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»DER TOD WAR MEIN LEHRMEISTER«<br />

Begegnung mit Nelly Sachs – Ein Gespräch mit Gisela Dischner<br />

Von Arne Grafe, Hannover<br />

»…das Ohr für Ihre wunderbaren Gedichte muß man haben,<br />

das kann niemandem angeklebt werden!«<br />

(Gisela Dischner an Nelly Sachs, 16. August 1966)<br />

Die Literaturwissenschaftlerin Gisela Dischner (geb. 1939) und die Dichterin Nelly Sachs<br />

(1891–1970) lernen sich am 17. Oktober 1965 im Hause Siegfried Unselds erstm<strong>als</strong> persönlich<br />

kennen. Nelly Sachs nimmt an diesem Tag in Frankfurt am Main den Friedenspreis des Deutschen<br />

Buchhandels entgegen und Siegfried Unseld, ihr Verleger, gibt zu Ehren der Dichterin am Abend<br />

einen Empfang. Gisela Dischner gehört zusammen mit ihrem späteren Ehemann Chris Bezzel,<br />

der zu der Zeit noch Lektor bei Suhrkamp ist, zu den geladenen Gästen. An jenem Abend<br />

fotografiert Gisela Dischner Nelly Sachs zusammen mit Günther Eich (s. Abb.) – ein Bild, das sie<br />

Nelly Sachs anschließend zuschickt. Über dieses Zusammentreffen mit Nelly Sachs, wird sie<br />

später an Paul Celan schreiben, sie habe »unendlich Rührung« mit der 48 Jahre älteren Dichterin<br />

empfunden, »man spürt förmlich im Anschauen, daß sie leidet und will sie instinktiv beschützen«.<br />

[1]<br />

[Günter Eich zusammen mit Nelly Sachs beim Empfang im Hause Siegfried Unselds (Foto: Gisela Dischner)]<br />

Am 3. Dezember 1965 schreibt Gisela Dischner ihren ersten Brief nach Stockholm, in dem sie<br />

bereits hinsichtlich ihrer geplanten Dissertation Poetik des modernen Gedichts. Zur Lyrik von Nelly<br />

Sachs ganz konkrete Fragen an Nelly Sachs stellt, z.B. zu ihrer »Begegnung mit dem<br />

Chassidismus«. [2] Auf die Anfrage der Doktorandin reagiert Nelly Sachs zunächst mit einem<br />

Buchgeschenk; sie schickt Gisela Dischner zu Beginn des Jahres 1966 ihren Gedichtband Fahrt<br />

ins Staublose (Frankfurt/M., 1961). Das Exemplar hat sich erhalten. Es enthält keine Widmung,<br />

1


doch viele Lese- und Arbeitsspuren von Gisela Dischner selbst, die sie mit Bleistift darin eintrug.<br />

Auf dem Haupttitelblatt des Bandes sind etliche Stichworte und Namen verzeichnet, die sie mit<br />

den Gedichten der Nelly Sachs für ihre Dissertation in Verbindung brachte. Es finden sich dort<br />

die bekannten Namen »Kafka«, »Rilke«, »Trakl«, »Hölderlin« und »Celan«, zudem Begriffe wie<br />

»Wahnsinn«, »Trauma« und »Vergessenheit« – alle über Seitenzahlen den entsprechenden<br />

Gedichten aus dem Band zugewiesen (s. Abb.).<br />

[Titelblatt des Exemplars von Fahrt ins Staublose (1961) aus dem Besitz von Gisela Dischner (Ausschnitt)]<br />

Eine konkrete und schriftliche Antwort von Nelly Sachs auf Gisela Dischners ersten Brief erfolgt<br />

erst am 12. Juli 1966. [3] Dieser Brief enthält die ebenso erschreckend schmerzvolle wie<br />

prägnante Antwort von Nelly Sachs auf die Frage nach ihren Einflüssen: »Der Tod war mein<br />

Lehrmeister«. [4] In einem Postskriptum des Briefes wird Nelly Sachs zudem schreiben: »Die<br />

chassidische Mystik, die ich während meiner Krankenhauszeit kennen lernte, gab mir Trost und<br />

das Gefühl etwas tief verwandtes gefunden zu haben. Dieses Leben, diese Materie zu durchleiden<br />

um es durchsichtig zu machen. Die Heiligung des Augenblicks.«<br />

Die anschließende Korrespondenz umfaßt (zusammen mit den 2 bereits genannten Briefen) etwa<br />

55 Dokumente und dauert bis ins Jahr 1970 hinein an. Schon nach wenigen Briefen ist Nelly<br />

Sachs bemüht, Beiträge Gisela Dischners über ihre Lyrik an Herausgeber und Verleger zu<br />

vermitteln. Mit Erfolg: In der Festschrift zum 75. Geburtstag der Dichterin Nelly Sachs zu Ehren,<br />

die 1966 bei Suhrkamp erscheint, ist Gisela Dischner – auch zur Freude der Kritiker [5] – mit<br />

dem Aufsatz Das verlorene und wieder gerettete Alphabet vertreten, weitere Beiträge Dischners über<br />

Nelly Sachs folgen (s. Literatur).<br />

1967 schickt Nelly Sachs an Gisela Dischner sogar den abschließenden, vierten Teil der Glühenden<br />

Rätsel, mit dem Wunsch, sie möge eine Einleitung zu dem Gedichtzyklus schreiben. [6] Gisela<br />

Dischner willigt ein und beginnt sofort mit der Arbeit, aber Siegfried Unseld entscheidet gegen<br />

eine Einleitung der Gedichte. [7] – Der vollständige Band – zuvor waren einzelne Teile des<br />

