Demenz: Pflege & Betreuung stationär
Die kompetente Unterstützung für Pflegefachkräfte
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<strong>Demenz</strong>:<br />
STATIONÄR<br />
<strong>Pflege</strong> und <strong>Betreuung</strong><br />
DIE KOMPETENTE UNTERSTÜTZUNG FÜR PFLEGEFACHKRÄFTE 08 / 2016 KW 30<br />
Tag-Nachtumkehr<br />
Schlechte Schlafqualität kann<br />
bei <strong>Demenz</strong> auch zu einer<br />
Verschlimmerung der<br />
Beschwerden beitragen 2<br />
Aktivierung bei <strong>Demenz</strong><br />
Nutzen Sie die saisonalen<br />
Obst- und Gemüsesorten für<br />
Ihr Aktivierungsangebot im<br />
Hochsommer 4<br />
Olympia 2016<br />
Die Olympischen Spiele in Rio<br />
de Janeiro bieten spannende<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
für Ihre Patienten. 6<br />
Wiederholungsprüfungen?<br />
Darf der MDK noch Wiederholungsprüfungen<br />
bei Ihren eingestuften<br />
Bewohnern mit <strong>Demenz</strong><br />
durchführen? 8<br />
TOP-THEMA<br />
„Dementia worry“: So nehmen Sie<br />
Ihren Bewohnern die Angst!<br />
Japan und das <strong>Demenz</strong>problem<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
wir fanden es beim Lesen beängstigend: In Japan<br />
sind nach Regierungsangaben im vergangenen<br />
Jahr mehr als 12.000 Menschen verschwunden,<br />
die alle eines gemeinsam hatten - sie litten<br />
an einer <strong>Demenz</strong>. Die meisten von ihnen sind<br />
innerhalb einer Woche glücklicherweise wieder<br />
aufgetaucht. 479 jedoch wurden tot aufgefunden<br />
und 150 werden noch immer vermisst. Da<br />
können wir uns bei den wenigen Einzelfällen in<br />
Deutschland wohl noch glücklich schätzen. Die<br />
japanische Regierung geht davon aus, dass bis<br />
2025 jeder 5. Japaner über 65 Jahren an einer<br />
<strong>Demenz</strong> erkranken wird. Jeder 4. Japaner ist<br />
schon heute älter als 65 Jahre. In 10 Jahren werden<br />
es mehr als 30 % sein. In Deutschland liegt<br />
die offizielle Schätzung der Menschen über 65<br />
Jahren, die an einer <strong>Demenz</strong> erkranken werden,<br />
für 2020 bei 10 %. Hoffen wir, dass die Zahlen<br />
nicht signifikant höher werden oder sich gar an<br />
die japanischen Verhältnisse anpassen.<br />
Sommerliche Grüße<br />
Annett Urban und Swen Staack<br />
Annett Urban ist Inhaberin eines Dienstleistungsunternehmens<br />
für Senioren und Chefredakteurin von „pdl.konkret ambulant“.<br />
Swen Staack ist Diplom-Sozialpädagoge, Geschäftsführer der<br />
Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein e. V.<br />
Sicher haben Sie es auch schon in Ihrem täglichen Leben bemerkt: Das Thema<br />
„<strong>Demenz</strong>“ ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Damit einhergehend<br />
ist mittlerweile allerdings auch die Sorge weit verbreitet, selbst an einer <strong>Demenz</strong><br />
zu erkranken. Die Ängste der Menschen vor <strong>Demenz</strong> finden nun auch langsam<br />
in der Alternsforschung in Deutschland Beachtung. Und es gibt einen englischen<br />
Fachbegriff dafür: „dementia worry“, zu Deutsch: „<strong>Demenz</strong>sorge“.<br />
Viele Menschen sind besorgt<br />
„<strong>Demenz</strong>sorge ist die emotionale Reaktion<br />
auf die wahrgenommene Bedrohung, irgendwann<br />
einmal an <strong>Demenz</strong> zu erkranken“, sagt<br />
Eva Marie Kessler, Alternspsychologin an<br />
der Universität Heidelberg. Die Sorge bedeutet<br />
zum einen Gedanken, Grübeleien<br />
und bestimmte Bilder im Kopf. Eva Marie<br />
Kessler: „Man stellt sich beispielsweise vor,<br />
mit Alzheimer im Altersheim zu leben, auf<br />
andere angewiesen zu sein.“ Zum anderen<br />
werde die <strong>Demenz</strong>sorge auch von Gefühlen<br />
wie Angst begleitet.<br />
Die Gründe sind unterschiedlich<br />
Die „<strong>Demenz</strong>sorge“ ist durchaus unterschiedlich<br />
intensiv. „Es gibt viele Menschen,<br />
die sich diesbezüglich gar keine Sorgen machen<br />
oder nur dann, wenn man sie darauf<br />
anspricht“, sagt Kessler. Es gebe aber auch<br />
Menschen, die sich wie sog. Hypochonder<br />
verhalten. „Sie müssen sich ständig<br />
rückversichern bei anderen Menschen, dass<br />
bei ihnen im Kopf noch alles in Ordnung<br />
ist.“ Solche Ängste kennt man von anderen<br />
Krankheiten. In den 1980er Jahren etwa<br />
entstand durch die vielen Medienberichte<br />
das Phänomen der AIDS Phobie. Ebenso<br />
können persönliche Erfahrungen Befürchtungen<br />
und Sorgen auslösen. „Immer mehr<br />
Menschen haben schließlich Angehörige<br />
und Freunde, die an einer <strong>Demenz</strong> erkrankt<br />
sind“, erklärt Kessler.<br />
Nicht jeder Ältere sorgt sich<br />
Ein großer Teil der älteren Menschen erlebt,<br />
dass die eigene Gedächtnisleistung<br />
nachlässt. Aber nicht bei allen ergeben sich<br />
deswegen Ängste vor einer <strong>Demenz</strong>. „Wer<br />
allgemein stärker psychisch belastet ist, ängstlich<br />
oder depressiv verstimmt ist, bei dem sind<br />
auch <strong>Demenz</strong>sorgen stärker ausgeprägt“, so<br />
Kessler. So kann etwa eine mittelstark ausgeprägte<br />
Sorge zu einem sinnvollen Vorsorgeverhalten<br />
führen. Man besucht dann eher<br />
seinen Hausarzt oder eine Gedächtnisambulanz<br />
und kann dann gegebenenfalls Hilfe<br />
bekommen, die eine beginnende <strong>Demenz</strong><br />
hinauszögert.<br />
TIPP: Klären Sie Ihre nicht an einer <strong>Demenz</strong><br />
erkrankten Bewohner über die Ursachen<br />
und Symptome einer <strong>Demenz</strong> gut<br />
auf. Und umso besser Sie Ihre Menschen<br />
mit <strong>Demenz</strong> pflegen, betreuen und teilhaben<br />
lassen, umso weniger werden sich die<br />
„gesunden“ Bewohner sorgen, an einer<br />
<strong>Demenz</strong> zu erkranken.<br />
Quelle: www.dasgehirn.info<br />
Alle Beiträge, Checklisten und Muster aus dieser Ausgabe finden Sie auch als Download in unserem<br />
www.ppm-online.org 1<br />
Online-Bereich unter: www.ppm-online.org/einrichtung
DEMENZ<br />
<strong>Pflege</strong> & <strong>Betreuung</strong><br />
STATIONÄR<br />
PFLEGE & MEDIZIN<br />
Das können Sie tun, wenn der Schlaf-Wach-Rhythmus<br />
bei Ihrem Kunden mit <strong>Demenz</strong> gestört ist<br />
