Einsätze der Bundeswehr - wo stehen wir?

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EINSÄTZE DER BUNDESWEHR – WO STEHEN WIR? – BEITRAG: OBERST A.D. BERND-GÜNTER KÖPCKE Oberst i.G. Jürgen Joachim v. Sandrart bei seinem Vortrag Das Schwarze Barett Nr. 48 Einsatzbetrachtungen sind zum Tag der Panertruppen ein MUSS. Dankenswerterweise hat Panzerkamerad Oberst i.G. v. Sandrart aus dem BMVg, Abteilung Strategie & Einsatz, Referatsleiter II 1 und damit zuständig für MilPol & Einsatz, Region Asien und Ozeanien, die Aufgabe übenommen, das Plenum hinsichtlich der Frage: „Wo stehen wir bei den Einsätzen?“ ins Bild zu setzen. In seinem Referat wird derzeit mit Schwerpunkt die Lage in Afghanistan bearbeitet und von daher ist er besonders prädestiniert, zu dortigen Entwicklung vorzutragen. Bevor er aber zu seiner Tour d´horizon über die Einsatzgebiete „startete“, gab er zunächst einmal einen kurzen Überblick über die Struktur der Abteilung Stategie & Einsatz, definierte die Aufgabe, die Verantwortlichkeiten, beschrieb die verschiedenen Organisations- und Ablaufprozesse sowie prozedurale Vorgehensweisen und ressortübergreifende Arbeitsweisen. 27

EINSÄTZE DER BUNDESWEHR<br />

– WO STEHEN WIR? –<br />

BEITRAG: OBERST A.D. BERND-GÜNTER KÖPCKE<br />

Oberst i.G. Jürgen Joachim v. Sandrart<br />

bei seinem Vortrag<br />

Das Schwarze Barett Nr. 48<br />

Einsatzbetrachtungen sind zum<br />

Tag <strong>der</strong> Panertruppen ein MUSS.<br />

Dankenswerterweise hat Panzerkamerad<br />

Oberst i.G. v. Sandrart aus<br />

dem BMVg, Abteilung Strategie &<br />

Einsatz, Referatsleiter II 1 und damit<br />

zuständig für MilPol & Einsatz, Region<br />

Asien und Ozeanien, die Aufgabe<br />

übenommen, das Plenum hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> Frage: „Wo <strong>stehen</strong> <strong>wir</strong> bei den <strong>Einsätze</strong>n?“<br />

ins Bild zu setzen.<br />

In seinem Referat <strong>wir</strong>d <strong>der</strong>zeit mit<br />

Schwerpunkt die Lage in Afghanistan<br />

bearbeitet und von daher ist er beson<strong>der</strong>s<br />

prädestiniert, zu dortigen Entwicklung<br />

vorzutragen.<br />

Bevor er aber zu seiner Tour d´horizon<br />

über die Einsatzgebiete „startete“, gab<br />

er zunächst einmal einen kurzen Überblick<br />

über die Struktur <strong>der</strong> Abteilung<br />

Stategie & Einsatz, definierte die Aufgabe,<br />

die Verant<strong>wo</strong>rtlichkeiten, beschrieb<br />

die verschiedenen Organisations- und<br />

Ablaufprozesse sowie prozedurale Vorgehensweisen<br />

und ressortübergreifende<br />

Arbeitsweisen.<br />

27


Führung-Ausbildung-Technik<br />

Fazit:<br />

In <strong>der</strong> Abteilung Stategie & Einsatz<br />

nehmen <strong>Einsätze</strong> <strong>der</strong> <strong>Bundeswehr</strong><br />

