brennpunkt 3-2011 .indd - Edition dibue
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© Micha Bar-Am<br />
ren und es dazu noch an der Stirn anzuschneiden.<br />
Diese enge Form, in edlem<br />
Schwarzweiß, wendet sie so konsequent<br />
an, dass man die Fotos sofort als<br />
die ihren erkennt. Für Johanna Breede<br />
hat sie eine selten fotografierte Spezies<br />
aufs Korn genommen, die Fotografen. In<br />
ihren Selbstporträts verstecken die sich<br />
ja gern hinter ihrer Kamera oder in totaler<br />
Verfremdung. Hier mussten sie Farbe<br />
bekennen, wenn auch monochrom.<br />
Durch die Beschränkung des Bildfelds<br />
unterschlägt uns Birgit Kleber jede Körpersprache<br />
des Gegenübers und seine<br />
Emotionen. Die müssen sich beim Studium<br />
der Gesichtslandschaften bei uns<br />
einstellen.<br />
Herb Ritts, bis 9. Juli bei Camera Work,<br />
macht uns das leichter. Er kommt, wie<br />
fast alle Künstler dieser Galerie, aus der<br />
Modebranche. Seine großen SW-Porträts<br />
und Körperbilder sind spektakulär,<br />
aber ohne doppelten Boden. Man<br />
sieht, was man sieht. Mehr nicht. Das<br />
vierfache Bildnis von Jack Nicholson<br />
als Clown (1988) füllt eine ganze Wand.<br />
Umwerfend. Madonna, schwarzweiß<br />
kariert, greift sich gschamig zwischen<br />
die Schenkel und Oscar-Preisträger<br />
Sean Penn pinkelt in die Landschaft.<br />
Vier Mal verkauft. Neben der Auftragsarbeit<br />
versucht sich Herb Ritts auch an<br />
mystischen Motiven, Körperskulpturen<br />
unter düsteren Wolken an der kalifornischen<br />
Küste. Aber das Gruseln lehrt<br />
er uns nicht.<br />
In der erzählenden Fotografie, in einer<br />
vorurteilslosen Reportage oder einem<br />
engagierten Langzeitprojekt, liegt eine<br />
der reizvollsten Möglichkeiten des<br />
Mediums. Norbert Bunge hat für seine<br />
Galerie argus fotokunst die Serie »Country<br />
Road« von Clemens Kalischer entdeckt.<br />
Der Zeitschrift PHOTONEWS<br />
war sie eine Doppelseite wert. In den<br />
50er Jahren ist der Autor durch die Apalachen<br />
im Süden der USA gereist und<br />
hat den Alltag der ländlichen Bevölkerung<br />
in schönen, kraftvollen Bildern<br />
festgehalten. Schon 1955 war er beteiligt<br />
an der legendären MOMA-Ausstellung<br />
»The Family of Man«. Der 90-jährige<br />
ließ es sich nicht nehmen, zur Vernissage<br />
nach Berlin zu kommen und<br />
hellwachen Geistes mit den Besuchern<br />
zu plaudern. Die waren hingerissen von<br />
seiner jugendlichen Energie.<br />
Obwohl solche Bilder Zeugnisse einer<br />
bestimmten Zeit sind, ist die Art der Darstellung<br />
des Menschen in seiner alltäglichen<br />
Umgebung zeitlos.<br />
Martin Rosswog, Jahrgang 1950, Meisterschüler<br />
von Bernd Becher, war in<br />
Irland unterwegs. Der Photoplatz im<br />
Hotel Bogotá präsentierte seine sehr<br />
lebendigen Szenen, meist spontan<br />
erwischt, bei Porträts behutsam Regie<br />
geführt, nach bester Becher-Tradition<br />
schwarzweiß, aber ungleich spannender<br />
als die Fördertürme, weil belebt.<br />
Sehr gut!<br />
© Clemens Kalischer<br />
© Birgit Kleber<br />
Galeriebericht<br />
Dieses Prädikat gebührt nun ganz<br />
besonders einem unermüdlichen Chronisten<br />
unserer Zeit, dessen Lebenswerk<br />
vor allem »Im Land der Mulde« (Buchtitel)<br />
gewachsen und erblüht ist. Es ist<br />
Gerhard Weber (Jahrgang 1940) aus<br />
Grimma in Sachsen. Eine kleine Auswahl<br />
der wunderbaren Milieustudien<br />
aus seiner Heimat war gerade bei Schuster<br />
am Berliner Hauptbahnhof zu sehen.<br />
Seit 1968 hat er für die Leipziger Volkszeitung<br />
zusammen mit seiner Frau Brigitte<br />
(Texte) einfühlsame Reportagen aus<br />
450 Dörfern der Region erstellt. Sozialfotografie<br />
im besten Sinne, nicht unbedingt<br />
in dem der Einheitspartei. Seit 18.<br />
<strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2011</strong><br />
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