Es gibt Kurz- und Langschläfer, gute und schlechte Schläfer, Morgen- und Abendtypen. Ob wir eher Lang- oder Kurzschläfer<br />
sind, ob wir morgens nur langsam in Gang kommen und dafür abends vor Tatendrang sprühen oder umgekehrt<br />
ist unwichtig, solange wir unseren Schlaf als erholsam empfinden.Doch immer dann, wenn mindestens 1 Monat lang<br />
mindestens 3-mal pro Woche schlafabhängige Beschwerden auftreten, dann liegt eine manifeste Schlafstörung vor, die<br />
das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit deutlich beeinträchtigt.<br />
Schlafrhythmus bei Senioren<br />
häufig gestört<br />
Gerade bei älteren Menschen ist der Schlaf<br />
meist schlechter als in der Jugend. Körperliche<br />
Erkrankungen und Beschwerden wie<br />
z. B. Schmerzen, nächtlicher Harndrang<br />
oder auch schlafbeeinflussende Medikamente<br />
führen dazu, dass der Schlafrhythmus<br />
bei Senioren häufig gestört ist und<br />
somit die Schlafqualität beeinträchtigt ist.<br />
Schlafstörungen kommen bei<br />
Menschen mit <strong>Demenz</strong> häufig vor<br />
Etwa 45 % der demenziell Erkrankten leiden<br />
unter Schlaflosigkeit und anderen<br />
Schlafstörungen. Im Verlauf der Erkrankung<br />
kann es mitunter auch zu einer völligen<br />
Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus<br />
kommen, was nicht nur für die Betroffenen<br />
selbst, sondern auch für Angehörige und<br />
<strong>Pflege</strong>nde eine enorme Herausforderung<br />
darstellt. Der Grund dafür ist zum einen,<br />
dass die „innere Uhr“ des Betroffenen<br />
nicht mehr richtig funktioniert, zum anderen<br />
kann der Erkrankte Uhr, Tageslicht<br />
oder Handlungen anderer Menschen häufig<br />
nicht mehr richtig interpretieren. Was viele<br />
nicht wissen: Schlechter Schlaf, also eine<br />
schlechte Schlafqualität, kann bei <strong>Demenz</strong><br />
auch zu einer Verschlimmerung der Beschwerden<br />
beitragen.<br />
Das passiert, wenn der Schlaf-<br />
Wach-Rhythmus gestört ist<br />
Hier finden Sie einige Beispiele für einen<br />
gestörten Rhythmus:<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Viele <strong>Demenz</strong>erkrankte legen sich häufig<br />
auch tagsüber hin und dösen, ohne<br />
fest zu schlafen. Durch diese vielen Ruhephasen<br />
am Tage werden die Erkrankten<br />
daher in der Nacht mehrfach wach.<br />
Viele <strong>Demenz</strong>erkrankte werden bei zunehmender<br />
Dämmerung unruhig. Dieses<br />
sogenannte Sun-Down-Phänomen<br />
kann bei ca. 45 % aller Menschen mit<br />
<strong>Demenz</strong> beobachtet werden.<br />
Einige Betroffene irren in der Nacht<br />
verwirrt, häufig erregt und unruhig<br />
umher oder sind bereits frühmorgens<br />
vor der üblichen Aufstehzeit wach.<br />
●●<br />
●●<br />
Das Alleinleben oder die Isoliertheit<br />
von Betroffenen verursacht eine Umkehr<br />
ihres Schlaf-Wach-Rhythmus. Sie<br />
schlafen tagsüber, während sie nachts<br />
wach sind.<br />
Depressive Verstimmungen können die<br />
demenzielle Symptomatik überlagern<br />
und den Schlaf zusätzlich stören.<br />
HINWEIS: Die Schlafprobleme bei einer<br />
<strong>Demenz</strong> können so stark ausgeprägt sein,<br />
dass ein normaler Alltag auch für Angehörige<br />
kaum mehr möglich ist. So können sie<br />
zu einem wichtigen Beweggrund werden,<br />
ein erkranktes Familienmitglied in eine<br />
<strong>Pflege</strong>einrichtung zu geben.<br />
Das sind die Folgen von zu wenig<br />
Schlaf<br />
●●<br />
Wenn der Betroffene in der Nacht wach<br />
ist und am Tage schläft, ist er in der<br />
Teilnahme des sozialen Lebens eingeschränkt<br />
und isoliert sich so.<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Wenn ein Mensch zu wenig schläft und<br />
die Schlafqualität schlecht ist, ist er<br />
häufig gereizt.<br />
<strong>Demenz</strong>symptome können sich verstärken.<br />
Körperliche Symptome können sich<br />
durch Schlafmangel bemerkbar machen,<br />
z. B. Kopfschmerzen, Schwindel<br />
usw.<br />
Die Behandlung von Schlafstörungen<br />
Was liegt vor: Ein-, Durchschlafstörung<br />
oder nächtliche Unruhe mit oder ohne häufiges<br />
Einnicken am Tag<br />
Ursache klären: strukturbedingt (Unterforderung,<br />
Langeweile, <strong>Pflege</strong>rhythmus nicht<br />
am <strong>Pflege</strong>kunden mit <strong>Demenz</strong> orientiert),<br />
Umfeld (tags und nachts helle Beleuchtung,<br />
fehlende verständliche Orientierungshilfen,<br />
Störungen durch Mitbewohner oder<br />
<strong>Pflege</strong>handlungen), <strong>Demenz</strong> oder andere<br />
Erkrankungen, Schmerzen, Ängste, Nebenwirkungen<br />
von Medikamenten<br />
Lösungen suchen: Störungen in der Umgebung<br />
beheben, Schlaf-Wach-Rhythmusfördernde<br />
Aktivitäten und Rituale, Behandlung<br />
der Ängste, Schmerzen oder anderer<br />
somatischer Ursachen<br />
Schlafstörungen bei <strong>Demenz</strong>erkrankten<br />
lassen sich nicht alleine<br />
mit Medikamenten behandeln<br />
Medikamentöse schlafverbessernde Maßnahmen<br />
sollten verbunden werden mit<br />
einer Therapie der <strong>Demenz</strong> (z. B. mit Antidementiva),<br />
mit einer Behandlung körperlicher<br />
oder psychischer Begleitkrankheiten<br />
und mit nicht-medikamentösen Verfahren<br />
und Therapien, etwa durch die Strukturierung<br />
des Tagesrhythmus und durch Orientierungshilfen<br />
die Tageszeit betreffend<br />
sowie Ergo- und Bewegungstherapien. Beziehen<br />
Sie den behandelnden Arzt vor dem<br />
Einsatz schlafunterstützender Medikamente<br />
unbedingt mit ein.<br />
So verhindern Sie, dass der<br />
<strong>Demenz</strong>erkrankte tagsüber vor<br />
sich hin döst und abends wach ist<br />
<strong>Demenz</strong>erkrankte benötigen abwechslungsreiche<br />
und auf den einzelnen Menschen<br />
abgestimmte Aktivitäten und einen<br />
strukturierten Alltag, um abends gut schlafen<br />
zu können. Zwar kann Ihr <strong>Pflege</strong>kunde<br />
tagsüber einen Mittagsschlaf machen, doch<br />
wichtig ist auch, dass Sie Ihrem Kunden<br />
tagsüber Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten,<br />
je nachdem was er gern macht und<br />