einen zentralen Platz im Aufgabenspektrum<br />

ein. Für diese Aufgabe ist sie in<br />

<strong>der</strong> Summe mit einem umfassenden<br />

Sachverstand ausgestattet, <strong>der</strong> so<strong>wo</strong>hl<br />

durch eine breite Aufstellung <strong>der</strong> Abteilung<br />

als auch durch die Verfügbarkeit<br />

von externen Verbindungsoffizierenund<br />

Beamten verschiedenster Ministerien<br />

gewährleistet <strong>wir</strong>d. Das Ziel <strong>der</strong><br />

Neustrukturierung, insbeson<strong>der</strong>e die<br />

Konzentration auf Kernaufgaben, eine<br />

klare Definition <strong>der</strong> Verant<strong>wo</strong>rtlichkeiten,<br />

dabei Aufgabe, Verant<strong>wo</strong>rtung<br />

und Kompetenz in einer Hand, somit<br />

Reduzierung von Schnittstellen,<br />

scheint gegeben.<br />

Im zweiten Teil seiner Ausführungen<br />

trug Oberst i.G. v. Sandrart mit<br />

kurzen Überblicken zu ausgewählten<br />

<strong>Einsätze</strong> <strong>der</strong> <strong>Bundeswehr</strong> aus Sicht <strong>der</strong><br />

Abteilung Strategie und Einsatz vor.<br />

Die Wie<strong>der</strong>gabe des Vortrags erfolgt<br />

auszugsweise auch in wörtlicher Rede.<br />

Aktuell beteiligt sich die <strong>Bundeswehr</strong><br />

mit rund 6.800 Soldaten an zwölf <strong>Einsätze</strong>n<br />

auf drei Kontinenten.<br />

Dazu müssen noch ca. 4.000 Soldaten<br />

gerechnet werden, die für mögliche<br />

<strong>Einsätze</strong> im Rahmen von Verpflichtungen<br />

gegenüber <strong>der</strong> NATO (ca. 1.500<br />

Soldaten) und EU (ca. 1.000 Soldaten)<br />

sowie zur nationalen Krisenvorsorge<br />

(ca. 1.200 Soldaten) bereitgehalten<br />

werden.<br />

Zur internationalen Konfliktverhütung<br />

und Krisenbewältigung<br />

müssen streitkräftegemeinsam, eskalations-<br />

und durchsetzungsfähige Kräfte<br />

gleichzeitig für <strong>Einsätze</strong> in unterschiedlichen<br />

Einsatzgebieten, gegebenenfalls<br />

unter Abstützung auf externe Unterstützung,<br />

gestellt werden können.<br />

Dafür sind zeitgleich rund 10.000 Soldatinnen<br />

und Soldaten durchhaltefähig<br />

vorzuhalten.<br />

Zur Bündnisverteidigung ist ein streitkräftegemeinsames<br />

Kräftedispositiv bereit<br />

zu stellen, das multinational zur<br />

schnellen, <strong>wir</strong>ksamen und zeitlich begrenzten<br />

Reaktion befähigt ist. (MJO)<br />

Eine <strong>der</strong>artige Operation kann die<br />

Entscheidung zum Abbruch parallel<br />

laufen<strong>der</strong> Stabilisierungseinsätze notwendig<br />

machen.<br />

Die in diesem Kräftedispositiv enthaltenen<br />

deutschen Anteile <strong>der</strong> NATO<br />

Response Force und <strong>der</strong> EU Battlegroup<br />

bilden auch weiterhin den<br />

Nukleus des deutschen Beitrags für die<br />

schnelle Reaktion im Nordatlantischen<br />

Bündnis und in <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union.<br />

Seit den Unruhen im Sommer 2011<br />

ist <strong>der</strong> KFOR-Einsatz wie<strong>der</strong> stärker in<br />

das Bewusstsein <strong>der</strong> DEU Bevölkerung<br />

durch die Medien gerückt.<br />

Lassen Sie mich kurz wesentliche Punkte<br />

darstellen, die die Lage und Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

