EAT_Forte_Audiophile_2011-01 pdf - EuroAudioTeam.com
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30<br />
Analog Plattenspieler<br />
Die Macht des
Titanen<br />
Nicht täuschen lassen:<br />
Auf Fotos wirkt der<br />
<strong>EAT</strong> <strong>Forte</strong> elegantschlank.<br />
Tatsächlich<br />
ist er ein extrem<br />
schweres Laufwerk in<br />
Übergröße. Aus einer<br />
überraschend jungen<br />
Company – und mit<br />
dem Segen eines Altmeisters<br />
...
32<br />
Analog Plattenspieler<br />
Autor: Andreas Günther <strong>Forte</strong> von Haus aus mit sanftem, aber<br />
Wer viel zu tragen hat, gilt in der<br />
Regel als armer Kerl. Die griechische<br />
Mythologie kennt hier eine grausame<br />
Geschichte. Atlas hatte sich auf die<br />
Seite des Titanen Kronos geschlagen –<br />
und lag falsch. Kriegsgewinner und<br />
Götter vater Zeus bestrafte Atlas grausam,<br />
schickte ihn nicht wie die meisten<br />
Besiegten in den Tartaros – und bereits<br />
der liegt im Stadtplan der hellenischen<br />
Unterwelt noch hinter dem nicht eben<br />
kuscheligen Hades. Nein, Atlas wurde<br />
verurteilt, am westlichen Rand der Welt<br />
den Himmel zu stützen. Auf Ewigkeiten.<br />
Dass Atlas in unserem heutigen Bild<br />
eine Weltkugel auf dem Rücken trägt, ist<br />
eine deutlich später entwickelte Interpretation<br />
für humanistische Gymnasien. Was<br />
nichts daran ändert, dass wir seine Kraft<br />
bewundern. Wer viel zu tragen hat, gilt<br />
auch als Vertrauensperson.<br />
Der <strong>EAT</strong> <strong>Forte</strong> hat einen Plattenteller<br />
von rund 20 Kilogramm zu tragen. Eine<br />
Atlas-Arbeit. Wer diesem Plattenspieler<br />
das erste Mal begegnet, ist fasziniert von<br />
der puren Größe – die aber wunderbar<br />
elegant verpackt wurde und ebenso elegant<br />
funktioniert. Die Wucht des äußeren<br />
Auftritts verliert sich im feinsinnigen<br />
Umgang mit den Proportionen und der<br />
schlicht superben Verarbeitung. Auf dem<br />
Tisch des Hörraumes von AUDIOphile<br />
waren die gewaltigen Ausmaße Nebensache.<br />
Allenfalls beim Wechsel der<br />
Vinylscheiben beschlich die Tester wieder<br />
aufkeimende Ehrfurcht vor dem Atlas –<br />
eine LP wirkt auf dem Überformatteller<br />
(40 statt 30 Zentimeter) mitsamt seinem<br />
12-Zoll-Tonarm wie eine bescheidene<br />
25-Zentimeterlein-EP.<br />
Die erste technische Frage: Wenn der<br />
Plattenteller 20 Kilogramm wiegt, wie<br />
kann er rotieren, ohne die (Welt-)Achse<br />
bis auf ihren Grund abzuschleifen? <strong>EAT</strong><br />
löst das Problem magnetisch. Die Last<br />
des Tellers wird über zwei sich abstoßende<br />
Neodymmagnete gemindert – auf Wunsch<br />
sogar aufgehoben. Der Druck zwischen<br />
Teflonspiegel und Keramikkugel lässt sich<br />
