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Arbeitsblatt 3

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Kant und Nagarjuna - Erkenntnistheoretische und ethische Grundlagen im Idealismus<br />

und Madhyamaka<br />

<strong>Arbeitsblatt</strong> 3<br />

Erkenntnistheoretische Positionen:<br />

Urteilsformen/Apriorische Anschauungsformen/Kategorien<br />

A. Urteilsformen<br />

1. Die transzendentale Betrachtungsweise<br />

Lässt sich das Interesse der Vernunft für Kant durch drei Fragen kennzeichnen (1. Was kann<br />

ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen?), so haben wir es im Hinblick auf<br />

Kants erkenntnistheoretische Position zunächst mit der ersten Frage zu tun. Sie verlangt die<br />

Angabe der Bedingungen, unter denen Erkenntnis von Gegenständen – sei es den<br />

Gegenständen der alltäglichen Erfahrung oder sei es der mathematischen Naturwissenschaft –<br />

als möglich begriffen werden kann. Diese Frage nach den Bedingungen, unter denen die<br />

Erkenntnis von Gegenständen möglich ist, bestimmt die transzendentale<br />

Betrachtungsweise:<br />

Transzendental nennt Kant insofern alle Erkenntnis, „die sich nicht sowohl mit Gegenständen,<br />

sondern mit unserer Erkenntnißart von Gegenständen, sofern diese a priori möglich sein soll,<br />

überhaupt beschäftigt“ (Kr.d.r.V. B XXXVI).<br />

Aufgabenstellung:<br />

1. Erläutern Sie, was Kant unter einer „transzendentalen Erkenntnis“ versteht.<br />

2. Worüber genau soll die transzendentale Erkenntnis Aufklärung verschaffen?<br />

3. Welches ist die Methode der transzendentalen Betrachtungsweise?<br />

2. Die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit von Gegenstanderfahrung<br />

Auch für Kant besteht kein Zweifel daran, dass unsere Erkenntnis mit der Erfahrung anhebt.<br />

Doch könnte es sein, dass unsere Erfahrungserkenntnis außer dem, was wir durch (sinnliche)<br />

Eindrücke empfangen, darüber hinaus noch das enthält, „was unser eigenes<br />

Erkenntnisvermögen (durch sinnliche Eindrücke bloß veranlaßt) aus sich selbst hergibt“<br />

(Kr.d.r.V. B 1).<br />

Mit Hume ist zwar auch Kant davon überzeugt, dass unsere Urteile über bestimmte Tatsachen<br />

stets hypothetisch sind, er erkennt aber, dass die Aufstellung von Hypothesen auf<br />

Voraussetzungen beruht, die selbst nicht mehr hypothetisch sind. Dies gilt insbesondere dann,<br />

wenn wir über die kausale Beziehung zwischen Gegenständen urteilen. Urteilen wir<br />

beispielsweise angesichts der Tatsache, dass sich ein von der Sonne beschienener Stein<br />

erwärmt hat, dass die Bestrahlung durch die Sonne die Ursache der Erwärmung sei, dann ist<br />

in diesem Urteil das Kausalitätsprinzip (gemäß dem Änderungen der Eigenschaften der Dinge<br />

immer von Ursachen abhängen bzw. Vorgänge in der Natur stets kausal bedingt sind) bereits<br />

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vorausgesetzt. Ohne die Voraussetzung des Kausalprinzips könnte weder nach der Ursache<br />

eines bestimmten Ereignisses gefragt werden noch könnten Annahmen über konkrete<br />

Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge gemacht werden.<br />

Das Kausalitätsprinzip stellt also eine Bedingung der Möglichkeit unserer<br />

Gegenstandserfahrung dar, die sich nicht aus der Erfahrung begründen lässt. Das<br />

Kausalitätsprinzip kann auch nicht das Ergebnis einer Induktion bzw. einer<br />

Verallgemeinerung von Einzelbeobachtungen sein, denn es gilt ausnahmslos.<br />

Im Gegensatz zum Empirismus nimmt Kant also an, dass es Urteile über die Wirklichkeit<br />

gibt, die nicht hypothetisch sind, sondern streng allgemein und notwendig gelten. Ihre<br />

Gültigkeit lässt sich aber für Kant, im Unterschied zum Rationalismus, nicht auf unmittelbare<br />

Einsichtigkeit (Evidenz) oder gar auf ein vorgebliches Angeborensein zurückführen.<br />