Zyklus separat publiziert worden – erscheint 1968 letztlich ohne Gisela Dischners Vorrede in der<br />

Insel-Bücherei. [8]<br />

Das von Nelly Sachs an Gisela Dischner gesendete Manuskript des vierten Teils der Glühenden<br />

Rätsel ist heute leider verschollen. Aber im Besitz von Gisela Dischner haben sich zwei<br />

handschriftliche Gedichte von Nelly Sachs aus Teile Dich Nacht erhalten. Gisela Dischner erhielt<br />

2


sie im Mai 1968 per Post. Es sind die Gedichte »Abend in die Knie« und »Und reden quer«, die<br />

gegenüber der Druckfassung nur geringe Abweichungen aufweisen (s. Abb.).<br />

[Abschrift der Gedichte »Abend in die Knie« und »Und reden quer« (1968)]<br />

Weil Ende 1969 ihre Dissertation noch nicht wie erwartet erschienen war, läßt Gisela Dischner<br />

Nelly Sachs vorläufig ein Umbruchexemplar zukommen. [9] Als Dank dafür schreibt Nelly Sachs<br />

am 21. November 1969 auf einer Postkarte: »Liebste Gisela, Ihre großartige Abhandlung ist bei<br />

mir. Ich lese darin sowie ich eine Schmerzstillende Pille nehme«. Auch im letzten Brief von Nelly<br />

Sachs an Gisela Dischner geht die Dichterin trotz ihres gesundheitlich schlechten Zustandes<br />

noch einmal auf die Dissertation ein:<br />

»Liebste Gi[e]sela, in dem Melusine Kapitel haben Sie meine ganze Jugend<br />

aufgedeckt, wunderbar.<br />

Ich liege leider u. muß auf das Buch warten sonst kommen die einzelnen<br />

Blätter durcheinander. Aber Freund Holmqvist gebe ich es jetzt. Er wartet<br />

ungeduldig. Mir geht es schlecht.<br />

Innig Ihre Li S.«<br />

(Nelly Sachs an Gisela Dischner, 5. Februar 1970)<br />

Die Buchausgabe von Gisela Dischners Dissertation dürfte Nelly Sachs nicht mehr rechtzeitig<br />

erreicht haben. Nelly Sachs verstirbt am 12. Mai 1970 an den Folgen eines Krebsleidens.<br />

3


Einige Fragen zu Nelly Sachs<br />

[Gisela Dischner liest in einem ihrer Tagebücher aus<br />

den 60er Jahren (Foto: Arne Grafe)]<br />

Gis el a Dis c hner (Prof. emeritus)<br />

verbringt heute einen Teil des Jahres auf<br />

Mallorca, den anderen in Hannover.<br />

Zuletzt war sie <strong>als</strong> Professorin für<br />

Ne uere Deu tsche Lite ratu rw is s en s chaft<br />

an der Universität Hannover tätig. Erst<br />

kürzlich erschien ihr Buch Gio rdano<br />

Bruno. Denke r – Dich te r – Magier [10].<br />

Über ihre Begegnung mit Nelly Sachs<br />

war sie gerne bereit, einige Fragen zu<br />

beantworten.<br />

Arne Grafe: Sie gaben mir eines Ihrer Fotos, auf<br />

dem Nelly Sachs zusammen mit Günter Eich zu<br />

sehen ist. Dieses Foto entstand am Abend des 17.<br />

Oktober 1965 auf einem Empfang für Nelly Sachs<br />

bei Siegfried Unseld. Was ist Ihnen von diesem<br />

Abend noch in Erinnerung geblieben?<br />

Gisela Dischner: Also was ich in<br />

besonderer Erinnerung habe, ist dieser<br />

riesengroße Bär von Unseld und dieses<br />

winzige, zarte, zerbrechliche Wesen Nelly Sachs. Er hat seine große Tatze (lacht) über die Schulter<br />

von Nelly Sachs gelegt, und sie verschwand darunter beinahe. Er stellte sie dann allen vor. Sie<br />

lächelte sehr freundlich, aber man merkte ihr an, daß sie angestrengt war. Trotzdem ist sie auf alle<br />

freundlich eingegangen.<br />

Ich wollte sie nicht so arg belästigen. Sie wollte eigentlich länger mit mir reden, aber es haben sie<br />

natürlich alle umringt, dadurch bin ich gar nicht so sehr mit ihr ins Gespräch gekommen. Ich<br />

weiß nur, einen sehr langen, intensiven Blick haben wir ausgetauscht, der war mir eigentlich<br />

wichtiger <strong>als</strong> das Reden.<br />

Natürlich waren Kritiker da, die ›High Snobiety‹ von Frankfurt und dann hat Günter Eich sich zu<br />

ihr gesetzt, der schätzte sie sehr. Was sie aber von Günter Eich wußte und kannte, das wußte ich<br />

nicht – das weiß ich auch heute noch nicht. Jedenfalls haben sie sich sehr intensiv unterhalten,<br />

das konnte ich beobachten und da habe ich eben zwei Fotos gemacht. Sie hat sich dann natürlich<br />

auch sehr an Unseld gewandt, denn der hatte das Ganze organisiert.<br />

Nelly Sachs hatte eine nicht sehr laute Stimme, deswegen ist auch alles ziemlich still gewesen,<br />

wenn sie gesprochen hat. Das hat sich später aber etwas aufgelöst, <strong>als</strong> sie ins Privatgespräch mit<br />

Eich und anderen kam.<br />

Ich habe keine ganz genaue Erinnerung, wer da war, aber die Lektoren natürlich alle und ich<br />

denke, daß der Leonhardt von der Zeit auch da war, aber ich bin nicht mehr ganz sicher.<br />