was seiner Biografie entspricht. Ob nun ein<br />
Kartenspiel oder eher ein Spaziergang sollte<br />
je nach den Wünschen und Bedürfnissen<br />
des Kunden entschieden werden. Nur wer<br />
tagsüber aktiv ist, wird nachts auch gut<br />
schlafen können.<br />
HINWEIS: Achten Sie auf die Biografie! Sie<br />
können den Tagesrhythmus Ihres Kunden<br />
nur individuell unterstützen, wenn Sie wissen,<br />
welches Schlafverhalten der jeweilige<br />
Mensch früher gehabt hat. War er eher ein<br />
Frühaufsteher oder ging er lieber später ins<br />
Bett? Ist er schon immer nachts auf gewesen<br />
und hat am Tag geschlafen? Dies alles<br />
wird den Menschen häufig auch jetzt noch<br />
beeinflussen.<br />
2<br />
JULI • 2016
ÜBERSICHT: Beispiele, was Sie tun können, damit Ihr <strong>Pflege</strong>kunde ausreichend Schlaf bekommt<br />
Vorgehen Inhalt<br />
Beständigkeit des<br />
Tagesablaufs<br />
• Alles stets zur gleichen Zeit!<br />
• Ritualisierung des Vorgangs „zu Bett gehen“<br />
strukturierte und<br />
verlässliche Umgebung<br />
Sinnesüberforderungen<br />
vermeiden<br />
Verminderung des<br />
Schlafens am Tag<br />
Aktivierung des<br />
Betroffenen am Tag<br />
helle Räume am<br />
Morgen, dunkle Räume<br />
am Abend<br />
<strong>Pflege</strong>n von<br />
Schlafritualen<br />
körperliche Ursachen<br />
ausschließen bzw.<br />
beseitigen<br />
• vertrautes Mobiliar im Schlafraum<br />
• vertraute Einrichtungsstruktur wählen<br />
• angemessene Matratzen, Bettdecke und Kissen<br />
• richtige und vertraute Schlafbekleidung wählen<br />
• gleichbleibende Geräuschkulisse (z. B. tickende Uhr)<br />
• kein Drängen<br />
• Stress vermeiden<br />
• Lärm vermeiden<br />
• Schattenbildung vermeiden<br />
• Beachten Sie beim Mittagsschlaf das individuelle Schlafbedürfnis.<br />
• nicht zu früh ins Bett (6 Stunden Schlaf reichen auch den meisten gesunden alten Menschen!)<br />
• ausgefüllter Tagesablauf mit viel Bewegung<br />
• Auch den frühen Abend mit Aktivitäten gestalten!<br />
• regelmäßige Spaziergänge, bevorzugt nachmittags und am frühen Abend<br />
• keine „aufregenden“ Aktivitäten zum Abend<br />
• Passen Sie das Licht in den Räumen der Tageszeit an, achten Sie aber auf Nachtlichter oder Bewegungsmelder, um Stürze<br />
bei selbstständigem Aufstehen zu vermeiden.<br />
• Wann ging der Erkrankte üblicherweise zu Bett?<br />
• Welche Aktivitäten gingen dem voraus?<br />
(Fernsehen, Waschen, Glas Bier, Wein, Tee oder heiße Milch mit Honig trinken, im Bett lesen, Nachtgebet oder gemeinsames Abend-/<br />
Schlaflied, Kuscheltier, Decke oder etwas anderes zum Halten und Anschmiegen)<br />
• Raumtemperatur nach den Bedürfnissen regeln (Fenster auf oder zu, oder vor dem Schlafengehen noch einmal lüften oder nicht)<br />
• Fußbad oder warme Socken gegen kalte Füße<br />
• kleine Nachtmahlzeit beugt Unterzuckerung vor<br />
• Getränk gegen nächtlichen Durst bereitstellen<br />
• Nachtlicht oder Nachtstuhl für nächtlichen Weg zur Toilette bereitstellen<br />
HINWEIS: Manchmal ist es so, dass Menschen<br />
mit <strong>Demenz</strong> besser schlafen, wenn<br />
ein anderer Mensch mit im Zimmer schläft.<br />
Dann empfindet der Mensch mit <strong>Demenz</strong><br />
die Schlafgeräusche eines anderen Menschen<br />
als beruhigend.<br />
Wie spät ist es?<br />
Menschen mit <strong>Demenz</strong> sind häufig zeitlich<br />
desorientiert. Hier einige Beispiele wie Sie<br />
im Alltag Orientierung zur Zeit geben:<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Die richtige Uhrzeit: Hängen Sie eine<br />
gut sichtbare Uhr mit großen Ziffern<br />
und Zeigern auf.<br />
Weisen Sie während der Begrüßung auf<br />
die Tageszeit hin: Verwenden Sie Begrüßungen,<br />
die etwas mit der Tageszeit<br />
zu tun haben, z. B. „Guten Morgen“.<br />
●●<br />
●●<br />
Bauen Sie in Gesprächen den Tagesverlauf<br />
ein: Weisen Sie während des<br />
Gesprächsverlaufs auf verändertes Tageslicht<br />
hin (Dämmerung, Dunkelheit,<br />
Sonnenschein, Sonnenuntergang).<br />
Strukturieren Sie den Tag: Grundpflege<br />
am Morgen, Frühstückstisch decken,<br />
Einkaufen gehen, Mittagessen zubereiten,<br />
Ruhen am Mittag, Spaziergang, Kaffeetrinken,<br />
Fernseher ein und aus, auskleiden<br />
usw., alles stets zur gleichen Zeit!<br />
Mit Mahlzeiten zeitliche Orientierung<br />
geben: je nach Biografie z. B. Frühstück:<br />
Marmelade, Brötchen, Kaffee; Mittagessen:<br />
warme Mahlzeiten mit Nachtisch;<br />
Kaffee: Kaffee und Kuchen; Abendessen:<br />
Brot mit Wurst und Gemüse, Bier<br />
oder Wein.<br />
Informieren Sie den Arzt<br />
Wenn die hier genannten Maßnahmen<br />
nicht ausreichen, damit Ihr <strong>Pflege</strong>kunde mit<br />
<strong>Demenz</strong> ausreichend schläft, ist es dringend<br />
notwendig, dass die Schlafstörung behandelt<br />
wird. Häufig ist es so, dass der Arzt<br />
dann gängige chemische Schlafmittel aus<br />
der Gruppe der Benzodiazepine verordnet.<br />
Doch viele chemische Wirkstoffe, die von<br />
Ärzten immer noch oft zur Behandlung von<br />
Schlafstörungen verordnet werden, wirken<br />
zwar schnell, können aber starke Nebenwirkungen<br />
(z. B. Gewöhnung, Verwirrtheit,<br />
erhöhtes Risiko für <strong>Demenz</strong>) haben.<br />
Daher sollten Sie mit dem Arzt besprechen,<br />
ob er bei Ihrem <strong>Pflege</strong>kunden ggf.<br />
kurzwirksame Substanzen einsetzen kann.<br />
FAZIT: Immer dann, wenn einer Ihrer<br />
<strong>Pflege</strong>kunden unter Schlafstörungen<br />
oder einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus<br />
leidet, sollten Sie handeln - denn<br />
schlechter Schlaf kann bei <strong>Demenz</strong> auch<br />
zu einer Verschlimmerung der <strong>Demenz</strong>symptome<br />
beitragen.<br />
l<br />
www.ppm-online.org 3
DEMENZ<br />
<strong>Pflege</strong> & <strong>Betreuung</strong><br />
STATIONÄR<br />
BETREUUNG & AKTIVIERUNG BEI VERÄNDERTEM VERHALTEN<br />
Sommerwonne: Der Hochsommer deckt den Tisch<br />
Moderne Transportwege und Globalisierung machen es möglich: Unsere Supermärkte bieten zu jeder Jahreszeit Obst<br />
und Gemüse aus den unterschiedlichsten Ländern der Welt an. So wird z. B. Ananas als „Flugananas“ aus dem Süden in<br />
