22.05.2014 Aufrufe

Konzepte von Mutterschaft und Weiblichkeit - ein Vergleich der ...

Konzepte von Mutterschaft und Weiblichkeit - ein Vergleich der ...

Konzepte von Mutterschaft und Weiblichkeit - ein Vergleich der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Konzepte</strong> <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Weiblichkeit</strong> - <strong>ein</strong><br />

<strong>Vergleich</strong> <strong>der</strong> Einstellungen <strong>von</strong> Aussiedlerinnen,<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> westdeutschen Frauen<br />

<strong>von</strong> Leonie Herwartz-Emden<br />

Weibliche Identität ist in den Sozialwissenschaften in vielen Aspekten unerforscht, auch in <strong>der</strong><br />

Verknüpfung zur <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> familiären Orientierung <strong>der</strong> Frau. Ebenso wenig untersucht<br />

sind die Einstellungen <strong>von</strong> Frauen selbst zu <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> ihre Einschätzung <strong>der</strong> Bedeutung<br />

<strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> Familie für die Lebensgestaltung. In m<strong>ein</strong>em Beitrag stelle ich<br />

Ergebnisse <strong>ein</strong>er Studie vor, in <strong>der</strong> die Einstellungen zu <strong>Mutterschaft</strong> aus verschiedenen<br />

Perspektiven <strong>und</strong> mit Frauen aus verschiedenen Gesellschaften untersucht wurden. Es zeigt<br />

sich, dass weibliche Orientierungen <strong>und</strong> <strong>Konzepte</strong> nicht universal sind, son<strong>der</strong>n variieren <strong>und</strong><br />

mit dem gesellschaftlichen <strong>und</strong> kulturellen Kontext in engem Zusammenhang stehen.<br />

Die Untersuchung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fragebogen<br />

Befragt wurden Aussiedlerinnen aus <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion, Arbeitsmigrantinnen aus<br />

<strong>der</strong> Türkei <strong>und</strong> westdeutsche Frauen 1 mit <strong>ein</strong>er standardisierten Fragebogenuntersuchung<br />

(insgesamt 255 Frauen, 85 je Gruppe), die in Stadt <strong>und</strong> Region Osnabrück (Nie<strong>der</strong>sachsen)<br />

durchgeführt wurde. Zudem fanden begleitende Gruppeninterviews mit Vertreterinnen <strong>der</strong><br />

befragten Gruppen statt (1992 <strong>und</strong> 1993). 2 Der Untersuchung lag <strong>ein</strong> <strong>Mutterschaft</strong>sfragebogen<br />

zugr<strong>und</strong>e, <strong>der</strong> aus vorangegangenen qualitativen Interviews entwickelt wurde. Er besteht aus<br />

fünf Skalen, die verschiedene Einzeldimensionen des <strong>Konzepte</strong>s <strong>Mutterschaft</strong> erfassen:<br />

Die <strong>Mutterschaft</strong>sskalen 3<br />

Skala 1: Alternative<br />

Lebenskonzepte (MUT 1)<br />

211. Das Leben mit Kin<strong>der</strong>n<br />

ist in <strong>ein</strong>er Gem<strong>ein</strong>schaft mit<br />

Frauen viel <strong>ein</strong>facher <strong>und</strong><br />

glücklicher zu gestalten als in<br />

<strong>ein</strong>er Ehe/Partnerschaft.<br />

215. Frauen können<br />

heutzutage im Beruf soviel<br />

Glück <strong>und</strong> Bestätigung finden,<br />

dass sie auf <strong>Mutterschaft</strong><br />

verzichten können.<br />

219. Kin<strong>der</strong>aufziehen haben<br />

die Frauen schon immer<br />

gemacht. Es ist an <strong>der</strong> Zeit,<br />

dass sie etwas Neues<br />

ausprobieren.<br />

222. Eine glückliche<br />

Liebesbeziehung braucht k<strong>ein</strong>e<br />

Kin<strong>der</strong>.<br />

229. Ich finde Frauen gut, die<br />

für ihre Interessen <strong>und</strong> ihren<br />

Fre<strong>und</strong>eskreis leben <strong>und</strong> aus<br />

Skala 2: <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Weiblichkeit</strong> (MUT 2)<br />

208. Die Glücksgefühle <strong>ein</strong>er<br />

Mutter sind durch an<strong>der</strong>e<br />

Erfahrungen nicht zu ersetzen.<br />

210. Ich würde die Erfahrung<br />

<strong>der</strong> Schwangerschaft, Geburt<br />

<strong>und</strong> <strong>Mutterschaft</strong> je<strong>der</strong> Frau<br />

wünschen.<br />

212. Erst wenn die Frau<br />

Schwangerschaft <strong>und</strong> Geburt<br />

erlebt hat, weiß sie, was es<br />

wirklich bedeutet, <strong>ein</strong>e Frau zu<br />

s<strong>ein</strong>.<br />

218. Die Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Erlebnisse mit Kin<strong>der</strong>n sind<br />

für <strong>ein</strong>e Frau durch nichts zu<br />

ersetzen.<br />

225. Durch die Versorgung<br />

<strong>ein</strong>es Kindes wird in <strong>der</strong> Frau<br />

all das Weiblich-positive<br />

Skala 3: <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong><br />

Lebenserfüllung (MUT 3)<br />

213. Jede Frau, die aus<br />

beruflichen o<strong>der</strong> sonstigen<br />

Gründen auf Kin<strong>der</strong><br />

verzichtet, ist zu bedauern.<br />

216. Heutzutage sollte <strong>ein</strong>e<br />

Frau auch ohne Kin<strong>der</strong><br />

glücklich werden können. (-)<br />

221. Ich finde, dass <strong>ein</strong>e Frau<br />

auch ohne <strong>ein</strong> Kind als Frau<br />

<strong>ein</strong> erfülltes Leben führen<br />

kann.(-)<br />

226. Ohne Kin<strong>der</strong> stelle ich<br />

mir das Altwerden für <strong>ein</strong>e<br />

Frau schrecklich vor.<br />

228. Ich kann mir nicht<br />

vorstellen, dass <strong>ein</strong>e Frau<br />

freiwillig auf <strong>ein</strong> Kind


diesem Gr<strong>und</strong> k<strong>ein</strong>e Kin<strong>der</strong><br />

wollen.<br />

geweckt, was in je<strong>der</strong> Frau<br />

steckt.<br />

233. Heutzutage ist es <strong>ein</strong>e 237. Ein emotionales<br />

echte Alternative für <strong>ein</strong>e Frau Bedürfnis je<strong>der</strong> Frau ist es,<br />

ihre Kin<strong>der</strong> all<strong>ein</strong>e<br />

Kin<strong>der</strong>n Schutz <strong>und</strong><br />

aufzuziehen.<br />

Geborgenheit zu geben.<br />

verzichtet.<br />

230. Ich kann mir vorstellen,<br />

dass <strong>ein</strong>e Frau auch ohne<br />

Kin<strong>der</strong> in Ruhe älter werden<br />

kann. (-)<br />

234. Ohne <strong>ein</strong> Kind in die<br />

Welt gesetzt zu haben, kann<br />

<strong>ein</strong>e Frau nicht vollständig<br />

glücklich s<strong>ein</strong>.<br />

Skala 4: Belastung (MUT 4) Skala 5: Geteilte<br />

Elternschaft (MUT 5)<br />

214. Die Lebensbedingungen 217. Männer können genauso<br />

hin<strong>der</strong>n viele Frauen daran, so wie Frauen den Kin<strong>der</strong>n<br />

viele Kin<strong>der</strong> zu haben, wie sie Schutz <strong>und</strong> Geborgenheit<br />

wollen.<br />

geben.<br />

227. Ich ärgere mich, dass in<br />

dieser Gesellschaft das<br />

Kin<strong>der</strong>kriegen zum Problem<br />

gemacht wird.<br />

231. In <strong>der</strong> heutigen<br />

Gesellschaft lastet zuviel<br />

Verantwortung auf <strong>der</strong><br />

<strong>ein</strong>zelnen Frau <strong>und</strong> Mutter.<br />

224. Mit Kin<strong>der</strong>n ist das<br />

Leben <strong>ein</strong>er Frau oft ganz<br />

schön schwierig.<br />

235. Frauen hätten in <strong>der</strong><br />

Regel viel mehr Spaß an ihren<br />

Kin<strong>der</strong>n, wenn sie mehr<br />

Entlastung hätten.<br />

Der Gehalt <strong>der</strong> fünf Skalen:<br />

223. Ich bin <strong>der</strong> M<strong>ein</strong>ung,<br />

dass sich <strong>der</strong> Vater genauso<br />

wie die Mutter für die<br />

Versorgung <strong>und</strong> Betreuung<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> <strong>ein</strong>setzen sollte.<br />

232. Es ist ungerecht <strong>und</strong><br />

unsinnig, dass die<br />

Fürsorgearbeit für Kin<strong>der</strong><br />

überwiegend an <strong>der</strong> Mutter<br />

hängen bleibt.<br />

236. Die Versorgung <strong>und</strong><br />

Betreuung <strong>von</strong> Kin<strong>der</strong>n sollte<br />

r<strong>ein</strong>e Frauensache s<strong>ein</strong> <strong>und</strong><br />

bleiben.(-)<br />

Alternative Lebenskonzepte (MUT 1)<br />

Diese Skala drückt zwei Dimensionen <strong>der</strong> "alternativen Lebenskonzepte" zu <strong>Mutterschaft</strong> aus.<br />

