16.05.2014 Aufrufe

Kinetische Untersuchung schneller Reaktionen - Physikalische und ...

Kinetische Untersuchung schneller Reaktionen - Physikalische und ...

Kinetische Untersuchung schneller Reaktionen - Physikalische und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 1<br />

<strong>Kinetische</strong> <strong>Untersuchung</strong> <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong><br />

Es soll die Geschwindigkeit der Komplexbildung des Eisenthiocyanat-Komplexes FeSCN 2+<br />

in Abhängigkeit vom pH-Wert bestimmt werden. Diese Reaktion läuft auf einer Millisek<strong>und</strong>en-Zeitskala<br />

ab. Daher wird sie mit einer sogenannten Stopped-Flow-Apparatur mittels optischer<br />

Absorptionsmessungen durchgeführt. Aus den optischen Messungen wird die Geschwindigkeitskonstante<br />

k obs des Reaktionssystems in Abhängigkeit vom pH-Wert bestimmt.<br />

Daraus werden anschließend die Geschwindigkeitskonstanten k 1 , k −1 , k 2 <strong>und</strong> k −2 der zugr<strong>und</strong>e<br />

liegenden Elementarreaktionen berechnet.<br />

Stichworte<br />

Reaktionskinetik (1. Ordnung, pseudo-erster Ordnung, 2. Ordnung), <strong>Untersuchung</strong>smethoden<br />

für schnelle <strong>Reaktionen</strong>, Lambert-Beersches Gesetz, Transmission, Absorption, Extinktion,<br />

molekulare Absorption <strong>und</strong> Emission von Licht, Messmöglichkeiten für Konzentrationen<br />

Die Elementarreaktion<br />

Dem beobachteten Reaktionssystem liegt folgende Elementarreaktion zugr<strong>und</strong>e:<br />

Fe 3+ + SCN − → FeSCN 2+ (1)<br />

Die Elementarreaktion (1) ist eine Reaktion 2. Ordnung. Allgemein gilt für die Ab- bzw. die<br />

Aufbaugeschwindigkeit des Edukts SCN − bzw. des Produkts FeSCN 2+ :<br />

−<br />

SCN<br />

= −k1c<br />

− c 3+<br />

SCN Fe<br />

dt<br />

dc 2+<br />

FeSCN<br />

bzw. = + k1c<br />

− c 3+<br />

SCN Fe<br />

dt<br />

dc<br />

(2a)<br />

(2b)<br />

mit der Geschwindigkeitskonstanten k 1 <strong>und</strong> den Konzentrationen c i der Reaktanten i. Die Reaktion<br />

kann jedoch durch ein Zeitgesetz 1. Ordnung beschrieben werden, wenn ein Reaktionspartner<br />

(hier Fe 3+ ) im Überschuss vorhanden ist (pseudo-erster Ordnung). Die Konzentration<br />

des im Überschuss vorliegenden Fe 3+ -Ions bleibt dann während der Reaktion praktisch<br />

unverändert, so dass sie in die Geschwindigkeitskonstante k 1 ' mit einbezogen werden kann:<br />

dc<br />

−<br />

SCN<br />

dt<br />

= −k1'c<br />

−<br />

SCN<br />

mit k 1 ' = k 1 c Fe<br />

3+<br />

(3)<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 2<br />

Durch Integrieren <strong>und</strong> Umformen von Gleichung (3) erhält man folgenden Zusammenhang<br />

für den Abbau des Edukts SCN - :<br />

c<br />

SCN<br />

−<br />

(t) = c −<br />

SCN<br />

(t ) ⋅e<br />

0<br />

−k<br />

'(t−t<br />

)<br />

1<br />

0<br />

(4)<br />

wie er in Abb. 1 dargestellt ist.<br />

Konzentration c<br />

c SCN -<br />

c FeSCN<br />

2+<br />

Zeit t<br />

Abb. 1:<br />

zeitlicher Konzentrationsverlauf für den Abbau des Thyocanations SCN − <strong>und</strong> den Aufbau des<br />

Eisenthiocyanatkomplexes FeSCN 2+<br />

Da für jeden erzeugte Eisenthiocyanatkomplexes FeSCN 2+ genau ein Thyocanations SCN −<br />

verbraucht wird, gilt:<br />

c<br />

FeSCN 2<br />

(t) = c (t ) c (t )<br />

(5)<br />

−<br />

−<br />

+ −<br />

SCN<br />

0<br />

SCN<br />

Dabei wird vorausgesetzt, dass zum Zeitpunkt t 0 noch keine Produkte vorhanden waren. Wird<br />

darüber hinaus t 0 = 0 gesetzt, so erhält man für die Zeitabhängigkeit des Produktaufbaus:<br />

c<br />

−k1't<br />

( 1−<br />

)<br />

0<br />

2 (t) = c − ⋅ e<br />

FeSCN<br />

SCN<br />

+ (6)<br />

Die Aufbaugeschwindigkeit des Produkts nach Gl. (6) ist ebenfalls in Abb. 1 dargestellt.<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 3<br />

Das Gesamt-Reaktionssystem<br />

In Wirklichkeit sind die Verhältnisse etwas komplizierter. Zum ersten muss die Rückreaktion<br />

FeSCN 2+ → Fe 3+ + SCN − (7)<br />

mit der Geschwindigkeitskonstanten k -1 berücksichtigt werden. Zweitens spielt der Hydroxokomplex<br />