unsere Breiten transportiert und Erdbeeren im Winter oder ganzjährig frische Papaya sind keine Seltenheit.<br />
Dies erhöht zwar die Auswahl und erfreut<br />
den Gaumen, aber durch die langen Transportwege<br />
wird unter anderem auch die Umwelt<br />
stärker belastet.<br />
Daher entscheiden sich immer mehr Menschen<br />
dazu, wieder häufiger regional und<br />
saisonal einzukaufen. Dieser umweltbewusste<br />
und aktuelle Trend ist aber keine<br />
Erfindung der Neuzeit.<br />
Ihren Gesprächsanregungen eher auf den<br />
Moment oder die weiter zurückliegende<br />
Vergangenheit, denn dies wird häufig noch<br />
besser erinnert.<br />
Werden die Abbildungen nicht mehr erkannt,<br />
können Sie z. B. ein Gespräch anregen,<br />
indem Sie mitteilen, dass Sie Bilder von<br />
verschiedenen Obst- oder Gemüsesorten<br />
mitgebracht haben.<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Haben Sie schon mal Beeren gesammelt?<br />
Welche Gemüsesorten gehören in einen<br />
guten Auflauf (je nach Leistungsfähigkeit<br />
Ihres Pflegkunden fragen Sie offen<br />
oder schlagen Gemüsesorten vor)?<br />
Mögen Sie Kohlrabi auch roh oder nur<br />
gekocht?<br />
Viele Ihrer älteren <strong>Pflege</strong>kunden haben sich<br />
mit ihrer Speisenauswahl danach gerichtet,<br />
was zu welcher Jahreszeit in der Region<br />
wächst und gedeiht. Knüpfen Sie mit<br />
folgenden Gesprächsanregungen an das<br />
Erfahrungswissen Ihrer zu betreuenden<br />
Menschen an. Denn der Hochsommer bietet<br />
auch in unseren Breiten eine große Auswahl,<br />
um kulinarisch „den Tisch zu decken“.<br />
Jahreszeitliche Aktivierung mit<br />
der bunten Speisenauswahl des<br />
Hochsommers<br />
Gehen Sie gemeinsam mit Ihren <strong>Pflege</strong>kunden<br />
auf die Suche, welche saisonalen<br />
Obst- und Gemüsesorten der Hochsommer<br />
bietet. Diese Aktivierung bietet sich für eine<br />
Einzelbegleitung an, kann aber auch in einer<br />
Gruppe für anregenden Gesprächsaustausch<br />
sorgen.<br />
Besonders Menschen, die selbst einen Garten<br />
hatten oder haben, werden viele Früchte<br />
des Sommers kennen und sich gern mit<br />
Ihnen austauschen. Begleiten Sie Menschen,<br />
die weiter in einer <strong>Demenz</strong>erkrankung<br />
fortgeschritten sind. Es bietet sich an,<br />
dass Sie Bilder zu den jeweiligen Früchten<br />
oder Gemüsesorten mitbringen und sich<br />
darüber unterhalten. Beziehen Sie sich mit<br />
Dann zeigen und benennen Sie die Abbildungen.<br />
Mithilfe biografischer Fragen<br />
entsteht ein gemeinsamer Austausch auf<br />
Augenhöhe.<br />
Beispiele für eine biografische<br />
Gesprächsanregung zum Thema<br />
„Sommerfrüchte“<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Mögen Sie das (gezeigte) Obst / Gemüse?<br />
– Schmeckt Ihnen etwas davon gar<br />
nicht?<br />
Was ist Ihr Lieblingsobst- oder Ihre<br />
Lieblingsgemüsesorte? Hat sich Ihr Geschmack<br />
auch mal verändert?<br />
Hatten Sie einen Garten? Wenn ja: Hat<br />
Ihnen die Gartenarbeit Spaß gemacht<br />
oder war es eher lästig?<br />
Haben Sie schon mal als Kind Äpfel<br />
oder anderes Obst aus Nachbars Garten<br />
stibitzt?<br />
Haben Sie schon mal bei einer Obstoder<br />
Gemüseernte geholfen?<br />
Haben Sie Obst verarbeitet (z. B. Marmelade,<br />
Apfelmus, Obstkuchen)?<br />
Sicherlich fallen Ihnen noch andere Fragen<br />
ein, die zur Biografie Ihres <strong>Pflege</strong>kunden<br />
passen.<br />
Insgesamt geht es nicht darum möglichst<br />
viele Fragen zu stellen, sondern Ziel ist es<br />
in ein gemeinsames Gespräch zu kommen.<br />
Manchmal genügen schon 1 – 2 Fragen und<br />
es ergibt sich ein vertrauter Dialog.<br />
Grundsätzlich gilt: Nehmen Sie die Gesprächsimpulse<br />
auf, die Ihnen angeboten<br />
werden. So können z. B. über das Entdecken,<br />
dass die Brombeeren wieder reif sind,<br />
Gespräche über Spaziergänge in der Kindheit<br />
entstehen oder auch Rezepte ausgetauscht<br />
werden.<br />
HINWEIS: In einer Begegnung auf Augenhöhe<br />
geht es nicht um das einseitige Abfragen<br />
von Wissen, sondern um einen gemeinsamen<br />
Dialog und Erfahrungsaustausch.<br />
PRAXISTIPP: Eine schöne Variation der<br />
sommerlichen Aktivierung ist es, wenn<br />
Sie echte Obst- oder Gemüsesorten mitbringen.<br />
Dann können z. B. die Himbeeren<br />
auch gleich gewaschen und verzehrt werden.<br />
In der Häuslichkeit können Sie auch<br />
Angehörige nach frischem Obst fragen. l<br />
ÜBERSICHT: Eine Auswahl heimischer Obst- und Gemüsesorten des Hochsommers<br />
Obstsorten<br />
Gemüsesorten<br />
• Brombeeren<br />
• Heidelbeeren<br />
• Himbeeren<br />
• Johannisbeeren<br />
• Aprikosen<br />
• Äpfel<br />
• Birnen<br />
• süße und saure Kirschen<br />
• Mirabellen<br />
• Pfirsiche<br />
• Pflaumen<br />
• Stachelbeeren<br />
• Erdbeeren<br />
• Tomaten<br />
• Blumenkohl<br />
• Brokkoli<br />
• Erbsen<br />
• dicke Bohnen<br />
• Stangenbohnen<br />
• Kohlrabi<br />
• Löwenzahn<br />
• Mangold<br />
• Spinat<br />
• Möhren<br />
• Radieschen<br />
• Kartoffel<br />
• Rettich<br />
4<br />
JULI • 2016
BETREUUNG & AKTIVIERUNG BEI VERÄNDERTEM VERHALTEN<br />
Diese Angebote bringen den Sommer ins Haus<br />
Mit diesen 3 Ideen bringen Sie auf vielfältige Art den Sommer zu Ihren <strong>Pflege</strong>kunden. Damit Ihre zu betreuenden Menschen<br />
Spaß und Erfolgserlebnisse erfahren können, ist es wichtig, dass der Schwierigkeitsgrad der Angebote an die<br />
Leistungsfähigkeit Ihrer <strong>Pflege</strong>kunden angepasst wird.<br />
1. Sommerliches Obst bringt<br />
das Gedächtnis in Schwung<br />
Sicherlich kennen Sie schon sogenannte<br />
„ABC-Übungen“. Hierbei werden z. B. Vornamen<br />
gesucht, die mit den verschiedenen<br />
Buchstaben des Alphabets beginnen.<br />
Für eine sommerliche Aktivierung können<br />
Sie diese Übung umwandeln und sommerliche<br />
Obstsorten erraten lassen.<br />
Fragen Sie Ihre Pflegkunden, wer eine Obstsorte<br />
mit dem jeweiligen Buchstaben kennt.<br />
Sie müssen nicht alle Buchstaben abfragen.<br />
Den Schwierigkeitsgrad können Sie anpassen,<br />
indem Sie Wörter oder Bilder vorgeben,<br />
die dann alphabetisch sortiert werden.<br />
