Flexibilität, Sicherheit und Effizienz der Grundpfandrechte in Europa ...

Vollstreckung 97
28. Kann der Grundpfandrechtsgläubiger vor der Verwertung
des Grundstücks auch gegen das sonstige Vermögen
des Darlehensschuldners (außer dem Grundstück)
mit Vollstreckungsmaßnahmen vorgehen?
Wenn ein Schuldner nicht zahlt, erscheint es sinnvoll, dem Gläubiger die Möglichkeit
zu gewähren, zuerst in das sonstige Vermögen zu vollstrecken (z. B. eine
Kontenpfändung durchzuführen), anstatt direkt das Grundstück verwerten zu lassen.
Dies ist auch für den Schuldner vor allem dann vorteilhaft, wenn die zu bedienende
Forderung im Betrag relativ gering ist oder wenn der Bankkunde eindrücklich zu
besonderer Anstrengung motiviert werden sollte.
Die Effizienz eines Vollstreckungsverfahrens wird wesentlich dadurch gesteigert,
dass es einem Gläubiger erspart wird, zur Vollstreckung in das weitere Vermögen
des Schuldners zuerst einen gesonderten Titel erstreiten zu müssen.
In West- und Mitteleuropa ist es üblich, dass der Schuldner schon bei Bestellung des
Grundpfandrechts auch eine Vollstreckungsmöglichkeit in sein gesamtes Vermögen
gewährt, z. B. indem er sich in Deutschland auf der Grundlage eines abstrakten
Schuldversprechens notariell der sofortigen Vollstreckung in sein gesamtes Vermögen
unterwirft. Im östlichen Europa dagegen ist ein Gerichtsverfahren zur Erteilung
eines gesonderten Vollstreckungstitels erforderlich, wobei die Anforderungen zum
Teil vereinfacht sind, z. B. einem Urkundenverfahren entsprechend.
Nur Japan verlangt, dass immer zuerst die Verwertung des Grundstücks durchgeführt
werden muss. Dies entspricht auch der Rechts- und Kreditpraxis in vielen US-
Bundesstaaten. 123
V.28 Kann der Grundpfandrechtsgläubiger vor der Verwertung des Grundstücks auch
gegen das sonstige Vermögen des Darlehensschuldners (außer dem Grundstück)
mit Vollstreckungsmaßnahmen vorgehen?
3
Ja, es ist üblich, dass bei der
Bestellung des Grundpfandrechts
die Möglichkeit zur Vollstreckung
aus dem Grundpfandrecht und in
das gesamte Vermögen ohne
vorausgehende gerichtliche
Entscheidung geschaffen wird.
2
Nur wenn ihm in einem
gerichtlichen Verfahren ein
Vollstreckungstitel dafür erteilt
wurde.
1
Eine Vollstreckung in das sonstige
Vermögen ist vor der Verwertung
des Grundstücks nicht zulässig.
JP
123 Zur „security first rule“ vgl. Nelson/Whitman, Real estate finance law, 5. Auflage, Thomson
West 2007, § 8.3, S. 724 ff.; Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 143 ff.