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Das behördliche Disziplinarverfahren

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Neues aus dem Disziplinarrecht<br />

Expertenseminar für Führungskräfte der öffentlichen<br />

Verwaltung am 08.04.2011<br />

Caroline Theßeling<br />

Rechtsanwältin<br />

4000 0920 1


Inhalt<br />

I. Teil Neue Strukturen im Disziplinarrecht<br />

II. Teil <strong>Das</strong> <strong>behördliche</strong> <strong>Disziplinarverfahren</strong><br />

1. Einleitung und Steuerung des Verfahrens<br />

2. Rechte des Beamten<br />

3. Vorläufige Maßnahmen<br />

4. Bemessung der Disziplinarmaßnahme<br />

5. Abschluss des <strong>Disziplinarverfahren</strong>s<br />

III. Teil <strong>Das</strong> gerichtliche Verfahren<br />

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I. Teil<br />

Neue Strukturen im Disziplinarrecht<br />

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Zweck der Novellierung<br />

� Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens<br />

� Stärkung der Eigenverantwortung des Dienstherrn<br />

� Bündelung der Verfahrens- und Entscheidungsverantwortung<br />

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Ablösung vom Strafrecht<br />

� Eingliederung in das Verwaltungsrecht<br />

� Ergänzend gilt das allg. Verwaltungs- und Prozessrecht<br />

� Für die Beweiserhebung wird auf einzelne Regelungen der StPO<br />

weiterhin verwiesen, vgl. §§ 16, 17, 18 Landesdisziplinargesetz<br />

(LDG)<br />

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Überblick Verfahren LDO vs. LDG<br />

LDO (alt): Mehrstufiges Verfahren<br />

1. Vorermittlungen<br />

• Verfahrenseinstellung<br />

• Disziplinarverfügung - nur Verweis, Geldbuße<br />

(durch direkten Vorgesetzten)<br />

• Einleitung eines förmlichen Verfahrens<br />

(durch Einleitungsbehörde)<br />

2. Förmliches Verfahren<br />

Untersuchung durch Untersuchungsführer<br />

• Verfahrenseinstellung<br />

• Disziplinarverfügung - nur Verweis, Geldbuße<br />

• Anschuldigungsschrift<br />

Disziplinargerichtliche Entscheidung<br />

LDG (neu): Einheitliches Verfahren<br />

1. Einleitung des <strong>Disziplinarverfahren</strong>s<br />

2. Ermittlungen und Beweiserhebung<br />

3. Abschluss des Verfahrens<br />

• Verfahrenseinstellung<br />

• Disziplinarverfügung (alle Maßnahmen mögl.)<br />

Kein Widerspruchsverfahren<br />

X<br />

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➡<br />

II. Teil<br />

<strong>Das</strong> <strong>behördliche</strong> <strong>Disziplinarverfahren</strong><br />

1. Einleitung und Steuerung des Verfahrens<br />

2. Rechte des Beamten<br />

3. Vorläufige Maßnahmen<br />

4. Bemessung der Disziplinarmaßnahme<br />

5. Abschluss des <strong>Disziplinarverfahren</strong>s<br />

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� Untere Disziplinarbehörde<br />

− unmittelbarer Dienstvorgesetzte<br />

− grundsätzliche Zuständigkeit<br />

� Höhere Disziplinarbehörde<br />

− Ernennungsbehörde<br />

� Oberste Disziplinarbehörde<br />

− oberste Dienstbehörde<br />

Zuständigkeiten<br />

gestufte Landesverwaltung<br />

Selbsteintrittsrecht<br />

Im Einzelfall aus dienstlichen<br />

Gründen (§ 7 Abs. 2 LDG).<br />

Bei statusberührenden Maßnahmen ist die Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde<br />

erforderlich<br />

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Zuständigkeiten<br />

Gemeinden, Landkreise, sonstige Körperschaften, Anstalten, Stiftungen<br />

� Land ist untere Disziplinarbehörde gegenüber<br />

− Landräten<br />

− Bürgermeistern<br />

− Beigeordneten<br />

− Leitern anderer Verwaltungen<br />

� Diese sind untere Disziplinarbehörde<br />

− Gegenüber ihren eigenen Beamten<br />

Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnern müssen statusberührende Maßnahmen<br />

zuvor der Rechtsaufsichtsbehörde i.S.v. § 121 Abs. 2 GemO vorlegen<br />

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Dienstvergehen<br />

� Schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige) Pflichtverletzung<br />

