Kinetische Untersuchung schneller Reaktionen - Physikalische und ...
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Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 1<br />
<strong>Kinetische</strong> <strong>Untersuchung</strong> <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong><br />
Es soll die Geschwindigkeit der Komplexbildung des Eisenthiocyanat-Komplexes FeSCN 2+<br />
in Abhängigkeit vom pH-Wert bestimmt werden. Diese Reaktion läuft auf einer Millisek<strong>und</strong>en-Zeitskala<br />
ab. Daher wird sie mit einer sogenannten Stopped-Flow-Apparatur mittels optischer<br />
Absorptionsmessungen durchgeführt. Aus den optischen Messungen wird die Geschwindigkeitskonstante<br />
k obs des Reaktionssystems in Abhängigkeit vom pH-Wert bestimmt.<br />
Daraus werden anschließend die Geschwindigkeitskonstanten k 1 , k −1 , k 2 <strong>und</strong> k −2 der zugr<strong>und</strong>e<br />
liegenden Elementarreaktionen berechnet.<br />
Stichworte<br />
Reaktionskinetik (1. Ordnung, pseudo-erster Ordnung, 2. Ordnung), <strong>Untersuchung</strong>smethoden<br />
für schnelle <strong>Reaktionen</strong>, Lambert-Beersches Gesetz, Transmission, Absorption, Extinktion,<br />
molekulare Absorption <strong>und</strong> Emission von Licht, Messmöglichkeiten für Konzentrationen<br />
Die Elementarreaktion<br />
Dem beobachteten Reaktionssystem liegt folgende Elementarreaktion zugr<strong>und</strong>e:<br />
Fe 3+ + SCN − → FeSCN 2+ (1)<br />
Die Elementarreaktion (1) ist eine Reaktion 2. Ordnung. Allgemein gilt für die Ab- bzw. die<br />
Aufbaugeschwindigkeit des Edukts SCN − bzw. des Produkts FeSCN 2+ :<br />
−<br />
SCN<br />
= −k1c<br />
− c 3+<br />
SCN Fe<br />
dt<br />
dc 2+<br />
FeSCN<br />
bzw. = + k1c<br />
− c 3+<br />
SCN Fe<br />
dt<br />
dc<br />
(2a)<br />
(2b)<br />
mit der Geschwindigkeitskonstanten k 1 <strong>und</strong> den Konzentrationen c i der Reaktanten i. Die Reaktion<br />
kann jedoch durch ein Zeitgesetz 1. Ordnung beschrieben werden, wenn ein Reaktionspartner<br />
(hier Fe 3+ ) im Überschuss vorhanden ist (pseudo-erster Ordnung). Die Konzentration<br />
des im Überschuss vorliegenden Fe 3+ -Ions bleibt dann während der Reaktion praktisch<br />
unverändert, so dass sie in die Geschwindigkeitskonstante k 1 ' mit einbezogen werden kann:<br />
dc<br />
−<br />
SCN<br />
dt<br />
= −k1'c<br />
−<br />
SCN<br />
mit k 1 ' = k 1 c Fe<br />
3+<br />
(3)<br />
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Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />
TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie
Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 2<br />
Durch Integrieren <strong>und</strong> Umformen von Gleichung (3) erhält man folgenden Zusammenhang<br />
für den Abbau des Edukts SCN - :<br />
c<br />
SCN<br />
−<br />
(t) = c −<br />
SCN<br />
(t ) ⋅e<br />
0<br />
−k<br />
'(t−t<br />
)<br />
1<br />
0<br />
(4)<br />
wie er in Abb. 1 dargestellt ist.<br />
Konzentration c<br />
c SCN -<br />
c FeSCN<br />
2+<br />
Zeit t<br />
Abb. 1:<br />
zeitlicher Konzentrationsverlauf für den Abbau des Thyocanations SCN − <strong>und</strong> den Aufbau des<br />
Eisenthiocyanatkomplexes FeSCN 2+<br />
Da für jeden erzeugte Eisenthiocyanatkomplexes FeSCN 2+ genau ein Thyocanations SCN −<br />
verbraucht wird, gilt:<br />
c<br />
FeSCN 2<br />
(t) = c (t ) c (t )<br />
(5)<br />
−<br />
−<br />
+ −<br />
SCN<br />
0<br />
SCN<br />
Dabei wird vorausgesetzt, dass zum Zeitpunkt t 0 noch keine Produkte vorhanden waren. Wird<br />
darüber hinaus t 0 = 0 gesetzt, so erhält man für die Zeitabhängigkeit des Produktaufbaus:<br />
c<br />
−k1't<br />
( 1−<br />
)<br />
0<br />
2 (t) = c − ⋅ e<br />
FeSCN<br />
SCN<br />
+ (6)<br />
Die Aufbaugeschwindigkeit des Produkts nach Gl. (6) ist ebenfalls in Abb. 1 dargestellt.<br />
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Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 3<br />
Das Gesamt-Reaktionssystem<br />
In Wirklichkeit sind die Verhältnisse etwas komplizierter. Zum ersten muss die Rückreaktion<br />
FeSCN 2+ → Fe 3+ + SCN − (7)<br />
mit der Geschwindigkeitskonstanten k -1 berücksichtigt werden. Zweitens spielt der Hydroxokomplex<br />
Fe(OH) 2+ eine wichtige Rolle:<br />