Sie b<strong>ein</strong>haltet alternative Vorstellungen zum Leben <strong>ein</strong>er Frau außerhalb <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong><br />

<strong>und</strong> Familie. Diese Dimensionen, die <strong>ein</strong> Lebenskonzept <strong>ein</strong>erseits ohne Kin<strong>der</strong> (vgl. V.215,<br />

219, 222, 229) <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits mit Kin<strong>der</strong>n außerhalb <strong>von</strong> Familie <strong>und</strong> Ehe (vgl. V.211, 233)<br />

zum Ausdruck bringen, stellen die Kehrseite <strong>ein</strong>er auf zugeschriebenen o<strong>der</strong><br />

"selbstverständlichen" bzw. "natürlichen" Eigenschaften beruhenden Vorstellung <strong>von</strong><br />

<strong>Mutterschaft</strong> dar. In dieser Weise soll diese Skala als <strong>ein</strong>e <strong>der</strong> MUT 2- <strong>und</strong> MUT 3-Skalen<br />

entgegengesetzte Skala gedacht werden.<br />

Weiterhin stellt die Skala <strong>ein</strong>e Entwe<strong>der</strong>-o<strong>der</strong>-Perspektive dar. In diesem Sinne wird auf vier<br />

<strong>ein</strong>zelne "alternative" Wertdimensionen zur Kin<strong>der</strong>losigkeit abgezielt. (Glück <strong>und</strong> Bestätigung<br />

im Beruf v.s. Verzicht auf Kin<strong>der</strong>, V.215; etwas Neues ausprobieren v.s. Kin<strong>der</strong>aufziehen,


V.219; für ihre Interessen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>eskreis leben v.s. k<strong>ein</strong>e Kin<strong>der</strong> wollen, V.229 <strong>und</strong> <strong>ein</strong>e<br />

glückliche Liebesbeziehung v.s. k<strong>ein</strong>e Kin<strong>der</strong> brauchen, V.222). Zwei weitere Items bejahen<br />

zwar das Leben mit Kin<strong>der</strong>n, jedoch außerhalb <strong>der</strong> Grenzen <strong>ein</strong>er "konventionellen"<br />

Kernfamilie (V.211, 233).<br />

<strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Weiblichkeit</strong> (MUT 2)<br />

Die sechs Items in dieser Skala drücken die "weibliche" Dimension <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong> aus,<br />

insofern diese auf die positive Erfassung <strong>ein</strong>er als "selbstverständlich" angesehenen<br />

Bestimmung <strong>der</strong> Frau zur <strong>Mutterschaft</strong> abzielt. Während zwei Items die leibliche Erfahrung<br />

des Mutterwerdens <strong>und</strong> die Bedeutung dieses Erlebnisses für das Fraus<strong>ein</strong> erfassen (V.210,<br />

212), bringen vier Items die mütterlichen Erfahrungen <strong>und</strong> Erlebnisse mit Kin<strong>der</strong>n als<br />

unersetzbar, weiblich-positiv <strong>und</strong> als emotionales Bedürfnis zum Ausdruck (V.208, 218, 225,<br />

237).<br />

<strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> Lebenserfüllung (MUT 3)<br />

Diese Skala zielt ab auf die Erfassung <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> als selbstverständlichem <strong>und</strong><br />

zentralem Bestandteil des weiblichen Lebenslaufes. Die sieben Items drücken die Einstellung<br />

aus, dass Kin<strong>der</strong> <strong>ein</strong> unverzichtbarer Bestandteil <strong>der</strong> weiblichen Lebenserfüllung sind.<br />

Während vier Items auf die negativen Aspekte <strong>ein</strong>es weiblichen Lebenskonzeptes ohne Kin<strong>der</strong><br />

hindeuten (V.213, 226, 228, 234), verweisen drei Items auf die positive Dimension im Leben<br />

<strong>ein</strong>er Frau ohne Kin<strong>der</strong> (V.216, 221, 230). Den Items nach haben Kin<strong>der</strong> <strong>ein</strong>erseits <strong>ein</strong>e<br />

sicherheitsgebende Bedeutung im Alter; an<strong>der</strong>erseits wird ausgedrückt, dass das Leben <strong>ein</strong>er<br />

Frau ohne Kin<strong>der</strong> weniger Glück <strong>und</strong> Erfüllung mit sich bringt.<br />

Belastung (MUT 4)<br />

Die "Belastungsdimension" <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong>, die über fünf Items gemessen wird, drückt <strong>ein</strong>e<br />

resignative <strong>und</strong> distanziert-kritische Einstellung zu <strong>Mutterschaft</strong> aus. Die resignative<br />

Einstellung verweist auf das "Klagen" gegenüber den heutigen Lebensbedingungen, die zu <strong>der</strong><br />

Einschränkung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl <strong>von</strong> Frauen führen, da zuviel Verantwortung auf <strong>ein</strong>zelnen<br />

Frauen <strong>und</strong> Müttern lastet <strong>und</strong> die hohe Alltagsbelastung weniger Spaß mit Kin<strong>der</strong>n zulässt<br />

(V. 214, 224, 235). Die distanziert-kritische Perspektive bringt das Ärgernis <strong>von</strong> Frauen zum<br />

Ausdruck, die m<strong>ein</strong>en, dass aus dem Kin<strong>der</strong>kriegen in <strong>der</strong> BRD <strong>ein</strong> Problem gemacht wird<br />

(V.227), <strong>und</strong> dass das Leben <strong>von</strong> Frauen mit Kin<strong>der</strong>n oft schwierig ist (V.224).<br />

Fürsorge (MUT 5)<br />

Diese Skala fragt die Rolle des Mannes bzw. Vaters bei <strong>der</strong> Fürsorge <strong>von</strong> Kin<strong>der</strong>n ab. Ebenso<br />

wie die Belastungsperspektive richten sich die vier Items bei <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> Fürsorge-<br />

Skala auf den kritischen Aspekt <strong>der</strong> ungleichen Arbeitsteilung zwischen Männern <strong>und</strong> Frauen,<br />

wenn es um die Versorgung <strong>und</strong> Betreuung <strong>von</strong> Kin<strong>der</strong> geht. Während drei Items auf die<br />

Perspektive "Männer können <strong>und</strong> sollen sich an <strong>der</strong> Fürsorgearbeit mehr beteiligen" verweisen<br />

(V.217, 223, 232), drückt das negative Item die gegenteilige Einstellung aus, dass diese Arbeit<br />

<strong>ein</strong>e r<strong>ein</strong>e Frauenarbeit ist <strong>und</strong> <strong>ein</strong>e solche bleiben sollte (V.236).<br />

Die Ergebnisse<br />

<strong>Mutterschaft</strong> als positives weibliches Lebenskonzept<br />

Zunächst wird im folgenden dargestellt, wie die Befragten auf die Skalen des<br />

<strong>Mutterschaft</strong>sfragebogens reagiert haben, d.h. mit welcher Häufigkeit <strong>und</strong> Intensität sie den<br />

Fragen zugestimmt bzw. sie abgelehnt haben. Unterschieden wird in <strong>der</strong> Analyse nach den<br />

drei befragten Gruppen, es werden aber auch Gem<strong>ein</strong>samkeiten aller drei Gruppen, d.h. das<br />

Antwortverhalten <strong>der</strong> Gesamtgruppe, dargelegt. 4


Die vielfältigen Ergebnisse 5 weisen zunächst darauf hin, dass <strong>Mutterschaft</strong> für die Gruppe <strong>der</strong><br />

Arbeitsmigrantinnen <strong>und</strong> die Gruppe <strong>der</strong> Aussiedlerinnen <strong>ein</strong> inhärenter Bestandteil des<br />

weiblichen Lebenskonzeptes ist <strong>und</strong> über die "traditionell-weiblichen" Erfahrungsbereiche, die<br />

Bedeutung <strong>von</strong> Schwangerschaft <strong>und</strong> Geburt, die Unersetzbarkeit <strong>der</strong> mütterlichen Erfahrung<br />

<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Glücksgefühle, positiv begründet wird.<br />

<strong>Mutterschaft</strong>, in solcher Weise als zentraler Aspekt weiblicher Erfahrung bestimmt, erweist<br />

sich für diese beiden Gruppen als zur "Normalbiographie" <strong>der</strong> Frau gehörig. Das Erleben <strong>von</strong><br />

<strong>Mutterschaft</strong> ist, so wird deutlich, für Aussiedlerinnen <strong>und</strong> Migrantinnen aus <strong>der</strong> Türkei<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Erfahrungen ihres - je spezifischen - Herkunftskontextes mit gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

positiven individuellen <strong>und</strong> sozialen <strong>und</strong> überwiegend statuserhöhenden Konsequenzen<br />

verb<strong>und</strong>en, die umfassend ihre Erwartungen bestimmen (vgl. Leonie Herwartz-Emden 1995).<br />

Demgegenüber weichen die westdeutschen Frauen in dieser Dimension ihrer Einstellung zu<br />

