NEBEN DER SPUR - das Programmheft 2014
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Sp r<br />
Europäisches Festival der Reiseliteratur<br />
5. – 9. JUNI <strong>2014</strong><br />
1
Leicht zu leben ohne Leichtsinn, heiter zu sein<br />
ohne Ausgelassenheit, Mut zu haben ohne Übermut,<br />
Vertrauen und freudige Ergebung zu zeigen ohne<br />
türkischen Fatalismus – <strong>das</strong> ist die Kunst des Lebens.<br />
Theodor Fontane an Emilie Fontane, 21.10.1868<br />
2
Künstlerische Leitung<br />
Otto Wynen und Dr. Peter Böthig<br />
VORAB<br />
Das Europäische Festival der Reiseliteratur »Neben<br />
der Spur« richtet in diesem Jahr seinen Blick erstmals<br />
nach Westen, genauer: nach Großbritannien. Kein<br />
zweiter deutscher Schriftsteller seiner Zeit hat sich<br />
so lange in Großbritannien aufgehalten wie Theodor<br />
Fontane. Die insgesamt fast vier Jahre zwischen 1844<br />
und 1859 waren seine Wander- und Lehrjahre. England<br />
war <strong>das</strong> Land seiner Sehnsucht und produktiven<br />
Enttäuschung. Hier weitete er sein Blickfeld, seinen<br />
Kenntnishorizont und sein Welt-Bild.<br />
Indem wir die britische Literatur in den Mittelpunkt<br />
des diesjährigen Festivals stellen, werfen wir einen<br />
Blick in die Zukunft und nutzen Bücher, ganz gleich<br />
ob Romane, Erzählungen und Reportagen als ein Erkenntnismedium<br />
in unsicheren und unübersichtlichen<br />
Zeiten und Situationen. Praktische Lebenshilfe kann<br />
Literatur dabei gewiss nicht leisten; aber sie kann die<br />
Leser darin stärken, mit Ungewissheit umzugehen.<br />
Wir begreifen Literatur aber auch und gleichermaßen<br />
als Unterhaltungsmedium. Sie ermöglicht uns Reisen<br />
durch phantasievolle Wirklichkeiten, ohne <strong>das</strong>s wir<br />
uns den Strapazen und zuweilen auch Enttäuschungen<br />
des wirklichen Reisens aussetzen müssen. Sie holt<br />
<strong>das</strong> Abenteuer in unser Leben zurück, uns auf Traumpfaden<br />
zu bewegen und uns Imaginationen hinzugeben.<br />
Insofern sind die Erzählungen vom Reisen die<br />
ideale Lektüre für alle, die lieber zu Hause bleiben.<br />
4 5
Inhalt<br />
Grußwort des Bürgermeisters 8<br />
Programmübersicht 10<br />
Fontane-Preis für Literatur 16<br />
Ein Sommer in London 18<br />
Autoren [alphabetisch] 21<br />
Diskussionen im Museum 52<br />
Lesungen in der Kaminbar 53<br />
Moderatoren 54<br />
Ausstellungen 59<br />
Salon Theodor 68<br />
Fontane-Filmtag 71<br />
Veranstaltungsorte 72<br />
Impressum 75<br />
6 7
Liebe Neuruppinerinnen und Neuruppiner,<br />
sehr geehrte Gäste der Fontanestadt,<br />
mit den dritten Fontane-Festspielen begründen wir in<br />
Neuruppin zweifellos eine Tradition, die sich hoffentlich<br />
auch in den nächsten Jahren fortsetzen lassen<br />
wird. Etwa 40 Veranstaltungen rund um den großen<br />
Schriftsteller und Namensgeber unserer Stadt, Theodor<br />
Fontane, werden am Festival-Wochenende vom<br />
5. – 9. Juni <strong>2014</strong> wieder hunderte Besucher überraschen<br />
und erfreuen, eben »fontanisieren«.<br />
Aufgrund der großen Nachfrage vor zwei Jahren sind<br />
die Fontane-Festspiele in vielerlei Hinsicht gewachsen:<br />
Statt zwei bieten nun drei »Grete Minde«-Aufführungen<br />
zwischen Klosterkirche und Ruppiner See ein<br />
szenisch-musikalisches Spektakel der besonderen Art.<br />
Die Anzahl der organisierten Ausflüge »auf Fontanes<br />
Spuren« hat sich nahezu verdoppelt und eine Vielzahl<br />
von Ausstellungen im Stadtgebiet komplettiert <strong>das</strong> Angebot.<br />
Auch <strong>das</strong> Europäische Festival der Reiseliteratur<br />
»Neben der Spur« – <strong>2014</strong> mit ca. 20 Lesungen unter<br />
dem Fokus Großbritannien – wird wieder Anlass für<br />
anregende Gespräche geben. Nutzen Sie hierfür am<br />
Abend gerne den »Salon Theodor« im Museumshof!<br />
Mein besonderer Dank gilt der Schirmherrin der<br />
Fontane-Festspiele Frau Kulturministerin Prof. Dr.-Ing.<br />
Dr. Sabine Kunst, der künstlerischen Leitung für die<br />
hervorragende Organisation der Festspiele sowie den<br />
vielen »kleinen und großen« Förderern und Sponsoren!<br />
Sehr geehrte Gäste, entdecken Sie unsere Kulturstadt<br />
zu Pfingsten <strong>2014</strong> ganz neu und erleben Sie die dritte<br />
Auflage unserer erneut hochkarätig besetzten Fontane-<br />
Festspiele Neuruppin! Herzlich Willkommen!<br />
Jens-Peter Golde<br />
Bürgermeister der Fontanestadt Neuruppin<br />
8 9
Mi 04.06.<br />
17.00 Uhr<br />
Galerie Raumglück<br />
Neuruppin<br />
Do 05.06.<br />
17.00 Uhr<br />
Buchkonsum Neuruppin<br />
19.00 Uhr<br />
Kulturkirche<br />
Neuruppin<br />
Fr 06.06.<br />
10.00 Uhr<br />
Schulen<br />
Neuruppin<br />
Programm vom 04. – 09. juni <strong>2014</strong><br />
10.00 – 19.00 Uhr<br />
Museum<br />
Neuruppin<br />
16.00 Uhr<br />
Galerie am Bollwerk<br />
Neuruppin<br />
Vernissage Walking Dreams<br />
Isabella Berr [Fotografie]<br />
Buchpräsentation Herr von Ribbeck<br />
Edition Rieger<br />
ERÖFFNUNG <strong>DER</strong> FONTANE-<br />
FESTSPIELE NEURUPPIN<br />
mit Verleihung des Fontane-<br />
Literaturpreises der Stadt Neuruppin<br />
Lesungen Barbara Coudenhove-<br />
Kalergi [A], Stephen Kelman [GB],<br />
Johannes Groschupf [D]<br />
Fontane-Filmtag Rosen im<br />
Herbst [1955], Effi Briest [2009],<br />
Irrungen und Wirrungen [1963],<br />
Frau Jenny Treibel [1975]<br />
Vernissage und Bilderbuchvortrag<br />
John Maynard Tobias Krejtschi<br />
[Illustration]<br />
18.00 Uhr<br />
Siechenhauskapelle<br />
Neuruppin<br />
20.00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Neuruppin<br />
22.00 Uhr<br />
Café Hinterhof<br />
Neuruppin<br />
22.00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Neuruppin<br />
Sa 07.06.<br />
11.00 Uhr<br />
Museum<br />
Neuruppin<br />
12.30 Uhr<br />
Fontane Buchhandlung<br />
Neuruppin<br />
15.00 Uhr<br />
Fontane Buchhandlung<br />
Neuruppin<br />
17.00 Uhr<br />
Museum<br />
Neuruppin<br />
Eröffnungslesung<br />
Christoph Ransmayr [A]<br />
Atlas eines ängstlichen Mannes<br />
Begrüßung durch Dr. Peter Böthig<br />
und Otto Wynen<br />
Stephen Kelman [GB]<br />
Pigeon English<br />
(M) (Ü) (S) Bernhard Robben<br />
Marko Martin [D]<br />
Die Nacht von San Salvador<br />
(M) Andreas Döring (NDR)<br />
Salon Theodor Musik von<br />
Maximilian Müller und Gespräche<br />
zur Nacht<br />
Podiumsdiskussion<br />
Europas englischer Traum<br />
Philip Oltermann [D], Jürgen<br />
Schlaeger [D], Rudolph Muhs [GB]<br />
(M) Andreas Knaesche (RBB)<br />
Vernissage Herr von Ribbeck<br />
Silke Thal [Illustration]<br />
Barbara Coudenhove-Kalergi [A]<br />
Zuhause ist überall<br />
(M) Sieglinde Geisel (NZZ)<br />
Fredy Gareis [D]<br />
Tel Aviv – Berlin<br />
(M) Andreas Knaesche (RBB)<br />
10 11
18.30 Uhr<br />
Beckers Scheune<br />
Wuthenow<br />
20.00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Neuruppin<br />
22.00 Uhr<br />
Resort Mark Brandenburg<br />
Neuruppin<br />
ab 22.00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Neuruppin<br />
So 08.06.<br />
John Burnside [GB]<br />
In hellen Sommernächten<br />
(M) (Ü) (S) Bernhard Robben<br />
Peter Wensierski [D]<br />
Die verbotene Reise<br />
(M) Katharina Döbler (Die ZEIT)<br />
Andreas Döring liest aus: Inseln<br />
der Illusion – Briefe aus der Südsee<br />
(1912) von Robert James Fletcher<br />
Salon Theodor Musik mit<br />
Whistle Stop und Gespräche zur<br />
Nacht<br />
17.00 Uhr<br />
Gerda´s Cupcake Café<br />
Neuruppin<br />
18.30 Uhr<br />
Galerie am Bollwerk<br />
Neuruppin<br />
20.00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Neuruppin<br />
22.00 Uhr<br />
Resort Mark Brandenburg<br />
Neuruppin<br />
Rainer Merkel [D]<br />
Bo<br />
(M) Hendrik Röder<br />
(Brandenburgisches Literaturbüro)<br />
Priya Basil [GB]<br />
Die Logik des Herzens<br />
(M) (Ü) Bernhard Robben<br />
(S) Nadja Schulz-Berlinghoff<br />
Christopher Brookmyre [GB]<br />
Die hohe Kunst des Bankraubs<br />
(M) (Ü) (S) Bernhard Robben<br />
Nicole Kleine liest aus Miss Jemimas<br />
Journal – Eine Reise durch die<br />
Alpen (1863) von Jemima Morell<br />
11.00 Uhr<br />
Museum<br />
Neuruppin<br />
12.00 Uhr<br />
Kunstraum<br />
Neuruppin<br />
15.00 Uhr<br />
Fontane Buchhandlung<br />
Neuruppin<br />
17.00 Uhr<br />
Tucholsky-Museum<br />
Rheinsberg<br />
Podiumsdiskussion<br />
Europäische Metropolen als<br />
Sehnsuchts- und Zufluchtsorte<br />
Barbara Coudenhove-Kalergi [A],<br />
Marko Martin [D], Rainer Merkel [D]<br />
(M) Fredy Gareis<br />
Vernissage Nicht für die Ewigkeit<br />
Lena Jäckel [Malerei]<br />
Katharina Hartwell [D]<br />
Das Fremde Meer<br />
(M) Marion Brasch (RBB)<br />
Hans Christoph Buch [D]<br />