AG: War das Ihr einziges Zusammentreffen mit Nelly Sachs?<br />

Gisela Dischner: Ja! Ich habe sie nur ein einziges Mal wirklich gesehen.<br />

AG: Und dann auch nur ganz kurz gesprochen?<br />

4


Gisela Dischner: Ja, das war kein sehr langes Gespräch; es war ein unterbrochenes Gespräch.<br />

Sie hatte das Bedürfnis mit mir zu sprechen, das merkte ich, aber dann haben sich immer andere<br />

hereingedrängt. Also wir sprachen und dann war wieder Unterbrechung. Dadurch ist es nicht so<br />

intensiv weitergegangen. Es war am Anfang sehr intensiv. Und ab und zu hat sie auch zu mir<br />

herübergelächelt, wenn sie mit anderen im Gespräch war. Ich merkte, daß sie den Kontakt wohl<br />

wichtig fand.<br />

AG: In einem Brief vom Sommer 1967 schreiben Sie an Paul Celan in Bezug auf das Wort »handwach« aus<br />

seinem Gedicht ›Denk Dir‹: »Ich sehe immer mehr, wie die Epiphanien-Theorie von Joyce auf Dich viel mehr<br />

zutrifft <strong>als</strong> auf Nelly Sachs. Aber über sie arbeite ich und ein kurzhaariges, beneidenswertes Fräulein in<br />

Würzburg über Dich«.<br />

Gisela Dischner: (lacht) … Das war die Dietlind, Wort und Name bei Paul Celan. Später gab’s dann<br />

einen editions-Band über Celan von ihr. Die Kurzhaarige. Mit »M« geht sie an – Meinecke? Ja,<br />

Dietlind Meinecke!<br />

AG: Das klingt beim Lesen der Briefstelle ein bißchen nach Enttäuschung. Man hat das Gefühl, Sie hätten<br />

lieber …<br />

Gisela Dischner: … eigentlich lieber über Celan promoviert! Ich schätze Nelly Sachs sehr, aber<br />

in die Moderne gesehen –. Ich war zu der Zeit mit einem konkreten Poeten zusammen, und<br />

natürlich war Celan sehr viel näher bei der Art wie Chris Bezzel schreibt, <strong>als</strong> Nelly Sachs. Sie ist<br />

noch traditioneller. Und die Epiphanien-Theorie, das ist etwas sehr, sehr modernes. Ich hab<br />

darüber einiges geschrieben und Joyce hat im Stephen Daedalus auch ausführlich von diesen<br />

Konstellationspunkten gesprochen. Und solche Konstellationspunkte, die dann ausstrahlen, die<br />

finde ich in dieser Art eben bei Celan sehr viel deutlicher, <strong>als</strong> bei Nelly Sachs. Ich würde es so<br />

sagen: Nelly Sachs benennt noch mehr, was bei Celan eigentlich schon sehr hermetisch ist. Und<br />

wenn Sie Joyce kennen, das ist auch oft eher hermetisch.<br />

AG: In dem schon erwähnten Brief vom Sommer 1967 schreiben Sie auch, daß Sie eine Einleitung Ihrer<br />

Dissertation über Nelly Sachs und auch Teile davon an Paul Celan schicken werden. An Nelly Sachs haben Sie<br />

ebenfalls Teile daraus geschickt. Sie reagiert darauf sehr positiv. Am 13. August 1968 schreibt sie Ihnen: »Sehr<br />

liebe Gisela, herzlichen Glückwunsch zum schönen Erfolg. Ich freue mich mit Ihnen. Wie tief haben Sie mich<br />

verstanden«. Wie reagierte Paul Celan auf Ihre Arbeit?<br />

Gisela Dischner: Der hat deswegen nicht geschrieben, weil wir uns getroffen haben. Er war im<br />

Gespräch sehr angetan von der Dissertation und sagte nachträglich: »vielleicht hättest Du doch<br />

über mich schreiben sollen«, auch weil ihm das Kapitel über ihn gut gefallen hat. Und natürlich<br />

ist die ganze Dissertation ein bißchen von ihm beeinflußt. Also zum Beispiel die Geschichte mit<br />

der »Hölderlin-Linie der Moderne«: Das war so eine Metapher, die mir einfiel. Ich war nicht ganz<br />

sicher, ob man das so sagen kann, und er hat mich ganz stark darin bestätigt. Diese Idee habe ich<br />

später – wie Sie wissen – wieder aufgenommen. Vor allem meine Idee eines Initiatischen, was ich<br />

da so noch nicht ganz formuliere, aber daß es sich um ein Phänomen handelt, – ich kann es<br />

vielleicht so umschreiben: Celan sagte, er verstehe seine Poesie <strong>als</strong> sakral. Und dieses Moment –<br />

das hat mit dem Epiphanischen auch etwas zu tun – dieses Moment des Mystischen,<br />

Initiatorischen im Gedicht, das ist eben eine ganz bestimmte Linie der Moderne, die von<br />

Hölderlin kommt. Hölderlin spricht auch vom Priesteramt des Dichtens. In Brot und Wein gibt es<br />

ja diese Stelle wo er sagt: »sie ziehen von Lande zu Land«, die Dichter – so wie früher die<br />

Dionysospriester.<br />

AG: Aber wo wäre Kafka da einzuordnen? In Ihrer Korrespondenz mit Paul Celan ziehen Sie einen Vergleich<br />

zwischen Nelly Sachs und Franz Kafka; Sie hätten den Eindruck, daß sich beide »nahe« seien.<br />