Fe(OH) 2+ + SCN − Fe(OH)(SCN) + , (8)<br />
der seinerseits einen Thiocyanatkomplex ausbildet. Für Reaktion (8) gelten die Geschwindigkeitskonstanten<br />
k 2 <strong>und</strong> k -2 . Das Gleichgewicht zwischen dem Fe 3+ -Ion <strong>und</strong> dem jeweiligen<br />
Hydroxokomplex stellt sich dabei sowohl auf der Edukt- als auch auf der Produktseite sehr<br />
viel <strong>schneller</strong> ein, als die <strong>Reaktionen</strong> (1), (7) <strong>und</strong> (8) ablaufen, da es sich dabei eigentlich um<br />
einen Protonentransfer im sechsfach koordinierten Fe 3+ -Ion handelt:<br />
Fe(H 2 O) 6 3+ Fe(H 2 O) 5 (OH) 2+ + H + (9)<br />
Das sich daraus ergebende Gesamt-Reaktionssystem ist in Abbildung 2 dargestellt.<br />
Fe(H 2<br />
O) 6<br />
3+<br />
+ SCN −<br />
k 1<br />
k -1<br />
Fe(H 2<br />
O) 5<br />
(SCN) 2+ + H 2<br />
O<br />
K a1<br />
K a2<br />
Fe(H 2<br />
O) 5<br />
(OH) 2+ + H + + SCN −<br />
k 2<br />
k -2<br />
Fe(H 2<br />
O) 4<br />
(OH)(SCN) + + H + + H 2<br />
O<br />
Abb. 2:<br />
Übersicht über das komplexe Gesamt-Reaktionssystem<br />
Die Protonentransfer-Gleichgewichte bleiben während des gesamten Reaktionsverlaufs gewahrt<br />
<strong>und</strong> werden durch die Gleichgewichtskonstanten K a1 <strong>und</strong> K a2 beschrieben. Der Übersichtlichkeit<br />
halber werden die Wassermoleküle jedoch im Folgenden weg gelassen. Die Thiocyanatkomplex-Gleichgewichte<br />
stellen sich erst am Ende der Reaktion ein <strong>und</strong> werden durch<br />
die Gleichgewichtskonstanten K 1 = k 1 /k -1 <strong>und</strong> K 2 = k 2 /k -2 beschrieben. Für K a1 <strong>und</strong> K a2 gilt<br />
dabei:<br />
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Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 4<br />
c 2+<br />
c +<br />
Fe(OH) H<br />
K<br />
a1<br />
=<br />
bzw.<br />
c<br />
Fe<br />
3+<br />
c<br />
+ c +<br />
Fe(OH)(SCN) H<br />
K<br />
a 2<br />
=<br />
(10)<br />
c<br />
2+<br />
Fe(SCN)<br />
Bei Betrachtung der <strong>Reaktionen</strong> (1), (7) <strong>und</strong> (8), die alle die SCN—Konzentration beeinflussen,<br />
erhält man:<br />
dc<br />
−<br />
SCN<br />
dt<br />
= −k1c<br />
− c + + k<br />
− 1c<br />
2+<br />
− k<br />
2c<br />
− c 2+<br />
+ k<br />
−2c<br />
+<br />
SCN Fe<br />
Fe(SCN)<br />
SCN Fe(OH)<br />
Fe(OH)(SCN)<br />
3 (11)<br />
Die unbekannten Konzentrationen der Hydroxokomplexe können mittels der Gleichgewichtskonstanten<br />
(10) eliminiert werden:<br />
dc −<br />
K c K<br />
a 2c<br />
2+<br />
SCN<br />
Fe(SCN)<br />
= −k1c<br />
− c 3 + + k<br />
k<br />
SCN Fe<br />
−2<br />
(12)<br />
dt<br />
c<br />
a1 3+<br />
Fe<br />
− 1c<br />
2+<br />
− k<br />
2c<br />
− +<br />
Fe(SCN)<br />
SCN<br />
c +<br />
H<br />
+<br />
H<br />
Für Fe 3+ -Überschuss <strong>und</strong> konstante Protonenkonzentration (gepufferte Systeme) lassen sich<br />
Hin- <strong>und</strong> Rückreaktionen wie folgt zusammenfassen:<br />
dc<br />
−<br />
SCN<br />
dt<br />
= −k<br />
hc<br />
− + k<br />
rc<br />
2+<br />
SCN Fe(SCN)<br />
(13)<br />
⎛ ⎞<br />
mit ⎜<br />
Ka1<br />
k<br />
h<br />
= k +<br />
⎟⎟ 3+<br />
1<br />
k<br />
2<br />
c <strong>und</strong><br />
Fe<br />
+<br />
⎝ cH<br />
⎠<br />
⎛<br />
⎞<br />
⎜<br />
Ka 2<br />
k = + ⎟<br />
r<br />
k<br />
−1<br />
k<br />
−2<br />
.<br />
+<br />
⎝ cH<br />
⎠<br />
Wird jetzt berücksichtigt, dass gemäß Gl. (5) jedes verbrauchte SCN − -Ion genau ein<br />
Fe(SCN) 2+ -Ion erzeugt <strong>und</strong> umgekehrt, so erhält man für (13):<br />
dc<br />
−<br />
SCN<br />
dt<br />
dc<br />
2+<br />
Fe(SCN)<br />
dt<br />
dc<br />
2+<br />
Fe(SCN)<br />
0<br />
= − = −k<br />
hc<br />
− + k<br />
hc<br />
2+<br />
+ k<br />
rc<br />
2+<br />
SCN<br />
Fe(SCN)<br />
Fe(SCN)<br />
dt<br />
( k + k ) c<br />
+<br />
0<br />
= k<br />
hc<br />
− −<br />
h r<br />
2<br />
SCN<br />
Fe(SCN)<br />
(14a)<br />
(14b)<br />
was sich durch Trennung der Variablen integrieren lässt:<br />
c<br />
Fe(SCN )<br />
(t)<br />
2+<br />
dc<br />
∫ =<br />
0<br />
k c −<br />
2+<br />
Fe(SCN)<br />
( k + k ) c<br />
∫<br />
2+<br />
0 h −<br />
SCN h r Fe(SCN)<br />
t<br />
0<br />
dt<br />
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( k k )<br />
0<br />
1 ⎛ k<br />
hc<br />