Nolde und ich. Ein Südseetraum.<br />
(M) Knut Elstermann (RBB)<br />
22.00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Neuruppin<br />
Mo 09.06.<br />
11.00 Uhr<br />
Tempelgarten<br />
Neuruppin<br />
13.00 Uhr<br />
Kunstraum<br />
Neuruppin<br />
15.00 Uhr<br />
Beckers Scheune<br />
Wuthenow<br />
Salon Theodor Musik mit<br />
Karl die Große und Gespräche zur<br />
Nacht<br />
Wiglaf Droste [D]<br />
Nomade im Speck<br />
Diskussion: Die Wirklichkeit in der<br />
Kunst – zwischen Dokumentation<br />
und Fiktion<br />
Fabian Hischman [D]<br />
Am Ende schmeißen wir mit Gold<br />
(M) Peter Walther<br />
(Brandenburgisches Literaturbüro)<br />
12 13
17.00 Uhr<br />
Siechenhauskapelle<br />
Neuruppin<br />
18.00 Uhr<br />
Up-Hus Idyll<br />
Neuruppin<br />
(M) Moderator/in<br />
(S) Sprecher/in<br />
(Ü) Übersetzer<br />
Marion Brasch [D]<br />
Wunderlich fährt nach Norden<br />
(M) Knut Elstermann (RBB)<br />
Abschlussfest Fontane-<br />
Festspiele Neuruppin mit der<br />
Band Karl die Große<br />
Änderungen vorbehalten!<br />
www.fontane-festspiele.com<br />
Europäisches Festival der Reiseliteratur<br />
6. – 9. Juni <strong>2014</strong><br />
Einzelkarte 5 € | ermäßigt 3 €<br />
Tageskarte 15 € | ermäßigt 10 €<br />
Festivalkarte 50 € | ermäßigt 30 €<br />
Ermäßigt: Schüler, Studenten, Hartz IV Empfänger,<br />
Sozialhilfeempfänger nach SGB II, Schwerbehinderte<br />
ab 75 % und ausgewiesene Begleitpersonen<br />
Zum dritten Male finden Pfingsten <strong>2014</strong> die Fontane-<br />
Festspiele in Neuruppin zu Ehren Theodor Fontanes<br />
statt. Was einerseits so selbstverständlich klingt, ist<br />
andererseits durch und durch ungewöhnlich: es gibt<br />
nämlich nichts Vergleichbares. Fast keinem der großen<br />
deutschen Dichter sind Festtage oder gar Festivals<br />
gewidmet. Und nun schickt sich eine Kleinstadt<br />
wie Neuruppin an, Fontane-Festspiele zu etablieren.<br />
In der gewaltigen Zeitspanne nahezu eines Jahrhunderts<br />
gewann und vermittelte Fontane in seinen<br />
Werken jene heitere Freiheit, die auch und gerade<br />
zu Beginn des 21.Jahrhunderts als Leitstern einer<br />
ebenso weltgewandten wie weltzugewandten Lebenskunst<br />
dient.<br />
Und so würden wir auch gerne unsere Angebote<br />
verstanden wissen: mit dem Europäischen Festival<br />
der Reiseliteratur Neben der Spur erinnern wir an<br />
den einfühlsamen Reiseschriftsteller und großen<br />
Europäer. An Fontane erinnern heißt für uns, ihn lebendig<br />
machen mit den Stimmen heutiger Autoren,<br />
mit den Werken heutiger Künstler. Mit Neugierde,<br />
Experimentierlust und Sympathie Neues entdecken<br />
und schaffen und an Bewahrenswertes erinnern.<br />
Ein Festival aber ist zugleich auch immer viel mehr<br />
als die einzelnen Bestandteile seines Programms:<br />
was ein Festival auszeichnet, ist seine anregende,<br />
gelassen-heitere Atmosphäre, mit der die Kunst für<br />
einige Tage den Alltag belebt und sie zu Feiertagen<br />
macht. Insofern sind die Fontane-Festspiele buchstäblich<br />
Fontane-Feiertage.<br />
14<br />
15
Begründung der Jury zum<br />
Fontane-Preis für Literatur <strong>2014</strong><br />
Christoph Ransmayrs Buch »Atlas eine ängstlichen<br />
Mannes« ist ein Reisebuch der ganz besonderen Art.<br />
Es ist kein Roman, sondern erfindet ein eigenes Genre,<br />
einen erzählten Atlas der Welt. In siebzig Episoden<br />
reist der Leser mit dem Autor zu den entlegensten<br />
und allernächsten Weltgegenden und zu besonderen<br />
Menschen und Begegnungen. Wie in einem Kaleidoskop<br />
entsteht dabei in hoher poetischer Verdichtung<br />
aus winzigen Begebenheiten ein Bild des Menschen<br />
auf der Welt, von seiner Existenz mit und gegen die<br />
Natur.<br />
Christoph Ransmayr hat hier ein »Lebensbuch«, <strong>das</strong><br />
vierzig Jahre Reiseerfahrung umfasst, verdichtet.<br />
Siebzig Begebenheiten aus allen Teilen der Welt,<br />
stets beginnend mit der Formel »Ich sah...«, die aus<br />
der Apokalypse des Johannes stammt, fügen sich<br />
dabei zu einem Weltbuch, <strong>das</strong> in atemberaubenden<br />
Bildern Leben und Sterben, Glück und Schicksal der<br />
Menschen kartographiert. Das erzählende Ich wird<br />
zum Beteiligten und zum Zeugen der Einzigartigkeit<br />
des menschlichen Lebens.<br />
Ransmayrs Episoden vermischen stilistisch die Formen<br />
der Erzählung, der Anekdote, der Skizze und der<br />
Reportage, sie scheren sich nicht um Genrefragen.<br />
Der Autor ist einer der letzten großen »analogen«<br />
Reisenden, die sich auf <strong>das</strong> verlassen, was sie sehen<br />
und nicht ergoogelt haben. Stets kann sich der Leser<br />
auf die Genauigkeit und den Seelengehalt der Episoden<br />
verlassen, sich dem inneren Kompass des Autors<br />
anvertrauen.<br />
Ransmayr erzählt von den Lachswasserfällen Ontarios,<br />
vom Stierkampf in Sevilla, von der Gnade des Fischers<br />
seinem einzigen gefangenen Hummer gegenüber,<br />
von den Menschen der Osterinseln und an der<br />
chinesischen Mauer oder von den Entbehrungen einer<br />
laotischen Fischerfamilie. Der reisende Erzähler staunt<br />
über die Welt, kein noch so verdecktes Detail bleibt<br />
ihm verborgen. Das Staunen, aber auch die Angst, die<br />
Welt könnte ihre Erhabenheit, Schönheit und Struktur<br />
verlieren, ist den Geschichten eingeschrieben. Viele<br />
dieser Erzählminiaturen sind kleine Meisterwerke:<br />
dicht, poetisch, anrührend. Immer geht es um den<br />
Menschen, seine Geschichte, sein Schicksal.<br />
»Geschichten ereignen sich nicht. Geschichten werden<br />
erzählt«, schreibt der Autor im Vorwort. Wie Fontane sich<br />
und seinen Lesern die märkische Topografie in ihrer Breite<br />
und ihrer Tiefe erzählend erschloss, so skizziert Ransmayr<br />
in seinem Erzählwerk die Größe und die Schönheit,<br />
die Tiefe und die Tragik des »globalen« Menschen.<br />
Christoph Ransmayr: Atlas eines ängstlichen Mannes<br />
© S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012<br />
Für die Jury: Dr. Peter Böthig, Dr. Regina Dieterle,<br />
Dr. Delf von Wolzogen, Hendrik Röder,<br />
Prof. Dr. Jürgen Schlaeger CBE FEA<br />
16 17
THEODOR FONTANE Das Leben ein Sturm<br />
Glückliches Land im Süden, dessen großer Dichter<br />
niederschreiben konnte: »<strong>das</strong> Leben ein Traum«, und<br />
armes, gepriesenes Land du, <strong>das</strong> du die Seligkeit des<br />
Träumens nicht kennst und immer wach und wirklich<br />
dein Lehen abhaspelst wie im Sturm. Als ich noch jünger<br />
war, da kniet‘ ich bewundernd zu den Füßen der<br />
Tat, da galt mir <strong>das</strong> Schwert und der Arm, der es führte,<br />
da hing mein Auge an der Kaisergestalt Barbarossas<br />
und mein Herz jubelte auf, wenn ich ihn einziehen<br />
sah in die Tore Mailands, den Welfentrotz unterm Hufschlag<br />
seines Pferdes. Die Knabentage sind dahin. Ich<br />
habe seitdem anderes lieben gelernt: den Geist erst,<br />
dann <strong>das</strong> Recht und zuletzt die Muße, die Beschauung,<br />
die Vorbereitung auf <strong>das</strong>, was da kommt. Es ist was in<br />
mir, <strong>das</strong> mich mit unwiderstehlicher Sehnsucht zu dem<br />
zerlumpten Lazzarone hinzieht, der an der Tempelschwelle,<br />
gebräunt und lächelnd, in den ewig-blauen<br />
Himmel emporschaut; es ist was in mir, was mich den<br />
Diogenes mehr bewundern läßt, als den Mann, der vor<br />
ihm in der Sonne stand, und was – wenn ich zwischen<br />
Extremen wählen soll – mir den Orden von La Trappe<br />
größer und beneidenswerter erscheinen läßt, als die<br />
London-City mit ihrem Leben ein Sturm.<br />
Wir haben ein schönes, vielgesungenes Lied, ein Lied<br />
von der »Hoffnung«, drin <strong>das</strong> Beste was der Mensch<br />
hat: seine Sehnsucht nach einem Genüge <strong>das</strong> jenseits<br />
liegt, den dichterischen Ausdruck fand:<br />
Nach einem glücklichen, goldenen Ziel<br />
Sieht man sie rennen und jagen.<br />
Ach, unbewußt und nicht in seinem Sinne schrieb<br />
der Dichter in diesen Zeilen die Geschichte und den<br />
Fluch dieser Stadt, denn ihr Tagewerk ist »rennen<br />
und jagen«, und ihr Ziel ist – Gold; nur eines täuscht<br />
sie – <strong>das</strong> Glück; es neckt sie wie die Spiegelung den<br />
Wüstenwanderer, und zu dem Verdurstenden spricht<br />
es in seiner letzten Minute: Dein Gold war Sand. Wer<br />
löste <strong>das</strong> große Rätsel von des Menschen Glück, und<br />
wer lehrte uns, »wie« und »wo« es sicher zu finden?<br />
Aber eines fühlt sich: <strong>das</strong> Menschenglück ruht wo anders,<br />
als in der Bank von England. Glück! es ist nicht<br />
zu sagen, was du bist, aber es ist zu zeigen, wer dich<br />
