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7. HfM-Woche der Kammermusik: Von Bach über Mendelssohn bis Strauss - Programm

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<strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

11. - 14. Juni 2014<br />

Hochschule für Musik Saar<br />

<strong>Von</strong> <strong>Bach</strong><br />

<strong>über</strong> <strong>Mendelssohn</strong><br />

<strong>bis</strong> <strong>Strauss</strong><br />

Mi 11. Juni | 19 Uhr<br />

<strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

1. Konzert (FuF)<br />

Do 12. Juni | 19 Uhr<br />

<strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

2. Konzert<br />

Fr 13. Juni | 19 Uhr<br />

<strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

3. Konzert<br />

Sa 14. Juni | 11 Uhr<br />

<strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

4. Konzert<br />

Sa 14. Juni | 19 Uhr<br />

<strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

5. Konzert<br />

Mit Professoren, Dozenten und Studierenden<br />

<strong>der</strong> Hochschule für Musik Saar


2<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

<strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

<strong>Von</strong> <strong>Bach</strong> <strong>über</strong> <strong>Mendelssohn</strong> <strong>bis</strong> <strong>Strauss</strong><br />

Mit einem klaren thematischen Kontrapunkt zur französisch orientierten <strong>Kammermusik</strong>woche<br />

des Jahres 2013 geht die diesjährige <strong>7.</strong> <strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

<strong>der</strong> Hochschule für Musik Saar unter <strong>der</strong> deutschen <strong>Kammermusik</strong>flagge an den<br />

Start. Wie<strong>der</strong> einmal bietet sich für Studierende und Lehrende <strong>der</strong> <strong>HfM</strong> Saar die seltene<br />

Möglichkeit, gemeinsam aufzutreten.<br />

Dabei beginnt <strong>der</strong> historische Bogen beim Altmeister Johann Sebastian <strong>Bach</strong> (1685-1750),<br />

dessen 3. Brandenburgisches Konzert sich nicht nur hinsichtlich <strong>der</strong> instrumentalen Disposition<br />

wie ein Paradigma zur magischen Zahl Drei versteht: Drei Gruppen zu je drei Instrumenten<br />

musizieren miteinan<strong>der</strong>, die Themen und Motive des Kopfsatzes sind jeweils aus<br />

Dreiklangstönen gebildet.<br />

Dass <strong>Bach</strong> sich auch ungenannt in den Biografien <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Komponisten und ihrer<br />

Werke als Inspiration wie<strong>der</strong>findet, kann vorausgesetzt werden und lässt ihn mehr als<br />

barocke „Galionsfigur“ denn als thematische Synkope in den <strong>Programm</strong>en erscheinen.<br />

Übertragen auf das Thema <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong>woche findet sich diese Zahl auch in <strong>der</strong><br />

Auswahl <strong>der</strong> Komponisten wie<strong>der</strong>: Neben dem berühmten Thomaskantor erklingen Werke<br />

von Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy (1809-1847) und dem diesjährigen Komponisten-Jubilar<br />

Richard <strong>Strauss</strong> (1864-1949).<br />

Die Verbindungslinie zwischen <strong>Bach</strong> und <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy ist nicht schwer<br />

herzustellen: Nach einem „Aufführungsvakuum“ von mehr als hun<strong>der</strong>t Jahren sorgte er<br />

mit seiner 1829 in Berlin geleiteten Aufführung <strong>der</strong> „Matthäuspassion“ für die notwenige<br />

<strong>Bach</strong>-Renaissance.<br />

Schon in den frühen Werken <strong>Mendelssohn</strong>s, etwa im „Oktett“ op. 20 - einer ungewöhnlich<br />

genialen Jugendkomposition des gerade 16-jährigen Komponisten – verbinden sich<br />

Studium und Erkenntnis <strong>Bach</strong>scher Kontrapunktik auf wun<strong>der</strong>bare Weise mit einer neuen,<br />

erweiterten Harmonik zu einem zentralen Werk <strong>der</strong> romantischen <strong>Kammermusik</strong>.


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

3<br />

Die Verehrung <strong>Bach</strong>s und ihre Infiltration <strong>der</strong> eigenen Kompositionsarbeit führt von <strong>Mendelssohn</strong><br />

in einer Linie <strong>über</strong> Schumann, Brahms und Reger <strong>bis</strong> hin zu Paul Hindemith.<br />

Die Komponistenbiografien des jungen 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts werden von <strong>der</strong> Musikwissenschaft<br />

mehr als in den vorangegangenen Jahrhun<strong>der</strong>ten unter dem Aspekt <strong>der</strong> privaten<br />

Identität des Objekts geschrieben. Einige Lesarten und Interpretationen gleichen sich:<br />

Die Werke Schumanns werden unter dem Aspekt seines mittlerweile klar diagnostizierten<br />

Leidens akzentuiert, diejenigen von Brahms hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>über</strong>starken Verbindung zu<br />

Clara Schumann, die Werke Regers nehmen bereits prä-analytisch die Physiognomie des<br />

Komponisten an. Nicht selten führt diese oft unbewusste Methodik zur Vorwegnahme einer<br />

klaren Sichtweise und verhin<strong>der</strong>t ein differenziertes Bild des Komponisten.<br />

Im Falle von Richard <strong>Strauss</strong> steht sein stetes Beharren auf <strong>der</strong> Tonalität ebenso wie die<br />

Ambivalenz zwischen Konformismus und Protest gegen das Dritte Reich als ein klares<br />

Signum für Schwerfälligkeit und Traditionalismus.<br />

Dazu gesellen sich ganze Bücher mit schwarzen Anekdoten, die sich oft im jovialen Milieu<br />

<strong>der</strong> abendlichen Saufgelage abspielen. Sogar Thomas Mann irrt, wenn er in einer Tagebuchnotiz<br />

schreibt: „ Wir hörten im Stadttheater einen Teil <strong>der</strong> Aufführung <strong>der</strong> ‚Salome‘.<br />

Ich empfand stark die Oberflächlichkeit, Überholtheit und törichte Kälte des Schmißwerkes<br />

und seines bürgerlichen Ästhetizismus von vor dem Kriege.“ (in: Tagebücher 1933-1934).<br />

Unnötig zu sagen, dass dieses Urteil beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Spiegelung auf das erwähnte Werk<br />

nicht faktisch haltbar ist.<br />

Will man die Subtilität <strong>der</strong> Werke von Richard <strong>Strauss</strong> kennenlernen und recht erfassen,<br />

so höre und studiere man die Lie<strong>der</strong> - o<strong>der</strong> die <strong>Kammermusik</strong>, die in <strong>der</strong> Konzertreihe <strong>der</strong><br />

<strong>Kammermusik</strong>woche erklingen wird.<br />

Prof. Dr. Jörg Abbing


4<br />

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Konzerte<br />

Mittwoch, 11. Juni 2014<br />

19.00 Uhr | <strong>HfM</strong>-Konzertsaal (FuF-Konzert)*<br />

Richard <strong>Strauss</strong><br />

Sonate für Violoncello und Klavier F-Dur op. 6<br />

Allegro con brio<br />

Andante ma non troppo<br />

Finale. Allegro vivo<br />

Mario Blaumer, Violoncello<br />

Gonzalo Paredes, Klavier<br />

„Die wun<strong>der</strong>volle Sonate hat großartigen Beifall gefunden, das ist aber auch ein prachtvolles<br />

frisch empfundenes Werk, alles fließt so gesund dahin“, <strong>der</strong> Komponist „ist eine<br />

kerngesunde Natur, <strong>der</strong> hoffentlich noch lange nicht von des Gedankens Blässe<br />

angekränkelt werden wird.“<br />

Schon bei seiner Uraufführung 1883 spielte sich die Cellosonate von Richard <strong>Strauss</strong> auf<br />

Anhieb in die Herzen des Publikums. Das fanfarenartige, weltumarmende Thema und die<br />

grandiose Schlußsteigerung des ersten Satzes, das Schumännisch drängende Scherzando<br />

und <strong>der</strong> abrundend hymnische Gestus des finalen dritten Satzes, sowie die konservative<br />

Harmonik spiegeln das Selbstbewusstsein eines sechzehnjährigen Münchner Gymnasiasten,<br />

<strong>der</strong> im Jahre 1880 die ungeliebten Mathematikstunden lieber zum Studium von<br />

kompositorischen Proportionen und zum Entwerfen <strong>der</strong> herzbewegenden Cantilenen des<br />

zweiten Satzes nutzte. Die Kritik seines Vaters, dem 1. Hornisten <strong>der</strong> bayrischen Hofkapelle,<br />