feintunen; wer zwei Sicherungsschrauben<br />
löst, könnte den Teller schweben lassen.<br />
Was für die Kraft des Magnetismus spricht.<br />
Aber wenig Sinn macht. <strong>EAT</strong> sendet den<br />
präzise vorjustiertem Massedruck auf die<br />
Kugel aus – eine Erfahrung aus hausinternen<br />
Hörsitzungen, die das Team von<br />
AUDIOphile klar nachvollziehen konnte.<br />
Vor allem die Präzision des Basses spricht<br />
für eine Ankopplung des Tellers mit wenigen<br />
hundert Gramm.<br />
Das Wort „hausintern“ ist gefallen – wo<br />
wird der <strong>EAT</strong> eigentlich gebaut? Also:<br />
Das „Euro Audio Team“ fertigt in Tschechien.<br />
Überraschung eins. Ein Frau führt<br />
das Regiment. Überraschung zwei.<br />
Jozefína Lichtenegger hat das Unternehmen<br />
vor allem unter Röhrenfreunden<br />
bekannt gemacht – mit Edel-Röhren und<br />
den <strong>EAT</strong>-Röhrendämpfern, die nachweisliche<br />
Wundertäter sind, wenn sie wie ein<br />
Gürtel um den Glaskolben gelegt werden.<br />
Doch der Sprung von der Vakuumröhre<br />
zu diesem insgesamt 55 Kilo schweren<br />
<strong>Forte</strong>? Bei dieser Frage schwingen kleine<br />
Vorurteile mit: So ein Topklasse-Spieler<br />
kann doch nur ein Meisterwerk deutscher<br />
Feinmechanik sein, ein Sendbote schweizer<br />
Präzisionsfertigung, japanischer Detailversessenheit<br />
... alles Unsinn. Denn<br />
Jozefína Lichten egger verfügt über eine<br />
Fertigungskette der Hochtechnologie.<br />
Bestes Beispiel: Der Doppelantrieb mit<br />
seinen zwei Motoren in einem eigenen<br />
Block – jeder Beschleuniger erhält seine<br />
Befehle von einer getrennten Steuerung.<br />
Der Clou: Die Phase wird definiert verschoben,<br />
um 18 Grad. Damit der Antrieb<br />
ohne Haltephasen zwischen den Polen<br />
auskommt. Bildhafter Vergleich: Während<br />
der eine Ruderer seine Paddel aus dem<br />
Wasser in die Flugphase hebt, taucht der<br />
andere bereits ein – Dauerschub. >
Legendäres aus Japan:<br />
Altmeister Osamu<br />
Ikeda adelt <strong>EAT</strong> mit<br />
einem 12-Zoll-Tonarm<br />
– einem weltweit nur<br />
hier mitlaufenden,<br />
hochglanzpolierten<br />
IT 407. Auf einer verschiebbaren,<br />
mit Sorbothan<br />
entkoppelten<br />
Aluminiumbasis.<br />
Übermaß: Der Rand<br />
verrät die Proportionen<br />
– über die LP-<br />
Maße hinaus streckt<br />
<strong>EAT</strong> die Masse des<br />
Tellers auf 40 Zentimeter<br />
im Durchmesser.<br />
Weltachse: Wie die<br />
kleine Keramik kugel<br />
die Wucht des 20-Kilo-<br />
Tellers aushält?<br />
Neodym-Magnete<br />
reduzieren die Last<br />
„gefühlt“ auf wenige<br />
hundert Gramm.<br />
Aluminium im Schichtbetrieb: <strong>EAT</strong> baut den Aluteller im Sandwich auf – mit einer inneren Sorbothanschicht. Plus einem Gewichtring im Außenlauf.
