Download - Hartmann
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Praxiswissen<br />
Die Autorin:<br />
Dr. Christine von Reibnitz,<br />
Referentin für Gesundheitspolitik<br />
bei der<br />
PAUL HARTMANN AG,<br />
Leibnizstraße 60,<br />
10629 Berlin,<br />
E-Mail: christine.vonreibnitz<br />
@hartmann.info<br />
Literatur bei der Autorin<br />
Nebendiagnosen<br />
Die Hauptdiagnose ist grundsätzlich die Diagnose,<br />
aufgrund derer ein Patient eingewiesen wird. Die<br />
Nebendiagnose defi niert sich wie folgt: „Eine Krankheit<br />
oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der<br />
Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthalts<br />
entwickelt.“ Nebendiagnosen sind<br />
Krankheiten, die durch therapeutische bzw. diagnostische<br />
Maßnahmen oder einen erhöhten Betreuungs-,<br />
Pfl ege- und/oder Überwachungsaufwand das Patientenmanagement<br />
beeinfl ussen, sodass üblicherweise<br />
eine verlängerte Dauer des stationären Aufenthaltes<br />
resultiert. In der Defi nition der Nebendiagnose wird in<br />
den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) explizit auf den<br />
pfl egerischen Aufwand hingewiesen; er ist somit als<br />
eigenständiges Problem kodierbar.<br />
Klassisches Beispiel stellt der Dekubitus 1. Grades<br />
dar, der eine Rötung bei intakter Haut beschreibt.<br />
Nach Information des ärztlichen Dienstes erfolgt die<br />
Lagerung des Patienten nach ärztlicher Anordnung,<br />
die Verlaufskontrolle ausschließlich durch das Pfl egepersonal.<br />
Somit könnte der Dekubitus in diesem<br />
Stadium auch ohne direkte ärztliche Beteiligung kodiert<br />
werden. Die Kodierung des Dekubitus kann bei<br />
ausreichendem Informationsfl uss und entsprechender<br />
Pfl egedokumentation vom ärztlichen Dienst übernommen<br />
werden.<br />
Im Klinikalltag ist oftmals ein detailliertes Lesen der<br />
Patientenakte oder ein Nachfragen nicht möglich. Speziell<br />
die Kodierung von Nebendiagnosen wird neben<br />
der Festlegung der Hauptdiagnose vom Medizinischen<br />
Dienst der Krankenkassen (MDK) kritisch geprüft. Aus<br />
diesem Grund sind die Dokumentation stationärer<br />
Patienten und der Entlassungsbericht von zentraler Bedeutung,<br />
in welchem sich neben den Informationen für<br />
den weiterbehandelnden Arzt auch Informationen über<br />
den Grund der stationären Aufnahme und diagnostische,<br />
therapeutische und pfl egerische Maßnahmen<br />
der kodierten Nebendiagnosen wieder fi nden sollten,<br />
da in einer ersten Prüfung insbesondere der Entlassungsbericht<br />
vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen<br />
(MDK) angefordert wird.<br />
Aber auch Symptome und Verdachtsdiagnosen sind<br />
als Neben- und in Einzelfällen auch als Hauptdiagnose<br />
kodierfähig, wenn keine eigenständige, weiter spezifi -<br />
zierte Diagnose ermittelt werden kann, was ausführlich<br />
dokumentiert werden sollte. Entscheidende Schwachstelle<br />
der Kodierung ist meist die fehlende Abbildung<br />
vorhandener Nebendiagnosen, welche den patientenbezogenen<br />
Gesamtschweregrad (PCCL) bestimmen<br />
und zu Mindererlösen führen. Ungenügend abgebildet<br />
sind meist Nebendiagnosen, welche sich durch<br />
Medikamenteneinnahme, Untersuchungsergebnisse<br />
und Konsultationen mit therapeutischer Konsequenz,<br />
Infektionen (insbesondere mit dazugehörigen Infektionserregern),<br />
erhöhten Pfl ege-, Betreuungs- und Überwachungsaufwand,<br />
Laborwerte und teilweise auch<br />
anamnestische Diagnosen (Allergien) ergeben. Deshalb<br />
ist es sinnvoll, dass die einzelnen Berufsgruppen<br />
ihren jeweiligen Aufwand jeweils selbst dokumentieren<br />
und kodieren.<br />
Bei Patienten ohne medizinische Begleiterkrankungen<br />
in den operativen Fächern kann die Kodierung von<br />
pfl egerelevanten Nebendiagnosen zu einer PCCL- bzw.<br />
Fallschweregrad-Steigerung führen und damit eventuell<br />
zu einer Erlössteigerung.<br />
Differenzierung pflegerelevanter Diagnosen<br />
von Pflegediagnosen<br />
Pfl egerelevante Diagnosen sind von Pfl egediagnosen<br />
zu unterscheiden. Pfl egerelevante Diagnosen<br />
beziehen sich auf den ICD 10 SGB V und beinhalten<br />
einen pfl egerischen Aspekt (wie z. B. L89 Dekubitus),<br />
während Pfl egediagnosen auf eine Klassifi zierung nach<br />
NANDA (North American Nursing Diagnosis Association)<br />
und ICPN (International Classifi cation for Nursing<br />
Kodierungsbeispiel Nebendiagnose Dekubitus<br />
Tab. 1<br />
ICD-10-Code<br />
(vers. GM 2005)<br />
Beschreibung<br />
Die folgenden fünften Stellen sind bei der<br />
Kategorie L89 zu verwenden<br />
L89.- Dekubitalgeschwür 0 Kopf<br />
1 Obere Extremität<br />
L89.1 Dekubitus 1.Grades<br />
2 Dornfortsätze<br />
L89.2 Dekubitus 2.Grades<br />
3 Beckenkamm, Spina iliaca<br />
L89.3 Dekubitus 3.Grades<br />
4 Kreuzbein, Steißbein<br />
5 Sitzbein<br />
L89.4 Dekubitus 4.Grades<br />
6 Trochanter<br />
L89.9 Dekubitus Grad nicht näher bezeichnet 7 Ferse<br />
8 Sonstige Lokalisationen der unteren Extremität<br />
9 Sonstige und nicht näher bezeichnete Lokalisation<br />
Quelle: von Reibnitz: Der Dekubitus im DRG-System, Heilberufe (4) 2005<br />
24 HARTMANN WundForum 1/2006