Ferienkurs Experimentalphysik 4 - Vorlesung 1
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<strong>Ferienkurs</strong> <strong>Experimentalphysik</strong> 4<br />
<strong>Vorlesung</strong> 1<br />
Quantenphysik Grundlagen<br />
Florian Lippert & Andreas Trautner<br />
27.08.2012
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Das Bohrsche Atommodell 1<br />
1.1 Bohrsche Postulate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />
1.2 Mathematische Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />
2 Fundamentale Begriffe der Quantenmechanik 3<br />
2.1 Zustand und statistische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
2.2 Schrödinger-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
2.3 Observablen, Eigenwerte und Eigenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
2.4 Lösungen der freien Schrödinger-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
2.5 Heisenbergsche Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
3 Drehimpuls in der Quantenmechanik 9<br />
4 Spin 10<br />
5 Fermionen und Bosonen 11<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
1 Darstellung eines Wellenpaketes im Ortsraum . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
2 Orts- und Impulsunschärfe eines Wellenpaketes . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
3 Mögliche Drehimpulsrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1 Das Bohrsche Atommodell<br />
1.1 Bohrsche Postulate<br />
Bohr formulierte sein Modell, indem er das rutherfordsche Modell um drei Postulate<br />
erweiterte. Sie lauten:<br />
• Elektronen bewegen sich auf stabilen Kreisbahnen um den Atomkern. Anders als es<br />
die Theorie der Elektrodynamik vorhersagt, strahlen die Elektronen beim Umlauf<br />
keine Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung ab. Elektronen quasi als<br />
stehende Welle.<br />
• Der Radius der Elektronenbahn ändert sich nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft.<br />
Bei diesem Quantensprung wird elektromagnetische Strahlung abgegeben<br />
(oder aufgenommen), deren Frequenz sich aus dem von Max Planck entdeckten<br />
Zusammenhang zwischen Energie und Frequenz von Licht ergibt. Wenn E n1 die<br />
Energie des Ausgangszustands und E n2 die Energie des Zielzustands ist, dann<br />
wird ein Lichtquant emittiert mit der Frequenz ν der ausgesandten Strahlung<br />
ν = (E n1 − E n2 )/h.<br />
• Elektronenbahnen sind nur stabil, wenn der Bahndrehimpuls L des Elektrons<br />
ein ganzzahliges Vielfaches des reduzierten planckschen Wirkungsquantums ist.<br />
(Bohr-Sommerfeld Qunatisierung)<br />
1.2 Mathematische Formulierung<br />
Im Bohrschen Atommodell bewegt sich das Elektron (Masse m e , Ladung e) mit der<br />
Geschwindigkeit v auf einer Kreisbahn (Orbital) mit Radius r um den Schwerpunkt<br />
des Systems aus Elektron und Kern (Masse m K , Ladung Ze). Dies lässt sich durch<br />
die Bewegung eines Teilchens mit der reduzierten Masse µ = m e m K /(m e + m K ) ≈ m e<br />
(m e ≪ m K ) um das Zentrum des Coulombpotentials im Kern bei r = 0 beschreiben.<br />
Aus der Beziehung F Z = F C , also<br />
µv 2<br />
r<br />
= 1<br />
4πɛ 0<br />
Ze 2<br />
r 2 , (1)<br />
ergibt sich der Radius der Kreisbahn<br />
r =<br />
