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Valentina Strada<br />

»36 Stunden in Berlin«<br />

August 1972. Die ganze Aufmerksamkeit<br />

der Welt ist auf München gerichtet<br />

für die 20. Olympiade. Eine gute<br />

Gelegenheit auch für eine touristische<br />

Promotion. Viele Journalisten ausländischer<br />

Zeitungen und Zeitschriften<br />

werden deshalb für 4 Tage nach München<br />

und Berlin eingeladen. In Mailand,<br />

in der Redaktion von Panorama, erstes<br />

italienisches News Magazin, entscheidet<br />

sich der Chefredakteur Lamberto<br />

Sechi für Valentina Strada, damals noch<br />

Praktikantin. Anbei der Beweis mit einer<br />

Auswahl der Bilder, die in einer Tour de<br />

Force von 36 Stunden in der damaligen<br />

noch ex Hauptstadt Deutschland entstanden<br />

sind. Bilder die uns an die Situation<br />

vor fast 40 Jahren erinnern. Diese<br />

Arbeit ist die ganze Zeit in der Schublade<br />

geblieben, bis Edith Pichler, Politologin<br />

und Migrationssoziologin an der<br />

Humboldt Universität, die Idee für eine<br />

Ausstellung bekam.<br />

»Während dieser kurzen Reise versuchte<br />

ich im Kopf und mit der Kamera<br />

festzuhalten, was ich alles sah, besonders<br />

den Kontrast zwischen dem ordentlich<br />

und tüchtigen Westteil der Stadt zu den<br />

grauen, runtergekommenen Farben<br />

der auch fleißigen Ostseite. Schon als<br />

Kind hatte mich die Mauer Geschichte<br />

interessiert. In meiner Fantasie war sie<br />

wie eine lange offene Wunde unter<br />

dem Himmel, eine Wunde aus Steinen,<br />

Zement, Stacheldraht und Blut. Ich<br />

sah die Mauer die Berlin durchquerte,<br />

zwischen Straßen, Häusern, Gefühlen<br />

und menschlichen Beziehungen. Ich<br />

hatte von urplötzlich getrennten Familien<br />

gelesen, Häuser, die von der Mauer geteilt<br />

wurden, Fenster mit Blick in den Westen<br />

mit Ziegelsteinen zugemauert, um den<br />

Blick zu der anderen, nicht immer<br />

besseren, aber freien Welt zu verhindern.<br />

Und natürlich zwei verschiedene<br />

Lebensstile, die letzten Modelle Opel<br />

oder Mercedes der einen Seite und<br />

der Trabbi aus Pappe auf der anderen,<br />

Straßenleben, Kaufhäuser, Cafés, Licht<br />

im Westen, Leere und Tristesse, fast<br />

© Valentina Strada, »Europa-Center«<br />

© Valentina Strada, »Chitarrista«<br />

ein Ausgangsverbot im Osten. Einige<br />

Bilder sind in Bewegung gemacht, kein<br />

Stop für uns West-Journalisten!! Das<br />

waren die Sicherheitsbestimmungen<br />

in bestimmten Situationen und an<br />

bestimmten Orten. An Bord eines<br />

Mercedes Cabrios der 50er Jahre im<br />

amerikanischen Sektor, mit dem Schiff<br />

an der Glienicker Brücke, wo oft Spione<br />

ausgetauscht wurden. Und dann über<br />

den Checkpoint Charlie, die großen<br />

Denkmäler und die neuen Gebäude<br />

der sozialistischen Wohnarchitektur.<br />

Vor der Abreise konnte ich auch das<br />

Axel Springer Gebäude besuchen, in<br />

der Nähe der Mauer. Und ganz oben<br />

in der letzten Etage, alles war ganz<br />

schön mit Holz verkleidet, wo es nach<br />

Pfeife gerochen hat, waren die RAF-<br />

Plakate der Polizei zu sehen. Manche<br />

Bilder waren gekreuzt, Zeichen einer<br />

Festnahme. Auch West-Deutschland<br />

war in den bleiernen Jahren«.<br />

Valentina Strada<br />

<strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

Valentina Strada, 1947 in Mailand<br />

geboren. Promovierte Sozialwissenschaftlerin,<br />

arbeitet als Journalistin seit<br />

1973. Als Redakteurin hat sie für mehrere<br />

Zeitschriften und Zeitungen gearbeitet<br />

wie »Panorama« und »Corriere<br />

della Sera«. Kulturchefredakteurin für<br />

die Wirtschaftstageszeitung »Il Sole<br />

24 Ore« sowie verantwortlich für die<br />

Redaktion Gesellschaft und Familie bei<br />

»Oggi«. Chefredakteurin in der Design-<br />

Einrichtung-Architektur Monatszeitschrift<br />

»Casamica« und zuletzt auch für<br />

»L’Europeo«, heute thematische Zeitschrift<br />

von Kultur, Politik und Aktualität,<br />

in den 70ern voller Reportagen, die die<br />

Autorin ganz schön geprägt haben. Das<br />

Interesse und die Leidenschaft für die<br />

Fotografie hat viel mit den Fotoreportern<br />

von damals zu tun. Besonders aber mit<br />

Giuseppe Pino, Fotoreporter von »Panorama«<br />

und international renommierter<br />

Porträtist, von ihm hat Valentina Strada<br />

ihre ersten Kenntnisse bekommen.<br />

bis 18. September <strong>2011</strong><br />

Cafe Aroma Photogalerie<br />

Hochkirchstraße 8<br />

10829 Berlin-Schöneberg<br />

Mo – Fr 18–24 Uhr<br />

Sa – So 14–24 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

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