− Die einzelnen Pflichtentatbestände sind in den §§ 33 ff. BeamtStG geregelt<br />

− Innerdienstliche oder außerdienstliche Pflichtverletzung?<br />

− Mehrere Pflichtverletzungen bilden i.d.R ein einheitliches Dienstvergehen<br />

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Verweis<br />

Geldbuße<br />

Kürzung der Bezüge<br />

Kürzung des<br />

Ruhegehalts<br />

Zurückstufung<br />

Entfernung aus dem<br />

Beamtenverhältnis<br />

Aberkennung des<br />

Ruhegehalts<br />

Disziplinarmaßnahmen<br />

Aktive<br />

Beamte<br />

����<br />

����<br />

����<br />

����<br />

����<br />

Ehren-<br />

beamte<br />

����<br />

����<br />

����<br />

Probe-/<br />

Widerrufs-<br />

beamte<br />

����<br />

����<br />

Ruhstands-<br />

beamte<br />

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����<br />

����


Einleitung von Amts wegen<br />

� Begründeter Verdacht eines Dienstvergehens erforderlich<br />

− Vermutungen genügen nicht<br />

− Zur Konkretisierung können zunächst Verwaltungsermittlungen durchgeführt<br />

werden<br />

� Legalitätsgrundsatz<br />

− Bei begründetem Verdacht besteht grundsätzlich die Pflicht zur Einleitung<br />

− Unter Umständen keine Einleitung weil:<br />

Ein Maßnahmeverbot nach § 34 LDG zu erwarten ist<br />

Eine Maßnahme aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt<br />

Ein Entlassungsverfahren gegen den Widerrufs- / Probebeamten einzuleiten ist<br />

Eine Verfahrensaussetzung in Betracht kommt<br />

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Einleitung auf Antrag<br />

Selbstreinigungsverfahren<br />

� Antrag des Beamten auf Einleitung eines <strong>Disziplinarverfahren</strong>s<br />

� Die Entscheidung hierüber ist dem Beamten schriftlich bekannt zu<br />

geben<br />

� Einleitung: Wenn Verdacht für Dienstvergehen besteht<br />

� Ablehnung: Wenn kein Verdacht für Dienstvergehen besteht<br />

Die Ablehnung entlastet den Beamten unmittelbar<br />

Die Behörde kann dadurch in das Verfahren gezwungen werden<br />

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Aussetzung/Wiederaufnahme<br />

Es kann ausgesetzt werden bei ganz oder teilweise sachgleichem<br />

anderen gesetzlich geregelten Verfahren<br />

� Die Aussetzung ist allerdings geboten<br />

− Wenn Entlassungsverfahren gegen Probe- / Widerrufsbeamten eingeleitet wird<br />

− Wenn gerichtliches Straf- oder Bußgeldverfahren eröffnet wurde<br />

� Die Aussetzung ist verboten (Wiederaufnahme geboten) wenn<br />

− der Sachverhalt feststeht<br />

− das andere Verfahren unanfechtbar abgeschlossen ist<br />

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Umfang der Ermittlungen<br />

Grundsatz<br />

„Es sind alle Umstände zu ermitteln, die bei der Bemessung<br />

der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen sind.“<br />

� die Schwere des Dienstvergehens<br />

� das Maß der Vertrauensbeeinträchtigung<br />

� das Erfordernis der Pflichtenmahnung<br />

� das Persönlichkeitsbild des Beamten<br />

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Umfang der Ermittlungen<br />

Ausnahme<br />

„Ermittlungen sind unzulässig, soweit eine Bindung an tatsächliche<br />

Feststellungen aus einem anderen Verfahren besteht“<br />

� Zwingende Bindung<br />

− rechtskräftige Straf- oder Bußgeldurteile<br />

− unanfechtbare Entscheidungen über den Verlust der Bezüge i.S.v. § 9 BBesG<br />