Vielmehr liegt die Gültigkeit solcher Urteile über die Wirklichkeit für Kant darin, dass sie die<br />

Bedingungen ausdrücken, die notwendig sind, um die Erfahrung von Gegenständen<br />

begreiflich zu machen.<br />

Kant fragt entsprechend nicht, ob es solche Urteile gibt, die, wie das Kausalitätsprinzip, streng<br />

allgemein gelten und sich dennoch auf die Wirklichkeit (wenn auch nicht auf einzelne<br />

Tatsachen) beziehen, sondern wie sie möglich sind. Diese Frage, wie eine streng<br />

allgemeingültige Erkenntnis von Zusammenhängen der Wirklichkeit möglich ist, lautet in der<br />

Formulierung Kants: Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?<br />

Aufgabenstellung:<br />

1. Unterscheiden Sie noch einmal die erkenntnistheoretischen Positionen von Descartes,<br />

Hume und Kant hinsichtlich ihrer grundlegenden Frage- bzw. Problemstellung.<br />

2. Urteilsformen<br />

Kant geht es zunächst um ganz bestimmte Merkmale unserer Urteile, mit deren Hilfe wir ganz<br />

selbstverständlich über die Gegenstände und die Beziehungen zwischen Gegenständen<br />

unserer Erfahrungswelt urteilen, wobei diese Urteile – wie beispielsweise das Urteil: Alles,<br />

was geschieht, hat seine Ursache – beanspruchen, streng allgemein für die Erfahrung gültig zu<br />

sein. Kant geht es also um Erfahrungserkenntnis, die nicht bloß durch komparative<br />

Allgemeinheit ausgezeichnet bzw. durch Induktion gewonnen wird, sondern durch<br />

Notwendigkeit (was besagt, dass es sich notwendig so verhält, d.h. das Gegenteil ist<br />

unmöglich) und strenge Allgemeinheit (was besagt, dass etwas in allen Fällen zutrifft, d.h.<br />

eine Ausnahme ist unmöglich) ausgezeichnet ist.<br />

2.1. Analytische Urteile<br />

Notwendigkeit kommt zunächst denjenigen Urteilen zu, die Kant Erläuterungsurteile nennt.<br />

Kants Beispiel: Alle Körper sind ausgedehnt.<br />

Solche Urteile sind zwar durch Notwendigkeit ausgezeichnet, denn sie beruhen auf dem<br />

logischen Prinzip des zu vermeidenden Widerspruchs, sie erweitern unsere Erkenntnis<br />

hinsichtlich der Erfahrung, um die es Kant geht, aber nicht. Denn die Verknüpfung des<br />

Prädikats mit dem Subjekt geschieht hier bloß durch Identität. Einfach ausgedrückt: Das<br />

Prädikat (Ausdehnung) ist im Subjekt (Körpersein) bereits enthalten.<br />

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Dennoch sind diese Urteile Urteile a priori und keine Urteile a posteriori bzw. keine<br />

Erfahrungsurteile im weiteren Sinne, weil ich nicht erst die Erfahrung brauche, um solche<br />

Urteile zu fällen.<br />

Aufgabenstellung:<br />

1. Erläutern Sie, weshalb analytische Urteile immer Urteile a priori sind, nicht aber alle<br />

Urteile a priori notwendigerweise analytische Urteile.<br />

2. Erläutern Sie, weshalb es keine analytischen Urteile a posteriori geben kann.<br />

3. Unterscheiden Sie die Begriffe „transzendental“ und „a priori“.<br />

2.2. Synthetische Urteile<br />

2.2.1. Synthetische Urteile a posteriori<br />

Kant fragt nun, wie es sich mit solchen Urteilen verhält, die er Erweiterungsurteile nennt.<br />

Kants Beispiel: Alle Körper sind schwer.<br />

In diesem Urteil wird ein Prädikat, welches nicht bereits im Subjekt liegt, aufgrund der<br />

Erfahrung mit dem Subjekt synthetisch verbunden. Einfach ausgedrückt: Ich muss mich auf<br />

die Erfahrung stützen, um solche Urteile aussagen zu können. In solchen synthetischen<br />

Urteilen a posteriori wird meine Erkenntnis hinsichtlich des Subjekts zwar erweitert (der<br />