<strong>Mutterschaft</strong> erheblich <strong>von</strong> den beiden an<strong>der</strong>en Gruppen ab: <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Weiblichkeit</strong><br />

gehören für sie in dem Maße nicht zusammen, ihr Konzept <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> ersch<strong>ein</strong>t<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlicher.<br />

Gegensätzliche Einstellungen zu <strong>Mutterschaft</strong><br />

Zu dem Aspekt <strong>der</strong> Bedeutung <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> im weiblichen Lebenslauf kann für die<br />

Aussiedlerinnen <strong>und</strong> die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei gesagt werden, dass sie dieser Dimension<br />

höher als die westdeutschen Befragten zustimmen. Dieses Ergebnis erklärt sich vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> nicht hinterfragten Position <strong>von</strong> Kin<strong>der</strong>n im Lebenslauf <strong>und</strong> im Selbstkonzept<br />

dieser beiden befragten Gruppen. Zudem kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass berufstätige<br />

Frauen im Herkunftskontext bei<strong>der</strong> Gesellschaften die "Entwe<strong>der</strong>-o<strong>der</strong>-Problematik" nicht in<br />

dem Maße wie die westdeutschen Frauen erlebten, so dass auch in dieser Erfahrung <strong>ein</strong>e<br />

weitere Basis für ihre positive Zustimmung zur <strong>Mutterschaft</strong> liegt.<br />

Darüber hinaus erfuhren die Aussiedlerinnen ebenso wie die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei - in beiden<br />

Herkunftsgesellschaften durch ihre Kin<strong>der</strong> <strong>ein</strong>e Kontinuität zwischen dem gesellschaftlich<br />

vermittelten, zugeschriebenen Status des Mutters<strong>ein</strong>s <strong>und</strong> <strong>der</strong> mütterlichen Fürsorgerolle, die<br />

sie vermutlich im Aufnahmekontext <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik als positive Erwartungshaltung<br />

bewahren werden.<br />

Dass die westdeutschen Frauen <strong>ein</strong>em erfüllten Frauenleben durch Kin<strong>der</strong> kritisch-distanziert<br />

gegenüberstehen, erklärt sich durch den gesellschaftlichen Kontext <strong>und</strong> die Verän<strong>der</strong>ungen,<br />

die sich in den letzten Jahrzehnten in den Lebensgestaltungsmöglichkeiten für Frauen ergeben<br />

haben, aber auch darin, dass dem "Mutters<strong>ein</strong>" <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sorge für Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland k<strong>ein</strong> selbstverständlicher Wert mehr zugemessen wird.<br />

Die Aussiedlerinnen stimmen signifikant unterschiedlich <strong>von</strong> den Frauen aus <strong>der</strong> Türkei <strong>der</strong><br />

lebenserfüllenden Bedeutung <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> zu - die letzteren können sich eher als<br />

Aussiedlerinnen <strong>ein</strong> Leben ohne Kin<strong>der</strong> vorstellen. Die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei sch<strong>ein</strong>en sich<br />

mit <strong>der</strong> b<strong>und</strong>esdeutschen gesellschaftlichen Realität <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen negativen,<br />

aber auch positiven Erfahrungen, aus<strong>ein</strong>an<strong>der</strong>gesetzt zu haben.<br />

Alternativen zur <strong>Mutterschaft</strong>?<br />

Die weitere Dimension <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong>, welche die Gestaltung des Lebens außerhalb <strong>der</strong><br />

herkömmlichen Formen umfasst, wurde <strong>von</strong> allen drei Gruppen tendenziell abgelehnt. Die<br />

westdeutschen Frauen unterschieden sich signifikant <strong>von</strong> <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Aussiedlerinnen,<br />

aber nicht <strong>von</strong> <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Frauen aus <strong>der</strong> Türkei. Die Aussiedlerinnen lehnten diesen<br />

Aspekt am stärksten ab, was die Vermutung nahelegt, dass ihre Reaktion <strong>ein</strong>erseits mit <strong>der</strong> <strong>von</strong><br />

ihnen vertretenen unhinterfragten Bedeutung <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> zusammenhängt, an<strong>der</strong>erseits


auf ihr Nichtvertrauts<strong>ein</strong> mit den in dieser Einstellung verkörperten westlichindividualistischen<br />

Lebensformen zurückzuführen ist. Das erstaunliche Ergebnis, das sich die<br />

Befragten aus <strong>der</strong> Türkei in dieser Dimension we<strong>der</strong> signifikant <strong>von</strong> den Aussiedlerinnen,<br />

noch <strong>von</strong> den westdeutschen Frauen unterscheiden, mag <strong>ein</strong>erseits mit dem Stand <strong>der</strong><br />

Einwan<strong>der</strong>ungserfahrung dieser Gruppe zu tun haben, zum an<strong>der</strong>en damit, dass die Frauen aus<br />

<strong>der</strong> Türkei ihrerseits den Begriff "Ehe" <strong>und</strong> "Familie" mit weitergesteckten Beziehungen<br />

(wenn auch nicht im westlichen Sinne "alternativen" Formen) assoziieren.<br />

Einzelitemanalyse<br />

Kin<strong>der</strong>erziehung - Aufgabe <strong>der</strong> Frau?<br />

Im Unterschied zu dem bisher Gesagten, werden im folgenden die Reaktionen <strong>der</strong> Befragten<br />

auf <strong>ein</strong>zelne Items des <strong>Mutterschaft</strong>sfragebogens näher analysiert. Diese Analyse weist über<br />

die Unterschiedlichkeiten hinaus auf die Gem<strong>ein</strong>samkeiten in den Einstellungen <strong>der</strong> drei<br />

befragten Gruppen hin:<br />

Die M<strong>ein</strong>ung, dass es an <strong>der</strong> Zeit ist, etwas über das Kin<strong>der</strong>aufziehen hinaus auszuprobieren<br />

(V.219) <strong>und</strong> dass all<strong>ein</strong>erziehende <strong>Mutterschaft</strong> <strong>ein</strong>e "echte Alternative" für Frauen ist (V.233)<br />

wird <strong>von</strong> den Befragten aus allen drei Gruppen <strong>ein</strong>heitlich nicht favorisiert. Sie stimmen<br />

allerdings positiv darin über<strong>ein</strong>, dass Kin<strong>der</strong> das Leben <strong>ein</strong>er Frau erschweren (V.224), dass<br />

mehr Entlastung im Leben <strong>von</strong> Frauen zu mehr Spaß an Kin<strong>der</strong>n führt (V.235) <strong>und</strong> dass Väter<br />

sich für die Versorgung <strong>und</strong> Betreuung <strong>von</strong> Kin<strong>der</strong>n genauso wie Mütter <strong>ein</strong>setzen sollten<br />

(V.223).<br />

Die M<strong>ein</strong>ung, dass Kin<strong>der</strong>versorgung <strong>ein</strong>e "Frauensache" ist <strong>und</strong> <strong>ein</strong>e solche bleiben sollte<br />

(V.236), wird tendenziell <strong>von</strong> allen drei Gruppen abgelehnt, jedoch lehnen die westdeutschen<br />

Frauen dies <strong>ein</strong>deutig stärker ab als die beiden Einwan<strong>der</strong>innengruppen.<br />

Zwar stimmen alle drei Gruppen zu, dass die Lebensbedingungen das generative Verhalten<br />

<strong>von</strong> Frauen be<strong>ein</strong>flussen (V.214), dass die heutige Gesellschaft zuviel Verantwortung <strong>der</strong><br />

<strong>ein</strong>zelnen Frau auflastet (V.231) <strong>und</strong> dass die überwiegend <strong>von</strong> <strong>der</strong> Mutter zu erbringende<br />

Fürsorgearbeit unsinnig <strong>und</strong> ungerecht ist (V.232), jedoch werden diese Items insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>von</strong> den türkischen Frauen bestätigt.<br />

Die explizite Bejahung <strong>ein</strong>es Frauenlebens ohne Kin<strong>der</strong> wird <strong>von</strong> den Einwan<strong>der</strong>innen<br />

vergleichsweise stärker zurückgewiesen als <strong>von</strong> den westdeutschen Frauen: Sie können<br />

Frauen, die k<strong>ein</strong>e Kin<strong>der</strong> haben wollen <strong>und</strong> stattdessen für ihre eigenen Interessen leben, nur<br />

seltener akzeptieren (V.229).<br />

Tendenziell zeigt die Itemanalyse damit auf, dass die Befragten aus <strong>der</strong> Türkei <strong>ein</strong>er<br />

partnerschaftlichen Orientierung im Bereich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>versorgung <strong>und</strong> -erziehung positiv<br />

gegenüberstehen <strong>und</strong> die traditionelle Arbeitsteilung kritisch beurteilen. Die Aussiedlerinnen<br />

dagegen sehen in diesem Bereich weiterhin <strong>ein</strong>e Domäne <strong>der</strong> Frau, insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Frage<br />

<strong>der</strong> Behütung, erachten aber den Berufsbereich als <strong>ein</strong>e ebenso wichtige Dimension <strong>der</strong><br />

Lebenserfüllung <strong>der</strong> Frau. Bei zwei Items (V. 215, 217) sind die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei <strong>und</strong> die<br />

westdeutschen Frauen sich <strong>ein</strong>ig <strong>und</strong> unterscheiden sich somit <strong>von</strong> den Aussiedlerinnen:<br />