Fe(OH) 2+ eine wichtige Rolle:<br />

Fe(OH) 2+ + SCN − Fe(OH)(SCN) + , (8)<br />

der seinerseits einen Thiocyanatkomplex ausbildet. Für Reaktion (8) gelten die Geschwindigkeitskonstanten<br />

k 2 <strong>und</strong> k -2 . Das Gleichgewicht zwischen dem Fe 3+ -Ion <strong>und</strong> dem jeweiligen<br />

Hydroxokomplex stellt sich dabei sowohl auf der Edukt- als auch auf der Produktseite sehr<br />

viel <strong>schneller</strong> ein, als die <strong>Reaktionen</strong> (1), (7) <strong>und</strong> (8) ablaufen, da es sich dabei eigentlich um<br />

einen Protonentransfer im sechsfach koordinierten Fe 3+ -Ion handelt:<br />

Fe(H 2 O) 6 3+ Fe(H 2 O) 5 (OH) 2+ + H + (9)<br />

Das sich daraus ergebende Gesamt-Reaktionssystem ist in Abbildung 2 dargestellt.<br />

Fe(H 2<br />

O) 6<br />

3+<br />

+ SCN −<br />

k 1<br />

k -1<br />

Fe(H 2<br />

O) 5<br />

(SCN) 2+ + H 2<br />

O<br />

K a1<br />

K a2<br />

Fe(H 2<br />

O) 5<br />

(OH) 2+ + H + + SCN −<br />

k 2<br />

k -2<br />

Fe(H 2<br />

O) 4<br />

(OH)(SCN) + + H + + H 2<br />

O<br />

Abb. 2:<br />

Übersicht über das komplexe Gesamt-Reaktionssystem<br />

Die Protonentransfer-Gleichgewichte bleiben während des gesamten Reaktionsverlaufs gewahrt<br />

<strong>und</strong> werden durch die Gleichgewichtskonstanten K a1 <strong>und</strong> K a2 beschrieben. Der Übersichtlichkeit<br />

halber werden die Wassermoleküle jedoch im Folgenden weg gelassen. Die Thiocyanatkomplex-Gleichgewichte<br />

stellen sich erst am Ende der Reaktion ein <strong>und</strong> werden durch<br />

die Gleichgewichtskonstanten K 1 = k 1 /k -1 <strong>und</strong> K 2 = k 2 /k -2 beschrieben. Für K a1 <strong>und</strong> K a2 gilt<br />

dabei:<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 4<br />

c 2+<br />

c +<br />

Fe(OH) H<br />

K<br />

a1<br />

=<br />

bzw.<br />

c<br />

Fe<br />

3+<br />

c<br />

+ c +<br />

Fe(OH)(SCN) H<br />

K<br />

a 2<br />

=<br />

(10)<br />

c<br />

2+<br />

Fe(SCN)<br />

Bei Betrachtung der <strong>Reaktionen</strong> (1), (7) <strong>und</strong> (8), die alle die SCN—Konzentration beeinflussen,<br />

erhält man:<br />

dc<br />

−<br />

SCN<br />

dt<br />

= −k1c<br />

− c + + k<br />

− 1c<br />

2+<br />

− k<br />

2c<br />

− c 2+<br />

+ k<br />

−2c<br />

+<br />

SCN Fe<br />

Fe(SCN)<br />

SCN Fe(OH)<br />

Fe(OH)(SCN)<br />

3 (11)<br />

Die unbekannten Konzentrationen der Hydroxokomplexe können mittels der Gleichgewichtskonstanten<br />

(10) eliminiert werden:<br />

dc −<br />

K c K<br />

a 2c<br />

2+<br />

SCN<br />

Fe(SCN)<br />

= −k1c<br />

− c 3 + + k<br />

k<br />

SCN Fe<br />

−2<br />

(12)<br />

dt<br />

c<br />

a1 3+<br />

Fe<br />

− 1c<br />

2+<br />

− k<br />

2c<br />

− +<br />

Fe(SCN)<br />

SCN<br />

c +<br />

H<br />

+<br />

H<br />

Für Fe 3+ -Überschuss <strong>und</strong> konstante Protonenkonzentration (gepufferte Systeme) lassen sich<br />

Hin- <strong>und</strong> Rückreaktionen wie folgt zusammenfassen:<br />

dc<br />

−<br />

SCN<br />

dt<br />

= −k<br />

hc<br />

− + k<br />

rc<br />

2+<br />

SCN Fe(SCN)<br />

(13)<br />

⎛ ⎞<br />

mit ⎜<br />

Ka1<br />

k<br />

h<br />

= k +<br />

⎟⎟ 3+<br />

1<br />

k<br />

2<br />

c <strong>und</strong><br />

Fe<br />

+<br />

⎝ cH<br />

⎠<br />

⎛<br />

⎞<br />

⎜<br />

Ka 2<br />

k = + ⎟<br />

r<br />

k<br />

−1<br />

k<br />

−2<br />

.<br />

+<br />

⎝ cH<br />

⎠<br />

Wird jetzt berücksichtigt, dass gemäß Gl. (5) jedes verbrauchte SCN − -Ion genau ein<br />