hat. Der fromme Geistliche hat dich, der, selbst an den<br />
Trost glaubend, den er eben noch am Lager eines Sterbenden<br />
spendete, nun sinnend durch die Gänge seines<br />
Gartens schreitet und Samen in die Beete streut,<br />
hoffend auf die ewige Frühlingserfüllung. Glück! der<br />
Arzt hat dich, dessen geschickte Hand eine Mutter ihren<br />
Kindern wiedergab und der, heimgekehrt zu seinen<br />
Büchern, weiter forscht in dem Wald überlieferter<br />
Erfahrung. Glück! jene Waschfrau hatte dich, von<br />
der uns Chamisso erzählt, die Freude hatte an ihrem<br />
selbstgesponnenen Sterbehemd und es sonntags anlegte,<br />
wenn sie zur Kirche und Erbauung ging. Glück!<br />
es haben dich alle, die eingedenk, daß wir mehr sind<br />
als ein galvanisierter Leib, ihrem unsterblichen Teile<br />
leben, jeder nach seiner Art.<br />
18 19
Dem Menschen ist <strong>das</strong> Wissen von dem verlorengegangen,<br />
was ihm not tut. … Dies ameisenhafte Schaffen<br />
bemächtigt sich der Gemüter mit der Ausschließlichkeit<br />
einer fixen Idee und die reiche Menschenseele<br />
mit ihren tausend Kräften und Empfindungen kommt<br />
in die Tretmühle des Geistes und stapft und stapft. Es<br />
fördert vielleicht, nur nicht sich selbst. Des Lebens Reiz<br />
verblasst und die ungeübten Kräfte versagen endlich<br />
ihren Dienst. Weihnachten kommt mit seinen roten Backen<br />
an Äpfeln und Kindern; verlegen lächelnd steht er<br />
vor dem Lichtermeer und denkt an <strong>das</strong> Meer da draußen,<br />
auf dem seine Schiffe tanzen. Ein Jugendfreund<br />
kommt; »o ging er wieder!« ist alles, was er fühlt. Seine<br />
Schwester stirbt; er erbricht den schwarzgeränderten<br />
Brief und liest und kann nicht weinen. Spät nachts wirft<br />
er sich aufs Lager, die Erinnerung ärmerer Tage beschleicht<br />
ihn, er sieht sich wieder spielen in seines Vaters<br />
Garten und – die Träne kommt. Aber sie gilt nicht<br />
der toten Schwester, sie gilt ihm selbst.<br />
Vorgestellt –<br />
Die Autoren des festivals<br />
Glückliches Volk im Süden, <strong>das</strong> lacht und träumt!<br />
Armes, reiches Volk mit deinem Leben ein Sturm.<br />
Theodor Fontane: Ein Sommer in London<br />
20 21
So 08.06.<strong>2014</strong><br />
18.30 Uhr<br />
Galerie am Bollwerk<br />
An der Seepromenade 10<br />
Neuruppin<br />
PRIYA BASIL (GB)<br />
Die Logik des Herzens<br />
(M) Bernhard Robben<br />
(S) Nadja Schulz-Berlinghoff<br />
Priya Basil geboren 1977 und in Kenia aufgewachsen,<br />
studierte englische Literatur in Bristol und lebt heute<br />
in London und Berlin. Neben ihrem Engagement für<br />
weltweite Waffenkontrolle begründete sie die Aktion<br />
AUTHORS FOR PEACE mit. Ihr Werk wurde für zahlreiche<br />
Preise nominiert, darunter für den renommierten<br />
IMPAC-Preis.<br />
Alle saßen im Gemeinschaftsraum des Mitarbeiterquartiers:<br />
ein kleiner Compound mit Bungalows, eine halbe<br />
Autostunde östlich des Hauptlagers.<br />
Lina erkannte die Gesichter um sie herum, hörte die<br />
Stimmen, spürte, wie jemand ihre Hand nahm – und<br />
hatte doch <strong>das</strong> Gefühl, gar nicht im Zimmer zu sein. Sie<br />
befand sich noch immer auf dieser Straße und begriff,<br />
<strong>das</strong>s Dahabs Leichnam vor ihr lag. Was, wenn er mit<br />
einer der Waffen getötet worden war, die aus Nairobi<br />
kamen, in Flugzeugen, die sie selbst benutzt hatte?<br />
War sie nun deswegen schuldig? War sie indirekt verantwortlich<br />
für diesen Mord? Fragen, die sie seit ihrer<br />
Entscheidung für die Hochzeit mit Anil beiseitegeschoben<br />
hatte, drängten sich plötzlich in den Vordergrund.<br />
Sie war in die Sache verwickelt. Daran führte kein Weg<br />
vorbei. Sie war beteiligt, durch alles, was sie wusste,<br />
und alles, was sie unterlassen hatte.<br />
Priya Basil: Die Logik des Herzens<br />
© Schöffling & Co., Frankfurt 2012<br />
22 23
Mo 09.06.<strong>2014</strong><br />
17.00 Uhr<br />
Siechenhauskapelle<br />
Siechenstraße 4<br />
Neuruppin<br />
MARION BRASCH (D)<br />
Wunderlich fährt nach Norden<br />
(M) Knut Elstermann<br />
Marion Brasch 1961 in Berlin geboren, arbeitete nach<br />
dem Abitur und einer Ausbildung zum Schriftsetzer<br />
zunächst bei diversen Verlagen und beim Komponistenverband<br />
der DDR, später beim Radiosender DT64,<br />
bei Radio Fritz, Radio Brandenburg und Radio Eins,<br />
wo sie nach wie vor tätig ist.<br />
Zu Hause angekommen, duschte Wunderlich und<br />
kochte sich einen Kaffee. Er hatte einmal einen Film<br />
gesehen, in dem ein Mann mit dem Zug nach Finnland<br />
fuhr. Ein einsamer Mann in einer melancholischen<br />
Landschaft. Ich bin auch einsam und melancholisch,<br />
dachte er, zog seinen alten Schul-atlas aus dem Bücherregal<br />
und legte ihn vor sich auf den Tisch. Finnland ist<br />
gut, dachte er und schlug die Nordeuropa-Karte auf.<br />
Nicht so weit weg, aber weit genug. Außerdem hatte<br />
er in letzter Zeit genug verdient, <strong>das</strong>s er sich einen<br />
Urlaub würde leisten können. Oder lieber Norwegen?<br />
Sein Freund Hans fuhr jeden Sommer nach Norwegen<br />
zum Angeln. »Kopf leerfischen«, nannte er <strong>das</strong>. Einmal<br />
hatte er ihn mitgenommen, doch während Hans<br />
alle paar Minuten irgendwas aus dem Wasser zog, fing<br />
Wunderlich keinen einzigen Fisch. Und während sein<br />
Freund seinen Kopf leerfischte, füllte sich der seine mit<br />
schlechter Laune und lärmendem Heimweh.<br />
Marion Brasch: Wunderlich fährt nach Norden<br />
© S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main <strong>2014</strong><br />
24 25
So 08.06.<strong>2014</strong><br />
20.00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Fischbänkenstraße 3<br />
Neuruppin<br />
CHRISTOPHER BROOKMYRE (GB)<br />
Die hohe Kunst des Bankraubs<br />
(M) (Ü) (S) Bernhard Robben<br />
Christopher Brookmyre 1968 in Glasgow geboren,<br />
arbeitete als Journalist in London, Los Angeles<br />
und Edinburgh. 1996 erschien sein erster Roman in<br />
England, 2012 erstmals ein Buch in deutscher Übersetzung:<br />
Wer schlafende Hunde weckt. Brookmyre<br />
wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, u.a. mit<br />
dem Sherlock Award for Best Comic Detective Novel.<br />
Dummerweise zogen Geldautomaten überall auf der<br />
Welt immer auch Obdachlosenzeitungsverkäufer an,<br />
deren Nähe jeden Straßenmusiker in den Ruin treiben<br />
konnte. Andy hatte nichts gegen die armen Schweine,<br />
aber Geschäft war Geschäft, und es war nun mal<br />
so, <strong>das</strong>s man sein etwaiges Wechselgeld nach einer<br />
Konsumorgie auf dem Rückweg zum Parkhaus lieber<br />
dem echten, ausgewiesenen Obdachlosen zusteckt als<br />
dem Pseudohippie-Studenten, der sich ja immerhin<br />
noch die Zwölfsaitige leisten konnte, auf der er No<br />
Surprises herunterklampft. Andy stand zum Glück<br />
zwanzig, dreißig Meter von der Bank entfernt, weit<br />
genug außerhalb des Einflussbereichs des nächsten<br />
Zeitungsverkäufers; also konnte er auf <strong>das</strong> Geld der<br />
Leute hoffen, die jenen noch nicht erreicht hatten…<br />
In der Mikroökonomie der Straßenmusik gab es also<br />
nur wenige Konstanten… Doch ein Zufallsfaktor hatte<br />
ihm nichts als Ärger gebracht und den Fußgängerverkehr<br />
um seinen Standort herum stärker beschleunigt<br />
als jeder kotzverschmierte Alki mit Buckfast-<br />
Flasche…Seit drei Wochen diente nämlich die Stelle<br />
auf halbem Weg zwischen Handyladen und Bank<br />
diesem schwafelnden Jesus-Junkie mit Rauschebart<br />
als Open-Air-Kanzel.<br />
Christopher Brookmyre: Die hohe Kunst des Bankraubs<br />
© Galiani Verlag Berlin, Berlin 2012<br />
26 27
So 08.06.<strong>2014</strong><br />
17.00 Uhr<br />
Kurt Tucholsky<br />
Literaturmuseum<br />
Schloss Rheinsberg<br />
Hans Christoph Buch (D)<br />
Nolde und Ich – Ein Südseetraum<br />
(M) Knut Elstermann<br />
Hans Christoph Buch wurde 1944 in Wetzlar geboren.<br />
Sein Vater war im diplomatischen Dienst und so<br />
wuchs Buch in Wiesbaden, Marseille und Kopenhagen<br />
auf. Im Zentrum seiner Literatur stehen die Probleme<br />
und Spannungen postkolonialer Gesellschaften.<br />
H. C. Buch war immer ein Autor, der sich politisch einmischte<br />
– bis heute reist er als Reporter in die Spannungsgebiete<br />
Afrikas, Asiens und Lateinamerikas.<br />
Auf der Weiterfahrt zu der einsam gelegenen Insel<br />
Maronne überquerte die Prinz Waldemar den Äquator.<br />
Um dem Saufgelage zu entgehen, mit dem Passagiere<br />
und Mannschaft die Äquatortaufe feierten, zog Nolde<br />
sich in die Kajüte zurück – der Meeresgott Neptun<br />
hatte ihn bereits getauft. Ada stand mit Fräulein Arnthal<br />