Aussiedlerinnen lehnen die M<strong>ein</strong>ungen, dass die Berufstätigkeit Kin<strong>der</strong> ersetzen kann (V 215)<br />

<strong>und</strong> dass Männer den Kin<strong>der</strong>n genauso wie Frauen Schutz <strong>und</strong> Geborgenheit geben können<br />

(V.217), viel stärker ab.<br />

Der expliziten Problematisierung des "Kin<strong>der</strong>kriegens" in dieser Gesellschaft wird <strong>von</strong> den<br />

Frauen aus <strong>der</strong> Türkei geringer zugestimmt, während diesem Item <strong>von</strong> den Aussiedlerinnen<br />

<strong>und</strong> noch höher <strong>von</strong> den westdeutschen Frauen zugestimmt wird (V.227). Die letzteren


Gruppen sch<strong>ein</strong>en auf ähnlich gelagerte Erfahrungen zurückgreifen zu können <strong>und</strong> sich in <strong>der</strong><br />

Beurteilung <strong>der</strong> Schwierigkeiten, die das Leben mit Kin<strong>der</strong>n für Frauen mit sich bringt,<br />

vielleicht auch in den Erwartungen an die gesellschaftliche Leistung, tendenziell <strong>ein</strong>iger zu<br />

s<strong>ein</strong>.<br />

Umgekehrt wie die westdeutschen Befragten verhalten sich Aussiedlerinnen <strong>und</strong> die Befragten<br />

aus <strong>der</strong> Türkei zu <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Lebensformen, in denen Kin<strong>der</strong> aufwachsen.<br />

Beide Gruppen befürworten eher das Leben in <strong>ein</strong>er Frauengem<strong>ein</strong>schaft statt in <strong>der</strong> Ehe - <strong>ein</strong>e<br />

Einstellung, die <strong>von</strong> den westdeutschen Frauen abgelehnt (V.211) wird.<br />

Die befragten westdeutschen Frauen sch<strong>ein</strong>en demgegenüber stärker <strong>ein</strong> individualistisches,<br />

auf Mann <strong>und</strong> Frau ausgerichtetes Lebenskonzept zu vertreten. So sind sie <strong>der</strong> M<strong>ein</strong>ung, daß<br />

<strong>ein</strong>e Liebesbeziehung auch ohne Kin<strong>der</strong> gelingen kann - was insbeson<strong>der</strong>e <strong>von</strong> den<br />

Aussiedlerinnen, aber auch <strong>von</strong> den türkischen Frauen abgelehnt wird (V.222).<br />

Interkorrelationen <strong>der</strong> Einstellungsskalen<br />

Bipolare versus multidimensionale <strong>Konzepte</strong><br />

Die folgenden Auswertungen beruhen auf <strong>der</strong> Analyse des Zusammenhanges <strong>der</strong> <strong>ein</strong>zelnen<br />

Dimensionen des Fragebogens, d.h. es wird z.B. danach gefragt, ob die Befragten bestimmte<br />

Dimensionen als gegensätzlich o<strong>der</strong> mit<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> ver<strong>ein</strong>bar erleben (was sich aus ihrem<br />

Antwortverhalten ergibt). Auf dieser Ebene des Zusammenhanges <strong>der</strong> <strong>ein</strong>zelnen Dimensionen<br />

<strong>der</strong> Einstellungskonzepte zu <strong>Mutterschaft</strong> werden die oben beschriebenen Ergebnisse<br />

unterstützt: Zwischen den beiden Dimensionen des Erlebens <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> bzw. <strong>der</strong><br />

Zuschreibung des Stellenwertes <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> im Leben <strong>ein</strong>er Frau (MUT 2 <strong>und</strong> MUT 3)<br />

ergibt sich <strong>ein</strong> Zusammenhang, <strong>der</strong> das Konzept <strong>ein</strong>er Einstellung, welche die beiden<br />

Dimensionen <strong>der</strong> körperlichen <strong>und</strong> emotionalen Erfahrungen <strong>und</strong> den Bereich<br />

"Lebenserfüllung" umfasst, für alle drei Gruppen bestätigt.<br />

Unterschiedlich sind die Verknüpfungen, die sich ergeben: Für die befragten westdeutschen<br />

Frauen befindet sich das Konzept am deutlichsten entgegengesetzt zu dem Konzept <strong>der</strong><br />

alternativen Vorstellung vom Leben <strong>ein</strong>er Frau, dies gilt ebenfalls für die Aussiedlerinnen.<br />

Eine solche Entgegensetzung findet sich nicht bei den Befragten aus <strong>der</strong> Türkei, sie sch<strong>ein</strong>en<br />

diese beiden <strong>Konzepte</strong> unabhängig <strong>von</strong><strong>ein</strong>an<strong>der</strong> zu betrachten: Bei ihnen berührt die<br />

Vorstellung <strong>von</strong> alternativen Lebensformen nicht ihre Vorstellung <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> als<br />

"traditionellem" weiblichem Lebensbereich mit hoher positiver Besetzung.<br />

Die Handhabung <strong>der</strong> Einstellungskonzepte durch die Aussiedlerinnen <strong>und</strong> die westdeutschen<br />

Frauen bestätigt den Eindruck <strong>ein</strong>er bipolaren Konstruktion, die für die westdeutschen Frauen<br />

mit den polarisierten gesellschaftlichen Strukturen erklärt werden kann, aber auch mit <strong>der</strong><br />

ideologischen Entgegensetzung <strong>von</strong> <strong>ein</strong>erseits "traditioneller" <strong>Weiblichkeit</strong> <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits<br />

dem Leben ohne Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Leben mit Kin<strong>der</strong>n außerhalb <strong>von</strong> (traditioneller) Familie. Die<br />

westdeutschen Befragten bilden weitere Entgegensetzungen: Für sie zeigen sich die kritischdistanzierten<br />

Einstellungen (MUT 1 <strong>und</strong> MUT 4 <strong>und</strong> 5) als <strong>ein</strong>deutig verknüpft mit <strong>der</strong><br />

alternativen Einstellung zu <strong>Mutterschaft</strong>; aber die Zustimmung zu <strong>Mutterschaft</strong> als<br />

"traditionellem" weiblichem Lebensbereich erweist sich als unver<strong>ein</strong>bar mit <strong>ein</strong>er kritischen<br />

Haltung zur geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung bei <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung.<br />

D. h. für westdeutsche Frauen zeigen sich hier Einstellungsbereiche, die offensichtlich<br />

gegenwärtig für <strong>ein</strong> individuelles Frauenleben nicht (mehr) zu ver<strong>ein</strong>baren sind: Von erfüllter<br />

<strong>Mutterschaft</strong> zu sprechen <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> entsprechende Erwartungen zu hegen, sch<strong>ein</strong>t für<br />

westdeutsche Frauen so nicht möglich zu s<strong>ein</strong>. <strong>Mutterschaft</strong> in <strong>ein</strong>er solchen "traditionellen"<br />

Richtung wird, so ist zu vermuten, als überwiegend <strong>ein</strong>engend <strong>und</strong> <strong>ein</strong>seitig empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

erlaubt beispielsweise nicht die gleichzeitige Zustimmung zur Kritik an <strong>der</strong>


geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung- wie es für die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei <strong>der</strong> Fall ist. Die<br />

Befragten aus <strong>der</strong> Türkei sch<strong>ein</strong>en in <strong>der</strong> Handhabung dieser Einstellungsbereiche <strong>ein</strong>e<br />

größere Freiheit zu haben bzw. ihre Vorstellung "traditioneller" <strong>Weiblichkeit</strong> ist k<strong>ein</strong>e<br />

Entgegensetzung zu <strong>ein</strong>er "alternativen" Betrachtungsweise.<br />

Für die Aussiedlerinnen kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass die <strong>von</strong> ihnen gezeigte<br />

Dichotomie auf die mit ihrer sich im Anfang befindenden Einwan<strong>der</strong>ungssituation <strong>und</strong> den<br />

damit verb<strong>und</strong>enen hohen Anpassungsleistungen zurückzuführen ist, in <strong>der</strong>, so ist zu<br />

vermuten, jegliche alternative Vorstellung eher verunsichernd wirkt. In <strong>ein</strong>em nach<br />

Kontinuität verlangenden emotionalen Prozess wird zusätzliche Verunsicherung als Belastung<br />

empf<strong>und</strong>en, die folglich ebenso stark abgelehnt werden muss, wie <strong>der</strong> Kontinuität zugestimmt<br />

werden muss.<br />

<strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> Frauenbild<br />

In <strong>der</strong> folgenden Auswertung wird dargestellt, auf welche Art <strong>und</strong> Weise <strong>von</strong> den befragten<br />

Frauen Zusammenhänge zwischen ihren <strong>Konzepte</strong>n <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> ihrer<br />

Geschlechtsrolle hergestellt werden.<br />

Den Befragten wurden in <strong>der</strong> vorgestellten Untersuchung zahlreiche weitere Fragen gestellt;<br />

unter an<strong>der</strong>em wurden sie aufgefor<strong>der</strong>t, sich selbst in ihrer Geschlechtsrolle zu typisieren.<br />

Dazu wurde ihnen <strong>ein</strong>e adaptierte Version <strong>der</strong> sog. BEM-Skala vorgelegt, in <strong>der</strong> weiblichen<br />