Fe(SCN) 2+ -Ion erzeugt <strong>und</strong> umgekehrt, so erhält man für (13):<br />

dc<br />

−<br />

SCN<br />

dt<br />

dc<br />

2+<br />

Fe(SCN)<br />

dt<br />

dc<br />

2+<br />

Fe(SCN)<br />

0<br />

= − = −k<br />

hc<br />

− + k<br />

hc<br />

2+<br />

+ k<br />

rc<br />

2+<br />

SCN<br />

Fe(SCN)<br />

Fe(SCN)<br />

dt<br />

( k + k ) c<br />

+<br />

0<br />

= k<br />

hc<br />

− −<br />

h r<br />

2<br />

SCN<br />

Fe(SCN)<br />

(14a)<br />

(14b)<br />

was sich durch Trennung der Variablen integrieren lässt:<br />

c<br />

Fe(SCN )<br />

(t)<br />

2+<br />

dc<br />

∫ =<br />

0<br />

k c −<br />

2+<br />

Fe(SCN)<br />

( k + k ) c<br />

∫<br />

2+<br />

0 h −<br />

SCN h r Fe(SCN)<br />

t<br />

0<br />

dt<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 5<br />

( k k )<br />

0<br />

1 ⎛ k<br />

hc<br />

− −<br />

h<br />

+<br />

ln⎜<br />

SCN<br />

0<br />

− (k<br />

h<br />

+ k<br />

r<br />

) ⎜ k<br />

hc<br />

⎝<br />

−<br />

SCN<br />

r<br />

c<br />

2+<br />

Fe(SCN)<br />

⎞<br />

⎟ = t<br />

⎟<br />

⎠<br />

k<br />

h<br />

c<br />

0<br />

SCN<br />

0 −(k<br />

h + k r ) t<br />

( k + k ) c<br />

2+<br />

k c − e<br />

− −<br />

=<br />

h<br />

h<br />

r<br />

r<br />

Fe(SCN)<br />

h<br />

SCN<br />

0<br />

kc<br />

h −<br />

SCN − (kh+<br />

k r)t<br />

−kobst<br />

c 2+<br />

=<br />

Fe(SCN)<br />

( 1− e ) = B<br />

0(1−e ) (15)<br />

k + k<br />

Die gr<strong>und</strong>sätzliche funktionelle Abhängigkeit in Gl.(15) ist dieselbe wie in Gl.(6), mit dem<br />

Unterschied, dass die Abklingzeit nicht mehr direkt durch die Geschwindigkeitskonstante k 1<br />

der Elementarreaktion gegeben ist, sondern durch die Geschwindigkeitskonstante k obs des<br />

Gesamtsystems, für die gilt:<br />

⎛ ⎞ ⎛<br />

⎞<br />

k obs = k h + k r = ⎜<br />

K<br />

a1 ⎟ + ⎜<br />

K<br />

a 2<br />

k + ⎟<br />

1<br />

+ k<br />

2<br />

c 3 + k<br />

Fe<br />

−1<br />

k<br />

−2<br />

(16a)<br />

+<br />

+<br />

⎝ cH<br />

⎠ ⎝ cH<br />

⎠<br />

1<br />

k obs = ( k1c<br />

3 + + k<br />

− 1) + ( k<br />

2K<br />

a1c<br />

3+<br />

+ k<br />

−2K<br />

a2<br />

)<br />

(16b)<br />

Fe<br />

Fe<br />

c<br />

H<br />

+<br />

k obs kann aus der Messung der Produktkonzentration direkt experimentell bestimmt werden<br />

<strong>und</strong> ist abhängig von der Wasserstoffionenkonzentration. Führt man den Versuch bei verschiedenen<br />

pH-Werten durch, so ergibt die Auftragung von k obs gegen 1/c H + gemäß Gl.(16b)<br />

eine Gerade. Sind die Gleichgewichtskonstanten K 1 , K 2 , K a1 <strong>und</strong> K a2 sowie die Fe 3+ -<br />

Konzentration <strong>und</strong> der pH-Wert bekannt, so können die Geschwindigkeitskonstanten k 1 , k -1 ,<br />

k 2 <strong>und</strong> k -2 der Elementarreaktionen aus der Steigung sowie dem y-Achsen-Abschnitt der Geraden<br />

ermittelt werden.<br />

Optische Bestimmung der Produktkonzentration<br />

Diese Reaktion kann gut über Absorbanzmessungen 1 verfolgt werden, da die farblosen Edukte<br />

Fe 3+ <strong>und</strong> SCN − zum Komplex FeSCN 2+ mit starker roter Färbung (Absorption bei 460 nm)<br />

umgesetzt werden. Während der Reaktion ergibt sich daher eine gut messbare Änderung der<br />

transmittierten bzw. der absorbierten Lichtintensität nach dem Lambert-Beerschen Gesetz.<br />

(Näheres dazu s. Skript "UV-VIS-Spektroskopie"). Direkt beobachtet wird dabei der Aufbau<br />

1<br />

Absorbanz wird häufig noch als Extinktion oder optische Dichte bezeichnet. Beide Ausdrücke sind veraltet.<br />

(s. S.E. Braslavsky, Pure Appl. Chem., Vol. 79, No. 3, pp. 293–465, 2007)<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 6<br />

des Produkts, weswegen in den vorangegangenen Abschnitten dessen Bildungsgeschwindigkeit<br />

untersucht worden ist.<br />

Die Bestimmung der Produktkonzentration erfolgt über die Messung der Lichttransmission.<br />

Allgemein ist der Zusammenhang zwischen transmittiertem Licht I t <strong>und</strong> eingestrahltem Licht<br />

I 0 durch das Lambert-Beersche Gesetz gegeben:<br />

I (t) = I e<br />

t<br />

0<br />

− ε⋅c<br />

2 (t) ⋅d<br />

Fe(SCN )<br />

+<br />

(17)<br />

Dabei sind ε der molare Absorptionskoeffizient, c i (t) die zeitlich veränderliche Konzentration<br />

der absorbierenden Substanz nach Gl.(15) <strong>und</strong> d die Schichtdicke der Probe. Setzt man Gl.<br />

