Flexibilität, Sicherheit und Effizienz der Grundpfandrechte in Europa ...

Akzessorietätswirkungen 49
III. Akzessorietätswirkungen
Die Kernfrage der rechtlichen Konstruktion eines Kreditsicherungsrechts ist sein
Verhältnis zur gesicherten Forderung. Auch für eine Differenzierung zwischen den
Grundpfandrechten auf nationaler wie auf europäischer Ebene ist deshalb die Art der
rechtlichen Verbindung zwischen dem Grundpfandrecht und der gesicherten Forderung
das maßgebliche Kriterium. Nicht verwechselt werden darf die Akzessorietät
mit der Frage, ob der Bestellung des Grundpfandrechts eine wirksame causa zugrunde
liegen muss und ob ihr Fehlen die Wirksamkeit des Grundpfandrechts beeinflusst,
wie es in Diskussionen auf europäischer Ebene – insbesondere im Zusammenhang
mit der Thematik der Eurohypothek – jedoch immer wieder geschieht. 65
Nahezu alle europäischen Rechtsordnungen verfügen über Grundpfandrechte, die
eine sehr enge rechtliche Verbindung zu der Forderung aufweisen, die sie sichern.
Diese „Akzessorietät“ genannte Verbindung hat jedoch mannigfaltige konstruktive
Erscheinungsformen und unterschiedliche Auswirkungen, sodass sich eine undifferenzierte
Betrachtungsweise verbietet.
Die Arten oder Auswirkungen der Akzessorietät lassen sich nach den unterschiedlichen
Konfliktslagen unterscheiden, in denen das „geführte“ Recht (Grundpfandrecht)
an das „führende“ Recht (Forderung) anzupassen ist: 66
(1) Akzessorietät in der Entstehung: Das Grundpfandrecht entsteht nur, wenn auch
die gesicherte Forderung entsteht.
(2) Akzessorietät im Umfang: Der Umfang des Grundpfandrechts bestimmt sich
nach dem Umfang der gesicherten Forderung, z. B. nach deren Höhe.
(3) Akzessorietät in der Zuständigkeit: Dem Gläubiger der gesicherten Forderung
steht auch das Grundpfandrecht zu.
(4) Akzessorietät im Erlöschen: Erlischt die gesicherte Forderung (z. B. durch
Tilgung 67 ), dann erlischt auch das Grundpfandrecht.
(5) Akzessorietät in der Durchsetzung: Das Grundpfandrecht ist nur dann durchsetzbar,
wenn auch die gesicherte Forderung durchsetzbar ist. 68
65 Zur Differenzierung zwischen Akzessorietät und Abstraktheit des Sicherungsrechts und der
Frage nach der wirksamen causa für seine Bestellung vgl. Soergel/Stöcker, EU-Osterweiterung
und dogmatische Fragen des Immobiliarsachenrechts – Kausalität, Akzessorietät und Sicherungszweck,
ZBB 2002, 412–420; Köndgen/Stöcker, Die Eurohypothek – Akzessorietät als
Gretchenfrage?, ZBB 2005, S. 112 ff. (114); Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz
durch Abstraktion – eine rechtsvergleichende Studie zur abstrakten und kausalen Gestaltung
rechtsgeschäftlicher Zuwendungen anhand des deutschen, schweizerischen, österreichischen,
französischen und US-amerikanischen Rechts, 1996, S. 7 ff., 600 ff.; Baur/Stürner, Sachenrecht,
18. Auflage 2009, § 5 Rn. 40 ff. und § 36 Rn. 76a ff.
66 Vgl. hierzu bereits Medicus, Die Akzessorietät im Zivilrecht, JuS 1971, S. 497 ff.
67 Die Tilgung der Forderung führt dort zum Erlöschen der Hypothek, wo die Hypothek „bestandsakzessorisch“
ist, wie z. B. auch heute noch grundsätzlich (d. h. außerhalb der hypothèque
rechargeable) in Frankreich. Durch die Tilgung kann aber auch ein Unterfall der Zuständigkeitsakzessorietät
betroffen sein, wie z. B. bei der deutschen Hypothek, bei der das Erlöschen
der Forderung dazu führt, dass der Eigentümer die Hypothek erwirbt, die sich dann in eine
Eigentümergrundschuld umwandelt (§§ 1163 Abs. 1 Satz 2, 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB); daher
wird die deutsche Hypothek als „zuständigkeitsakzessorisch“ bezeichnet.