skizzieren.<br />

KFOR ist ein militärischer Stabilisierungseinsatz<br />

in seiner späten Phase. Die<br />

militärischen Aufträge sind grundsätzlich<br />

erledigt und <strong>wir</strong> nehmen im Kosovo<br />

eher polizeiliche Aufgaben wahr.<br />

KFOR war und ist noch immer erfolgreich<br />

bei <strong>der</strong> Stabilisierung weiter Teile<br />

des Kosovo.<br />

Nur im relativ kleinen nördlichen Teil<br />

des KOS gibt es Kräfte, die an einer<br />

Instabilität Interesse haben. Gründe hierfür<br />

sind teils serbisch-nationalistische,<br />

teils pragmatische, wie etwa die Einnahmen<br />

aus illegalen Geschäften (z.B.<br />

Schmuggel).<br />

Die Regierung in Pristina ist <strong>der</strong>zeit<br />

nicht in <strong>der</strong> Lage, Ihren Souveränitätsanspruch<br />

vollumfänglich im Norden<br />

des Landes durchzusetzen. Falls Sie dies<br />

doch versucht (z.B. durch die Entsendung<br />

von Son<strong>der</strong>polizei), dann ist eine<br />

Eskalation <strong>der</strong> Gewalt wie Sommer<br />

2011 die Folge.<br />

Daher geht DEU zwei Wege: Wir for<strong>der</strong>n<br />

Belgrad zur Mäßigung auf und <strong>wir</strong><br />

ermahnen Pristina mit mehr Fin<strong>der</strong>spitzengefühl<br />

im Nord-KOS vorzugehen<br />

und <strong>wo</strong>llen dadurch eine Annäherung<br />

<strong>der</strong> Streitparteien erreichen.<br />

Lei<strong>der</strong> ist die EULEX Mission mit<br />

Ihren zu geringen und wenig respektierten<br />

Polizeikräfte dort auch nicht<br />

<strong>wir</strong>klich in <strong>der</strong> Lage, für Ordnung und<br />

Stabilität zu sorgen. Diese Gemengelage<br />

führt dazu, dass KFOR eben nicht<br />

als „third respon<strong>der</strong>“ eingesetzt <strong>wir</strong>d,<br />

son<strong>der</strong>n sich im Nord-KOS als „first<br />

reson<strong>der</strong>“ wie<strong>der</strong> findet.<br />

DEU ist sich seiner Verant<strong>wo</strong>rtung<br />

für die Stabilität des Balkans, sprich<br />

einer Region unmittelbar vor unserer<br />

Haustür, bewusst und <strong>wir</strong> leisten daher<br />

weiterhin einen signifikanten Beitrag<br />

für KFOR.<br />

<br />

2012 mit Generalmajor Volker<br />

Halbauer zum vierten Mal in<br />

Folge den COM KFOR. Dessen<br />

28 Das Schwarze Barett Nr. 48


<strong>Einsätze</strong><br />

HQ in Pristina <strong>wir</strong>d durch uns<br />

auch weiterhin mit Personal unterstützt.<br />

<br />

Truppensteller bei KFOR und<br />

haben neben dem gerade wie<strong>der</strong><br />

verlegten DtA des ORF-Bataillons<br />

auch ein Einsatzlazarett auf Kreiskrankenhausniveau<br />

in Prizren und<br />

eine DEU Einsatzkompanie in<br />

NOVO SELO.<br />

Damit haben <strong>wir</strong> zur Zeit über 1.000<br />

DEU Soldaten vor Ort.<br />

Lassen Sie mich im Folgenden näher<br />

auf die Truppenstärke für KFOR<br />

eingehen:<br />

Zum 01. März 2011 erfolgte <strong>der</strong><br />

Übergang in die zweite Phase (Gate 2)<br />

des Einsatzprofils „Deterrent Presence“,<br />

(DP). Dieses bedeutete für KFOR eine<br />

Verringerung <strong>der</strong> Truppenstärke auf ca.<br />

5.500 Soldaten, davon etwa 900 DEU<br />

Soldaten. Mit einer weiteren Truppenreduzierung<br />

ist <strong>der</strong>zeit nicht zu rechnen.<br />

Eher zeigt die Realität, dass <strong>wir</strong> uns in<br />

einer Gate 2+ Phase befinden, denn die<br />

dauerhafte Verlegung des ORF-Btl führt<br />

de facto zu einer Erhöhung <strong>der</strong> Kräfte.<br />

Dies ist we<strong>der</strong> in unserem Sinne noch<br />

sendet es politisch auf Dauer das angemessene<br />

Signal für eine Mission, die<br />

eigentlich auf eine sich zunehmend<br />

stabilisierende Lage ausgerichtet ist.<br />

Das Schwarze Barett Nr. 48<br />

Angestrebt ist eine Anpassungen auf<br />

Grundlage <strong>der</strong> be<strong>stehen</strong>den Kräftestruktur,<br />