(15) in (17) ein, erhält man im Exponenten der Exponentialfunktion auf der rechten Seite von<br />

(17) wiederum eine Exponentialfunktion. Es ist daher sinnvoll, den Logarithmus der transmittierten<br />

Intensität I t zu betrachten:<br />

−kobs<br />

( ) ( ) 2+<br />

( )<br />

ln I (t) ln I c (t)d ln I B d B de<br />

t<br />

t<br />

=<br />

0<br />

−ε =<br />

Fe(SCN)<br />

0<br />

−ε<br />

0<br />

+ε<br />

0<br />

(18)<br />

Fittet man die Funktion y = y 0 + Ae -t/τ an ln(I t (x)) an, so erhält man die Geschwindigkeitskonstante<br />

k obs aus dem Parameterwert für τ: k obs = 1/τ (mit y 0 = ln(I 0 )−εB 0 d <strong>und</strong> A = εB 0 d).<br />

Ausführung <strong>und</strong> Auswertung der Messungen<br />

Chemikalien (wässrige Gr<strong>und</strong>lösungen):<br />

A: 1M HClO 4 (167 g 60 %-ige HClO 4 in 1000 ml Lösung )<br />

B: 0,1M Fe 3+ −Lösung (48,2 g Eisenammoniumsulfat in 200 ml 1 m HClO 4 in<br />

1000ml Lösung)<br />

C: 1M NaClO 4 −Lösung (140,5 g Natriumperchlorat in 1 l Lösung)<br />

D: 0,01M SCN−Lösung (0,972 g Kaliumthiocyanat in 1 l Lösung)<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 7<br />

Lösung A B C D<br />

ml ml ml ml<br />

X 1 0 10 38 0<br />

X 2 2 10 36 0<br />

X 3 4 10 34 0<br />

X 4 10 10 28 0<br />

X 5 20 10 18 0<br />

Y 0 0 40 10<br />

Aus A <strong>und</strong> C stellen Sie Ihre Pufferlösungen her. B sorgt für die Zugabe von Fe 3+ im Überschuss.<br />

Aus den Gr<strong>und</strong>lösungen A bis D werden jeweils 100 ml der folgenden Mischungen<br />

hergestellt. Das an 100 ml fehlende Volumen ist mit dest. Wasser aufzufüllen:<br />

Der pH−Wert der Lösungen X 1 bis X 5 wird mit einem pH-Meter nach Rücksprache mit dem<br />

Assistenten bestimmt. Berechnen Sie aus dem pH-Wert die Konzentration der H + −Ionen <strong>und</strong><br />

denken Sie daran, dass die Lösungen im Verhältnis 1:1 gemischt werden.<br />

Versuchsbeschreibung<br />

Den gr<strong>und</strong>sätzlichen Versuchsaufbau zeigt Abb. 3. Bei der Stopped-Flow-Methode befinden<br />

sich die Lösungen X {1-5} <strong>und</strong> Y in zwei Spritzen, die zum Zeitpunkt t = 0 schlagartig in<br />

eine Mischkammer entleert werden. Dieses wird beim Versuch manuell durchgeführt. Dabei<br />

durchmischen sich die beiden Reaktionslösungen <strong>und</strong> kommen anschließend in eine Küvette.<br />

Nach Ablauf des Mischvorgangs, der nur wenige Millisek<strong>und</strong>en in Anspruch nimmt, kann der<br />

Reaktionsverlauf in der Küvette durch die Messung der Absorption (Lambert-Beersches Gesetz)<br />

des sich bildenden Eisenthiocyanatkomplexes verfolgt werden. Dazu wird das Licht<br />

einer blauen Leuchtdiode durch die Lösung hindurchgestrahlt, hinter der das transmittierte<br />

Licht von einem Detektor (Photozelle) registriert wird.<br />

Der Detektor setzt die Intensitätsänderung des transmittierten Lichtes I t (t) in ein elektrisches<br />

Signal um, das von einem digitalen Speicheroszilloskop (DSO) über der Zeit aufgetragen<br />

wird. Der Versuchsaufbau im Praktikum weicht etwas von Ab. 3 ab. Die Stoppspritze entfällt<br />

<strong>und</strong> das Oszilloskop wird durch einen Schalter am Schieber getriggert, wenn die Spritzen bis<br />

zum Anschlag eingeschoben sind.<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 8<br />

Abb. 3: Gr<strong>und</strong>sätzlicher experimenteller Aufbau einer Stopped-Flow-Apparatur. Der Praktikumsaufbau folgt<br />

weitgehend diesem Schema.<br />

Versuchsdurchführung<br />

0. Wenden Sie niemals Gewalt an, um die Spritzen zu bewegen! Diese sind aus Glas <strong>und</strong><br />

leicht zerbrechlich. Sollten Sie sich nicht leicht bewegen lassen, liegt wahrscheinlich<br />

eine verkehrte Einstellung der Drei-Wege-Hähne vor. Wird durch Korrigieren der<br />

Hahn-Einstellungen das Problem nicht beseitigt, wenden Sie sich an Ihren Assistenten<br />

oder an Ihre Assistentin!<br />

1. Stellen Sie wie oben beschrieben ihre 5 Messlösungen (je 100ml) her. Verwenden Sie<br />

dazu die vorhandenen Gr<strong>und</strong>lösungen (A – D).<br />

2. Durchführung der Messungen / Einstellung des Oszilloskops<br />

Schalten Sie mit dem schwarzen Kippschalter die Lichtquelle (eine blaue LED) ein<br />