− −<br />
h<br />
+<br />
ln⎜<br />
SCN<br />
0<br />
− (k<br />
h<br />
+ k<br />
r<br />
) ⎜ k<br />
hc<br />
⎝<br />
−<br />
SCN<br />
r<br />
c<br />
2+<br />
Fe(SCN)<br />
⎞<br />
⎟ = t<br />
⎟<br />
⎠<br />
k<br />
h<br />
c<br />
0<br />
SCN<br />
0 −(k<br />
h + k r ) t<br />
( k + k ) c<br />
2+<br />
k c − e<br />
− −<br />
=<br />
h<br />
h<br />
r<br />
r<br />
Fe(SCN)<br />
h<br />
SCN<br />
0<br />
kc<br />
h −<br />
SCN − (kh+<br />
k r)t<br />
−kobst<br />
c 2+<br />
=<br />
Fe(SCN)<br />
( 1− e ) = B<br />
0(1−e ) (15)<br />
k + k<br />
Die gr<strong>und</strong>sätzliche funktionelle Abhängigkeit in Gl.(15) ist dieselbe wie in Gl.(6), mit dem<br />
Unterschied, dass die Abklingzeit nicht mehr direkt durch die Geschwindigkeitskonstante k 1<br />
der Elementarreaktion gegeben ist, sondern durch die Geschwindigkeitskonstante k obs des<br />
Gesamtsystems, für die gilt:<br />
⎛ ⎞ ⎛<br />
⎞<br />
k obs = k h + k r = ⎜<br />
K<br />
a1 ⎟ + ⎜<br />
K<br />
a 2<br />
k + ⎟<br />
1<br />
+ k<br />
2<br />
c 3 + k<br />
Fe<br />
−1<br />
k<br />
−2<br />
(16a)<br />
+<br />
+<br />
⎝ cH<br />
⎠ ⎝ cH<br />
⎠<br />
1<br />
k obs = ( k1c<br />
3 + + k<br />
− 1) + ( k<br />
2K<br />
a1c<br />
3+<br />
+ k<br />
−2K<br />
a2<br />
)<br />
(16b)<br />
Fe<br />
Fe<br />
c<br />
H<br />
+<br />
k obs kann aus der Messung der Produktkonzentration direkt experimentell bestimmt werden<br />
<strong>und</strong> ist abhängig von der Wasserstoffionenkonzentration. Führt man den Versuch bei verschiedenen<br />
pH-Werten durch, so ergibt die Auftragung von k obs gegen 1/c H + gemäß Gl.(16b)<br />
eine Gerade. Sind die Gleichgewichtskonstanten K 1 , K 2 , K a1 <strong>und</strong> K a2 sowie die Fe 3+ -<br />
Konzentration <strong>und</strong> der pH-Wert bekannt, so können die Geschwindigkeitskonstanten k 1 , k -1 ,<br />
k 2 <strong>und</strong> k -2 der Elementarreaktionen aus der Steigung sowie dem y-Achsen-Abschnitt der Geraden<br />
ermittelt werden.<br />
Optische Bestimmung der Produktkonzentration<br />
Diese Reaktion kann gut über Absorbanzmessungen 1 verfolgt werden, da die farblosen Edukte<br />
Fe 3+ <strong>und</strong> SCN − zum Komplex FeSCN 2+ mit starker roter Färbung (Absorption bei 460 nm)<br />
umgesetzt werden. Während der Reaktion ergibt sich daher eine gut messbare Änderung der<br />
transmittierten bzw. der absorbierten Lichtintensität nach dem Lambert-Beerschen Gesetz.<br />
(Näheres dazu s. Skript "UV-VIS-Spektroskopie"). Direkt beobachtet wird dabei der Aufbau<br />
1<br />
Absorbanz wird häufig noch als Extinktion oder optische Dichte bezeichnet. Beide Ausdrücke sind veraltet.<br />
(s. S.E. Braslavsky, Pure Appl. Chem., Vol. 79, No. 3, pp. 293–465, 2007)<br />
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des Produkts, weswegen in den vorangegangenen Abschnitten dessen Bildungsgeschwindigkeit<br />
untersucht worden ist.<br />
Die Bestimmung der Produktkonzentration erfolgt über die Messung der Lichttransmission.<br />
Allgemein ist der Zusammenhang zwischen transmittiertem Licht I t <strong>und</strong> eingestrahltem Licht<br />
I 0 durch das Lambert-Beersche Gesetz gegeben:<br />
I (t) = I e<br />
t<br />
0<br />
− ε⋅c<br />
2 (t) ⋅d<br />
Fe(SCN )<br />
+<br />
(17)<br />
Dabei sind ε der molare Absorptionskoeffizient, c i (t) die zeitlich veränderliche Konzentration<br />
der absorbierenden Substanz nach Gl.(15) <strong>und</strong> d die Schichtdicke der Probe. Setzt man Gl.<br />
(15) in (17) ein, erhält man im Exponenten der Exponentialfunktion auf der rechten Seite von<br />
(17) wiederum eine Exponentialfunktion. Es ist daher sinnvoll, den Logarithmus der transmittierten<br />
Intensität I t zu betrachten:<br />
−kobs<br />
( ) ( ) 2+<br />
( )<br />
ln I (t) ln I c (t)d ln I B d B de<br />
t<br />
t<br />
=<br />
0<br />
−ε =<br />
Fe(SCN)<br />
0<br />
−ε<br />
0<br />
+ε<br />
0<br />
(18)<br />
Fittet man die Funktion y = y 0 + Ae -t/τ an ln(I t (x)) an, so erhält man die Geschwindigkeitskonstante<br />
k obs aus dem Parameterwert für τ: k obs = 1/τ (mit y 0 = ln(I 0 )−εB 0 d <strong>und</strong> A = εB 0 d).<br />
Ausführung <strong>und</strong> Auswertung der Messungen<br />
Chemikalien (wässrige Gr<strong>und</strong>lösungen):<br />
