Fersenschmerz - Laufen in Stavenhagen

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F 2009 Fersenschmerz Fersenschmerz Darstellung und Behandlung In dieser Arbeit wird der plantare Fersenschmerz, d.h. der sogenannte Fersensporn und die plantare Fasciitis beschrieben, sowie ein aktueller Überblick über die Effizienz der Therapiemöglichkeiten gegeben. Diplomarbeit von Andrea Gander Physiotherapieschule 1 Stadtspital Triemli, Kurs 35 17.04.2009

F<br />

2009<br />

<strong>Fersenschmerz</strong><br />

<strong>Fersenschmerz</strong><br />

Darstellung und Behandlung<br />

In dieser Arbeit wird der plantare <strong>Fersenschmerz</strong>, d.h. der sogenannte<br />

Fersensporn und die plantare Fasciitis beschrieben, sowie e<strong>in</strong> aktueller<br />

Überblick über die Effizienz der Therapiemöglichkeiten gegeben.<br />

Diplomarbeit von Andrea Gander<br />

Physiotherapieschule 1<br />

Stadtspital Triemli, Kurs 35<br />

17.04.2009


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

Titelbild: Oben: Knochen-Sz<strong>in</strong>tigraphie Unten: MRI<br />

Die Bilder zeigen e<strong>in</strong>e Infektion an der Ansatzstelle der Plantaraponeurose nach<br />

wiederholten Cortison<strong>in</strong>jektionen (Rompe et al. 2007)<br />

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei me<strong>in</strong>en Eltern, me<strong>in</strong>em Bruder und me<strong>in</strong>er<br />

Diplomarbeitsbetreuer<strong>in</strong> Ruth Hänggi bedanken. Sie haben mich bei dieser Arbeit sehr<br />

unterstützt.<br />

Diese Arbeit wurde im Rahmen der Ausbildung an der Physiotherapie-Schule am Stadtspital<br />

Triemli verfasst.<br />

Betreuungsperson: Ruth Hänggi Co-Schulleiter<strong>in</strong><br />

2


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

Abstract<br />

Bei der vorliegenden Studienarbeit geht es um das Thema <strong>Fersenschmerz</strong>. Dabei wird<br />

<strong>in</strong>sbesondere auf den plantaren <strong>Fersenschmerz</strong> e<strong>in</strong>gegangen. Die Arbeit richtet sich an<br />

Physiotherapeuten 1 , die gerne mehr über den plantaren <strong>Fersenschmerz</strong> und dessen<br />

Therapiemöglichkeiten erfahren möchten.<br />

Der Calcaneus, die Plantaraponeurose, der Aufbau der Fusswölbungen und deren Anpassung<br />

beim Gehen werden beschrieben.<br />

Die Plantarfasciitis wird ausführlich behandelt.<br />

Des weiteren werden die anderen Arten des <strong>Fersenschmerz</strong>es kurz abgehandelt: Haglund-<br />

Exostose, Achillodynie, Bursitis subachillea, Retrocalcaneare Calc<strong>in</strong>ose, Calcaneusfrakturen,<br />

Tumor, Juvenile Apophysitis calcanei, Atrophie des Fersenfettpolsters, Tarsaltunnelsyndrom,<br />

Triggerpunkte, lumbospondylogenes und -radikuläres Schmerzsyndrom, chronisch venöse<br />

Insuffizienz und kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dlicher <strong>Fersenschmerz</strong>.<br />

Die verschiedenen Therapiemöglichkeiten werden aufgezeigt:<br />

Dehnungen der Plantaraponeurose und des M. Triceps surae: Hier belegen die Studien, dass<br />

die Dehnung der Plantaraponeurose s<strong>in</strong>nvoll ist. Die Dehnung des M. Triceps surae zeigt<br />

ke<strong>in</strong>en signifikanten Effekt.<br />

Die Kräftigung des M. triceps surae, M. Quadriceps femoris, der Hüftabduktoren und der<br />

Glutealmuskulatur, sowie die Kräftigung des M. tibialis posterior, welcher e<strong>in</strong> wichtiger Anti-<br />

Pronator des Fusses ist, kann bei Schwächen der Muskulatur und bei schlechtem Alignement<br />

der Be<strong>in</strong>achsen <strong>in</strong>diziert se<strong>in</strong>.<br />

Die manuelle Mobilisation des Os Naviculare und des MTP I, für e<strong>in</strong>e bessere Stossdämpfung<br />

während des Ganges kann je nach Befund s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>.<br />

Iontophorese, Ultraschall und Kälteanwendungen werden kurz abgehandelt.<br />

Die Stosswellentherapie, die medikamentösen und operativen Therapien, sowie die<br />

orthopädischen Hilfsmittel werden erwähnt.<br />

1 In dieser Arbeit wird durchgehend die männliche Form verwendet. Dies soll auch stellvertretend für das<br />

weibliche Geschlecht gelten.<br />

3


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. E<strong>in</strong>leitung ............................................................................................................................ 6<br />

1.1. Problembeschreibung .................................................................................................... 6<br />

1.2. Motivation ..................................................................................................................... 6<br />

1.3. Fragestellungen ............................................................................................................. 7<br />

1.4. Zielsetzung und E<strong>in</strong>grenzung ........................................................................................ 7<br />

1.5. Zielpublikum ................................................................................................................. 7<br />

1.6. Methodik ....................................................................................................................... 7<br />

1.7. Aufbau der Arbeit .......................................................................................................... 7<br />

2. Anatomische und Funktionelle Gegebenheiten der Ferse .............................................. 8<br />

2.1. Calcaneus ...................................................................................................................... 8<br />

2.2. Plantaraponeurose ......................................................................................................... 8<br />

2.2.1. Verlauf ............................................................................................................... 9<br />

2.2.2. Funktion ............................................................................................................. 9<br />

2.2.3. W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus (Ankerw<strong>in</strong>denmechanismus) ..................................... 9<br />

2.2.4. Histologie ......................................................................................................... 10<br />

2.2.5. Durchblutung ................................................................................................... 10<br />

2.3. Wölbungen des Fusses ................................................................................................ 11<br />

2.3.1. Funktion ............................................................................................................ 11<br />

2.3.2. Grundgerüst ...................................................................................................... 11<br />

2.3.3. Muskelaktivität ................................................................................................. 12<br />

2.3.4. Anpassungen der Fusswölbungen an die dynamische Belastung ..................... 12<br />

2.4. Neurale Versorgung .................................................................................................... 13<br />

3. E<strong>in</strong>teilung der <strong>Fersenschmerz</strong>en ..................................................................................... 14<br />

3.1. Plantarer <strong>Fersenschmerz</strong> / Plantarfasciitis ................................................................... 14<br />

3.1.1. Def<strong>in</strong>ition Plantarfasciitis .................................................................................. 14<br />

3.1.2. Anamnese ........................................................................................................... 14<br />

3.1.3. Verlauf ................................................................................................................ 14<br />

3.1.4. Ätiologie und Risikofaktoren ............................................................................. 15<br />

3.1.5. Diagnosestellung ................................................................................................ 16<br />

3.2. Oberer <strong>Fersenschmerz</strong> ................................................................................................. 16<br />

3.2.1. Haglund-Exostose ............................................................................................... 16<br />

3.2.2. Achillodynie ....................................................................................................... 17<br />

3.2.3. Bursitis subachillea ............................................................................................. 17<br />

3.2.4. Retrocalcaneare Calc<strong>in</strong>ose .................................................................................. 17<br />

4


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

3.3. Weitere Formen des <strong>Fersenschmerz</strong>es ........................................................................ 18<br />

3.3.1. Calcaneusfrakturen ............................................................................................. 18<br />

3.3.2. Tumor ................................................................................................................. 18<br />

3.3.3. Juvenile Apophysitis calcanei ............................................................................ 18<br />

3.3.4. Atrophie des Fersenfettpolsters .......................................................................... 19<br />

3.3.5. Tarsaltunnelsyndrom .......................................................................................... 19<br />

3.3.6. Triggerpunkte ..................................................................................................... 19<br />

3.3.7. Lumbospondylogenes (LSS) bzw. lumboradikuläres Schmerzsyndrom (LRS) ... 19<br />

3.3.8. Chronisch-venöse Insuffizienz der unteren Extremität ...................................... 19<br />

3.3.9. Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dlicher <strong>Fersenschmerz</strong> .......................................................................... 19<br />

4. Therapie der Plantarfasciitis ............................................................................................. 20<br />

4.1. Physiotherapie ............................................................................................................. 20<br />

4.1.1. Dehnungen .......................................................................................................... 20<br />

4.1.2. Tape (LowDye Tape) ......................................................................................... 21<br />

4.1.3. Kräftigung ........................................................................................................... 22<br />

4.1.4. Manuelle Mobilisation ........................................................................................ 22<br />

4.1.5. Neurale Mobilisation .......................................................................................... 22<br />

4.1.6. Kälteanwendungen und Ultraschall .................................................................... 23<br />

4.1.7. Iontophorese ....................................................................................................... 23<br />

4.2. Stosswellentherapie ..................................................................................................... 23<br />

4.3. Orthopädische Hilfsmittel ............................................................................................ 24<br />

4.4. Medikamentöse Therapie ............................................................................................ 24<br />

4.5. Operative Therapie ...................................................................................................... 24<br />

5. Schlussfolgerungen ............................................................................................................. 25<br />

Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 26<br />

5


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

1. E<strong>in</strong>leitung<br />

1.1. Problembeschreibung<br />

<strong>Fersenschmerz</strong>en s<strong>in</strong>d häufig.<br />

Von allen Fussbeschwerden s<strong>in</strong>d <strong>Fersenschmerz</strong>en mit 11-15% am häufigsten.<br />

10% von allen Fussverletzungen bei Joggern stellt die plantare Fasciitis dar.<br />

<strong>Fersenschmerz</strong>en s<strong>in</strong>d zudem unter Militärpersonal weitverbreitet (Buchb<strong>in</strong>der<br />

2004).<br />

Welche Rolle spielt der Fersensporn?<br />

E<strong>in</strong>en Fersensporn weisen 5-13% der Bevölkerung auf, wobei nur 50% von ihnen<br />

