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3 Fourier Analysis<br />
3.1 Fourier-Reihen<br />
Als Fourier-Reihe bezeichnet man die Entwicklung einer periodischen Funktion nach dem Funktionensystem<br />
cos(kx), sin(kx) (k ∈ N) (3.1)<br />
Im Gegensatz zu den Taylor-Reihen können durch Fourier-Reihen auch periodische Funktionen dargestellt<br />
werden, die nur stückweise stetig differenzierbar sind und deren Ableitungen Sprungstellen<br />
haben.<br />
3.1.1 Periodische Funktionen<br />
Eine auf ganz R definierte reell- oder komplexwertige Funktion f heißt periodisch mit der Periode<br />
L > 0, falls<br />
f(x + L) = f(x) ∀x ∈ R (3.2)<br />
Im Folgenden werden wir uns auf Funktionen mit der Periode 2π beschränken. Man kann leicht<br />
zeigen, dass dies ohne Beschränkung der Allgemeinheit möglich ist.<br />
Hat f die Periode L, so hat die Funktion F<br />
die Periode 2π. Aus der Funktion F gewinnt man f zurück mittels<br />
F(x) := f( L x) (3.3)<br />
2π<br />
f(x) = F( 2π x) (3.4)<br />
L<br />
Wenn im Folgenden von einer periodischen Funktion die Rede ist, so habe diese stets die Periode 2π.<br />
3.1.2 Die Fourier-Reihe im Reellen<br />
Definition 2 (Fourierreihe im Reellen) Sei f eine stückweise glatte, periodische Funktion mit der<br />
Periode 2π, f : [−π, π] → R<br />
Dann heißt die Darstellung von f als trigonometrisches Polynom gemäß<br />
Fourierreihe von f.<br />
f(x) = a ∞<br />
0<br />
2 + ∑<br />
(a k cos(kx) + b k sin(kx)) (3.5)<br />
k=1<br />
Die reellen Koeffizienten a k , b k heißen Fourier-Koeffizienten von f.<br />
6
3.1 Fourier-Reihen<br />
Bemerkung 2 (Schreibweise) Häufig betrachtet man nicht die vollständige Fourierreihe, sondern<br />
nur das trigonometrische Polynom bis zur n-ten Ordnung:<br />
S f,n (x) = a n∑<br />
0<br />
2 + (a k cos(kx) + b k sin(kx)) (3.6)<br />
k=1<br />
Zur besseren Unterscheidbarkeit zwischen einer Funktion und ihrer (vollständigen) Fourierreihe wird<br />
häufig auch S f ≡ S f,∞ = a 0<br />
2<br />
+ ∑ ∞<br />
k=1 (a kcos(kx) + b k sin(kx)) geschrieben.<br />
Die Fourier-Koeffizienten sind gegeben durch<br />
a k = 1 π<br />
∫<br />
c+2π<br />
f(x)cos(kx)dx für k = 0, 1, 2, ... (3.7)<br />
c<br />
b k = 1 π<br />
∫<br />
c+2π<br />
f(x)sin(kx)dx für k = 1, 2, ... (3.8)<br />
c<br />
Die Konstante c kann beliebig gewählt werden.<br />
Die Fourier-Koeffizienten ergeben sich aus den Orthogonalitätsrelationen:<br />
1<br />
π<br />
1<br />
π<br />
∫ π<br />
−π<br />
∫ π<br />
−π<br />
1<br />
π<br />
∫ π<br />
−π<br />
sin(nx)sin(mx)dx = δ nm (3.9)<br />
cos(nx)cos(mx)dx = δ nm (3.10)<br />
sin(nx)cos(mx)dx = 0 (3.11)<br />
3.1.3 Symmetriebetrachtungen<br />
Eine Funktion f heißt gerade, wenn gilt: f(−x) = f(x).<br />
Eine Funktion f heißt ungerade, wenn gilt: f(−x) = −f(x).<br />
Das Produkt aus einer geraden und einer ungeraden Funktion ist eine ungerade Funktion. Das<br />
Produkt zweier (un)gerader Funktionen ist eine gerade Funktion.<br />
Klar ist auch, dass für eine ungerade Funktion u gilt:<br />