am Vordersteven des Schiffs, <strong>das</strong> wie ein Samuraischwert<br />
die Wogen durchschnitt. Der Mond spiegelte<br />
sich im Schaum der Bugwelle, in der Leuchtalgen<br />
glitzerten; verfolgt von Delphinen, die wie Nixen oder<br />
Najaden auf- und wieder eintauchten, klatschte ein<br />
Schwarm Fliegender Fische auf Deck, als etwas Unvorhergesehenes<br />
geschah: Ein chinesischer Matrose, dem<br />
die Hitze im Maschinenraum den Kopf verdreht hatte,<br />
sprang, Kühlung suchend, über Bord. Die Mannschaft<br />
warf Rettungsringe aus und machte ein Rettungsboot<br />
klar, aber ein im Kielwasser schwimmender Hai durchkreuzte<br />
ihre Bemühungen. Das Meer färbte sich blutrot.<br />
Ada wandte den Blick ab und legte den Arm um<br />
Fräulein Arnthal, die sich, an die Reling geklammert,<br />
würgend übergab.<br />
Hans Christoph Buch: Nolde und Ich – Ein Südseetraum<br />
© Die Andere Bibliothek, Berlin 2013<br />
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Sa 07.06.<strong>2014</strong><br />
18.30 Uhr<br />
Beckers Scheune<br />
Dorfstraße 19 A<br />
Wuthenow<br />
JOHN BURNSIDE (GB)<br />
In hellen Sommernächten<br />
(M) (Ü) (S) Bernhard Robben<br />
John Burnside geboren 1955 in Schottland, ist einer<br />
der profiliertesten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur.<br />
Der Lyriker und Romancier wurde vielfach<br />
ausgezeichnet, unter anderem mit dem Corine-<br />
Belletristikpreis des ZEIT-Verlags, dem Petrarca-Preis<br />
und dem Spycher-Literaturpreis.<br />
Das Flugzeug kreiste kurz über der Insel, um dann<br />
nach Süden abzudrehen, und im selben Moment verschwand<br />
die Welt, wie ich sie kannte. Draußen blies<br />
Bieggaålmaj über die Finnmarksvidda heran, ein kalter<br />
Wind, der zuvor über die Mongolei gefegt war und<br />
den Rauch aus den Jurten der Pferdehirten, <strong>das</strong> Blau<br />
der Steppe gestreift hatte, denn dieser Wind, dieser<br />
Geist, besaß ein Gedächtnis, <strong>das</strong> Ewigkeiten umspannte,<br />
über alle Örtlichkeiten, Äonen und Jahreszeiten hinaus,<br />
und sich an andere Orte, andere Jahreszeiten erinnerte,<br />
an andere Menschen, die in ihren Siedlungen<br />
schliefen und träumten, überall entlang des Wegs von<br />
hier bis Kamtschatka. Für ihn klangen unsere vielen<br />
Geschichten gleich, selbst die Geschichte, in der ich<br />
vorkam und zu einem Mann reiste, den ich nicht nur<br />
nie gesehen, sondern auch nie für ein für ein Wesen<br />
aus Fleisch und Blut gehalten hatte.<br />
John Burnside: In hellen Sommernächten<br />
© Albrecht Knaus Verlag, München 2012<br />
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Sa 07.06.<strong>2014</strong><br />
15.00 Uhr<br />
Fontane-Buchhandlung<br />
Karl-Marx-Straße 83<br />
Neuruppin<br />
BARBARA COUDENHOVE-<br />
KALERGi (A)<br />
Zuhause ist überall<br />
(M) Sieglinde Geisel<br />
Barbara Coudenhove-Kalergi geboren 1932 in Prag,<br />
wurde 1945 als Prager Deutsche vertrieben und lebt<br />
seither in Österreich. Nach Stationen u.a. bei der<br />
Presse, der Arbeiter-Zeitung und bei profil kam sie<br />
Mitte der 1970er Jahre zum ORF. Bis heute ist sie<br />
ständige Kolumnistin der Tageszeitung Der Standard<br />
und unterrichtet Asylwerber.<br />
Der Weg ist endlos. Der Zug ist kilometerlang, wir<br />
sehen weder seinen Anfang noch sein Ende. Einmal<br />
hören wir Schüsse. Was ist los? Versprengte Wlassow-<br />
Soldaten, so heißt es, haben <strong>das</strong> Ende des Zuges überfallen.<br />
Sie haben zuletzt an der Seite der Tschechen<br />
gegen die Deutschen gekämpft und kurz vor dem Einmarsch<br />
der Sowjets in Prag Hals über Kopf die Stadt<br />
verlassen, Stalins Rache für ihre frühere Zusammenarbeit<br />
mit Nazideutschland fürchtend. Zu recht. Sie werden<br />
später alle an die Sowjetunion ausgeliefert. Fast<br />
keiner von ihnen hat überlebt.<br />
Wir machen kurze Rast in einer leeren Fabrik. Der Tiefpunkt<br />
kommt, als Mamis Hausschuhe den Geist aufgeben.<br />
Diese sitzt jetzt im Straßengraben und weint, zum<br />
ersten Mal. Sie ist fix und fertig. Nie hat sie die Nerven<br />
verloren, nie Angst gezeigt. Und solange sie ruhig und<br />
heiter war, war auch für mich die Welt in Ordnung.<br />
Nun wird mir angst und bange. Was sollen wir jetzt<br />
machen? Wie soll Mami weitergehen ohne Schuhe?<br />
Barbara Coudenhove-Kalergi: Zuhause ist überall<br />
© Zsolnay Verlag, Wien 2013<br />
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Mo 09.06.<strong>2014</strong><br />
11.00 Uhr<br />
Tempelgarten<br />
Präsidentenstraße 64<br />
Neuruppin<br />
Wiglaf Droste [D]<br />
Nomade im Speck<br />
Wiglaf Droste geboren 1961 in Herford, ist Satiriker,<br />
Autor und Sänger. Er ist Mitherausgeber der kulinarischen<br />
Vierteljahreszeitschrift Häuptling Eigener<br />
Herd. Zuletzt erschien sein Buch Schalldämpfer.<br />
Wiglaf Droste erhielt 2003 den Ben-Witter-Preis, 2005<br />
den Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis und 2013 den<br />
Peter-Hille-Literaturpreis.<br />
Der Reisende<br />
Einen kenne ich, der so nichtsesshaft ist, <strong>das</strong>s er zwei<br />
Wohnungen hat und trotzdem meistens in keiner von<br />
beiden lebt. Herrlich sei <strong>das</strong> Reisen, sagt er, man lege<br />
sich als glühendes Eisen in die Herdfeuer der Welt. Die<br />
Herdfeuer brennen aber doch bei den Sesshaften, wie<br />
geht <strong>das</strong> zusammen? Bestens, sagt der Reisende; gerade<br />
weil er keiner von ihnen ist, mag er Sesshafte gern,<br />
und sie mögen ihn aus demselben Grunde auch.<br />
Er bleibt nie zu lange, und sie bringen soviel zustande,<br />
schwärmt er. Das Leben häuft sich wie von alleine an<br />
bei ihnen, alles ist da, Hundkatzemaus, Auto, Rasensprenger,<br />
Geschirrspüler, Chaos und Gewusel, und für<br />
einen mehr am Tisch ist immer Platz. Die Sesshaften<br />
ziehen Kinder groß, wissen alles über Masern, Mumps<br />
und Meerschweinchen, und wann immer man sie besucht,<br />
sind sie viel zu k.o., um unglücklich zu sein.<br />
…<br />
Meiden muss der Reisende Einliegewohner, also<br />
solche, die ihr Leben aus Trägheit in Sesshaft verbringen,<br />
viel lieber anderswo wären, sich aber nicht<br />
aufraffen können und dann den Reisenden unfroh,<br />
neidisch nörgelnd und schweinchenschlauhaft anäugeln<br />
und ihn inquisitionieren: »Wovor läufst du<br />
eigentlich weg?<br />
Wiglaf Droste: Nomade im Speck.<br />
© Kolumne in NZZ FOLIO, März <strong>2014</strong><br />
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Sa 07.06.<strong>2014</strong><br />
17.00 Uhr<br />
Museum Neuruppin<br />
August-Bebel-Straße 14/15<br />
Neuruppin<br />
FREDY GAREIS [D]<br />
Tel Aviv – Berlin<br />
(M) Andreas Knaesche<br />
Fredy Gareis, 1975 in Alma-Ata, Kasachstan geboren,<br />
arbeitet seit 2007 als freier Journalist. Früh begann<br />
er durch die Welt zu reisen, etwa nach Sibirien, wo<br />
er seiner Familiengeschichte bis an den Himbeersee<br />
folgte. 2010 – 2012 berichtete er als freier Korrespondent<br />
aus Israel und dem Nahen Osten u.a. für Der<br />
Tagesspiegel, Die Zeit und Deutschlandradio.<br />
Mein Rad fühlt sich schwer an unter mir. Es ist ein solides<br />
Teil aus Stahl mit zwölf Gängen, noch gebaut in<br />
Westdeutschland. Die Kette, die Reifen – alles noch<br />
original, also mehr als 20 Jahre alt. Dafür hat es nur 90<br />
Euro gekostet. Ich habe es auf eBay geschossen. Ich<br />
muss mich erst noch daran gewöhnen, navigiere es wie<br />
einen schweren Tanker durch <strong>das</strong> sanft dahinwogende<br />
Meer aus Menschen, ihre mediterrane Bräune leuchtet<br />
im hellen Schein der Januarsonne.<br />
Wenn <strong>das</strong> Meir Dizengoff, der erste Bürgermeister Tel<br />
Avivs, sehen könnte, diesen puren Hedonismus, diese<br />
friedvolle Strandbesatzung. Der wollte nämlich <strong>das</strong><br />
Gelände am liebsten industriell erschließen. Weil er<br />
sich nicht vorstellen konnte, warum Juden Interesse<br />
am Baden zeigen sollten. Der Journalist Sholem Asch<br />
hingegen schrieb 1937: »Jeder Jude hat zwei Bitten an<br />
Gott: einen Platz im Paradies im Jenseits – und im Diesseits<br />
einen Platz am Strand von Tel Aviv.« Die Stadt als<br />
leuchtender Gegenentwurf zu den grauen und ärmlichen<br />
Schteteln im östlichen Europa.<br />
Fredy Gareis: Tel Aviv – Berlin<br />
© Piper Verlag, München <strong>2014</strong><br />
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So 08.06.<strong>2014</strong><br />
15.00 Uhr<br />
Fontane-Buchandlung<br />
Karl-Marx-Straße 83<br />
Neuruppin<br />
KATHARINA HARTWELL (D)<br />
Das Fremde Meer<br />
(M) Marion Brasch<br />
Katharina Hartwell 1984 in Köln geboren, studiert seit<br />