<strong>Fersenschmerz</strong>en haben (Hoberg 2007).<br />

Wie behandelt man <strong>Fersenschmerz</strong>en?<br />

Die Wichtigkeit e<strong>in</strong>er genauen Befunderhebung, um e<strong>in</strong>e adäquate Therapiewahl zu<br />

treffen, geht oft unter.<br />

Gute, Evidenz-basierende Studien zur Therapie von <strong>Fersenschmerz</strong>en existieren nur<br />

wenige.<br />

Gerade <strong>in</strong> der Physiotherapie konnte ich oft ratlose, ja fast schon genervte Gesichter<br />

beobachten bei der Behandlung von Patienten mit <strong>Fersenschmerz</strong>en: Die Symptome<br />

waren <strong>in</strong>konstant, die Therapie bei allen <strong>Fersenschmerz</strong>en-Patienten gleich oder dann<br />

fast schon experimental. Die Patienten waren wiederholt unzufrieden.<br />

1.2. Motivation<br />

“Fersensporn” immer wieder hört man diesen Begriff.<br />

Als ich das erste Mal mit e<strong>in</strong>em Patienten mit der Diagnose e<strong>in</strong>es Fersensporns<br />

konfrontiert wurde, wusste ich nichts darüber. Ich las mich via dem mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Wörterbuch Pschyrembel und Internet, <strong>in</strong> das Thema des knöchernen Zusatzes am<br />

Calcaneus e<strong>in</strong>. Das Erste was ich erfuhr war, dass der Fersensporn ke<strong>in</strong>e Schmerzen<br />

verursachen muss. Vergleichbar mit der röntgentechnisch feststellbaren Arthrose<br />

beim Art. Coxae: auch dort sagt das Röntgenbild nichts über das Ausmass der<br />

Symptome beim Patienten aus.<br />

Was verursachte dann die Symptome, welche me<strong>in</strong> Patient beschrieb?<br />

In der Literatur wurde, im Zusammenhang mit dem Fersensporn, die plantare<br />

Fasciitis beschrieben. E<strong>in</strong>e Entzündung der Plantarfascie. Bezüglich Ätiologie und<br />

Behandlung fand ich nur wenige, ungenaue Informationen.<br />

Mit der Annahme, dass es sich um e<strong>in</strong>e Entzündung handelt, wandte ich<br />

anti<strong>in</strong>flammatorische Massnahmen an, wie Eismassage, Ultraschall pulsierend und<br />

Querfriktionen. Die Symptome zeigten sich <strong>in</strong>konstant; besser und dann wieder<br />

starke Schmerzepisoden, die <strong>in</strong> 100% Arbeitsunfähigkeit als Koch resultierten.<br />

Der Patient hatte Fragen zu Ursache, E<strong>in</strong>lagen, Operation und Prävention an mich.<br />

Ich konnte ihm ke<strong>in</strong>e sicheren Antworten geben und musste ihn auf den <strong>in</strong>volvierten<br />

Hausarzt verweisen, der selbst auch nicht viel zum Thema wusste. E<strong>in</strong>e sehr<br />

unbefriedigende Situation für mich, denn auch die Physiotherapeuten, welche ich um<br />

Rat bat, wussten nicht viel über <strong>Fersenschmerz</strong>en. Ich wandte schliesslich e<strong>in</strong>zelne<br />

Tipps bezüglich Dehnungen der Plantaraponeurose und des Triceps surae, sowie<br />

Gangschule an. Die Abrollphase verbesserte sich und der Patient gab weniger<br />

Schmerzen auf der VAS (Visual analogue Scale) an.<br />

6


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

Ich konnte den Patienten schmerzfrei abschliessen. Me<strong>in</strong>e Neugierde war nun aber<br />

geweckt.<br />

1.3. Fragestellungen<br />

Ich möchte <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Arbeit folgende Fragenstellungen beantworten:<br />

- Welche Arten von <strong>Fersenschmerz</strong>en gibt es?<br />

- Welche physiotherapeutischen Massnahmen erachtet man als effizient bezüglich<br />

dem plantaren <strong>Fersenschmerz</strong>?<br />

1.4. Zielsetzung und E<strong>in</strong>grenzung<br />

Me<strong>in</strong> Ziel ist es mehr Klarheit bezüglich <strong>Fersenschmerz</strong>en zu vermitteln.<br />

Der Leser soll <strong>in</strong> dieser Arbeit evidenz-basierte Therapiemöglichkeiten zur<br />

Behandlung des plantaren <strong>Fersenschmerz</strong>es kennenlernen.<br />

Leider kann ich nicht umfassend auf die Themen des proximalen/oberen<br />

<strong>Fersenschmerz</strong>es sowie über die orthopädischen Hilfsmittel, Schuhe und die<br />

operativen Verfahren e<strong>in</strong>gehen. Diese würden den Rahmen me<strong>in</strong>er Diplomarbeit<br />

sprengen.<br />

1.5. Zielpublikum<br />

Diese Arbeit soll an Physiotherapeuten gerichtet se<strong>in</strong>, die <strong>in</strong> ihrem Praxisalltag<br />

immer wieder mit <strong>Fersenschmerz</strong>en konfrontiert werden und sich gerne etwas<br />

e<strong>in</strong>gehender damit ause<strong>in</strong>andersetzen möchten.<br />

1.6. Methodik<br />

Für me<strong>in</strong>e Arbeit verwendete ich ausschliesslich vorhandene Literatur und Studien.<br />

Die Studien weisen e<strong>in</strong>e Gütequalität von I-II auf (I: hohe Qualität; randomisierte<br />

weitsichtige kl<strong>in</strong>ische Untersuchungen, II: weitsichtige vergleichende Studien,<br />

Quelle: League 2008).<br />

Die Studien und Artikel fand ich im Internet über pubmed und medl<strong>in</strong>e. Ich arbeitete<br />

viel <strong>in</strong> der mediz<strong>in</strong>ischen Bibliothek Careum <strong>in</strong> ZH.<br />

Für me<strong>in</strong>e Suche verwendete ich v.a. die Begriffe calcaneal spur, heel spur, heel<br />

pa<strong>in</strong>, plantar fasciitis und fasciitis plantaris, sowie den Zusatz therap*.<br />

1.7. Aufbau der Arbeit<br />

Die vorliegende Arbeit be<strong>in</strong>haltet im ersten Teil e<strong>in</strong>en Überblick über die Anatomie<br />

der Ferse, <strong>Fersenschmerz</strong>en und deren Unterscheidung.<br />

Im mittleren Teil geht es um die Behandlung vom plantaren <strong>Fersenschmerz</strong>.<br />

Im Schlussteil beziehe ich Stellung zu me<strong>in</strong>er Arbeit und me<strong>in</strong>en Zielen.<br />

7


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

2. Anatomische und Funktionelle<br />

Gegebenheiten der Ferse<br />

In diesem Kapitel werden die mit der Plantarfasciitis <strong>in</strong> Zusammenhang stehenden<br />

Begebenheiten der Ferse beschrieben. Dazu gehört der Calcaneus, die Plantaraponeurose, die<br />

Wölbungen des Fusses und die neurale Versorgung des Rückfusses.<br />

2.1. Calcaneus<br />

Der Calcaneus stellt der grösste und längste der sieben Fusswurzelknochen dar. Das<br />

dorsale Ende, wo sich der Tuber calcanei bef<strong>in</strong>det, ist dicker. An der Mitte des Tuber<br />

calcanei <strong>in</strong>seriert die Achillessehne. Dorsal-plantar bef<strong>in</strong>den sich die zwei nach<br />

ventral gerichteten Processi lateralis et medialis tuberis calcanei. An der medialen<br />

Fläche gibt es e<strong>in</strong>e Ausbuchtung, das sogenannte Sustentaculum tali. Plantar des<br />

Sustentaculum tali verläuft die Sehne des M. flexor hallucis longus. An der lateralen<br />

Fläche sieht man oft e<strong>in</strong>e Knochenverstärkung, die Trochlea peronaealis. Darunter<br />

verläuft die Sehne des M. peronaeus longus.<br />

Der Calcaneus bildet mit dem Talus, Cuboid und Naviculare das Art. subtalaris<br />

(h<strong>in</strong>tere Kammer des unteren Sprunggelenkes), Art. talocalcaneonavicularis (vordere<br />

Kammer des unteren Sprunggelenkes) und Art. calcaneocuboidea (Platzer 2005).<br />

50% des Körpergewichts lastet auf dem Calcaneus (Kapandji 2006). Die genaue<br />

Übertragung der Last sieht man an der Architektur der Spongiosa, der sogenannten<br />

Trabekel.<br />

Der Calcaneus ist nur von sehr wenigen arteriellen Gefässen versorgt.<br />

Frakturheilungen f<strong>in</strong>den deshalb sehr langsam oder gar nicht statt.<br />

Abbildung 1 Architektur der Spongiosa des Calcaneus (Kapandji 2006)<br />

2.2. Plantaraponeurose<br />

Die Plantaraponeurose ist wichtig für den Erhalt der Fusslängswölbung. Sie verläuft<br />

plantar vom Tuber calcanei zu den proximalen Phalangen I-V. Die schlecht<br />

durchblutete Plantaraponeurose ist weder e<strong>in</strong> Ligament noch e<strong>in</strong>e Sehne, sondern<br />

etwas dazwischen.<br />

Dank der Plantaraponeurose kann der sogenannte W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus stattf<strong>in</strong>den.<br />

Dieser Mechanismus ist wichtig für das Abstossen während dem Gehen.<br />

8


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

2.2.1. Verlauf<br />

Die starke, fibröse Plantaraponeurose bedeckt alle Fusssohlenmuskeln. Sie<br />

verläuft zwischen dem Calcaneus und dem Fersenfettpolster und ist im<br />

Normalfall 2-4mm dick.<br />

Die Plantaraponeurose (auch genannt Plantarfascie) entspr<strong>in</strong>gt am plantaren<br />

Teil des Tuber calcanei, teilt sich dann <strong>in</strong> drei Anteile und setzt plantar an den<br />

Basen der proximalen Phalangen I-V an. Der zentrale Strang der drei Anteile<br />

ist am stärksten ausgeprägt. Am lateralen und medialen Fussrand geht die<br />

Plantaraponeurose <strong>in</strong> die dünne Fascia dorsalis pedis über. Von der Oberfläche<br />