5


Gisela Dischner: Das würde ich jetzt doch abschwächen. Ich denke, es gibt Momente, die<br />

ähnlich sind. Kafka ist sehr viel radikaler <strong>als</strong> Nelly Sachs, aber in einer unglaublich genauen<br />

Beobachtung sind sie sich ähnlich – Kafka hat die Eigenschaft, winzige Kleinigkeiten zu<br />

beobachten. Auch in der Reflexion auf Macht, Gewaltverhältnisse, auf den Dichter oder die<br />

Person, die ohnmächtig ist, ähneln sie sich. Ich erinnere mich an einen Ausspruch von Kafka wo<br />

er vom Familientisch spricht – Sie wissen, er hatte einen sehr autoritären Vater, der immer<br />

furchtbar geschimpft hat, wenn ein paar Brösel auf dem Tisch waren –, Kafka beobachtet, daß<br />

unter seinem Tisch die meisten Brösel waren und schreibt <strong>als</strong> Kommentar: »Aufmerksamkeit ist<br />

die Macht der Ohnmächtigen«. Und dieses Moment ist etwas, das auch bei Nelly Sachs ganz stark<br />

ist. Übrigens auch bei Celan. Beide haben Kafka sehr genau rezipiert. Das war sehr wichtig für<br />

sie. Ich denke allerdings, daß der Einfluß von Hölderlin oder Rilke noch stärker ist.<br />

AG: Rilke, ein gutes Stichwort. Ich würde gerne aus einem Brief zitieren, den Nelly Sachs Ihnen am 12. Juli<br />

1966 schrieb. Es heißt darin: »Nicht Rilke und nicht die chassidische Mystik sind in irgend welcher Form für<br />

mich in Beziehung zu bringen. (Mit Rilke habe ich mich dazu nie beschäftigt) sondern die furchtbaren Erlebnisse,<br />

die mich selbst an den Rand des Todes und der Verdunkelung gebracht haben, sind meine Lehrmeister gewesen.<br />

Hätte ich nicht schreiben können, so hätte ich nicht überlebt«. …<br />

Gisela Dischner: … »Der Tod war mein Lehrmeister«.<br />

AG: Und weiter: »Wie hätte ich mich mit etwas anderem beschäftigen können, meine Metaphern sind meine<br />

Wunden. Nur daraus ist mein Werk zu verstehen. Machen Sie sich <strong>als</strong>o nicht unnötig schwer Ihre Arbeit. Für<br />

Quelle und Ziel gibt es nur dieses Eine«.<br />

Gisela Dischner: Moment, schrieb sie: »mit Rilke nie beschäftigt«? Das glaube ich nicht. Das<br />

stimmt auch nicht. Sie ist richtiggehend beeinflußt worden.<br />

AG: Darauf wollte ich hinaus. An Gudrun Dähnert schreibt Nelly Sachs im Juni 1947: »Von Rilke las ich<br />

die Muzot-Briefe einmal und kannte diesen Satz von den Bienen des Unsichtbaren«. Die »Bienen des<br />

Unsichtbaren«, das stammt aus einem Brief Rilkes an seinen polnischen Übersetzer Withold Hulewicz. Wäre<br />

damit nicht schon Rilkes Einfluß auf Nelly Sachs belegt?<br />

Gisela Dischner: Also ich denke – wie gesagt –, daß sie von Rilke beeinflußt ist und wenn man<br />

an ihren Background in Berlin denkt, – in diesen Zirkeln war Rilke total in. Es ist gar nicht<br />

möglich, daß sie an Rilke vorbeigegangen ist. Ich weiß nicht, ob das nicht auch ein bißchen so<br />

eine Selbststilisierung von ihr ist, oder eine Verdrängung; <strong>als</strong>o daß sie absolut originell sein wollte,<br />

was eigentlich Unsinn ist, denn jedes Originalgenie kommt ja aus einer Tradition, das ist doch<br />

völlig klar. Ich bin vollkommen sicher, daß sie von Rilke beeinflußt ist. Ich meine, Celan steht<br />

dazu, aber bei ihm ist es auch überdeutlich.<br />

Die Biene übrigens – das ist natürlich die Bildung von Rilke dabei – die Biene, das ist ein altes<br />

Symbol für den Dichter. Das ist <strong>als</strong>o nicht nur eine unverbindliche Metapher. Schon bei Walter<br />

von der Vogelweide gibt es eine Stelle, wo er Vögel und Bienen miteinander kombiniert. Die<br />

Biene ist etwas was den Hönig bringt und fleißig ist, und die »Bienen des Unsichtbaren« sind<br />

dann eben die Dichter.<br />

AG: Noch einmal zurück zu Paul Celan und Nelly Sachs; In Ihrer Dissertation gehen Sie auf die absolute<br />

Metapher ein: Sie sei »ein Grundelement der Moderne. Indem sie Disparates und sogar Entgegengesetztes<br />

verbindet, dient sie der modernen Simultaneität verschiedenster Bewußtseinsschichten«. Und <strong>als</strong> Beispiel nennen<br />

Sie das Wort »Blauhaar«. In dem entsprechendem Gedicht aus Suche nach Lebenden heißt es bei Nelly<br />

Sachs: »Während ich hier warte / sehnt sich die Zeit draußen im Meer / aber wird immer wieder an ihrem<br />

Blauhaar zurückgezogen / erreicht nicht Ewigkeit – / noch keine Liebe zwischen den Planeten / aber geheime<br />

Übereinkunft zittert schon –«. In dem Gedicht »Hafen« von Paul Celan findet man den Begriff »Meerhaar« –<br />

