und m ab<br />

ω<br />

ω<br />

+ , k=<br />

π / a<br />

−,<br />

k=<br />

π / a<br />

=<br />

M<br />

m<br />

Je größer das Massenverhältnis, desto größer ist das Verhältnis der Grenzfrequenzen<br />

und damit auch die Frequenzlücke. Bei gleichen Massen werden die Grenzfrequenzen<br />

(20) und (21) identisch, d.h. die Frequenzlücke verschwindet.<br />

.<br />

6.5 Die Schwingungsmoden des Modellkristalls<br />

Im Modellkristall der zweiatomigen Kette ist die Länge L ebenfalls durch 12+1 Federlängen<br />

gegeben, jedoch erstreckt sich die Gitterkonstante a 2 über 2 Federn. Daher ist L = 6,5 a 2 und<br />

für k n folgt<br />

π<br />

Mit kmax<br />

= folgt n max = 6 ,<br />

a2<br />

d.h. es gibt nur 6 k-Werte in der 1. Brillouin-Zone.<br />

k n<br />

nπ<br />

= (22)<br />

6,5<br />

a<br />

2<br />

19


Die Modenzahl beträgt jedoch trotzdem 12, da jedem k-Wert zwei Moden zueignen.<br />

Das Amplitudenmuster wird bestimmt vom Verhältnis der Amplitude der leichten Massen,<br />

s o,m , zur Amplitude der schweren Massen, s o,M . Das Amplitudenverhältnis folgt aus (15) als<br />

Funktion von ω 2 und k. Wird für ω 2 die Dispersionsrelation (17) eingesetzt, erhält man das<br />

Amplitudenverhältnis als explizite Funktion von k, z.B. aus (15a) zu<br />

s<br />

s<br />

o,<br />

m<br />

o,<br />

M<br />

=<br />

1 + γ ⎡<br />

1 − ⎢1<br />

±<br />

2γ<br />

⎢⎣<br />

⎛ ka<br />

cos⎜<br />

⎝ 2<br />

1 −<br />

2<br />

4γ<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

( 1 + γ )<br />

2<br />

sin<br />

2<br />

( ka 2)<br />

2<br />

,<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎥⎦<br />

M<br />

γ = (23)<br />

m<br />

Dabei wurde zur Abkürzung das Massenverhältnis γ := M/m verwendet. Das Pluszeichen<br />

gehört zum ω + -Ast und das Minuszeichen zum ω − -Ast.<br />

Fig. 6.2 zeigt das Amplitudenverhältnis s o,m / s o,M für vier verschiedene Massenverhältnisse γ<br />

über dem k-Intervall der 1. Brillouin-Zone.<br />

Amplitudenverhältnis s o,m<br />

/ s o,M<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

-3<br />

-4<br />

Parameter: γ = M/m<br />

4<br />

4 2 1,5 1<br />

1<br />

1,5<br />

2<br />

akustisch<br />

optisch<br />

γ = 1 akustisch<br />

optisch<br />

γ =1,5 akustisch<br />

optisch<br />

γ = 2 akustisch<br />

optisch<br />

γ = 4 akustisch<br />

optisch<br />

-5<br />

Zonenzentrum<br />

0<br />

π<br />

2 a<br />

Wellenvektor k<br />

π<br />

a<br />

Zonenrand<br />

Fig. 6.2:<br />

Verhältnis der Amplituden der leichten und schweren Massen in der 1. Brillouin-Zone für<br />

verschiedene Massenverhältnisse γ.<br />

Betrachten wir zunächst nur den Betrag des Amplitudenverhältnisses und ignorieren das<br />

Auftreten negativer Werte. Bei den akustischen Moden ist der Betrag stets kleiner 1, d.h. die<br />

leichten Massen schwingen stets weniger stark als die schweren. Die den optischen Moden ist<br />

es umgekehrt, der Betrag ist stets größer als 1 und die leichten Massen schwingen immer<br />

stärker als die schweren. Das Amplitudenverhältnis der akustischen Moden hängt nur<br />

schwach vom Massenverhältnis ab. Das der optischen Moden hingegen zeigt eine ausgeprägte<br />

Massenabhängigkeit.<br />

Die Verhältnisse an den Rändern k → 0 und k → π/a zeigt die folgende Tabelle.<br />