<strong>und</strong> verbinden Sie Signal- <strong>und</strong> Triggerausgang des Steuergeräts mittels zweier BNC-<br />

Kabel mit dem DSO. Schalten Sie das DSO ein <strong>und</strong> bereiten Sie es, wie nachfolgend<br />

beschrieben, für die Messungen vor (Einstellung der Empfindlichkeit, der Triggerung<br />

<strong>und</strong> der Zeitbasis).<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 9<br />

a) Empfindlichkeitseinstellung<br />

Wenn Licht auf den Detektor fällt, wird am Oszilloskop-Eingang ein negatives Spannungssignal<br />

erzeugt. Ohne Licht liegt keine Spannung an. Sie müssen die Empfindlichkeit<br />

des Oszilloskops so einstellen, dass der gesamte Bereich zwischen maximaler<br />

Lichtintensität ("hell") <strong>und</strong> völliger Auslöschung des Lichts ("dunkel") durch die<br />

Messsubstanz am Bildschirm angezeigt werden kann.<br />

Stellen Sie dazu am Oszilloskop den AUTO-Triggermodus (Trigger Menü: Modus<br />

Auto) ein. Das bewirkt, dass Sie während der Einstellphase fortlaufend eine Anzeige<br />

des Eingangssignals auf dem Bildschirm erhalten, ohne dass das Oszilloskop mit einem<br />

externen Ereignis (z.B. dem Betätigen der Spritzen) synchronisisert (getriggert)<br />

wird. Stellen Sie nun nacheinander die Situationen "hell" <strong>und</strong> "dunkel" her. Maximales<br />

Signal ("hell") erhalten Sie, wenn die Küvette zwischen LED <strong>und</strong> Detektor mit<br />

(entionisiertem) Wasser befüllt wird. Minimales Signal ("dunkel") erhalten Sie, wenn<br />

gar kein Licht den Detektor erreicht. Zum Befüllen der Küvette mit Wasser befüllen<br />

Sie die Vorratsbehälter mit Wasser <strong>und</strong> stellen Sie die Drei-Wege-Hähne so ein, dass<br />

das Wasser aus den Vorratsbehältern direkt durch die Küvette in den Ablaufschlauch<br />

fließt. Stoppen Sie die Strömung, wenn Luft oder verunreinigte Flüssigkeit aus der<br />

Küvette verdrängt worden sind, durch entsprechende Drehung der Drei-Wege-Hähne.<br />

Das Befüllen der Küvette mit Wasser ist notwendig, weil die luftgefüllte Küvette<br />

(deutlich) höhere Reflexionsverluste aufweist als die wassergefüllte. Da Sie mit wässrigen<br />

Lösungen arbeiten, würde das tatsächliche Hell-Signal aus dem Anzeigebereich<br />

herauslaufen, wenn Sie versuchen würden, es jetzt mit einer luftgefüllten Küvette zu<br />

messen. Erzeugen Sie zunächst Dunkelheit, indem Sie einfach ein Stück Papier zwischen<br />

die Lichtquelle (eine blaue LED) <strong>und</strong> den Detektor bringen. Am Oszilloskop erhalten<br />

Sie eine waagrechte, gerade Linie, Ihre Null-Linie. Verschieben Sie diese (mit<br />

dem Drehknopf Position Vertikal) an den oberen Rand des Bildschirms (so, dass sie<br />

gerade noch sichtbar ist), damit Sie den Bildschirm optimal ausnutzen können, um das<br />

negative Signal darzustellen, wenn Licht auf den Detektor fällt. Entfernen Sie das Papier,<br />

um maximale Helligkeit zu erhalten. Die am Oszilloskop eingestellte Linie verschiebt<br />

sich nach unten (zu negativen Werten). Stellen Sie die Empfindlichkeit mit<br />

dem Drehknopf Volts/Div Vertikal so ein, dass die Anzeige für maximales Signal<br />

möglichst weit am unteren Rand des Bildschirms zu liegen kommt. Sollte für maximale<br />

Helligkeit zuerst gar keine Anzeige am Bildschirm erfolgen, ist die Empfindlichkeit<br />

zu hoch eingestellt, <strong>und</strong> Sie finden die Anzeige wieder, indem Sie die Empfindlichkeit<br />

verringern. Kontrollieren Sie mit dem Papier nochmals, dass Dunkelheit <strong>und</strong> maximale<br />

Helligkeit beide sichtbar sind <strong>und</strong> dass der Bildschirmbereich optimal ausgenutzt<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 10<br />

wird. Falls erforderlich, regeln Sie mit den jeweiligen Einstellknöpfen nach. Damit ist<br />

die Empfindlichkeitseinstellung abgeschlossen. Hinweis: Sollte die am Oszilloskop<br />

angezeigte Spannungsdifferenz für "hell" <strong>und</strong> "dunkel" weniger als 3V betragen, muss<br />

die LED nachjustiert werden. Wenden Sie sich an Ihren Assistenten oder an Ihre Assistentin.<br />

b: Einstellung der Zeitbasis <strong>und</strong> der Triggerung<br />

Jetzt geht es um die optimale Einstellung der x-Achse, d.h. um die Einstellung der<br />

Zeitbasis <strong>und</strong> die Festlegung des Start-Zeitpunkts. Für die erforderlichen Probemessungen<br />

befüllen Sie die Vorratsbehälter mit den Lösungen Y <strong>und</strong> X1. Für eine<br />

Grobeinstellung der Zeitbasis betreiben Sie das DSO zunächst weiterhin im Triggermodus<br />