um die Effizienzgewinnung<br />

(z.B. Verringerung <strong>der</strong> Feldlager) und<br />

Schwerpunktbildung im Nord-KOS zu<br />

beför<strong>der</strong>n.<br />

Es herrscht große Einigkeit in <strong>der</strong><br />

NATO, dass man das ORF-Btl bis<br />

Weihnachten abziehen möchte, falls die<br />

Sicherheitslage dies zulässt.<br />

Insgesamt bietet aber die Lage gegenwärtig<br />

keine belastbare Grundlage, um<br />

zu einer Kräftereduzierung in <strong>der</strong> Phase<br />

DP Gate 3 vor Mitte 2013 zu gelangen.<br />

Daher sind alle genannten Elemente<br />

<strong>der</strong> DEU Beteiligung für 2013 ausgeplant<br />

und <strong>wir</strong> werden einen planerischen<br />

Vorhalt auch für 2014 schaffen.<br />

Wir haben mit KFOR und <strong>der</strong> erneuten<br />

Entsendung des ORF-Btl den politisch<br />

Verant<strong>wo</strong>rtlichen Zeit erkauft.<br />

Wesentlich für die Zukunft <strong>der</strong><br />

Region bleibt die Entwicklung<br />

von politischen Lösungen im SRB-<br />

KOS Dialog und Fortschritten bei<br />

<strong>der</strong> KOS Min<strong>der</strong>heitenpolitik (KOS-<br />

Serben) in Nord-KOS.<br />

Anmerkung <strong>der</strong> Radaktion:<br />

Danach berichtete <strong>der</strong> Vortragende<br />

über den Sachstand und die Entwicklung<br />

so<strong>wo</strong>hl <strong>der</strong> maritimen<br />

Operationen Unifil, Atalanta und Active<br />

Endeauver als auch über die VN/EU<br />

Missionen in Afrika. Dort sind keine<br />

signifikanten Verän<strong>der</strong>ungen gegeben,<br />

sodass auf eine Wie<strong>der</strong>gabe zugunsten<br />

aktuellerer sicherheitpolitischer Entwicklungen<br />

verzichtet <strong>wir</strong>d..<br />

Mission MALI,<br />

neues Mandat am Horizont?<br />

Mali ist ein Binnenland und ca. dreieinhalbmal<br />

so groß wie Deutschland. Der<br />

unter Kontrolle islamistischer Gruppen<br />

<strong>stehen</strong>de Norden des Landes ist doppelt<br />

so groß wie Deutschland, verfügt über<br />

nur wenige Verkehrswege und besteht<br />

zum größten Teil aus Wüste. Nennenswerte<br />

Ortschaften und zugleich<br />

Provinzhauptstädte im Norden sind<br />

TIMBUKTU, GAO und KIDAL.<br />

Mali hat 15 Mio. Ein<strong>wo</strong>hner, davon lebten<br />

bislang ca. 1,5 Mio. in den Provinzen<br />

TIMBUKTU, GAO und KIDAL. Die<br />

malische Bevölkerung besteht aus ca.<br />

30 Ethnien. Den größten Anteil bilden<br />

mit 41% die Mande, Schwarzafrikaner,<br />

die überwiegend im Südwesten Malis<br />

und damit auch in <strong>der</strong> Hauptstadtregion<br />

um BAMAKO siedeln.<br />

Arabischstämmige Mauren mit 4% und<br />

Tuareg mit 5% bilden nur Min<strong>der</strong>heiten<br />

in <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung, lediglich im<br />

dünnbesiedelten Norden Malis stellen<br />