A: 1M HClO 4 (167 g 60 %-ige HClO 4 in 1000 ml Lösung )<br />
B: 0,1M Fe 3+ −Lösung (48,2 g Eisenammoniumsulfat in 200 ml 1 m HClO 4 in<br />
1000ml Lösung)<br />
C: 1M NaClO 4 −Lösung (140,5 g Natriumperchlorat in 1 l Lösung)<br />
D: 0,01M SCN−Lösung (0,972 g Kaliumthiocyanat in 1 l Lösung)<br />
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Lösung A B C D<br />
ml ml ml ml<br />
X 1 0 10 38 0<br />
X 2 2 10 36 0<br />
X 3 4 10 34 0<br />
X 4 10 10 28 0<br />
X 5 20 10 18 0<br />
Y 0 0 40 10<br />
Aus A <strong>und</strong> C stellen Sie Ihre Pufferlösungen her. B sorgt für die Zugabe von Fe 3+ im Überschuss.<br />
Aus den Gr<strong>und</strong>lösungen A bis D werden jeweils 100 ml der folgenden Mischungen<br />
hergestellt. Das an 100 ml fehlende Volumen ist mit dest. Wasser aufzufüllen:<br />
Der pH−Wert der Lösungen X 1 bis X 5 wird mit einem pH-Meter nach Rücksprache mit dem<br />
Assistenten bestimmt. Berechnen Sie aus dem pH-Wert die Konzentration der H + −Ionen <strong>und</strong><br />
denken Sie daran, dass die Lösungen im Verhältnis 1:1 gemischt werden.<br />
Versuchsbeschreibung<br />
Den gr<strong>und</strong>sätzlichen Versuchsaufbau zeigt Abb. 3. Bei der Stopped-Flow-Methode befinden<br />
sich die Lösungen X {1-5} <strong>und</strong> Y in zwei Spritzen, die zum Zeitpunkt t = 0 schlagartig in<br />
eine Mischkammer entleert werden. Dieses wird beim Versuch manuell durchgeführt. Dabei<br />
durchmischen sich die beiden Reaktionslösungen <strong>und</strong> kommen anschließend in eine Küvette.<br />
Nach Ablauf des Mischvorgangs, der nur wenige Millisek<strong>und</strong>en in Anspruch nimmt, kann der<br />
Reaktionsverlauf in der Küvette durch die Messung der Absorption (Lambert-Beersches Gesetz)<br />
des sich bildenden Eisenthiocyanatkomplexes verfolgt werden. Dazu wird das Licht<br />
einer blauen Leuchtdiode durch die Lösung hindurchgestrahlt, hinter der das transmittierte<br />
Licht von einem Detektor (Photozelle) registriert wird.<br />
Der Detektor setzt die Intensitätsänderung des transmittierten Lichtes I t (t) in ein elektrisches<br />
Signal um, das von einem digitalen Speicheroszilloskop (DSO) über der Zeit aufgetragen<br />
wird. Der Versuchsaufbau im Praktikum weicht etwas von Ab. 3 ab. Die Stoppspritze entfällt<br />
<strong>und</strong> das Oszilloskop wird durch einen Schalter am Schieber getriggert, wenn die Spritzen bis<br />
zum Anschlag eingeschoben sind.<br />
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Abb. 3: Gr<strong>und</strong>sätzlicher experimenteller Aufbau einer Stopped-Flow-Apparatur. Der Praktikumsaufbau folgt<br />
weitgehend diesem Schema.<br />
Versuchsdurchführung<br />
0. Wenden Sie niemals Gewalt an, um die Spritzen zu bewegen! Diese sind aus Glas <strong>und</strong><br />
leicht zerbrechlich. Sollten Sie sich nicht leicht bewegen lassen, liegt wahrscheinlich<br />
eine verkehrte Einstellung der Drei-Wege-Hähne vor. Wird durch Korrigieren der<br />
Hahn-Einstellungen das Problem nicht beseitigt, wenden Sie sich an Ihren Assistenten<br />
oder an Ihre Assistentin!<br />
1. Stellen Sie wie oben beschrieben ihre 5 Messlösungen (je 100ml) her. Verwenden Sie<br />
dazu die vorhandenen Gr<strong>und</strong>lösungen (A – D).<br />
2. Durchführung der Messungen / Einstellung des Oszilloskops<br />
Schalten Sie mit dem schwarzen Kippschalter die Lichtquelle (eine blaue LED) ein<br />
<strong>und</strong> verbinden Sie Signal- <strong>und</strong> Triggerausgang des Steuergeräts mittels zweier BNC-<br />
Kabel mit dem DSO. Schalten Sie das DSO ein <strong>und</strong> bereiten Sie es, wie nachfolgend<br />
beschrieben, für die Messungen vor (Einstellung der Empfindlichkeit, der Triggerung<br />
<strong>und</strong> der Zeitbasis).<br />
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a) Empfindlichkeitseinstellung<br />
Wenn Licht auf den Detektor fällt, wird am Oszilloskop-Eingang ein negatives Spannungssignal<br />
erzeugt. Ohne Licht liegt keine Spannung an. Sie müssen die Empfindlichkeit<br />
des Oszilloskops so einstellen, dass der gesamte Bereich zwischen maximaler<br />
Lichtintensität ("hell") <strong>und</strong> völliger Auslöschung des Lichts ("dunkel") durch die<br />
Messsubstanz am Bildschirm angezeigt werden kann.<br />
