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Arbeitsblatt 4

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Kant und Nagarjuna - Erkenntnistheoretische und ethische Grundlagen im Idealismus<br />

und Madhyamaka<br />

<strong>Arbeitsblatt</strong> 4<br />

Erkenntnistheoretische Positionen:<br />

Urteilsformen/Apriorische Anschauungsformen/Kategorien<br />

B. Anschauungsformen a priori (Raum und Zeit)<br />

1. Vorbemerkung<br />

Die Sinnlichkeit – als Fähigkeit, von außer uns Gegebenem affiziert zu werden – wie auch der<br />

Verstand – als das Vermögen der Begriffe – sind gemäß Kant jeweils auf ihre Weise für die<br />

Möglichkeit von Erfahrung unverzichtbar. Und nur wenn die Sinnlichkeit (mit ihren reinen<br />

Anschauungsformen Raum und Zeit) und der Verstand (mit seinen reinen<br />

Verstandesbegriffen bzw. Kategorien) zusammenkommen, kann Erkenntnis von Objekten<br />

entstehen. Entsprechend heißt es bei Kant hinsichtlich Sinnlichkeit und Verstand: »Gedanken<br />

ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Daher ist es eben so<br />

nothwendig, seine Begriffe sinnlich zu machen (d.i. ihnen den Gegenstand in der Anschauung<br />

beizufügen), als seine Anschauungen sich verständlich zu machen (d.i. sie unter Begriffe zu<br />

bringen). Beide Vermögen oder Fähigkeiten können auch ihre Functionen nicht vertauschen.<br />

Der Verstand vermag nichts anzuschauen und die Sinne nichts zu denken. Nur daraus, daß sie<br />

sich vereinigen, kann Erkenntniß entspringen« (Kr.d.r.V., B 75–76/A 51).<br />

Kant wird zunächst eine (theoretische) Unterscheidung zwischen Sinnlichkeit (Anschauung)<br />

und Verstand (diskursivem Denken) vornehmen, um beide analysieren zu können. Später wird<br />

sich ihm das Problem stellen, wie Sinnlichkeit und Verstand wieder zusammenkommen,<br />

damit Erkenntnis von Objekten entstehen kann.<br />

2. Transzendentale Ästhetik<br />

In der transzendentalen Ästhetik analysiert Kant die Sinnlichkeit hinsichtlich ihrer<br />

apriorischen Prinzipien. Dabei erweisen sich Raum und Zeit als die reinen Formen der<br />

Anschauung a priori. Denn ich kann mir weder etwas ohne räumliche Ausdehnung vorstellen,<br />

noch den Raum selbst als geteilt oder nicht existierend. Auch die Zeit als apriorische Form<br />

des inneren Sinnes lässt sich aus der Sinnlichkeit nicht aufheben. Ohne sie ist Dauer, Folge<br />

usw. nicht vorstellbar.<br />

2.1. Der Raum als Anschauungsform a priori<br />

In der metaphysischen Erörterung weist Kant hinsichtlich des Raumes nach:<br />

1. Der Raum ist eine Vorstellung a priori<br />

2. Der Raum ist eine notwendige Vorstellung a priori<br />

3. Der Raum ist kein diskursiver Begriff, sondern eine reine Anschauung<br />

4. Der Raum ist eine notwendige und reine Anschauung a priori<br />

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In der transzendentalen Erörterung weist Kant nach, dass der Raum als eine notwendige<br />

und reine Anschauung selbst Prinzip und Ursprung möglicher synthetischer Erkenntnisse a<br />

priori sein kann, nämlich derjenigen der Geometrie im Rahmen der reinen Mathematik.<br />

2.2. Die Zeit als Anschauungsform a priori<br />

In der metaphysischen Erörterung weist Kant hinsichtlich der Zeit nach:<br />

1. Die Zeit ist ein Vorstellung a priori<br />

2. Die Zeit ist eine notwenige Vorstellung a priori<br />

3. Die Zeit ist kein diskursiver Begriff, sondern eine reine Anschaunng<br />

4. Die Zeit ist eine notwendige und reine Anschauung a priori<br />

In der transzendentalen Erörterung weist Kant nach:<br />

Die Zeit liegt als Prinzip nicht nur der reinen Mathematik und allgemeinen Bewegungslehre<br />

und deren synthetischen Erkenntnissen a priori zugrunde, sondern in gewissem Sinne auch<br />

dem diskursiven Denken selbst, weil verschiedene Vorstellungen nur nacheinander aufgefasst<br />

und verbunden werden können.<br />

Als Form aller Vorstellungen überhaupt erweist sich die Zeit gegenüber dem Raum als das<br />

fundamentalere Prinzip der Sinnlichkeit.<br />

2.3. Folgerungen aus den Erörterungen zu Raum und Zeit<br />

Für Raum und Zeit aber gilt gleichermaßen, dass sie als Prinzipien unserer äußeren und<br />

inneren Anschauung bloße Gegebenheitsweisen von Dingen sind, d.h. äußerer und innerer<br />

Sinn zeigen uns die Dinge (einschließlich unseres Ich) nicht an, wie sie an sich sind, sondern<br />

wie sie uns als Nebeneinander im Raum und als Nacheinander in der Zeit als Erscheinungen<br />

im Rahmen einer und möglichen Erfahrung gegeben werden. Anders formuliert: Raum und<br />

Zeit stellen keine Bestimmungen der Dinge an sich dar, d.h. sie besitzen transzendentale<br />

Idealität. Als (subjektive) Bedingungen unserer Anschauung aber besitzen Raum und Zeit<br />

empirische Realität bzw. objektive Gültigkeit in Ansehung aller Gegenstände, die jemals<br />

unseren Sinnen gegeben werden.<br />

Entsprechend lautet der Lehrbegriff des transzendentalen Idealismus: „daß alles, was im<br />

Raume oder der Zeit angeschauet wird, mithin alle Gegenstände einer uns möglichen<br />

Erfahrung nichts als Erscheinungen, d.i. bloße Vorstellungen, sind, die so, wie sie vorgestellt<br />

werden, als ausgedehnte Wesen oder Reihen von Veränderungen, außer unseren Gedanken<br />

keine an sich gegründete Existenz haben. (Kr.d.r.V., B 518–519).<br />

Aufgabenstellung:<br />

1. Erläutern Sie, welche Stellung der Sinnlichkeit für Kant im Hinblick auf Erkenntnisse<br />

gegenüber dem Rationalismus, Empirismus und Skeptizismus zukommt.<br />

2. Erläutern Sie den Begriff „Erscheinung“ im Sinne Kants und setzen Sie ihn von dem<br />

Begriff des bloßen „Scheins“ ab.<br />

3. Erläutern Sie, weshalb den letztlich subjektiven Anschauungsformen Raum und Zeit<br />

für Kant dennoch objektive Gültigkeit für die Erfahrung von Gegenständen zukommt.<br />

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