π∫<br />
−π<br />
u(x)dx = 0.<br />
cos(x) ist eine gerade Funktion. Daher verschwinden für eine ungerade Funktion f die Koeffizienten<br />
a k . Die Fourierreihe besteht dann nur aus den Sinus-Gliedern.<br />
sin(x) ist eine ungerade Funktion. Daher verschwinden für eine gerade Funktion f die Koeffizienten<br />
b k . Die Fourierreihe besteht dann nur aus den Cosinus-Gliedern.<br />
7
3 Fourier Analysis<br />
Also:<br />
f(x) ungerade ⇒ a k = 0 nur sin-Glieder (3.12)<br />
f(x) gerade ⇒ b k = 0 nur cos-Glieder (3.13)<br />
3.1.4 Die Fourier-Reihe im Komplexen<br />
Vermöge cos(x) = 1 2 (eix + e −ix ) und sin(x) = 1 2i (eix − e −ix ) lässt sich die reelle Fourierreihe auch<br />
als komplexwertiges trigonometrisches Polynom darstellen. Dieser Übergang von der reellen zur<br />
komplexen Fourierreihe sei hier kurz skizziert:<br />
mit<br />
f(x) = a ∞<br />
0<br />
2 + ∑<br />
(a k cos(kx) + b k sin(kx)) (3.14)<br />
k=1<br />
= a ∞<br />
0<br />
2 + ∑<br />
(a k ( 1 2 (eikx + e −ikx )) + b k ( 1 2i (eikx − e −ikx ))) (3.15)<br />
k=1<br />
= a ∞<br />
0<br />
2 + ∑<br />
[ 1<br />
2 (a k − ib k )e ikx + 1 ]<br />
2 (a k + ib k )e −ikx (3.16)<br />
k=1<br />
∞∑<br />
= c k e ikx (3.17)<br />
k=−∞<br />
c 0 = a 0<br />
2<br />
(3.18)<br />
c k = 1 2 (a k − ib k ) (3.19)<br />
c −k = 1 2 (a k + ib k ) (3.20)<br />
Die Koeffizienten c k lassen sich auch direkt berechnen:<br />
c k = 1<br />
2π<br />
∫ ∞<br />
k=−∞<br />
f(x)e −ikx , k ∈ Z (3.21)<br />
3.2 Fouriertransformation<br />
Definition 3 ((kontinuierliche) Fouriertransformation) Die Fouriertransformierte einer Funktion<br />
f : R → C ist gegeben durch:<br />
F[f](ω) = ˆf(ω) = F(f(t)) = 1<br />
2π<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
e −iωt f(t)dt (3.22)<br />
Bemerkung 3 (Normierungsfaktor) Der Normierungsfaktor 1 ist abhängig von der verwendeten<br />
2π<br />
1<br />
Konvention. In der Physik ist √<br />
2π<br />
aus Gründen der Energieerhaltung üblich.<br />
8
3.2 Fouriertransformation<br />
Bemerkung 4 (Integrabilität) Die zu transformierende Funktion f muss über R integrierbar sein,<br />
∞∫<br />
also |f(t)| < ∞, woraus insbesondere folgt, dass f(t) → 0 für |t| → ∞<br />
−∞<br />
Definition 4 (Rücktransformation) Die Fourier-Rücktransformation ist gegeben durch:<br />
F −1 [f](ω) =<br />
∫ ∞<br />
e iωt f(t)dt (3.23)<br />
−∞<br />
3.2.1 Eigenschaften der Fouriertransformation<br />
Linearität<br />
Beweis: trivial<br />
F(f 1 + f 2 ) = F(f 1 ) + F(f 2 ) (3.24)<br />
F(αf 1 ) = αF(f 1 ) ∀α ∈ R (3.25)<br />
Verschiebungssatz<br />
Beweis:<br />
F(f(t + k)) = e iωk F(f(t)) (3.26)<br />
F(f(t + k)) = 1<br />
2π<br />
= 1<br />
2π<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
= 1<br />
2π eiωk<br />
e −iωt f(t + k)dt t′ :=t+k<br />
= (3.27)<br />
e −iω(t′ −k) f(t ′ )dt ′ = (3.28)<br />
∫∞<br />
−∞<br />
e −iω(t′) f(t ′ )dt ′ = (3.29)<br />
= e iωk F(f(t)) (3.30)<br />
Differentation<br />
Beweis:<br />
F(f (n) (t)) = (iω) n F(f(t)) (3.31)<br />
∫ ∞<br />
F(f ′ (t)) = 1<br />
2π<br />