6


Gisela Dischner: Ach, in dem »Hafen«-Gedicht, das er in Hamburg geschrieben hat …<br />

AG: … dort heißt es: »Wundgeheilt: wo-, / wenn du wie ich wärst, kreuz- / und quergeträumt von /<br />

Schnapsflaschenhälsen am / Hurentisch // – würfel / mein Glück zurecht, Meerhaar, / schaufel die Welle<br />

zuhauf, die mich trägt, Schwarzfluch, / brich dir den Weg / durch den heißesten Schoß, / Eiskummerfeder -, //<br />

« und so weiter …<br />

Gisela Dischner: (lacht) Das ist natürlich ein ganz anderer Zusammenhang <strong>als</strong> bei Nelly Sachs.<br />

Aber die Metapher könnte – das »Blauhaar« ist älter, nicht wahr?<br />

AG: Das »Hafen«-Gedicht ist von 1964.<br />

Gisela Dischner: Ja das ist älter, denke ich. Aber sei’s drum, sie können beide drauf gekommen<br />

sein. Aber es kann auch sein – das ist ja sowieso diese Frage mit den Einflüssen –, obwohl, es ist<br />

ja eigentlich nicht Einfluß. Also ich würde da im Sinne von Deleuze von einer »Verkettung«<br />

sprechen. Er geht davon aus, daß das Subjekt überhaupt verschwindet und das es in<br />

Begegnungen und auch in der Dichtung und der Kunst eine, – er nennt das: eine »subjektlose<br />

Individuation« – gibt, daß da etwas Neues entsteht. Und, ganz egal, denken wir an die<br />

Metapherngeschichte von »Schwarze Milch der Frühe« usw., – es ist völlig unsinnig jemandem<br />

vorzuhalten das wäre epigonal oder geklaut, wenn der etwas ganz anderes daraus macht, warum<br />

soll er nicht eine Metapher nehmen, die von jemand anderem ist.<br />

AG: Darauf zielte ich auch nicht ab. Ich dachte eher an den Begriff »Meridian«, der im Briefwechsel zwischen<br />

Paul Celan und Nelly Sachs auftaucht.<br />

Gisela Dischner: Den »Meridian des Schmerzes und des Trostes« meinen Sie.<br />

AG: Genau, und ich dachte daran, daß beide Dichter durchaus gemeinsames Vokabular verbindet, – daß sie<br />

<strong>als</strong>o bewußt Vokabular des andern übernehmen, um diesen »Meridian« aufrecht zu erhalten.<br />

Gisela Dischner: Ja, da ist bestimmt etwas herübergekommen. Man muß natürlich verstehen,<br />

daß beide aus zwei sehr verschiedenen Generationen sind. Sie kommen zusammen, aber Nelly<br />

Sachs kommt natürlich aus einem viel traditionelleren Zusammenhang <strong>als</strong> Celan. Und wenn man<br />

Nelly Sachs’ Hintergrund anschaut, dieses großbürgerliche Elternhaus, und eigentlich war sie<br />

ganz unpolitisch. Während Celan mit siebzehn schon sagt: »Ich bin Trotzkist!«, und in der Schule<br />

in der kommunistischen Vereinigung ist usw. – Das heißt, sie kommen von ganz verschiedenen<br />

Polen, aber dieses gemeinsame Schicksal verbindet sie und dann verbindet sie natürlich, und das<br />

denke ich ist ganz wichtig – und darüber ist bisher noch wenig gearbeitet worden –, es verbindet<br />

sie ganz stark der Einfluß der Mystik. Sowohl der jüdischen, wie der christlichen Mystik. Beide<br />

kennen Meister Eckard und Jakob Böhme genau, beide haben den Sohar gelesen, beide kennen<br />

die Scholem-Rezeption vom Sohar usw., <strong>als</strong>o da ist ganz, ganz viel gemeinsames und beide<br />

nähern sich immer mehr innerhalb dieses Mystischen, wobei Celan sehr viel verschlüsselter ist<br />

seinerseits, sie spricht ja sehr direkt davon.<br />

AG: In Ihrer Dissertation habe ich eine weitere interessante Stelle gefunden. Sie schreiben dort: »Das Vergangene<br />

ist nicht zer-gangen, es ist erinnernd aufbewahrt <strong>als</strong> das Vorgelebte, das alle Dinge enthalten, auch wenn sie tot<br />

sind wie der Stein. Die Steine sind übriggeblieben aus der Vergangenheit der Steinkohlenwälder. Diese Wälder<br />

sind nun selbst ein Teil der Erde. In einer Zukunftsvision einstiger Erlösung werden sie ›auffahren‹« – und Nelly<br />

Sachs schreibt dazu in ihrem Gedicht »und ihre Seelen aufdecken«. Ich mußte dabei an das Holocaust-Mahnmal<br />

in Berlin denken, das von Peter Eisenman entworfene Stelenfeld. Sind das auch Steine der Nelly Sachs?<br />

7


Gisela Dischner: Oh Gott, ich bin mit diesem Mahnmal nicht sehr zufrieden, deswegen habe<br />

ich meine Schwierigkeiten damit. Ich denke, es ist etwas anderes, denn Nelly Sachs geht<br />

sozusagen in die Naturgeschichte. Das Mahnmal ist Kunst, künstlerisch, wobei Steine verwendet<br />

werden. Nelly Sachs spricht vom Erdball und daß wir auf einem glühenden Ball sind usw. Sie<br />

sieht den Zusammenhang auch vom Steinkohlenwald zum Diamanten – der Diamant ist ja<br />

ursprünglich ein Wald gewesen –, und diese Naturmetaphorik nimmt sie auf in ihre eigene<br />