20


Akustischer Ast<br />

Optischer Ast<br />

k → 0 Zonenzentrum<br />

s o,m / s o,M → 1<br />

Leichte und schwere Massen<br />

schwingen gleich stark<br />

| s o,m / s o,M | → M/m<br />

Die leichten Massen schwingen<br />

stärker entsprechend dem<br />

Verhältnis der Massen<br />

k → π/a Zonenrand<br />

s o,m / s o,M → 0<br />

Die leichten Massen stehen still<br />

| s o,m / s o,M | → ∞<br />

Die schweren Massen stehen still<br />

Das Auftreten negativer Amplitudenverhältnisse bedeutet, dass die Amplituden noch eine<br />

iΔϕ<br />

komplexe Phase enthalten, und somit das Verhältnis der Amplituden einen Phasenfaktor e<br />

hat. Der Phasenfaktor muss reell sein, d.h. die relative Phasenlage Δ ϕ muss die Werte<br />

iΔϕ<br />

0,<br />

π , 2π<br />

,... annehmen, damit e die (reellen) Werte + 1 , −1,<br />

+ 1, ... annimmt. Das bedeutet<br />

• Der akustische Ast mit positivem Amplitudenverhältnis hat die Phasenlage Δϕ = 0<br />

leichte und schwere Massen schwingen gleichphasig.<br />

• Der optische Ast mit negativem Amplitudenverhältnis hat die Phasenlage Δϕ = π<br />

leichte und schwere Massen schwingen gegenphasig.<br />

Damit ist verständlich, warum der optische Ast die höheren Frequenzen hat: Die<br />

Schwingungen gegeneinander müssen bei gleicher Federkonstante schneller sein als jene, bei<br />

denen die Atome gleichphasig schwingen und sich der Abstand von Atom zu Atom nur wenig<br />

ändert.<br />

Weiterhin können die gegenphasigen Schwingungen nicht beliebig langsam werden: ω opt<br />

kann also nicht gegen Null gehen, sondern muss endlich bleiben.<br />

Die Amplituden der stehenden Wellen können jetzt konstruiert werden. Abbildung 6.3 zeigt<br />

alle 12 Moden für die zweiatomige Kette mit 12 Massen bei einem Massenverhältnis von 1,5.<br />

21


n =<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

optische Moden akustische Moden<br />

γ = 1,5<br />

5<br />

6<br />

j =<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

Fig. 6.3:<br />

Amplituden der linearen zweiatomigen Kette mit 12 Punktmassen bei einem Massenverhältnis<br />

M/m = 1,5. Durchgezogene Linie: Amplitude der schweren Massen bei „unendlich“ vielen<br />

Massenpunkten. Gepunktete Linie: Amplitude der leichten Massen bei „unendlich“ vielen<br />

Massenpunkten.<br />

22


so,<br />

m<br />

Das Amplitudenverhältnis = f ( k)<br />

ist unabhängig von der Position x, d.h. für eine<br />

s<br />

o,<br />

M<br />

gegebene Mode n überall längs der Kette gleich.<br />

s 0,m<br />

s 0,m<br />

= f(x)<br />

s 0,M<br />

s 0,m<br />

s 0,M<br />

s 0,M<br />

x<br />

Für die Verhältnisbildung werden dabei s o,m und s o,M stets an derselben Position x betrachtet.<br />

Die leichten und schweren Punktmassen liegen jedoch an unterschiedlichen Positionen.<br />

s 0,m<br />

( j )<br />

s 0,m<br />

( j +2)<br />

s 0,m<br />

( j )<br />

s 0,M<br />

( j +1)<br />

=<br />

s 0,m<br />

s 0,M<br />

x 0, j<br />

s 0,M<br />

( j +3)<br />

s 0,M<br />

( j +1)<br />

x 0, j<br />

x 0, j+1<br />

x 0, j+2<br />

x 0, j+3<br />

x<br />

Für die Amplitude der Punktmassen gilt<br />

leichte Massen<br />

schwere Massen<br />

s<br />

s<br />

Punkt<br />

o,<br />

m<br />

Punkt<br />

o,<br />

M<br />

∝ s<br />

∝ s<br />

o,<br />

m<br />

o,<br />

M<br />

⎛ ka2<br />

⎞<br />

sin ⎜ j⎟<br />

= so,<br />

⎝ 2 ⎠<br />

⎛ ka2<br />

⎞<br />

sin ⎜ j⎟<br />

= so,<br />

⎝ 2 ⎠<br />

m<br />

M<br />

⎛ nπ<br />

⎞<br />

sin⎜<br />

j⎟ ⎝ 13 ⎠<br />

⎛ nπ<br />

⎞<br />

sin⎜<br />

j⎟ ⎝ 13 ⎠<br />

j = 1, 3, 5, 7, 9, 11.<br />

j = 2, 4, 6, 8, 10, 12.<br />

Dabei ist der Positionsindex j ungeradzahlig für die leichten Massen gewählt und geradzahlig<br />

für die schweren Massen.<br />

Für das Amplitudenverhältnis zweier benachbarter Massen gilt dann, wenn j der spezielle<br />