Stellen Sie dazu am Oszilloskop den AUTO-Triggermodus (Trigger Menü: Modus<br />
Auto) ein. Das bewirkt, dass Sie während der Einstellphase fortlaufend eine Anzeige<br />
des Eingangssignals auf dem Bildschirm erhalten, ohne dass das Oszilloskop mit einem<br />
externen Ereignis (z.B. dem Betätigen der Spritzen) synchronisisert (getriggert)<br />
wird. Stellen Sie nun nacheinander die Situationen "hell" <strong>und</strong> "dunkel" her. Maximales<br />
Signal ("hell") erhalten Sie, wenn die Küvette zwischen LED <strong>und</strong> Detektor mit<br />
(entionisiertem) Wasser befüllt wird. Minimales Signal ("dunkel") erhalten Sie, wenn<br />
gar kein Licht den Detektor erreicht. Zum Befüllen der Küvette mit Wasser befüllen<br />
Sie die Vorratsbehälter mit Wasser <strong>und</strong> stellen Sie die Drei-Wege-Hähne so ein, dass<br />
das Wasser aus den Vorratsbehältern direkt durch die Küvette in den Ablaufschlauch<br />
fließt. Stoppen Sie die Strömung, wenn Luft oder verunreinigte Flüssigkeit aus der<br />
Küvette verdrängt worden sind, durch entsprechende Drehung der Drei-Wege-Hähne.<br />
Das Befüllen der Küvette mit Wasser ist notwendig, weil die luftgefüllte Küvette<br />
(deutlich) höhere Reflexionsverluste aufweist als die wassergefüllte. Da Sie mit wässrigen<br />
Lösungen arbeiten, würde das tatsächliche Hell-Signal aus dem Anzeigebereich<br />
herauslaufen, wenn Sie versuchen würden, es jetzt mit einer luftgefüllten Küvette zu<br />
messen. Erzeugen Sie zunächst Dunkelheit, indem Sie einfach ein Stück Papier zwischen<br />
die Lichtquelle (eine blaue LED) <strong>und</strong> den Detektor bringen. Am Oszilloskop erhalten<br />
Sie eine waagrechte, gerade Linie, Ihre Null-Linie. Verschieben Sie diese (mit<br />
dem Drehknopf Position Vertikal) an den oberen Rand des Bildschirms (so, dass sie<br />
gerade noch sichtbar ist), damit Sie den Bildschirm optimal ausnutzen können, um das<br />
negative Signal darzustellen, wenn Licht auf den Detektor fällt. Entfernen Sie das Papier,<br />
um maximale Helligkeit zu erhalten. Die am Oszilloskop eingestellte Linie verschiebt<br />
sich nach unten (zu negativen Werten). Stellen Sie die Empfindlichkeit mit<br />
dem Drehknopf Volts/Div Vertikal so ein, dass die Anzeige für maximales Signal<br />
möglichst weit am unteren Rand des Bildschirms zu liegen kommt. Sollte für maximale<br />
Helligkeit zuerst gar keine Anzeige am Bildschirm erfolgen, ist die Empfindlichkeit<br />
zu hoch eingestellt, <strong>und</strong> Sie finden die Anzeige wieder, indem Sie die Empfindlichkeit<br />
verringern. Kontrollieren Sie mit dem Papier nochmals, dass Dunkelheit <strong>und</strong> maximale<br />
Helligkeit beide sichtbar sind <strong>und</strong> dass der Bildschirmbereich optimal ausgenutzt<br />
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wird. Falls erforderlich, regeln Sie mit den jeweiligen Einstellknöpfen nach. Damit ist<br />
die Empfindlichkeitseinstellung abgeschlossen. Hinweis: Sollte die am Oszilloskop<br />
angezeigte Spannungsdifferenz für "hell" <strong>und</strong> "dunkel" weniger als 3V betragen, muss<br />
die LED nachjustiert werden. Wenden Sie sich an Ihren Assistenten oder an Ihre Assistentin.<br />
b: Einstellung der Zeitbasis <strong>und</strong> der Triggerung<br />
Jetzt geht es um die optimale Einstellung der x-Achse, d.h. um die Einstellung der<br />
Zeitbasis <strong>und</strong> die Festlegung des Start-Zeitpunkts. Für die erforderlichen Probemessungen<br />
befüllen Sie die Vorratsbehälter mit den Lösungen Y <strong>und</strong> X1. Für eine<br />
Grobeinstellung der Zeitbasis betreiben Sie das DSO zunächst weiterhin im Triggermodus<br />
AUTO. Machen Sie das DSO so langsam wie möglich, d.h. stellen Sie die am<br />
Drehknopf SEC/DIV größte Zeitbasis ein, über die das DSO verfügt (5s/Kästchen).<br />
Laden Sie die Spritzen blasenfrei mit jeweils 0.75 mL der Lösungen <strong>und</strong> führen Sie<br />
eine Probemessung durch. Das Signal sollte deutlich zu schnell sein für die gewählte<br />
Zeitauflösung. Wiederholen Sie die Probemessung mit kleineren Zeitbasen, bis das<br />
Signal den Bildschirm gut ausfüllt. Die Feineinstellung erfolgt im nächsten Schritt zusammen<br />