2010 am Deutschen Literatur-institut in Leipzig. Im<br />
selben Jahr erschien ihr Erzählungsband Im Eisluftballon.<br />
Katharina Hartwell war u. a. Gewinnerin des<br />
MDR-Literaturpreises und Stipendiatin der Jürgen-<br />
Ponto-Stiftung und des Landes Hessen. 2013 war sie<br />
Sylter Inselschreiberin. Das Fremde Meer ist ihr erster<br />
Roman.<br />
Bald bemerkt Jasper, <strong>das</strong>s sich niemand hier in die Augen<br />
schaut. Die Reisenden starren die Wände an, den<br />
Boden und die Decke. Es ist, als könnten sie <strong>das</strong> Schiff<br />
nicht sehen und auch nicht die, die mit ihnen reisen.<br />
Beinahe fällt Jasper über einen Mann, der auf einem<br />
ausgeblichenen Teppich sitzt und die verwaschenen<br />
Ornamente darauf so eindringlich mustert, als gäben<br />
sie ihm ein Rätsel auf. Der Mann hat den Kopf zur Seite<br />
geneigt, als lausche er einem schwer verständlichen<br />
Bericht. Auch Jasper horcht in den Raum, lauert auf<br />
<strong>das</strong> kleinste Geräusch, bis ihm die Stille in den Ohren<br />
schmerzt, sie ist ein lautes Summen, sie ist ein schwerer<br />
Stoff. Sogar in ihren Bewegungen sind die Passagiere<br />
lautlos, keine Schritte und kein Schlurfen kündigen<br />
sie an, ihre Füße berühren nicht den Boden. Ihre<br />
Kleidung raschelt nicht, niemand hüstelt, spricht oder<br />
flüstert. Den nächsten menschlichen Schatten packt<br />
Jasper bei den Schultern und fragt ihn, wo genau sie<br />
sich befinden, wohin die Reise geht.<br />
Wieder erhält er keine Antwort.<br />
Katharina Hartwell: Das Fremde Meer<br />
© Berlin Verlag, Berlin 2013<br />
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Mo 09.06.<strong>2014</strong><br />
15.00 Uhr<br />
Beckers Scheune<br />
Dorfstraße 19 A<br />
Wuthenow<br />
FABIAN HISCHMANN (D)<br />
Am Ende schmeissen wir mit<br />
Gold<br />
(M) Peter Walther<br />
Fabian Hischmann geboren 1983 in Donaueschingen,<br />
lebt in Berlin. Er studierte Kulturwissenschaften und<br />
Literatur am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.<br />
2011 erhielt er <strong>das</strong> Bremer Autorenstipendium. Er<br />
veröffentlichte Kurzgeschichten in verschiedenen<br />
Zeitschriften und Anthologien. Am Ende schmeißen<br />
wir mit Gold ist sein Debütroman.<br />
Der ICE rollt über flaches Land. In Niedersachsen halten<br />
wir auf einer Brücke, Signalstörung, eine Gruppe<br />
Kanuten winkt aus dem Strom nach oben.<br />
Als ich zwischen Fulda und Hanau aus einem gekrümmten<br />
Schlaf erwache, schaue ich in die Augen eines<br />
popelnden Kindes. Es sitzt schräg gegenüber und<br />
isst den Schnodder. Sein Blick ist tief und böse.<br />
Das Ende der Sommerferien macht mir Angst.<br />
Frankfurt am Main und seine Hochhäuser rücken<br />
näher, ich schiebe die DVD in den Rechner: Jacques<br />
Cousteau steht am Bug der Calypso und blickt auf den<br />
Ozean.<br />
Mit jedem Halt werden die Bahnhöfe kleiner, die Berge<br />
immer höher.<br />
Der Schaffner kontrolliert mich. Er spricht den regionalen<br />
Dialekt und hat eine leichte Fahne. Vor den<br />
Fenstern wirbeln Pollen, fällt der dichte Nadelwald in<br />
Schluchten. Ich sehe Radfahrer auf steilen Straßen, die<br />
sich etwas beweisen wollen. Frisch geschorene Schafe<br />
dösen am Hang, die Sonne steht hoch und scheint auf<br />
meine nackten Beine. Kurz überlege ich mich einzucremen.<br />
Als würde ich in den Urlaub fahren.<br />
Fabian Hischmann: Am Ende schmeissen wir mit Gold<br />
© Berlin Verlag, Berlin <strong>2014</strong><br />
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Fr 06.06.<strong>2014</strong><br />
20.00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Fischbänkenstraße 3<br />
Neuruppin<br />
STEPHEN KELMAN (GB)<br />
Pigeon English<br />
(M) (Ü) (S) Bernhard Robben<br />
Stephen Kelman geboren 1976 in Luton, einem<br />
Arbeiterviertel im Norden Londons. Er arbeitete als<br />
Altenpfleger, Lagerarbeiter und Verwaltungsgehilfe.<br />
Mit Pigeon English, seinem ersten Roman, wurde er<br />
2011 für den Man Booker Prize, den wichtigsten britischen<br />
Literaturpreis nominiert. Pigeon English wurde<br />
in fast 30 Länder verkauft.<br />
Ich schwör bei Gott, zuerst dachte ich, ich träume. Es<br />
kam einem gar nicht echt vor. Ich dachte, unter der<br />
Erde wären nur Morast, Knochen und die Geschöpfe,<br />
die dort leben, und als ich die ganzen Tunnels, Lichter<br />
und Leute sah, musste ich mich kneifen. Da war sogar<br />
ein Mann, der Geige spielte. Er hatte lange Haare in<br />
einem Pferdeschwanz, obwohl er ein Mann war. Ichschwör,<br />
<strong>das</strong> war ein voll lustiges Gefühl. Seid ihr mal<br />
in der U-Bahn gewesen? Da sind überall Tausende von<br />
Menschen, die alle zu schnell gehen. Sie reden nicht<br />
mit dir, sie stoßen dich nur mit ihren Ellbogen aus dem<br />
Weg. Die Treppen, die an runtergeht, bewegen sich,<br />
es sind die gleichen wie die am Flughafen. Man kann<br />
so tun, als wären es Asasabonsams Zähne, die einen<br />
fressen wollen. In die Mitte haben sie so Hindernisse<br />
gemacht, damit man nicht runterrutschen kann. Das<br />
ist ätzend. Ichschwör, wenn ich jemals eine Rolltreppe<br />
ohne Hindernisse sehe, rutsche ich bis ganz nach unten!<br />
Das ist jetzt mein neuer Ehrgeiz.<br />
Stephen Kelman: Pigeon English<br />
© Berlin Verlag, Berlin 2011<br />
42 43
Fr 06.06.<strong>2014</strong><br />
22.00 Uhr<br />
Café Hinterhof<br />
R.-Breitscheid-Str. 38<br />
Neuruppin<br />
MARKO MARTIN (D)<br />
Die Nacht von San Salvador<br />
(M) Andreas Döring<br />
Marko Martin wurde 1970 in Burgstädt/Sachsen<br />
geboren, verließ im Mai 1989 als Kriegsdienstverweigerer<br />
die DDR. Wenn er sich nicht gerade auf<br />
Reisen durch allerlei Krisengebiete befindet, lebt und<br />
schreibt Marko Martin in Berlin. Marko Martin ist<br />
Mitglied der Internet-Plattform Die Achse des Guten<br />
sowie des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren<br />
im Ausland.<br />
Wieso Monate? Von Jahren rede ich. Vor und zurück in<br />
dieser gottverfluchten Gegend, Berge und Täler, und<br />
dann doch Militärkontrollen und wir: Aber wir wohnen<br />
seit Jahrzehnten hier, Genossen, wollt ihr uns nicht<br />
glauben, seht mal, da sind unsere Bambushütten und<br />
dort <strong>das</strong> Kochgeschirr und da auch unsere schönen<br />
Mädchen, sogar Blonde sind dabei, haha. Und danach,<br />
trotzdem die abgefackelten Hütten. Schöne Mädchen,<br />
die nicht wiederkamen. Männer mit Kopfschuss, in ihrem<br />
Blut neben den Kochstellen. Lehmerde, Palmblätter,<br />
Messingkessel. Weibergeschrei, Mücken und immer<br />
wieder diese Monsunregenfälle, die dir alles noch<br />
Verbliebene fortschwemmen. Moras und Geschwüre.<br />
Und nichts von dem, was ihr Romantik nennt, klar?<br />
Und Flüge nach Kalifornien erst recht nicht, ins Land<br />
der Beach Boys. Kennst du die alten Songs, ich bin später<br />
mal dort gewesen, von San Diego bis hoch nçach<br />
Frisco, dann rüber nach Sacramento. Haben keine Ahnung<br />
von nichts, Sonne für hirnlose Köpfe, Creme für<br />
ihre Supermuskeln und in allen Räumen air condition,<br />
damit sie die Wirklichkeit nicht spüren.<br />
Marko Martin: Die Nacht von San Salvador<br />
© Die Andere Bibliothek, Berlin 2013<br />
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So 08.06.<strong>2014</strong><br />
17.00 Uhr<br />
Ger<strong>das</strong> Cupcake Café<br />
An der Seepromenade 10a<br />
Neuruppin<br />
RAINER MERKEL (D)<br />
Bo<br />
(M) Hendrik Röder<br />
Rainer Merkel 1964 in Köln geboren, hat Psychologie<br />
und Kunstgeschichte studiert und lebt in Berlin.<br />
Von 2008 bis 2009 arbeitete er für Cap Anamur im<br />
einzigen psychiatrischen Krankenhaus Liberias. 2012<br />
erschien seine Reportage Das Unglück der anderen.<br />
Kosovo, Liberia, Afghanistan, 2013 der Roman Bo.<br />
Es war Regenzeit, und alle Straßen außerhalb der<br />
Hauptstadt waren unpassierbare Schlammpisten mit<br />
riesigen Pfützen, und oft verwandelte sich die Straße<br />
in einen kleinen See, aus dem sie, wenn es zu regnen<br />
aufhörte, als fürchterliche Schlammwüste wieder auftauchte.<br />
Selbst die großen Jeeps mit Allradantrieb und<br />
den riesigen Seilwinden an ihren Stoßstangen, mit denen<br />
ssie sich selbst aus dem Matsch ziehen konnten,<br />
kamen dort manchmal nicht weiter. Max umkurvte<br />
zwei Wasserlöcher und schaltete in den ersten Gang,<br />
um sich langsam einen kleinen Hügel hinaufzuquälen.<br />
Das alte, klapprige Taxi ächzte und keuchte, die Windschutzscheibe<br />
wackelte und vibrierte, so <strong>das</strong>s Max<br />
befürchtete, sie würde aus ihrem Rahmen fallen und<br />