34<br />
Analog Plattenspieler<br />
Eben an einen gewaltigen Teller. Dessen<br />
reine gespeicherte kinetische Kraft hat<br />
<strong>EAT</strong> bei 33 Umdrehungen mit 2460<br />
Joules berechnet – wenn er läuft, dann<br />
mächtig und stabil gegen äußeren Stress.<br />
Kein Druck der Luft, keine Rückkopplung,<br />
kein Trittschall. Doch nicht nur die reine<br />
Masse macht’s, auch der Materialmix<br />
spricht für Cleverness. Der Teller wird aus<br />
unterschiedlichen Aluminium-/Magnesium-Legierungen<br />
aufgebaut. Das leichtere<br />
Alugemisch liegt an der Achse, das<br />
schwerere am Außenlauf. Zudem ist der<br />
Teller als Sandwich konstruiert, mit einer<br />
Tipps: Top-Schallplattenhändler<br />
Keiner muss darben: In jeder Stadt<br />
über 100.000 Einwohner ist die<br />
Grundversorgung mit Schallplatten<br />
gewährleistet – mit einem Top-Händler<br />
pro Quadratkilometer. Minimum.<br />
Das bestätigen die persönlichen<br />
Jagdzüge unter den Mitgliedern der<br />
Redaktion. Wir haben nur die besten<br />
Erfahrungen (und etliche Kilo Luxus-<br />
Vinyl, pressfrisch wie authentisch-alt)<br />
in diesen Vinyl-Tempeln gesammelt.<br />
Ein Auswahl guter Händler, über die<br />
Deutschlandkarte verteilt, mit großem<br />
Know-how und Sortiment:<br />
10717 Berlin<br />
Klassikschallplatten-Café Horenstein<br />
(Foto); Fechnerstr. 3<br />
www.horenstein.de<br />
2<strong>01</strong>46 Hamburg<br />
Plattenrille<br />
Grindelhof 29<br />
www.plattenrille.de<br />
dämpfenden Sorbothan-Schicht im<br />
Inneren.<br />
Was wir ebenfalls nicht sehen: Das<br />
Bauprinzip eines Masselaufwerks ist beim<br />
<strong>EAT</strong> <strong>Forte</strong> augenfällig, doch auch die<br />
Füße des Laufwerks sind magnetischfedernd<br />
abgekoppelt – ein Subchassis-<br />
Element. Eben mit räumlich getrenntem<br />
Antrieb. Praxistipp hier: Laufwerk wie<br />
Motorenblock müssen absolut identisch<br />
austariert werden, Wasserwaage und<br />
Libelle sind lebens- und klang-erhaltend<br />
für dieses Konzept. Praxistipp zwei: Die<br />
Justage (wenn man sie nicht dem sicher-<br />
34117 Kassel<br />
Abbey Road<br />
Entenanger 8<br />
47051 Duisburg<br />
Die Schallplatte<br />
Sonnenwall 12<br />
65183 Wiesbaden<br />
Schallplatten-Antiquariat<br />
Mauergasse 15<br />
7<strong>01</strong>74 Stuttgart<br />
Second Hand Records<br />
Leuschnerstr. 3<br />
www.secondhandrecords.de<br />
80469 München<br />
Schallplattenzentrale<br />
Fraunhoferstr. 26<br />
www.schallplattenzentrale.de<br />
lich beflissenen Fachhändler überlässt)<br />
sollte man nie allein vornehmen. Vier<br />
Hände sind besser als zwei; stark sollten<br />
sie zudem sein, das Gewicht ist gewaltig.<br />
Das Chassis wurde von <strong>EAT</strong> mit Metallschrot<br />
und Sand gefüllt – bewusst zwei<br />
Materialen mit unter schiedlichem Resonanzverhalten,<br />
direkt vergleichbar mit<br />
der doppelten Alulegierungs-Philosophie<br />
des Tellers. On Top nebenbei fixierten<br />
die Entwickler eine Matte aus Vinyl, ein<br />
mitgeliefertes Gewicht beschwert zudem<br />
