Wohnen und Wirtschaften in Stralsund um 1700. Ein Historisches ...
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Wohnen und Wirtschaften in Stralsund um 1700 111 fachen Wohngebäuden bestanden haben, denn sowohl die Reihe der sehr engen Grundstücke entlang der inneren östlichen Stadtmauer 48 als auch die relativ kleinteilige Parzellenstruktur im Bereich des Tribseer Tores waren fast komplett wiederbebaut. Die Folgen der Katastrophen von 1678/80 waren auch an der Entwicklung der Einwohnerzahlen ablesbar. 49 Bedauerlicherweise gibt es lediglich für das Jahr 1677 eine als zuverlässig einzustufende Einwohnerzählung. Danach hatte Stralsund kurz vor der folgenschweren brandenburgischen Belagerung etwa 8.500 Stadtbewohner (ohne Angehörige des Militärs). Nach einem kräftigen, aber nicht genau zu beziffernden Rückgang bis zum Ende des Jahrhunderts befand sich die Bevölkerungszahl nach Auswertung von Steuerregistern 1706 gerade in einer durch die Wirtschaftskonjunktur getragenen Phase des deutlichen Wiederanstiegs. Die Zahl von 7.000 Stadtbewohnern wird für diese Zeit vermutlich nicht weit von der Realität entfernt gelegen haben. Hinzu kamen noch fast 1.300 Unteroffiziere und Soldaten der schwedischen Festungsbesatzung, die mit ihren 600 Frauen und rund 850 Kindern bei den Stralsunder Bürgern einquartiert waren. 50 48 Der Verlauf der östlichen Stadtmauer lässt sich am besten auf der Karte „Grundstücksgröße” nachvollziehen. Sie verlief an der Grenze zur Hafenvorstadt mitten durch die einzelnen Baublöcke und zwar hinter der in roter Farbe markierten Reihe kleiner Grundstücke. 49 KROLL, Stadtgesellschaft (wie Anm. 3), S. 114-119. 50 Diese Zahlen gelten für den 6. Juni 1706; allgemein ist bei der Größe der Militärbevölkerung mit erheblichen Schwankungen zu rechnen.
112 Stefan Kroll und Gyula Pápay 4. Die einzelnen Karten Die Vorstellung der Einzelkarten soll mit einem kurzen Blick auf die Karte der vier Stadtquartiere beginnen. Den größten flächenmäßigen Anteil (37 %) besaß das Marien-Quartier, gefolgt vom Nicolai-Quartier (24 %), dem Jacobi-Quartier (22 %) und schließlich dem Jürgens- Quartier (17 %). 51 Die Hafenvorstadt bildete kein eigenes Quartier, sondern war in das Nicolai- und das Jacobi-Quartier integriert. Offiziell Vorstadtstatus besaßen nur die drei Dämme: Tribseer Damm, Frankendamm und Knieperdamm. Die nach Häusern, Buden und Kellern unterteilte Karte der „Gebäudeklassen” hebt die guten von den weniger guten Wohnlagen ab. Zu berücksichtigen ist allerdings der relativ hohe Anteil nicht eingefärbter Grundstücke. Diese waren entweder unbebaut (siehe Karte „Ödplätze”) oder aber die darauf errichteten Gebäude unterlagen nicht der Steuerpflicht. Dies gilt einerseits für den Besitz wohltätiger Stiftungen, der Kirchen, der schwedischen Krone und der Stadt (siehe Karte „Öffentl. Besitz”), andererseits auch für neu errichtete Wohnhäuser, die noch so genannte „Freijahre” besaßen. Besonders auffällig ist der große Unterschied in der Anzahl der Häuser, vergleicht man die beiden nördlichen mit den beiden südlichen Stadtquartieren. Dies verdeutlichen auch einige Zahlen: Im Haussteuerregister vom März 1706 wurden im Nicolai- und im Jürgens-Quartier zusammen 184 Häuser veranlagt, dagegen waren es im Marien- und im Jacobi-Quartier nur 98. Ein umgekehrtes Bild zeigt sich bei den Buden (269 zu 391) und den Kellern (72 zu 128). Ein Hauptgrund für diese großen Unterschiede ist sicherlich in den beiden Brandkatastrophen von 1678 und 1680 zu suchen. Sie hatten das schon zuvor bestehende Nord-Süd-Gefälle noch weiter verstärkt. Aus diesem Blickwinkel erscheinen Alter Markt und Nicolai-Kirche als primäres Zentrum der Stadt, während der Neue Markt von klar untergeordneter 51 PÁPAY, Perspektiven (wie Anm. 47), S. 311.
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