mit der Einstellung des Startzeitpunkts (Triggerung), d.h. mit der zeitlichen<br />
Synchronisation des DSO mit dem Experiment. Im vorliegenden Fall erfolgt die Triggerung<br />
durch den Endschalter an der Spritzenhalterung.<br />
Triggerzeitpunkt: t=0<br />
"Dunkel"-Signal: I t<br />
= 0<br />
I t<br />
(t→∞)<br />
I t<br />
(t)<br />
Mischung der Lösungen<br />
"Hell"-Signal: I t<br />
(t=0)<br />
Abb. 4: Optimierte, kommentierte Darstellung des Signals am Digital-Oszillographen. Die Photozelle<br />
erzeugt ein negatives Spannungssignal bei Belichtung. Vor Beginn der Messungen müssen<br />
"Dunkel"-Signal, "Hell"-Signal, Triggerzeitpunkt <strong>und</strong> Zeitbasis am DSO eingestellt werden.<br />
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Zum Einstellen der Triggerung stellen Sie nun im Trigger-Menü den Modus Single<br />
Shot ein. (Die anderen Einstellungen sollten lauten: Flanke, Flanke Positiv, Quelle<br />
Ext., Kopplung DC. Sie beziehen sich auf die genaue Form des elektrischen Triggerimpulses<br />
<strong>und</strong> interessieren hier nicht weiter.) In Modus Single Shot stellt das DSO das<br />
Signal nur einmal beim ersten Triggerimpuls dar <strong>und</strong> geht dann in den Stop-Modus.<br />
Auf diese Weise wird verhindert, dass ein weiterer (unbeabsichtigter) Triggerimpuls<br />
dazu führt, dass das Signal überschrieben wird. Der Betriebszustand des DSO wird<br />
oberhalb des Bildschirmes angezeigt (Ready/Stop). Mit der Taste Run/Stop können<br />
Sie zwischen den beiden Modi hin- <strong>und</strong> herschalten. Befüllen Sie die Spritzen wieder<br />
mit jeweils 0.75 mL Flüssigkeit. Falls erforderlich, betätigen Sie die RUN/STOP-<br />
Taste, um das DSO in den Ready-Modus zu bringen. Starten Sie nun die Reaktion<br />
durch zügiges Hereindrücken der Spritzen. Positionieren Sie jetzt das am DSO angezeigte<br />
Signal möglichst bildschirmfüllend mit den Drehknöpfen Horizontal_Position<br />
(Verschiebung) <strong>und</strong> Sec/Div (Skalierung). Optimal ist die Einstellung, wenn Sie im<br />
ersten Kästchen die waagrechte Gr<strong>und</strong>linie sehen, im zweiten Kästchen den steilen<br />
Spannungsabfall (der einer Zunahme der Lichtintensität entspricht), <strong>und</strong> auf dem restlichen,<br />
größten Teil des Bildschirms die exponentiell abfallende Intensität (Spannungszunahme<br />
bis zum Anfangswert). Wiederholen Sie die Messung mit den gef<strong>und</strong>enen<br />
Einstellungen. Die Messkurve am DSO sollte in etwa so aussehen wie Abb. 4.<br />
Ist das der Fall, beginnen Sie mit den eigentlichen Messungen. Wenn Sie Messungen<br />
mit den anderen Lösungen durchführen, prüfen Sie, ob die Einstellungen angepasst<br />
werden müssen.<br />
3. Datenaufnahme <strong>und</strong> -transfer zum Rechner<br />
Nehmen Sie vor allen anderen Messungen einmal ein "Dunkel"-Signal auf, indem Sie<br />
die Photozelle abdecken (oder die Leuchtdiode ausschalten) <strong>und</strong> das Oszilloskop manuell<br />
(am Endschalter) triggern. Sie benötigen diese Nulllinie in der Auswertung. Zur<br />
Auswertung müssen Sie die Daten vom DSO zum Rechner übertragen. Dies geschieht<br />
mit dem LabView-Programm StoppedFlow.vi. Schalten Sie den Rechner ein, melden<br />
Sie sich als Benutzer Praktikum (ohne Passwort) an, <strong>und</strong> starten Sie das Programm auf<br />
dem Desktop. Wählen Sie im Feld VISA_resource_name die serielle Schnittstelle<br />
COM1 aus, über die Rechner <strong>und</strong> DSO miteinander verb<strong>und</strong>en sind, <strong>und</strong> geben Sie als<br />
Datenquelle (Source) den DSO-Kanal an, an dem Ihr Signal anliegt. Starten Sie dann<br />
den Datentransfer mit Operate/Run. Kommunikation <strong>und</strong> Datenübertragung benötigen<br />
ca. 5 Sek<strong>und</strong>en. Speichern Sie die Datei im Verzeichnis Praktikumsdateien.<br />
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Laden Sie nun die Spritzen, schalten Sie das DSO in den Ready-Modus, <strong>und</strong> führen<br />
Sie die erste Messung durch. Speichern Sie die Daten wie oben beschrieben. Wiederholen<br />
Sie Messung, Datenaufnahme <strong>und</strong> Datentransfer noch vier weitere Male, bis Sie<br />
über einen Satz von 5 Messdateien verfügen, die unter identischen Bedingungen erstellt<br />