Metaphorik. Deswegen würde ich das eigentlich in einer anderen Ebene sehen. Wobei, mir fällt<br />

dazu natürlich die Celan-Metapher ein: »Es ist Zeit, daß der Stein sich zu blühen bequemt, / daß<br />

der Unrast ein Herz schlägt« – dieses Moment des Steins wird natürlich auch eine Metapher für<br />

Versteinerung, <strong>als</strong>o es kann sowohl negativ wie positiv sein und da käme ich dann auch auf die<br />

absolute Metapher zurück. Die absolute Metapher ist etwas, was in jeder Konstellation einen<br />

neuen Bezug haben kann, <strong>als</strong>o im Unterschied zum Symbol. Und im Unterschied zu<br />

zeichenhaften Symbolen, die noch da sind, die auch bei Celan, wie bei Nelly Sachs da sind, gibt<br />

es diese absolute Metapher, die überhaupt nur aus der Konstellation zu erklären ist. Also wenn<br />

Sie jetzt »Blauhaar« in einem anderen Zusammenhang lesen, könnte es etwas anderes bedeuten.<br />

Nun hat Nelly Sachs noch einen sehr festen Symbolkatalog. Ich hatte einen riesigen Zettelkasten<br />

dam<strong>als</strong>, es gab noch keine Computer, und darin habe ich über »Stern« und »Sand«, »Staub für<br />

Vergänglichkeit« usw. alles gesammelt. Das ist ein sehr fester Symbolkatalog bei ihr, während bei<br />

Celan, das hat Chris Bezzel mal so formuliert, eher eine »Privatsymbolik« vorherrscht. Eine die<br />

nicht traditionell ist. Das unterscheidet die beiden auch, würde ich sagen. Und die absolute<br />

Metapher gibt es eigentlich bei Nelly Sachs selten. In den späten Gedichten, in den Glühenden<br />

Rätseln zum Beispiel, aber bei Celan eben viel häufiger.<br />

AG: Und noch ein Satz aus Ihrer Dissertation, den ich aufgreifen möchte: »Das Ungeheuerliche hat sich im<br />

täglichen Umgang mit diesem verbraucht, es muß in seiner Ungeheuerlichkeit neu wahrgenommen werden. Deshalb<br />

kann es nicht mehr um die Mitteilung bekannter Tatsachen allein gehen, sondern um die Mitteilungsweise«. Diese<br />

Mitteilungsweise von Nelly Sachs findet momentan allerdings kaum noch Beachtung – woran liegt das?<br />

Gisela Dischner: Ich würde überhaupt sagen, daß diese schnellebige Zeit nicht sehr viel Raum<br />

und Zeit hat, sich auf etwas meditatives, langsames, wie diese Gedichte – und die Rezeption kann<br />

nur langsam und vorsichtig sein – einzulassen. Aber ich denke, es sind auch Zufälligkeiten, denn<br />

Celan wird weiterhin immer berühmter und bekannter und bei Nelly Sachs da ist das Gegenteil<br />

der Fall. Also ich würde mich anheischig machen zu sagen, wenn es gute Manager gäbe, dann<br />

würde auch Nelly Sachs bekannt und berühmt. Ich schätze das Werk von Celan mehr, das<br />

merken Sie ja, aber trotzdem finde ich es ungerecht, das von Nelly Sachs so wenig noch wirklich<br />

bekannt ist. Wenn man Studenten fragt, gibt es sehr viele, die den Namen noch nie gehört haben.<br />

So weit geht das. Während Paul Celan, danach können Sie heute beinahe jeden fragen. Die<br />

meisten haben schon mal etwas von der »Todesfuge« gehört, oder in einem Film irgend etwas<br />

gesehen oder etwas ähnliches, weil’s überall zitiert wird. Und ich denke, dieses sich »Verbrauchen<br />

des Ungeheuerlichen«, nimmt unglaublich zu. Es ist ja nicht etwa so, daß geistig der Faschismus<br />

überwunden wäre, wir haben ihn überall und er hat viel subtilere Formen angenommen, ich habe<br />

das einmal so formuliert: »es ist nicht mehr notwendig mit äußerer Gewalt zu arbeiten, weil jeder<br />

des anderen und sein eigener Polizist geworden ist.« Insofern ist diese ganze Gewalt noch viel<br />

stärker verinnerlicht, denke ich, und da wäre es durchaus sehr angebracht in dieser Richtung<br />

etwas aufmerksam zu werden. Ich denke aber, daß Nelly Sachs wieder kommen wird, daß<br />

überhaupt die Zeit wieder kommen wird.<br />

AG: Liegt das heute verbreitete Desinteresse an Nelly Sachs’ Werk vielleicht auch daran, daß sie sehr dicht<br />

hintereinander viele Preise verliehen bekam und dadurch – sage ich mal – abgenutzt wurde, bzw.<br />

instrumentalisiert?<br />

Gisela Dischner: Also instrumentalisiert wurde sie ganz sicher. Das habe ich ja auch kritisch im<br />

Apropos Nelly Sachs-Buch angemerkt – daß sie nämlich <strong>als</strong> Dichterin jüdischen Schicks<strong>als</strong> den<br />

8


Preis teilt mit einem israelischen Dichter. Das heißt, sie wurde sehr festgelegt auf dieses jüdische<br />

Schicksal, während, je später ihre Gedichte, desto interessanter – finde ich –, werden sie auch. In<br />

den Glühenden Rätseln hat sich das alles schon sehr gelöst davon. Da sind natürlich immer noch<br />

