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European Conference on combating racism at European level DE

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Beiträge (vollständig)<br />

Jean-Michel BELORGEY<br />

C<strong>on</strong>seiller d'Ét<strong>at</strong> (Frankreich)<br />

Vorab möchte ich etwas klarstellen: Im<br />

Unterschied zu meinen Vorrednern spreche ich<br />

nicht im Namen einer Instituti<strong>on</strong> und vor allem<br />

nicht für die Instituti<strong>on</strong>, mit deren Namen ich im<br />

Programm aufgeführt bin, s<strong>on</strong>dern, wie meine<br />

hier anwesenden Mitbürger bzw. Landsleute<br />

Youssef Camara, Hansu Yalaz und Marie Poinsot,<br />

nur für mich persönlich, wenn man einmal dav<strong>on</strong><br />

absieht, daß ich im Februar vergangenen Jahres<br />

im Auftrag der Ministerin für Beschäftigung und<br />

Solidarität einen Bericht über instituti<strong>on</strong>elle<br />

Str<strong>at</strong>egien zur Bekämpfung v<strong>on</strong> Diskriminierungen<br />

vorgelegt habe, dessen Denkans<strong>at</strong>z in mehr<br />

als einem Punkt mit der heute v<strong>on</strong> der<br />

Kommissi<strong>on</strong> vertretenen Linie übereinstimmt –<br />

was zweifellos erklärt, warum ich eingeladen<br />

wurde, hier vor Ihnen zu sprechen.<br />

Um nicht zu weit auszuholen, scheint es mir sinnvoll,<br />

zunächst eine kurze Bestandsaufnahme vorzunehmen,<br />

die ich dank der Ausführungen meiner<br />

Vorredner, insbes<strong>on</strong>dere Herrn Leitaos, vereinfachen<br />

kann. Sodann möchte ich kurz in Erinnerung<br />

rufen, welchen Weg Europa in den letzten sechs<br />

Jahren zurückgelegt h<strong>at</strong>, und schließlich betrachten,<br />

unter welchen Bedingungen die ins Auge<br />

gefaßten Initi<strong>at</strong>iven gedeihen können.<br />

1. Die Bestandsaufnahme muß, glaube ich, den<br />

erstaunlichen Widerspruch hervorheben zwischen<br />

einerseits den intern<strong>at</strong>i<strong>on</strong>alen Verpflichtungen, die<br />

die Mitglieder der europäischen Sta<strong>at</strong>engemeinschaft<br />

– der Europäischen Uni<strong>on</strong> und darüber<br />

hinaus des Europar<strong>at</strong>s – eingegangen sind,<br />

sowie den geltenden Rechtsvorschriften in den<br />

Verfassungen und Gesetzen dieser Länder und<br />

andererseits dem Fortbestehen erheblicher realer<br />

Diskriminierungen v<strong>on</strong> Menschen aufgrund ihrer<br />

n<strong>at</strong>i<strong>on</strong>alen oder ethnischen Herkunft oder ihrer<br />

Religi<strong>on</strong>szugehörigkeit. Mir ist klar, daß wir nicht<br />

hier sind, um über die – meiner Meinung nach zu<br />

zahlreichen – rechtlichen Diskriminierungen zu<br />

sprechen, die es immer noch in einigen<br />

Mitgliedsta<strong>at</strong>en, darunter dem meinen, gegenüber<br />

Ausländern gibt, auch wenn zwischen rechtlichen<br />

Diskriminierungen und rechtswidrigen Diskriminierungen<br />

in der Praxis n<strong>at</strong>ürlich Verbindungen,<br />

Ähnlichkeiten, Beeinflussungen bestehen, über die<br />

sich im übrigen, wenn wir mehr Zeit zur<br />

Verfügung hätten, eine Aussprache lohnen würde.<br />

Es ist vielmehr unsere Aufgabe, festzustellen, in<br />

welchem Maße Inländer ausländischer Herkunft<br />

und Ausländer im Beschäftigungsbereich (in<br />

bezug auf Einstellung, Karriere, Bezahlung und<br />

Aufgaben), in der allgemeinen und beruflichen<br />

Bildung, auf dem Wohnungsmarkt und im<br />

Zusammenhang mit öffentlichen Dienstleistungen<br />

(Polizei, Justiz, Finanzämtern) sowie in bezug auf<br />

Religi<strong>on</strong>sfreiheit und Religi<strong>on</strong>sausübung v<strong>on</strong><br />