Ze2<br />
4πɛ 0 µv 2 , (2)<br />
der jeden möglichen Wert annehmen kann. Setzt man jedoch für das Elektron seine<br />
Materiewelle an, so muss es sich bei dieser um eine stehende Welle handeln, damit<br />
das Elektron das Atom nicht verlässt. Der Umfang U = 2πr der Kreisbahn muss also<br />
einem ganzzahligen Vielfachen der de-Broglie-Wellenlänge λ entsprechen, das ist die<br />
1
Quantisierungsbedinung<br />
2πr = nλ, n ∈ N. (3)<br />
Mit λ = h/(µv) lässt sich diese auch wie von Bohr postuliert als Quantisierunsbedingung<br />
für den Bahndrehimplus verstehen:<br />
|L| = µrv = n. (4)<br />
In jedem Fall ergeben sich daraus die erlaubten Geschwindigkeiten des Elektrons zu<br />
v =<br />
Ze2<br />
4πɛ 0 n<br />
(5)<br />
Setzt man die Geschwindigkeit in Gl. 2 ein, so ergeben sich die erlaubten Radien für die<br />
Kreisbahnen zu<br />
r n = 4πɛ 0 2 n 2<br />
Ze 2 µ<br />
= <br />
Zαµc · n2 = a 0<br />
Z · n2 , n ∈ N. (6)<br />
Hier haben wir den Bohrschen Radius<br />
a 0 =<br />
<br />
αµc<br />
≈ 0.5 Å (7)<br />
eingeführt. Hierbei benutzen wir auch die Zusammenfassung der Größen e 2 , ɛ 0 , c und <br />
zur dimensionslosen Feinstrukturkonstante<br />
α =<br />
e2<br />
4πɛ 0 c ≈ 1<br />
137 . (8)<br />
Durch die Bedingung einer stehenden Welle werden also die Radien der Elektronenbahnen<br />
im Bohrschen Atommodell gequantelt.<br />
Für die Gesamtenergie eines Körpers auf einer Kreisbahn gilt E = E kin + E pot = E pot /2<br />
mit E kin = −E pot /2 (hiervon kann man sich auch explizit überzeugen). Setzt man Gl. 6<br />
in die Gesamtenergie ein, so erhält man<br />
E n = − 1 Ze 2<br />
= − 1 2 4πɛ 0 r n 2 µα2 c 2 Z2 Z2<br />
= −Ry* ·<br />
n2 n , (9)<br />
2<br />
wobei Ry* ≈ 13.6 eV die sog. Rydbergenergie ist, welche der Ionisierungsenergie eines<br />
Wasserstoffatoms entspricht. Die Gesamtenergie ist also negativ und geht für n → ∞,<br />
2
d.h. r → ∞, gegen Null. Sie kann nur diskrete Werte E(n) annehmen, die durch die<br />
Quantenzahl n festgelegt sind. Man nennt einen solchen stationären Energiezustand<br />
auch einen Quantenzustand des Atoms.<br />
Um die Beobachtung von Linienspektren in Absorption oder Emission zu erklären,<br />
geht man im Bohrschen Atommodell davon aus, dass durch Absorption eines Lichtquants<br />
mit Energie hν das Atom von einem energetisch tieferen Zustand E 1 = E(n 1 ) in einen<br />
energetisch höheren Zustand E 2 = E(n 2 ) übergehen kann, wenn die Energieerhaltung<br />
hν = ∆E = E 2 − E 1 erfüllt ist. Setzt man für die Energien die Relation 9 ein, so ergibt<br />
sich für die Energien der absorbierten Lichtquanten<br />
( 1<br />
hν = Ry* · Z 2 − 1 )<br />
, (10)<br />
n 2 1 n 2 2<br />
woraus sich ohne Weiteres die berühmte Balmerformel ableiten lässt.<br />
Das Bohrsche Atommodell ist sehr erfolgreich im Vorhersagen des Linienspektrums sowie<br />
der zugehörigen Energie, es gibt allerdings einige eklatante Mängel. So wird die<br />
Quantisierung ad-hoc postuliert und es wird nicht erklärt, warum die Elektronen nicht<br />
Energie abstrahlen (Kreisbahn ist eine beschleunigte Bewegung) und einfach in den Kern<br />
stürzen. Außerdem hätte in diesem Model nach (4) bereits der niedrigste n = 1 Zustand<br />