Index einer leichten Masse und j−1 derjenige der links benachbarten schweren Masse ist:<br />

s<br />

Punkt<br />

so,<br />

m<br />

Punkt<br />

o,<br />

M<br />

( j)<br />

s<br />

=<br />

( j − 1) s<br />

o,<br />

m<br />

o,<br />

M<br />

⎛ nπ<br />

⎞<br />

sin⎜<br />

j⎟<br />

⎝ 13<br />

⋅<br />

⎠<br />

. (24)<br />

⎛ nπ<br />

⎞<br />

sin⎜<br />

( j − 1) ⎟<br />

⎝ 13 ⎠<br />

s o,M (j−1) hat dabei ein negatives Vorzeichen gegenüber s o,m (j), wenn es sich um eine optische<br />

Mode handelt. Liegt die schwere Masse rechts von der leichten, ist j−1 durch j+1 zu ersetzen.<br />

23


Zum Vergleich der Amplituden der Massenpunkte mit dem Amplitudenverhältnis<br />

⎛ nπ<br />

⎞<br />

sin⎜<br />

j⎟<br />

also durch den Korrekturfaktor<br />

⎝ 13 ⎠<br />

⎛ nπ<br />

⎞<br />

sin⎜<br />

( j ± 1) ⎟<br />

⎝ 13 ⎠<br />

s<br />

s<br />

o,<br />

m<br />

o,<br />

M<br />

ist<br />

zu dividieren. Die folgende Tabelle zeigt die Werte dieses Korrekturfaktors in der<br />

Moden/Positions-Matrix für j = 3,5,7,11 und j−1 = 2,4,6,8,10.<br />

n j 3 5 7 9 11<br />

1 1,4269 1,1361 1,0000 0,8802 0,7008<br />

2 1,2062 0,7092 -1,0000 1,4100 0,8290<br />

3 0,8290 -1,9419 1,0000 -0,5150 1,2062<br />

4 0,2559 1,4970 -1,0000 0,6680 3,9070<br />

5 -0,7008 0,2411 1,0000 4,1481 -1,4269<br />

6 -3,9070 -1,7709 -1,0000 -0,5647 -0,2559<br />

6.6 Zusammenhang zwischen Grenzfrequenzen und Amplitudenmuster<br />

Die nachfolgende Abbildung fasst die Ergebnisse des Kapitels „Die lineare, zweiatomige<br />

Kette“ zusammen. Sie zeigt dabei den Zusammenhang zwischen den Grenzfrequenzen und<br />

dem Amplitudenmuster im Zentrum und am Rand der Brillouin-Zone.<br />

Frequenzlücke<br />

Amplitudenmuster<br />

die leichten<br />

Massen<br />

schwingen<br />

um so stärker,<br />

je größer<br />

M/m ist<br />

Grenzfrequenz<br />

ω<br />

op,<br />

0<br />

=<br />

⎛ 1 1<br />

2D<br />

⎜ +<br />

⎝ m M<br />

um so stärker von m<br />

bestimmt, je größer<br />

M/m ist<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

ω<br />

Amplitudenmuster<br />

optischer Ast<br />

M<br />

m<br />

= 2<br />

Grenzfrequenz<br />

ω<br />

op, π a =<br />

2D<br />

m<br />

vollständig von m<br />

bestimmt<br />

nur die leichten<br />

Massen schwingen<br />

m und M<br />

schwingen<br />

mit gleicher<br />

Amplitude<br />

dω<br />

=<br />

dk<br />

D a<br />

2( m + M )<br />

von beiden Massen<br />

gleich bestimmt<br />

2<br />

akustischer Ast<br />

ω<br />

ak, π a =<br />

2D<br />

M<br />

vollständig von M<br />

bestimmt<br />

nur die schweren<br />

Massen schwingen<br />

k<br />

0<br />

π<br />

2a<br />

π<br />

a<br />

24


6.7 Zusammenfassung<br />

• Die Dispersionsrelation der zweiatomigen Kette ähnelt einem Sinus, der in der Mitte<br />

aufgespalten und dessen obere Hälfte in die 1. Brillouin-Zone zurückgespiegelt ist.<br />

• Die Brillouin-Zone ist halb so groß wie bei der einatomigen Kette.<br />

• Es gibt darin halb so viele Wellenvektoren wie bei der einatomigen Kette.<br />