es würden sich Tausende kleine Scherben ins Wageninnere<br />
ergießen. Benjamin schüttelte den Kopf. Zumindest<br />
sah es so aus. »Na, wenn du meinst,« sagte<br />
Max. »Aber ich habe dich gewarnt. Bei dem Auto weiß<br />
man nie. Es kann jeden Moment den Geist aufgeben.«<br />
Er legte seine Hand auf <strong>das</strong> Armaturenbrett. Er wollte<br />
dem Auto gut zureden. Er wollte ihm Mut machen.<br />
Man musste Geduld mit ihm haben.<br />
Rainer Merkel: Bo<br />
© S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013<br />
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Fr 06.06.<strong>2014</strong><br />
18.00 Uhr<br />
Siechenhauskapelle<br />
Siechenstraße 4<br />
Neuruppin<br />
CHRISTOPH RANSMAYR (A)<br />
Atlas eines ängstlichen Mannes,<br />
Begrüßung: Dr. Peter Böthig/Otto<br />
Wynen<br />
Christoph Ransmayr wurde 1954 in Wels/Oberösterreich<br />
geboren und studierte Philosophie in Wien, wo er<br />
nach Jahren in Irland und auf Reisen wieder lebt. Für<br />
seine Bücher, die bisher in mehr als dreißig Sprachen<br />
übersetzt wurden, erhielt er zahlreiche literarische Auszeichnungen,<br />
unter anderem gemeinsam mit Salman<br />
Rushdie, den Prix Aristeion der Europäischen Union.<br />
Daß dieses unter der Märzsonne glühende, wüste Stück<br />
Land überhaupt in Sicht gekommen war, lag an einem<br />
Hunderte Seemeilen langen Ausweichmanöver, mit<br />
dem der Kapitän die Ausläufer eines riesigen, von Kap<br />
Hoorn ausgehenden Sturmtiefs umschiffen wollte. Die<br />
Dünung, selbst hier und bei strahlendem Himmel immer<br />
noch acht bis zehn Meter hoch, ließ bedrohliche<br />
Rückschlüsse auf die Wellenhöhen und Sturzseen in<br />
unserem ursprünglichen Fahrwasser zu.<br />
Der Name Friedlicher oder Stiller Ozean, hatte der<br />
Kapitän seine allmorgendlichen, über Bordlautsprecher<br />
bis an festgeschraubte Betten und Frühstückstische<br />
übertra genen Durchsagen zu Position, Luftdruck,<br />
Seegang und Kurs beendet, sei schon zur Zeit seiner<br />
ersten Befahrung durch europäische Seeleute bloß der<br />
Name einer vergeblichen Hoffnung gewesen. Der Pazifik,<br />
hier im Süden oder Tausende Seemeilen weiter<br />
in alle Richtungen der Windrose, sei weder stiller noch<br />
friedlicher als andere, auf weniger schöne Namen getaufte<br />
Meere und erhebe sich nicht anders als diese<br />
unter dem Druck von Stürmen und der Anziehungskraft<br />
des Mondes zu Wassergebirgen, die man ohne<br />
Not besser nicht durchquerte.<br />
Christoph Ransmayr: Atlas eines ängstlichen Mannes<br />
© S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012<br />
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Sa 07.06.<strong>2014</strong><br />
20:00 Uhr<br />
Museumshof<br />
Fischbänkenstraße 3<br />
Neuruppin<br />
PETER WENSIERSKI (D)<br />
Die verbotene Reise<br />
(M) Katharina Döbler<br />
Peter Wensierski geboren 1954, arbeitet seit 1993 als<br />
Dokumentarfilmer, Reporter und Buchautor. Seit 1979<br />
hat er als jüngster westlicher Reisekorrespondent jahrelang<br />
aus der DDR berichtet. 2006 hat er mit seinem<br />
Buch Schläge im Namen des Herrn als Erster über die<br />
Missstände in der westdeutschen Heimerziehung der<br />
fünfziger und sechziger Jahre geschrieben.<br />
Nur an ein einziges Mal könne er sich erinnern, als seinem<br />
Bewegungsdrang Grenzen gesetzt wurden.<br />
Mit fünf oder sechs Jahren bin ich einmal alleine bei<br />
meiner Oma gewesen, ohne meine Eltern. Ich hatte<br />
mein erstes Fahrrad mit dabei. Sie ließ mich damit<br />
tagsüber draußen herumfahren. Abends habe ich erzählt,<br />
wo ich überall gewesen war. Sie regte sich auf:<br />
Da warst du doch zwanzig Kilometer weit weg mit dem<br />
Fahrrad, mein Gott, Kind! Und ich erwiderte: Aber<br />
wenn ich beim Hinfahren genau aufpasse, kenn’ ich<br />
doch den Weg. Und so finde ich immer wieder zurück.<br />
Aber sie war so schockiert, <strong>das</strong>s sie bei meiner Mutter<br />
anrief und bat, mich wieder abzuholen: Das kann ich<br />
nicht verantworten, der Kleine macht was er will.<br />
Er schenkte ihr noch Tee nach.<br />
Wenn ich eine Idee hab’, dann will ich sie auch realisieren!<br />
Und wenn man es einmal geschafft hat, weiß<br />
man doch, <strong>das</strong>s man es wieder kann. Ob du es wirklich<br />
schaffst, ist vielleicht noch offen. Damals als Kind hab’<br />
ich geglaubt, <strong>das</strong> kann ich einfach.<br />
Peter Wensierski: Die verbotene Reise<br />
© Deutsche Verlags-Anstalt, München <strong>2014</strong><br />
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Diskussionen im Museum<br />
Europa ist geopolitisch längst nicht (mehr) die Insel der<br />
Seligen, der Kontinent eines paradiesischen Friedens. In<br />
Zeiten globaler Veränderungen muss Europa sich finden<br />
und neu erfinden. Vielleicht ist Europa ja eine bisher<br />
uneingelöste Utopie – für die Europäer selbst wie für die<br />
Menschen, die weltweit aus Krisengebieten fliehen, um<br />
in <strong>das</strong> gelobte Land Europa zu gelangen. Diese Themen<br />
wollen wir in zwei Diskussionsrunden aufgreifen.<br />
Sa 7. Juni <strong>2014</strong> | 11 Uhr | Museum Neuruppin<br />
Europas englischer Traum<br />
Es diskutieren: Prof. Dr. Jürgen Schläger [Gründungsdirektor<br />
des Großbritannien-Zentrums an der Humboldt-<br />
Universität], Prof. Rudolf Muhs [Historiker, Royal<br />
Holloway University of London], Philip Oltermann<br />
[Korrespondent des Guardian],<br />
Moderation: Andreas Knaesche<br />
So 8. Juni <strong>2014</strong> | 11 Uhr | Museum Neuruppin<br />
Europäische Metropolen als Sehnsuchts- und<br />
Zufluchtsorte<br />
Es diskutieren: Barbara Coudenhove<br />
Kalergi [Autorin], Marko Martin [Autor,<br />
Publizist], Rainer Merkel [Autor],<br />
Moderation: Fredy Gareis<br />
Lesungen<br />
in der Kaminbar<br />
Abendstunden sind Sternstunden des sesshaften<br />
Reisens. Wir laden Sie ein zu zwei nächtlichen<br />
Lesungen in der Kaminbar am Ruppiner See.<br />
Sa 7. Juni <strong>2014</strong> | 22 Uhr<br />
Kaminbar im Resort<br />
Mark Brandenburg<br />
Andreas Döring liest:<br />
ROBERT JAMES FLETCHER<br />
Inseln der Illusion – Briefe<br />
aus der Südsee<br />
So 8. Juni <strong>2014</strong> | 22 Uhr<br />
Kaminbar im Resort Mark Brandenburg<br />
Nicole Kleine liest: JEMIMA MORRELL<br />
Miss Jemimas Journal – Eine Reise<br />
durch die Alpen<br />
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Kurzportraits der Moderatoren,<br />
Sprecher Und ÜBERSETZER<br />
Peter Böthig [*1958] in<br />
Altenburg, Literaturwissenschaftler,<br />
Ausstellungsmacher,<br />
Autor, leitet <strong>das</strong> Kurt Tucholsky<br />
Literaturmuseum in Rheinsberg,<br />
Alfred Wegener. Meteorologe,<br />
Polarforscher, Geowissenschaftler<br />
2009<br />
Marion Brasch [*1961] in<br />
Berlin, arbeitete als Moderatorin<br />
beim Radiosender DT64, bei<br />
Radio Fritz, Radio Brandenburg<br />
und Radio Eins, wo sie nach wie<br />
vor tätig ist. Ihr erster Roman<br />
Ab jetzt ist Ruhe erschien 2012.<br />
Katharina Döbler ist Autorin<br />
und Journalistin. Sie arbeitet<br />
für den Rundfunk, die Wochenzeitung<br />
die ZEIT und die Monatszeitung<br />
Le Monde diplomatique.<br />
Ihr Roman Die Stille nach<br />
dem Gesang erschien 2010<br />
beim Galiani Verlag.<br />
Andreas Döring [*1954] in<br />
Braunschweig, Autor, Erzähler,<br />
Musiker und Redakteur beim<br />
NDR, Themenschwerpunkt:<br />
Reisen. Seit 2007 ist er Literaturlektor<br />
auf Großseglern. 2011<br />
erschien Mataruas Vermächtnis<br />
– Erzählungen aus der Südsee<br />
beim Kratzke Verlag.<br />
Knut Elstermann [*1960]<br />
freier Moderator und Filmjournalist,<br />
vor allem für ARD-<br />
Hörfunk und -Fernsehen sowie<br />
3sat, ARTE und N24. Sein letztes<br />
Buch Meine Winsstraße ist<br />
2013 im be.bra Verlag erschienen.<br />
Sieglinde Geisel studierte<br />
in Zürich und Berlin Germanistik<br />
und Theologie. Seit 1999 berichtet<br />
sie für die Neue Zürcher<br />
Zeitung (NZZ) über <strong>das</strong> Kulturleben<br />
in Berlin. 2010 erschien<br />
Nur im Weltall ist es wirklich<br />
still. Vom Lärm und der Sehnsucht<br />
nach Stille, erschienen im<br />
Galiani-Verlag, Berlin.<br />
54<br />
55
Nicole Kleine Schauspielerin,<br />
Theaterpädagogin und<br />
Aktionskünstlerin, zahlreiche<br />
Inszenierungen und Erarbeitung<br />
von Theaterstücken mit<br />
Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen<br />
in Bildungseinrichtungen<br />
und Schulen in Berlin<br />
und Brandenburg<br />
ANDREAS KNAESCHE [*1958]<br />
in Berlin. Arbeitet seit 1985 als<br />
freier Journalist vor allem Hörfunk<br />
und Fernsehen des SFB/<br />
heute RBB. Seit Gründung des<br />