das Label. Schwer ist alle Philosophie.<br />
Schön und perfekt gemacht, ohne Frage.<br />
Euro Audio Team<br />
<strong>Forte</strong><br />
Listenpreis: 13.900 Euro<br />
Garantiezeit: 5 Jahre<br />
Maße BxHxT (cm): 71 x 24 x 44<br />
Gewicht: 55,2 kg<br />
Gehäuseausführungen:<br />
Holzzarge, MDF Grundplatte mit<br />
höhenverstellbaren Füßen;<br />
Ikeda-Tonarm auf Wunsch<br />
Anschlussmöglichkeiten:<br />
1 x Cinch<br />
<strong>EAT</strong><br />
Vertrieb<br />
Audio Reference<br />
Alsterkrugchaussee 435<br />
22335 Hamburg<br />
Telefon: 040 / 5332 0359<br />
Internet: www.audio-reference.de
Fast möchte man „archaisch“ sagen – von<br />
einem Laufwerk wie diesem träumen<br />
Entwickler, wenn sie von der Firmenleitung<br />
ohne Auflagen zum freien Denken angespornt<br />
werden. Was Jozefína Lichtenegger<br />
offen zugibt. Die Dame ist aber<br />
geschäftstüchtig genug, um zu wissen,<br />
dass ein gutes, mutiges Laufwerk allein<br />
noch keine Garantie zum Aufstieg in den<br />
Olymp der Käufergunst ist. Mut wird unter<br />
potentiellen Kunden zwar geachtet,<br />
aber nicht immer selbst aufgebracht.<br />
Deshalb höchst sinnig: Jozefína Lichtenegger<br />
fragte beim legendären Meister<br />
Osamu Ikeda an, ob er einen Tonarm<br />
eigens für den <strong>Forte</strong> erschaffen könne.<br />
Fast ein Gang zum Allerheiligsten: Ikeda<br />
hatte Fidelity Research gegründet, den<br />
bewunderten Tonarm FR 64 geschaffen<br />
– sich aber dann von diesen weltlichen<br />
Dingen abgewandt. Seine Fangemeinde<br />
nahm es mit einer Mischung aus Verständnis,<br />
Bewunderung und Traurigkeit<br />
hin – der entschwundene Halbgott. Wie<br />
es Jozefína Lichtenegger gelang, wird<br />
ein Rätsel bleiben – doch sie bewegte<br />
den über 80jährigen Ikeda zu einem<br />
Jozefína Lichtenegger<br />
Geschäftsführerin und<br />
Gründerin Euro Audio Team<br />
Stil bedeutet für uns vor<br />
allem, komplizierte Dinge<br />
einfach zu sagen. Der <strong>Forte</strong><br />
zeigt seinen Stil darin,<br />
dass er seine komplexe<br />
Technik mit klassischem<br />
Design vereint – und<br />
einem höchst anspruchsvollen<br />
Klang.<br />
Lebenszeichen. Einem 12ZollTonarm,<br />
kardanisch gelagert, einer Sonderauflage<br />
des IT 407 in poliertem Aluminium. Den<br />
nur <strong>EAT</strong> allein mit dem <strong>Forte</strong> in die Welt<br />
schicken darf. Ein Zeichen, ohne Frage.<br />
Ein Ritterschlag vom Altmeister für ein<br />
junges Unternehmen. Das Spannende:<br />
Ein DesignProfessor würde standfest<br />
Vereinte Schubgeber: Über ein entkoppeltes<br />
Motorendoppel bringen zwei höhenversetzte<br />
Riemen die Kraft an den Riesenteller. Ein externes<br />
Netzteil speist auf der Rückseite 16 Volt ein.<br />
behaupten, dass diese Kombi schon<br />
immer so gedacht war: die Feinheiten<br />
der Holzmaserung (in unser Variante<br />
Makassar), die Übergröße hier wie da,<br />
der spiegelnde Lack, der glänzende Arm,<br />
das winzige ausgelagerte Antiscating<br />
Gewicht, der bewusste Kontrast zwischen<br />