einen nicht verschwindenden Drehimpuls im Widerspruch zur Beobachtung. Im Folgenden<br />
wollen wir deshalb die korrekte und vollständige quantenmechanische Beschreibung<br />
entwickeln und diskutieren.<br />
2 Fundamentale Begriffe der Quantenmechanik<br />
2.1 Zustand und statistische Interpretation<br />
Der Zustand eines mikroskopischen Systems in der Quantenmechanik wird als Ψ oder in<br />
der Bra-Ket-Notation als |Ψ〉 bezeichnet und ist ein Element des abstrakten Hilbertraumes.<br />
Im Rahmen dieses <strong>Ferienkurs</strong>es wird hauptsächlich die Projektion des Zustandes in<br />
den Ortsraum 〈r | Ψ〉 = Ψ(t, r) (auch bekannt als Wellenfunktion) verwendet. Gemäß der<br />
statistischen Interpretation der Quantenmechanik (=Kopenhagener Deutung) gibt das<br />
Absolutquadrat |Ψ(t, r)| 2 d 3 r = Ψ ∗ (t, r)Ψ(t, r)d 3 r der Wellenfunktion die Wahrscheinlichkeit<br />
an, ein Teilchen zur Zeit t im Intervall d 3 r um den Ort r zu finden. Man nennt<br />
|Ψ(t, r)| 2 die Wahrscheinlichkeitsdichte am Ort r zur Zeit t. Da die Wahrscheinlichkeit<br />
das Teilchen irgendwo im gesamten Volumen (−∞, ∞) zu finden Eins betragen<br />
muss, ergibt sich die Normierungsbedingung für die Wellenfunktion<br />
ˆ∞<br />
−∞<br />
d 3 r |Ψ(t, r)| 2 = 1. (11)<br />
3
2.2 Schrödinger-Gleichung<br />
Die Dynamik eines Zustandes, also dessen zeitliche Entwicklung, wird durch eine Differentialgleichung,<br />
im nicht relativisitschen Grenzfall ist das die Schrödinger-Gleichung,<br />
beschrieben.<br />
i ∂ [<br />
]<br />
∂t Ψ(t, r) = − 2<br />
2m ∇2 + V (t, r) Ψ(t, r) = ĤΨ(t, r) (12)<br />
Hierbei ist Ĥ der Hamiltonoperator, der Operator der Gesamtenergie. Für viele Probleme<br />
genügt die Beschreibung durch ein stationäres d.h. zeitunabhängiges Potential<br />
V (t, r) = V (r), und man sieht sofort, dass damit auch der Hamiltonoperator also die<br />
Gesamtenergie nichtmehr von der Zeit abhängt: E = const. In diesem Fall führt ein<br />
einfacher Separationsansatz<br />
auf die stationäre Schrödinger-Gleichung<br />
Ψ(t, r) = Ψ(t = 0, r)e −iωt = ψ(r)e − i Et , (13)<br />
Ĥψ(r) =<br />
]<br />
[− 2<br />
2m ∇2 + V (r) ψ(r) = Eψ(r). (14)<br />
Da die Schrödinger-Gleichung eine lineare (in Ψ) homogene DGL ist, können verschiedene<br />
Lösungen linear überlagert werden (Superpositionsprinzip), d.h. mit den Lösungen ψ 1<br />
und ψ 2 ist auch ψ 3 = aψ 1 +bψ 2 eine Lösung der Schrödinger-Gleichung. Die Schrödinger-<br />
Gleichung sollte als Eigenwertgleichung für die Wellenfunktion Ψ aufgefasst werden. Die<br />
eigentliche Aufgabe besteht nun darin, für ein vorgegebenes Potential V (r) die Wellenfunktion<br />
zu finden, die die Schrödinger-Gleichung löst. Das heißt die Lösungen ergeben<br />
sich aus den Randbedingungen die an das System gestellt werden. Leider lassen sich nur<br />
wenige Potentiale exakt analytisch lösen, im Eindimensionalen gibt es jedoch eine Reihe<br />
von ’Standardtypen’ wie z.B. den unendlich hohen Potentialtopf, die Potentialbarriere<br />
oder den harmonischen Oszillator (dieser verlangt jedoch etwas mehr Rechenaufwand).<br />
2.3 Observablen, Eigenwerte und Eigenfunktionen<br />
Klassische Messgrößen werden in der Quantenmechanik durch sog. Observablen A ausgedrückt<br />
wobei jeder dieser physikalischen Größen (z.B. Energie, Impuls, Drehimpuls,<br />