sie die Mehrheitsbevölkerung.<br />

In Mali dominiert <strong>der</strong> Islam sunnitischer<br />

Richtung, <strong>der</strong> in ganz Mali bislang<br />

mehrheitlich in gemäßigter Form praktiziert<br />

<strong>wir</strong>d.<br />

Im Herbst 2011 kehrten ca. 1.500 im<br />

Kampf für Gaddafi erfahrene Tuareg<br />

samt Waffen, Fahrzeugen und Munition<br />

aus Libyen in ihre Heimatregion<br />

Nordmali zurück.<br />

Ein Teil dieser Kämpfer erhob sich<br />

gegen die malische Zentralregierung in<br />

BAMAKO und errang bis April 2012<br />

die Kontrolle über die nordmalischen<br />

Provinzen TIMBUKTU, GAO und<br />

KIDAL.<br />

Parallel zu den Tuareg-Rebellen beteiligten<br />

sich islamistische Gruppierungen<br />

am Kampf gegen die malische<br />

Armee. Während die Tuareg-Kämpfer<br />

die Armee bis nördlich <strong>der</strong> dargestellten<br />

Linie verfolgten, übernahmen<br />

die Islamisten die Kontrolle über die<br />

größeren Ortschaften Nordmalis.<br />

29


Führung-Ausbildung-Technik<br />

Eine zeitweilige Allianz zwischen den<br />

Tuareg-Rebellen und den Islamisten<br />

scheiterte, mittlerweile dominieren die<br />

Islamisten den Norden Malis politisch<br />

wie militärisch.<br />

Im Süden Malis führte die Rebellion im<br />

Norden zu einem Militärputsch. Mittlerweile<br />

wurde eine „Regierung <strong>der</strong> Nationalen<br />

Einheit“ gebildet. Diese umfasst<br />

31 Minister, unter denen auch Vertreter<br />

<strong>der</strong> ehemaligen Militärjunta sind.<br />

Anmerkung Redaktion:<br />

Eine politische Entscheidung zu einer<br />

Beteiligung deutscher Kräfte für eine<br />

Mission, voraussichtlich unter einem<br />

EU Mandat, steht noch aus. Aber in<br />

den politischen Gremien und sicherheitspolitischen<br />

Zirkeln so<strong>wo</strong>hl <strong>der</strong><br />

Regierung wie auch dem Deutschen<br />

Bundestages ist Mali ein Thema. Trotz<br />

aller Ungewissheit zeichnet sich folgen<strong>der</strong><br />

‘Tenor für die Mission ab: In erster<br />

Linie sind die “Afrikaner” gefor<strong>der</strong>t.<br />

Kampftruppen von DEU-Seite scheinen<br />

ausgeschlossen, von Ausbildungs- und<br />

logistischer Unterstützung ist die Rede.<br />

Afghanistan:<br />

Gegenwärtig sind ungefähr 132.000<br />

Soldaten aus 50 Nationen (Stand<br />

14. September 2012, alle 28 NATO<br />

Mitgliedstaaten sowie 22 Nicht-<br />

NATO-Staaten) an ISAF beteiligt.<br />

DEU ist mit einer Gesamtstärke von<br />

<strong>der</strong>zeit 4400 Soldaten drittgrößter<br />

Truppensteller <strong>der</strong> beteiligten Nationen<br />

nach den USA und GBR. Der<br />

DEU Beitrag konzentriert sich dabei<br />

unverän<strong>der</strong>t auf die nördliche ISAF-<br />

Region.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Süden aber auch<br />