RBB im Jahr 2003 Moderator<br />
beim Kulturradio vom RBB.<br />
Bernhard Robben [*1955]<br />
lebt in Brunne/Brandenburg<br />
und übersetzt aus dem Englischen,<br />
u.a. Salman Rushdie,<br />
Peter Carey, Ian McEwan,<br />
Patricia Highsmith und Philip<br />
Roth. 2003 wurde er mit dem<br />
Übersetzerpreis der Stiftung<br />
Kunst und Kultur des Landes<br />
NRW ausgezeichnet, 2013 mit<br />
dem Ledig-Rowohlt-Preis für<br />
sein Lebenswerk geehrt.<br />
Hendrik Röder [*1964] in<br />
Potsdam, Publizist und Herausgeber,<br />
seit 1994 Geschäftsführer<br />
des Brandenburgischen<br />
Literaturbüros, Emmi Bonhoeffer.<br />
Essay, Gespräch, Erinnerung<br />
2006<br />
Nadja Schulz-Berlinghoff<br />
war von 1995 bis 1999<br />
Ensemble-Mitglied der Schaubühne<br />
am Lehniner Platz Berlin.<br />
Sie ist als Sprecherin für ZDF,<br />
ARTE, RBB, Deutschlandradio,<br />
WDR, SWR, MDR, NDR usw.<br />
tätig und hat diverse Hörbücher<br />
gesprochen.<br />
PETER WALTHER [*1965] in<br />
Berlin, Literaturwissenschaftler,<br />
Mitarbeiter im Brandenburgischen<br />
Literaturbüro,<br />
zahlreiche Publikationen, u.a.<br />
über Goethe, Fontane, Thomas<br />
Mann und über Schriftsteller<br />
im Ersten Weltkrieg. Er hat als<br />
Kurator verschiedener Literaturund<br />
Fotografie-Ausstellungen<br />
gewirkt.<br />
56 57
Ausstellungen zu<br />
den Festspielen<br />
Otto Wynen [*1952] im<br />
Rheinland, lebt seit neun<br />
Jahren in Neuruppin, freier<br />
Hörfunk- und Fernsehjournalist<br />
Unsere Fluglinien haben uns schließlich nur die<br />
Reisezeiten in einem geradezu absurden Ausmaß<br />
verkürzt, nicht aber die Entfernungen, die nach wie<br />
vor ungeheuerlich sind. Vergessen wir nicht, daß eine<br />
Luftlinie eben nur eine Linie und kein Weg ist und:<br />
daß wir, physiognomisch gesehen, Fußgänger und<br />
Läufer sind.<br />
Christoph Ransmayr: Die Schrecken des Eises und der Finsternis.<br />
© Frankfurt a.M., Fischer-Taschenbuchverlag 1987<br />
Isabella Berr<br />
»Vielleicht berühren uns diese Bilder, weil sie Ruhe<br />
ausstrahlen. Sie verführen den Betrachter zu Kontemplation<br />
und Loslösung von der ›Wirklichkeit‹<br />
und zeigen eine Welt, in der sämtliche Bildebenen<br />
zu einem einzigen Raum verschmelzen.« Isabella<br />
Berr, 1963 in Schongau geboren, arbeitet seit 1992<br />
als freie Fotografin. Sie rückt ab von der Fotografie<br />
als einer technischen Reproduktion der Realität<br />
und nähert sich teilweise der Malerei. Bedingt<br />
durch eine fotografische Unschärfe steht die malerische<br />
Qualität im Vordergrund. Isabella Berr lebt<br />
und arbeitet in München.<br />
Galerie Raumglück<br />
ISABELLA BERR Walking Dreams<br />
Vernissage Mi 04.06.<strong>2014</strong> | 17 Uhr<br />
Ausstellungsdauer 04.06. – 11.07.<strong>2014</strong><br />
Öffnungszeiten<br />
Mo – Fr 11 – 18 Uhr<br />
Öffnungszeiten Pfingsten<br />
Sa, So, Mo 15 – 19 Uhr<br />
58<br />
59
Ausstellungen zu<br />
den Festspielen<br />
MORITZ GÖTZE<br />
Deutsche Popart »ist wie der große amerikanische Bruder<br />
poppig bunt, flächig, hat keine Berührungsängste gegenüber<br />
Comics und ist eine Umwälzmaschine für alles von<br />
Avantgarde über Repräsentationskunst bis Krempel«,<br />
schrieb die taz bei einer Vernissage von Moritz Götze in<br />
Frankfurt am Main. Mit seiner Ausstellung in Neuruppin,<br />
mit seinen Bezügen zu Fontane, Preußen und den<br />
Neuruppiner Bilderbögen verschafft er dem ikonographischen<br />
Erbe eine ungewohnte Leichtigkeit. Die Faszination,<br />
die Fontane auch im 21. Jahrhundert ausstrahlt, wird<br />
damit um eine farbenfrohe Facette erweitert.<br />
Kulturkirche Neuruppin<br />
MORITZ GÖTZE Wanderungen, Preussen,<br />
Bilderbogen & die Welt<br />
Ausstellungdauer 08.03. – 30.06.<strong>2014</strong><br />
Öffnungszeiten<br />
Di – So 10 – 16 Uhr<br />
TOBIAS KREJTSCHI<br />
Fontanes traurig-schöne Ballade John Maynard wurde<br />
durch die Illustrationen von Tobias Krejtschi zu neuem<br />
Leben erweckt. Mit comicartigen Zeichnungen formt er<br />
ein meisterliches Gesamtkunstwerk von Bild und Text.<br />
»Eine spannende Inszenierung auf der Bilderbuchbühne«,<br />
schreibt DIE ZEIT. Fontane hätte daran seine<br />
helle Freude. Tobias Krejtschi, Jahrgang 1980, studierte<br />
Illustration in Hamburg und arbeitet seither als freischaffender<br />
Illustrator, Autor und Bilderbuchkünstler.<br />
Autorenbegegnung in Kooperation mit dem Friedrich-Bödecker-<br />
Kreis e.V., gefördert aus Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.<br />
Galerie am Bollwerk<br />
TOBIAS KREJTSCHI John Maynard<br />
Vernissage mit Bilderbuchvortrag<br />
06.06.<strong>2014</strong> | 16 Uhr<br />
Ausstellungsdauer 06.06. – 02.07.<strong>2014</strong><br />
Öffnungszeiten<br />
Di – So 13 – 17 Uhr<br />
60 61
Ausstellungen zu<br />
den Festspielen<br />
DIRK MAHLER<br />
Der natürliche Mensch will leben, will weder fromm<br />
noch keusch noch sittlich sein, lauter Kunstprodukte<br />
von einem gewissen, aber immer zweifelhaft bleibenden<br />
Wert, weil es an Echtheit und Natürlichkeit<br />
fehlt. … und dies ist wohl der Grund, warum meine<br />
Frauengestalten alle einen Knax weghaben. Gerade<br />
dadurch sind sie mir lieb.<br />
Theodor Fontane an Professor Colmar Grünhagen (10. Oktober 1895)<br />
Bernhard-Brasch-Platz<br />
DIRK MAHLER Sie haben alle<br />
einen Knax<br />
Open-Air-Ausstellung<br />
Vernissage: 22.05.<strong>2014</strong> | 19 Uhr<br />
Ausstellungsdauer<br />
23.05. – 27.06.<strong>2014</strong><br />
Diskussion Mo 09.06.<strong>2014</strong> | 13 Uhr<br />
Die Wirklichkeit in der Kunst –<br />
zwischen Dokumentation und Fiktion<br />
(M) Otto Wynen<br />
LENA JÄCKEL<br />
»Gibt es ein wahres Bild von der Wirklichkeit? Kann<br />
ich meinen Augen trauen, mich auf meine Wahrnehmung<br />
verlassen? Von der Fotografie glaubt man<br />
gemeinhin, sie bilde Wirklichkeit ab. Aber ist nicht<br />
jedes Foto nur ein Ausschnitt der Welt und damit eine<br />
Inszenierung?« Der Betrachter von Lena Jäckels Bildern<br />
kann auf den ersten Blick nicht unterscheiden,<br />
ob er vor einem Gemälde oder vor einem Foto steht.<br />
Sie erzeugen ein Spannungsfeld in dem sich – ganz<br />
nach Sichtweise – Wirklichkeit auflöst oder überhaupt<br />
erst geschaffen wird.<br />
Kunstraum Neuruppin<br />
LENA JÄCKEL Nichts für die Ewigkeit<br />
Vernissage So 08.06.<strong>2014</strong> | 12 Uhr<br />
Ausstellungsdauer 08.06 – 27.07.<strong>2014</strong><br />
Öffnungszeiten<br />
Mi – Sa 15 – 18 Uhr<br />
So und Feiertag 11 – 13 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
62 63
Ausstellungen zu<br />
den Festspielen<br />
URSULA ECKERTZ-POPP<br />
Die Fotografin Ursula Eckertz-Popp folgte den<br />
Pfaden, die Theodor Fontane in seinen Wanderungen<br />
liebevoll beschrieb. Das Erlebte und Gesehene<br />
entschädigte sie für die teilweise abenteuerlichen<br />
und mühsamen Reisen; sie verliebte sich in die<br />
märkische Landschaft und ihre Dörfer. Aber natürlich<br />
war und ist auch die Mark Brandenburg kein<br />
Freilichtmuseum. »Zerstörung, Abriss und Aufbau<br />
begleiten uns durch die Geschichte«, schreibt sie.<br />
USCHI JUNG<br />
Großformatige Leinwände kontrastieren postkartengroße<br />
Papierarbeiten. Folienobjekte stehen Formen<br />
aus Pappe gegenüber. Teure Farbpigmente konkurrieren<br />
mit lichtempfindlichen Fluoreszenzfarben. Müll<br />
oder Fundstücke imitieren Vertrautes und führen uns<br />
auf falsche Fährten. Wert haben, Wert geben ist zentraler<br />
Schwerpunkt der Ausstellung von Uschi Jung.<br />
Altes Gymnasium Neuruppin<br />
URSULA ECKERTZ-POPP Auf Theodor Fontanes<br />
Wegen durch die Mark Brandenburg<br />
Vernissage: 22.05.<strong>2014</strong> | 18 Uhr<br />
Ausstellungsdauer 23.05. – 19.07.<strong>2014</strong><br />
Öffnungszeiten<br />
Mo, Di, Do 12 – 18 Uhr<br />
Fr 12 – 17 Uhr, Sa 9 – 12 Uhr<br />
Ateliergalerie Bilderbogenpassage<br />
USCHI JUNG Temporär<br />
Öffnungszeiten (Festspiele):<br />
Mi 04.06. – Mo 09.06. 11 – 17 Uhr<br />
So 08.06. 15 – 17 Uhr<br />
64 65
Ausstellungen zu<br />
den Festspielen<br />
SILKE THAL<br />
Silke Thal arbeitet ungemein akribisch. Bevor sie die<br />
42 Aquarelle zu dem Buch Herr von Ribbeck anfertigte,<br />
recherchierte sie vor Ort zur Geschichte des<br />
berühmten Birnenbaumes und zum Dorf Ribbeck im<br />
Havelland. Sie wollte, <strong>das</strong>s die Häuser und Gärten für<br />
Ortskundige wiedererkennbar sind, während sie die<br />
Ballade lesen. »Die Technik der wasserfesten Tuschmalerei<br />
habe ich mit dem Aquarell kombiniert. Es ist<br />
für mich eine besondere Herausforderung, Lebendigkeit<br />
ohne die Möglichkeit einer nachträglichen<br />