Ort, ...) ein Operator  zugeordnet wird, der sie mit der Zustandsfunktion verknüpft.<br />
Prinzipell sind im Sinne der Wahrscheinlichkeitsinterpretation nur Erwartungswerte<br />
von Observablen zugänglich. Für den Erwartungswert 〈A〉 einer Observable A gilt<br />
4
ˆ<br />
〈A〉 =<br />
d 3 r Ψ ∗ (t, r)ÂΨ(t, r) (15)<br />
Der Operator  wird also auf die Zustandsfunktion Ψ(t, r) angewendet. Eine entscheidende<br />
Größe zur Charakterisierung des Erwartungswertes ist die Standardabweichung<br />
∆A, welche sich berechnet als<br />
√<br />
∆A = 〈A 2 〉 − 〈A〉 2 . (16)<br />
Als Ergebnis einer Messung der Observable A an einem System Ψ(t, r) erwarten wir<br />
also Messergebnisse die mit der Standardabweichung ∆A um den Erwartungswert 〈A〉<br />
streuen.<br />
Im Spezialfall, dass Ψ(t, r) eine Eigenfunktion zum Operator  ist, sprich ÂΨ(t, r) =<br />
aΨ(t, r), ist der Erwartungswert<br />
ˆ<br />
〈A〉 =<br />
ˆ<br />
d 3 r Ψ ∗ (t, r) ÂΨ(t, r) = a<br />
} {{ }<br />
=aΨ(t,r)<br />
ˆ<br />
d 3 r Ψ ∗ (t, r)Ψ(t, r) = a<br />
d 3 r |Ψ(t, r)| 2 = a, (17)<br />
ganz einfach durch den Eigenwert gegeben. In diesem Fall verschwindet die mittlere<br />
quadratische Schwankung und man misst (bis auf experimentelle Messfehler) immer den<br />
gleichen Wert, der Zustand ist scharf bestimmt. Da physikalische Größen reell sein sollen,<br />
werden diese ausschließlich durch Operatoren mit reellen Eigenwerten beschrieben. Man<br />
nennt diese Operatoren hermitesch. Dies bedeutet, dass der Operator  und sein Adjungiertes<br />
† gleich sind, also  = † . Hermitesche Operatoren haben die Eigenschaft,<br />
dass ihre Eigenfunktionen ein vollständiges System (d.h. eine Basis des Hilbertraumes)<br />
bilden, in die sich alle anderen Funktionen entwickeln lassen. Falls zwei Operatoren Â<br />
und ˆB vertauschbar sind, d.h. der Kommutator<br />
[Â, ˆB]<br />
= Â ˆB − ˆBÂ (18)<br />
verschwindet, haben die Operatoren die gleichen Eigenfunktionen und somit lassen sich<br />
die Erwartungswerte 〈A〉 und 〈B〉 gleichzeitig scharf messen. Ein wichtiger Spezialfall ist<br />
der Kommutator zwischen dem Hamiltonoperator Ĥ und einem Operator Â. Ist dieser<br />
gleich Null, so ist die zum Operator  gehörende Observable A eine Erhaltungsgröße<br />
des Systems. Um von klassischen Messgrößen auf die zugehörigen quantenmechanischen<br />
Operatoren (im Orstraum) zu kommen benutzt man folgende, sog. kanonische Ersetzungsregeln.<br />
5
−→ ˆr = r (19a)<br />
p −→ ˆp = −i∇ (19b)<br />
L −→ ˆL = r × ˆp = −i (r × ∇) (19c)<br />
E pot −→ ˆV (ˆr) = V (r) (19d)<br />
E kin −→ ˆp 2 /(2m) = − 2 ∇ 2 /(2m) (19e)<br />
E −→ Ĥ = −2 ∇ 2 /(2m) + V (r) (19f)<br />
2.4 Lösungen der freien Schrödinger-Gleichung<br />
Wir wollen nun die Lösung der Schrödinger-Gleichung für ein freies Teilchen (V(r)=0)<br />
betrachten. Wir beschränken uns hierfür auf den eindimensionalen Fall. In diesem Fall<br />
ist eine mögliche Lösung<br />
ψ(t, x) = ψ 0 e i (px−Et) = ψ 0 e i(kx−ωt) , (20)<br />
eine Ebene Welle. Charakterisitsch für eine einzelne Ebene Welle ist die Phasengeschwindigkeit<br />
v Ph := ω k = E k =<br />
p<br />
2m , (21)<br />
wobei wir im letzten Schritt die n.R. kinetische Energie E = p 2 /2m und die elementare<br />