wurden. Gehen Sie für die 4 anderen Lösungen genauso vor, bis Sie schließlich<br />
über 25 Messkurven verfügen, 5 für jede Lösung. Wenn erforderlich. passen Sie dabei<br />
die Zeitbasis am DSO an.<br />
4. Auswertung der Daten mit OriginPro 8<br />
Die Auswertung erfolgt mit dem Programm OriginPro 8. Es ist ebenfalls auf dem<br />
Messrechner installiert. Die nachfolgenden Anleitungen sind eine von mehreren Möglichkeiten<br />
der Datenverarbeitung <strong>und</strong> als Empfehlungen für noch ungeübte Benutzer<br />
zu verstehen. Es gibt auch andere Wege zum Ziel. Wichtig ist, dass Sie das Ziel erreichen,<br />
der hier beschriebene Weg nur ein Vorschlag.<br />
a: Einlesen der Daten<br />
Ermitteln Sie zunächst den durchschnittlichen Signalwert D 0 für die Dunkelmessung.<br />
Dies ist Ihr Nullwert, auf den Sie im Folgenden alle gemessenen Werte beziehen müssen,<br />
um die Logarithmierung in (18) vornehmen zu können.<br />
Starten Sie das Programm OriginPro auf dem Desktop. Es ist empfehlenswert, die jeweils<br />
5 Messreihen, die unter identischen Bedingungen aufgenommen wurden, in 5<br />
Spalten ein <strong>und</strong> desselben Worksheets zu laden. Importieren Sie dazu Ihre Messdaten<br />
mit dem Import-Assistenten (File/Import/Import_Wizard). Wählen Sie Import Mode:<br />
Start New Columns aus (andernfalls wird jede Messreihe in ein eigenes Blatt geschrieben,<br />
was natürlich auch möglich ist, aber die Gesamtdatei schnell unübersichtlich<br />
werden lässt.) Alle anderen Einstellungen können ihren Standardwert behalten, so<br />
dass Sie den Datei-Import mit der Schaltfläche Finish abschließen können. Für den<br />
zweiten Satz von 5 Messreihen können Sie entweder ein neues Workbook (File-New-<br />
Workbook) erstellen oder im vorhandene Workbook ein neues Worksheet anlegen<br />
(mittels Rechtsklick auf den Registerkartenreiter unten links). Wiederholen Sie die<br />
Import-Prozedur für die restlichen Datensätze.<br />
b: Bearbeitung der Rohdaten <strong>und</strong> graphische Darstellung<br />
Jede Messdatei besteht nur aus einer einzigen Spalte mit Zahlenwerten S i ' für die von<br />
der Photozelle erzeugte Spannung. Sie müssen nun 1) die dazu gehörige Zeitachse<br />
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selbst erstellen <strong>und</strong> 2) die Daten auf den Intensitätsnullpunkt beziehen, invertieren (da<br />
die Photodiode bei Lichteinfall ein negatives Signal erzeugt) <strong>und</strong> nach Gl. (18) logarithmieren.<br />
Bei der Erstellung der Zeitachse kommt es nur auf die Bestimmung der Intensitäts-Abklingzeiten<br />
an. Daher können Sie für alle Dateien, die mit der gleichen<br />
Zeitbasis am DSO aufgezeichnet wurden, dieselbe Zeitachse verwenden, unabhängig<br />
davon, wo der Zeit-Nullpunkt (der Triggerzeitpunkt) genau liegt. Alles, was Sie dazu<br />
brauchen, ist die Information über den Zeitabstand zweier benachbarter Datenpunkte<br />
in Ihren Messdateien. Diesen Wert finden Sie in den Kopfzeilen der Messdateien als<br />
Wert dt des Parameters WFMP:XIN. Die Einheit für den angegebenen Zahlenwert ist<br />
die Sek<strong>und</strong>e. Den Wert können Sie entweder in den originalen ASCII-Dateien nachschlagen,<br />
er steht aber auch, nach dem Datenimport etwas versteckt, in der Comments-<br />
Zeile ihres jeweiligen Origin-Arbeitsblattes. Erstellen Sie eine neue Spalte für die<br />
Zeitachse (Column-Add New Columns-1), markieren Sie sie, klicken Sie mit der rechten<br />
Maustaste in die Kopfzelle <strong>und</strong> ändern Sie im Kontextmenü die Zuordnung der<br />
Spalte von Y auf X (Set As-X). Öffnen Sie das Kontextmenü ein zweites Mal <strong>und</strong><br />
wählen Sie Set Column Values aus. Geben Sie in das Eingabefeld des Dialogfensters<br />
den Ausdruck i*dt ein (dt ist der Zahlenwert des Parameters WFMP:XIN) <strong>und</strong> bestätigen<br />
Sie mit OK. i ist der Laufindex für die Zeilennummer, der Zahlenwert in der 2.<br />
Spalte erhöht sich daher von Zeile zu Zeile um dt, <strong>und</strong> die neue Spalte enthält gerade<br />
die gesuchte Zeitachse mit den Werten t i = i⋅dt. Die Zeitachse gilt für alle 5 Messreihen<br />
in Ihrem Arbeitsblatt. Nun müssen Sie noch für jede einzelne Spalte die Spannungswerte<br />