<strong>in</strong> die Tiefe ziehen die Septen plantare mediale et laterale der<br />

Plantaraponeurose, wobei das mediale Septum am Os metatarsale I, Os<br />

cuneiforme mediale und am OS naviculare, das laterale Septum am Os<br />

metatarsale V und am Lig. plantare longum ansetzt. Das plantare Fettpolster<br />

schützt und polstert den Ursprung und Ansatz der Plantaraponeurose (Platzer<br />

2005, League 2008).<br />

2.2.2. Funktion<br />

Die Plantaraponeurose leistet e<strong>in</strong>en wesentlichen Beitrag zum Erhalt der<br />

Fusslängswölbung. Zudem hat sie e<strong>in</strong>e Schutzfunktion für Gefässe und<br />

Nerven (Platzer 2005). Sie spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle bei der Abstossphase <strong>in</strong><br />

Bezug auf die Übertragung der Kräfte des M. triceps surae auf den Vorfuss<br />

(siehe 2.6.4., Phase III).<br />

Sie absorbiert, zusammen mit der exzentrisch arbeitenden Fuss- und<br />

Be<strong>in</strong>muskulatur, Bremskräfte während der Standbe<strong>in</strong>phase des Gehens und<br />

<strong>Laufen</strong>s (Rothgangel 2008).<br />

Es besteht ausserdem Grund zur Annahme, dass die Plantaraponeurose e<strong>in</strong>en<br />

Beitrag zur Proprioception liefert (Wear<strong>in</strong>g et al. 2006).<br />

2.2.3. W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus (Ankerw<strong>in</strong>denmechanismus)<br />

Der W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus beschreibt die Art und Weise, mit der die<br />

Plantaraponeurose den Fuss während der Standbe<strong>in</strong>phase unterstützt und<br />

liefert Informationen zu Belastungen, der sie dabei ausgesetzt wird<br />

(Rothgangel 2008). Die passive Dorsalextension der Zehen (v.a. Hallux),<br />

sowie Metatarsophalangealgelenke führt zum W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus. Dabei<br />

wird die Spannung der Plantaraponeurose passiv erhöht, da sich die<br />

Aponeurose um die Metatarsalköpfe w<strong>in</strong>det, wodurch sich die mediale<br />

Längswölbung verstärkt. Es kommt zu e<strong>in</strong>er Inversion im Art. Subtalaris und<br />

schliesslich zur Aussenrotation des Art. Coxae. Dieser Mechanismus ist re<strong>in</strong><br />

passiv. Er ist abhängig von der Stabilität des Fussskelettes, der Sehnen und<br />

Bänder (Hoberg 2007).<br />

Der Mechanismus ist wichtig für das Abstossen beim Gehen und <strong>Laufen</strong>. Im<br />

Alter nimmt dieser Mechanismus ab. Man nimmt an, dies geschieht wegen<br />

e<strong>in</strong>er vermehrten E<strong>in</strong>lagerung von Kollagen, wodurch die Elastizität der<br />

Aponeurose nachlässt.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Fasciotomie verschw<strong>in</strong>det der W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus fast gänzlich<br />

(Wear<strong>in</strong>g et al. 2006).<br />

9


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

2.2.4. Histologie<br />

Die Plantaraponeurose entstand aus der oberflächlichen Fascie. Sie stellt<br />

weder e<strong>in</strong>e Sehne noch e<strong>in</strong> Ligament dar. Sie ist etwas dazwischen.<br />

Die Plantaraponeurose passt sich den auf sie wirkenden Belastungen an, d.h.<br />

sie baut sich stetig um. Dies ist möglich, da <strong>in</strong> der extrazellularen Matrix<br />

Fibrozyten enthalten s<strong>in</strong>d. Man nimmt an, dass die Aponeurose mehr<br />

sensorische Fähigkeiten hat als e<strong>in</strong>e Sehne, dies weil <strong>in</strong> ihr mehr Fibroblasten<br />

enthalten s<strong>in</strong>d. Es wird angenommen, dass sich <strong>in</strong> der Plantaraponeurose,<br />

ähnlich wie bei den Ligamenten, freie Nervenendigungen (Nozizeptoren,<br />

Vasoregulation), welche Schmerz und Entzündungen wahrnehmen und<br />

Mechanorezeptoren (spannungsempf<strong>in</strong>dsam) am proximalen und distalen<br />

Ende bef<strong>in</strong>den.<br />

Der Ursprung der Plantaraponeurose besteht aus vier Schichten. Als erstes<br />

derbes, fibröses Gewebe mit Kollagensubtanz, dann kalkfreier Faserknorpel,<br />

kalkhaltiger Faserknorpel und schliesslich der Knochen. Die Aponeurose<br />

entspr<strong>in</strong>gt also nicht, wie oft angenommen vom Periost. Sie ist unabhängig<br />

vom Periost.<br />

Altersbezogene M<strong>in</strong>eralisationen am Übergang zum Knochen würden<br />

erklären, weshalb die meisten Ansatzprobleme zwischen 40-60 Jahren<br />

bestehen: durch die vermehrte M<strong>in</strong>eralisation wird die Aponeurose brüchiger<br />

(Wear<strong>in</strong>g et al. 2006).<br />

2.2.5. Durchblutung<br />

Die Plantaraponeurose ist wie e<strong>in</strong>e Sehne oder Ligament schlecht durchblutet.<br />

An gewissen Zonen am Ursprung und Ansatz bef<strong>in</strong>den sich ke<strong>in</strong>e Gefässe.<br />

Diese avaskulären Zonen s<strong>in</strong>d immer kritische Zonen. Es s<strong>in</strong>d oft Areale,<br />

welche Kompressionen, Friktionen und Torsionen ausgesetzt s<strong>in</strong>d. Sie werden<br />

u.a. kritische Zonen genannt, da sie anfällig für degenerative Veränderungen<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Abbildung 2 Oben l<strong>in</strong>ks: Verlauf der Plantaraponeurose Oben rechts:<br />

W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus Unten: Neurale Versorgung (Buchb<strong>in</strong>der et al. 2004)<br />

10


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

2.3. Wölbungen des Fusses<br />

Laut Platzer 2005, ist die Bezeichnung e<strong>in</strong>es Gewölbes sachlich falsch, daher werde<br />

ich von den Fusswölbungen sprechen.<br />

E<strong>in</strong>e abgesunkene Fusslängswölbung führt zu e<strong>in</strong>er Mehrbelastung der<br />

Plantaraponeurose. In diesem Kapitel wird die Funktion, sowie der Aufbau und<br />

Erhalt der Fusswölbungen abgehandelt.<br />

2.3.1. Funktion<br />

Die Funktion der Wölbungen ist es, die Last gut und stabil auf den Fuss zu<br />

verteilen (Caput Os metatarsale I und V, sowie Processii medialis et laterales<br />

tuberis calcanei), den Fuss den unterschiedlichsten Untergründen anzupassen,<br />

sowie e<strong>in</strong>e Stossdämpferfunktion auszuüben. Durch die Fusswölbungen ist es<br />

dem Menschen überhaupt möglich sich mit e<strong>in</strong>em elastischen, geschmeidigen<br />

Gang fortzubewegen (Grifka 2005, Kapandji 2006).<br />

2.3.2. Grundgerüst<br />

Die elastischen Längs- und die Querwölbungen des Fusses werden durch<br />

Knochen, Bänder, Sehnen und Muskeln gebildet.<br />

Die Anordnung der Knochen zusammen mit den Ligamenten stellt das<br />

Grundgerüst der Fusswölbungen dar, welches im Stand nur mit sehr ger<strong>in</strong>ger<br />

Muskelaktivität erhalten bleiben sollten (Grifka 2005).<br />

- Die Querwölbung ist quer vom I. zum V. Caput Os metatarsale<br />

verspannt.<br />

Das Os metatarsale II bildet die höchste Stelle.<br />

Die Querwölbung wird ligamentär nur vom Lig. transversum und von<br />

e<strong>in</strong>igen weniger straffen Faserzügen unterstützt. Die Querwölbung ist die<br />

kürzeste und flachste Wölbung.<br />

- Die Längswölbung (entlang der Fusslängsachse) wird medial durch die<br />

Verspannung des Calcaneus über Talus, Naviculare und Cuneiforme I zum<br />

Caput Os metatarsale I geformt. Der Calcaneus berührt den Boden nur mit<br />

den Processii medialis et lateralis tuberis calcanei. Die mediale Wölbung<br />

ist die längste und akzentuierteste Wölbung.<br />

Lateral wird die Längswölbung durch die Verspannung vom Calcaneus<br />

über das Cuboid zum Metatarsale V gebildet.<br />

Die Längswölbung ist dreifach durch Bänder verstärkt: Plantaraponeurose,<br />

Lig. plantare longum, Lig. calcaneocuboidea plantare (Pfannenband).<br />

Wobei die Plantaraponeurose die wichtigste Rolle spielt, da sie am<br />

weitesten plantar liegt und somit am günstigsten auf die Hebelverhältnisse<br />

des Fusses e<strong>in</strong>wirken kann.<br />

Wenn man die Gesamtheit der Wölbungen anschaut, so bef<strong>in</strong>det sich der<br />

Scheitelpunkt nach dorsal verlagert. Das zu tragende Körpergewicht lastet<br />

deshalb vermehrt auf den Processii medialis et lateralis tuberis calcanei<br />

(Kapandji 2006).<br />

11


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

2.3.3. Muskelaktivität<br />

Bei stärkeren Belastungen, wie <strong>Laufen</strong>, Spr<strong>in</strong>gen und Tragen erhalten die<br />

Fusswölbungen verstärkt muskuläre Unterstützung um den<br />

wölbungsabflachenden Kräften entgegenzuwirken:<br />

Die kurzen Fussmuskeln und die Plantaraponeurose haben biomechanisch die<br />

beste Lage zur Wölbungserhaltung. Zusätzliche Unterstützung kriegen sie<br />

hierbei von den zur Fusssohle ziehenden Flexoren: M. flexor hallucis longus,<br />

M. tibialis posterior, M. flexor digitorum longus und M. peronaeus longus<br />

(Grifka 2005).<br />

- Beim Initialkontakt entstehen Kräfte, die zur Abflachung der<br />

Längswölbung führen. Dies wirkt auf die Fusssohlenmuskulatur wie e<strong>in</strong>e<br />

