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Credo Herbst 2011 - Pfarrei-breitbrunn.de

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Thema Or<strong>de</strong>n 37<br />

„Gott umarmt uns durch die Wirklichkeit“:<br />

Die Kongregationen <strong>de</strong>r Schulschwestern<br />

(H.H.) Das tragische Los von Kin<strong>de</strong>rn<br />

und Jugendlichen aus ärmlichen Verhältnissen,<br />

die kein Zuhause hatten<br />

Erstkommunionkin<strong>de</strong>r sind mit Begeisterung<br />

beim Brotbacken dabei<br />

und sich mit Bettelei, Diebstählen und<br />

Prostitution durchs Leben bringen<br />

mussten, steht am Anfang von so<br />

manchen kirchlichen Initiativen auf<br />

<strong>de</strong>n Gebieten <strong>de</strong>r Armenfürsorge und<br />

<strong>de</strong>r Schulbildung. Vor allem mit <strong>de</strong>m<br />

aufkommen<strong>de</strong>n Frühkapitalismus zu<br />

Beginn <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts wuchs<br />

das Massenelend explosionsartig an.<br />

Betroffen waren in erster Linie Mädchen<br />

und Frauen, die entwe<strong>de</strong>r nicht<br />

arbeiten konnten o<strong>de</strong>r durften und<br />

doch gleichzeitig als arbeitsscheu und<br />

unsittlich gebrandmarkt wur<strong>de</strong>n.<br />

Nicht zufällig waren es die Franziskanerinnen,<br />

die als erste die Fürsorge<br />

für die verarmten Mädchen und<br />

Frauen als ihre Verpflichtung begriffen.<br />

Beflügelt von <strong>de</strong>n I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>r Aufklärung<br />

und christlichem Engagement<br />

gingen sie daran, <strong>de</strong>n jungen<br />

Mädchen einfache handwerkliche Fähigkeiten<br />

wie z.B. Nähen o<strong>de</strong>r Stricken<br />

und eine rudimentäre Schulbildung<br />

beizubringen. Der I<strong>de</strong>alismus<br />

fruchtete allerdings anfangs wenig,<br />

<strong>de</strong>nn die Schwestern hatten mit zahlreichen<br />

Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>n in einem durchaus<br />

feindlich eingestellten Umfeld zu<br />

kämpfen. Auf die Dauer aber war es<br />

dieser I<strong>de</strong>alismus, <strong>de</strong>r die Schulschwestern<br />

bis heute überleben ließ.<br />

Als Beispiel mag hier die Gründung<br />

<strong>de</strong>r „Kongregation <strong>de</strong>r Schulschwestern<br />

vom III. Or<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Heiligen Franziskus“<br />

(„Halleiner Schulschwestern“)<br />

dienen. Die Grün<strong>de</strong>rin, Theresa<br />

Zechner (geb. 1697), stammte aus einem<br />

wohlhaben<strong>de</strong>n Elternhaus in<br />

Hallein. Bewusst und gezielt entschied<br />

sie sich für ein Leben in Armut<br />

und <strong>de</strong>n Dienst am Mitmenschen.<br />

Ihre Vorbil<strong>de</strong>r waren Franz von Assisi<br />

und Elisabeth von Thüringen. Mit 24<br />

Jahren trat sie in <strong>de</strong>n Dritten Or<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Franziskaner ein, nach ihrer Profess<br />

nannte sie sich „Maria Hyazintha“.<br />

Mit einer weiteren Schwester<br />

aus <strong>de</strong>m Dritten Or<strong>de</strong>n und ihrer Mutter<br />

zog sie in das so genannte „Lerchnerhaus“<br />

ein. Im Parterre befand sich<br />

ein Klassenzimmer, in <strong>de</strong>m bald mehr<br />

als 30 mittellose Mädchen lesen,<br />

schreiben, rechnen und handarbeiten<br />

lernten. Die gute Qualität <strong>de</strong>s Unterrichts<br />

rief jedoch auch Nei<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n<br />

Plan: Die Stadtlehrer, die nur gegen<br />

Bezahlung Schüler aufnahmen. Ihre<br />

Intrigen bei <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n gegen die<br />

Schwestern zeigten Wirkung. Die<br />

Schwestern gerieten in die Mühlen<br />

<strong>de</strong>r Kirchenpolitik, 1750 wur<strong>de</strong> die<br />

Kommunität aufgelöst, durfte <strong>de</strong>n<br />

Schulbetrieb aber weiterführen. Hyazintha<br />

war zweifellos eine starke Frau:<br />

40 Jahre arbeitete sie mit verwahrlosten<br />

Kin<strong>de</strong>rn, unterrichtete ihre Mitschwestern<br />

und schrieb zahllose Eingaben<br />

an kirchliche und weltliche<br />

Behör<strong>de</strong>n. Der Salzburger Erzbischof<br />

ließ die Schwestern nach <strong>de</strong>m Tod<br />

<strong>de</strong>r Stifterin zwar weiter in ihrem<br />

Haus wohnen und arbeiten, doch die<br />

kirchliche Anerkennung fehlte nach<br />

wie vor. Erst 1904 wur<strong>de</strong>n die Schulschwestern<br />

als Zweig <strong>de</strong>r franziskanischen<br />

Familie anerkannt, 1911 erhielten<br />

sie die Erlaubnis, die ewige<br />

Profess abzulegen und wur<strong>de</strong>n zur<br />

or<strong>de</strong>nsähnlichen Kongregation päpstlichen<br />

Rechts.<br />

Nicht nur die kirchlichen und weltlichen<br />

Behör<strong>de</strong>n, auch die politische<br />

Schulschwestern bei <strong>de</strong>r<br />

Armenausspeisung<br />

Geschichte machte <strong>de</strong>n Schulschwestern<br />

zu schaffen. Nach<strong>de</strong>m sie die Säkularisation<br />

und <strong>de</strong>n 1. Weltkrieg,<br />

wenn auch mit Blessuren, so doch<br />

überstan<strong>de</strong>n hatten, verboten die Nationalsozialisten<br />

1938 <strong>de</strong>n Schwestern<br />

die Unterrichtstätigkeit und beschlagnahmten<br />

alle Or<strong>de</strong>nshäuser.<br />

Für ihren Lebensunterhalt arbeiteten<br />

die Schwestern als Krankenpflegerinnen<br />

o<strong>de</strong>r in einer Korbflechterei. Zwar<br />

konnte 1945 <strong>de</strong>r Schulbetrieb wie<strong>de</strong>r<br />

aufgenommen wer<strong>de</strong>n, aber <strong>de</strong>r<br />

A<strong>de</strong>rlass war enorm und bis heute<br />

hat sich die Kongregation davon nicht<br />

mehr vollständig erholt. Der Geist <strong>de</strong>r<br />

Stifterin und die Orientierung an <strong>de</strong>r<br />

franziskanischen Spiritualität haben<br />

sich in<strong>de</strong>ssen erhalten. Das Leitbild<br />

„Erziehung zum Frie<strong>de</strong>n, zur Dankbarkeit<br />

und zur Ehrfurcht vor <strong>de</strong>r<br />

Schöpfung“ hat bis heute nichts von<br />

seiner Aktualität verloren. ■

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