AUTO. Machen Sie das DSO so langsam wie möglich, d.h. stellen Sie die am<br />

Drehknopf SEC/DIV größte Zeitbasis ein, über die das DSO verfügt (5s/Kästchen).<br />

Laden Sie die Spritzen blasenfrei mit jeweils 0.75 mL der Lösungen <strong>und</strong> führen Sie<br />

eine Probemessung durch. Das Signal sollte deutlich zu schnell sein für die gewählte<br />

Zeitauflösung. Wiederholen Sie die Probemessung mit kleineren Zeitbasen, bis das<br />

Signal den Bildschirm gut ausfüllt. Die Feineinstellung erfolgt im nächsten Schritt zusammen<br />

mit der Einstellung des Startzeitpunkts (Triggerung), d.h. mit der zeitlichen<br />

Synchronisation des DSO mit dem Experiment. Im vorliegenden Fall erfolgt die Triggerung<br />

durch den Endschalter an der Spritzenhalterung.<br />

Triggerzeitpunkt: t=0<br />

"Dunkel"-Signal: I t<br />

= 0<br />

I t<br />

(t→∞)<br />

I t<br />

(t)<br />

Mischung der Lösungen<br />

"Hell"-Signal: I t<br />

(t=0)<br />

Abb. 4: Optimierte, kommentierte Darstellung des Signals am Digital-Oszillographen. Die Photozelle<br />

erzeugt ein negatives Spannungssignal bei Belichtung. Vor Beginn der Messungen müssen<br />

"Dunkel"-Signal, "Hell"-Signal, Triggerzeitpunkt <strong>und</strong> Zeitbasis am DSO eingestellt werden.<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 11<br />

Zum Einstellen der Triggerung stellen Sie nun im Trigger-Menü den Modus Single<br />

Shot ein. (Die anderen Einstellungen sollten lauten: Flanke, Flanke Positiv, Quelle<br />

Ext., Kopplung DC. Sie beziehen sich auf die genaue Form des elektrischen Triggerimpulses<br />

<strong>und</strong> interessieren hier nicht weiter.) In Modus Single Shot stellt das DSO das<br />

Signal nur einmal beim ersten Triggerimpuls dar <strong>und</strong> geht dann in den Stop-Modus.<br />

Auf diese Weise wird verhindert, dass ein weiterer (unbeabsichtigter) Triggerimpuls<br />

dazu führt, dass das Signal überschrieben wird. Der Betriebszustand des DSO wird<br />

oberhalb des Bildschirmes angezeigt (Ready/Stop). Mit der Taste Run/Stop können<br />

Sie zwischen den beiden Modi hin- <strong>und</strong> herschalten. Befüllen Sie die Spritzen wieder<br />

mit jeweils 0.75 mL Flüssigkeit. Falls erforderlich, betätigen Sie die RUN/STOP-<br />

Taste, um das DSO in den Ready-Modus zu bringen. Starten Sie nun die Reaktion<br />

durch zügiges Hereindrücken der Spritzen. Positionieren Sie jetzt das am DSO angezeigte<br />

Signal möglichst bildschirmfüllend mit den Drehknöpfen Horizontal_Position<br />

(Verschiebung) <strong>und</strong> Sec/Div (Skalierung). Optimal ist die Einstellung, wenn Sie im<br />

ersten Kästchen die waagrechte Gr<strong>und</strong>linie sehen, im zweiten Kästchen den steilen<br />

Spannungsabfall (der einer Zunahme der Lichtintensität entspricht), <strong>und</strong> auf dem restlichen,<br />

größten Teil des Bildschirms die exponentiell abfallende Intensität (Spannungszunahme<br />

bis zum Anfangswert). Wiederholen Sie die Messung mit den gef<strong>und</strong>enen<br />

Einstellungen. Die Messkurve am DSO sollte in etwa so aussehen wie Abb. 4.<br />

Ist das der Fall, beginnen Sie mit den eigentlichen Messungen. Wenn Sie Messungen<br />

mit den anderen Lösungen durchführen, prüfen Sie, ob die Einstellungen angepasst<br />

werden müssen.<br />

3. Datenaufnahme <strong>und</strong> -transfer zum Rechner<br />

Nehmen Sie vor allen anderen Messungen einmal ein "Dunkel"-Signal auf, indem Sie<br />

die Photozelle abdecken (oder die Leuchtdiode ausschalten) <strong>und</strong> das Oszilloskop manuell<br />

(am Endschalter) triggern. Sie benötigen diese Nulllinie in der Auswertung. Zur<br />

Auswertung müssen Sie die Daten vom DSO zum Rechner übertragen. Dies geschieht<br />

mit dem LabView-Programm StoppedFlow.vi. Schalten Sie den Rechner ein, melden<br />

Sie sich als Benutzer Praktikum (ohne Passwort) an, <strong>und</strong> starten Sie das Programm auf<br />

dem Desktop. Wählen Sie im Feld VISA_resource_name die serielle Schnittstelle<br />

COM1 aus, über die Rechner <strong>und</strong> DSO miteinander verb<strong>und</strong>en sind, <strong>und</strong> geben Sie als<br />

Datenquelle (Source) den DSO-Kanal an, an dem Ihr Signal anliegt. Starten Sie dann<br />

den Datentransfer mit Operate/Run. Kommunikation <strong>und</strong> Datenübertragung benötigen<br />

ca. 5 Sek<strong>und</strong>en. Speichern Sie die Datei im Verzeichnis Praktikumsdateien.<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 12<br />