Reminiszenzen da, die sind auch bei Celan vorhanden, und wieso sollten sie nicht sein, aber ich<br />

denke, daß diese Instrumentalisierung ihr geschadet hat.<br />

AG: Zum Schluß zurück zu Ihrer Korrespondenz. Weihnachten 1968 schickt Ihnen Nelly Sachs ein Foto von<br />

ihrer Nobelpreisverleihung mit der Widmung: »Für Chris und Gisela die Wahlverwandten«. Im März 1969<br />

schreibt sie Ihnen dann sogar: »Dank für ihre lieben Zeilen, sie junge Schwester«. Was war das für ein Gefühl, so<br />

von Nelly Sachs angesprochen zu werden?<br />

Gisela Dischner: Da ist man natürlich sehr geschmeichelt. Andererseits denke ich auch, Nelly<br />

Sachs hat über die Generationen hinweg dieses mit den Wahlverwandten immer wieder bestätigt<br />

und Sie wissen, im Gedicht ›Die Schleuse‹ von Celan, hat er sehr polemisch auf den »Bruder«<br />

reagiert, weil viele Bruder und Schwester genannt wurden und nicht er exklusiv – er war ja auch<br />

ein jüngerer Bruder für sie. Das heißt, mit der Schwester ist Nelly Sachs ein bißchen inflationär<br />

umgegangen und nicht nur ich war für sie die Schwester, was ich dam<strong>als</strong> nicht wußte, aber Sie<br />

können es in den Briefwechseln finden, daß sie diese Metapher »Schwester« öfter benutzt.<br />

Andererseits ist es so, sie hat sich offensichtlich, wenn ich übersehe, was dam<strong>als</strong> über sie<br />

geschrieben wurde, – das war nicht so arg viel: Enzensberger und andere mehr; Enzensberger<br />

sehr kluge Sachen übrigens – bei mir sehr verstanden gefühlt. Das mit der Schwester und der<br />

Wahlverwandtschaft verstehe ich daher im Sinne von Novalis’ »Geisterfamilie«. Ich hab mich<br />

natürlich sehr gefreut darüber. Und ich meine, es muß wohl immer wahlverwandt sein, worüber<br />

man schreibt. Ich habe immer nur über Wahlverwandte geschrieben, Polemik hat mich nie<br />

besonders interessiert. Eigentlich mußte ich immer in die verliebt sein, über die ich schrieb. Ich<br />

zitiere da gerne Montaigne: »Polemik ist langweilig«! Polemik ist manchmal wichtig, und Karl<br />

Kraus war ganz wichtig mit seiner Polemik, aber ich bin da irgendwie auf einer anderen Ebene.<br />

Ich finde das sich geistig Hochspielen gegenseitig und das Wahlverwandte interessanter <strong>als</strong> die<br />

Polemik.<br />

AG: Frau Dischner, vielen Dank für das Gespräch!<br />

Gisela Dischner: Bitte, Bitte!<br />

Der vorliegende Interviewtext ist die überarbeitete und gekürzte, von Gisela Dischner autorisierte Fassung unseres<br />

Gesprächs vom 8. März 2005. Der Erstdruck von Auszügen aus den Briefen von Nelly Sachs an Gisela Dischner<br />

erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Dr. Hans Magnus Enzensberger.<br />

9


Literatur<br />

Apropos Nelly Sachs. Mit einem Essay von Gisela Dischner. Frankfurt/M., 1997 (= Apropos; 9).<br />

Dinesen, Ruth und Helmut Müssener (Hgg.): Briefe der Nelly Sachs. 2. Aufl. Frankfurt/M., 1985.<br />

Dinesen, Ruth: Nelly Sachs – Briefregister. Stuttgart, 1989 (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik; 188).<br />

Dischner, Gisela: Das verlorene und wieder gerettete Alphabet. In: Nelly Sachs zu Ehren. Zum 75. Geburtstag am 10.<br />

Dezember 1966. Gedichte, Beiträge Bibliographie. Hg. v. Suhrkamp Verlag. Frankfurt/M., 1966.<br />

[Rez. zu: Dischner, Gisela: Das verlorene und wieder gerettete Alphabet] Kersten, Paul: Warnung vor allzu blindem Beifall.<br />

Kritische Anmerkungen zu einer Festschrift für Nelly Sachs. In: Die Welt (8. Dezember 1966), S. 3.<br />

[Rez. zu: Dischner, Gisela: Das verlorene und wieder gerettete Alphabet] Kersten, Paul: Analyse und Heiligsprechung. Nelly<br />

Sachs und ihre Kritiker. In: Text und Kritik 23 (Juli 1969), S. 41–46.<br />

Dischner, Gisela: Die Lyrik von Nelly Sachs und ihr Bezug zur Bibel, zur Kabbala und zum Chassidismus. In: Text und<br />

Kritik 23 (Juli 1969), S. 25–40.<br />

[Bezzel-]Dischner, Gisela: Poetik des modernen Gedichts. Zur Lyrik von Nelly Sachs. Bad Homburg; Berlin; Zürich,<br />

1970 (= Frankfurter Beiträge zur Germanistik; 10).<br />

[Rez. zu: [Bezzel-]Dischner, Gisela: Poetik des modernen Gedichts. Zur Lyrik von Nelly Sachs.] Berendsohn, Walter A.:<br />

Viele Aspekte des Lebens. Zwei Abhandlungen über die Lyrik von Nelly Sachs. In: FAZ (11. August 1972).<br />

Dischner, Gisela: Linguistische Interpretationen eines poetischen Textes. Zu einem Gedicht von Nelly Sachs. In: Linguistische<br />