<strong>der</strong> ihn ermahnte, „nicht zu schnell und nicht zu viel an seiner Sonate zu arbeiten, denn<br />

nicht alles, was einem gerade einfällt, ist auch Wert nie<strong>der</strong>geschrieben zu werden“, nahm<br />

sich <strong>der</strong> junge Komponist zu Herzen. Vor <strong>der</strong> Drucklegung <strong>über</strong>arbeitete er das Werk: Den<br />

zweiten und dritten Satz komponierte er komplett neu. Als junger Idealist mit humanistischer<br />

Bildung stellt er <strong>der</strong> Sonate einen Vierzeiler von Franz Grillparzer voran: „Tonkunst<br />

die vielberedte,/ sie ist zugleich die stumme,/ das einzelne verschweigend/ gibt sie des<br />

Weltalls Summe.“


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

5<br />

Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

Oktett für vier Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli Es-Dur op. 20<br />

Allegro mo<strong>der</strong>ato, ma con fuoco<br />

Andante<br />

Scherzo: Allegro leggierissimo<br />

Presto<br />

David Grimal, Hans-Peter Hofmann,<br />

Daniel Stoll und Lorenz Blaumer, Violine<br />

Christoph Fassben<strong>der</strong> und Indre Zelenyte, Viola<br />

Woolee Jang und Aurore Dassesse, Violoncello<br />

Es ist eine neue Gattung und zugleich ihre Krönung, die <strong>Mendelssohn</strong> mit seinem<br />

Streichoktett 1825 im Alter von gerade einmal sechzehn Jahren aus <strong>der</strong> Wiege hebt. Kein<br />

Komponist nach ihm hat für dieselbe Besetzung Gleichwertiges geschaffen. Das<br />

Geburtstagsgeschenk an seinen Geigenlehrer und Freund Eduard Rietz ist sein Meisterstück.<br />

<strong>Mendelssohn</strong>, Sohn eines reichen Bankiers und Enkel des jüdischen Philosophen<br />

Moses <strong>Mendelssohn</strong> - besser bekannt noch als Lessings „Nathan <strong>der</strong> Weise“-, ist eine<br />

Begabung, die seinesgleichen sucht und angesichts <strong>der</strong>er <strong>der</strong> Lebenslauf des Komponisten<br />

in den Worten des Pianisten Alfred Brendel als geradezu tragisch angesehen werden muss.<br />

<strong>Mendelssohn</strong> habe „- wenn man es kraß sagen will - als Genie angefangen und als Talent<br />

geendet.“ Er sei „<strong>der</strong> größte komponierende Jüngling gewesen, den es je gab.“<br />

Mit diesem Nachsatz stellt er ihn gar <strong>über</strong> den jungen Mozart, dessen Leichtigkeit im<br />

Schaffen neuer Werke und Selbstverständnis <strong>der</strong> eigenen Tonsprache <strong>Mendelssohn</strong> geerbt<br />

zu haben scheint. An ihm orientiert sich <strong>Mendelssohn</strong> und ordnet die Sangbarkeit seiner<br />

Themen <strong>der</strong> Qualität, sie motivisch verarbeiten zu können, <strong>über</strong>. So weist <strong>der</strong> erste Satz<br />

<strong>Mendelssohn</strong> einmal mehr als einen großen Melodiker aus. Im Andante steht Mozarts<br />

Jupitersymphonie Modell, in <strong>der</strong> das Hauptthema des zweiten Satzes zur Verknappung des<br />

Sonatenhauptsatzes ebenfalls aus <strong>der</strong> Reprise gestrichen wird, um erst kurz vor Schluss<br />

wie<strong>der</strong> aufgegriffen zu werden. Das Scherzo, ganz „Wolkenflug und Nebelflor“ zerstiebt<br />

wie <strong>der</strong> Walpurgisnachtstraum in Goethes Faust, dass man „selbst einen Besenstiel in die<br />

Hand nehmen, um <strong>der</strong> lustigen Schar besser zu folgen“ (Fanny <strong>Mendelssohn</strong>). Im fugierten<br />

Finale zieht Mendelsohn alle Register <strong>der</strong> „gelehrten“ Arbeit, die ihm sein gestrenger,<br />

„grundwackerer“ Lehrer Carl Friedrich Zelter hat angedeihen lassen - freilich ohne sich<br />

auch nur eine Sechzehntel lang zu verstellen o<strong>der</strong> zu verkünsteln.<br />

- PAUSE -


6<br />

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Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

Trio für Klavier, Violine und Violoncello c-Moll op. 66<br />

Allegro energico e con fuoco<br />

Andante espressivo<br />

Scherzo. Molto allegro quasi presto<br />

Finale. Allegro appassionato<br />

Trio LUX<br />

Sang-Wook Jung, Klavier<br />

Shin-Hye Park, Violine<br />

Woolee Jang, Violoncello<br />

Als <strong>Mendelssohn</strong> um Weihnachten 1844 die Arbeit an seinem zweiten Trio aufnimmt, ist<br />

er bereits <strong>der</strong> wohl berühmteste Musiker seiner Zeit. Seine Werke werden teilweise in vier<br />

Län<strong>der</strong>n gleichzeitig veröffentlicht und das Verhältnis vom Hofe zum Musiker scheint auf<br />

den Kopf gestellt: Die Königshäuser von England, Preußen und Sachsen reißen sich um ihn.<br />

Vor Ehrungen und Aufträgen kann er sich nicht retten. <strong>Mendelssohn</strong> fühlt sich <strong>über</strong>for<strong>der</strong>t,<br />

sein Freund Devrient beobachtet an ihm eine ständige Gereiztheit <strong>bis</strong> hin zur Depression<br />

und zu einer „gewissen Erdenmüdigkeit“. Zur Jahreswende gelingt es <strong>Mendelssohn</strong> endlich,<br />

sich freizuschaufeln und immerhin eine Einladung nach New York und einen Kompositionsauftrag<br />

des preußischen Königs abzusagen. Er widmet sich eigenen Projekten, wie<br />

dem Klaviertrio c-Moll, in dessen erstem Satz sich die innere Unruhe bahnbricht. Nur kurz<br />

blüht ein melodisches Seitenthema auf. Erst das liedhafte Andante schafft <strong>der</strong> Seele Luft zu<br />

atmen und Raum für Sentimentalität. Das Scherzo in g-Moll huscht in rasenden, nicht zu<br />

greifenden pianissimo-Läufen dahin, selbst das G-Dur des Mittelteils lässt keine Ruhe zu,<br />

die Themen vereinen sich gen Ende und lösen sich auf ins Nichts. Im Finale packt <strong>der</strong> Sturm<br />

wie<strong>der</strong> heftiger zu. Dem Werk wurde von seinen Kritikern eine <strong>über</strong>mäßige, sich <strong>über</strong>steigernde<br />

Virtuosität des Klavierparts vorgeworfen. Dem ist die Gesamtkonzeption des Werkes<br />

entgegenzuhalten, denn unverhofft erklingt nach dem con fuoco des ersten, dem espressivo<br />

des zweiten, dem presto des dritten und dem anfänglichen appassionato des vierten<br />

Satzes <strong>der</strong> Choral „Vor Deinen Thron tret ich hiermit“. Immer kräftiger tritt er <strong>der</strong> Unruhe<br />

entgegen, die schließlich in <strong>der</strong> Apotheose des Chorals in C-Dur ihre Erlösung findet.