Laden Sie nun die Spritzen, schalten Sie das DSO in den Ready-Modus, <strong>und</strong> führen<br />

Sie die erste Messung durch. Speichern Sie die Daten wie oben beschrieben. Wiederholen<br />

Sie Messung, Datenaufnahme <strong>und</strong> Datentransfer noch vier weitere Male, bis Sie<br />

über einen Satz von 5 Messdateien verfügen, die unter identischen Bedingungen erstellt<br />

wurden. Gehen Sie für die 4 anderen Lösungen genauso vor, bis Sie schließlich<br />

über 25 Messkurven verfügen, 5 für jede Lösung. Wenn erforderlich. passen Sie dabei<br />

die Zeitbasis am DSO an.<br />

4. Auswertung der Daten mit OriginPro 8<br />

Die Auswertung erfolgt mit dem Programm OriginPro 8. Es ist ebenfalls auf dem<br />

Messrechner installiert. Die nachfolgenden Anleitungen sind eine von mehreren Möglichkeiten<br />

der Datenverarbeitung <strong>und</strong> als Empfehlungen für noch ungeübte Benutzer<br />

zu verstehen. Es gibt auch andere Wege zum Ziel. Wichtig ist, dass Sie das Ziel erreichen,<br />

der hier beschriebene Weg nur ein Vorschlag.<br />

a: Einlesen der Daten<br />

Ermitteln Sie zunächst den durchschnittlichen Signalwert D 0 für die Dunkelmessung.<br />

Dies ist Ihr Nullwert, auf den Sie im Folgenden alle gemessenen Werte beziehen müssen,<br />

um die Logarithmierung in (18) vornehmen zu können.<br />

Starten Sie das Programm OriginPro auf dem Desktop. Es ist empfehlenswert, die jeweils<br />

5 Messreihen, die unter identischen Bedingungen aufgenommen wurden, in 5<br />

Spalten ein <strong>und</strong> desselben Worksheets zu laden. Importieren Sie dazu Ihre Messdaten<br />

mit dem Import-Assistenten (File/Import/Import_Wizard). Wählen Sie Import Mode:<br />

Start New Columns aus (andernfalls wird jede Messreihe in ein eigenes Blatt geschrieben,<br />

was natürlich auch möglich ist, aber die Gesamtdatei schnell unübersichtlich<br />

werden lässt.) Alle anderen Einstellungen können ihren Standardwert behalten, so<br />

dass Sie den Datei-Import mit der Schaltfläche Finish abschließen können. Für den<br />

zweiten Satz von 5 Messreihen können Sie entweder ein neues Workbook (File-New-<br />

Workbook) erstellen oder im vorhandene Workbook ein neues Worksheet anlegen<br />

(mittels Rechtsklick auf den Registerkartenreiter unten links). Wiederholen Sie die<br />

Import-Prozedur für die restlichen Datensätze.<br />

b: Bearbeitung der Rohdaten <strong>und</strong> graphische Darstellung<br />

Jede Messdatei besteht nur aus einer einzigen Spalte mit Zahlenwerten S i ' für die von<br />

der Photozelle erzeugte Spannung. Sie müssen nun 1) die dazu gehörige Zeitachse<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 13<br />

selbst erstellen <strong>und</strong> 2) die Daten auf den Intensitätsnullpunkt beziehen, invertieren (da<br />

die Photodiode bei Lichteinfall ein negatives Signal erzeugt) <strong>und</strong> nach Gl. (18) logarithmieren.<br />

Bei der Erstellung der Zeitachse kommt es nur auf die Bestimmung der Intensitäts-Abklingzeiten<br />

an. Daher können Sie für alle Dateien, die mit der gleichen<br />

Zeitbasis am DSO aufgezeichnet wurden, dieselbe Zeitachse verwenden, unabhängig<br />

davon, wo der Zeit-Nullpunkt (der Triggerzeitpunkt) genau liegt. Alles, was Sie dazu<br />

brauchen, ist die Information über den Zeitabstand zweier benachbarter Datenpunkte<br />

in Ihren Messdateien. Diesen Wert finden Sie in den Kopfzeilen der Messdateien als<br />

Wert dt des Parameters WFMP:XIN. Die Einheit für den angegebenen Zahlenwert ist<br />

die Sek<strong>und</strong>e. Den Wert können Sie entweder in den originalen ASCII-Dateien nachschlagen,<br />

er steht aber auch, nach dem Datenimport etwas versteckt, in der Comments-<br />

Zeile ihres jeweiligen Origin-Arbeitsblattes. Erstellen Sie eine neue Spalte für die<br />

Zeitachse (Column-Add New Columns-1), markieren Sie sie, klicken Sie mit der rechten<br />

Maustaste in die Kopfzelle <strong>und</strong> ändern Sie im Kontextmenü die Zuordnung der<br />

Spalte von Y auf X (Set As-X). Öffnen Sie das Kontextmenü ein zweites Mal <strong>und</strong><br />

wählen Sie Set Column Values aus. Geben Sie in das Eingabefeld des Dialogfensters<br />

den Ausdruck i*dt ein (dt ist der Zahlenwert des Parameters WFMP:XIN) <strong>und</strong> bestätigen<br />

Sie mit OK. i ist der Laufindex für die Zeilennummer, der Zahlenwert in der 2.<br />

Spalte erhöht sich daher von Zeile zu Zeile um dt, <strong>und</strong> die neue Spalte enthält gerade<br />

die gesuchte Zeitachse mit den Werten t i = i⋅dt. Die Zeitachse gilt für alle 5 Messreihen<br />

in Ihrem Arbeitsblatt. Nun müssen Sie noch für jede einzelne Spalte die Spannungswerte<br />