De-Broglie Beziheung p = k verwendet haben. Die Phasengeschwindigkeit ist<br />
somit ungleich der klassischen Geschwindigkeit eines Teilchens v T = p/m. Beachte außerdem,<br />
dass ψ in diesem Fall nicht nach Bedinung (11) normiert werden kann, d.h.<br />
diese Einzel-Lösung ist mit der Wahrscheinlichkeitsinterpretation unvereinbar. Für realitische<br />
Teilchen müssen wir in jedem Fall eine normierbare Wellenfunktion angeben. Da<br />
das Superpositionsprinip gilt, können wir mehrere Ebene Wellen (20) mit verschiedenen<br />
Wellenzahlen k überlagern, sodass sich ein normierbares Wellenpaket ergibt:<br />
ψ(t, x) = √ 1 ˆ∞<br />
2π<br />
−∞<br />
dk A(k)e i(kx−ω(k)t) . (22)<br />
Die verschiedenen Wellenzahl gewichten wir hierbei mit einem Faktor A(k), den wir so<br />
wählen, dass alle vorkommenden Wellenzahlen k im Intervall [k 0 − ∆k, k 0 + ∆k] liegen.<br />
Nimmt man an, dass alle Teilwellen in diesem Intervall gleich viel beitragen d.h. A(k) ≈<br />
6
A(k 0 ) = const. und wir ω(k) in eine Taylorreihe bis zur linearen Ordnung entwickeln<br />
ω(k) = ω 0 + dω<br />
dk ∣ (k − k 0 ) + O ( k 2) (23)<br />
} {{ k=k0<br />
}<br />
=:ω 0<br />
′<br />
lässt sich das Integral (22) elementar berechnen und für die Wellenfunktion ergibt sich<br />
(vgl. Abb. 1)<br />
√<br />
2<br />
ψ(t, x) =<br />
π A(k 0)e −i(ω 0t−k 0 x) sin [∆k(ω′ 0t − x)]<br />
. (24)<br />
ω 0t ′ − x<br />
Gl. 24 stellt nun ein Wellenpaket dar, welches ein Maximum bei ω ′ 0t − x = 0 besitzt,<br />
Abb. 1: Wellenpaket als Überlagerung von unendlich vielen Wellen mit Frequenzen ω<br />
im Bereich ω 0 ± ∆ω/2 mit konstanter Amplitude A(k) = A(k 0 ) der Teilwellen.<br />
das sich mit der Gruppengeschwindigkeit<br />
v Gr = dω<br />
dk ∣ = k 0<br />
k=k0<br />
m = p m = v T (25)<br />
in x-Richtung bewegt, die genau der klassischen Teilchengeschwindigkeit entspricht. Somit<br />
ist das Wellenpaket die einzig richtige Beschreibung bewegter freier Teilchen, da es<br />
Normiert und mit den charakteristischen Eigenschaften des klassischen Teilchenmodells<br />
verknüpft werden kann.<br />
Trotz dieser Verknüpfungen kann das Wellenpaket nicht direkt als das Wellenmodell des<br />
Teilchens angesehen werden, denn auch hier gilt: lediglich das Betragsquadrat der Wellenfunktion<br />
hat eine physikalische Interpretation und Messwerte (wie der Ort) können<br />
lediglich durch Wahrscheinlichkeitsaussagen angegeben werden. Wellenpakete unterliegen<br />
außerdem einer Dispersion, d.h. aufgrund der endlichen Impulsverteilung wird die<br />
7
Standardabweichung im Ort mit der Zeit immer größer, das Teilchen ”<br />
läuft aus“, ein<br />
inhärent nicht klassisches Phänomen.<br />
Abb. 2: Darstellung der Unschärferelation durch die Orts- und Impulsunschärfen eines<br />
Wellenpaketes für kleine Ortsunschärfe (links) und große Ortsunschärfe<br />
(rechts).<br />
2.5 Heisenbergsche Unschärferelation<br />
Die volle (räumliche) Breite des Maximums (d.h. die Standardabweichung der Ortsmessung)<br />
∆x eines normierten Wellenpakets zum Zeitpunkt t = 0 und die volle Breite (d.h.<br />
die Standardabweichung der Impulsmessung) ∆k der zugehörigen Amplitudenverteilung<br />
folgen der Beziehung<br />
∆x · ∆k ≥ 1 2 , (26)<br />
