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Flexibilität, Sicherheit und Effizienz der Grundpfandrechte in Europa ...

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Akzessorietätswirkungen 51<br />

se rechtliche Konstruktion än<strong>der</strong>t jedoch nichts daran, dass heute <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> Bestellung<br />

e<strong>in</strong>es nicht-akzessorischen Gr<strong>und</strong>pfandrechts praktisch stets dar<strong>in</strong> liegt, e<strong>in</strong>e<br />

o<strong>der</strong> mehrere For<strong>der</strong>ungen zu sichern. Die Nicht-Akzessorietät ist dabei lediglich e<strong>in</strong><br />

rechtliches Mittel, e<strong>in</strong> Höchstmaß an Flexibilität zwischen <strong>der</strong> <strong>Sicherheit</strong>, also dem<br />

Gr<strong>und</strong>pfandrecht, <strong>und</strong> <strong>der</strong> gesicherten For<strong>der</strong>ung zu erreichen. Damit wird aber auch<br />

klar, dass zwischen Gr<strong>und</strong>pfandrecht <strong>und</strong> For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>e rechtliche Verb<strong>in</strong>dung<br />

hergestellt werden muss – dies geschieht im Sicherungsvertrag o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sicherungsabrede.<br />

b) Am Beispiel <strong>der</strong> deutschen Gr<strong>und</strong>schuld soll dies kurz verdeutlicht werden. 71 Die<br />

Gr<strong>und</strong>schuld, früher auch „selbständige Hypothek“ genannt 72 wurde als rechtstechnisch<br />

isoliertes Gr<strong>und</strong>pfandrecht vorwiegend zu Ref<strong>in</strong>anzierungszwecken, d. h. zur<br />

Nutzung durch Privatpersonen im Kapitalverkehr, entwickelt. Sie hatte zum Ziel,<br />

e<strong>in</strong>e d<strong>in</strong>gliche For<strong>der</strong>ung am Kapitalmarkt verkäuflich <strong>und</strong> handelbar zu machen. 73<br />

Dies erfor<strong>der</strong>te zum e<strong>in</strong>en <strong>der</strong>en leichte Übertragbarkeit – hierzu diente die Briefform.<br />

74 Zum an<strong>der</strong>en war wichtig, dass e<strong>in</strong> weiterer Erwerber <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schuld (<strong>der</strong><br />

Kapital<strong>in</strong>vestor) als neuer Gläubiger vor E<strong>in</strong>wendungen/E<strong>in</strong>reden, auf die er ke<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>fluss hatte, geschützt wurde. Unter allen Gr<strong>und</strong>pfandrechtsarten bildete sie damit<br />

die „Spitze“ an Verkehrsfähigkeit <strong>und</strong> Umlaufsicherung. 75 Auch wenn sie e<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung<br />

sichern sollte, so bedeutete die Wahl <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schuld, dass die Vertragsparteien<br />

den Verkehrs<strong>in</strong>teressen den Vorzug vor den Sicherungs<strong>in</strong>teressen geben<br />

wollten. 76<br />

Während <strong>der</strong> Gesetzgeber des BGB <strong>der</strong> Hypothek den Vorrang vor <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schuld<br />

gab 77 , hat sich das Verhältnis dieser beiden Gr<strong>und</strong>pfandrechtsarten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis bald<br />

umgekehrt. Heute wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kreditpraxis von Kredit<strong>in</strong>stituten ganz überwiegend,<br />

d. h. wohl zu deutlich über 90 %, die Gr<strong>und</strong>schuld verwendet, allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form<br />

71 Ausführlicher Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Auflage 2009, § 45; Stöcker, Die Eurohypothek,<br />

Internationale Juristenvere<strong>in</strong>igung Osnabrück, Jahresheft 2007, S. 71 ff.<br />

72 Buchholz, Abstraktionspr<strong>in</strong>zip <strong>und</strong> Immobiliarrecht – Zur Geschichte <strong>der</strong> Auflassung <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Gr<strong>und</strong>schuld, 1978, S. 11 <strong>und</strong> S. 395. Der Begriff <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schuld wurde bei den Arbeiten am<br />

BGB als neutraler Begriff gegenüber <strong>der</strong> Realobligation, dem Realwechsel <strong>und</strong> dem Gr<strong>und</strong>wechsel<br />

bevorzugt (Buchholz, S. 345). Der Gr<strong>und</strong>schuldbrief wurde auch als „Wechsel auf dem<br />

Gebiet des Realverkehrs“ bezeichnet (Buchholz, S. 343, Fn. 18 m. w. N.).<br />

73 Durch ihren Charakter als isoliertes Gr<strong>und</strong>pfandrecht sollte sie frei <strong>und</strong> unabhängig von e<strong>in</strong>er Darlehensfor<strong>der</strong>ung<br />

se<strong>in</strong>. Die Rechtsbeziehung zwischen Eigentümer <strong>und</strong> Erwerber <strong>der</strong> isolierten Gr<strong>und</strong>schuld<br />

kann so besehen zwar funktional als e<strong>in</strong> Kreditgeschäft verstanden werden, rechtlich entspricht<br />

es aber eher e<strong>in</strong>em teilweisen Erwerb <strong>der</strong> Immobilie, genauer nämlich dem Erwerb des Verwertungsrechts.<br />

Erst später hat sich die Sicherungsgr<strong>und</strong>schuld entwickelt, <strong>und</strong> zwar durch die schuldrechtliche<br />

B<strong>in</strong>dung d<strong>in</strong>glicher Rechtsmacht (fiduziarischer Charakter), aus <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e schuldrechtliche Beschränkung<br />

<strong>der</strong> d<strong>in</strong>glichen Rechtsposition folgt; vgl. Buchholz, Abstraktionspr<strong>in</strong>zip, S. 12.<br />

74 Von allen Arten bietet <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schuldbrief auf den Inhaber, § 1195 BGB, die größte Verkehrsfähigkeit.<br />

Er hat jedoch ke<strong>in</strong>e praktische Bedeutung, ebenso wenig wie die Wertpapierhypothek;<br />

vgl. hierzu Staud<strong>in</strong>ger/Wolfste<strong>in</strong>er (2002), § 1195, Rn. 1; Baur/Stürner, Sachenrecht,<br />

18. Auflage 2009, § 47. Derartige Gr<strong>und</strong>pfandrechtsarten mit sehr hoher Verkehrsfähigkeit wurden<br />

<strong>in</strong> vielen Län<strong>der</strong>n entwickelt, kommen heute allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis kaum mehr vor.<br />

75 Buchholz, Abstraktionspr<strong>in</strong>zip, S. 11.<br />

76 Buchholz, Abstraktionspr<strong>in</strong>zip, S. 347.<br />

77 Buchholz, Wissenschaft <strong>und</strong> Kodifikation, S. 218 ff., zeigt e<strong>in</strong>drucksvoll die Entwicklungsgeschichte<br />

<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schuld vom 18. Jahrh<strong>und</strong>ert bis zu den Reformarbeiten für das BGB auf.<br />

Rechtsdogmatische Gr<strong>und</strong>satzdiskussionen <strong>und</strong> vor allem rechtspolitische Richtungswechsel<br />

führten dazu, dass die Gr<strong>und</strong>schuld <strong>in</strong> manchen Phasen die beherrschende Gr<strong>und</strong>pfandrechtsart<br />

darstellen, <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Phasen dagegen vollständig abgeschafft werden sollte.

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