Wohnen und Wirtschaften in Stralsund um 1700. Ein Historisches ...

120 Stefan Kroll und Gyula Pápay
sämtliche der bedeutenden Konkurrenten (mit Ausnahme der Witwe
Pütter) eindeutig Malz den Vorrang gaben. Außerdem war der Anteil
des Malz- und Roggenexports nach Schweden bei Schinckel und
Reincke im Vergleich zu den übrigen führenden Stralsunder Kaufleuten
auffallend gering. Schinckel war besonders im Warenaustausch
mit Norwegen engagiert, und Reincke war führend im Stralsunder
Handel mit den Niederlanden.
Die Karte mit den Wohnstandorten der bedeutendsten Stralsunder
Reeder weist große Übereinstimmungen mit der Karte der führenden
Getreidehändler auf: Die zehn hier Erstplazierten finden sich
sämtlich auch unter den umsatzstärksten Malz- und Getreideexporteuren
des Jahres 1706. Dies verdeutlicht, dass Handel und Schifffahrt
zu dieser Zeit noch überwiegend in einer Hand lagen. Der Erwerb
von Schiffsparten (Anteilen) als reine Kapitalanlage war die
Ausnahme, eine Verselbständigung der Reederei hatte noch nicht
stattgefunden. 70
Die letzte, bisher noch nicht erläuterte Karte in den beiden oberen
Kartengruppen ist die der „Berufsobergruppen” 71 . Aus Gründen
der Darstellbarkeit konnte jeweils immer nur die Berufsobergruppe
des „wichtigsten” Haushaltungsvorstandes in der dazugehörigen
Farbe aufgetragen werden. Als solcher wurde – sofern er in dem
Haus auch wohnte – entweder der Besitzer angenommen, andernfalls
aber der Mieter mit der höchsten Jahresmiete. Ödplätze und andere
nicht von Erwerbstätigen bewohnte Grundstücke blieben ohne
Einfärbung.
Im Folgenden sollen auf der Basis der 51 Karten in den Kartengruppen
drei und vier wesentliche Grundcharakteristika der Stralsunder
Berufstopographie herausgearbeitet werden. Dies ersetzt keine
detaillierte Auswertung aller Karten und möglichen Kartenvarian-
70 Vgl. auch KROLL, Stadtgesellschaft (wie Anm. 3), S. 210-214.
71
Vgl. dazu oben, Abschnitt 2.