Und natürlich dürfen auch mal (exotische)<br />
Früchte in das Alphabet rutschen, die nicht<br />
nur im Sommer wachsen.<br />
Lösungsvorschläge für eine<br />
sommerliche Obst-ABC-Übung<br />
A: Apfel, Aprikose / B: Birne, Brombeere<br />
/ C: Clementine / D: Dattel / E: Erdbeere<br />
/ F: Feige/ G: Grapefruit / H: Himbeere /<br />
J: Johannisbeere / K: Kirsche / L: Limette<br />
/ M: Melone, Mandarine / N: Nektarine /<br />
O: Orange/ P: Pfirsich, Pflaume / Q: Quitte /<br />
S: Stachelbeere/ T: Trauben / W: Weintraube,<br />
Wassermelone / Z: Zitrone<br />
2. Gedichte schaffen<br />
Sommerstimmung<br />
Lesen Sie Ihren <strong>Pflege</strong>kunden in entspannter<br />
Atmosphäre doch auch einmal ein Sommer-<br />
Gedicht vor.<br />
Ein schönes Gedicht hören mit einer angenehm<br />
kühlen Obstschorle in der Hand - was<br />
für ein schöner Sommer. Beispiele können<br />
Sie der Übersicht unten entnehmen.<br />
3. Sommerliche Bewegungsübungen<br />
halten fit<br />
Die Übungen können Sie in der Einzelbegleitung,<br />
in der Häuslichkeit und auch in<br />
der Gruppenarbeit anbieten. Machen Sie<br />
die Übungen vor und mit.<br />
Falls ein <strong>Pflege</strong>kunde die Bilder als zu albern<br />
empfindet, können Sie auch Erklärungen<br />
geben, wie z. B.: „Durch das Heben<br />
und Senken der Arme werden die Schultern<br />
gelockert.“ oder „Die Pflückbewegungen<br />
lockern die Hände und insgesamt wird der<br />
Kreislauf angeregt“.<br />
Die Übungen finden im Sitzen statt.<br />
Die sommerliche Apfelernte<br />
1. Es ist Sommer und die Äpfel sind reif.<br />
Stellen Sie sich vor, dass wir die Äpfel<br />
nun pflücken. Bewegungsaufgabe: sich<br />
strecken und abwechselnd den linken<br />
und rechten Arm heben und mit der<br />
Hand Pflückbewegungen machen<br />
2. Nach getaner Arbeit haben die Schultern<br />
ein wenig Erholung verdient. Bewegungsaufgabe:<br />
lockeres Ausschütteln<br />
der Arme die seitlich vom Körper hängen,<br />
dann die Schultern locker heben<br />
und senken<br />
3. Wir haben noch ein paar Äpfel übersehen<br />
und pflücken zuerst die Äpfel, die<br />
rechts von uns hängen. Bewegungsaufgabe:<br />
rechten Arm noch oben bringen<br />
und mit der Hand Pflückbewegungen<br />
machen.<br />
4. Nun kommt die linke Seite dran. Bewegungsaufgabe:<br />
linken Arm nach oben<br />
bringen und mit der Hand Pflückbewegungen<br />
machen<br />
5. Und die Äpfel auf dem Boden nehmen<br />
wir auch noch mit. Bewegungsaufgabe:<br />
nach unten beugen und abwechselnd<br />
links und rechts mit den Händen Aufhebbewegungen<br />
machen<br />
6. Das haben wir gut gemacht. Wir können<br />
uns auf die Schulter klopfen. Lockeres<br />
Klopfen mit der Hand auf die eigene<br />
Schulter (beide Seiten)<br />
l<br />
DIE AUTORIN: Anne Brandt, ist<br />
Dipl.-Sozialpädagogin und tätig<br />
im Kompetenzzentrum <strong>Demenz</strong> in<br />
Schleswig-Holstein.<br />
BEISPIEL: Gedichte, die für Sommerstimmung sorgen<br />
Schöne reife Beeren<br />
Am Bäumchen hangen:<br />
Nachbar, da hilft kein<br />
Zaun um den Garten;<br />
Lustige Vögel<br />
Wissen den Weg.<br />
(aus: Eduard Mörike: Ballade, Rat einer Alten)<br />
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,<br />
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,<br />
Und kam die goldene Herbsteszeit<br />
Und die Birnen leuchteten weit und breit…<br />
( Theodor Fontane)<br />
Das gesamte Gedicht finden Sie im Onlinebereich. Viele Ihrer <strong>Pflege</strong>kunden werden dieses Gedicht auswendig können, lassen Sie sich überraschen.<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>Demenz</strong>: <strong>Pflege</strong> & <strong>Betreuung</strong> ambulant<br />
Die kompetente Unterstützung<br />
für <strong>Pflege</strong>fachkräfte<br />
PRO <strong>Pflege</strong>Management Verlag<br />
Theodor-Heuss-Str. 2–4, 53177 Bonn<br />
Internet: www.ppm-online.org<br />
Tel.: 02 28 / 95 50 130,<br />
Fax: 02 28 / 36 96 480<br />
E-Mail: kundendienst@ppm-verlag.org<br />
ISSN: 1863–6128<br />
Herausgeberin: Kathrin Righi, Bonn<br />
Chefredaktion: Annett Urban, Norderstedt,<br />
Swen Staack, Norderstedt<br />
Produktmanager: Katharina Kräbber,<br />
Bonn<br />
Beratende Fachkräfte: Rechtsanwalt<br />
Christian Schuler,<br />
Anne Brandt, Examinierte Krankenschwester,<br />
Dipl.-Sozialpädagogin;<br />
Satz: Hold. Verlags- & Werbeservice,<br />
Weilerswist<br />
Druck: Paul Schürrle GmbH & Co. KG,<br />
Stuttgart<br />
© 2016 by PRO <strong>Pflege</strong>Management Verlag, ein<br />
Unternehmensbereich der VNR Verlag für<br />
die Deutsche Wirtschaft AG, Bonn, HRB 8165<br />
Vorstand: Helmut Graf, Guido Ems, Frederik<br />
Palm<br />
„<strong>Demenz</strong>: <strong>Pflege</strong> & <strong>Betreuung</strong> ambulant“ ist<br />
unabhängig. Alle Informationen wurden mit<br />
Sorgfalt ermittelt und überprüft. Es kann<br />
jedoch keine Gewähr übernommen werden,<br />
eine Haftung ist ausgeschlossen.<br />
Vervielfältigungen jeder Art sind nur mit<br />
ausdrücklicher Genehmigung des Verlages<br />
gestattet. Alle Rechte vorbehalten.<br />
Umwelthinweis: Das Papier dieser Ausgabe<br />
ist 100 % chlorfrei gebleicht.<br />
www.ppm-online.org 5
DEMENZ<br />
<strong>Pflege</strong> & <strong>Betreuung</strong><br />
STATIONÄR<br />
BETREUUNG & AKTIVIERUNG BEI VERÄNDERTEM VERHALTEN<br />
Olympia 2016 in Rio de Janeiro: Nutzen Sie große<br />
Sportereignisse für mehr Lebensfreude<br />
Kollektive Ereignisse wie eine Olympiade können für Menschen mit <strong>Demenz</strong> ein guter Anlass sein, um sich wieder an längst<br />
verlorengeglaubte Dinge zu erinnern. Gerade zeitgeschichtliche Ereignisse wie z. B. die Fußballweltmeisterschaft 1954,<br />
Jubiläen in Königshäusern oder die 1. Mondlandung können bei <strong>Demenz</strong>erkrankten – aber natürlich auch bei uns allen –<br />
vielfältige Erinnerungen und Emotionen wachrufen.<br />
Zeitgeschichtliche Ereignisse sind<br />
von Bedeutung<br />
Besonders für die jetzt hochaltrigen Menschen,<br />
die um 1930 und früher geboren<br />
wurden, haben solche zeitgeschichtlichen<br />
Ereignisse eine große Bedeutung. Die Wochenschauen,<br />