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

7<br />

Johann Sebastian <strong>Bach</strong><br />

3. Brandenburgisches Konzert G-Dur BWV 1048<br />

Allegro<br />

Adagio<br />

Allegro<br />

Mechthild Blaumer, Lorenz Blaumer<br />

und Michael Dartsch, Violine<br />

Helmut Winkel, Indre Zelenyte<br />

und Claudia Zimmermann,Viola<br />

Mario Blaumer, Anna Hennig<br />

und Masanori Tsuboi,Violoncello<br />

Wolfgang Harrer, Violone<br />

Eri Takeguchi, Cembalo<br />

Leitung: Mechthild Blaumer<br />

In einer Zeit, in <strong>der</strong> die Autonomie <strong>der</strong> Kunst noch nicht gedacht ward und <strong>der</strong> Künstler<br />

in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Kirche o<strong>der</strong> am Hofe diente, verwun<strong>der</strong>t es nicht, daß auch bei J. S.<br />

<strong>Bach</strong> die komponierten Gattungen <strong>der</strong> Anstellung entsprachen. Drei Abschnitte glie<strong>der</strong>n<br />

diesbezüglich seinen Lebensweg - die Zeit als Hoforganist und Konzertmeister in Weimar<br />

(1708 - 1717), die als Kapellmeister und „Direktors <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong>en“ in Köthen (1717<br />

- 1723) und die als Thomaskantor in Leipzig (1723-1750). Seine „Werke für die Kammer“<br />

entstehen größtenteils in <strong>der</strong> mittleren Periode; darunter befinden sich auch die „six concerts<br />

avec plusieurs instruments“, die dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg<br />

gewidmet sind, jedoch am Köthener Hof uraufgeführt wurden, wo <strong>Bach</strong> exzellente Solisten<br />

zur Verfügung standen.<br />

Beim dritten Brandenburgischen Konzert handelt es sich nicht um ein Konzert im gängigen<br />

Sinne: <strong>Bach</strong> verzichtet auf die Trennung von Solopart und Tutti. Hier stehen sich gleichberechtigt<br />

und dialogisierend drei Instrumentenchöre gegen<strong>über</strong>, bestehend aus jeweils drei<br />

Violinen,drei Bratschen und drei Celli. Begleitet werden sie von einer basso-continuo-Gruppe<br />

mit Cembalo und Kontrabaß. Schon bei <strong>der</strong> Besetzung spielt <strong>Bach</strong> mit <strong>der</strong> Zahl „Drei“<br />

undfährt im Aufbau des Themas des ersten Satzes damit fort. Die drei Violinen präsentieren<br />

eine Dreitongruppe in anapästischem Rhythmus, die einen G-Dur-Dreiklang durchwan<strong>der</strong>t<br />

und dabei auf dem Grundton dreifach insistiert. Erstaunlich, daß <strong>Bach</strong> ausgerechnet bei<br />

diesem Konzert nur zwei Sätze, nämlich die beiden lebendigen und beweglichen Ecksätze,<br />

auskomponiert hat.


8<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

Die Mitte des Konzerts bilden zwei einsame, mit Adagio <strong>über</strong>schriebene Akkorde.<br />

An dieser Stelle ist dem Cembalisten Raum gegeben, einen langsamen, verbindenden Satz<br />

zu erfinden, um so mit Hilfe <strong>der</strong> Freiheit <strong>der</strong> Improvisation die Dreiteiligkeit bzw. Dreieinigkeit<br />

des Konzerts entstehen zu lassen.<br />

Donnerstag, 12. Juni 2014<br />

19.00 Uhr | <strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

Richard <strong>Strauss</strong><br />

„Feierlicher Einzug <strong>der</strong> Ritter des Johanniterordens“ für Blechbläser, Pauken und Orgel<br />

Christian von Blohn, Orgel<br />

Felix Schauren, Valentin Erny, Friedemann Schulz-Klingner,<br />

Dee Boyd, Ralf Schrö<strong>der</strong> und Christian Schüller, Trompete<br />

Zixu Li, Stephan Urnau, Florian Weber, Jonas Jung<br />

und Volker Biwer, Posaune<br />

Gustav Reck, Tuba<br />

Alexan<strong>der</strong> Fritze, Pauke<br />

Leitung: Peter Leiner<br />

Der Festliche Einzug <strong>der</strong> Ritter des Johanniterordens entsteht zu einer Zeit, in <strong>der</strong><br />

<strong>Strauss</strong>’ Opern Salome, Elektra und <strong>der</strong> Rosenkavalier, die Welt erobern. Der Investiturmarsch,<br />

so <strong>der</strong> Untertitel, ist ein dem zweiten Sohn Kaiser Wilhelms II - Prinz Eitel Friedrich<br />

von Preußen - gewidmetes Gelegenheitswerk, dem <strong>Strauss</strong> keine Opuszahl zuweist. Die<br />

Komposition ist ursprünglich für fünfzehn Trompeten, vier Hörner, vier Posaunen, zwei<br />

Tuben und Pauken konzipiert. Der Einsatz <strong>der</strong> Orgel geht auf eine Inspiration von Max<br />

Reger zurück. <strong>Strauss</strong> bringt in diesem Werk Größe, Feierlichkeit und Schlichtheit zusammen.<br />

Ein ferner Ruf, unterlegt mit einem Paukenwirbel, suggeriert eine weite Szenerie.<br />

Nach einem großen Crescendo erhebt sich aus einer Generalpause ein feierlicher Choral<br />

und, in stetiger Steigerung, mündet das Werk in einen hymnischen Schluss.


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

9<br />

Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

Sextett für Klavier, Violine, zwei Bratschen, Violoncello und Kontrabass D-Dur op. 110<br />

Allegro vivace<br />

Adagio<br />

Minuetto. Agitato<br />

Allegro vivace<br />

Tatevik Mokatsian, Klavier<br />

Lena Neudauer, Violine<br />

Jone Kaliunaite und Patrizia Messana, Bratsche<br />

Daeyoun Kim, Violoncello<br />

Wolfgang Harrer, Kontrabass<br />

Erst gut zwanzig Jahre nach dem plötzlichen Tod <strong>Mendelssohn</strong>s durch einen Schlaganfall<br />

wird sein Klaviersextett aus seinem Nachlass heraus veröffentlicht. Die daraus resultierende<br />

hohe Opuszahl täuscht <strong>über</strong> die Jugend des Autors hinweg. Der fünfzehnjährige Komponist<br />

wagt hier mit <strong>der</strong> ungewöhnlichen Besetzung - Klavier, Violine, zwei Bratschen, Cello und<br />

Kontrabaß - ein klangliches Experiment. Das Übergewicht an tiefen Streichinstrumenten<br />

verleiht dem Werk einen satten Baß und eine sonore Basis, auf <strong>der</strong> das Klavier seine<br />

klanglichen Qualitäten optimal entfalten kann. Dieses hat denn auch, vor allem in den<br />

ausladenden Ecksätzen, etliche solistische Passagen, aufgrund <strong>der</strong>er dem Sextett unterstellt<br />

wurde, ein verkapptes Klavierkonzert zu sein. Das sanfte Adagio von fünf und ein leichtes<br />

Menuett von nur drei Minuten, das sich allerdings später ins Finale des vierten Satzes noch<br />

einmal einmischt, fungieren als auflockerndes Interludium. Das viel zu selten zu hörende<br />

Stück orientiert sich stilistisch deutlich vernehmbar an Mozart und Haydn und <strong>über</strong>zeugt<br />

mit jugendlicher Frische.<br />

- PAUSE -


10<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

aus „Ein Sommernachtstraum“ in <strong>der</strong> Fassung für Klavier zu vier Händen<br />

Ouvertüre<br />

Scherzo<br />

Orsolya Nagy und Thomas Duis, Klavier<br />

„Ich glaube, es würde genügen, zu erinnern, wie die Elfenkönige Oberon und Titania mit<br />

ihrem ganzen Volke fortwährend im Stücke erscheinen, bald hier bald dort; dann kommt<br />

ein Herzog Theseus von Athen und geht mit seiner Braut in den Wald auf die Jagd, dann<br />

zwei zarte Liebespaare, die sich verlieren und wie<strong>der</strong>finden, endlich ein Trupp täppischer,<br />

grober Handwerksgesellen, die ihren plumpen Spas treiben, dann wie<strong>der</strong> die Elfen, die sie<br />

alle necken - und daraus baut sich eben das Stück. Wenn am Ende sich alles gut gelöst hat,<br />

und die Hauptpersonen glücklich und in Freuden abgehn, so kommen die Elfen ihnen nach,<br />

und segnen das Haus, und verschwinden, wie es Morgen wird. So endigt das Stück und<br />

auch meine Ouvertüre.“ Dies sind die Begleitworte des siebzehnjährigen Komponisten zu<br />

einer <strong>der</strong> vielen Aufführungen seines Werks, die den <strong>Mendelssohn</strong> repräsentiert „wie die<br />

Welt ihn besitzt und liebt“, so sein Freund Eduard Devrient.<br />

Ähnlich, wie bei <strong>der</strong> Vertonung des Don Quixote durch Richard <strong>Strauss</strong> (vgl. <strong>Programm</strong> des<br />

5. <strong>Kammermusik</strong>konzertes am 14. Juni), handelt es sich auch hier nicht um eine <strong>Programm</strong>musik,<br />

die Bild für Bild die Komödie von Shakespeare nacherzählen will. Vielmehr<br />

führt hier <strong>Mendelssohn</strong> Kunstfertigkeit und Wissen, Natur und ihre ideelle Darstellung,<br />

sowie Musik und Literatur in einer Tondichtung zusammen, die sich an August Wilhelm<br />

Schlegels Vorstellung von einer Universalpoesie orientiert. (Kurz zuvor erschien <strong>der</strong> erste<br />

Teil <strong>der</strong> Übersetzung von Shakespeares Werken durch Schlegel.) Seine Ouvertüre setzte<br />

<strong>Mendelssohn</strong> ursprünglich für vier Hände und orchestrierte sie erst, nachdem er sie - zusammen<br />

mit seiner geliebten Schwester Fanny - den kritischen Ohren wichtiger Musikerpersönlichkeiten<br />

<strong>der</strong> Zeit vorgestellt hatte. Im Auftrag von König Friedrich Wilhelm von<br />

Preußen lieferte er siebzehn Jahre später zur Ergänzung <strong>der</strong> Schauspielmusik zehn weitere<br />

Sätze nach, unter ihnen das Werk, das in jede christliche Kirche Musik jüdischer Herkunft<br />

trägt - <strong>der</strong> Hochzeitsmarsch.