kantigem Unterbau und den Rundungen<br />
des Arms ... Kurz: ein Gedicht für Ästheten.<br />
Die Augen signalisieren sofort den<br />
HabenWollenEffekt.<br />
Die Ohren ebenfalls? Wenn dieser<br />
Gigant ruft, dass einzig der Olymp sein<br />
Wohnort sein kann – dann liegt auch die<br />
Erwartungshaltung in mythischer Höhe.<br />
Vor diese Erkenntnis haben die Götter<br />
noch die richtige Wahl des Abnehmers<br />
gestellt. Das Team von AUDIOphile hat<br />
sich hier nach kleineren Diskussionen auf<br />
das Werk eines weiteren Altmeisters justiert<br />
– und mit einem TheFrogSystem<br />
von van den Hul schnell erlauscht: Der<br />
<strong>Forte</strong> hält seinem eigenen Anspruch<br />
stand. Man spürte in den Hörsitzungen<br />
die Macht des puren Gewichts. Das ist<br />
beeindruckend. Wenn ein Dynamikschub<br />
eben nicht unter Druck entsteht, >
36<br />
Analog Plattenspieler<br />
AUDIOphile Profile<br />
Die Stärken<br />
1<br />
3<br />
Maximale Dynamik<br />
Voluminöser, straffer Bass<br />
Viele Details bei jedem Pegel<br />
Strikte Neutralität<br />
Mitreißende Emotionalität<br />
Hoher Wohlfühlfaktor<br />
Luftig-unangestrengte Nuancen<br />
Große Flexibilität<br />
Geringer Platzbedarf<br />
Messung 1 Messung 2<br />
Gleichlauf Rumpelspektrum<br />
Je präziser ein Laufwerk die eingestellte<br />
Geschwindigkeit einhält, desto weniger<br />
stört Unruhe oder im schlimmsten<br />
Fall „Jaulen“ den Musikgenuss.<br />
Je spitzer und schlanker die Messkurve<br />
ausfällt und je weniger „Schultern“<br />
links und rechts der Spitze auftreten,<br />
desto besser ist der Gleichlauf. Fazit<br />
beim <strong>EAT</strong>: alles hervorragend stabil<br />
und mit extrem wenigen Störanteilen.<br />
2<br />
4<br />
Rumpelstörungen beziffern störende<br />
Einwirkungen etwa von Motor oder<br />
Lagerrauhigkeiten auf den Klang. Der<br />
empfindliche Tonabnehmer nimmt<br />
diese tieffrequenten Störungen<br />
auf, der Klang wird matter und im<br />
schlimmsten Fall verdröhnt. Der <strong>EAT</strong><br />
lässt auch hier absolut nichts anbrennen,<br />
seine Rumpel-Störabstände<br />
liegen an der Grenze des Messbaren.<br />
Tipps: Top-Scheiben<br />
(1) Audio Vinyl Masters Vol I: Eine<br />
Doppel-LP in 180 Gramm, aus erstklassigen<br />
Quellen wie beispielsweise<br />
Masterbändern der Eterna. Weitere<br />
Stars: Sting, Helen Schneider, Andreas<br />
Vollenweider – und die Profis im Presswerk<br />
von Optimal. (2) Alice – Tom<br />
Waits interpretiert „Alice im Wunderland“,<br />
als Show im kleinen Theater,<br />
mit kargen, rauen Mitteln. Maximale<br />
Direktheit (Anti/Indigo). (3) Brahms:<br />
Klavierkonzert Nr. 1 – ein legendäres<br />
Treffen zwischen dem strengen Dirigenten<br />
Georg Szell und dem Pianisten<br />
Clifford Curzon, sensibler Meister<br />
der feinsten Dynamikstufen. (Decca<br />
/ Speakers Corner). (4) Strawinsky:<br />
„Ballettmusik“ klingt verniedlichend<br />
für diese brachialen Ausbrüche. Antal<br />
Dorati fordert das Extrem gerade im<br />
Tiefbass. Perfekter „Living Presence“-<br />
Klang. (3 LPs, Speakers Corner).