Vordehnung, was reflektorisch zu e<strong>in</strong>er wölbungsverstärkenden<br />

Kontraktion führt.<br />

Das Caput obliquum des M. adductor hallucis, der M. flexor digitorum<br />

longus, der M. tibialis posterior und M. flexor hallucis longus unterstützen<br />

die Längswölbung zusätzlich (Grifka 2005). Besonders der M. tibialis<br />

posterior und der M. hallucis longus spielen wegen ihrer Wirkung auf die<br />

Fusswurzeln hierbei e<strong>in</strong>e grosse Rolle (Kapandji 2006).<br />

- Für den Erhalt der Querwölbung spielt der M. peronaeus longus, dessen<br />

Sehne <strong>in</strong> der Querwölbung verläuft, e<strong>in</strong>e grosse Rolle. Zusätzlich hilft das<br />

Caput transversum des M. adductor hallucis zum Erhalt der Querwölbung<br />

mit (Grifka 2005).<br />

2.3.4. Anpassung der Fusswölbungen an die dynamische Belastung<br />

Die Stossdämpferfunktion der Fusswölbungen zeigt sich beim Gehen sehr gut.<br />

Das Abrollen des Fusses erfolgt <strong>in</strong> vier Phasen (Standbe<strong>in</strong>phase):<br />

- Phase I: Initialkontakt der Ferse am Boden. Dabei bef<strong>in</strong>det sich der Fuss<br />

<strong>in</strong> leichter Sup<strong>in</strong>ationsstellung.<br />

- Phase II: Fusssohlenbodenkontakt (Mid Stance): hier hat die ganze<br />

Unterstützungsfläche der Fusssohle Bodenkontakt. Während der<br />

Gewichtsübernahme f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e zunehmende Pronationsbewegung des<br />

Fusses statt.<br />

Der Körper wird während dieser Phase vom anderen Fuss weiter nach<br />

vorne geschoben (Load<strong>in</strong>g Response), der Körperschwerpunkt kommt<br />

dadurch zuerst <strong>in</strong> die Unterstützungsfläche, dann vor diese<br />

(Schwungbe<strong>in</strong>phase des Gegenbe<strong>in</strong>s). Das obere Sprunggelenk wird<br />

dorsalextendiert, dadurch ist das Körpergewicht dann über dem<br />

Fussgewölbe, welches abgeflacht wird. Diese Abflachung wird aktiv<br />

durch die plantar <strong>in</strong>serierenden Muskeln gebremst (Stossdämpfer). Die<br />

Längswölbung wird nur ger<strong>in</strong>g abgeflacht. Hauptsächlich wird das Caput<br />

Os Metatarsale I etwas nach anterior und der Calcaneus gleichzeitig leicht<br />

nach dorsal verschoben.<br />

- Phase III: Fersenablösung Standbe<strong>in</strong> (Term<strong>in</strong>al Stance) und erste<br />

Vorschubphase: der Körperschwerpunkt verlagert sich durch die<br />

Fersenablösung (Kontraktion M. triceps surae) nach ventral über die<br />

Unterstützungsfläche h<strong>in</strong>aus. Die Fusssohle hat nun nur noch durch den<br />

Vorfuss Kontakt mit dem Boden (<strong>in</strong>sbesondere Caput metatarsale I-V und<br />

Hallux). Der Körperschwerpunkt wird nun angehoben und nach ventral<br />

gebracht (erste Vorschubphase). Dabei wirken die Körperlast und die<br />

Muskelkräfte der Plantarflexoren auf die Fusswölbungen, welche nur noch<br />

12


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

distal e<strong>in</strong>en Stützpunkt aufweisen. Damit die Wölbungen nicht abflachen,<br />

reagieren die plantaren Fussmuskeln und gleichzeitig kommt die<br />

Plantaraponeurose auf Zug (W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus). Am Ende der ersten<br />

Vorschubphase wird die Querwölbung abgeflacht. Die Plantaraponeurose<br />

nimmt e<strong>in</strong>e Teilkraft des M. triceps surae auf, die dann <strong>in</strong> der Phase IV<br />

zum Abstossen genützt wird. Dadurch kann die benötigte Muskelkraft<br />

zum Abstossen des Fusses etwas reduziert werden.<br />

- Phase IV: zweite Vorschubphase: bei der ersten Phase schob der M.<br />

triceps surae den Körperschwerpunkt nach ventral, nun werden auch die<br />

Zehenflexoren (v.a. M. flexor hallucis longus und die kurzen Muskeln des<br />

Hallux) aktiviert. Dadurch löst sich der Fuss weiter vom Boden ab, bis er<br />

hauptsächlich noch durch den Hallux, sowie die Digiti II und III<br />

Bodenkontakt aufweist. Die Abflachung der Längswölbung wird nun<br />

durch die plantaren Fussmuskeln, <strong>in</strong>klusive den Zehenflexoren, sowie<br />

durch den W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus der Plantaraponeurose verh<strong>in</strong>dert.<br />

- In der Spielbe<strong>in</strong>phase nehmen die Fusswölbungen automatisch ihre<br />

ursprüngliche Gestalt wieder an und es f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Resup<strong>in</strong>ation des<br />

Vorfusses statt.<br />

(Kapandji 2006, Rothgangel 2008)<br />

2.4. Neurale Versorgung<br />

Die neurale Versorgung des plantaren Rückfusses geschieht durch den Rami calcanei<br />

mediales (N. tibialis), welcher zwischen der Haut und der Plantaraponeurose<br />

verläuft.<br />

Ausserdem geht e<strong>in</strong> tiefer motorischer Ast zum M. abductor digiti m<strong>in</strong>imi, welcher<br />

unter der Aponeurose verläuft (Hoberg 2007).<br />

13


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

3. E<strong>in</strong>teilung der <strong>Fersenschmerz</strong>en<br />

Fersenbeschwerden treten hauptsächlich an zwei Orten auf. Unter der Ferse (plantarer<br />

<strong>Fersenschmerz</strong>) oder dorsal im Bereich des Achillessehnenansatzes (oberer <strong>Fersenschmerz</strong>).<br />

Der plantare <strong>Fersenschmerz</strong> entsteht durch e<strong>in</strong>e Überbelastung an der Ansatzstelle der<br />

Plantaraponeurose (Fasciitis plantaris), wobei e<strong>in</strong> evtl. vorhandener Fersensporn nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt etwas mit den Schmerzen zu tun haben muss.<br />

Der obere <strong>Fersenschmerz</strong> kann verschiedene Ursachen haben, hat aber oft mit pathologischen<br />

Veränderungen der Achillessehne oder deren Ansatzes zu tun.<br />

Frakturen des Calcaneus sowie onkologische Veränderungen müssen bei persistierenden<br />

Schmerzen differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden.<br />

3.1. Plantarer <strong>Fersenschmerz</strong> / Plantarfasciitis<br />

Unter dem Begriff des plantaren <strong>Fersenschmerz</strong>es gehört die plantare Fasciitis und <strong>in</strong><br />

manchen Literaturen auch der Fersensporn als separate Problematik. Studien haben<br />

jedoch gezeigt, dass das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Fersensporns ke<strong>in</strong>e Beschwerden<br />

verursachen muss. E<strong>in</strong>en Fersensporn weisen 5-13% der Bevölkerung auf, wobei nur<br />

50% von ihnen <strong>Fersenschmerz</strong>en aufweisen (Hoberg 2007). Wenn e<strong>in</strong> Fersensporn<br />

vorhanden ist, dann ist die Schmerzverursachende Problematik meist die<br />

Plantarfasciitis.<br />

3.1.1. Def<strong>in</strong>ition Plantarfasciitis<br />

Die plantare Fasciitis ist e<strong>in</strong> degeneratives Syndrom der Plantaraponeurose,<br />

welches durch wiederholte Mikrotraumata im Ursprungsbereich der<br />

Plantaraponeurose verursacht wird (Rothgangel 2008). Dabei kommt es zu<br />

e<strong>in</strong>er Fibroblastenproliferation und bed<strong>in</strong>gt entzündlichem Gewebe (League<br />

2008).<br />

3.1.2. Anamnese<br />

Die Patienten klagen über allmählich auftretende Schmerzen, welche die<br />

Belastbarkeit der Ferse stark verm<strong>in</strong>dern. Bei Berufen wo die Patienten viel<br />

auf den Be<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d, resultiert oft e<strong>in</strong>e Arbeitsunfähigkeit. Charakteristisch<br />

s<strong>in</strong>d morgendliche Anlaufschmerzen, sowie Schmerzen nach längerer<br />

belastungsfreier Zeit, die nach wenigen Schritten nachlassen. Die Schmerzen<br />

s<strong>in</strong>d plantar-medial-dorsal subcalcaneal im Bereich des Processus medialis<br />

tuberis calcanei lokalisiert und werden als stark, scharf und stechend<br />

beschrieben. Die Beschwerden lassen <strong>in</strong> Ruhe, ohne Belastung und bei<br />

hochgelagertem Fuss nach. Die Schmerzen s<strong>in</strong>d aktivitätsabhängig.<br />

Am Tagesende kann e<strong>in</strong> konstanter dumpfer oder klopfender Schmerz<br />

auftreten. Die Nacht ist schmerzfrei. Parästhesien s<strong>in</strong>d ungewöhnlich.<br />

Vielleicht gibt es <strong>in</strong> der Vorgeschichte e<strong>in</strong>en Schuhwechsel, e<strong>in</strong>e<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gssteigerung, oder e<strong>in</strong>e Aktivität auf ungewohntem Untergrund<br />

(Buchb<strong>in</strong>der 2004).<br />

3.1.3. Verlauf<br />

Die Fasciitis plantaris hat <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en mühsamen, langen Verlauf bis zu<br />

e<strong>in</strong>em Jahr. Man kann allerd<strong>in</strong>gs sagen, dass die Problematik <strong>in</strong> den meisten<br />

Fällen selbstbeschränkt bleibt. Bei 80-90% der Patienten kommt es <strong>in</strong>nerhalb<br />

von zehn Monaten zur Beschwerdefreiheit (League 2008).<br />

14


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

3.1.4. Ätiologie und Risikofaktoren<br />

Betroffen s<strong>in</strong>d v.a. Läufer und Frauen zwischen 40-60 Jahren (Rothgangel<br />