die seit dem 1. Weltkrieg im<br />
Kino liefen, waren damals die Hauptinformationsquelle<br />
für die Bürger. Dadurch<br />
waren auch Personen des Zeitgeschehens<br />
und entsprechende Ereignisse den meisten<br />
bekannt. So werden sich wahrscheinlich<br />
viele ältere Männer – aber auch Frauen – an<br />
das „Wunder von Bern“ erinnern, bei dem<br />
Deutschland 1954 die Fußballweltmeisterschaft<br />
gewann.<br />
Fußballereignisse sind aber im kollektiven<br />
Gedächtnis nicht die einzigen Sportveranstaltungen,<br />
die Menschen gefesselt haben.<br />
So erinnert man sich z. B. auch gern an<br />
Armin Hary, der 1958 die 100 Meter in<br />
handgestoppten 10,0 Sekunden gelaufen ist<br />
und 1960 Olympiasieger auf dieser Strecke<br />
wurde.<br />
Hary ist damit der bislang letzte Deutsche<br />
und auch Europäer, der den 100-Meter-<br />
Weltrekord hielt. Oder an Ulrike Meyfarth,<br />
die im Alter von 16 Jahren 1972 Olympiasiegerin<br />
wurde und diesen Triumph 1984<br />
sogar noch einmal wiederholen konnte.<br />
Olympiade in Brasilien<br />
Am 05.08.2016 starten in diesem Sommer<br />
die XXXI. Olympischen Spiele in Rio de<br />
Janeiro in Brasilien und damit zum 1. Mal<br />
in Südamerika. Bis zum 21.08.2016 streiten<br />
sich Sportlerinnen und Sportler aus aller<br />
Welt um Medaillen, Ruhm und Ehre. Nutzen<br />
Sie doch einmal dieses Event für ein<br />
gemeinsames Erleben für Ihre demenzerkrankten<br />
Bewohnerinnen und Bewohner.<br />
Es lässt sich mit vielen Ideen umsetzen.<br />
Nutzen Sie die Biografie<br />
Sportereignisse sind meistens positiv besetzt<br />
und bieten viele Gelegenheiten zur<br />
Biografiearbeit und zur Förderung der<br />
Aktivität. Zudem macht die gemeinsame<br />
Erinnerung Spaß und Freude!<br />
So können Sie mit Ihren demenzerkrankten<br />
Bewohnern über vergangene Sportstars<br />
sprechen, welche Sportarten sie früher bevorzugt<br />
haben oder welche persönlichen<br />
Idole sie hatten. Auch Themen wie die Austragungsorte<br />
vergangener Olympiaden,<br />
bekannte Fackelläufer oder mit Olympia<br />
verbundene persönliche Erlebnisse könnten<br />
Thema sein. Die Möglichkeiten sind<br />
vielfältig. Auch Deutschland war bereits<br />
2-mal Austragungsort Olympischer Spiele<br />
(1936 in Berlin und 1972 in München). Dabei<br />
waren beide Veranstaltungen erheblich<br />
belastet, 1936 durch die Propaganda des<br />
NS-Regimes und 1972 durch palästinensische<br />
Terroranschläge.<br />
Sollten Sie diese Themen ansprechen, ist<br />
daher Vorsicht geboten. Die Erinnerung<br />
hieran könnten bei manchen Ihrer <strong>Demenz</strong>erkrankten<br />
negativ besetzt sein.<br />
Olympisches Fernsehzimmer<br />
Ein olympisches „Fernsehstudio“ in Ihrer<br />
Einrichtung oder in Ihrem Wohnbereich<br />
kann ein wunderbares Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
wecken. Zudem macht das<br />
gemeinsame „Mitfiebern“ Spaß und schafft<br />
Gemeinsamkeit. Schauen Sie im Vorfeld<br />
vielleicht schon alte Olympia-Bildbände<br />
oder Berichte und kleine Filme an. Auf<br />
Youtube finden Sie mittlerweile einige interessante<br />
und vor allem kostenlose Möglichkeiten.<br />
Wenn Sie dann noch Knabberkram<br />
und ein leckeres Getränk anbieten, kann<br />
der Spaß losgehen.<br />
HINWEIS: Passen Sie doch in dieser Zeit<br />
vielleicht einmal die Dienstpläne den wichtigsten<br />
olympischen Entscheidungen an.<br />
Vielleicht finden Sie einige Kolleginnen und<br />
Kollegen, die auch Spaß am Sport gucken<br />
haben und dies Ihren Bewohnern ermöglichen.<br />
Und denken Sie dran: Auch Angehörige<br />
oder Ehrenamtliche können Sie gut mit<br />
einbinden, um ein gemeinsames Schauen<br />
der olympischen Spiele zu ermöglichen.<br />
TIPP: Eine Spielkonsole kann Begeisterung<br />
wecken. Die Anschaffung einer Wii-<br />
Konsole kann eine lohnenswerte Investition<br />
für Alten- und <strong>Pflege</strong>heime sein.<br />
Verschiedene Studien belegen, dass sie<br />
regelmäßig eingesetzt soziale Kompetenzen<br />
fördert, Erinnerungen weckt und das<br />
Gemeinschaftsgefühl stärkt. Obwohl das<br />
aktive Spielen eher etwas für Menschen<br />
mit leichten bis maximal mittelschweren<br />
kognitiven Defiziten ist, profitieren anscheinend<br />
auch die schwerer demenzkranken<br />
Menschen von der Teilnahme an<br />
dem Angebot. Spiele wie „Wii Sports“ oder<br />
„Wii Olympia 2016“ passen auch inhaltlich<br />
zu ihrem Themenangebot und ergänzen<br />
dieses durch Aktivität. Probieren Sie es<br />
doch einfach einmal aus. Passen Sie aber<br />
auf: So einfach, wie es zunächst klingt, ist<br />
der Einsatz der Wii-Konsole in der praktischen<br />
Arbeit mit Menschen mit <strong>Demenz</strong><br />
nicht. Probleme machen mitunter die Bedienung<br />
der Konsole und die richtige Koordination<br />
der Bewegungsabläufe. Achten<br />
Sie folglich gut darauf viel Hilfestellung<br />
zu geben.<br />
Brasilianische Lebensart<br />
Der Austragungsort der Olympischen Spiele<br />
2016 ist in Brasilien. Viele Menschen verbinden<br />
damit Exotik, Copacabana, Karneval,<br />
Lebensfreude, Strand oder Caipirinha.<br />
Nutzen Sie diese positiven Assoziationen<br />
doch einmal für einen echt brasilianischen<br />
Nachmittag. Vielleicht zum Eröffnungstag<br />
der Olympiade, wenn auch in Rio ein rauschendes<br />
Fest gefeiert wird. Hier ein paar<br />
Ideen:<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Drucken Sie ein paar Fotos mit Strandund<br />
Palmenmotiven aus.<br />
Stellen Sie ein paar Liegestühle und<br />
Sonnenschirme auf. Bieten Sie Sand aus<br />
dem Baumarkt zum Barfußlaufen an.<br />
Bieten Sie brasilianisches Fingerfood<br />
an. Rezepte finden Sie im Internet. (z. B.<br />
auf www.chefkoch.de, Stichworte „brasilianische<br />
Rezepte“, „brasilianisches<br />
Fingerfood“)<br />
Legen Sie brasilianische Musik wie Bossa<br />
nova oder Samba auf.<br />
Mixen Sie schön verzierte Cocktails<br />
die zum Trinken animieren und schön<br />
6<br />
JULI • 2016
anzuschauen sind. Es gibt auch eine alkoholfreie<br />
Version des Caipirinha, den<br />
Ipanema. Hier das Rezept.<br />
Für ein Glas Ipanema brauchen Sie:<br />
●●<br />