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

11<br />

Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

Quintett für zwei Violinen, zwei Bratschen und Violoncello B-Dur op. 87<br />

Allegro vivace<br />

Andante scherzando<br />

Adagio e lento<br />

Allegro molto vivace<br />

Lena Neudauer und Lorenz Blaumer, Violine<br />

Jone Kaliunaite und Ramune Mikniene, Bratsche<br />

Mario Blaumer, Violoncello<br />

Es sind die erholsamen Sommertage in Frankfurt des Jahres 1845, an denen sich <strong>Mendelssohn</strong><br />

dem Wunsch seines Freundes und Konzertmeisters seines Leipziger Gewandhausorchesters<br />

nach einem <strong>Kammermusik</strong>stück im „stile moltissimo concertissimo“ widmen<br />

kann. Nicht wissen kann <strong>Mendelssohn</strong>, zwei Jahre vor seinem plötzlichen Tod, daß es sich<br />

hierbei bereits um ein Spätwerk handelt. Trotzdem erlebt sein Schaffen in diesen Jahren<br />

einen Umbruch. <strong>Mendelssohn</strong>, <strong>der</strong> vielgefragte und vielgerühmte Pianist, Dirigent, Wie<strong>der</strong>entdecker,<br />

Reformator, und Komponist, ist ausgebrannt und die „jugendfrische Heiterkeit<br />

einem gewissen Ueberdruß“gewichen. Dem ersten Satz des Quintetts ist dies jedoch nicht<br />

anzumerken; das aufstrebende Thema, gepaart mit dem unvergleichlichen <strong>Mendelssohn</strong>schen<br />

Schwung, steht <strong>der</strong> Jugendlichkeit des Oktetts in nichts nach. Das Scherzo aber ist<br />

nicht mehr <strong>der</strong> flirrende Elfentanz und <strong>der</strong> langsame Satz nicht mehr das leichtverdauliche<br />

„Lied ohne Worte“, wie wir es aus so vielen seiner Werke kennen. <strong>Mendelssohn</strong> sucht nach<br />

neuen Ausdruckswegen. Im zweiten Satz reichen sich Scherzando und Melancholie die<br />

Hand zum Tanz, gerade noch im Allegretto - eher im Andante. Das Adagio schließlich versieht<br />

er mit <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung lento. Die daraus sprechende Sorge, es könne zu leichtgenommen<br />

werden, ist unbegründet. Wortlosigkeit ist nun kein Qualitätsmerkmal mehr, sie<br />

ist das Resultat dieser tiefgründigen Elegie. Erst im letzten Satz erkennen wir ihn wie<strong>der</strong>,<br />

den spielenden, umtriebigen Virtuosen in Instrumental- und Satztechnik. Dies ist ihm aber<br />

nicht genug: <strong>Mendelssohn</strong> legt das Quintett zur Seite; das Finale will er <strong>über</strong>arbeiten, nur<br />

die Zeit reicht ihm nicht. Zwei Jahre nach seinem Tod wird es in <strong>der</strong> ursprünglichen Fassung<br />

veröffentlicht.


12<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

Freitag, 13. Juni 2014<br />

19.00 Uhr | <strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

Johann Sebastian <strong>Bach</strong><br />

Gambensonate D-Dur BWV 1028 in <strong>der</strong> Besetzung für Violoncello und Klavier<br />

Adagio<br />

Allegro<br />

Andante<br />

Allegro<br />

Daria Fussl, Violoncello<br />

Svetlana Kosenko, Klavier<br />

Der gleichen Periode in <strong>Bach</strong>s Leben, <strong>der</strong> die Brandenburgischen Konzerte entsprungen<br />

sind (1717 - 1723), entstammen auch die Gambensonaten. Sie sind <strong>Bach</strong>s Anstellung als<br />

Kapellmeister am Köthener Hof zu verdanken, wo sein junger Fürst selbst Gambe spielte<br />

und sein Auftrag im wesentlichen lautete, <strong>Kammermusik</strong>en „zur Recreation des Gemüths“<br />

zu verfassen. Unter den Hofmusikern befand sich auch <strong>der</strong> hervorragende Gam<strong>bis</strong>t<br />

Christian Ferdinand Abel, <strong>der</strong> die drei Sonaten uraufgeführt haben dürfte. Vermutlich<br />

sind diese jedoch Arrangements und ursprünglich für an<strong>der</strong>e Besetzungen konzipiert<br />

worden,etwa als Triosonaten für zwei Flöten und Cembalo, von denen jedoch nur eine<br />

erhalten ist.<br />

Das heute erklingende Werk ist als Sonata da Chiesa, als Kirchensonate, angelegt. Im viersätzigen<br />

Aufbau fungiert das Adagio als Einleitung. Zwei melodietragende Stimmen imitieren<br />

sich frei <strong>über</strong> einem langsam schreitenden Bass. Der zweite Satz beschwingt mit einem<br />

<strong>über</strong>mütig synkopierenden Thema. Das Andante in h-Moll des dritten Satzes beschreitet<br />

eine an<strong>der</strong>e Welt: <strong>über</strong> die langen 12/8 Takte des Siciliano spannen sich weit ausladende<br />

Phrasen und melancholisch schöne Melodien. Das mitreißende Finale verschreibt sich <strong>der</strong><br />

Spielfreude. Ein Doppelthema lässt die beiden Oberstimmen gegeneinan<strong>der</strong> antreten.


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

13<br />

Richard <strong>Strauss</strong><br />

Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello c-Moll op.13<br />

Allegro<br />

Scherzo. Presto<br />

Andante<br />

Finale. Vivace<br />

Et Arsis-Quartett<br />

Hristina Taneva, Klavier<br />

Velislava Taneva, Violine<br />

Ainis Kasperavičius, Viola<br />

Diego Hernández Suárez, Violoncello<br />

Wie alle <strong>Kammermusik</strong>werke von <strong>Strauss</strong>, so ist auch das Klavierquartett ein (freilich<br />

meisterhaftes) Jugendwerk, das er im Alter von 21 Jahren schreibt. Gleich im Entstehungsjahr<br />

1885 findet es positive Resonanz. Mit ihm gewinnt er einen Wettbewerb des Berliner<br />

Tonkünstlerverbands, in dessen Folge er es in Weimar, Meiningen und Köln zur Aufführung<br />

bringen kann; noch im November desselben Jahres wird es verlegt. In <strong>Strauss</strong>’ Schaffen<br />

stellt es den Gipfel seiner Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den klassischen Formen dar. Er komponierte<br />

es in einer recht kurzen Phase <strong>der</strong> Begeisterung für Brahms’sche Musik. (Vorher wie<br />

nachher nämlich tat er diese als „miserabel und unklar instrumentiert“ ab.)<br />

Brahms hatte zehn Jahre zuvor mit seinen drei Klavierquartetten ebendieser Gattung zu<br />

einem neuen Höhepunkt verholfen, wobei sein letztes Quartett, seiner großen Jugendliebe<br />

Clara Schumann gewidmet, in <strong>der</strong> dramatischen Tonart c-Moll steht, die auch <strong>Strauss</strong> für<br />

seine Komposition wählt. Zufall o<strong>der</strong> nicht - auch <strong>der</strong> Entstehung des vorliegenden Stückes<br />

geht eine unerfüllte, weil unmögliche Liebe zu einer verheirateten jungen Frau voraus.<br />

<strong>Strauss</strong> breitet das anspruchsvolle, knapp 40-minütige Werk in vier Sätzen aus, in denen er<br />

seinen persönlichen Stil beweist, sich aber auch deutliche Spuren seiner klassisch romantischen<br />

Vorbil<strong>der</strong> nachweisen lassen. So begegnen uns im Eröffnungssatz ausladende<br />

<strong>Strauss</strong>kantilenen, sowie die Brahms’sche Reibung von Duolen und Triolen,die ebenfalls<br />

von Brahms <strong>über</strong>nommene Entwicklung des lyrischen Gedankens aus dem Nachsatz des<br />

Hauptthemas und die geradezu gierige Lust an thematisch kontrapunktischer Arbeit in <strong>der</strong><br />

Durchführung. Im „leichteren“ Andante orientiert er sich explizit an <strong>Mendelssohn</strong>, auch<br />

wenn typisch harmonischer Reichtum und dichter Satz diese Absicht <strong>über</strong>wuchert.