mehr und mehr <strong>der</strong> Osten AFG bilden<br />

den Schwerpunkt von COM ISAF.<br />

Der Schwerpunkt in <strong>der</strong> Operationsführung<br />

im Regionalkommando Nord<br />

ist unverän<strong>der</strong>t die Stabilisierung des<br />

KUNDUZ-BAGHLAN-Korridors.<br />

Insgesamt sind in <strong>der</strong> Nordregion<br />

AFG 18 Nationen präsent mit rund<br />

9.500 Soldaten, davon sind rund 4.400<br />

deutsche Soldaten/-innen (DEU Gesamtstärke<br />

in AFG: 4.600).<br />

Die Grundzüge des deutschen<br />

Engagements folgen dem “Vernetzten<br />

Ansatz” o<strong>der</strong> “Comprehensive<br />

Approach”.<br />

Die Lösung des Konflikts kann nur<br />

gelingen, wenn die Beteiligten ihre<br />

Beiträge koordinieren und dabei alle<br />

zivilen und militärischen Mittel genutzt<br />

werden. Im Vernetzten Ansatz<br />

werden entsprechend die wesentlichen<br />

Elemente und Methoden miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden.<br />

Das Auswärtige Amt, das Innenministerium<br />

sowie das Ministerium für<br />

<strong>wir</strong>tschaftliche Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung sind durch Vertreter im<br />

Hauptquartier des Regionalkommandos<br />

Nord und in den Provincial Rekonstruction<br />

Teams (PRT) vertreten.<br />

Darüber hinaus erfolgt die enge Zusammenarbeit<br />

und <strong>der</strong> Austausch hier<br />

in Berlin über die Runde <strong>der</strong> Staatssekretäre<br />

zu Afghanistan und durch den<br />

Austausch von Verbindungsbeamten<br />

zwischen den beteiligten Ressorts.<br />

Somit sind diese wichtigen Elemente<br />

für die Stabilisierung und den Wie<strong>der</strong>aufbau<br />

mit <strong>der</strong> militärischen Führung<br />

zusammengeführt.<br />

Der militärischen Auftrag lautet,<br />

ein stabiles und sicheres Umfeld als<br />

Voraussetzung für Wie<strong>der</strong>aufbau und<br />

<br />

Die Rolle ISAF wandelt sich seit dem<br />

Jahreswechsel 2011 auf 2012 vom <strong>der</strong>zeit<br />

noch robusten Partnering hin zur<br />

Unterstützung und Befähigung im<br />

Sinne des Security Force Assistance<br />

Concept (SFA-Concept).<br />

Mit <strong>der</strong> Umsetzung des SFA-Konzepts<br />

und <strong>der</strong> qualitativen Verbesserung <strong>der</strong><br />

ANSF (Afghanische Sicherheitskräfte)<br />

verän<strong>der</strong>t sich die Rolle ISAF von einer<br />

Unterstützung im Gefecht hin zu einer<br />

zunächst taktisch-operativen, dann<br />

strategischen Beratung.<br />

Hierzu glie<strong>der</strong>n unsere Kräfte ab dem<br />

dritten Quartal 2012 um. Dies ist zugleich<br />

die Ausgangslage für das „Post-<br />

ISAF“ Engagement <strong>der</strong> NATO.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Anpassungen wurde<br />

das mittlerweile zivil geleitete PRT<br />

Faizabad im Oktober 2012 aufgelöst.<br />

Das PRT Kunduz wurde am 15. Oktober<br />

2012 in zivile Leitung übergeben.<br />

Das Provincial Advisory Team (PAT)<br />

Taloqan wurde bereits am 15. Februar<br />

2012 von seinen Aufgaben entbunden.<br />

Sie sehen, <strong>der</strong> vernetzte Ansatz ist<br />

nicht nur ein konzeptionelles Gebilde,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>wir</strong>d auch in <strong>der</strong> Praxis – vor<br />