unmittelbaren, expliziten, feindseligen Diskriminierungen<br />

und mittelbaren, impliziten, gewohnheitsmäßigen,<br />

althergebrachten, in gewisser<br />

Weise n<strong>at</strong>ürlichen Diskriminierungen betroffen<br />

sind. Vielleicht noch erschreckender als das<br />

Fortbestehen solcher Diskriminierungen den<br />

Gesetzen zum Trotz sind die kraftlosen straf- und<br />

zivilrechtlichen Gegenmaßnahmen allgemeinen<br />

oder spezifischen Charakters, die in einigen<br />

Ländern, darunter dem meinen, ergriffen werden,<br />

um Diskriminierungen zurückzudrängen.<br />

Erschreckend ist auch, welch geringe Wirkung die<br />

Integr<strong>at</strong>i<strong>on</strong>sstr<strong>at</strong>egien entfalten, bei denen im<br />

übrigen, wenn sie mit erhobenem Zeigefinger<br />

daherkommen und Anpassung an die Kultur und<br />

die Lebensweise des Aufnahmelandes verlangen,<br />

zu befürchten ist, daß sie Rassismus eher fördern<br />

als bekämpfen.<br />

Man kann alle oder einige dieser Erscheinungen<br />

den bitteren Folgen der Dekol<strong>on</strong>ialisierung, dem<br />

verschärften Wettbewerb zwischen Teilhabern an<br />

den gesellschaftlichen Gütern in Zeiten der Krise,<br />

dem Fortbestehen oder Wiederaufleben sozialer<br />

Unterschiede und/oder der Angst vor einer mit der<br />

Zuwanderung verbundenen Übertragung der wirtschaftlichen<br />

und politischen Unterentwicklung auf<br />

unsere Länder zurechnen. Worauf diese Situ<strong>at</strong>i<strong>on</strong><br />

auch immer zurückzuführen ist, sie kann nicht<br />

toleriert werden. Sie ist für das Leiden einzelner<br />

Menschen und die Destabilisierung der<br />

Gesellschaft verantwortlich und deshalb gilt es,<br />

Gegenmittel zu finden. Wie leicht oder schwer dies<br />

fällt, hängt jedoch dav<strong>on</strong> ab, ob man bereit ist, die<br />

Sache beim Namen zu nennen und einzuschätzen.<br />

Denn, wie unsere britischen Freunde sagen, was<br />

man nicht kennt, kann man nicht beherrschen,<br />

und, so könnte man ergänzen, es ist sehr schwer,<br />

zu kennen oder auch nur beim Namen zu nennen,<br />

was man nicht einschätzen kann oder will. Nun ist<br />

die Weigerung, das Problem beim Namen zu nennen,<br />

wenn sie ihre Rechtfertigung in abstrakten<br />

Rechtsgrundsätzen wie der Ablehnung jedweder<br />

Unterscheidung aufgrund des Geschlechts, der<br />

Rasse oder n<strong>at</strong>i<strong>on</strong>alen Herkunft sucht, häufig<br />

nicht nur nicht in der Lage, Unterscheidungen und<br />

Diskriminierungen in der Realität zu verhindern,<br />

s<strong>on</strong>dern sie trägt darüber hinaus auch noch dazu<br />

bei, die Lage der Opfer zu verschlimmern, denen<br />

vorgeworfen wird, auf verbotene, rechtswidrige<br />

und plumpe Unterscheidungen zu pochen, was<br />

bisweilen in einer grotesken Sackgasse mündet.<br />

2. Angesichts dieser Situ<strong>at</strong>i<strong>on</strong> ist Europa n<strong>at</strong>ürlich<br />

nicht t<strong>at</strong>enlos geblieben. Der Europar<strong>at</strong> h<strong>at</strong> bei<br />