Begriff der Schwere ist nicht bereits im Begriff des Körpers analytisch enthalten), einer<br />

solchen Erkenntnis kommt aber niemals strenge Allgemeinheit zu, sondern nur angenommene<br />

und komparative Allgemeinheit durch Induktion.<br />

Aufgabenstellung:<br />

1. Erläutern Sie die Begriffe Notwendigkeit und strenge Allgemeinheit im Sinne Kants.<br />

2.2.2. Synthetische Urteile a priori<br />

In analytischen Urteilen a priori stützen wir uns auf die Analyse und den logischen Satz des<br />

Widerspruchs bzw. auf das Prinzip vom zu vermeidenden Widerspruch. In synthetischen<br />

Urteilen a priori stützen wir uns auf die Erfahrung. Bei synthetischen Urteilen a priori, die wir<br />

unseren empirischen Urteilen zugrunde legen müssen, wenn wir mit dem Anspruch auf<br />

strenge Allgemeinheit und Notwendigkeit über Gegenstände der Erfahrung urteilen, fehlt uns<br />

diese Stütze der Erfahrung gänzlich.<br />

Der Satz etwa „Alles, was geschieht, hat seine Ursache“ ist kein analytisches Urteil, weil er<br />

unsere Erkenntnis hinsichtlich der Erfahrung erweitert. Er kann aber auch kein synthetisches<br />

Urteil a posteriori sein, denn er kann nicht aus der bloßen Beobachtung der Natur gewonnen<br />

sein, weil mir die Erfahrung den Begriff der Kausalität niemals zeigt, den ich allererst<br />

brauche, um eine Erscheinung als Ursache bestimmen zu können. Dennoch beanspruchen wir<br />

mit dem Satz „Alles, was geschieht, hat seine Ursache“ etwas streng Allgemeines und<br />

Notwendiges hinsichtlich unserer Erfahrungswirklichkeit auszusagen.<br />

Wir verwenden also jederzeit ganz selbstverständlich solche Begriffe wie „Ursache“ und<br />

„Wirkung“, die sich allerdings auf der Ebene unserer synthetischen Urteile a posteriori<br />

niemals rechtfertigen lassen.<br />

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Dasjenige, worauf sich der Verstand beispielsweise im Falle des Satzes „Alles, was geschieht,<br />

hat seine Ursache“ stützt, ist gemäß Kant ein reiner Verstandesbegriff (Kategorie), nämlich<br />

derjenige der Kausalität und Dependenz.<br />

Die Schwierigkeit, zu zeigen, wie synthetische Urteile a priori möglich sind, liegt nun darin,<br />

dass wir als erkennende Wesen in der Welt nur zu synthetischen Urteilen a posteriori fähig<br />

sind. Dennoch muss es nachweislich synthetische Urteile a priori geben, weil sich ansonsten<br />

der einheitliche und gesetzliche Zusammenhang unserer Erfahrung gar nicht als möglich<br />

begreifen lässt. Wir müssen also mit Kant die Ebene der Welt der Erfahrung und der<br />

synthetischen Urteile a posteriori zunächst verlassen, ohne dabei den Bezug zu dieser Welt<br />

der Erfahrung gänzlich zu verlieren. Wir müssen uns, wie Kant selbst sagt, auf dieses<br />

Vernunftexperiment einlassen und uns mit Kant im transzendentalen Sinn in das Vorfeld der<br />

Erfahrung begeben, um eine Analyse durchführen zu können, welche Bedingungen vor aller<br />

Erfahrung notwendig gegeben sein müssen, damit eine einheitliche Erfahrung der Welt als<br />

eines gesetzmäßigen Ganzen in Raum und Zeit allererst möglich wird.<br />

Kant wird eine solche Analyse in der Kritik der reinen Vernunft hinsichtlich dem allen<br />

Erkenntnissubjekten gemeinsamen, rein formalen Erkennen durchführen und zwar im<br />

Hinblick auf die apriorischen Formen (Raum und Zeit) unserer Sinnlichkeit (transzendentale<br />

Ästhetik), im Hinblick auf die Begriffe (Kategorien) des reinen Verstandes (transzendentale<br />

Analytik) und im Hinblick auf die Ideen (Seele, Welt, Gott) der reinen Vernunft<br />

(transzendentale Dialektik).<br />

Aufgabenstellung:<br />

1. Erläutern Sie den Begriff „rein“ im Sinne Kants.<br />

2. Kant ist sich durchaus bewusst, dass wir Menschen nur zu synthetischen Urteilen a<br />

posteriori gelangen können. Mit welchem Recht und in welcher Hinsicht spricht er<br />

dennoch von synthetischen Urteilen a priori?<br />

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