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Innerdeutsche Beziehungen. Ost und West an ... - Peer Pasternack

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wenn berücksichtigt wird, dass dieser in der DDR auch wirtschaftsleitende<br />

Funktionen hatte: ein Großteil dieses Apparates ist heute (soweit nicht<br />

verrentet) in der Wirtschaft tätig.<br />

Gehen wir von der Selbstverständlichkeit aus, dass die Tr<strong>an</strong>sformation<br />

einer Gesellschaft immer um der Menschen willen stattfindet, die diese<br />

Gesellschaft bilden, d<strong>an</strong>n können Bewertungen nicht nur erfolgreichen<br />

Strukturtr<strong>an</strong>sfer bil<strong>an</strong>zieren (zumal im Wissenschaftsbereich selbst dieser<br />

gewissen Zweifeln unterliegt). Betrachten wir aber, was den ostdeutschen<br />

WissenschaftlerInnen der Umbruch gebracht hat, so ist zunächst zu konstatieren:<br />

Nahezu jede <strong>und</strong> jeder von ihnen hat seit 1990 eine Veränderung<br />

des beruflichen Status erfahren müssen. Die Aufwärtsmobilität (von<br />

der wissenschaftlichen Mitarbeiterin zur Professorin) war dabei signifik<strong>an</strong>t<br />

geringer als die Abwärtsmobilität (vom Wissenschaftler zum Vorruheständler,<br />

vom Professor zum sog. Professor alten Rechts, von der unbefristeten<br />

Oberassistentin zur befristeten Projektmitarbeiterin, vom Industrieforscher<br />

zum Versicherungsvertreter usw.). Im G<strong>an</strong>zen ist das ursprünglich<br />

tätige Personal stark dezimiert. Neben dieser Reduzierung ist<br />

das Personal deutlich vermännlicht <strong>und</strong> verwestlicht worden. 17 –<br />

M<strong>an</strong>cher gestaltende Akteur wurde <strong>an</strong>gesichts der Ergebnisse mitunter<br />

von Zweifeln geplagt. Inzwischen hat sich jedoch die Anschauung durchgesetzt,<br />

dass dies nun einmal so radikal nötig gewesen sei. Rainer M.<br />

Lepsius sprach 1999 auf einer Tagung in Dresden vom „Kohortenschicksal“,<br />

das mitunter einzelne Generation ereile. Er verglich die ostdeutschen<br />

Wissenschaftler mit Kriegsgenerationen: Letztere hätten immer überdurchschnittliche<br />

Todesopfer zu beklagen, was nicht wiedergutmachbar<br />

sei, <strong>und</strong> ebenso hätten die DDR-Wissenschaftler überdurchschnittlich berufliche<br />

Existenzopfer bringen müssen.<br />

Zwischenzeitliche Erfahrungen auf der persönlichen Ebene lassen bei<br />

vielen Beobachtern oder Gestaltern die radikalen Maßnahmen zusätzlich<br />

berechtigt erscheinen: Die ostdeutschen WissenschaftlerInnen, so die<br />

Wahrnehmung, passen habituell nicht so recht in den gewohnten akademischen<br />

Betrieb, sie gehören nur ausnahmsweise zu denjenigen, die unablässig<br />

neue Ideen versprühen, sie neigen eher zur Zurückhaltung, haben<br />

nicht so viele interess<strong>an</strong>te Kontakte, auch nach zehn Jahren noch nicht,<br />

wirken in ihren Denkweisen häufig ein wenig barock <strong>und</strong> im Argumentationsstil<br />

unbeholfen, sprechen einen weithin unbeliebten Dialekt (<strong>und</strong><br />

17 worauf erstmals Schluchter (1993, 13) hinwies.<br />

26<br />

hochschule ost 1/2001

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