wobei sich zeigen lässt, dass der Minimalwert ∆x · ∆k = 1 für eine gaußförmige Amplitudenverteilung<br />
eintritt und alle anderen Verteilungen größere Werte liefern. Je kleiner man<br />
2<br />
beispielsweise die Ortsunschärfe haben will, desto größer muss die Impulsunschärfe<br />
sein und umgekehrt. Mit p = k folgt die Heisenbergsche Unschärferelation (oft<br />
auch Unbestimmtheitsrelation)<br />
∆x · ∆p ≥ 2 . (27)<br />
8
Für die anderen Raumrichtungen eines dreidimensionalen Wellenpaketes erhält man analoge<br />
Ungleichungen. Die Konsequenz dieser Orts-Impuls-Unschärfe ist, dass der Ort und<br />
der Impuls eines Teilchens nicht beliebig genau bestimmbar, sondern immer mit einer<br />
Unschärfe behaftet sind (vgl. Abb. 2). Man kann die Unschärferelation also als direkte<br />
Konsequenz der Normierungsbestimmung und somit der Wahrscheinlichkeitsinterpretation<br />
verstehen, nur durch Sie waren wir gezwungen überhaupt Wellenpakete zur Beschreibung<br />
von Teilchen anstatt einfacher Ebener Wellen einzuführen.<br />
3 Drehimpuls in der Quantenmechanik<br />
Für den Drehimpulsoperator ˆL = r × ˆp = −i(r × ∇) erhält man in kartesischen<br />
bzw. sphärischen Koordinaten<br />
(<br />
ˆL x = −i y ∂ ∂z − z ∂ ) (<br />
= i sin ϕ ∂<br />
)<br />
∂<br />
+ cot ϑ cos ϕ , (28)<br />
∂y<br />
∂ϑ ∂ϕ<br />
(<br />
ˆL y = −i z ∂<br />
∂x − x ∂ ) (<br />
= i − cos ϕ ∂<br />
)<br />
∂<br />
+ cot ϑ sin ϕ , (29)<br />
∂z<br />
∂ϑ ∂ϕ<br />
(<br />
ˆL z = −i x ∂ ∂y − y ∂ )<br />
= −i ∂<br />
∂x ∂ϕ . (30)<br />
Damit ergibt sich für den Operator des Drehimpuls-Betragsquadrats<br />
[ (<br />
ˆL 2 = ˆL 2 x + ˆL 2 y + ˆL 1<br />
2<br />
z = − 2 ∂<br />
sin ϑ ∂ )<br />
+ 1 ]<br />
∂ 2<br />
sin ϑ ∂ϑ ∂ϑ sin 2 = − 2 ∇ 2<br />
ϑ ∂ϕ<br />
ϑ,ϕ. (31)<br />
2<br />
Offensichtlich ist ˆL 2 proportional zum Winkelanteil des Laplace-Operators. Dies bedeutet,<br />
dass die Kugelflächenfunktionen Y lm (ϑ, ϕ) Eigenfunktionen des Operators ˆL 2<br />
sind. Des Weiteren sind die Kugelflächenfunktionen auch Eigenfunktionen zum Operator<br />
ˆL z . Die Eigenwertgleichungen lauten<br />
ˆL 2 Y lm (ϑ, ϕ) = 2 l(l + 1)Y lm (ϑ, ϕ) mit l = 0, 1, ... (32a)<br />
ˆL z Y lm (ϑ, ϕ) = m l Y lm (ϑ, ϕ) mit m l = −l, ..., l. (32b)<br />
Wir nennen m l die magnetische Quantenzahl. Die Operatoren ˆL 2 und ˆL z haben also<br />
die gleichen Eigenfunktionen und sind somit gleichzeitig scharf messbar. Im Gegensatz<br />
ist keine gleichzeitige scharfe Messung von ˆL x und ˆL y möglich.<br />
Allgemein kann man zeigen, dass der Betrag und eine Richtung des Drehimpulses gleichzeitig<br />
scharf gemessen werden können. Einzelne Richtungskomponenten jedoch können<br />
9
nicht gleichzeitig scharf gemessen werden. ˆL x und ˆL y sind aber in ihren Werten über die<br />
Relation<br />
ˆL 2 x + ˆL 2 y = ˆL 2 − ˆL 2 z (33)<br />
beschränkt. Dabei wurde als sog. Quantisierungsachse gemäß Konvention die z-Achse<br />
gewählt. Der Drehimpulsvektor ˆL hat also eine wohldefinierte Länge und Projektion auf<br />
die Quantisierungsachse, er präzediert somit um die Quantisierungsachse (vgl. Abb.<br />
3).<br />
Abb. 3: Mögliche Richtungen eines Drehimpulses mit definierter Komponente (Quantisierungsachse)<br />
〈L z 〉 = m l und definiertem Betrag |L| = √ l(l + 1).<br />