14<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

Im Finale verrät <strong>der</strong> markante, synkopierte Rhythmus eine Nähe zu Schumann, bevor uns<br />

im Verlauf des Satzes <strong>der</strong> „heroische <strong>Strauss</strong>“ virtuos und mitreißend entgegentritt.<br />

- PAUSE -<br />

Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

Trio für Klavier, Violine und Violoncello d-Moll op. 49<br />

Molto allegro agitato<br />

Andante con moto tranquillo<br />

Scherzo. Leggiero e vivace<br />

Finale. Allegro assai appassionato<br />

Thomas Duis, Klavier<br />

Margarete Adorf, Violine<br />

Se Eun Hyun, Violoncello<br />

„Er ist <strong>der</strong> Mozart des neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>ts, <strong>der</strong> hellste Musiker, <strong>der</strong> die Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

<strong>der</strong> Zeit am klarsten durchschaut und zuerst versöhnt.“ So schreibt Robert Schumann<br />

<strong>über</strong> <strong>Mendelssohn</strong> in seiner Rezension des vorliegenden Klaviertrios. Es offenbart romantisch<br />

<strong>über</strong>strömende Melodik, ohne daß <strong>der</strong> formale, klassische Ablauf an Prägnanz und<br />

Sinn verlöre; die schäumende Virtuosität wird nie effekthaschen<strong>der</strong> Selbstzweck, wie bei<br />

zahlreichen Zeitgenossen, und das stürmende d-Moll paart sich mit einer positiven Grundstimmung,<br />

die das ganze Werk <strong>über</strong>strahlt - ein Spiegelbild des Schöpfergemüts? Jedenfalls<br />

hat es höchsten Unterhaltungswert, <strong>der</strong> ihm große Popularität schon unter den Fingern<br />

<strong>Mendelssohn</strong>s sichert, ohne zum bloßen Salonstück zu verkommen; Schumann nennt es<br />

das „Meistertrio“ seiner Zeit und stellt es auf eine Stufe mit den Trios des späten Beethoven<br />

und Schubert. Der erste Satz besticht vom ersten Celloton an mit seinem romantischen,<br />

aber klar strukturierten Thema. Das Andante ist eines <strong>der</strong> Lie<strong>der</strong>, das keiner Worte bedarf.<br />

Das Scherzo ist ein typisch <strong>Mendelssohn</strong>scher,in Leichtigkeit und Spielfreude gehüllter Tanz,<br />

<strong>der</strong> pianissimo endet und so in das Finale <strong>über</strong>leitet, das glorreich in D-Dur schließt.


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

15<br />

Richard <strong>Strauss</strong><br />

Suite für dreizehn Blasinstrumente Es-Dur op. 4<br />

Praeludium. Allegretto<br />

Romanze. Andante<br />

Gavotte. Allegro<br />

Introduktion und Fuge. Andante cantabile – Allegro con brio<br />

Gaby Pas-Van Riet und Elisabeth Hartschuh, Flöte<br />

Kai Frömbgen und Marius Schifferdecker, Oboe<br />

Johannes Gmein<strong>der</strong> und Sarah Kirner, Klarinette<br />

Sibylle Mahni, Katja Keller, Frank Orschel und Andreas Becker, Horn<br />

Guilhaume Santana und Sayuri Sugawara, Fagott<br />

Soonmin Jeong, Kontrafagott<br />

1884 kommt <strong>der</strong> Liszt-Schüler, Pianist und Dirigent Hans von Bülow mit seinem Meininger<br />

Orchester, das sich durch ihn einen beachtlichen Ruf erworben hat, zu einem Gastspiel<br />

nach München. Seit drei Jahren führt er bereits die Serenade für dreizehn Blasinstrumente<br />

eines gewissen Richard <strong>Strauss</strong> im Repertoire. Diesen hat er in Berlin auch schon persönlich<br />

kennengelernt und mit <strong>der</strong> Komposition einer Suite für dieselbe Besetzung beauftragt. Für<br />

München hält er nun eine beson<strong>der</strong>e Überraschung für den jungen Komponisten bereit. Im<br />

Odeon beraumt er recht kurzfristig eine Matinee an; <strong>Strauss</strong> selbst soll die Uraufführung<br />

seiner Suite dirigieren. Dieser erinnert sich: „Ich frug, wann ich Probe halten könnte,<br />

worauf Bülow schroff erwi<strong>der</strong>te: ‚Proben gibt’s nicht, das Orchester ist sowieso <strong>über</strong>anstrengt.‘<br />

Ich fügte mich seufzend und dirigierte, ohne je einen Taktstock in <strong>der</strong> Hand<br />

gehabt zu haben, das von Bülow natürlich gut probierte Stück mit viel Glück zu Ende.“<br />

Das Präludium eröffnet mit einem Aufschwung, <strong>der</strong> sich von den tiefen Bläsern <strong>bis</strong> zu den<br />

Flöten hinauf erstreckt. Im weiteren Verlauf mischt sich eine schwermütige Oboenmelodie<br />

in die heitere Stimmung. Der zweite, langsame Satz ist eine Romanze, ein farbiges<br />

Nachtstück ganz im Sinne des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Die Gavotte verbindet barocken Tanz mit<br />

einem Scherzando, wie wir es aus viersätzigen Instrumentalformen kennen. Ihr Mittelteil<br />

kontrastiert mit orientalisch anmuten<strong>der</strong>, dunkel gefärbter Unruhe. Der letzte Satz ist <strong>der</strong><br />

bedeutendste und längste <strong>der</strong> Suite. Die Introduktion greift zunächst die Melancholie <strong>der</strong><br />

Romanze auf und durchbricht nur langsam den Schleier des Moll hin zum Thema <strong>der</strong> Fuge<br />

in B-Dur. Hier erleben wir den gewandten, klassisch gebildeten Komponisten <strong>Strauss</strong>, <strong>der</strong> es<br />

versteht, lebensfrohe Genugtuung in kontrapunktische Strenge zu gießen.


16<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

Samstag,14. Juni 2014<br />

11.00 Uhr | <strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

Johann Sebastian <strong>Bach</strong><br />

Gambensonate g-Moll BWV 1029 in <strong>der</strong> Besetzung für Viola und Klavier<br />

Vivace<br />

Adagio<br />

Allegro<br />

Ramune Mikniene, Viola<br />

Orsolya Nagy, Klavier<br />

Obwohl die drei Gambensonaten im <strong>Bach</strong>werkeverzeichnis heute eine fortlaufende Nummerierung<br />

aufweisen (BWV 1027-1029), ist anzunehmen, daß sie von <strong>Bach</strong> nicht als<br />

zusammenhängen<strong>der</strong> Zyklus geplant worden sind. <strong>Bach</strong> hat in diesem Fall eigene Werke<br />

situationsbedingt an vorhandene Instrumente und Musiker - für die Gambe und ihren<br />

damaligen Virtuosen Ch. F. Abel - angepasst. Dies ist in seinem Schaffen durchaus keine<br />

Seltenheit - und sicherlich hätte sich <strong>Bach</strong> einverstanden erklärt mit <strong>der</strong> im heutigen Konzert<br />

zu hörenden Fassung für Viola und Cembalo. Die Vermutungen <strong>über</strong> die verschollene<br />

