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Dezember 2013 - pharmaSuisse

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Apothekerin am Apparat<br />

Hotline für<br />

Vergiftungsunfälle<br />

Apothekerin Saskia Lüde berät Anrufer bei<br />

Vergiftungsunfällen und erklärt unter anderem, wie<br />

man Kinder vor derartigen Gefahren schützen kann.<br />

Angela Brunner, <strong>pharmaSuisse</strong><br />

145<br />

– unter dieser Nummer erreichen<br />

Laien und Fachpersonen<br />

rund um die Uhr das Schweizerische<br />

Toxikologische Informationszentrum, kurz<br />

Tox. Apothekerin Saskia Lüde ist eine von<br />

rund 20 Personen, die in Notfällen telefonisch<br />

Auskunft gibt. Mit gezielten Fragen<br />

versucht die Apothekerin, das Risiko abzuschätzen:<br />

Welche Menge des Weihnachtssterns<br />

hat das Kind gegessen? Wann war<br />

das? Welche Symptome zeigt das Kind?<br />

Je nach Situation rät sie den Eltern, das<br />

Kind zu Hause zu beobachten, ein Gegenmittel<br />

in der Apotheke zu besorgen oder<br />

sofort einen Arzt oder ein Spital aufzusuchen.<br />

Letzteres ist nötig, wenn schwere<br />

Symptome zu erwarten sind. Ist ein Kind<br />

z. B. bewusstlos oder hat es epileptische<br />

Krämpfe oder Atemprobleme, muss sofort<br />

via 144 die Ambulanz gerufen werden.<br />

Handtasche der Oma<br />

Vorsicht ist auch geboten, wenn ein Kind<br />

mit der Handtasche der Oma spielt, darin<br />

Medikamente entdeckt und schluckt.<br />

Handelt es sich um starke Schmerzmittel,<br />

ein Arzneimittel gegen Diabetes oder Bluthochdruck<br />

bzw. einen Mix davon, kann es<br />

je nach Medikament und Menge zu schweren<br />

Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen<br />

kommen. Saskia Lüde empfiehlt<br />

daher, beim leisesten Verdacht auf eine<br />

Vergiftung unverzüglich die Notfallnummer<br />

des Tox zu wählen, statt abzuwarten,<br />

wie sich die Symptome entwickeln.<br />

Medikamente ausser Reichweite von Kindern<br />

aufzubewahren (siehe Kasten).<br />

Kohle aus der Apotheke<br />

Stellt sich bei einem Telefongespräch<br />

heraus, dass ein Kind grössere Mengen<br />

von bestimmten Medikamenten, giftigen<br />

Pflanzen, Pilzen oder Insektiziden eingenommen<br />

hat, weiss die Apothekerin, unter<br />

welchen Umständen eine trinkbare Aktivkohlelösung<br />

weiterhilft. Diese schwarze<br />

Lösung ist in Apotheken erhältlich und<br />

muss innert einer Stunde nach dem Giftunfall<br />

eingenommen werden. Sie bindet<br />

giftige Stoffe im Magen und Darm und<br />

verhindert deren Aufnahme in den Körper.<br />

Ein anderes Gegenmittel aus der Apotheke<br />

empfiehlt sie nach der Einnahme von<br />

schäumenden Produkten (z. B. Putzmittel,<br />

Waschmittel). «Wasser sollte man in dieser<br />

Situation höchstens schluckweise trinken,<br />

um die Situation nicht zu verschlimmern.»<br />

Der Umgang mit Medikamenten ist kein<br />

Kinderspiel. Selbst ältere Menschen sind<br />

nicht vor Vergiftungsunfällen gefeit, z. B.<br />

Betagte, die ein Medikament verwechseln<br />

oder aus Vergesslichkeit eine Pille doppelt<br />

einnehmen. Auch in diesen Fällen beurteilt<br />

Saskia Lüde, wie gefährlich die eingenommene<br />

Menge für diese Person ist.<br />

Arbeit im Hintergrund<br />

Bis zu 140 Anfragen gehen täglich beim<br />

Tox ein. Rund 37 000 Anfragen waren es<br />

allein 2012, zu einem grossen Teil von<br />

besorgten Eltern. Hektisch kann es z. B.<br />

während der Pilz- oder Beerensaison<br />

werden. Für die telefonische Beratung<br />

kann Lüde unter anderem auf Datenbanken<br />

mit Informationen zu giftigen Substanzen<br />

zurückgreifen oder den diensthabenden<br />

Arzt im Tox konsultieren.<br />

An ruhigeren Tagen speist die Apothekerin<br />

Informationen zu Kosmetika, Lebensmitteln<br />

und neuen Medikamenten in die<br />

Tox-eigene Datenbank ein oder verfasst<br />

wissenschaftliche Arbeiten. Ausserdem<br />

tauscht sie Erfahrungen mit ausländischen<br />

Tox-Zentren aus und wirkt unter<br />

anderem an einem EU-Projekt mit, das<br />

den Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

gegen deren Risiken abwägen<br />

soll. Saskia Lüde schätzt ihren abwechslungsreichen<br />

Job und nimmt dafür auch<br />

Wochenendeinsätze in Kauf. Ausflüge in<br />

die Natur helfen ihr dabei, abzuschalten.<br />

Vor rund 50 Jahren gegründet<br />

Das Tox-Zentrum wurde 1966 von Apothekern<br />

gegründet. In den vergangenen<br />

Jahren haben sich die Arbeitsbedingungen<br />

laut Lüde geändert: «Heute können<br />

viele Anrufer per Mail oder Natel ein Bild<br />

von der eingenommenen Pflanze übermitteln,<br />

was die Identifikation erleichtert.»<br />

Sobald Lüde ihre Schicht beendet,<br />

wird sie von einer Pflegefachperson, einem<br />

Arzt oder Apotheker des Tox abgelöst,<br />

sodass die Hotline 24 Stunden am<br />

Tag besetzt bleibt.<br />

n<br />

Aus Neugier<br />

In den meisten Fällen vermag die Apothekerin<br />

die besorgten Anrufer zu beruhigen.<br />

«Man hört, wie den Eltern ein Stein vom<br />

Herzen fällt, wenn ich Entwarnung gebe»,<br />

weiss Saskia Lüde nach acht Jahren Erfahrung.<br />

Etwa wenn ein Kind unbeaufsichtigt<br />

einen Zigarettenstummel, homöopathische<br />

Kügelchen (Globuli) oder Antibabypillen<br />

eingenommen hat. «Glücklicherweise<br />

schlucken Kleinkinder meist nur wenig<br />

davon. Bei Jugendlichen hingegen, die<br />

Medikamente der Eltern einnehmen, können<br />

Selbstmordgedanken mitspielen.» Die<br />

Apothekerin empfiehlt deshalb, sämtliche<br />

Tipps gegen Unfälle mit Medikamenten<br />

– Medikamente kindersicher wegschliessen, d. h. rund 1,6 Meter über dem<br />

Boden in einem verschliessbaren Schrank.<br />

– Medikamente nicht vor den Augen der Kinder einnehmen (Nachahmungseffekt).<br />

– Medikamente in der Originalverpackung aufbewahren und fachgerecht<br />

entsorgen.<br />

– Für Notfälle eine Flasche mit Aktivkohle-Sirup im Haus aufbewahren.<br />

Weitere Tipps und Informationen sowie ein Merkblatt<br />

über Vergiftungsunfälle finden Sie unter:<br />

www.toxi.ch

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