S i ' um den Dunkelwert D 0 korrigieren, invertieren <strong>und</strong> logarithmieren.<br />

Erstellen Sie dazu jeweils eine neue Datenspalte (Column/Add_New_Columns) <strong>und</strong><br />

füllen Sie sie mit y i = ln(S i ) = ln(D 0 -S i ') (Column/Set_Column_Values).<br />

Markieren Sie nun jeweils zwei Spalten (y i <strong>und</strong> t i ) <strong>und</strong> stellen Sie die Intensitäts-<br />

Abklingkurve graphisch dar (Plot-Line-Line). Beschriften <strong>und</strong> formatieren Sie den<br />

Graphen durch Doppelklicks auf die jeweiligen Elemente (Achsen, Achsenbeschriftungen,<br />

Legende). Geben Sie dem Grafikfenster einen aussagekräftigen Namen (Window/Rename).<br />

Verfahren Sie so für alle Spalten in allen Arbeitsblättern. Sie sollten<br />

jetzt über 5⋅5 = 25 Grafiken verfügen.<br />

c: Ermittlung der Intensitäts-Abklingzeit k obs .<br />

Zur Auswertung müssen Sie diejenigen Daten auswählen, für die die Lichtintensität<br />

am Detektor nach vollständiger Vermischung der Lösungen exponentiell abgefallen<br />

ist. Der anfänglichen Anstieg der Intensität durch das Ersetzen der alten verbrauchten<br />

Lösungen durch die frische, zur Reaktion kommende hat ja mit der zu untersuchenden<br />

Reaktion nichts zu tun <strong>und</strong> darf daher im Fit nicht berücksichtigt werden. Zur Daten-<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 14<br />

auswahl benutzen Sie den Data Selector aus der Symbolleiste Tools: . Öffnen Sie<br />

dann den Fit-Assistenten (Analysis-Fitting-Non-linear Curve Fit-Open Dialog). Origin<br />

verfügt über eine reichhaltige Bibliothek an Standard-Fitfunktionen. Für die Beschreibung<br />

der Beziehung (18) ist die Funktion "ExpDec1", die zur Kategorie der "Basic<br />

Functions" gehört, am besten geeignet. Wählen Sie die Funktion "ExpDec1" auf der<br />

Settings-Registerkarte (oben) aus. Schauen Sie sich die mathematische Definition auf<br />

der Formula-Registerkarte (unten) an: y = y 0 +Ae -x/τ . Die Funktion ExpDec1 wird also<br />

durch drei anpassbare Parameter y 0 , A <strong>und</strong> τ beschrieben, von denen der Parameter τ<br />

der Kehrwert der Geschwindigkeitskonstanten k obs ist. In allen anderen Dialogfenstern<br />

können die Voreinstellungen übernommen werden. Beenden Sie daher den Fit-<br />

Assistenten mit . In Ihrem aktiven Grafikfenster sollten jetzt neben den Messdaten<br />

die angefittete Exponentialfunktion sowie ein Textfenster mit den Fit-Ergebnissen<br />

zu sehen sein. Bevor Sie die Prozedur für die anderen vier anderen Grafikfenster wiederholen,<br />

speichern Sie die Origin-Datei (File/Save_Project) <strong>und</strong> exportieren Sie die<br />

Grafik in eine Bilddatei (File/Export_Page). Wählen Sie ein Format, von dem Sie wissen,<br />

dass Sie es drucken oder in Ihrem Textverarbeitungsprogramm einbinden können.<br />

Diese Ausdrucke sind für alle 25 Messungen dem Protokoll beizufügen.<br />

Auswertung der Messungen<br />

1. Bestimmen Sie aus den 25 graphischen Messausdrucken k obs für die 5 pH-Werte. Berechnen<br />

Sie aus den jeweils 5 Messungen pro Lösung den Mittelwert für k obs<br />

2. Berechnen Sie aus Gl.(16b) mittels linearer Regression aus den 5 Mittelwerten für k obs<br />

die Geschwindigkeitskonstanten k 1 , k −1 , k 2 <strong>und</strong> k -2 <strong>und</strong> vergleichen Sie diese mit den<br />

Literaturwerten. Sie benötigen dafür die Werte der vier Gleichgewichtskonstanten:<br />

K 1 = 138 L/mol<br />

K a1 = 2.04ÿ10 -3 mol/L<br />

K 2 = 3.05 L/mol<br />

K a2 = 6.5ÿ10 -5 mol/L<br />

3. Interpretieren Sie die pH-Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten k obs ! Warum<br />

nimmt die Geschwindigkeitskonstante mit zunehmendem pH-Wert zu?<br />

Literatur <strong>und</strong> Literaturwerte<br />

k 1 = 183 L/(molÿs) k -1 = 1.32 1/s<br />

k 2 = 3330 L/(molÿs) k -2 = 1090 1/s<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie


Kinetik <strong>schneller</strong> <strong>Reaktionen</strong> 15<br />

Alle Werte aus: C.A. Clark, A stopped flow kinetics experiment for advanced <strong>und</strong>ergraduate<br />

laboratories: formation of iron(III) thiocyanate, J. Chem. Ed. 74, 1214 (1997)<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Apparatives Praktikum <strong>Physikalische</strong> Chemie, Dr. Christof Maul SS 2010<br />

TU Braunschweig, Institut für <strong>Physikalische</strong> <strong>und</strong> Theoretische Chemie

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!