Korrektur auf dem Papier zu manifestieren.«<br />
Your Ear – will be clear<br />
Zu einem literarischen deutsch-englischen Kunstprojekt<br />
hatte die Künstlerin Katrin Mason-Brown<br />
Grundschüler aus Wusterhausen auf den von Fontane<br />
beschriebenen Rohr´schen Gutshof nach Ganzer<br />
geladen. In mehreren Wochen entstanden Reime in<br />
englischer Sprache, die die Schüler in verschiedenen<br />
Techniken druckten und illustrierten. Spielerisch<br />
führte Katrin Mason-Brown die Kinder an den<br />
geschichtsträchtigen Gutshof, die Sprache Fontanes<br />
und die Kunst heran. Zu sehen ist die Ausstellung<br />
während der Fontane-Festspiele in Neuruppin.<br />
Buchkonsum<br />
SILKE THAL Herr von Ribbeck<br />
Buchpräsentation Do 05.06.<strong>2014</strong> | 17 Uhr<br />
Fontanebuchhandlung<br />
SILKE THAL Herr von Ribbeck<br />
Vernissage Sa 07.06.<strong>2014</strong> | 12.30 Uhr<br />
Ausstellungsort<br />
siehe Tagespresse<br />
66 67
Salon Theodor<br />
Eintritt frei<br />
Die Fontane-Festspiele gehen in diesem Jahr in die<br />
dritte Runde – und <strong>das</strong> Programm wächst. Trotzdem<br />
wollen wir kein Mega-Event werden, kein Festival,<br />
bei dem man von Termin zu Termin hetzt. Die Qualität<br />
der Fontane-Festspiele und von Neuruppin als<br />
Festspielort ist der sehr intime Charakter des Festivals.<br />
Schauspieler, Musiker, Autoren und Besucher<br />
begegnen sich auf Schritt und Tritt. Und wer in den<br />
Abendstunden noch bei Live-Musik und einem Glas<br />
Wein, nette Gespräche führen möchte, findet im Salon<br />
Theodor gewiss noch Gleichgesinnte.<br />
Inzwischen kennen ihn viele in Neuruppin, Maximilian<br />
Müller. Die meisten wahrscheinlich unter dem<br />
Vornamen Max. Immer häufiger tauchte der vorher<br />
»Namenlose« bei Veranstaltungen auf und spielte<br />
auf eine so hinreißende Weise Klavier oder Piano,<br />
<strong>das</strong>s oft die Gespräche verstummten und man nur<br />
noch seinen Improvisationen lauschen wollte.<br />
Whistle Stop musiziert in der Tradition irischer Folkmusik.<br />
Mit zwei Gitarren, einem Banjo, der irischen<br />
Whistle und dem Cajon schaffen es die drei Musiker,<br />
Fernweh nach der grünen Insel zu wecken. Ihr Repertoire<br />
erschöpft sich nicht ausschließlich in Zitaten der<br />
Stücke irischer Bands oder Balladen längst vergangener<br />
Zeiten, sondern wartet auch mit eigenen Songs<br />
auf.<br />
Maximilian<br />
Fr 6. Juni<br />
ab 22 Uhr<br />
Museumshof<br />
Whistle Stop<br />
Sa 7. Juni<br />
ab 22 Uhr<br />
Museumshof<br />
68 69
Salon Theodor<br />
Eintritt frei<br />
Fontane-Filmtag<br />
Eintritt frei<br />
Die sechsköpfige Band Karl die Große hat sich an der Hochschule<br />
für Musik und Theater in Leipzig um die Sängerin und<br />
Songwriterin Wencke Wollny geformt. Ihre Musik lässt sich als<br />
Pop mit jazzigen Anklängen beschreiben. Die ausschließlich<br />
eigenen, sehr poetischen und eingängigen deutschen Texte<br />
haben gesellschaftliche Relevanz und spiegeln den Zeitgeist<br />
einer jungen Generation wieder.<br />
Karl die GroSSe<br />
So 8. Juni ab 22 Uhr<br />
Museumshof<br />
Am Montag, 9. Juni spielen die Musiker von Karl die<br />
Große noch einmal um 18 Uhr zum Abschlussfest der<br />
Fontane-Festspiele im Up-Hus-Idyll – diesmal von<br />
Groove bis Jazz.<br />
Fontane-Verfilmungen sind – salopp gesagt – ein<br />
Thema für sich. Und besonders natürlich: Effi Briest.<br />
Jede Generation bekam ihren Effi-Film und dabei<br />
wirkten jeweils die großen Film- und Regiestars ihrer<br />
Epoche mit, von Gustaf Gründgens bis Rainer Werner<br />
Fassbinder, von Marianne Hoppe bis Julia Jentsch.<br />
Die Romane Theodor Fontanes sind präzise Milieustudien<br />
– was die Regisseure daraus machten, können<br />
bei uns sehen. Wir präsentieren gleich vier Fontane-<br />
Verfilmungen. Erleben Sie eine Reise durch 60 Jahre<br />
Filmgeschichte.<br />
Fr 6. Juni | 10 – 19 Uhr | Museum Neuruppin<br />
10 Uhr Effi Briest [2009]<br />
13 Uhr Irrungen, Wirrungen [1963]<br />
15 Uhr Frau Jenny Treibel [1975]<br />
17 Uhr Rosen im Herbst [1955]<br />
70 71
Veranstaltungsorte<br />
Fontane-Geburtshaus<br />
Fontane-Denkmal<br />
Bahnhofstraße<br />
DB<br />
1 Altes Gymnasium Neuruppin<br />
Am Alten Gymnasium 1 3<br />
2 Bernhard-Brasch-Platz<br />
3 Café Hinterhof<br />
Rudolf-Breitscheid-Straße 38<br />
4 Der BuchKonsum Antiquariat<br />
Friedrich-Ebert-Straße 15<br />
5 Fontane-Buchhandlung<br />
Karl-Marx-Straße 83<br />
6 Galerie Raumglück<br />
Präsidentenstraße 8<br />
7 Galerie am Bollwerk<br />
An der Seepromenade 10<br />
8 Gerda´s Cupcake Café<br />
An der Seepromenade 10a<br />
9 Klosterkirche<br />
Niemöllerplatz<br />
10 Kulturkirche Neuruppin<br />
Karl-Marx-Straße 88<br />
11 Kunstraum Neuruppin<br />
Friedrich-Engels-Straße 37<br />
12 Museumshof<br />
Fischbänkenstraße 3<br />
13 Museum Neuruppin<br />
August-Bebel-Straße 14/15<br />
14 Resort Mark Brandenburg<br />
An der Seepromenade 21<br />
15 An der Seepromenade<br />
16 Siechenhauskapelle im Up-Hus-Idyll<br />
Siechenstraße 4<br />
17 Tempelgarten<br />
Präsidentenstraße 64<br />
18 Temporär in der Bilderbogenpassage<br />
Karl-Marx-Straße 33/34<br />
Franz-Künstler-Straße<br />
Bullenwinkel<br />
Fehrbelliner Straße<br />
17<br />
Heinrich-Heine-Straße<br />
August-Bebel-Straße<br />
Präsidentenstraße<br />
6<br />
2<br />
Rudolf-Breitscheid-Straße<br />
13<br />
Schäferstr.<br />
Wichmannstraße<br />
Lazarettstr.<br />
Karl-Marx-Strraße<br />
Schulplatz<br />
Bernhard-<br />
Brasch-<br />
Platz<br />
3<br />
Schifferstraße<br />
Schinkelstr.<br />
Friedrich-Ebert-Str.<br />
18<br />
4<br />
Fontaneplatz<br />
1<br />
Schulzenstr.<br />
Virchowstr.<br />
Am Alten Gym.<br />
Friedrich-Engels-Straße<br />
Präsidentenstraße<br />
*<br />
5<br />
Erich-Mühsam-Str.<br />
Scharländerstr.<br />
B.-Brasch-Str.<br />
Bergstraße<br />
Regatterstraße<br />
11<br />
Klosterstraße<br />
Postsraße<br />
10<br />
R.-Koch-Str.<br />
9<br />
Rosenstr.<br />
Karl-Marx-Straße<br />
Fischbänkenstraße<br />
12<br />
16<br />
An der Seepromenade<br />
15<br />
i<br />
Steinstraße<br />
Kommissonsstraße<br />
8<br />
7<br />
Seestraße<br />
Siechenstr.<br />
Ruppiner See<br />
73<br />
14
Das Europäische Festival der Reiseliteratur Neben<br />
der Spur wird gefördert von der Stadtwerke Neuruppin<br />
GmbH, der Neuruppiner Wohnungsgesellschaft<br />
mbH, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung<br />
und Kultur des Landes Brandenburg, der Fontanestadt<br />
Neuruppin, der Sparkasse Ostprignitz-Ruppin,<br />
dem Brandenburgischen Literaturbüro, der Bundeszentrale<br />
für politische Bildung, der Stiftung für den<br />
Landkreis Ostprignitz-Ruppin, der ZEIT-Stiftung<br />
Ebelin und Gerd Bucerius, der Fontanebuchhandlung<br />
Neuruppin, dem Kurt Tucholsky Literaturmuseum,<br />
der Berliner Fahr-Service GbR und dem British<br />
Council.<br />
Gefördert durch<br />
Impressum<br />
Fontane-Festspiele gUG (haftungsbeschränkt)<br />
Geschäftsführerin Uta Bartsch<br />
Präsidentenstraße 47 | 16816 Neuruppin<br />
Tel. 0 33 91 . 458 459 | Fax 03391 . 458 446<br />
info@fontane-festspiele.com<br />
www.fontane-festspiele.com<br />
Redaktion Otto Wynen, Dr. Peter Böthig, Uta Bartsch<br />
Gestaltung Katharina Bülow, Veronika Žohová | Raumglück<br />
Druck diedruckerei.de<br />
Fotonachweise<br />
Gisela Strauß, Priya Basil, Tatyana Kronbichler | Marion Brasch, Jörg<br />
Steinmetz | Christopher Brookmyre, Chris Close | Hans Christoph<br />
Buch, Reinhard Karl | John Burnside, Helmut Fricke | Barbara<br />
Coudenhove-Kalergi, kollektiv fischka/Kramar | Wiglaf Droste, Axel<br />
Martens | Fredy Gareis, Svenja Kleinschmidt | Katharina Hartwell,<br />
Tobias Bohm | Fabian Hischmann, Rabea Edel | Stephen Kelman,<br />
Jonathan Ring | Marko Martin, privat | Rainer Merkel, Gaby Gerster |<br />
Christoph Ransmayr, Magdalena Weyrer | Peter Wensierski, Wensierski/Der<br />
Spiegel<br />
S. 69 Fotos: oben links [Effi Briest] ©Constantin Film Verleih GmbH,<br />
oben rechts [Jenny Treibel] Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Babelsberg<br />
| Waltaut Denger, unten links [Rosen im Herbst] ©KINEOS<br />
GmbH, unten rechts [Irrungen, Wirrungen] Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv<br />
Babelsberg |<br />
Foto: M. Lueder, Carola Martin, Veronika Žohová<br />
74 75
Salon Theodor<br />
ab 22 Uhr im Museumshof<br />
Fr 06.06. Maximilian<br />
Sa 07.06. Whistle Stop<br />
So 08.06. Karl die GroSSe<br />
Künstlerische Leitung<br />
Otto Wynen und Dr. Peter Böthig<br />
KONTAKT<br />
Otto Wynen<br />
Telefon 0176 . 396 356 60<br />
fontane-festspiele@gmx.de<br />
www.fontane-festspiele.com