4 Spin<br />
Zusätzlich zu den klassisch bereits bekannten Freiheitsgraden, besitzen alle Teilchen<br />
einen weiteren inneren Freiheitsgrad, den Spin Ŝ . Dieser besitzt kein klassisches Analogon,<br />
lässt sich jedoch über weite Strecken als Eigendrehimpuls eines Teilchens verstehen.<br />
Wie jeder Drehimpuls ist auch der Spin mit einem magnetischem Moment µ<br />
verknüpft. Der Spin folgt somit den selben Gesetzmäßigkeiten wie der Bahndrehimpuls<br />
und besitzt daher die Erwartungswerte<br />
〈Ŝ<br />
2〉<br />
〈Ŝz<br />
〉<br />
= 2 s(s + 1), (34a)<br />
= m s . (34b)<br />
Für das Elektron ist die Spinquantenzahl s = 1/2 und somit m s = ±1/2. Die Zustände<br />
mit m s = 1/2 werden als Spin-Up, die mit m s = −1/2 als Spin-Down bezeichnet. Alle<br />
10
anderen Eigenschaften der Zustände bleiben erhalten, der Spin kann also stets separat<br />
betrachtet werden. Das bedeutet, die Gesamtwellenfunktion lässt sich separieren in den<br />
bisher betrachteten Ortsanteil Ψ(t, r) sowie einen Spinanteil χ(s)<br />
Ψ s (t, r) = Ψ(t, r)χ(s) (35)<br />
Generell treten in der Natur zwei Arten von Teilchen auf, solche mit ganzzahliger Spinquantenzahl<br />
und solche mit halbzahliger Spinquantenzahl.<br />
s = 1 2 : Fermionen<br />
s = 1 : Bosonen<br />
5 Fermionen und Bosonen<br />
Alle Elementarteilchen lassen sich in Fermionen(halbzahliger) und Bosonen(ganzzahliger<br />
Spin) aufteilen. Der wesentliche Unterschied zwischen Fermionen und Bosonen (abgesehen<br />
vom Spin) tritt erst in Mehrteilchenproblemen auf. Betrachten wir beispielsweise<br />
ein Zweiteilchen-Quantensystem aus zwei identischen Teilchen. Grundsätzlich sind identische<br />
Teilchen ununterscheidbar, das heißt die sämtliche Observablen (und damit das<br />
Betragsquadrat der Wellenfunktion) müssen invariant unter Austausch beider Teilchen<br />
sein:<br />
|Ψ(r 1 , r 2 )| 2 = |Ψ(r 2 , r 1 )| 2 . (37)<br />
Für die Wellenfunktion ergeben sich demnach bei Austausch identischer Teilchen zwei<br />
Transformationsmöglichkeiten<br />
{<br />
+ für Bosonen,<br />
Ψ(r 1 , r 2 ) = ±Ψ(r 2 , r 1 ) mit<br />
(38)<br />
− für Fermionen.<br />
Daraus ergeben sich sehr weitreichende Konsequenzen. Betrachten wir ein System aus<br />
zwei identischen Teilchen. In Abwesenheit einer Wechselwirkung zwischen den Teilchen<br />
können wir die Wellenfunktion separieren und erhalten<br />
Ψ(r 1 , r 2 ) = Ψ a (r 1 )Ψ b (r 2 ), (39)<br />
wobei a und b für einen Satz von sämtlichen weiteren Quantenzahlen (z.B. Spin) steht.<br />
Berücksichtigt man nun (38) so ist klar, dass wir die Wellenfunktion symmetrisieren<br />
bzw. anti-symmetriesieren müssen damit Sie die gewünschte Austauschsymmetrie widerspiegelt:<br />
Ψ ± (r 1 , r 2 ) = C (Ψ a (r 1 )Ψ b (r 2 ) ± Ψ a (r 2 )Ψ b (r 1 )) . (40)<br />
11
Für Fermionen(es gilt das -) im gleichen Zustand a = b folgt daraus sofort das Pauli-<br />
Prinzip<br />
Ψ − (r 1 , r 2 )| a=b<br />
= 0. (41)<br />
Das heißt identische Fermionen können sicht nicht im gleichen Zustand befinden. Weitere<br />
Betrachtungen von Vielteilchenproblemen zeigen, dass sich Fermionen gemäß der Fermi-<br />
Dirac Statistik verhalten während Bosonen der Bose-Einstein Statistik unterliegen (Spin-<br />
Statistik Theorem).<br />
12