2008, Buchb<strong>in</strong>der 2004). Meist s<strong>in</strong>d die jüngeren Patienten Jogger. 11-15%<br />

aller Fussproblematiken und 10% von allen Fussverletzungen bei Joggern<br />

stellt die plantare Fasciitis dar (Buchb<strong>in</strong>der 2004).<br />

Die genaue Ätiologie der Plantarfasciitis ist nicht geklärt. Man ist sich aber <strong>in</strong><br />

praktisch allen Studien e<strong>in</strong>ig darüber, dass es sich wahrsche<strong>in</strong>lich um e<strong>in</strong>en<br />

multifaktoriellen Prozess von wiederholter, mechanischer Überbeanspruchung<br />

am Ursprung der Plantaraponeurose handelt.<br />

Hoberg 2007 beschreibt als Ursache e<strong>in</strong>e mechanische Reizung der<br />

Plantarfascie, mit Mikrotraumata, welche zu e<strong>in</strong>er erhöhten Reparaturlage<br />

zusammen mit chronischer Entzündung führen. Er schliesst dabei e<strong>in</strong>e<br />

mechanische Reizung des Rami calcanei (N. tibialis) oder e<strong>in</strong><br />

Engpasssyndrom (Bordelonsyndrom) betreffend des M. abductor digiti m<strong>in</strong>imi<br />

nicht aus.<br />

Bei mehreren Studien (Leach et al. 1986, Jarde et al. 2003, Lemont et al. 2003)<br />

sah man bei histologischen Untersuchungen der Plantaraponeurose<br />

degenerative Veränderungen mit oder ohne Proliferation von Fibroblasten und<br />

Veränderungen nach chronischen Entzündungen. Die Untersuchungen fanden<br />

an Biopsien von Patienten mit chronischen Beschwerden statt. Die Biopsien<br />

wurden bei Fasciotomien entnommen.<br />

Rothgangel 2008 beschreibt, dass sowohl e<strong>in</strong>e übermässige Pronation, wie<br />

auch Sup<strong>in</strong>ation des Fusses während der Standbe<strong>in</strong>phase die Belastungen auf<br />

die Plantaraponeurose verstärken. Bei der Überpronation wird der Abstand<br />

zwischen Calcaneus und den Metatarsalia vergrössert, was zu e<strong>in</strong>er erhöhten<br />

Zugbelastung auf die Aponeurose führt. Bei e<strong>in</strong>er vermehrten Sup<strong>in</strong>ation (z.B.<br />

beim Pes cavus) ist die Stossdämpfung des Fusses verm<strong>in</strong>dert, was wiederum<br />

zu e<strong>in</strong>er Überbelastung der Plantaraponeurose führt.<br />

E<strong>in</strong>e hypertone oder verkürzte Achillessehne lässt zu wenig Dorsalextension<br />

im oberen Sprunggelenk zu, wodurch der W<strong>in</strong>dlass-Mechanismus beim Gang<br />

zu früh e<strong>in</strong>setzt und dadurch die Plantaraponeurose über e<strong>in</strong>en längeren<br />

Zeitraum unter Spannung gerät (Rothgangel 2008).<br />

Als Risikofaktoren zählen laut Rothgangel 2008, League 2008 und Lawrence<br />

et al. 2006:<br />

Intr<strong>in</strong>sisch:<br />

- Übergewicht<br />

- Fortgeschrittenes Alter<br />

- E<strong>in</strong>geschränkte Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes <strong>in</strong><br />

Dorsalextension.<br />

- Verkürzte oder hypertone Achillessehne<br />

- E<strong>in</strong>geschränkte Beweglichkeit des Metatarsophalangealgelenk I<br />

- Überpronation des Fusses<br />

- Schwäche M. tibialis posterior, Mm. peroneii, und M. Triceps surae<br />

- Anatomische Abweichungen wie: Be<strong>in</strong>längendifferenzen, femorale<br />

Anteversion, Pes cavus und Pes planus<br />

- Rheuma (u.a. seronegative Spondylarthropathien wie M. Bechterew, M.<br />

Reiter, Psoriasis und Entheropathien)<br />

- Fersensporn<br />

15


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

Extr<strong>in</strong>sisch:<br />

- Lange, stehende Tätigkeiten<br />

- Tragen von schlechtem Schuhwerk<br />

Die grössten Risikoträger s<strong>in</strong>d nach e<strong>in</strong>er Studie von Riddle et al. 2003, Leute,<br />

die hauptsächlich im Stehen arbeiten, Übergewicht und e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>geschränkte<br />

Dorsalextension des oberen Sprunggelenkes aufweisen. Das gegenseitige<br />

Wirken der Risikofaktoren nennt er e<strong>in</strong>e Dosiswirkbeziehung.<br />

3.1.5. Diagnosestellung<br />

Meist reicht die kl<strong>in</strong>ische Untersuchung aus, um die Diagnose e<strong>in</strong>er<br />

Plantarfasciitis zu erstellen. Bei Unsicherheiten oder Patienten mit<br />

persistierenden Schmerzen (spätestens ab sechs Monaten) sollten jedoch<br />

diagnostische Hilfsmittel und Labor zum Ausschluss anderer Diagnosen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />

3.2. Oberer <strong>Fersenschmerz</strong><br />

Beim oberen (proximalen) <strong>Fersenschmerz</strong> handelt es sich oft um e<strong>in</strong>e pathologische<br />

Veränderung der Achillessehne oder ihres Ansatzes.<br />

3.2.1. Haglund-Exostose<br />

Bei der Haglund-Exostose (auch Haglund-Ferse oder „Überbe<strong>in</strong>“ genannt)<br />

handelt es sich um e<strong>in</strong>e Deformation an der cranial-dorsalen Fläche des<br />

Calcaneus, die zu chronischem Druck im Schuh und e<strong>in</strong>er chronischen Bursitis<br />

führt. Sekundär treten wegen der chronischen, mechanischen Reizung durch<br />

die Exostose, Veränderungen an der Achillessehne auf. Wie auch bei der<br />

plantaren Fasciitis haben diese Patienten oft e<strong>in</strong>e verkürzte Wadenmuskulatur.<br />

Die Hautareale über der Exostose s<strong>in</strong>d meist verändert (gerötet, Schwellung).<br />

Eventuell f<strong>in</strong>det man e<strong>in</strong>e Schwellung der retrocalcanearen Bursa am<br />

Achillessehnenansatzbereich und der Achillessehne mit Druckschmerz. Den<br />

Patienten drückt der Schuh und sie haben Belastungsschmerzen im Bereich der<br />

Exostose, sowie später auch im Verlauf der Achillessehne. Als Risiko gilt e<strong>in</strong><br />

Fowler-Philip-W<strong>in</strong>kel über 69°. Dieser W<strong>in</strong>kel wird zwischen e<strong>in</strong>er L<strong>in</strong>ie vom<br />

Tuberculum anterius des Calcaneus zum Tuber calcanei und der Tangente an<br />

der posterosuperioren Prom<strong>in</strong>enz der Ansatzstelle der Achillessehne gebildet:<br />

Abbildung 3 Fowler-Philip-W<strong>in</strong>kel A: Tub. anterius, T: Tuber calcanei<br />

(Hoberg 2007)<br />

Bei der konservativen Therapie der Haglund-Exostose polstert man die Schuhe<br />

aus und erhöht evtl. die Fersenposition im Schuh durch e<strong>in</strong>e Keile<strong>in</strong>lage. Es<br />

werden lokale antiphlogistische Salben appliziert. Steroid- und<br />

lokalanästhetika-Injektionen können zu deutlichen L<strong>in</strong>derungen führen.<br />

Zusätzlich können <strong>in</strong> der Physiotherapie entzündungshemmende Massnahmen<br />

16


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

angewendet werden, sowie e<strong>in</strong>e verkürzte Wadenmuskulatur gedehnt werden.<br />

Auch die Stosswellentherapie kann e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />

Operativ wird entweder die Exostose abgetragen, wobei die Gleitschicht der<br />

Achillessehne auch abgetragen wird, oder man macht e<strong>in</strong>e Osteotomie e<strong>in</strong>es<br />

Knochen-Keils vor der Exostose. Nach Entfernung des Knochen-Keils, klappt<br />

man die störende Exostose von der Achillessehne weg. Dadurch wird die<br />

mechanische Reibung an der Achillessehne verh<strong>in</strong>dert. Bei der letzteren<br />

Variante werden die Gleitschicht und die Achillessehne nicht <strong>in</strong><br />

Mitleidenschaft gezogen, wodurch gute Erfolge erzielt werden konnten<br />

(Hoberg 2007).<br />

3.2.2. Achillodynie<br />

Bei der Achillodynie handelt es sich entweder um e<strong>in</strong>e Tend<strong>in</strong>itis der<br />

Achillessehne mit chronischen Rupturen <strong>in</strong> der Achillessehne, oder um e<strong>in</strong>e<br />

Entzündung der peritend<strong>in</strong>osen Strukturen ohne wesentliche Beteiligung der<br />

Achillessehne. Begleitersche<strong>in</strong>ungen der Achillodynie s<strong>in</strong>d Bursitiden und<br />

Knochenmarksödeme. Die Patienten haben oft e<strong>in</strong>e verkürzte<br />

Wadenmuskulatur und e<strong>in</strong>e sp<strong>in</strong>delförmig verdickte Achillessehne. Die<br />

Beschwerden s<strong>in</strong>d im Achillessehnenverlauf lokalisiert.<br />

Die Ursache der Achillodynie s<strong>in</strong>d rezidivierende Traumata und<br />

Überbelastungen, welche zu e<strong>in</strong>er gestörten Gewebeperfusion bis h<strong>in</strong> zur<br />

Partialruptur der Achillessehne führen können. Die Therapie ist re<strong>in</strong><br />

symptomatisch mit e<strong>in</strong>er Anpassung der Belastung und<br />

entzündungshemmender Physiotherapie (<strong>in</strong>kl. Dehnprogramm). Nur selten<br />

kommt es zu e<strong>in</strong>er Operation, wobei das sp<strong>in</strong>delförmig aufgetriebene,<br />

degenerativ veränderte Narbengewebe entfernt wird. Oft muss man zusätzlich<br />

die Achillessehne verstärken, weil diese nach der Entfernung des<br />

Narbengewebes geschwächt ist. Dazu wird normalerweise e<strong>in</strong> Sehnentransfer<br />

des M. flexor hallucis longus durchgeführt (Hoberg 2007, Romaneehsen et al.<br />

