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La Magnolia<br />

Rom in Berlin<br />

»File urbani«<br />

Im September sind sieben junge italienische<br />

Künstlerinnen bei exp12 zu Gast,<br />

die in den letzten Jahren im Projektraum<br />

»La Magnolia« der »Casa Internazionale<br />

della Donna« in Rom ausgestellt haben.<br />

Die Kuratorin der Ausstellung Tiziana<br />

Musi schreibt dazu:<br />

Der Titel »File urbani« umschließt die<br />

beiden Polaritäten, die kulturell und<br />

politisch unser Dasein in der heutigen<br />

Welt bestimmen: soziale Vernetzung<br />

und urbanes Netz, technologische<br />

Navigation und die Stadt als Labyrinth.<br />

Beide Netze ermöglichen außergewöhnlich<br />

zahlreiche, zugleich auch<br />

stark befremdliche und verstörende<br />

Verbindungen, denn mit der maximalen<br />

Möglichkeit hypothetischer Kontakte<br />

geht eine oftmals bedrohliche Einsamkeit<br />

einher. Die uneingeschränkten<br />

Möglichkeiten dieser Netze, sich geografisch<br />

auszudehnen, haben ein neues<br />

Verständnis von ‘Stadt’ zur Folge, nämlich<br />

als einen Ort, an dem sich Grenzüberschreitungen<br />

nicht mehr in Bezug<br />

auf einen Organismus oder auf ein Projekt<br />

definieren, sondern sich als ein<br />

unendliches Netzwerk virtueller Beziehungen<br />

ohne Zentrum, ohne Stadtplan<br />

und ohne Koordinaten darstellen.<br />

In deren Mitte verbirgt sich eine komplexe<br />

Realität, ein Mosaik aus verschiedenen<br />

fragmentarischen Räumen, eine<br />

fließende Gesellschaft in einem einzigen<br />

großen Randgebiet. Alle hier ausgestellten<br />

Arbeiten setzen sich mit dem<br />

Verlust des Orientierungssinns – individuell<br />

und sozial gesehen – auseinander.<br />

Als Metapher können wir – im Sinne von<br />

Paul Virilio - von Tele-Objektivität sprechen,<br />

um die Unmöglichkeit des modernen<br />

Menschen zu beschreiben, über<br />

den objektiv begrenzten Schein hinaus<br />

etwas wahrzunehmen. Jede der Künstlerinnen<br />

hat in den verborgenen Furchen<br />

des Realen geforscht, um idealerweise<br />

die Dialektik aufzuzeigen, die zwischen<br />

dem urbanen Raum und der Innenwelt,<br />

zwischen der Identität und deren Verlust,<br />

zwischen Tradition und Gewalt,<br />

© Francesca Manzini<br />

zwischen Natur und Kultur herrscht.<br />

Allen Arbeiten gemein ist das Bedürfnis,<br />

diese Mechanismen der Nicht- /<br />

Anpassung der eigenen Innenwelt an<br />

jenen künstlichen Lebensraum sichtbar<br />

zu machen. Obwohl jede der Künstlerinnen<br />

ihren eigenen Weg gegangen<br />

ist, haben alle zu einem gemeinsamen<br />

Nenner gefunden: sie verstehen ihre<br />

individuelle Suche als Teil einer größeren<br />

ethischen Reflektion.<br />

Die weibliche Gestalt steht bei Danze<br />

urbane von Irene Iorno im Zentrum.<br />

Sie beschäftigt sich mit den Dynamiken<br />

des Körpers und vermag das Innere<br />

der Bewegungen einzufangen. Francesca<br />

Manzini beschreibt in Sketchbook<br />

die urbane Isolation anhand von<br />

New York – verstärkt durch Doppelbelichtungen<br />

und Entfernen jener Elemente,<br />

welche die Metropole erkennbar<br />

machen. In Polvere von Letizia<br />

Marabottini verschwindet der weibliche<br />

Körper in schon sehr abgenutzten<br />

vertrauten Räumen, die Erinnerung an<br />

Vergangenes höhlt die Gegenwart aus.<br />

Claudia Padoan wird ihre Werke Margine<br />

und Comprimida in einer Live-Performance<br />

präsentieren. Valentina Parisi<br />

interpretiert in Il Mondo alla roverscia<br />

Pieter Bruegels Werk Die niederländischen<br />

Sprichwörter (1559) neu, stellt die<br />

Welt förmlich auf den Kopf und präsentiert<br />

uns eine surreale Darstellung der<br />

Gegenwart. Wieder zurück zu einem<br />

2. bis 11. September <strong>2011</strong><br />

exp12 / exposure twelve<br />

Senefelderstraße 35<br />

10437 Berlin – Prenzlauer Berg<br />

www.exp12.com<br />

Fr – So 14 – 20 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

antiken Thema: das Heilige in der italienischen<br />

Kultur. Rivka Spizzichino greift<br />

mit Guardia Sanframondi die christlichen<br />

Rituale der Reue und der Selbstgeißelung<br />

auf. Aus dem kleinen Dorf in<br />

Kampanien zeigt sie Bilder voll raffinierter<br />

Eleganz von den traditionellen siebenjährlichen<br />

Bußritualen. Sara Spizzichino<br />

kehrt noch einmal zum Thema<br />

Internet zurück. In Fere libenter homines<br />

id quod volunt credunt (Der Mensch<br />

glaubt gern das, was er sich wünscht)<br />

prüft die Künstlerin ihr eigenes Aussehen<br />

in Bezug auf das vorherrschende Schönheitsideal,<br />

das den ästhetischen Maßstäben<br />

des Internets entsprechen soll, und<br />

passt dabei die eigenen Gesichtszüge<br />

den äußeren Anforderungen an. Der<br />

einem Zitat von Julius Cäsar entnommene<br />

lateinische Titel unterstreicht das<br />

ironische Element dieser Poetik.<br />

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