Flexibilität, Sicherheit und Effizienz der Grundpfandrechte in Europa ...

Akzessorietätswirkungen 57
völlig unabhängig vom konstruktiven Ausgangspunkt als akzessorisches oder nichtakzessorisches
Grundpfandrecht. Man kann beim akzessorischen Grundpfandrecht
den (gutgläubigen) forderungslosen Erwerb zulassen und beim nicht-akzessorischen
Grundpfandrecht – wie mittlerweile in Deutschland 93 – den (gutgläubigen) Erwerb
frei vom Einwand fehlender Valutierung weitgehend ausschließen.
Im Laufe der Modernisierung der Finanzwirtschaft und des Kreditsystems hat man
schon vor einigen hundert Jahren in Europa erkannt, dass eine zu enge Verbindung
von Darlehen und Grundpfandrecht die Flexibilität der Kreditbeziehung behindert
und auch die Refinanzierung erschwert. Daher haben viele Gesetzgeber in Europa darüber
nachgedacht, wie sie zur Verbesserung ihres nationalen Kreditsystems die
Grundpfandrechte flexibler gestalten und insbesondere leichter übertragbar machen
können. Im Widerstreit standen dabei immer wieder die gleichen Interessen:
• Kostengünstige Kredite, die zur Risikominimierung ein funktionsfähiges Grundpfandrecht
erforderten, sollten ermöglicht werden. – Damit waren das Hypotheken-
und das Grundbuchrecht angesprochen.
• Der Dritterwerb der Kreditforderungen und Grundpfandrechte sollte zu Refinanzierungszwecken
erleichtert werden. – Im Hypotheken- und Grundbuchrecht waren
dadurch vorrangig Themen der Einwendungen/Einreden, der Übertragbarkeit
und der Ausstellung einer Urkunde betroffen.
• Der Schutz des Eigentümers/Schuldners vor ungerechtfertigten Zwangsmaßnahmen
sollte sichergestellt werden. – Damit war die Frage angesprochen, auf welche
Weise im Zwangsvollstreckungsverfahren der Eigentümer seine berechtigten
Einwendungen oder Einreden geltend machen und wie er sich gegen überrumpelnde
Vollstreckung sichern kann.
Die volkswirtschaftliche Zielsetzung der einzelnen jeweiligen gesetzlichen Maßnahme
hatte natürlich Folgen für die Festlegung der Prioritäten unter diesen oft durchaus
gegenläufigen Interessen. Stand der Gesetzgeber unter dem Eindruck leidvoller Erfahrungen
eines kaum zu befriedigenden großen Kapitalbedarfs, z. B. beim (Wieder-)
Aufbau seines Landes nach einem Krieg oder in einer wettbewerbsintensiven Industrialisierungsphase,
legte er den Schwerpunkt auf die Stärkung der Rechtsposition
von Kapitalinvestoren, die bereit waren, ein Darlehen zu geben oder ein Grundpfandrecht
von einem Darlehensgeber zu erwerben. Hält man sich vor Augen, welche Hürden
in früheren Jahrhunderten der Geld- und Kapitalverkehr ohne durchorganisiertes
und flächendeckendes Bankensystem, ohne eine Bankaufsichtsbehörde und ohne ein
bargeldloses Zahlungsverkehrssystem zu überwinden hatte, wird verständlich, dass
der über ein Grundpfandrecht ausgestellten Urkunde beim Aufbruch in Epochen
großräumiger Geldwirtschaft überragende Bedeutung beigemessen wurde und, im
Hinblick auf die Frage von Einwendungen und Einreden nach Veräußerung und
Übertragung von Grundpfandrechten, das Beispiel des bereits früher entwickelten
Wechsels große Attraktivität entfalten konnte.
Zudem ist bei der Thematik der Durchsetzungsakzessorietät immer auch die Problematik
des grundbuch- bzw. registerrechtlichen Vertrauensschutzes zu beachten und
in die Beurteilung einzubeziehen. 94
93 Vgl. Art. 6 RisikobegrenzungsG vom 12.08.2008, BGBl. I 2008, 1666 ff., durch den § 1192
Abs. 1a in das BGB eingefügt wurde. Vgl. hierzu auch C.IV.1.
94 Vgl. hierzu oben unter C.II.16. ff.