2005).<br />

3.2.3. Bursitis subachillea<br />

Bei der Bursitis subachillea f<strong>in</strong>den sich lokale Druckschmerzen über der<br />

Bursa. Durch die passive Dorsalextension und die aktive Plantarflexion gegen<br />

Widerstand können die Symptome reproduziert oder verstärkt werden.<br />

Manchmal sieht man e<strong>in</strong>e Verstreichung der Achillessehnengruben. Die<br />

Therapie ist im Normalfall re<strong>in</strong> konservativ mit Schuhwechsel und<br />

Verh<strong>in</strong>derung von Fersendruck (Schuh und Hönle 2007).<br />

3.2.4. Retrocalcaneare Calc<strong>in</strong>ose<br />

E<strong>in</strong>e Ablagerung von Kalziumkristallen im retrocalcanearen Bereich kann zu<br />

lokalen Schmerzen führen.<br />

Die Therapie bestimmt der Rheumatologe.<br />

17


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

3.3. Weitere Formen von <strong>Fersenschmerz</strong>en<br />

Es ist wichtig schon bei der Anamnese möglichst andere Diagnosen auszuschliessen.<br />

Gerade Frakturen des Calcaneus werden leicht übersehen und können zu e<strong>in</strong>em<br />

chronischen Schmerzverlauf führen. Tumore s<strong>in</strong>d am Calcaneus äusserst selten.<br />

Beim Jugendlichen sollte man auch an e<strong>in</strong>e Nekrose der Apophyse denken.<br />

3.3.1. Calcaneusfrakturen<br />

Man unterscheidet zwischen Stressfrakturen und traumatisch bed<strong>in</strong>gten<br />

Frakturen, sowie <strong>in</strong>tra- und extraartikuläre Frakturen des Calcaneus. Sowohl<br />

die Stressfraktur, wie auch die traumatische Fraktur werden immer wieder<br />

übersehen.<br />

- Stressfraktur: In den meisten Fällen liegt die Ursache bei repetitiven<br />

Belastungen des Calcaneus, d.h. bei e<strong>in</strong>em Missverhältnis von Belastung<br />

und Belastbarkeit des Calcaneus. Die Fraktur stellt sich im Röntgen als<br />

e<strong>in</strong>e kaum erkennbare Fissur dar. Die verursachende Überbelastung sollte<br />

vermieden und der Calcaneus geschont werden. Zusätzlich werden<br />

Symptom bekämpfende Schmerzmittel verabreicht (Hoberg 2007).<br />

Höheres Risiko e<strong>in</strong>e Stressfraktur des Calcaneus zu erleiden haben<br />

Sportler (Jogg<strong>in</strong>g auf harter Unterlage), Patienten mit Osteomalazie und<br />

Osteoporose (<strong>in</strong>sbesondere unter Natriumfluoridtherapie) (Sager et al.<br />

1990).<br />

- Traumatische Fraktur: bei der Anamnese von <strong>Fersenschmerz</strong>en sollte man<br />

immer nach e<strong>in</strong>em Sturz, oder Sprünge aus höheren Lagen fragen.<br />

E<strong>in</strong>e Fraktur des Calcaneus kann e<strong>in</strong>en sehr langen Verlauf mit starken<br />

Schmerzepisoden und schlechter Frakturheilung mit sich br<strong>in</strong>gen.<br />

3.3.2. Tumor<br />

Tumore am Calcaneus s<strong>in</strong>d sehr selten.<br />

Die benigne Zyste tritt am häufigsten am Calcaneus auf. Diese ist jedoch meist<br />

symptomfrei. Weitere Arten s<strong>in</strong>d das Osteoidosteom des Fersenbe<strong>in</strong>s (primär<br />

maligne oder semimaligne), das Osteosarkom und der Riesenzelltumor. Der<br />

Riesenzelltumor tritt v.a. bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf. Die<br />

Therapie bei Beschwerden ist das operative Ausräumen des Tumors. Die<br />

fehlende Substanz wird mit Eigenspongiosa wieder aufgefüllt. Ansonsten<br />

weitere orthopädische und onkologische Therapie (Hoberg 2007, Sager et al.<br />

1990).<br />

3.3.3. Juvenile Apophysitis calcanei<br />

Die Apophysitis calcanei tritt vorwiegend bei Jugendlichen mit noch nicht<br />

vollständig ausgebildetem Skelett auf. Es handelt sich hierbei um e<strong>in</strong>e<br />

aseptische Nekrose der Calcaneusapophyse. Als Ursache gilt e<strong>in</strong>e<br />

Umbaustörung im Wachstum der Apophyse Tuber calcanei, die u.a. wegen<br />

Überbeanspruchung der knorpeligen Wachstumszone oder evtl. durch Zug der<br />

Achillessehne entstehen kann. Die Betroffenen geben zu 60% beidseits e<strong>in</strong>en<br />

Schmerz an der dorsalen Fersenspitze an.<br />

Therapeutisch macht man e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>lagenversorgung zur Polsterung,<br />

Dehnungsübungen, Sportkarenz und physikalische Therapie sowie orale<br />

antientzündliche Medikamente unterstützen die Heilung zusätzlich. In der<br />

Regel s<strong>in</strong>d die Symptome nach zwei bis sechs Monaten abgeklungen (Hoberg<br />

2007, Debrunner 2002).<br />

18


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

3.3.4. Atrophie des Fersenfettpolsters<br />

Das Fettpolster hat e<strong>in</strong>en septierten Aufbau, der e<strong>in</strong>er Federkernmatratze<br />

ähnlich ist und das degenerativen, entzündlichen Veränderungen unterliegen<br />

kann. Wegen der Atrophie können Schmerzen, <strong>in</strong> der Mitte der plantaren Ferse<br />

auftreten. In diesem Fall empfiehlt sich e<strong>in</strong> weiches Fersenpolster und evtl.<br />

antiphlogistische Salbenapplikationen (Hoberg 2007).<br />

Nach axialen Traumen und wiederholten Steroid<strong>in</strong>jektionen ist das Risiko<br />

e<strong>in</strong>er Atrophie des Fersenfettpolsters hoch.<br />

3.3.5. Tarsaltunnelsyndrom<br />

Der Tarsaltunnel liegt zwischen dem Malleolus medialis, Talus, und lateral<br />

dem Calcaneus, medial dem Ret<strong>in</strong>aculum flexorum, das das Gefäss-Nerven-<br />

Bündel und die Beugesehnen überspannt.<br />

Wie beim Karpaltunnelsyndrom handelt es sich hierbei um e<strong>in</strong><br />

Engpasssyndrom: der N. tibialis wird komprimiert. Dabei kann es sich um e<strong>in</strong>e<br />

Schwellung der Beugesehnenscheiden oder Tumoren <strong>in</strong>nerhalb des<br />

Tarsaltunnels handeln (v.a. Ganglion OSG).<br />

Der Betroffene gibt allmählich e<strong>in</strong>setzende Schmerzen vom Malleolus<br />

medialis über den medialen Fussrand bis zur Fusssohle an. Die Therapie ist<br />

meist operativ.<br />

Das Tarsaltunnelsyndrom ist im Vergleich zum Karpaltunnelsyndrom selten<br />

und ist schwer objektivierbar (Wülker et al. 2005).<br />

3.3.6. Triggerpunkte<br />

Die Unterschenkelmuskulatur, sowie plantare Fussmuskulatur sollte immer<br />

auch auf ausstrahlende Triggerpunkte untersucht werden.<br />

3.3.7. Lumbospondylogenes (LSS) bzw. lumboradikuläres Schmerzsyndrom (LRS)<br />

Nicht selten kommt es bei e<strong>in</strong>em LSS oder LRS zu Schmerzen im<br />

Rückfussbereich. Meistens kann man die Diagnose wegen den vielen<br />

Begleitersche<strong>in</strong>ungen differenzialdiagnostisch jedoch ohne grosse Probleme<br />

stellen.<br />

3.3.8. Chronisch-venöse Insuffizienz der unteren Extremität<br />

Die chronisch-venöse Insuffizienz kann gelegentlich nach längerem Stehen zu<br />

Spannungsschmerzen im Bereich der Fusssohle führen.<br />

3.3.9. Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dlicher <strong>Fersenschmerz</strong><br />

Es kommt immer wieder vor, dass Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der nach den ersten Gehversuchen<br />

(um 1-2 Jahre alt), nicht mehr gehen wollen. Auffällig ist dann, dass sie nicht<br />

mehr auf die schmerzende Ferse stehen. Leider fand ich ke<strong>in</strong>e Literatur zu<br />

diesem Thema.<br />

19


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

4. Therapie der Plantarfasciitis<br />

Die Therapie bei der plantaren Fasciitis ist zu 95% konservativ erfolgreich. Das heisst, dass<br />

die Symptome bei über 95% der Patienten nach 6-24 Monaten abgeklungen s<strong>in</strong>d (Hoberg<br />

2007). Die Patienten sollten <strong>in</strong> der Anfangsphase ihre betroffene Ferse schonen. Dies bedeutet<br />

u.a. möglichst wenig Stehen (Lawrence et al. 2006).<br />

4.1. Physiotherapie<br />

Die Physiotherapie richtet sich nach den Ergebnissen aus dem Befund.<br />

In den Studien f<strong>in</strong>den sich bisher ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutigen Ergebnisse bezüglich Effektivität<br />

zu den physiotherapeutischen Interventionen wie Dehnungen und Ultraschall bei der<br />

plantaren Fasciitis (Crawford, 2003). Dies weil <strong>in</strong> den Studien oft mehrere<br />

Interventionen gleichzeitig angewendet wurden, was es schwierig macht den Effekt<br />

e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen Intervention zu erfahren.<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe <strong>in</strong> der Physiotherapie sollte die Aufklärung des Patienten<br />

se<strong>in</strong>. Er sollte u.a. darüber <strong>in</strong>formiert werden, dass die Symptome bis zu e<strong>in</strong>em Jahr<br />

bestehen können, bei e<strong>in</strong>er deutlichen Mehrheit der Patienten die Symptome jedoch<br />