Partitur des Vorläufers <strong>der</strong> Gambensonate in g-Moll treibt <strong>der</strong> <strong>Bach</strong>forscher Peter Williams<br />

auf die Spitze, wenn er im Hintergrund ein siebtes Brandenburgisches Konzert nachweisen<br />

zu können glaubt. Er wagt sich sogar an eine Retranskription - mit durchaus hörbarem<br />

Ergebnis. Die g-Moll-Sonate weist die typische Form eines Concerto grosso auf, bei dem<br />

zwei schnelle Ecksätze einen langsamen rahmen. Die konzertante Anlage durchzieht auch<br />

die Faktur des ersten Satzes, <strong>der</strong> mit einem Concerto-Thema, mit Anklängen an das dritte<br />

brandenburgische Konzert, eröffnet, und in dem sich bald Solisten und imaginäres Tutti abwechseln.<br />

Hervorzuheben ist das Unisono aller drei Stimmen, das orchestral in die Reprise<br />

mündet. Im zweiten Satz begegnen wir dem „vergeistigten <strong>Bach</strong>“: zwei voneinan<strong>der</strong> unabhängige<br />

Melodien, getragen von <strong>der</strong> Gambe und dem Sopran des Klaviers, dialogisieren,<br />

während sie von einem Bass begleitet werden, <strong>der</strong> niemals am thematischen Geschehen<br />

teilhat. Im Schlußsatz verschmilzt <strong>Bach</strong> Fuge und tänzerisches Rondo.


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

17<br />

Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello a-Moll op. 13<br />

Adagio-Allegro vivace<br />

Adagio non lento<br />

Intermezzo. Allegretto con moto-Allegro di molto<br />

Finale. Presto -Adagio non lento<br />

Lorenz Blaumer und Eva Csizmadia, Violine<br />

Jessica Sommer, Viola<br />

Daeyoun Kim, Violoncello<br />

„Ist es wahr? Ist es wahr? / Dass du stets dort in dem Laubgang / An <strong>der</strong> Weinwand<br />

meiner harrst? / Und den Mondschein und die Sternlein / Auch nach mir befragst? / Ist es<br />

wahr? Sprich! / Was ich fühle, das begreift nur, / Die es mitfühlt, / Und die treu mir ewig, /<br />

Treu mir ewig, ewig bleibt.“ (F. <strong>Mendelssohn</strong>)<br />

Wenn Sie sich im Adagio des Streichquartetts erinnert fühlen an Beethovens siebente<br />

Symphonie, so ergeht es Ihnen, wie einem Zuhörer, <strong>der</strong> bei einer Aufführung des Quartetts<br />

zufällig neben <strong>Mendelssohn</strong> zu sitzen kommt. Nichts ahnend zupft er den Komponisten am<br />

Arm: „Er hat das in seiner Symphonie“, darauf <strong>Mendelssohn</strong> ängstlich:„Wer?“<br />

„Beethoven, <strong>der</strong> Autor dieses Streichquartetts.“<br />

<strong>Mendelssohn</strong> erinnert sich an den sauersüßen Nachgeschmack dieses Kommentars.<br />

Ein paar Monate zuvor ist Beethoven verstorben, dessen letzte Streichquartette sind gerade<br />

erst veröffentlicht und <strong>Mendelssohn</strong> komponiert dem großen Meister ein Tombeau, das<br />

ihm „zum Weinen sentimental, aber sonst nicht übel“ geraten ist. Die Widmung an Beethoven<br />

schlägt sich unter an<strong>der</strong>em in <strong>der</strong> Tonart a-Moll nie<strong>der</strong>, in Anlehnung an Beethovens<br />

op. 132, und des Weiteren in <strong>der</strong> langsamen Einleitung, die es sich mit dem letzten<br />

Satz von Beethovens letztem Streichquartett op. 135 teilt. „Muß es sein?“ heißt es dort,<br />

vertont mit einer dreitönigen, musikalischen Floskel in punktiertem Rhythmus. <strong>Mendelssohn</strong><br />

stellt in seinem ersten Satz, nach kurzem Nachdenken in Musik, die (intervallgleiche)<br />

Gegenfrage:„Ist es wahr?“, die er seinem kurz zuvor entstandenem Lied op. 9 Nr. 2 entnimmt.<br />

Einem Freund erläutert er: „Das Lied was ich dem Quartette beifüge, ist das Thema<br />

desselben. Du wirst es im ersten und letzten Stücke mit seinen Noten, in allen vier Stücken<br />

mit seiner Empfindung sprechen hören.“ Homogenität und zyklische Geschlossenheit sind<br />

das Ergebnis. Mit seinem Quartett schreibt <strong>Mendelssohn</strong> jedoch nicht einfach eine Stilkopie


18<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

<strong>über</strong> Beethoven, und seine Zitate, auf die er in Briefen an einen Freund explizit hinweist,<br />

erschöpfen sich nicht in bloßem Nacherzählen bzw. wörtlicher Wie<strong>der</strong>gabe. Er hört und<br />

liest Beethovens Musik auf zwei Ebenen: <strong>der</strong> beobachtenden und <strong>der</strong> empfindenden. Beide<br />

zusammen bilden die Grundlage seines Zitierens. Das Quartett ist ein Musterbeispiel <strong>der</strong><br />

bewußten Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Tradition, aber deshalb nicht weniger individuell.<br />

Es bietet uns die Möglichkeit, Beethoven mit den Ohren <strong>Mendelssohn</strong>s zu hören.<br />

- PAUSE -<br />

Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

Sonate für Klavier und Violoncello D-Dur op.58<br />

Allegro assai vivace<br />

Allegretto scherzando<br />

Adagio<br />

Molto allegro e vivace<br />

Duo M.I.S.<br />

Myoung Hyun Seo, Klavier<br />

Daeyoun Kim, Violoncello<br />

Vier Werke hat <strong>Mendelssohn</strong> für die Besetzung Violoncello/Klavier hinterlassen. Die frühen<br />

Konzertanten Variationen op. 17 und ein spätes Lied ohne Worte rahmen zwei Sonaten in<br />

B-Dur und D-Dur. Letztere entstand 1842/43 unter dem Eindruck des Todes <strong>der</strong> Mutter.<br />

Wie bei Mozart, so spiegeln sich auch bei <strong>Mendelssohn</strong> Schickalsschläge erstaunlicherweise<br />

nicht unmittelbar in seinem Schaffen wie<strong>der</strong>: Die vorliegende Sonate strahlt. Die fröhlich<br />

auffahrende Cellomelodie des ersten Satzes und die begleitenden, schnellen Akkordrepetitionen<br />

des Klaviers versetzen den Zuhörer in die italienischen Gefilde seiner vierten<br />

Symphonie. Selbst <strong>der</strong> dritte, langsame Satz wird von <strong>Mendelssohn</strong> nicht genutzt, um die<br />

Heiterkeit zu kontrastieren und die positive Atmosphäre zu trüben. Er ist das erhabene<br />

Herzstück <strong>der</strong> Sonate und eröffnet mit einem Choral, den arpeggierte Klavierakkorde feierlich<br />

in ihrer Oberstimme tragen, worauf das Cello mit einem Rezitativ anwortet. Das Adagio<br />

ist eine Reminiszenz an den von <strong>Mendelssohn</strong> wie<strong>der</strong> zum Leben erweckten J. S. <strong>Bach</strong>:<br />

es wurde in Verbindung gebracht mit dessen „Es ist vollbracht“ aus <strong>der</strong> Johannespassion<br />

und „Ich will bei meinem Jesu wachen“ aus <strong>der</strong> Matthäuspassion. Auch finden sich, wenn


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

19<br />

gegen Ende des Satzes Choral und Rezitativ vereint erklingen,satztechnische Parallelen zur<br />

chromatischen Phantasie und Fuge, die <strong>Mendelssohn</strong> mehrmals mit romantischen Manieren<br />

publikumswirksam zur Aufführung brachte.<br />

Noch immer ist es in Mode, <strong>Mendelssohn</strong> vorzuwerfen, seine Musik hätte keinen Tiefgang:<br />

sie setze nur auf Wohlklang, wodurch die Schönheit seiner Themen nicht richtig zum Tragen<br />

käme, da ihnen <strong>der</strong> Abgründe aufreißende Gegenpol fehle. Die Ursache wäre eventuell<br />

darin zu suchen, daß er nicht, wie zum Beispiel Schumann, um die Kunst und die Schönheit<br />

an sich zu ringen hatte. Beides wurde ihm in die Wiege gelegt; man hat es ihm durch beste<br />

frühkindliche Ausbildung angedeihen lassen. (Auch hier gibt es Parallelen zu Mozart - den<br />

an<strong>der</strong>en Meister <strong>der</strong> Heiterkeit.) Im Sinne <strong>der</strong> Kritiker wäre diese Sonate ein Musterbeispiel.<br />