<strong>und</strong> männlichen Eigenschaften in Bezug auf die eigene Person zugestimmt werden mußte. 6<br />

Geschlechtsspezifische Selbsttypisierung<br />

Die Auswertung 7 führte im ersten Schritt zu dem interessanten Ergebnis, dass sich<br />

Aussiedlerinnen <strong>und</strong> Frauen aus <strong>der</strong> Türkei am häufigsten "androgyn" erweisen, wobei die<br />

Verteilung dieser beiden Gruppen bezüglich Fem(inität) <strong>und</strong> Mas(kulinität) tendenziell<br />

gegensätzlich ist. Die Aussiedlerinnen <strong>und</strong> die westdeutschen Befragten befinden sich häufiger<br />

als die Befragten aus <strong>der</strong> Türkei in <strong>der</strong> <strong>und</strong>ifferenzierten Kategorie (gering Fem <strong>und</strong> gering<br />

Mas). Im Gegensatz zu den an<strong>der</strong>en beiden Gruppen sind die westdeutschen Befragten<br />

ausgewogener verteilt, wobei ihre Zuordnung zur Mas-Kategorie aber überwiegt.<br />

Die Häufigkeitsverteilung <strong>der</strong> Fem- <strong>und</strong> Mas-Skalen nach Gesamtgruppe <strong>und</strong> <strong>ein</strong>zelnen<br />

Gruppen zeigte auf, dass die Selbst<strong>ein</strong>schätzung aller drei befragten Gruppen in Richtung<br />

<strong>Weiblichkeit</strong> liegt. Die Befragten <strong>der</strong> Gesamtgruppe haben sich stärker "feminin" als<br />

"maskulin" <strong>ein</strong>geschätzt <strong>und</strong> sie haben sich heterogener in Bezug auf die Mas-Items geäußert<br />

(Streuung).<br />

Die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei haben sich auf <strong>der</strong> Mas-Skala im <strong>Vergleich</strong> zu den an<strong>der</strong>en<br />

Gruppen eher "männlicher" <strong>ein</strong>gestuft; es ergeben sich hierbei jedoch k<strong>ein</strong>e signifikanten<br />

Unterschiede. Sie haben sich aber <strong>ein</strong>deutig signifikant "weiblicher" als Aussiedlerinnen <strong>und</strong><br />

westdeutsche Frauen <strong>ein</strong>geschätzt. Auffallend ist im weiteren, dass sich die Aussiedlerinnen<br />

<strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei nicht nur "androgyn" <strong>ein</strong>geschätzt haben, son<strong>der</strong>n<br />

die Aussiedlerinnen haben sich häufiger "maskulin" <strong>und</strong> "<strong>und</strong>ifferenziert", die<br />

Arbeitsmigrantinnen häufiger "feminin" <strong>ein</strong>gestuft (Median-Split-Methode). Die<br />

westdeutschen Frauen, die in allen vier Kategorien ausgewogener verteilt sind, befinden sich<br />

in den "maskulinen" <strong>und</strong> "<strong>und</strong>ifferenzierten" Kategorien <strong>und</strong> haben sich vergleichsweise<br />

seltener "androgyn" <strong>ein</strong>geschätzt.<br />

Ein wesentliches Ergebnis zeigen darüber hinaus die Korrelationskoeffizienten <strong>der</strong> Fem- <strong>und</strong><br />

Mas-Skalen: Während sich <strong>ein</strong>e hochsignifikante Korrelation zwischen den beiden Skalen für<br />

die Aussiedlerinnen <strong>und</strong> Frauen aus <strong>der</strong> Türkei ergeben hat, sind die beiden Skalen für die<br />

westdeutschen Frauen nicht signifikant <strong>und</strong> sogar tendenziell negativ. Das weibliche <strong>und</strong>


männliche Selbstbild <strong>der</strong> beiden erstgenannten Gruppen werden folglich nicht als <strong>ein</strong>an<strong>der</strong><br />

ausschließende, son<strong>der</strong>n als koexistierende <strong>Konzepte</strong> gehandhabt, während diese<br />

geschlechtstypischen Selbstbil<strong>der</strong> für die westdeutschen Frauen als <strong>ein</strong>an<strong>der</strong> ausschließend<br />

ersch<strong>ein</strong>en.<br />

Dieses Ergebnis stützt die Hypothese <strong>der</strong> Projektforschung, dass sich Frauen <strong>der</strong> "westlichen<br />

Welt" gegenwärtig in ihren Geschlechtsrollenorientierungen eher als <strong>und</strong>ifferenziert<br />

ausweisen, wohingegen sich Frauen aus Gesellschaften mit an<strong>der</strong>sartigen<br />

Geschlechterverhältnissen die in <strong>der</strong> Folge zu an<strong>der</strong>sartig dimensionierten <strong>und</strong> weniger<br />

dichotomisierten Selbstkonzepten führen, sich eher androgyn typisieren lassen.<br />

Die faktorenanalytische Auswertung r<strong>und</strong>et das Bild <strong>der</strong> an<strong>der</strong>sartigen Konstruktion <strong>der</strong><br />

Selbstkonzepte <strong>von</strong> Einwan<strong>der</strong>innen versus westdeutsche Frauen ab. 8 Bei den westdeutschen<br />

Frauen sind die weiblichen <strong>und</strong> männlichen Eigenschaften in zwei <strong>von</strong> <strong>ein</strong>an<strong>der</strong> deutlich<br />

getrennten Faktoren <strong>ein</strong>geordnet; diese Faktoren spiegeln <strong>ein</strong> "klassisches" <strong>Weiblichkeit</strong>s"-<br />

<strong>und</strong> "Männlichkeitsbild" wi<strong>der</strong> (was <strong>der</strong> originalen Skalenzuordnung entspricht <strong>und</strong> <strong>ein</strong>e Basis<br />

in <strong>der</strong> Dichotomisierung <strong>der</strong> hiesigen Kultur findet). Die westdeutschen Frauen haben sich<br />

demzufolge in ihrer Geschlechtstypisierung im Selbstkonzept "geschlechtsspezifisch korrekt"<br />

gegenüber <strong>der</strong> BEM-Skala verhalten, sie ordnen sich bevorzugt expressive <strong>und</strong> weniger<br />

instrumentelle Eigenschaften zu. <strong>Weiblichkeit</strong> sch<strong>ein</strong>t darüber hinaus für sie mit Erotik<br />

assoziiert zu s<strong>ein</strong> - die wie<strong>der</strong>um auf den Mann bezogen ist.<br />

Bei den Aussiedlerinnen <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e bei den Frauen aus <strong>der</strong> Türkei tauchen<br />

demgegenüber "männliche" Eigenschaften in "weiblichen" Strukturen auf <strong>und</strong> umgekehrt. Das<br />

Frauenbild <strong>der</strong> Aussiedlerinnen bringt <strong>ein</strong>e Berufsorientierung zum Ausdruck, während bei<br />

den Frauen aus <strong>der</strong> Türkei die Rolle <strong>der</strong> Frau in <strong>der</strong> Familie als Managerin <strong>und</strong> Vermittlerin<br />

offensichtlich <strong>von</strong> größerer Bedeutung für ihr Frauenbild ist.<br />

Korrelationen <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong>sskalen mit <strong>der</strong> BEM-Skala<br />

Bei den korrelativen Zusammenhängen <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong>skonzepte mit <strong>der</strong> Selbstzuschreibung<br />

bzw. <strong>der</strong> Erfassung <strong>der</strong> Geschlechtstypisierung durch die BEM-Skala zeigen sich weitere<br />

Differenzierungen <strong>und</strong> Vertiefungen <strong>der</strong> oben geschil<strong>der</strong>ten Eindrücke:<br />

Die "traditionellen" <strong>Mutterschaft</strong>s<strong>ein</strong>stellungen zeigen bei allen Gruppen k<strong>ein</strong>en<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> männlichen Selbstbeschreibung, <strong>ein</strong> deutlicher Zusammenhang zeigt<br />

sich allerdings zwischen den Einstellungsbereichen <strong>der</strong> "traditionellen" <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

weiblichen Selbstbeschreibung.<br />

Die Aussiedlerinnen bilden <strong>ein</strong>e gewisse Ausnahme, da sich hier <strong>ein</strong> Zusammenhang zwischen<br />

<strong>der</strong> männlichen (<strong>und</strong> weiblichen) Selbstbeschreibung mit den "alternativen" <strong>Konzepte</strong>n ergibt.<br />

Bei den Befragten aus <strong>der</strong> Türkei zeigt sich <strong>ein</strong> Zusammenhang zwischen den alternativen<br />

<strong>Konzepte</strong>n <strong>und</strong> <strong>der</strong> weiblichen Selbstbeschreibung.<br />

Zwischen Aussiedlerinnen <strong>und</strong> Frauen aus <strong>der</strong> Türkei <strong>ein</strong>erseits <strong>und</strong> westdeutschen Frauen<br />

an<strong>der</strong>erseits ergibt sich <strong>ein</strong> jeweils etwas an<strong>der</strong>s gelagerter Zusammenhang. Die ersten beiden<br />

Gruppen verbinden die weibliche Selbstbeschreibung nur mit den körperlichen <strong>und</strong><br />

emotionalen Erfahrungen <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong>; die westdeutschen Frauen verbinden beide<br />

Dimensionen <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> (auch die lebenserfüllende) mit <strong>der</strong> weiblichen<br />

Selbstbeschreibung. Für die westdeutschen Frauen zeigt sich <strong>ein</strong>e weitere Polarisierung: Ihre<br />

Einstellung zur geteilten Elternschaft korreliert negativ mit <strong>der</strong> weiblichen Selbstbeschreibung,<br />

d. h. <strong>ein</strong>e weibliche Selbstbeschreibung sch<strong>ein</strong>t unver<strong>ein</strong>bar mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach<br />

männlicher Beteiligung bei <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>versorgung <strong>und</strong> -betreuung zu s<strong>ein</strong>.