• Zu jedem Wellenvektor gibt es zwei Frequenzen.<br />

• Das untere Frequenzband heißt „akustischer Ast“, das obere „optischer Ast“.<br />

• Zwischen beiden Ästen existiert eine Frequenzlücke.<br />

• Im akustischen Ast schwingen leichte und schwere Massen gleichphasig innerhalb<br />

eines Schwingungsbauches, im optischen Ast gegenphasig.<br />

• Die relative Amplitude der leichten und schweren Massen hängt vom Wellenvektor<br />

bzw. der Modennummer ab. Am Rand der Brillouin-Zone schwingt jeweils nur noch<br />

eine Massensorte.<br />

7. Übergang von einatomiger zu zweiatomiger Basis<br />

Obwohl die Dispersionsrelationen der einatomigen und der zweiatomigen Kette<br />

unterschiedlich aussehen, müssen sie für den Grenzfall M m auseinander hervorgehen. Die<br />

folgende Abbildung veranschaulicht den Übergang von der einatomigen Dispersion zu den<br />

zwei Ästen der zweiatomigen Dispersion. Entscheidend ist die Halbierung der Brillouin-Zone<br />

und damit die Halbierung des Translationsvektors, wodurch der obere Teil der Dispersion in<br />

die 1. Brillouinzone „zurückgefaltet“ oder „zurückgeklappt“ erscheint (Bild 2). Die<br />

Frequenzlücke wird dann durch Massenungleichheit geöffnet.<br />

Der Übergang von zweiatomig zu einatomig ist auch formal vollziehbar. Für M = m werden<br />

die zweiatomigen Beziehungen (15a) und (15b) identisch, da auch die Auslenkungen s o,M und<br />

s o,m gleich werden. Mit a 2 = 2a 1 und 1-cos(x) = 2sin 2 (x/2) folgt<br />

2<br />

1<br />

(<br />

M ⎛ ⎞<br />

⎯ ⎯ = m ka2 mω<br />

2 2D<br />

4D<br />

ka<br />

15)<br />

→ cos⎜<br />

⎟ + = 1 ⇔ ω =<br />

1<br />

⎜<br />

⎝ 2 ⎠ 2D<br />

m<br />

m ⎝ 2<br />

das ist die Dispersionsrelation (11) der einatomigen Kette.<br />

2⎛<br />

⎞<br />

( 1 − cos( ka )) = sin ⎟ ⎠<br />

Das gleiche Ergebnis folgt aus der zweiatomigen, akustischen Dispersion (17b), wenn M = m<br />

gesetzt wird.<br />

,<br />

25


26


8. Erweiterung auf drei Dimensionen und transversale Schwingungen<br />

In einem dreidimensionalen Kristall wird das Potenzial dreidimensional. Der Wellenvektor k<br />

hat drei Komponenten.<br />

Betrachten wir zunächst den Fall einer einatomigen Basis. Der vektorwertige Lösungsansatz<br />

hat die Form s(k,ω,t) = ε(k) exp{i(k⋅R)-ωt} mit dem Polarisationsvektor ε(k). Der<br />

mathematische Formalismus zeigt, dass es drei Polarisationsvektoren ε i , i=1,2,3, gibt, die<br />

senkrecht aufeinander stehen und Einheitsvektoren sind. Sie geben die räumliche Richtung<br />

der Auslenkung s an. In einem isotropen Medium kann der k-Vektor immer längs eines dieser<br />

Vektoren gelegt werden (ε // k). Dies entspricht einer longitudinalen Auslenkung. Die zwei<br />

dazu senkrechten Polarisationen (ε ⊥ k) entsprechen transversalen Auslenkungen. Die<br />

Dispersion hängt nun im Allgemeinen vom Index i ab, so dass es drei Äste ω i = f i (k) gibt,<br />

einen longitudinalen Ast und zwei transversale Äste.<br />

ω<br />

Longitudinal<br />

Transversal<br />

0 π<br />

k<br />

a<br />

Oft sind diese Äste aber entartet, insbesondere die transversalen, auf Grund der<br />

Kristallsymmetrie.<br />

In anisotropen Kristallen treten rein longitudinale oder rein transversale Wellen nur bei<br />

Ausbreitung längs einer Symmetrieachse auf. Eine Welle mit beliebiger Ausbreitungsrichtung<br />

besitzt sowohl longitudinale als auch transversale Komponenten.<br />

Bei der zwei- oder mehratomiger Basis ändert sich das Bild nicht grundlegend. Für jeden<br />

