Flexibilität, Sicherheit und Effizienz der Grundpfandrechte in Europa ...

80 Erläuterung der Schaubilder
Regelmäßig schließen sich diese Vollstreckungsform der Zwangsverwaltung und die
Vollstreckungsform der Zwangsversteigerung oder des Zwangsverkaufes nicht aus.
Der Grundpfandrechtsgläubiger kann also einerseits den Eigentümer vom Zugriff auf
die Immobilie ausschließen und die Erträge an sich ziehen und andererseits gleichzeitig
die endgültige Verwertung des Grundstücks betreiben. Dies wird meist der Fall
sein, wenn die Forderung nicht gering ist und sich der Gläubiger nicht auf ein sehr
langfristiges Verwertungsverfahren einlassen will.
In manchen Ländern kann der direkte Zugriff auf die Erträge des Grundstücks
dadurch gesichert werden, dass entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. So
kann z. B. im englischen Recht ein Pfandrecht an allen Vermögenswerten der die
Immobilie haltenden Gesellschaft vereinbart werden (floating charge). Es ermöglicht
dann in der Insolvenz ein besonderes getrenntes Verfahren über die Immobilie, bei
dem die Erträge dem Gläubiger zu Gute kommen. Auf diese Weise kann zwar auf die
Erträge des Grundstücks zugegriffen werden, dies erfolgt aber auf der Basis einer
Sicherheit, die nicht unbedingt im Grundbuch registriert wird, sondern z. B. wie die
englische floating charge im Handelsregister. 115
Außerhalb des Grundbuches erfolgen auch vertragliche Vereinbarungen, mit denen
die Erträge der Immobilie abgetreten oder verpfändet werden. Diese Option dürfte in
allen Ländern bestehen und häufig genutzt werden, auch wenn das Recht die anderen
bereits geschilderten Zugriffsformen bereithält. In manchen Ländern ist eine solche
vertragliche Vereinbarung auch der einzige Weg, den Zugriff auf Erträge zu sichern.
Hier kommen die Erträge bis zur endgültigen Verwertung der Immobilie durch Übertragung
auf einen Dritten zunächst einmal dem zugute, der die Möglichkeit gesonderten
sichernden Zugriffs genutzt hat, wobei viele Rechtsordnungen allerdings dem
Zugriff nachrangiger oder ungesicherter Gläubiger zeitliche Grenzen setzen.
Zu beachten ist schließlich, dass auch außerhalb der Immobiliarvollstreckung aus
einem Grundpfandrecht mit jedem Vollstreckungstitel grundsätzlich eine Pfändung
direkt in einzelne Vermögensgegenstände (z. B. Mieten etc.) erfolgen kann, soweit
diese nicht bereits durch eine Immobiliarvollstreckung erfasst wurden oder ganz der
Vollstreckung aus Immobiliartiteln vorbehalten sind (z. B. das Zubehör in
Deutschland).
115 Zur floating charge vgl. Jungmann, Grundpfandrechtsgläubiger und Unternehmensinsolvenz.
Deutschland – England – Schottland, Köln/Berlin/München 2004, S. 306 f.; Rink, Die Sicherheit
von Grundpfandrechten in Deutschland und England, Tübingen 2006, S. 23 ff. und
S. 38 ff.; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Auflage § 64, Rn. 45.