Für die Gesamtgruppe lässt sich für diesen bedeutsamen Bereich des Zusammenhanges<br />

zwischen geschlechtsspezifischer Selbsttypisierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Einstellung zu <strong>Mutterschaft</strong><br />

festhalten, dass die weibliche Selbstbeschreibung mit den "traditionellen"<br />

<strong>Mutterschaft</strong>sbereichen hoch korreliert <strong>und</strong> die männliche Selbstbeschreibung schwach mit <strong>der</strong><br />

"alternativen" (<strong>und</strong> für die westdeutschen Befragten mit <strong>der</strong> "kritisch-distanzierten")<br />

Einstellung zusammenhängt. Es zeigt sich demnach deutlich <strong>ein</strong> geschlechtsspezifisch<br />

"typischer" Zusammenhang <strong>von</strong> <strong>Weiblichkeit</strong>sdefinition auf <strong>der</strong> <strong>ein</strong>en Seite <strong>und</strong> <strong>Mutterschaft</strong><br />

als <strong>ein</strong>em "traditionellen" weiblichen Identitäts- <strong>und</strong> Lebensbereich auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Eine<br />

alternative bzw. kritische Sicht auf <strong>Mutterschaft</strong> wird mit <strong>ein</strong>er männlichen<br />

Selbstbeschreibung verb<strong>und</strong>en.<br />

Fazit<br />

Für die gesamten Einstellungsbereiche lässt sich in den Gruppen <strong>der</strong> Befragten aus <strong>der</strong> Türkei<br />

<strong>und</strong> auch <strong>der</strong> Aussiedlerinnen feststellen, dass sie sich häufig entgegengesetzt zu den<br />

Einstellungskonstruktionen <strong>der</strong> westdeutschen Befragten äußern. Sie bilden Zusammenhänge<br />

<strong>und</strong> stellen <strong>ein</strong>e Art <strong>von</strong> gleichgelagerten Dimensionierungen her, die <strong>der</strong> "dichotomen Optik"<br />

(Carol Hagemann-White 1988) des westlichen Denkens entgegensteht. Die Dimensionalität<br />

<strong>der</strong> <strong>von</strong> ihnen gebildeten Konstrukte <strong>und</strong> die <strong>von</strong> ihnen hergestellten Verknüpfungen sind<br />

durchgängig an<strong>der</strong>s als die <strong>der</strong> westdeutschen Frauen. Für den Bereich <strong>der</strong><br />

Geschlechtstypisierung lässt sich festhalten, dass sie k<strong>ein</strong>e entgegengesetzten, dichotomen<br />

Dimensionen im Selbstkonzept zum Ausdruck bringen, son<strong>der</strong>n Fem(inität) <strong>und</strong> Mas(kulinität)<br />

sind bei ihnen (nach <strong>der</strong> BEM-Skala) koexistierende <strong>Konzepte</strong>. Sie stehen darüber hinaus auch<br />

nicht im Gegensatz zu den "traditionellen" <strong>Mutterschaft</strong>skonzepten.<br />

Eine "klassisch-weibliche" Haltung zu <strong>Mutterschaft</strong> ist für Aussiedlerinnen <strong>und</strong> Frauen aus <strong>der</strong><br />

Türkei nicht damit gleichzusetzen, dass sie sich in ihrem Selbstkonzept stereotypisch<br />

"weiblich" (im westlichen, expressiven Sinne) klassifizieren. Wie die weiterführende<br />

Auswertung zur BEM-Skala zeigt, ergeben sich für die Befragten aus <strong>der</strong> Türkei <strong>und</strong> für die<br />

befragten Aussiedlerinnen <strong>Weiblichkeit</strong>sbil<strong>der</strong> bzw. Frauenbil<strong>der</strong>, die gänzlich an<strong>der</strong>e<br />

Elemente enthalten, als sie aus den westlichen Stereotypisierungen bekannt sind: Frauen aus<br />

<strong>der</strong> Türkei zielen in ihrem <strong>Weiblichkeit</strong>sbild auf die familiäre, durchaus machtvolle Position<br />

<strong>der</strong> Frau ab, Aussiedlerinnen entwerfen <strong>ein</strong> berufs- <strong>und</strong> arbeitsweltorientiertes<br />

<strong>Weiblichkeit</strong>sbild.<br />

Die Aussiedlerin bringt in den <strong>von</strong> ihr geäußerten Erwartungen an ihr Leben <strong>ein</strong> Frauenideal<br />

zum Ausdruck, das herausragend die verschiedenen Bereiche kombiniert: Eine Frau ist in<br />

diesem Bild unhinterfragt weiblich-mütterlich <strong>und</strong> zugleich weiblich-berufstätig. Dem<br />

westdeutschen "Entwe<strong>der</strong>-O<strong>der</strong>" im Frauenleben steht ihr Bild diametral entgegen.<br />

Die Einstellungen <strong>der</strong> Befragten aus <strong>der</strong> Türkei <strong>und</strong> die <strong>der</strong> befragten Aussiedlerinnen<br />

verweisen, wie beson<strong>der</strong>s in dem Bereich <strong>Mutterschaft</strong> deutlich wird, auf <strong>ein</strong>e nicht-westliche<br />

Mo<strong>der</strong>nität, die in vielen an<strong>der</strong>en Untersuchungen zu diesem Themenbereich so nicht belegt<br />

werden konnte. Aussiedlerinnen zeigen, ebenso wie die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei, im <strong>Vergleich</strong><br />

zu den westdeutschen Frauen <strong>ein</strong> ungebrocheneres Verhältnis zu dem <strong>ein</strong>maligen<br />

Erfahrungsfeld, das <strong>Mutterschaft</strong> <strong>ein</strong>em Frauenleben bietet. Westdeutsche Frauen weisen<br />

vielmehr <strong>ein</strong>e kritische, vielfach gebrochene Haltung in diesem Bereich auf, die in <strong>ein</strong>er<br />

Entgegensetzung zwischen dem "Mutters<strong>ein</strong>" <strong>und</strong> dem "Leben" <strong>ein</strong>er Frau zu münden sch<strong>ein</strong>t.<br />

Die gesellschaftlichen Polarisierungen <strong>und</strong> die dadurch erfahrenen Zwänge sch<strong>ein</strong>en sich im<br />

Umgang <strong>der</strong> westdeutschen Frauen mit dieser Fragestellung deutlich nie<strong>der</strong>zuschlagen.


In den Mutterbil<strong>der</strong>n, mit denen sich diese Gruppe <strong>von</strong> Frauen konfrontiert sieht, wird<br />

Selbstaufgabe <strong>und</strong> -verleugnung als das Charakteristikum <strong>ein</strong>er guten Mutter mitgeteilt. Eine<br />

liebende Mutter ersch<strong>ein</strong>t interesselos als Frau bzw. ihre Interessen ersch<strong>ein</strong>en als nicht<br />

unterschieden <strong>von</strong> denen ihrer Kin<strong>der</strong>. Die Stärke dieser Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit <strong>ein</strong>hergehenden<br />

Wertvorstellungen haben ambivalente Auswirkungen auf das Lebenskonzept je<strong>der</strong> Frau, auch<br />

auf das <strong>der</strong> kin<strong>der</strong>losen <strong>und</strong> berufstätigen Frau.<br />

Der Wunsch nach <strong>ein</strong>er freieren <strong>und</strong> unbelasteteren Lebensgestaltung für die Frau <strong>und</strong> Mutter<br />

sch<strong>ein</strong>t bei den westdeutschen Frauen in <strong>der</strong> deutlichen Skepsis <strong>und</strong> Ablehnung <strong>der</strong><br />

"traditionellen" mütterlichen Einstellungskonzepte aufzugehen.<br />

Die Aussiedlerinnen <strong>und</strong> Arbeitsmigrantinnen sehen dagegen in <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong> die<br />

Kontinuität sichernde existentielle Strategie schlechthin, die allen weiteren Lebensbereichen<br />

gegenüber nicht ausgrenzend, son<strong>der</strong>n tendenziell ver<strong>ein</strong>nahmend ersch<strong>ein</strong>t. Ihr Mutters<strong>ein</strong><br />

steht an<strong>der</strong>en Lebenserwartungen nicht entgegen; ihr weibliches Selbstkonzept ist mit<br />