eine 1/2 Limette<br />
●●<br />
2 TL brauner Rohrzucker<br />
●●<br />
4 cl Maracujasaft<br />
●●<br />
frische Minze<br />
●●<br />
Ginger ale<br />
●●<br />
Eiswürfel<br />
So mixen Sie Ipanema:<br />
1. Schneiden Sie eine 1/2 Limette in Stücke.<br />
2. Geben Sie die Limette zusammen mit<br />
dem Rohrzucker in einen Mixer und zerdrücken<br />
Sie die Frucht.<br />
3. Messen Sie den Maracujasaft ab, geben<br />
Sie ihn dazu und füllen Sie mit Eiswürfeln<br />
auf.<br />
4. Verschließen Sie den Mixer gut und<br />
schütteln Sie kräftig.<br />
5. Die Flüssigkeit können Sie anschließend<br />
in ein Cocktailglas gießen und mit dem<br />
Ginger ale auffüllen.<br />
6. Verrühren Sie den Inhalt gut.<br />
7. Dekorieren Sie das Glas zum Schluss mit<br />
einer Limettenscheibe und Minze.<br />
Bereichernde Struktur durch die<br />
Olympiade<br />
Feste oder herausragende Ereignisse bringen<br />
Spannung, Abwechslung und Lebensqualität<br />
in den Alltag der meisten Ihrer<br />
demenzerkrankten Bewohner. Die Vielfalt<br />
der insgesamt 28 Sportarten mit 306 Wettbewerben,<br />
die unterschiedlichen Qualitäten<br />
und Herkunft der verschiedenen Sportler,<br />
aber auch das Wetter, Fehlentscheidungen<br />
von Schieds- oder Kampfrichtern oder<br />
natürlich auch überraschende Erfolge<br />
deutscher Sportler stellen eine kognitive<br />
Herausforderung dar, denn es gibt viel zu<br />
schauen, zu lesen und zu diskutieren.<br />
Aber auch für die Tagesstruktur kann die<br />
Olympiade für diesen Monat im Sommer<br />
genutzt werden.<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
●●<br />
Welche Sportarten stehen heute auf<br />
dem Programm?<br />
Wann sind welche Wettkämpfe?<br />
Wer ist ausgeschieden?<br />
Was war am vergangenen Wettkampftag<br />
los?<br />
Wer hat gewonnen oder verloren?<br />
Wann sind Siegerehrungen?<br />
<strong>Demenz</strong>erkrankte profitieren<br />
Menschen mit <strong>Demenz</strong> – besonders im weiter<br />
fortgeschrittenen Stadium der Krankheit<br />
– können wahrscheinlich nicht mehr<br />
allen Ereignissen folgen und wissen vielleicht<br />
auch das eine oder andere Mal nicht<br />
mehr wirklich worum es konkret geht. Aber<br />
auch wenn sie kognitiv Schwierigkeiten haben,<br />
so genießen sie in der Regel doch das<br />
gemeinsame Miteinander und die Zugehörigkeit<br />
zu einer Gruppe. Sie merken, dass<br />
etwas „vor sich geht“, anders ist als sonst,<br />
und reagieren auf Freude, Genuss, Erregung,<br />
Spannung und Begeisterung emotional<br />
positiv.<br />
HINWEIS: Natürlich ist nicht jeder Ihrer<br />
Bewohner sportaffin oder hat Freude an<br />
einem Ereignis wie einer Olympiade. Das<br />
geht aber auch allen anderen Menschen so.<br />
Nie werden Sie Angebote finden, die bei allen<br />
Ihren Bewohnern den gleichen Anklang<br />
und Interesse finden. Nehmen Sie das nicht<br />
als persönliche Niederlage oder negative<br />
Kritik, sondern einfach als ganz normale<br />
Tatsache!<br />
Zeitverschiebung zwischen Rio und<br />
Berlin<br />
Beachten Sie: Die Wettkämpfe von Olympia<br />
2016 beginnen je nach Sportart morgens<br />
um 8:00 Uhr Ortszeit und enden – beispielsweise<br />
in der Leichtathletik und im<br />
Schwimmen – erst nach 23:00 Uhr. Die<br />
Zeitverschiebung zwischen Rio de Janeiro<br />
und der Mitteleuropäischen Zeit beträgt 5<br />
Stunden. Die Liveberichterstattung wird in<br />
Deutschland gegen 14:00 Uhr beginnen.<br />
Die Geschehnisse aus der Nacht werden<br />
vormittags ab 9:00 Uhr zusammengefasst.<br />
Spannende Final-Wettkämpfe werden daher<br />
in Deutschland überwiegend abends<br />
und nachts im TV zu sehen sein. Ist es für<br />
eine Liveübertragung im TV zu spät, sollten<br />
Sie es sich einfach machen und spannende<br />
Entscheidungen aufzeichnen. So haben<br />
Sie auch Einfluss darauf, wann Sie die Aufzeichnung<br />
präsentieren und können dies<br />
gegebenenfalls an die Tagesform Ihrer Bewohner<br />
anpassen.<br />
Menschen mit fortgeschrittener<br />
<strong>Demenz</strong><br />
Die Olympiade 2016 in Rio zum Thema zu<br />
machen kann für ihre Bewohner spannend,<br />
abwechslungsreich und interessant sein. Sie<br />
sollten aber bei der Planung auch bedenken,<br />
dass Menschen mit fortgeschrittener<br />
<strong>Demenz</strong> mit einem Programm, welches zu<br />
einem großen Teil Fernsehübertragungen<br />
der Sportereignisse beinhaltet, durchaus<br />
auch überfordert sein können.<br />
Schauen Sie folglich genau hin ob ihre zu<br />
betreuenden <strong>Demenz</strong>erkrankten mit Spaß<br />
und Freude bei der Sache sind oder ob sie<br />
Anzeichen von Überforderung zeigen. Das<br />
kann z.B. eine starke motorische Unruhe,<br />
ständiges Dazwischenrufen oder aber auch<br />
lethargisches Verhalten sein. In diesem Fall<br />
sollten Sie reagieren und den Betroffenen<br />
Ruhe oder andere Aktivitäten ermöglichen.<br />
Ein Alternativprogramm ist hilfreich<br />
Es ist sinnvoll für Menschen mit einer fortgeschrittenen<br />
<strong>Demenz</strong> oder auch andere<br />
nicht interessierte Bewohner ein Alternativprogramm<br />
zur Hand haben, wenn diese<br />
Ihrem „anspruchsvolleren“ Olympiaprogramm<br />
nicht mehr ganz folgen können.<br />
Dabei könnten Sie sogar beim Thema Sport,<br />
Spaß und Olympia bleiben. So könnte das<br />
Anschauen alter Bildbände von vergangenen<br />
Olympiaden oder anderen großen<br />
Sportveranstaltungen Spaß machen und<br />
positive Erinnerungen wecken. Oder Sie<br />
bieten vielleicht eine einfache sportliche<br />
Aktivität an. Probieren Sie doch einmal einen<br />
Sitztanz aus, oder leichte gymnastische<br />
Übungen, die auch viel Spaß machen.<br />
TIPP: Kollektive Erlebnisse machen Menschen<br />
mit <strong>Demenz</strong> Spaß. Natürlich eignet<br />
sich nicht nur ein Ereignis wie die Olympischen<br />
Spiele zu einem gemeinsamen<br />
Miteinander. Gerade das Gefühl in einer<br />
Gruppe integriert zu sein, das Gefühl zu<br />
haben verstanden zu werden und dazu zu<br />
gehören, ist eines unserer menschlichen<br />
Grundbedürfnisse. Natürlich eignen sich<br />
deshalb auch andere Ereignisse prima, um<br />