Berichte 6 (1970), S. 67–69.<br />

Dischner, Gisela: Zu den Gedichten von Nelly Sachs. In: Das Buch der Nelly Sachs (Suhrkamp Hausbuch).<br />

Frankfurt/M., 1977 (= st 398), S. 309–354. [erweiterte Fassung des Aufsatzes: Dischner, Gisela: Das verlorene und<br />

wieder gerettete Alphabet]; wieder in: Dischner, Gisela: Über die Unverständlichkeit. Aufsätze zur neuen Dichtung.<br />

Hildesheim, 1982. S. 39–84.<br />

<br />

Holmqvist, Bengt und Margaretha Holmqvist (Hgg.): Suche nach Lebenden. Die Gedichte der Nelly Sachs.<br />

Frankfurt/M., 1971.<br />

Runkehl, Jens und Torsten Siever (Hgg.): Paul Celan an Gisela Dischner. Briefe aus den Jahren 1965 bis 1970.<br />

Privatausgabe. Hannover, 1996.<br />

Sachs, Nelly: Fahrt ins Staublose. Frankfurt/M., 1961.<br />

Wiedemann, Barbara (Hg.): Paul Celan/Nelly Sachs. Briefwechsel. Frankfurt/M., 1996 (= st 2498).<br />

<br />

Wiedemann, Barbara (Hg.): Paul Celan. Die Gedichte. Kommentierte Gesamtausgabe in einem Band. Frankfurt/M.,<br />

2005 (= st 3665).<br />

Anmerkungen<br />

[1] Vgl. Gisela Dischner an Paul Celan, 25.10.1965; Gisela Dischner und Paul Celan standen zwischen 1964 und<br />

1970 im persönlichen und schriftlichen Kontakt. Die noch erhaltenen Briefe Gisela Dischners an Paul Celan<br />

befinden sich sämtlich im Nachlaß Paul Celans, der im Deutschen Literatur Archiv Marbach aufbewahrt wird.<br />

Der vollständige Briefwechsel Celan/Dischner soll demnächst im Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. erscheinen.<br />

[2] Die Originale der Briefe von Gisela Dischner an Nelly Sachs haben sich in der Königlichen Bibliothek Stockholm<br />

erhalten. Sie werden vor Ort unter der Signatur L 90:1 geführt. Frau Kristina Eriksson sei für die Vermittlung<br />

von Kopien der Briefe recht herzlich gedankt.<br />

[3] Die Briefe von Nelly Sachs an Gisela Dischner wurden mir alle freundlicherweise von der Empfängerin zur<br />

Verfügung gestellt. Gisela Dischner erlaubte es auch, daß ich Kopien der Briefe anfertigte, wofür ich herzlich<br />

danken möchte.<br />

[4] Ruth Dinesen erkennt darin die überkommene romantische Tradition im Werk von Nelly Sachs (vgl. Ruth<br />

Dinesens Forum-Beitrag Vom Klagelied zum modernen Gedicht – Ein Blick in das Werk der Nelly Sachs), mir erscheint<br />

eine Reminiszenz auf Celans Todesfuge (»der Tod ist ein Meister aus Deutschland«) ebenso möglich.<br />

[5] Paul Kersten schreibt in einer »kritischen Umschau« darüber: »Eine erfreuliche Ausnahme unter allen Aufsätzen<br />

bildet die ertragreiche Arbeit von Gisela Dischner […]. Dischner sucht darin die in den Bildmotiven der Lyrik<br />

nachweisbare spezifisch gebildete Symbolik herauszuarbeiten und gelangt dabei u.a. zu einer für das Verständnis der<br />

besonderen Bildstruktur der Gedichte erforderlichen differenzierten Bestimmung von Metapher, Symbol und<br />

Zeichen« (s. Literatur).<br />

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Dem gegenübergestellt sei eine kritische Anmerkung Gershom Scholems, der in einem Brief an Gisela Dischner<br />

schreibt: »[M]ir kam jüngst Ihr Aufsatz über Nelly Sachs und die jüdische Mystik in dem Heft 23 von Text und<br />

Kritik in die Hand. Da ich sehe daß Sie über die Dichtung von N[elly] S[achs] schreiben und ein Buch darüber<br />

ankündigen, scheint es mir doch fair Sie daraufhinzuweisen, daß die Hauptquelle von N[elly] S[achs] in diesen<br />

Zusammenhängen, ohne die vieles von ihr unverständlich bleibt, Ihnen unbekannt geblieben ist. Jedenfalls<br />

zitieren Sie sie nirgends. Das ist meine 1935 erschienene Übersetzung der Erklärung des Sohar über die ersten<br />

Verse der Genesis, unter dem Titel Die Geheimnisse der Schöpfung – ein Kapitel aus dem Sohar. Ihre Analyse würde<br />

durch Heranziehung dieses Textes sehr gewinnen« (Gershom Scholem an Gisela Dischner,<br />

Jerusalem, 16. Oktober 1969; Original in Privatbesitz).<br />

[6] Vgl. Nelly Sachs an Gisela Dischner, Stockholm, 11. Oktober 1967. Original in Privatbesitz.<br />

[7] Vgl. Nelly Sachs an Gisela Dischner, Stockholm, 26. November 1967. Original in Privatbesitz.<br />

[8] Sachs, Nelly: Glühende Rätsel. Gedichte. Frankfurt/M., 1968 (= IB 825).<br />

[9] Vgl. Gisela Dischner an Nelly Sachs, o. O., 30. Januar 1970. Original in der KB Stockholm.<br />

[10] Dischner Gisela: Giordano Bruno. Denker – Dichter – Magier. Tübingen; Basel, 2004.<br />

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