<strong>Mutterschaft</strong> selbstverständlich <strong>und</strong> eng verb<strong>und</strong>en. Die Realität <strong>der</strong> gelebten <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Möglichkeiten, im Einwan<strong>der</strong>ungs- bzw. Migrationskontext für Kin<strong>der</strong> zu sorgen <strong>und</strong><br />

diese zu erziehen, ist nicht identisch mit den normativen Vorstellungen <strong>und</strong> dem Zugang, den<br />

ihr <strong>der</strong> Aufnahmekontext "vorlebt" <strong>und</strong> vorgibt. Die Orientierungen, die Frauen aus <strong>der</strong> Türkei<br />

ebenso wie Aussiedlerinnen in Richtung <strong>ein</strong>es familiären <strong>und</strong> weiblichen Netzwerkes<br />

mitbringen, ihre Orientierung an <strong>der</strong> sog. multiplen <strong>Mutterschaft</strong> (vornehmlich die Frauen aus<br />

<strong>der</strong> Türkei) ebenso wie ihre Orientierung an nicht-individualistischen, kollektiven <strong>und</strong><br />

familiären Werten, aber auch an an<strong>der</strong>sartig strukturierten Geschlechterbil<strong>der</strong>n, können für den<br />

hiesigen westlichen Lebenskontext mit s<strong>ein</strong>en individualistischen <strong>und</strong> leistungsbezogenen<br />

Wertorientierungen zu <strong>ein</strong>er herausfor<strong>der</strong>nden Kritik werden.<br />

Literatur:<br />

Bem, Sandra L.: The Measurement of Psychological Androgyny, in: Journal of Consulting and<br />

Clinical Psychology, 42.Jg. (1974) Nr.2, S.155-162<br />

FAFRA-Werkstattbericht zu: Basisdaten <strong>der</strong> Stichprobe, Universität Osnabrück, Fachbereich<br />

Erziehungs- <strong>und</strong> Kulturwissenschaften, Mai 1994<br />

FAFRA-Werkstattbericht zu: Geschlechtsrollenorientierung <strong>und</strong> weibliches Selbstkonzept,<br />

Universität Osnabrück, Fachbereich Erziehungs- <strong>und</strong> Kulturwissenschaften, Mai 1994<br />

FAFRA-Werkstattbericht zu: <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> weibliches Selbstkonzept, Universität<br />

Osnabrück, Fachbereich Erziehungs- <strong>und</strong> Kulturwissenschaften, Mai 1994<br />

Hagemann-White, Carol: Wie werden nicht zweigeschlechtlich geboren ..., in: Hagemann-<br />

White, Carol/ Rerrich, Maria S. (Hg.): FrauenMännerBil<strong>der</strong>. Männer <strong>und</strong> Männlichkeit in <strong>der</strong><br />

feministischen Diskussion, Bielefeld: AJZ-Verlag 1988, S.224-235<br />

L.Herwartz-Emden: "<strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> weibliches Selbstkonzept. Eine interkulturellvergleichende<br />

Untersuchung." W<strong>ein</strong>heim <strong>und</strong> München 1995 (Juventa-Verlag)<br />

Interne Konsistenz <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong>sskalen in den verschiedenen Stichproben (Alpha-Werte)<br />

G A T D Stud.I Stud.II<br />

(N=241) (N=85) (N=85) (N=85) (N=114) (N=126)<br />

alternative <strong>Konzepte</strong> .51 .52 .52 .70 2 -- .58<br />

<strong>Weiblichkeit</strong> .82 1 .60 .62 .78 -- .78<br />

Erfüllung .86 1 .81 .74 .85 .81 .56


Belastung .38 .08 .33 .63 2 -- .53<br />

geteilte Elternschaft .41 .25 .35 .61 2 -- .55<br />

1<br />

"Etic"-Skala: interne Konsistenz über alle untersuchten Gruppen hinweg gesichert<br />

2<br />

"Emic"-Skala: interne Konsistenz lediglich aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Stichprobe <strong>der</strong> deutschen Frauen gesichert<br />

Mittelwerte, Streuungen <strong>und</strong> Signifikanzen <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong>sskalen<br />

G A T D<br />

(n=241) (n=85) (n=85) (n=85)<br />

Alternative 1.7 1.6b 1.7b 1.8a<br />

<strong>Konzepte</strong> (.40) (.36) (.40) (.42)<br />

--<br />

<strong>Weiblichkeit</strong> 2.0 2.3b 2.2b 1.6a<br />

(.45) (.25) (.33) (.44)<br />

--<br />

Erfüllung<br />

2.0 2.4c 2.1 1.5<br />

(.62) (.52) (.52) (.49)<br />

Belastung<br />

2.6 2.6 2.6 2.6<br />

(.32) (.29) (.32) (.36)<br />

--<br />

geteilte 2.7 2.5a 2.8b 2.7b<br />

Elternschaft (.35) (.37) (.30) (.31)<br />

--<br />

Stud. I<br />

(n=114)<br />

1.4<br />

(.36)<br />

Stud. II F-WertF<br />

(n=126) (df=2,249)<br />

2.3<br />

(.49)<br />

F=4,44 *<br />

1.7<br />

(.42)<br />

F=80.18***<br />

1.5<br />

(.26)<br />

F=60.71***<br />

2.5<br />

(.37)<br />

N.S.<br />

2.8<br />

(.25)<br />

F=14,7***<br />

Signifikanzniveau: ***p


Feminin 8 23 15 46<br />

Maskulin 16 4 24 44<br />

Undiffer. 20 13 24 57<br />

Insgesamt<br />

(Spalte)<br />

70 80 78 228<br />

Korrelationen <strong>der</strong> Fem- <strong>und</strong> Mas-Skalen nach Gesamt- <strong>und</strong> <strong>ein</strong>zelnen Gruppen<br />