⎡<br />
−∞<br />
e −iωt f ′ (t)dt (3.32)<br />
∫ ∞<br />
= 1 ⎢<br />
⎣ [ e −iωt f(t) ] ∞<br />
− −iωe −iωt ⎥<br />
f(t)dt<br />
2π<br />
−∞<br />
⎦ (3.33)<br />
} {{ }<br />
=0<br />
−∞<br />
= iωF(f(t)) (3.34)<br />
⎤<br />
9
3 Fourier Analysis<br />
Höhere Ableitungen: analog.<br />
Faltung<br />
Definition 5 (Faltung zweier Funktionen)<br />
(f 1 ∗ f 2 )(t) = 2π<br />
Hierbei sind f 1 und f 2 stetig und absolutintegrabel und f 1 ist beschränkt.<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
f 1 (t − u)f 2 (u)du (3.35)<br />
Beweis:<br />
F(f 1 ∗ f 2 ) = 1<br />
2π<br />
= 1<br />
2π<br />
F(f 1 ∗ f 2 ) = 2πF(f 1 )F(f 2 ) (3.36)<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
1<br />
= 2π ·<br />
2π<br />
e −iωt<br />
∫∞<br />
−∞<br />
e −iω(s+u) ∞<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
f 1 (t − u)f 2 (u)dudt s:=t−u<br />
= (3.37)<br />
∫<br />
−∞<br />
e −iωs 1<br />
f 1 (s)ds ·<br />
2π<br />
f 1 (s)f 2 (u)duds = (3.38)<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
e −iωu f 2 (u)du = (3.39)<br />
= 2πF(f 1 )F(f 2 ) (3.40)<br />
3.3 Distributionen<br />
3.3.1 Definition<br />
Definition 6 (Träger einer Funktion)<br />
supp f := {x ∈ R n , f(x) ≠ 0} (3.41)<br />
Definition 7 (C 0 (R n )) Menge aller in R n stetigen Funktionen mit kompaktem Träger, d. h. supp f ist<br />
abgeschlossen und beschränkt.<br />
Definition 8 (Distribution) Sei f ∈ C 0 (R n ) eine stetige Funktion mit kompaktem Träger und sei<br />
φ ∈ C ∞ 0 (R n )<br />
Dann ist die Distribution F definiert durch:<br />
F : C 0 (R n ) → R (3.42)<br />
f ↦−→ F f (3.43)<br />
mitF f (φ) =<br />
∫ ∞<br />
f(x)φ(x)dx (3.44)<br />
−∞<br />
10
3.3 Distributionen<br />
Eine Distribution ordnet also jeder Testfunktion eine Zahl zu.<br />
3.3.2 Die Dirac-Delta-Distribution<br />
Definition 9 (δ-Distribution)<br />
F δ (φ) =<br />
∫ ∞<br />
δ(x)φ(x)dx := φ(0) (3.45)<br />
−∞<br />
Definition 10 (Physiker-Definition)<br />
δ(x) =<br />
{ ∫∞<br />
0 x ≠ 0<br />
∞ x = 0 und<br />
−∞<br />
δ(x)dx = 1 (3.46)<br />
Diese Definition ist zwar anschaulich und in der Physik üblich, mathematisch jedoch nicht korrekt.<br />
3.3.3 Eigenschaften der δ-Distribution<br />
Faltungssatz<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
f(x)δ(x − a)dx =<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
f(x)δ(a − x)dx = f(a) (3.47)<br />
Fouriertransformation<br />
F(δ(φ)) = 1 (3.48)<br />
Skalierung<br />
δ(ax) = 1 δ(x) (3.49)<br />
|a|<br />
Stammfunktion<br />
Achtung: Nur bei Auffassung der δ-Distribution als Funktion (mathematisch inkorrekt).<br />
Θ(t) ist die Heaviside-Sprung-Funktion.<br />
δ(t) = d Θ(t) (3.50)<br />
dt<br />
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3 Fourier Analysis<br />
Ableitung<br />
Achtung: Nur bei Auffassung der δ-Distribution als Funktion (mathematisch inkorrekt).<br />
∫ ∞<br />
−∞<br />
δ n (x) ist die n-te Ableitung der δ-Distribution.<br />
f(x)δ n (x)dx = (−1) n f (n) (0) (3.51)<br />
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