Innerdeutsche Beziehungen. Ost und West an ... - Peer Pasternack
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Verunsicherung` zu akzeptieren.“ Eine „augenscheinliche Traditionalität<br />
in der Methodenorientierung“ f<strong>an</strong>d sich häufig erwähnt. „Viele ostdeutsche<br />
Kollegen haben Schwierigkeiten, neue methodische Ansätze aufzunehmen<br />
– oder überhaupt einen.“ (Sprachwissenschaftler W) Dies habe<br />
auch g<strong>an</strong>z praktische Folgen:<br />
„Da der Mittelbau im Gr<strong>und</strong>studium tätig ist <strong>und</strong> dort <strong>an</strong>dere nicht lehren<br />
können, um dem Mittelbau nicht die Arbeit wegzunehmen, fehlt d<strong>an</strong>n bei den St u-<br />
denten im Hauptstudium die Kenntnis der methodischen Vielfalt.“ (Literaturwissenschaftler<br />
W)<br />
Eine <strong>an</strong>dere häufig gen<strong>an</strong>nte Differenz betraf die unterschiedlichen<br />
Lehrkulturen. Ein ostdeutscher Dek<strong>an</strong> n<strong>an</strong>nte die vormalige DDR-Lehrkultur<br />
„stärker lehrerorientiert“. Zwei Konflikte ergäben sich dabei: Zum<br />
einen eine Neigung zu mehr Reglementierung zur Einhaltung der Regelstudienzeit,<br />
zum <strong>an</strong>deren tendierten die <strong>Ost</strong>deutschen „stärker zu m<strong>und</strong>gerechtem<br />
Darbieten, während die Wessis deutlicher auf die Anregung der<br />
Entwicklung eigener Positionen orientiert sind.“ Ein Institutsdirektor (Geschichtswissenschaft<br />
W) erwähnte, er habe als Gründungsprofessor zunächst<br />
einmal die bis dahin übliche Testierung der Vorlesungen abgeschafft.<br />
Ein ostdeutscher Literaturwissenschaftler sah die Einheimischen<br />
„eher auf Studienerfolg orientiert“. Differenzierend meinte ein Berliner<br />
Institutsdirektor (W):<br />
„M<strong>an</strong>che der <strong>West</strong>deutschen kamen aus Unis mit sehr unstrukturierten Studiengängen<br />
<strong>und</strong> waren von daher g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>genehm überrascht über die hiesige Situation.<br />
Zugleich genossen die Ossis stark die Freiheit der Lehre. Wiederum zugleich<br />
hatten aber auch die <strong>Ost</strong>-Professoren die Studien- <strong>und</strong> Prüfungsordnungen<br />
von FU <strong>und</strong> TU abgeschrieben.“<br />
Hier kl<strong>an</strong>gen zahlreiche <strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-Differenzen <strong>an</strong>. Diese wurden freilich<br />
auch häufig von Gesprächspartnern bestritten. In den Interviewverlauf<br />
eingebaute Kontrollfragen ergaben indes fast immer auch in deren<br />
Einrichtungen bestehende, oft unterschwellige Differenzen. Völlige Eintracht,<br />
zumindest im <strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-Fokus, herrschte wohl nur in solchen Instituten,<br />
deren <strong>Ost</strong>personal-Anteil gegen Null ging. „Ein Zusammenraufen<br />
ist fast nirgends notwendig, da kaum <strong>Ost</strong>-Professoren da sind“, formulierte<br />
es ein Historiker <strong>und</strong> Dek<strong>an</strong> (W). Zudem schienen deutliche Fächerunterschiede<br />
durch. Zuvörderst in den Kleinen Fächern tauchten Äußerungen<br />
auf, wie: „Ich habe noch nie so harmonisch in meinem Leben<br />
gearbeitet“ (ein Musikwissenschaftler W), oder: „Die Zusammenarbeit<br />
verläuft ausgesprochen harmonisch, es ist kaum bemerkbar, woher die<br />
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hochschule ost 1/2001