Gesamt A T D<br />

Skalen Mas Mas Mas Mas<br />

Fem .3016** .3535** .6098** -.0921<br />

** 1% Niveau<br />

Zweifaktorielle Faktorenanalyse - BSRI - nach Gruppen<br />

Aussiedlerinnen Frauen aus <strong>der</strong> Türkei Deutsche Frauen<br />

Faktor 1 Faktor 2 Faktor 1 Faktor 2 Faktor 1 Faktor 2<br />

196:<br />

179:<br />

176:<br />

203: respekt<strong>ein</strong>flössend<br />

(m) .62<br />

.60 nachgiebig .69 eigenschaften<br />

207: furchtlos 201: Führungs-<br />

bestimmt<br />

romantisch<br />

auftreten* .66<br />

.77<br />

.69<br />

206: herzlich<br />

.61<br />

204: k<strong>ein</strong>e<br />

barschen Worte<br />

benutzen .58<br />

180: intelligent<br />

(m) .55<br />

182: ehrgeizig (-<br />

) (m) -.54<br />

187: bemüht,<br />

verletzte<br />

Gefühle zu<br />

besänftigen .53<br />

193:<br />

empfindsam .51<br />

184: selbstaufopfernd<br />

.49<br />

174: glücklich<br />

.47<br />

171:<br />

194: abhängig<br />

verführerisch<br />

(-) (w) -.65<br />

(w) .59<br />

188:<br />

entschlossen<br />

.59<br />

178:<br />

sachlich.57<br />

185:<br />

wetteifernd*<br />

.55<br />

175: geschäftmäßiges<br />

Verhalten*<br />

.54<br />

200: nicht<br />

leicht<br />

be<strong>ein</strong>flussbar<br />

.52s<br />

168: eigene<br />

M<strong>ein</strong>ung<br />

vertreten .51<br />

173:<br />

kraftvoll* .50<br />

196:<br />

Führungseigenschaften<br />

.58<br />

181: fröhlich<br />

(w) .57<br />

173: kraftvoll<br />

.57<br />

169: unerschrocken<br />

.55<br />

187: bemüht,<br />

verletzte<br />

Gefühle zu<br />

besänftigen .67<br />

189:<br />

bescheiden .67<br />

177:<br />

weichherzig.65<br />

206: herzlich<br />

.57<br />

178: sachlich<br />

(m) .58<br />

195: 199:<br />

konsequent .54 f<strong>ein</strong>fühlig* .57<br />

202:<br />

scharfsinnig*<br />

.54<br />

179: bestimmt<br />

auftreten .52<br />

194: abhängig<br />

.54<br />

192: Sicherheit<br />

liebend .49<br />

188:<br />

entschlossen<br />

.68<br />

179:<br />

bestimmt<br />

auftreten .66<br />

190: sicher<br />

.66<br />

168: eigene<br />

M<strong>ein</strong>ung<br />

vertreten .65<br />

173: kraftvoll<br />

.56<br />

202:<br />

scharfsinnig*<br />

.55<br />

193:<br />

empfindsam<br />

.65<br />

171:<br />

verführerisch<br />

.61<br />

206: herzlich<br />

.59<br />

170: sinnlich<br />

.59<br />

172: leidenschaftlich<br />

.58<br />

177:<br />

weichherzig*<br />

.51<br />

187: bemüht,<br />

verletzte<br />

169: unerschrocken<br />

.54<br />

Gefühle zu<br />

besänftigen<br />

175:<br />

geschäftsmässiges<br />

Verhalten .54<br />

.47<br />

186: auf<br />

äußere<br />

Ersch<strong>ein</strong>ung<br />

achtend .44


202:<br />

190: sicher*<br />

scharfsinnig (m) .50<br />

.44<br />

199: f<strong>ein</strong>fühlig<br />

.43<br />

181: fröhlich<br />

.42<br />

201:<br />

nachgiebig* .41<br />

176: romantisch<br />

.39<br />

183:<br />

empfänglich für<br />

Schmeicheleien<br />

(-) -.37<br />

170: sinnlich<br />

195: konsequent<br />

(m)<br />

186: auf äußere<br />

Ersch<strong>ein</strong>ung<br />

achtend<br />

171:<br />

verführerisch<br />

192: Sicherheit<br />

liebend<br />

205: verspielt<br />

.48<br />

196:<br />

Führungseigenschaften<br />

.47<br />

177:<br />

weichherzig<br />

(-) (w) -.40<br />

172: leidenschaftlich<br />

.32<br />

207: furchtlos<br />

198: bereit,<br />

etwas zu<br />

riskieren<br />

174: glücklich<br />

(w) .51<br />

184: selbstaufopfernd<br />

.48<br />

204: k<strong>ein</strong>e 180:<br />

180:<br />

barschen Worte intelligent*<br />

intelligent* .50<br />

benutzen* .46 .51<br />

188:<br />

203: respekt<strong>ein</strong>flössend<br />

.49<br />

entschlossen*<br />

(m) .44<br />

186: auf<br />

äußere<br />

Ersch<strong>ein</strong>ung<br />

achtend (w)<br />

.47<br />

190: sicher*<br />

.46<br />

176:<br />

romantisch (w)<br />

.43<br />

200: nicht<br />

leicht<br />

be<strong>ein</strong>flußbar<br />

.42<br />

182: ehrgeizig<br />

.41<br />

172: leidenschaftlich<br />

(w)<br />

.40<br />

183: empfängl.<br />

für<br />

Schmeich..(w)<br />

.39<br />

168: eigene<br />

M<strong>ein</strong>ung<br />

vertreten<br />

185:<br />

wetteifernd*<br />

198: bereit,<br />

etwas zu<br />

riskieren<br />

193:<br />

empfindsam<br />

.36<br />

175: geschäftsmässiges<br />

Verhalten (m)<br />

.34<br />

191: 199:<br />

hartnäckig .54 f<strong>ein</strong>fühlig .42<br />

192:<br />

Sicherheit<br />

liebend .40<br />

197: ohne<br />

181: fröhlich<br />

Unbehagen<br />

.40<br />

kritisieren .50<br />

203: respekt<strong>ein</strong>flössend<br />

.49<br />

200: nicht<br />

leicht<br />

be<strong>ein</strong>flußbar<br />

.47<br />

207:<br />

furchtlos* .46<br />

189:<br />

bescheiden (-)<br />

(w) -.44<br />

195:<br />

konsequent<br />

.42<br />

198: bereit,<br />

etwas zu<br />

riskieren .41<br />

178: sachlich<br />

.39<br />

205: verspielt<br />

(-) (w) -.33<br />

182: ehrgeizig<br />

201:<br />

nachgiebig (-)<br />

(w)<br />

170: sinnlich*<br />

(w)<br />

* "m" (mas) <strong>ein</strong>gefügt in den Skalen, wo die femininen Items häufiger bzw. mit stärkeren<br />

Ladungen vorkommen. Das umgekehrte gilt für "w" (fem).


Korrelationen <strong>der</strong> <strong>Mutterschaft</strong>sskalen mit den Fem- <strong>und</strong> Mas-Werten nach Gesamtgruppe,<br />

Aussiedlerinnen, Frauen aus <strong>der</strong> Türkei <strong>und</strong> deutschen Frauen<br />

Skalen<br />

Gesamt<br />

FEM MAS<br />

MUT-GES .22** .01<br />

alternative Lebensk. .09 .15*<br />

<strong>Weiblichkeit</strong> .33** .03<br />

Lebenserfüllung .19** .06<br />

Belastung .12 .09<br />

geteilte Elternschaft .01 .16*<br />

• 5% Niveau, ** 1% Niveau<br />

Skalen A T D<br />

FEM MAS FEM MAS FEM MAS<br />

MUT-GES --- --- --- --- --- ---<br />

alternative Lebensk. .25* .34** .28* .18 -.12 .03<br />

<strong>Weiblichkeit</strong> .24* .04 .31** .19 .27* -.21<br />

Lebenserfüllung .11 .12 .10 .15 .25* -.16<br />

Belastung .42** .33** .07 .14 -.02 -.09<br />

geteilte Elternschaft .00 .22 .04 .20 -.26* .05<br />

1 Für weitere Informationen über die Stichprobe, vgl. Fafra-Werkstattbericht "Stichprobe" <strong>und</strong> den Beitrag <strong>von</strong> Sedef Gümen in dieser<br />

Publikation.<br />

2 Es handelt sich um das im Forschungsschwerpunktprogramm FABER <strong>der</strong> DFG angesiedelte Forschungsprojekt FAFRA<br />

(Familienorientierung, Frauenbild, Bildungs- <strong>und</strong> Berufsmotivation <strong>von</strong> <strong>ein</strong>gewan<strong>der</strong>ten <strong>und</strong> westdeutschen Frauen in interkulturellvergleichen<strong>der</strong><br />

Perspektive), das seit 1991 (Laufzeit bis 1997) an <strong>der</strong> Universität Osnabrück im Fachbereich Erziehungs- <strong>und</strong><br />

Kulturwissenschaften, Fachgebiet Allgem<strong>ein</strong>e Pädagogik/Frauenforschung durchgeführt wird. Mitarbeiterinnen des Projektes sind: Dr. Sedef<br />

Gümen, Manula Westphal, Dipl. Päd, Tatjana R<strong>ein</strong>ersmann, M.A., Projektleitung: PD Dr. Leonie Herwartz-Emden.<br />

3 Copyright bei FAFRA.<br />

4 Neben <strong>der</strong> Gruppenzugehörigkeit wurden in den Auswertungen auch an<strong>der</strong>e Einflüsse untersucht, so z. B. die Qualifikation <strong>und</strong><br />

Schichtzugehörigkeit <strong>der</strong> Befragten, aber auch das Einreisejahr, die Kin<strong>der</strong>zahl etc. (Es lässt sich beispielsweise <strong>ein</strong> Effekt <strong>der</strong> Variable<br />

Qualifikationsschicht auf die untersuchten Einstellungen nachweisen, <strong>der</strong> aber die Auswirkungen <strong>der</strong> Gruppenzughörigkeit nicht aufhebt.)<br />

Die Ergebnisse hierzu können an dieser Stelle nicht dargestellt werden, sind aber in den Werkstattberichten des Projektes FAFRA erhältlich.<br />

5 Zu den statistischen Ergebnissen siehe die Tabellen im Anhang des Artikels.


6 Die Originalskala wurde <strong>von</strong> <strong>der</strong> Sozialpsychologin Sandra Bem in den 70er Jahren in Kalifornien entwickelt. Im Unterschied zu den<br />

klassischen "sex-role"-Skalen werden Männlichkeit <strong>und</strong> <strong>Weiblichkeit</strong> als zwei unabhängige Dimensionen gemessen, die gleichermaßen zur<br />

Beschreibung <strong>ein</strong>er Person herangezogen werden können. Die BEM-Skala misst, korrekt gesagt, die Geschlechtstypisierung im<br />

Persönlichkeitsselbstkonzept o<strong>der</strong>, ver<strong>ein</strong>fachter, die Konstrukte instrumentelles <strong>und</strong> expressives Selbstkonzept. Bem hat in ihrer Skala die<br />

Kategorie <strong>der</strong> "Androgynie" operationalisiert <strong>und</strong> sie in die bis dahin gebräuchlichen traditionellen "Maskulin-Feminin-Skalen" <strong>ein</strong>gefügt. In<br />

<strong>der</strong> BEM-Skala wird je <strong>ein</strong>e Männlichkeitsskala, <strong>ein</strong>e <strong>Weiblichkeit</strong>sskala sowie <strong>ein</strong>e androgyne o<strong>der</strong> neutrale Skala separat vorgegeben. Die<br />

zu untersuchende Person beurteilt sich beim Einsatz <strong>der</strong> BEM-Skala hinsichtlich <strong>der</strong> sechzig vorgegebenen Eigenschaften auf <strong>ein</strong>er Sieben-<br />

Punkte-Skala. Zwanzig dieser Eigenschaften sind als traditionell männlich definiert, wie bspw. ehrgeizig, analytisch, selbstsicher,<br />

unabhängig; zwanzig <strong>der</strong> Eigenschaften sind als traditionell weiblich definiert, wie bspw. herzlich, sanft, verständnisvoll, empfindsam;<br />

zwanzig <strong>der</strong> Eigenschaften sind neutrale Eigenschaften, wie bspw. aufrichtig, fre<strong>und</strong>lich, liebenswürdig.<br />

7 Vgl. die statistischen Ergebnisse in den Tabellen im Anhang.<br />

8 Vgl. hierzu die Tabelle im Anhang.<br />

Quellenangabe:<br />

Herwartz-Emden, Leonie: <strong>Konzepte</strong> <strong>von</strong> <strong>Mutterschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Weiblichkeit</strong>. In: Leonie Herwartz-<br />

Emden (Hrsg.): Einwan<strong>der</strong>erfamilien: Geschlechterverhältnisse, Erziehung <strong>und</strong><br />

Akkulturation. Osnabrück: Rasch Verlag 2000, S. 85-98

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!