Wert von k gibt es 3p Äste, wobei p die Zahl der Teilchen in der Elementarzelle ist. Für eine<br />

zweiatomige Basis gibt es also sechs Äste, für eine dreiatomige Basis neun Äste, usw. Drei<br />

dieser Äste sind stets akustischer Natur, alle anderen sind optischer Natur. Je einer dieser drei<br />

Äste ist longitudinal polarisiert, die zwei anderen transversal.<br />

Fig. 8.1:<br />

Schematische Darstellung der akustischen<br />

und optischen Äste eines dreidimensionalen<br />

Kristalls mit zweiatomiger<br />

Basis.<br />

„LO“ bedeutet „Longitudinal optisch“,<br />

„TO“ bedeutet „Transversal optisch“,<br />

usw.<br />

Aus C.F. Klingshirn, „Semiconductor<br />

Optics“ 3. Auflage (2006).<br />

27


Bei transversaler Auslenkung erfolgt die Rückstellkraft im Kontinuum durch Scherkräfte. Für<br />

die Feder- oder Kopplungskonstante D ist daher nicht der Elastizitätsmodul maßgebend,<br />

sondern der Schermodul. Dieser ist im Allgemeinen kleiner ist als der Elastizitätsmodul. Die<br />

Frequenzen der transversalen Äste sind daher kleiner als die des longitudinalen Astes.<br />

Gemessen werden Phonondispersionen mit unelastischer Neutronenstreuung. Thermische<br />

Neutronen weisen Energien auf, die im Bereich typischer Phononenergien von einigen<br />

wenigen bis einigen 10 meV liegen, bei gleichzeitig ausreichend großen Impulsen, um die<br />

gesamte Brillouin-Zone auszumessen. Der Kristall wird dabei so orientiert, dass der<br />

Impulsübertrag längs der gewünschten Raumrichtung stattfindet. Als Raumrichtung werden<br />

Kristallachsen hoher Symmetrie gewählt, bei denen, soweit möglich, rein longitudinale und<br />

transversale Moden vorliegen.<br />

Phonondispersion von Natrium bei 90 K, gemessen mit unelastischer Neutronenstreuung<br />

längs der Richtungen [100], [110] und [111] des kubisch flächenzentrierten Gitters von Na.<br />

Aus: Ch. Kittel, Festkörperphysik, 9. Auflage, Seite 124.<br />

28


9. Zur Fourier-Analyse (harmonische Analyse)<br />

Die allgemeine Bewegung x(t) eines Massepunktes der Kette setzt sich aus den zwölf<br />

harmonischen Eigenmoden ∼cos(ω n t) additiv zusammen. Daher ist auch die allgemeine<br />

Bewegung x(t)<br />

n 12<br />

∑ =<br />

n=1<br />

( ω ) cos( ω t)<br />

x(<br />

t)<br />

= a<br />

mit den Amplituden a(ω n )<br />

n<br />

n<br />

eine periodische Funktion der Zeit.<br />

Nun kann jede periodische Funktion trigonometrisch, d.h. in eine Fourierreihe entwickelt<br />

werden. Die Fourierreihe von x(t) ist (bis auf eine Konstante) identisch zur obigen Summe.<br />

Sie enthält nur zwölf gerade Summanden und damit nur zwölf Fourierkoeffizienten a(ω n ).<br />

Ist eine Funktion x(t) nur auf einem diskreten System von Punkten t bekannt, so können ihre<br />

Fourierkoeffizienten mit dem Verfahren der so genannten schnellen Fouriertransformation<br />

numerisch effizient berechnet werden (Bronstein 24. Auflage, S. 616).<br />

Das Spektrum der Fourierkoeffizienten a(ω) hat nur an den Stellen ω n von Null verschiedene<br />

Werte. Dieses sogenannte Fourierspektrum besteht für unsere Massenpunktbewegung x(t)<br />

also aus zwölf Spikes an den Stellen der zwölf Eigenfrequenzen ω n . Die Höhe der Spikes<br />

entspricht der Amplitude a(ω n ), mit der die Mode n zur Gesamtbewegung x(t) beiträgt.<br />

Da im Versuch x(t) mit einer Kamera gemessen wird, die mit einer bestimmten Taktfrequenz<br />

ausgelesen wird, besteht die Zeitachse tatsächlich aus äquidistanten Punkten und die schnelle<br />

Fouriertransformation kann angewendet werden.<br />

Die Ermittlung der Fourierkoeffizienten einer periodischen Funktion heißt Fourieranalyse<br />

oder auch harmonische Analyse.<br />

29

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