S i ' um den Dunkelwert D 0 korrigieren, invertieren <strong>und</strong> logarithmieren.<br />
Erstellen Sie dazu jeweils eine neue Datenspalte (Column/Add_New_Columns) <strong>und</strong><br />
füllen Sie sie mit y i = ln(S i ) = ln(D 0 -S i ') (Column/Set_Column_Values).<br />
Markieren Sie nun jeweils zwei Spalten (y i <strong>und</strong> t i ) <strong>und</strong> stellen Sie die Intensitäts-<br />
Abklingkurve graphisch dar (Plot-Line-Line). Beschriften <strong>und</strong> formatieren Sie den<br />
Graphen durch Doppelklicks auf die jeweiligen Elemente (Achsen, Achsenbeschriftungen,<br />
Legende). Geben Sie dem Grafikfenster einen aussagekräftigen Namen (Window/Rename).<br />
Verfahren Sie so für alle Spalten in allen Arbeitsblättern. Sie sollten<br />
jetzt über 5⋅5 = 25 Grafiken verfügen.<br />
c: Ermittlung der Intensitäts-Abklingzeit k obs .<br />
Zur Auswertung müssen Sie diejenigen Daten auswählen, für die die Lichtintensität<br />
am Detektor nach vollständiger Vermischung der Lösungen exponentiell abgefallen<br />
ist. Der anfänglichen Anstieg der Intensität durch das Ersetzen der alten verbrauchten<br />
Lösungen durch die frische, zur Reaktion kommende hat ja mit der zu untersuchenden<br />
Reaktion nichts zu tun <strong>und</strong> darf daher im Fit nicht berücksichtigt werden. Zur Daten-<br />
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auswahl benutzen Sie den Data Selector aus der Symbolleiste Tools: . Öffnen Sie<br />
dann den Fit-Assistenten (Analysis-Fitting-Non-linear Curve Fit-Open Dialog). Origin<br />
verfügt über eine reichhaltige Bibliothek an Standard-Fitfunktionen. Für die Beschreibung<br />
der Beziehung (18) ist die Funktion "ExpDec1", die zur Kategorie der "Basic<br />
Functions" gehört, am besten geeignet. Wählen Sie die Funktion "ExpDec1" auf der<br />
Settings-Registerkarte (oben) aus. Schauen Sie sich die mathematische Definition auf<br />
der Formula-Registerkarte (unten) an: y = y 0 +Ae -x/τ . Die Funktion ExpDec1 wird also<br />
durch drei anpassbare Parameter y 0 , A <strong>und</strong> τ beschrieben, von denen der Parameter τ<br />
der Kehrwert der Geschwindigkeitskonstanten k obs ist. In allen anderen Dialogfenstern<br />
können die Voreinstellungen übernommen werden. Beenden Sie daher den Fit-<br />
Assistenten mit . In Ihrem aktiven Grafikfenster sollten jetzt neben den Messdaten<br />
die angefittete Exponentialfunktion sowie ein Textfenster mit den Fit-Ergebnissen<br />
zu sehen sein. Bevor Sie die Prozedur für die anderen vier anderen Grafikfenster wiederholen,<br />
speichern Sie die Origin-Datei (File/Save_Project) <strong>und</strong> exportieren Sie die<br />
Grafik in eine Bilddatei (File/Export_Page). Wählen Sie ein Format, von dem Sie wissen,<br />
dass Sie es drucken oder in Ihrem Textverarbeitungsprogramm einbinden können.<br />
Diese Ausdrucke sind für alle 25 Messungen dem Protokoll beizufügen.<br />
Auswertung der Messungen<br />
1. Bestimmen Sie aus den 25 graphischen Messausdrucken k obs für die 5 pH-Werte. Berechnen<br />
Sie aus den jeweils 5 Messungen pro Lösung den Mittelwert für k obs<br />
2. Berechnen Sie aus Gl.(16b) mittels linearer Regression aus den 5 Mittelwerten für k obs<br />
die Geschwindigkeitskonstanten k 1 , k −1 , k 2 <strong>und</strong> k -2 <strong>und</strong> vergleichen Sie diese mit den<br />
Literaturwerten. Sie benötigen dafür die Werte der vier Gleichgewichtskonstanten:<br />
K 1 = 138 L/mol<br />
K a1 = 2.04ÿ10 -3 mol/L<br />
K 2 = 3.05 L/mol<br />
K a2 = 6.5ÿ10 -5 mol/L<br />
3. Interpretieren Sie die pH-Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten k obs ! Warum<br />
nimmt die Geschwindigkeitskonstante mit zunehmendem pH-Wert zu?<br />
Literatur <strong>und</strong> Literaturwerte<br />
k 1 = 183 L/(molÿs) k -1 = 1.32 1/s<br />
k 2 = 3330 L/(molÿs) k -2 = 1090 1/s<br />
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Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 15<br />
Alle Werte aus: C.A. Clark, A stopped flow kinetics experiment for advanced <strong>und</strong>ergraduate<br />
laboratories: formation of iron(III) thiocyanate, J. Chem. Ed. 74, 1214 (1997)<br />
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