<strong>Mendelssohn</strong> selbst aber war sein bester Verteidiger. Aus Rom schreibt er:<br />

„Ich brauche keine Kontraste, um mich an etwas zu freuen, was ich habe.“<br />

Richard <strong>Strauss</strong><br />

Sonate für Violine und Klavier Es-Dur op. 18<br />

Allegro, ma non troppo<br />

Improvisation. Andante cantabile<br />

Finale. Andante - Allegro<br />

Duo Amabile<br />

Inna Maslova, Violine<br />

Svetlana Kosenko, Klavier<br />

Mit gerade einmal 23 Jahren wendet sich Richard <strong>Strauss</strong> von <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong> und den<br />

klassischen Formen ab. Nachdem er bereits in <strong>der</strong> Cellosonate und dem Klavierquartett<br />

frühe Meisterschaft bewiesen hat, krönt er diese Schaffensphase mit <strong>der</strong> Violinsonate. Kurz<br />

zuvor hat er erste Gehversuche in <strong>der</strong> symphonischen Welt unternommen mit <strong>der</strong> programmatischen<br />

Phantasie „Aus Italien“ und <strong>der</strong> Tondichtung nach Shakespeares „Macbeth“<br />

und dabei zur Gänze seine musikalische Sprache gefunden. Diese lässt sich jedoch nicht<br />

ohne weiteres mit <strong>der</strong> tradierten Form <strong>der</strong> Sonate vereinbaren. Große, weitschweifende<br />

Gesten (das erste Thema <strong>über</strong> eine Triolenarabeske hat 20 Takte), seien sie von heroischer<br />

Energie o<strong>der</strong> melodischer Inbrunst gekennzeichnet, markieren und durchziehen den ersten<br />

Satz. Der zweite Satz ist mit „Improvisation“ <strong>über</strong>schrieben und richtet sich schon mit<br />

dieser Bezeichnung gegen den klassischen Konstruktionsgedanken einer Sonate.


20<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

Es ist ein Salonstück, das auch ohne eine Einbettung in das Gesamtwerk seine Wirkung<br />

entfalten kann. Der dritte Satz bereitet seinen rhythmisch treibenden,aufschwingenden<br />

Hauptgedanken, <strong>der</strong> vom Klavier dominiert wird, in einer geheimnisvollen Einleitung vor.<br />

Die Geige antwortet mit zwei großen Cantilenen, bevor sie sich - nach einem kurzen Scherz<br />

mit dem Klavier - vom pianistischen Sturm mitreißen lässt. Ein Sonatenhauptsatzgedanke<br />

ist nurmehr zu erahnen. Richard <strong>Strauss</strong>, <strong>der</strong> beide Instrumente selbst beherrschte, stellt<br />

hier an beide Spieler höchste Anfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Samstag, 14. Juni 2014<br />

19.00 Uhr | <strong>HfM</strong>-Konzertsaal<br />

Richard <strong>Strauss</strong><br />

Don Quixote, Phantastische Variationen <strong>über</strong> ein Thema ritterlichen Charakters op. 35<br />

in <strong>der</strong> Bearbeitung für zwei Klaviere<br />

Introduktion: Mäßiges Zeitmaß – Don Quichotte verliert <strong>über</strong> <strong>der</strong> Lektüre <strong>der</strong><br />

Ritterromane seinen Verstand und beschließt, selbst fahren<strong>der</strong> Ritter zu werden<br />

Thema. Mäßig – Don Quichotte, <strong>der</strong> Ritter von <strong>der</strong> traurigen Gestalt<br />

Maggiore – Sancho Pansa<br />

Variation I: Gemächlich – Abenteuer an den Windmühlen<br />

Variation II: Kriegerisch – Der siegreiche Kampf gegen das Heer des großen<br />

Kaisers Alifanfaron<br />

Variation III: Mäßiges Zeitmaß – Gespräch zwischen Ritter und Knappen<br />

Variation IV: Etwas breiter – Unglückliches Abenteuer mit einer Prozession<br />

von Büßern<br />

Variation V: Sehr langsam – Die Waffenwache<br />

Variation VI: Schnell – Begegnung mit Dulzinea<br />

Variation VII: Ein wenig ruhiger als vorher – Der Ritt durch die Luft<br />

Variation VIII: Gemächlich – Die unglückliche Fahrt auf dem<br />

venezianischen Nachen<br />

Variation IX: Schnell und stürmisch – Kampf gegen vermeintliche Zauberer<br />

Variation X: Viel breiter – Zweikampf mit dem Ritter vom blanken Mond<br />

Finale: Sehr ruhig – Wie<strong>der</strong> zur Besinnung gekommen<br />

Olga Politova und Grigor Asmaryan, Klavier


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

21<br />

Die Jahre 1894-98, in denen Richard <strong>Strauss</strong> (wie<strong>der</strong> einmal) in München Anstellung hat,<br />

sind diejenigen <strong>der</strong> drei großen Tondichtungen Till Eulenspiegel, Zarathustra und Don<br />

Quixote. Die literarischen Vorlagen inspirieren ihn. In seinen „Erinnerungen und Betrachtungen“<br />

will er jedoch nichts von <strong>Programm</strong>-Musik wissen; diese gäbe es nämlich gar<br />

nicht. „Ein poetisches <strong>Programm</strong> kann wohl zu neuen Fortbildungen anregen, wo aber die<br />

Musik nicht logisch aus sich selbst sich entwickelt, wird sie ‚Literaturmusik‘.“<br />

Bei den Tondichtungen geht es nicht um das musikalische Nachstellen eines Dramas,<br />

son<strong>der</strong>n vielmehr darum, „dass die Harmonie dramatischer Ereigisse als Brennpunkt für<br />

eine musikalische Form verwendet werden konnte“ (Glenn Gould). In gewisser Weise ist<br />

dies die Umkehr <strong>der</strong> von Thomas Mann in seinen Büchern verwendeten „Kompositions“-<br />

Methodik, die sich, nach eigener Aussage, an <strong>der</strong> Sonatenhauptsatzform orientiert. Aus diesem<br />

Grund und auch, um <strong>der</strong> Phantasie seiner Hörer keine Fesseln anzulegen, hat <strong>Strauss</strong><br />

seinen phantastischen Variationen <strong>über</strong> ein Thema ritterlichen Charakters zunächst keine<br />

detaillierte Szenenbeschreibung beigelegt. Diese lieferte er jedoch nach - auf Drängen des<br />

Umfeldes, das die Komposition begeistert aufnahm. (Nur die Pariser mokierten sich <strong>über</strong><br />

die blökenden Schafe…) Die edle, träumerische und menschliche Heldenrolle <strong>über</strong>nimmt<br />

das Cello, das in <strong>der</strong> Folge ein veritables Cellokonzert zu bestreiten hat. Das Thema wird<br />

dabei nicht in klassischer Manier variiert, son<strong>der</strong>n, in die abenteuerlichen Kontexte gestellt,<br />

von <strong>der</strong>en Atmosphäre gefärbt.<br />

Walter Deppisch gelingt in seiner Richard-Strauß-Biographie eine treffsichere, stimmungsvolle<br />

Glie<strong>der</strong>ung des Werkes: Die Introduktion schil<strong>der</strong>t den Helden bei <strong>der</strong> Lektüre ritterlicher<br />

Schauerromane und wie er zwischen Begeisterung und Verwirrung hin- und hergerissen<br />

ist; er reitet mit seinem Knappen Sancho Pansa aus und hat sein erstes Abenteuer<br />

im Kampf mit den Windmühlenflügeln (1.Var.); in einer Hammelherde erblickt Don Quixote<br />

das feindliche Heer des Kaisers Alifanfaron - in dieser Schlacht illustriert <strong>der</strong> Komponist das<br />

Blöken <strong>der</strong> Schafe durch gestopftes Blech und Tremoli <strong>der</strong> Streicher (2.Var.); Don Quixote<br />

und Sancho Pansa haben ein grundlegendes Gespräch miteinan<strong>der</strong> (3.Var.); bei einem Zusammenstoß<br />

mit einer Prozession heimst <strong>der</strong> Held fürchterliche Prügel ein (4.Var.); auf <strong>der</strong><br />

