Flexibilität, Sicherheit und Effizienz der Grundpfandrechte in Europa ...

142 Bewertungssystem für die rechtlichen Rahmenbedingungen in Kontinentaleuropa
2004/2005 in Berlin durchgeführt hat 171 , haben zwar deutlich gemacht, dass eine
Harmonisierung der Grundpfandrechte nicht erforderlich ist, wenn eine einzige Bank
einem Kunden ein Darlehen gibt, das durch ein Grundpfandrecht an einer Immobilie
gesichert wird – und sich während der gesamten Laufzeit des Darlehens daran nichts
ändert. Allerdings wird diese einfache Struktur immer mehr zur Ausnahme. Denn
Immobilieninvestitionen sind und bleiben ihrer Natur nach langfristig, weil das
Kapital für ihre Finanzierung nur über lange Zeiträume zurückgeführt werden kann.
Die Zyklen wirtschaftlicher Veränderungen, die sich auch in den Finanzierungsstrukturen
niederschlagen, werden aber im gewerblichen wie im privaten Bereich immer
kürzer.
Heute werden grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen geändert, abgelöst, anfänglich
und nachträglich syndiziert, abgetreten, verbrieft, durch mehrere Objekte gesichert,
geteilt und teilweise verkauft. Maßnahmen der Refinanzierung, der Eigenkapitaloptimierung,
der Risikosteuerung und der Diversifikation machen es heute zunehmend
erforderlich, große Portfolios von Hypothekendarlehen zu übertragen.
Sobald die gesicherte Darlehensforderung von irgendeiner Änderung der Finanzierung
berührt ist, stellt sich sofort die Frage, welche Rechtsfolgen sich daraus für das
Grundpfandrecht ergeben. Wenn die Änderung darin besteht, dass die gesicherte Forderung
durch eine neue Forderung ersetzt wird (Novation), so hat dies bei einer akzessorischen
Hypothek grundsätzlich zur Folge, dass die alte Hypothek untergeht und
zur Sicherung der neuen Forderung eine neue Hypothek bestellt werden muss. Dies
löst Kosten und Gebühren aus, unter Umständen einen Rangverlust, und bedarf häufig
eines hohen Zeitaufwands.
Viele nationale Rechtsordnungen bieten Lösungen für einige dieser rechtlichen Probleme
an, häufig allerdings nur für spezielle Strukturen. 172 Generell zeigt sich eine
Tendenz zur Abschwächung der strengen Akzessorietät 173 , jedoch sehr uneinheitlich
für einzelne Fallgruppen, die jeweils unterschiedlich zugeschnitten sind. All diese
Lösungen sind konstruktiv schon schwierig genug auf nationaler Ebene, aber nahezu
unüberschaubar bei grenzüberschreitenden Fällen. 174 Daher sollte ein einheitliches
171 Vgl. hierzu sogleich unter 3.a.
172 In Frankreich wurden mehrfach Spezialbestimmungen für die Übertragung von Hypotheken geschaffen,
die jedoch jeweils nur für die dort geregelten Sonderfälle gelten; vgl. hierzu Kircher,
S. 241 ff.; Stöcker, Die Eurohypothek, S. 108 ff. Derartige Sonderbestimmungen wurden in
mehreren europäischen Ländern erlassen, um die Verbriefung von Hypothekarkrediten zu erleichtern,
so z. B. neben Frankreich auch in Belgien, Italien und Spanien, also gerade dort, wo
die Übertragung von Hypotheken zu Refinanzierungszwecken nach den allgemeinen Vorschriften
nur unter großem Aufwand machbar ist.
173 Zu dieser Tendenz zur Nicht-Akzessorietät vgl. bereits Stürner, Das Grundpfandrecht zwischen
Akzessorietät und Abstraktheit und die europäische Zukunft, Festschrift für Rolf Serick, 1992,
S. 377 ff.; nunmehr Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Auflage 2009, § 64 Rn. 14, 43, 60, 76 ff.,
85.
174 Dies wird deutlich an folgendem praktischen Beispiel: Das französische Recht für „obligations
foncières“ regelt, dass Hypotheken ohne Einhaltung der allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen
von der Mutterbank (originator) auf die hochspezialisierte Hypothekenbank-Tochter
übertragen werden können, die dann auf dieser Grundlage die französischen Covered Bonds
emittiert. Dies kann allerdings nur für französische Hypotheken gelten, da der französische
Gesetzgeber nicht das ausländische Hypotheken- und Grundbuchrecht mit dinglicher Wirkung
ändern kann. Das Auslandshypothekenkreditportfolio kann daher nicht in gleichermaßen effizienter
Weise über obligations foncières refinanziert werden. Anders ist dies beim deutschen
Refinanzierungsregister, das nur eine insolvenzrechtliche Zuordnung regelt, die sachenrechtliche
Zuordnung jedoch nicht berührt; vgl. Stöcker, Bankrechts-Handbuch, § 87, Rn. 95 und 103 ff.