dieses zu unterstützen. So finden sich z.B.<br />
mit dem Eurovision Song Contest, einer<br />
königlichen Hochzeit oder einem Fußballländerspiel<br />
viele Gelegenheiten.<br />
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DEMENZ<br />
<strong>Pflege</strong> & <strong>Betreuung</strong><br />
STATIONÄR<br />
RECHTSSICHER PFLEGEN & BETREUEN<br />
„Darf der MDK noch Wiederholungsprüfungen<br />
durchführen?“<br />
FRAGE: Wir haben einen Bewohner, der<br />
in der <strong>Pflege</strong>stufe II eingestuft ist und<br />
bei dem vor einer Woche eine <strong>Demenz</strong>erkrankung<br />
festgestellt wurde. Bisher<br />
haben wir bei dieser Diagnose stets einen<br />
Antrag bei der <strong>Pflege</strong>kasse gestellt,<br />
damit unsere Bewohner die Leistungen<br />
einer eingeschränkten Alltagskompetenz<br />
in Anspruch nehmen können. Doch wir<br />
haben auf einer Fortbildung gehört, dass<br />
der MDK ab sofort keine Wiederholungsprüfungen<br />
mehr durchführen wird. Was<br />
machen wir denn nun?<br />
ANTWORT DER REDAKTION: Es ist<br />
richtig, dass der MDK keine Wiederholungsprüfungen<br />
vom 01.07. bis 31.12.2016<br />
gemäß § 18 Absatz 2a SGB XI und vom<br />
01.01.2017 bis 01.01.2019 gemäß § 142<br />
Absatz 1 SGB XI durchführen wird.<br />
Aber die hier gemeinte Wiederholungsprüfung<br />
betrifft nur die Prüfung, die die<br />
<strong>Pflege</strong>kasse veranlasst hat, also um zu<br />
kontrollieren, ob der <strong>Pflege</strong>kunde in der<br />
richtigen <strong>Pflege</strong>stufe eingestuft ist und<br />
ob er überhaupt noch Anspruch auf die<br />
Leistungen der <strong>Pflege</strong>kasse hat.<br />
Hier steht es:<br />
§ 18 Absatz 2a SGB XI<br />
(2a) Bei pflegebedürftigen Versicherten<br />
werden vom 1. Juli 2016 bis zum 31.<br />
Dezember 2016 keine Wiederholungsbegutachtungen<br />
nach Absatz 2 Satz 5<br />
durchgeführt, auch dann nicht, wenn die<br />
Wiederholungsbegutachtung vor diesem<br />
Zeitpunkt vom Medizinischen Dienst der<br />
Krankenversicherung oder anderen unabhängigen<br />
Gutachtern empfohlen wurde.<br />
Abweichend von Satz 1 können Wiederholungsbegutachtungen<br />
durchgeführt<br />
werden, wenn eine Verringerung des<br />
Hilfebedarfs, insbesondere aufgrund von<br />
durchgeführten Operationen oder Rehabilitationsmaßnahmen,<br />
zu erwarten ist.<br />
§ 142 Absatz 1 SGB XI (ist noch nicht in<br />
Kraft, erst ab dem 01.01.2017)<br />
Bei Versicherten, die nach § 140 von einer<br />
<strong>Pflege</strong>stufe in einen <strong>Pflege</strong>grad übergeleitet<br />
wurden, werden bis zum 01. Januar 2019<br />
keine Wiederholungsbegutachtungen nach<br />
§ 18 Absatz 2 Satz 5 durchgeführt; auch<br />
dann nicht, wenn die Wiederholungsbegutachtung<br />
vor diesem Zeitpunkt vom<br />
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung<br />
oder anderen unabhängigen<br />
Gutachtern empfohlen wurde. Abweichend<br />
von Satz 1 können Wiederholungsbegutachtungen<br />
durchgeführt werden,<br />
wenn eine Verbesserung der gesundheitlich<br />
bedingten Beeinträchtigungen der<br />
Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, insbesondere<br />
aufgrund von durchgeführten<br />
Operationen oder Rehabilitationsmaßnahmen,<br />
zu erwarten ist. Ihre Bewohner bzw.<br />
die Betreuer können nach wie vor einen<br />
Höherstufungsantrag bei der <strong>Pflege</strong>kasse<br />
beantragen, wenn sich der <strong>Pflege</strong>- und<br />
<strong>Betreuung</strong>sbedarf geändert hat.<br />
Dies sollten Sie auch unbedingt tun, denn<br />
wie Sie wissen, werden die Bewohner, bei<br />
denen eine eingeschränkte Alltagskompetenz<br />
vorliegt, ab 2017 automatisch 2<br />
<strong>Pflege</strong>stufen höher eingestuft. Und diese<br />
höheren Leistungen sollten Sie bzw. Ihre<br />
<strong>Pflege</strong>einrichtung unbedingt nutzen.<br />
TIPP: Auch Sie als <strong>Pflege</strong>- und <strong>Betreuung</strong>skraft<br />
einer <strong>stationär</strong>en Einrichtung sollten<br />
sich mit dem neuen Einstufungssystem in<br />
die <strong>Pflege</strong>grade auskennen. Daher fragen<br />
Sie doch einmal Ihre Einrichtungsleitung,<br />
ob diese eine kurze Inhouseschulung zu<br />
diesem Thema organisieren kann. Zudem<br />
finden Sie viele Informationen und auch<br />
die aktuell veröffentlichte Begutachtungsrichtlinie<br />
beim Bundesgesundheitsministerium<br />
unter www.bmg.de.<br />
ÜBERSICHT: Umstellung zum 01.01.2017<br />
<strong>Pflege</strong>stufe <strong>Pflege</strong>grad ab 01.01.2017<br />
ohne eingeschränkte<br />
Alltagskompetenz<br />
<strong>Pflege</strong>grad ab 01.01.2017<br />
mit eingeschränkter<br />
Alltagskompetenz<br />
ohne <strong>Pflege</strong>stufe - 2<br />
1 2 3<br />
2 3 4<br />
3 4 5<br />
<strong>Pflege</strong>stufe Härtefall 5 5<br />
WIEDERHOLUNGSPRÜFUNG<br />
Eine Wiederholungsprüfung kann vorgenommen<br />
werden, wenn eine Regel- oder<br />
Anlassprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass<br />
die <strong>Pflege</strong>einrichtung weder den gesetzlich<br />
vorgegebenen Anforderungen an <strong>Pflege</strong>- und<br />
Servicequalität gerecht wird noch wissenschaftliche<br />
Standards in der <strong>Pflege</strong> beachtet.<br />
Die Behebung der Mängel wird in der<br />
Wiederholungsprüfung überprüft. Eine andere<br />
Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung ist<br />
der Antrag einer <strong>Pflege</strong>einrichtung selbst, um<br />
durchgeführte Verbesserungsmaßnahmen in<br />
den Transparenzbericht aufzunehmen und zu<br />
veröffentlichen.<br />
HABEN SIE FRAGEN AN UNS?<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
haben Sie eine Frage, die Ihnen unter den Nägeln brennt? Haben<br />
Sie einen Themenwunsch? Dann rufen Sie uns einfach an. Jeden<br />
Mittwoch stehen wir Ihnen während unserer Redaktionssprechstunde<br />
zwischen 12 und 14 Uhr zur Verfügung.<br />
Die Telefonnummer lautet: 0 40 / 52 38 51 32<br />
VORSCHAU<br />
PFLEGE & MEDIZIN: Lichttherapie und<br />
Melantonin bei <strong>Demenz</strong><br />
ORGANISATION & ANGEHÖRIGENARBEIT:<br />
Achten Sie beim Einsatz Ihrer Mitarbeiter<br />
auch auf die Biografie<br />
8<br />
JULI • 2016