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Die Schattenfrau - Band 1 - Arcor.de

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sprechen mich an. Was soll ich <strong>de</strong>nn machen, wenn man mich fragt?“, gab sie zur Antwort.<br />

David ging nicht mehr auf diese Sache ein. Er wusste schon von Maria und all <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren,<br />

dass je<strong>de</strong>r Mensch einen blin<strong>de</strong>n Fleck besitzt und sich dadurch nicht selbst beobachten kann.<br />

Nein, Berta war nicht böse. Sie hatte sich trotz <strong>de</strong>r Ehrlichkeit Davids immer vollkommen<br />

an<strong>de</strong>rs gesehen.<br />

David hatte Berta vorher gesagt, auf was sie alles aufpassen sollte. Und außer<strong>de</strong>m sollte sie<br />

sich eine eigene Meinung bil<strong>de</strong>n. Bertas Argumente waren von einer unübertrefflichen<br />

Kreativität. „Nein, David, ich kann doch nichts dafür, dass Herr Dr. ... mich behan<strong>de</strong>lt, Du<br />

bist doch dafür verantwortlich. Du hast es doch so eingefä<strong>de</strong>lt, dass er mich untersucht, nein,<br />

ich wäre doch nicht freiwillig dort hingegangen“, sagte Berta. „Ich muss doch das machen,<br />

was Gott von mir will, ich gebe mich doch nur hin“, been<strong>de</strong>te sie ihre Ausre<strong>de</strong>n.<br />

David hatte Berta immer wie<strong>de</strong>r davor gewarnt, nicht vorschnell über an<strong>de</strong>re Menschen zu<br />

richten:<br />

„Urteilen und wertfrei Sehen sind zweierlei Maß“, so erzählte es David hun<strong>de</strong>rtfach. „Du urteilst,<br />

wenn Du in Dir das Gefühl hast, dass die Sache o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mensch nicht nach Deiner Logik funktioniert.<br />

Wertfrei „Sehen“ ist das Gleiche „sehen“ zu können, ohne dabei das Gefühl zu haben, dass es falsch<br />

ist, was Dein Gegenüber macht.“<br />

Sofort mel<strong>de</strong>te sich Berta zu Wort. „Nein, David, Du hast mich nicht verstan<strong>de</strong>n, ich sehe es<br />

total wertfrei, aber es ist doch nicht in Ordnung, was Herr ... macht. Ich habe kein Gefühl von<br />

urteilen in mir“, versuchte sie sich zu rechtfertigen. Aber Berta ließ <strong>de</strong>n Beobachter einfach<br />

links liegen. Erst als David sie ermahnte, bremste sie sich mit <strong>de</strong>n Worten: „Ich habe es ja<br />

nicht gesehen, dass haben mir die Leute erzählt, die sind schuld.“<br />

Maria hatte vor David eine absolute Hochachtung mit welchen Engelszungen und einer<br />

unendlichen Demut und Geduld er immer wie<strong>de</strong>r die gleichen Erklärungen abgab. Maria<br />

kannte mittlerweile auch die Wortwahl Davids. Aber hatte sie selbst eigentlich die Worte<br />

verstan<strong>de</strong>n? Stand Maria nicht genauso neben sich wie all die an<strong>de</strong>ren Menschen? Sah sie<br />

nicht <strong>de</strong>n Splitter in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren, aber <strong>de</strong>n eigenen Balken nicht? Wie oft sich<br />

Maria während dieser Zeit heimlich schämte, daran kann und möchte sie sich auch nicht mehr<br />

erinnern. Eines wusste sie aber, es waren unendliche viele Situationen, die sie nicht gemeistert<br />

hat.<br />

David hatte zwar eine unendliche Geduld mit <strong>de</strong>n Menschen. Wenn er aber erkannte, dass<br />

manche die Prüfungen, die sie hun<strong>de</strong>rtfach vorgelegt bekommen hatten, nicht bestan<strong>de</strong>n,<br />

än<strong>de</strong>rte er sein Verhalten. <strong>Die</strong>s bekam auch Berta zu spüren. War sie bisher ihrer Meinung<br />

nach <strong>de</strong>r Mittelsmann Davids, über <strong>de</strong>ssen Termine sie bestimmen konnte, än<strong>de</strong>rte sich dies<br />

nun schlagartig. David merkte sehr wohl, wenn Menschen versuchten ihn zu vermarkten.<br />

Trotz mehrfacher Warnung hörten diese aber nicht zu. So än<strong>de</strong>rte David sein Konzept. Berta<br />

konnte nicht mehr über David verfügen. Er ließ sie im unklaren, wann er käme und ob er<br />

überhaupt Vorträge geben wür<strong>de</strong>. Als nächstes folgte von ihr ein anklagen<strong>de</strong>r Brief. Ja, was<br />

hätte sie ihm <strong>de</strong>nn getan, sie hätte sich doch verän<strong>de</strong>rt. Nie wür<strong>de</strong> sie gelobt wer<strong>de</strong>n, lauteten<br />

die Argumente. Und außer<strong>de</strong>m wür<strong>de</strong> er sie seit geraumer Zeit nur noch kritisieren, wo sie<br />

doch nur Liebe und Verständnis sei. David reagierte zum ersten Mal schriftlich. Er zeigte ihr<br />

auf, welchen blin<strong>de</strong>n Fleck sie hatte. Außer<strong>de</strong>m sollte sie diesen Brief mehrere Male lesen<br />

und sich Gedanken darüber machen. Er hätte ihr alles schon tausendfach erklärt. Er liebe sie<br />

trotz<strong>de</strong>m, aber sie müsse von ihrem hohen Ross herunterkommen. Bertas erste Reaktion war<br />

gekränkte Eitelkeit. Hatte David sie überhaupt nicht verstan<strong>de</strong>n! Was wüsste er schon, was sie<br />

in Wahrheit <strong>de</strong>nken wür<strong>de</strong>, argumentierte sie. Berta merkte sehr wohl, dass sie ihre gekränkte<br />

Eitelkeit und das Großwer<strong>de</strong>n in Davids Anwesenheit auf die Waagschale legen musste.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Schattenfrau</strong> - <strong>Band</strong> 1 25

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