mehreren Gelegenheiten auf die Notwendigkeit<br />

hingewiesen,<br />

• den Zuwanderern Vermittlungsdienste und eine<br />

Vertretung ihrer Interessen anzubieten, wenn sie<br />

ungerecht behandelt werden, und<br />

• ihre Teilhabe am öffentlichen Dienst und an den<br />

Medien spürbar zu verbessern.<br />

Der Europar<strong>at</strong> beabsichtigt, die Bestimmungen<br />

des Artikels 14 der Europäischen Menschenrechtsk<strong>on</strong>venti<strong>on</strong><br />

zu verschärfen.<br />

In der Europäischen Uni<strong>on</strong> ist seit 1994 ein energischeres<br />

Vorgehen erkennbar – unabhängig v<strong>on</strong><br />

Artikel 14 des Vertrags v<strong>on</strong> Amsterdam, dessen<br />

Wortlaut uns eben noch einmal in Erinnerung<br />

gerufen wurde und der dem auf Vorschlag der<br />

Kommissi<strong>on</strong> handelnden R<strong>at</strong> neue Befugnisse<br />

überträgt:<br />

• Anläßlich des Europäischen R<strong>at</strong>es v<strong>on</strong> Korfu<br />

1994 wurde die Ber<strong>at</strong>ende Kommissi<strong>on</strong><br />

"Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" eingerichtet.<br />

• Anläßlich des "Gipfeltreffens des sozialen<br />

Dialogs" am 21. Oktober 1995 in Florenz wurde<br />

die Gemeinsame Erklärung der Sozialpartner zur<br />

Verhütung der Rassendiskriminierung und<br />

Fremdenfeindlichkeit sowie zur Förderung der<br />

Gleichbehandlung am Arbeitspl<strong>at</strong>z verabschiedet.<br />

• Im Juni 1997 wurde die Europäische Stelle zur<br />

Beobachtung v<strong>on</strong> Rassismus und Fremdenfeindlichkeit<br />

eingerichtet.<br />

• 1998 h<strong>at</strong> das Europäische Parlament das<br />

Dokument "V<strong>on</strong> der Chancengleichheit v<strong>on</strong><br />

Frauen und Männern zur Bekämpfung v<strong>on</strong><br />

Rassismus" erstellt, das Vorschläge für eine<br />

"Antidiskriminierungsrichtlinie" und zur<br />

Einrichtung v<strong>on</strong> unabhängigen Stellen in den<br />

Mitgliedsta<strong>at</strong>en enthält, deren Aufgabe insbes<strong>on</strong>dere<br />

darin bestünde, Pers<strong>on</strong>en, die sich als<br />

Opfer v<strong>on</strong> Diskriminierung sehen, rechtliche und<br />

finanzielle Hilfe zu gewähren, sowie Vorschläge<br />

zur Schaffung v<strong>on</strong> zivilrechtlichen Rechtsmitteln,<br />

da "strafrechtliche Bestimmungen allein<br />

keine wirksame Waffe im Kampf gegen<br />

Rassendiskriminierung darstellen".<br />

• Im März 1998 legte die Kommissi<strong>on</strong> eine<br />

Mitteilung über einen "Akti<strong>on</strong>splan gegen<br />

Rassismus" vor, die neben verschiedenen<br />

Maßnahmen zum Austausch v<strong>on</strong> Erfahrungen<br />

und zur Förderung v<strong>on</strong> Akti<strong>on</strong>en zur<br />

Bekämpfung v<strong>on</strong> Rassismus auf dem<br />

Arbeitsmarkt und darüber hinaus auch die<br />

32 K<strong>on</strong>ferenz Bekämpfung des Rassismus auf europäischer Ebene • Bericht

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