Nachtwache träumt er von Dulzinea, seiner nach Ritterart Auserkorenen, die er zu verehren<br />

und zu schützen, <strong>der</strong> er <strong>bis</strong> in den Tod zu dienen hat (5.Var.); nicht mehr im Traum, son<strong>der</strong>n<br />

in <strong>der</strong> Wirklichkeit begegnet er Dulzinea - jedoch lei<strong>der</strong> <strong>der</strong> falschen (6.Var. Bauerntanz);<br />

kühn reitet er mit Sancho durch die Lüfte - ein Unternehmen, für das ihm als akustisches<br />

Hilfsmittel <strong>der</strong> Komponist eine Windmaschine in <strong>der</strong> Partitur zur Verfügung stellt (<strong>7.</strong>Var.);<br />

bei einer romantischen Kahnfahrt havariert er (8.Var.) und besteht sein nächstes Abenteuer


22<br />

_________________________________________ <strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

im Kampf mit zwei bösen Zauberern, die in Wahrheit aber entsetzlich erschrockene Mönchlein<br />

sind (9.Var.); Höhepunkt seiner heroischen Ausfahrt ist <strong>der</strong> Zweikampf mit dem Ritter<br />

vom blauen Mond; danach kehrt unser Held in die Heimat zurück (10.Var.); ärmer als zuvor,<br />

aber um die Erfahrung seines nutzlosen Dienens reicher, stirbt Don Quixote - ein Narr,<br />

vielleicht aber auch ein Heiliger (Finale).<br />

- PAUSE -<br />

Felix <strong>Mendelssohn</strong>-Bartholdy<br />

Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello f-Moll op. 2<br />

Allegro molto<br />

Adagio<br />

Intermezzo<br />

Allegro molto vivace<br />

Et Arsis-Quartett<br />

Hristina Taneva, Klavier<br />

Velislava Taneva, Violine<br />

Ainis Kasperavičius, Viola<br />

Diego Hernández Suárez, Violoncello<br />

Mit sechzehn Jahren tritt <strong>Mendelssohn</strong> als vollgültiger Komponist in die Öffentlichkeit - bei<br />

jedem Musikschaffenden ein biographischer Moment beson<strong>der</strong>en Interesses. Selbstverständlich<br />

darf dabei das Klavier als <strong>Mendelssohn</strong>s vertrautestes Instrument nicht fehlen. Er<br />

und sein Berliner Verleger Schlesinger halten die Klavierquartette in c-, f- und h-Moll aus<br />

den Jahren 1822-1825 für würdig, die Opuszahlen eins <strong>bis</strong> drei zu tragen. Mit ihnen im<br />

Gepäck reist Felix mit seinem Vater Abraham nach Paris, wo die damalige Musikerkoryphäe<br />

Luigi Cherubini die Kompositionen des jungen <strong>Mendelssohn</strong> lapidar abnickt. Damit hatte<br />

er dem „vertrockneten und verrauchten“ Direktor des Konservatoriums ein Höchstlob<br />

abgerungen, <strong>der</strong> ansonsten nur abwertende Kommentare für angehende Komponisten<br />

übrig hatte. Und damit ist auch <strong>der</strong> Vater endgültig <strong>über</strong>zeugt vom Talent seines Sohnes,<br />

dem er nunmehr eine Musikerkarriere zugesteht. Die Form des hier zur Aufführung gelangenden<br />

zweiten Quartetts, seinem Kompositionslehrer Carl Friedrich Zelter gewidmet, ist<br />

klassisch viersätzig: zwei schnelle Allegros rahmen ein Adagio und ein Intermezzo im auch<br />

in späteren Kompositionen vielgeliebten 6/8tel Takt. Beson<strong>der</strong>s im ersten Satz ist schon<br />

die typisch <strong>Mendelssohn</strong>sche Faktur entwickelt, bei <strong>der</strong> das virtuos behandelte Klavier den<br />

Streichermelos umfliegt.


<strong>Bach</strong> - <strong>Mendelssohn</strong> - <strong>Strauss</strong> ______________________________________________<br />

23<br />

Johann Sebastian <strong>Bach</strong><br />

5. Brandenburgisches Konzert D-Dur BWV 1050<br />

Allegro<br />

Affettuoso<br />

Allegro<br />

Mechthild Blaumer, Lorenz Blaumer, Karla Assmann<br />

und Cordelia Distler, Violine<br />

Claudia Zimmermann und Frie<strong>der</strong>ike Kastl, Viola<br />

Mario Blaumer, Violoncello<br />

Manuel Holzhäuser, Violone<br />

Sabine Vermeersch,Traversflöte<br />

Eri Takeguchi,Cembalo<br />

Leitung: Mechthild Blaumer<br />

Im Frühjahr des Jahres 1719 wurde J. S. <strong>Bach</strong> von seinem Arbeitgeber, dem jungen Fürsten<br />

Leopold von Anhalt-Köthen, nach Berlin geschickt, um ein neues Cembalo zu kaufen. Dort<br />

lernte er den Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg kennen und hatte Gelegenheit,<br />

ihm vorzuspielen. Angetan vom Gehörten bat ihn dieser, ihm einige Kompositionen<br />

zukommen zu lassen. Allerdings kam <strong>Bach</strong> dieser Auffor<strong>der</strong>ung erst zwei Jahre später nach,<br />

sei es in eigenem Sinne zwecks einer Bewerbung o<strong>der</strong> im Interesse seines anhältischen<br />

Fürsten, <strong>der</strong> sich politische Bindung nach Berlin erhoffte. Bei <strong>der</strong> Zusammenstellung <strong>der</strong><br />

sechs Konzerte griff <strong>Bach</strong> auf bereits fertiggestellte Werke zurück, die er für sein kleines,<br />

aber hochkarätig besetztes Ensemble am Köthener Hof komponiert hatte. Auffällig ist, daß<br />

sich keines <strong>der</strong> Konzerte um einen einzelnen Solisten dreht - stets steht eine jeweils an<strong>der</strong>s<br />

besetzte Gruppe von Solisten im Mittelpunkt; beim fünften sind dies ein Cembalo, eine<br />

Violine und eine Flöte. <strong>Bach</strong> lässt hier zum ersten Mal in <strong>der</strong> Musikgeschichte dem Cembalo<br />

- sonst mit Basso-continuo-Aufgaben betraut - eine solistische Rolle zukommen, die er<br />

bei <strong>der</strong> Uraufführung selbst ausführte.<br />

Im ersten Satz ziehen sich Violine und Flöte schrittweise in einem auskomponierten<br />

Decrescendo aus ihrer konzertierenden Rolle zurück, das Cembalo drängt sich in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund. Seine rasenden Läufe münden in eine spektakuläre Solokadenz. Der zweite<br />

Satz ist allein dem Trio <strong>der</strong> Solisten vorbehalten, die in gefühlvollem Dialog abwechselnd<br />

die Führung <strong>über</strong>nehmen. Diese sind es auch, die schließlich den dritten Satz mit einem<br />

Fugato eröffnen. Nach einem Mittelteil in <strong>der</strong> parallelen Molltonart wie<strong>der</strong>holen sie ihren<br />

tänzerischen Reigen.


<strong>7.</strong> <strong>HfM</strong>-<strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong><br />

<strong>Von</strong> <strong>Bach</strong> <strong>über</strong> <strong>Mendelssohn</strong> <strong>bis</strong> <strong>Strauss</strong><br />

Eintrittspreise<br />

6,- / 3,- Euro (ermäßigt) pro Konzert<br />

Für <strong>HfM</strong>-Studierende ist <strong>der</strong> Eintritt bei allen Konzerten frei<br />

*FuF-Konzert: für Mitglie<strong>der</strong> des <strong>HfM</strong>-För<strong>der</strong>vereins frei<br />

Karten<br />

An <strong>der</strong> Abendkasse sowie an allen VVK-Stellen und unter www.ticket-regional.de<br />

<strong>Programm</strong>texte<br />

Wenzel Gummer<br />

Veranstalter<br />

Hochschule für Musik Saar in Zusammenarbeit mit SR2 KulturRadio<br />

Mit freundlicher Unterstützung <strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> Freunde und För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> <strong>HfM</strong> Saar (FuF)<br />

Künstlerische Leitung <strong>der</strong> <strong>Kammermusik</strong>-<strong>Woche</strong><br />

Prof. Tatevik Mokatsian<br />

© 2014 Hochschule für Musik Saar<br />

Bismarckstr. 1, D-66111 Saarbrücken<br />

www.hfm.saarland.de

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