Bewusst<br />
außer Takt: Die<br />
beiden Motoren<br />
erhalten über<br />
getrennte Trimmpotentiometer<br />
eine versetzte<br />
Sinusschwingung – für<br />
Schub ohne Pol-Leerlauf.<br />
sondern aus höchster Souveränität. Oder<br />
weniger philosophisch: Der <strong>Forte</strong> stellt<br />
jedes Klangbild auf ein ultra-stabiles<br />
Bassfundament – Weltklasse.<br />
Über dieser Basis herrscht Ruhe und<br />
herrliche Ordnung. Herbert von Karajan<br />
hat sich in seiner besten Phase mit den<br />
Berliner Philharmonikern an die Bruckner-<br />
Symphonien gewagt – bislang glaubten<br />
wir, die Tontechniker haben für die ersten<br />
Vinyl-Pressungen der Deutschen Grammophon<br />
zuviel, nun ja, „Show-Effekte“<br />
in Dynamik und Räumlichkeit hinzu gemischt.<br />
Der <strong>Forte</strong> belehrte das Team im<br />
Hörraum – es kommt auf die Kopplung<br />
und Kontrolle dieses Klangrauschs an.<br />
Der <strong>Forte</strong> ist in diesem Vergleich wieder<br />
jener Atlas: muskulös, hoch-ästhetisch<br />
aber immer auch fettfrei. Was ihn für<br />
großformatige Musik so uneingeschränkt<br />
kraftvoll macht. Klangfeste, die selbst auf<br />
Laufwerken der gehobenen Preisklasse<br />
stets eine Spur zu behäbig klingen – hier<br />
werden sie ordentlich gefeiert.<br />
Wie der <strong>Forte</strong> in Soltis legendärem<br />
Decca-„Ring“ die Staffelung von Großorchester<br />
und Sängerbühne löst – fabelhaft<br />
genau in der Abbildung und den<br />
dynamischen Verläufen. Bei „kleinerer“<br />
Musik wird diese Kraft eher zum sportiven<br />
Element – der <strong>Forte</strong> definiert den Raum<br />
der Aufnahme, das Intime, über seine<br />
Basskraft. Klingt beim ersten Lesen nach<br />
einem Formulierungsfehler: Wie soll bei<br />
einem kleinen Geschehen, einem Streichquartett,<br />
einer Jazz<strong>com</strong>bo, der Tiefbass<br />
die entscheidende Größe sein? Ist er –<br />
der <strong>Forte</strong> zelebriert es regelrecht: Wenn<br />
allein der kurze Moment des Einatmens<br />
schon den Sänger mit seinem Körper<br />
abbildet. Wenn der leise Anschlag im<br />
tiefen Register den kompletten Flügel<br />
darstellt – das ist hohe Kunst.<br />
Der Anfang von Brahms zweitem Klavierkonzert<br />
(DGG) ist so ein magischer<br />
Moment, zwei Hörner eröffnen die Elegie<br />
in B-Dur, Emil Gilels reißt dazu den Raum<br />
auf – mit einem feinen Mezzopiano-Lauf<br />
der linken Hand. Das ist ganz große Kunst<br />
– die kein Medium bislang so wahr, kraftvoll<br />
und souverän wieder geben konnte<br />
wie Vinyl auf eben diesem Großformat-<br />
Künstler. Zum Abschluss die Stimmwiedergabe:<br />
Tom Waits hat sein „Alice“-<br />
Album selbstverständlich auch auf Vinyl<br />
pressen lassen (Anti/Indigo). Das ist<br />
große Show im kleinen Theaterraum. Der<br />
<strong>Forte</strong> liebt dieses Timbre, das Rauhe, die<br />
sehr komplexe Abmischung mit den hingewischten<br />
Schlagzeugimpulsen – und<br />
immer wieder den großen Schub. Titanenarbeit.<br />
Kein Zeus würde einen Künstler<br />
wie den <strong>Forte</strong> zum reinen Kraftdienst<br />
verpflichten.<br />
Der Autor<br />
Andreas<br />
Günther<br />
Was ist der Maßstab? Für unseren<br />
Autor der Konzertsaal, die Partitur,<br />
die Informationen hinter dem Offensichtlichen.<br />
Andreas Günther hat an<br />
einer der großen Musikhochschulen<br />
studiert. Technik ist für ihn kein<br />
Mittel der Reproduktion – Top-Lautsprecher,<br />
feine Elektronik können<br />
gleichwertige Kulturschaffende sein.<br />
>