� Bindung nach Ermessen<br />

− bei tatsächlichen Feststellungen in anderen gesetzlich geregelten Verfahren<br />

„Bei offenkundig unrichtigen Feststellungen muss allerdings<br />

ermittelt werden“<br />

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Beweiserhebung<br />

Die wichtigsten Beweismittel<br />

� Einholung schriftlicher dienstlicher Auskünfte<br />

� Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen<br />

� Beiziehung von Urkunden oder Akten<br />

� Einnahme des Augenscheins<br />

<strong>Das</strong> Verwaltungsgericht kann um Amtshilfe gebeten werden<br />

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➡<br />

II. Teil<br />

<strong>Das</strong> <strong>behördliche</strong> <strong>Disziplinarverfahren</strong><br />

1. Einleitung und Steuerung des Verfahrens<br />

2. Rechte des Beamten<br />

3. Vorläufige Maßnahmen<br />

4. Bemessung der Disziplinarmaßnahme<br />

5. Abschluss des <strong>Disziplinarverfahren</strong>s<br />

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� Recht auf Akteneinsicht<br />

Rechte des Beamten<br />

Überblick<br />

� Recht auf Entscheidung im Selbstreinigungsverfahren<br />

� Recht auf Unterrichtung über Verfahren/Verfahrensgegenstand<br />

� Recht auf Belehrung<br />

− Dem Beamten steht es frei sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen<br />

− Er kann sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder eines Beistandes bedienen<br />

� Erst- und Abschlussanhörung<br />

� Teilnahme- und Fragerecht im Rahmen der Beweiserhebung<br />

� Beweisantragsrecht<br />

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➡<br />

II. Teil<br />

<strong>Das</strong> <strong>behördliche</strong> <strong>Disziplinarverfahren</strong><br />

1. Einleitung und Steuerung des Verfahrens<br />

2. Rechte des Beamten<br />

3. Vorläufige Maßnahmen<br />

4. Bemessung der Disziplinarmaßnahme<br />

5. Abschluss des <strong>Disziplinarverfahren</strong>s<br />

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Vorläufige Maßnahmen<br />

Überblick<br />

� Vorläufige nicht amtsgemäße Verwendung<br />

− bei voraussichtlicher Zurückstufung und Unzumutbarkeit der bisherigen<br />

Verwendung<br />

� Vorläufige entfernungsvorbereitende Dienstenthebung<br />

− bei voraussichtlicher Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder Aberkennung<br />

des Ruhegehalts<br />

− Es können bis zu 50 % der Bezüge (aktiver Beamter) einbehalten werden<br />

� Vorläufige störungsabwehrende Dienstenthebung<br />

− bei wesentlichen Beeinträchtigungen des Dienstbetriebes oder der Ermittlungen<br />

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➡<br />

II. Teil<br />

<strong>Das</strong> <strong>behördliche</strong> <strong>Disziplinarverfahren</strong><br />

1. Einleitung und Steuerung des Verfahrens<br />

2. Rechte des Beamten<br />

3. Vorläufige Maßnahmen<br />

4. Bemessung der Disziplinarmaßnahme<br />

5. Abschluss des <strong>Disziplinarverfahren</strong>s<br />

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Bemessungskriterien<br />

� die Schwere des Dienstvergehens<br />

− Kern- oder Nebenpflichtverletzung<br />

− Häufigkeit und Dauer des Fehlverhaltens<br />

− Maß des Verschuldens, sonstige Beweggründe<br />

− Eingetretener materieller Schaden<br />

� das Maß der Vertrauensbeeinträchtigung<br />

− Beurteilt sich nach objektiven Gesichtspunkten<br />

− In welchem Umfang kann der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beamten<br />

noch Vertrauen in seine pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen?<br />