<strong>in</strong>nerhalb von e<strong>in</strong>em Jahr nicht mehr vorhanden s<strong>in</strong>d (Buchb<strong>in</strong>der et al. 2004).<br />

4.1.1. Dehnungen<br />

Bei der Studie von DiGiovanni et al. 2003 und 2006, zeigte sich bezüglich den<br />

Symtomen, dass die Dehnung der Plantaraponeurose ohne Gewicht bessere<br />

Ergebnisse als das übliche Dehnen des M. triceps surae im Stand ergab. Alle<br />

Probanden gaben zuvor am Ursprung der Plantaraponeurose am meisten<br />

Druckempf<strong>in</strong>dlichkeit an.<br />

Zur Dehnung der Plantaraponeurose sitzt der Patient am besten auf e<strong>in</strong>em<br />

Stuhl, den betroffenen Fuss über dem Gegenbe<strong>in</strong>. Für die Dehnung nimmt der<br />

Patient die Zehen, den Vorfuss und das OSG mit den Händen <strong>in</strong> die<br />

Dorsalextension. Die Dehnung sollte m<strong>in</strong>destens drei Mal am Tag, zehn Mal<br />

zehn Sekunden gehalten werden.<br />

Abbildung 4 Dehnung der Plantarfascie (DiGiovanni et al. 2003)<br />

Ich gab me<strong>in</strong>en Patienten oft den Auftrag, im Sitz mit der plantaren Fussseite<br />

über e<strong>in</strong>en Tennis- oder Golfball zu Rollen (Automobilisation). Wenn sie es<br />

ertragen konnten, gab ich weiter den Auftrag die Zehen dabei zur Tibia zu<br />

20


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

ziehen. Dadurch gab es e<strong>in</strong>e Dehnung und e<strong>in</strong>en zusätzlichen Input zur<br />

Steigerung der Durchblutung durch die Massage, stellte ich mir vor.<br />

Radford et. al. brachten 2007 e<strong>in</strong>e Studie heraus, wobei sie herausf<strong>in</strong>den<br />

wollten, ob die Dehnung der Wadenmuskulatur e<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>derung bei<br />

Plantarfasciitis br<strong>in</strong>gt. Es gab zwei Gruppen, die e<strong>in</strong>e Gruppe dehnte die<br />

Wadenmuskulatur im Stand und die andere bekam e<strong>in</strong>e Behandlung mit<br />

Placebo-Ultraschall. Es zeigten sich ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede <strong>in</strong> den<br />

beiden Gruppen.<br />

Ich erachte es dennoch als s<strong>in</strong>nvoll den M. triceps surae zu dehnen. Dies v.a.<br />

wenn sich ausdifferenzieren lässt, ob der M. soleus oder der M. gastrocnemius<br />

verkürzt ist. Manchmal geben die Patienten dabei ihre charakteristischen<br />

Symptome an. Ich liess die Patienten 20-30Sekunden <strong>in</strong> der Dehnung bleiben.<br />

Gerade die Patienten , bei denen die Symptome reproduzierbar waren, gaben<br />

nach der Dehnung oftmals e<strong>in</strong> Wohlgefühl an.<br />

4.1.2. Tape (LowDye Tape)<br />

E<strong>in</strong>e übermässige Pronation des Fusses kann u.a. mit e<strong>in</strong>em Tape korrigiert<br />

werden. Dieses wird bei Inversionsstellung des Fusses beg<strong>in</strong>nend, von der<br />

lateralen Fusssohle quer über die Plantaraponeurose bis zum Os naviculare<br />

und schliesslich auf den Fussrücken geklebt. Durch das Tapen konnte, laut<br />

e<strong>in</strong>er Studie von Vicenz<strong>in</strong>o et al. (2005), e<strong>in</strong>e besser ausgebildete<br />

Längswölbung erreicht werden. Leider waren <strong>in</strong> dieser Studie alle Probanden<br />

symptomfrei. In e<strong>in</strong>er Studie von Radford et al. (2006), mit Probanden, welche<br />

an Plantarfasciitis litten, zeigte sich aber, dass der Anlaufschmerz durch das<br />

Tapen etwas abkl<strong>in</strong>gen kann.<br />

Abbildung 5 LowDye-Tape (Radford et al. 2006)<br />

21


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

4.1.3. Kräftigung<br />

Bei vermehrter Pronationsstellung des Fusses sollten die Anti-Pronatoren (v.a.<br />

exzentrisch) gekräftigt werden. Hierzu gehört v.a. der M. tibialis posterior,<br />

aber auch die Mm. flexor digitorum longus, M. flexor hallucis longus, der M.<br />

peroneus longus und der M. triceps surae spielen e<strong>in</strong>e Rolle.<br />

Z.B. konzentrisch und exzentrisch mit dem Theraband: Plantarflexion und<br />

etwas Adduktion des Fusses e<strong>in</strong>stellen um die Muskulatur zu aktivieren. Dabei<br />

soll der Patient konstant Druck auf den Boden ausüben, während er mit dem<br />

Fuss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Adduktionsbewegung gegen das Band geht. Währenddessen soll<br />

e<strong>in</strong> konstanter Druck auf den Boden bestehen bleiben.<br />

Oder: auf e<strong>in</strong>er Stufe <strong>in</strong> geschlossener Kette stehend isolierte Pro- und<br />

Sup<strong>in</strong>ationsbewegungen des Fusses üben. Dies <strong>in</strong>dem der Patient die mediale<br />

Fusslängswölbung über den Stufenrand abs<strong>in</strong>ken lässt, um sie dann bewusst<br />

wieder aufzurichten (Rothgangel 2008).<br />

Den M. triceps surae kräftigen, da dieser oft die fehlende Pronationskontrolle<br />

übernimmt und dadurch überlastet und verkürzt wird. Dazu kann der Patient<br />

im E<strong>in</strong>be<strong>in</strong>stand e<strong>in</strong>mal mit flektierten Knien und e<strong>in</strong>mal mit extendierten<br />

Knien drei Serien von 20-25 Repetitionen von Fersenhebungen machen<br />

(Rothgangel 2008). Ich machte diese Übungen meist über e<strong>in</strong>e Stufe, um aus<br />

e<strong>in</strong>er Vordehnung des Triceps surae arbeiten zu können.<br />

Rothgangel (2008) empfiehlt zusätzlich den M. quadriceps femoris, die<br />

Glutealmuskulatur und Hüftabduktoren zu kräftigen. Der M. quadriceps<br />

femoris spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle bezüglich der Stossdämpfung beim Gehen.<br />

Die Hüftabduktoren können die Pronation des Fusses mit bee<strong>in</strong>flussen.<br />

Ziel ist es, die Be<strong>in</strong>achsen stimmig <strong>in</strong> e<strong>in</strong> gutes Alignement e<strong>in</strong>zustellen, ohne<br />

dass dieses bei vermehrter Belastung verloren geht.<br />

PNF-Be<strong>in</strong>pattern eignen sich auch sehr gut als kräftigende Übungen.<br />

Sobald die Symptome etwas abgeklungen s<strong>in</strong>d, sollte der Fokus auf die lokale<br />

und globale Stabilität gelegt werden (Merz 2009).<br />

4.1.4. Manuelle Mobilisation<br />

Bei der manuellen Mobilisation geht es v.a. darum, e<strong>in</strong>e Unterpronation (wie<br />

z.B. bei e<strong>in</strong>em Pes cavus) zu korrigieren. Dazu sollte das Os naviculare nach<br />

dorsal mobilisiert werden, um die Fusslängswölbung besser zu gewährleisten.<br />

Zusätzlich sollte das Metatarsophalangealgelenk I falls notwendig, <strong>in</strong><br />

Dorsalextension mobilisiert werden.<br />

Das Hauptziel ist es, die Stossdämpfung während der Load<strong>in</strong>g Response der<br />

Standbe<strong>in</strong>phase zu verbessern. Dadurch wird die Belastung auf die<br />

Plantaraponeurose gesenkt (Rothgangel 2008).<br />

4.1.5. Neurale Mobilisation<br />

Bei e<strong>in</strong>er neuralen Beteiligung des N. tibialis kann man z.B. <strong>in</strong> der SLR- oder<br />

SLUMP-Testposition e<strong>in</strong>e neurale Mobilisation über Knieflexions- und<br />

Knieextensionsbewegungen machen (Rothgangel 2008).<br />

22


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

4.1.6. Kälteanwendungen und Ultraschall<br />

Zu den Themen Kälteanwendungen und Ultraschall habe ich ke<strong>in</strong>e Studien<br />

gefunden.<br />

Ich konnte bei stark druckdolenten Symptomatiken mit e<strong>in</strong>er vorangehenden<br />

Eismassage oft e<strong>in</strong>en Zugang f<strong>in</strong>den. Dabei machte ich mir mit e<strong>in</strong>em<br />

Latexhandschuh sogenannte Eisf<strong>in</strong>ger und massierte die Stelle 5-10m<strong>in</strong>.<br />

Ultraschall kont<strong>in</strong>uierlich wandte ich jeweils mit e<strong>in</strong>er Dosis von 1-1.5W/cm 2<br />

über 15m<strong>in</strong> an. Die Symptome waren direkt nach dem Ultraschall meist etwas<br />

erhöht. Sie liessen aber <strong>in</strong>nerhalb von 30m<strong>in</strong>. wieder vollständig nach. Ich<br />

erhoffte mir mit dem Ultraschall (sowie auch mit Friktionen) die<br />

Durchblutung und den Zellstoffwechsel zu steigern, damit Entzündungs- und<br />

Schlackenstoffe besser abtransportiert werden. Da es bei der Ferse viele<br />

Gewebsschichten gibt, denke ich jedoch nicht, dass ich mit dem Ultraschall bis<br />

zum Ursprung der Plantaraponeurose vordr<strong>in</strong>gen konnte. Dies störte mich aber<br />

nicht gross, da gerade bei Patienten mit Rötungen auch die distaleren Gewebe<br />

betroffen waren.<br />

Ich wandte auch den pulsierenden Ultraschall an, um e<strong>in</strong>e Schmerzl<strong>in</strong>derung<br />

zu erzielen. Dazu wandte ich e<strong>in</strong>e Dosis von 0.5W/cm 2 an.<br />

4.1.7. Iontophorese<br />

Zum Thema Iontophorese gab es e<strong>in</strong>e Studie von Gudeman et al. (1997). In<br />

dieser Studie gab es zwei Patientengruppen. Die e<strong>in</strong>e Gruppe bekam e<strong>in</strong>e<br />

Steroidbehandlung mit Dexamethasone und die andere e<strong>in</strong>e<br />

Placebobehandlung. Es zeigte sich, dass e<strong>in</strong>e kurzeitliche Symptoml<strong>in</strong>derung<br />

mit der Iontophorese erreicht werden kann. Bereits nach e<strong>in</strong>em Monat gab es<br />

jedoch ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen mehr.<br />

Die Iontophorese wird deshalb hauptsächlich bei starken Symptomen oder bei<br />

Athleten, die an e<strong>in</strong>en Wettkampf müssen angewendet.<br />

(Zu weiteren Massnahmen der Elektrotherapie konnte ich ke<strong>in</strong>e Studien<br />

f<strong>in</strong>den.)<br />

4.2. Stosswellentherapie<br />

Bei der Stosswellentherapie werden energiereiche Schallwellen <strong>in</strong> gebündelter Form<br />

(für die Tiefenwirksamkeit) auf e<strong>in</strong> Gewebe gerichtet. Dabei entstehen mechanische<br />

Reize, welche den Zellstoffwechsel und die Gefässversorgung stimulieren.<br />

Verkalkungen sollen gelöst und das Gewebe neu belebt werden. Man erhofft sich<br />

dadurch e<strong>in</strong>e Stimulation zur Selbstheilung. Die Stosswellentherapie wird <strong>in</strong> der<br />

Regel ambulant durch e<strong>in</strong>en Arzt durchgeführt. Die Therapie f<strong>in</strong>det mit örtlicher<br />

Betäubung und über mehrere Wochen statt.<br />

Nebenwirkungen und Risiken der Therapie s<strong>in</strong>d: Rötungen, Schwellungen,<br />

Überwärmung, Allergien auf die Betäubung, vorübergehende Symptomerhöhung,<br />

Blutungen (Knochenhaut, Bluterguss) und e<strong>in</strong>e geschwächte Achillessehne mit<br />

Rupturrisiko (Broschüre Schulthesskl<strong>in</strong>ik, Zentrum für Fusschirurgie 2006).<br />

Laut Horberg (2007) gute Erfolge, allerd<strong>in</strong>gs zählt die Stosswellentherapie nicht zum<br />

Regelleistungskatalog der Krankenkassen bei Plantarfasciitis. Der Grund liegt bei<br />

den widersprüchlichen Ergebnissen und den une<strong>in</strong>heitlichen Methoden der Studien,<br />

bei denen u.a. verschiedene Dosen angewendet wurden (Micke et al. 2008). League<br />

2008, f<strong>in</strong>det deshalb, dass die Stosswellentherapie frühestens nach sechs Monaten<br />

ohne Symptoml<strong>in</strong>derung zum E<strong>in</strong>satz kommen sollte.<br />

23


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

4.3. Orthopädische Hilfsmittel<br />

Bei den orthopädischen Hilfsmitteln zeigte sich, dass die Compliance der Patienten<br />

bei E<strong>in</strong>lagen (Orthesen) besser ist als bei Nachtschienen. E<strong>in</strong>lagen helfen, <strong>in</strong>dem sie<br />

die Belastung im Bereich der Ferse oder auf die Plantaraponeurose verm<strong>in</strong>dern<br />

(Hoberg 2008).<br />

Fussorthesen stellen bei der Kurzzeitbehandlung der plantaren Fasciitis e<strong>in</strong>e<br />

geeignete Unterstützung dar. Dabei machte es ke<strong>in</strong>en grossen Unterschied, ob die<br />

Orthesen vorfabriziert oder massgeschneidert waren (Roos et al. 2006).<br />

Bei e<strong>in</strong>er Orthesenversorgung wird oft die mediale Längswölbung zusätzlich<br />

unterstützt, die Ferse höher gestellt oder gepolstert (Rothgangel 2008, Buchb<strong>in</strong>der et<br />

al. 2004).<br />

Nachtschienen <strong>in</strong> Neutralstellung des OSG, gegen e<strong>in</strong>e Kontraktur des M. triceps<br />

surae und der Plantaraponeurose, konnten die morgendlichen Anlaufschmerzen<br />

reduzieren (Studie von Batt et al. 1999). .<br />

Magnetschuhe<strong>in</strong>lagen zeigten ke<strong>in</strong>e signifikante L<strong>in</strong>derung der Symptome im<br />

Vergleich zu magnetfreien E<strong>in</strong>lagen (W<strong>in</strong>emiller et al. 2003)<br />

4.4. Medikamentöse Therapie<br />

Angewendet werden antientzündliche Salbenapplikationen, Iontophoresen, sowie<br />

selten e<strong>in</strong>e systemische Schmerztherapie (nichtsteroidale Antiphlogistika).<br />

Injektionen von Lokalanästhetika komb<strong>in</strong>iert mit Steroiden oder gar e<strong>in</strong>e selektive<br />

Nervenblockade werden ganz selten benötigt (Hoberg 2007). E<strong>in</strong>e Injektion mit<br />

Steroiden erhöht ausserdem das Risiko e<strong>in</strong>er Atrophie des Fersenfettpolsters oder gar<br />

e<strong>in</strong>er Ruptur der Plantaraponeurose (League 2008).<br />

4.5. Operative Therapie<br />

Laut Buchb<strong>in</strong>der et al. 2004 benötigen 5% der Betroffenen e<strong>in</strong>e operative Therapie.<br />

Die operative Therapie ist nur bei versagen der konservativen Therapien <strong>in</strong>diziert. Es<br />

werden grundsätzlich gute Erfolge erzielt, die Schmerzen können jedoch nach e<strong>in</strong>em<br />

E<strong>in</strong>griff noch e<strong>in</strong>ige Monate anhalten und es bestehen Risiken wie die Abflachung<br />

der Fusslängswölbung, Fersenparästhesien, e<strong>in</strong>e Ruptur der Plantaraponeurose und<br />

die Risiken der Anästhesie.<br />

Bei e<strong>in</strong>em operativen E<strong>in</strong>griff wird oft e<strong>in</strong>e partielle oder totale Ablösung der<br />

Plantarfascie vom Tuber calcanei durchgeführt. Bei e<strong>in</strong>em vorhandenen Fersensporn<br />

wird dieser normalerweise mit abgetragen. Andere mögliche E<strong>in</strong>griffe s<strong>in</strong>d: e<strong>in</strong>e<br />

selektive Nervenexploration, e<strong>in</strong>e proximale Längs<strong>in</strong>zision der Plantaraponeurose,<br />

oder e<strong>in</strong>e teilweise Abtragung des Tuber calcanei.<br />

(Hoberg 2007, Micke et al. 2008)<br />

24


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

5. Schlussfolgerungen<br />

Zur Behandlung der Plantarfasciitis gab es sehr wenige Studien, welche für die Physiotherapie<br />

relevant s<strong>in</strong>d.<br />

Oftmals wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studie verschiedene Massnahmen gleichzeitig angewandt, dadurch<br />

waren die Studien nicht aussagekräftig.<br />

In ke<strong>in</strong>er Studie waren Schäden durch die physiotherapeutischen Massnahmen<br />

hervorgegangen. Da die meisten Patienten nach e<strong>in</strong>em Jahr asymptomatisch werden, sollte die<br />

Therapie konservativ, mit ger<strong>in</strong>gen Risiken und m<strong>in</strong>imalen Kosten erfolgen.<br />

Wichtig ist es, den Patienten genau zu befunden. Dabei spielt se<strong>in</strong>e Statik e<strong>in</strong>e wichtige Rolle.<br />

Ziel ist es herauszuf<strong>in</strong>den, wo beim Patienten Bereiche s<strong>in</strong>d, die zu e<strong>in</strong>er Überbelastung der<br />

Plantaraponeurose führen können. Dies kann, um e<strong>in</strong> Beispiel zu nennen, e<strong>in</strong>e nicht im<br />

Alignement stehende Be<strong>in</strong>achse mit Überpronation des Fusses, aufgrund verm<strong>in</strong>derter<br />

Hüftstabilität, se<strong>in</strong>.<br />

In der Therapie sollte <strong>in</strong> der akuten Phase die Aufklärung des Patienten, Schmerzl<strong>in</strong>derung<br />

und das Management im Vordergrund stehen. Wenn die akute Phase vorbei ist, geht es um die<br />

Kräftigung der Muskulatur und Stabilitätsverbesserung <strong>in</strong> den auffälligen Bereichen. Die<br />

Belastbarkeit des Patienten sollte gesteigert werden. Das Fernziel der Therapie sollte die<br />

schmerzfreie Ausführung der täglichen Aktivitäten des Patienten se<strong>in</strong>.<br />

Ich denke es ist genügend Studienmaterial vorhanden, welches die Plantarfasciitis beschreibt.<br />

Worüber ich gerne noch mehr erfahren hätte, wäre zum Thema Prävention. Im Alignement<br />

stehende Be<strong>in</strong>achsen, Dehnübungen, Gewichtskontrolle, Intensitätskontrolle bei Ausführung<br />

e<strong>in</strong>er neuen Sportart oder Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, sowie das Tragen von Schock-absorbierenden Schuhen<br />

dürften bei der Prävention e<strong>in</strong>e Rolle spielen.<br />

Ich denke, ich konnte mit dieser Arbeit die Plantarfasciitis beschreiben und Gedankenanstösse<br />

bezüglich der Therapie vermitteln. Gerne hätte ich mehr evidenzbasierende Studien bezüglich<br />

den Massnahmen <strong>in</strong> der Physiotherapie gehabt. Es sollte nach der Lektüre dieser Arbeit<br />

möglich se<strong>in</strong> den Patienten zu <strong>in</strong>formieren und auf se<strong>in</strong>e Fragen e<strong>in</strong>gehen zu können.<br />

25


<strong>Fersenschmerz</strong><br />

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