� Ermessen entsprechend dem Zweck der Maßnahme<br />

− Erfordernis der Pflichtenmahnung<br />

− Kein Ermessen bei der Höchstmaßnahme (Reinigungsfunktion)<br />

Persönlichkeitsbild des Beamten<br />

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Verweis<br />

Geldbuße<br />

Kürzung der Bezüge<br />

Kürzung des<br />

Ruhegehalts<br />

Zurückstufung<br />

Entfernung aus dem<br />

Beamtenverhältnis<br />

Aberkennung des<br />

Ruhegehalts<br />

Disziplinarmaßnahmen<br />

Schwere des Dienstvergehens<br />

leicht<br />

leicht<br />

mittelschwer<br />

mittelschwer<br />

mittelschwer<br />

schwer<br />

schwer<br />

Maß der Vertrauensbeeinträchtigung<br />

geringfügig<br />

nicht nur geringfügig<br />

erheblich<br />

erhebliche Ansehensbeeinträchtigung<br />

nachhaltige Erschütterung<br />

endgültiger Verlust<br />

Fortbestand des Versorgungsverhältnisses<br />

ist unzumutbar<br />

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Maßnahmeverbot<br />

Unanfechtbare Strafe, Geldbuße oder Einstellung mit Auflage nach §<br />

153 a StPO<br />

kein Verweis<br />

Geldbuße, Kürzung der Bezüge/des Ruhegehalts<br />

bleiben zulässig<br />

nur wenn zusätzlich erforderlich<br />

• Zurückstufung<br />

• Entfernung aus dem Beamtenverhältnis<br />

• Aberkennung des Ruhegehalts<br />

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Maßnahmeverbot<br />

materieller Freispruch<br />

Maßnahmeverbot<br />

Ausnahme: disziplinarer Überhang<br />

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Maßnahme:<br />

Verweis<br />

Geldbuße<br />

Kürzung Bezüge/Ruhegehalt<br />

Zurückstufung<br />

Maßnahmeverbot<br />

Zeitablauf<br />

Zeit seit Pflichtverletzung:<br />

nach 2 Jahren<br />

nach 3 Jahren<br />

nach 5 Jahren<br />

nach 7 Jahren<br />

Dienstvergehen ist i.d.R. erst mit letzter Pflichtverletzung vollendet<br />

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➡<br />

II. Teil<br />

<strong>Das</strong> <strong>behördliche</strong> <strong>Disziplinarverfahren</strong><br />

1. Einleitung und Steuerung des Verfahrens<br />

2. Rechte des Beamten<br />

3. Vorläufige Maßnahmen<br />

4. Bemessung der Disziplinarmaßnahme<br />

5. Abschluss des <strong>Disziplinarverfahren</strong>s<br />

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� Beendigung kraft Gesetzes<br />

- Tod des Beamten<br />

- Entlassungsverfahren<br />

- Verlust der Beamtenrechte<br />

- Entlassung auf Antrag<br />

Verfahrensabschluss<br />

� Beendigung durch Abschlussverfügung<br />

- Einstellungsverfügung<br />

- Disziplinarverfügung<br />

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III. Teil<br />

<strong>Das</strong> gerichtliche Verfahren<br />

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Wesentliche Änderungen<br />

� Kein Widerspruchsverfahren (§ 15 Abs. 2 AGVwGO)<br />

� Öffentlichkeit der Hauptverhandlung<br />

� Eigenständige Beweisaufnahme vor Gericht<br />

� Prozessvergleich mit Zustimmung des Gerichts zulässig<br />

� Zulassungsberufung, Zulassungsrevision<br />

� Gebührenpflicht nach eigenem Gebührenverzeichnis<br />

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Gerichtliche Entscheidung<br />

� <strong>Das</strong> Gericht ist an den Streitgegenstand (Lebenssachverhalt)<br />

gebunden<br />

� Rechtswidrige und den Kläger in eigenen Rechten verletzende<br />

Verfügungen sind aufzuheben<br />

Zu milde und deshalb rechtswidrige Verfügungen können nicht<br />

aufgehoben werden!<br />

� Soweit das Dienstvergehen erwiesen ist und etwaige<br />

Rechtsverletzungen durch das gerichtliche Verfahren beseitigt sind,<br />

kann das Gericht die Verfügung bestätigen oder mildern<br />

(richterliches Ermessen)<br />

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />

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