Ort – zunehmend erfolgreich angewendet.<br />

Der „Comprehensive Approach“ hat<br />

sich nach unserer Überzeugung bewährt,<br />

er ist alternativlos.<br />

30 Das Schwarze Barett Nr. 48


<strong>Einsätze</strong><br />

Die Einstiegsgröße als „Abholpunkt“<br />

für ein Folgemandat des Deutschen<br />

Bundestages beläuft sich auf 4.400 Soldaten.<br />

Das folgende Schaubild zeigt das<br />

„Prinzip“ <strong>der</strong> Reduzierungsdarstellung.<br />

In Anbetracht <strong>der</strong> Präsidentschaftswahlen<br />

in AFG muss aber auch über<br />

mögliche “Rückbaufenster” nachgedacht<br />

werden.<br />

Ebenso ist die <strong>der</strong> Winterperiode folgende<br />

Kampfperiode zu berücksichtigen.<br />

Das heißt: Die militärische Umsetzung<br />

<strong>der</strong> Zielgröße 3.300 erfor<strong>der</strong>t die Abwicklung<br />

<strong>der</strong> Standorte Observation<br />

Point NORTH und Kunduz sowie<br />

eine Streichung bzw. Reduzierung von<br />

„Fähigkeitspaketen“.<br />

(es fehlen noch Korpstruppen (Militäry<br />

Intelligence, ELOKA- und Pioniertruppenteile),<br />

die im I. Quartal 2013<br />

folgen.<br />

Alles Handeln in AFG folgt dem<br />

sequentiellen Ansatz (Aufbau <strong>der</strong><br />

Sicherheitskräfte, Transition, (Übergabe<br />

<strong>der</strong> Sicherheitsverant<strong>wo</strong>rtung<br />

an AFG) Kräftereduzierungen, PRT<br />

Weiterentwicklung, Rückverlegung).<br />

Der Rückbau <strong>der</strong> DEU Liegenschaften<br />

erfor<strong>der</strong>t sequentielles / schrittweises<br />

Vorgehen:<br />

Die AFG Partner müssen „mitgenommen“<br />

werden, so<strong>wo</strong>hl zivil wie<br />

militärisch.<br />

Eine gleichzeitige Schließung ist<br />

aus operationellen, logistischen und<br />

kommunikationsstrategischen Gründen<br />

nicht sinnvoll<br />

Die Auflösung <strong>der</strong> Einsatzgebiete OP<br />

NORTH / Kunduz muss im Zusammenhang<br />

mit dem durch Ungarn<br />

geführten PRT Pol-e Khomri gesehen<br />

werden. Dies sind wesentliche Standorte<br />

im strategisch relevanten Kundus-<br />

Baghlan Korridor.<br />

Zudem sind die logistische Leistungsfähigkeit<br />

und die Rückführungskapazitäten<br />

begrenzt.<br />

Von Bedeutung für ein geordnetes<br />

Planungsverfahren zur Übergabe<br />

<strong>der</strong> Verant<strong>wo</strong>rtung an die AFG sind<br />

darüber hinaus auch die Entwicklungen<br />

die sich aus dem Verlauf <strong>der</strong><br />

Kampfsaison, dem Winter und den<br />

Wahlen ergeben.<br />

Das bedeutet: Die Folgeschritte für<br />

eine Übergabe <strong>der</strong> Sicherheitsveran<strong>wo</strong>rtung<br />

an die AFG sind <strong>der</strong>zeit <strong>der</strong>zeit<br />

in <strong>der</strong> Abfolge : PEK – OP N – KDZ,<br />

geplant.<br />

Daraus folgt: eine späte und gleichzeitige<br />

Schließungen aller Einrichtungen<br />

verbieten sich! und die Prozesse<br />

müssen vor dem Winter 2013 abgeschlossen<br />

sein.<br />

Auch gilt es sich auf eine Anpassung des<br />

Mandatsgebietes vor dem Hintergrund<br />

einer ggf. zu erwartenden Neuordnung<br />

<strong>der</strong> Kommandostruktur (z.B. Zusammenlegung<br />

<strong>der</strong> operativen Hauptquartiere<br />

(ISAF Joint Command und NATO<br />

Training Mission-Afghanistan in Bagram)<br />

bereits für das Mandat 2013 einzustellen.<br />

Die Stärke <strong>der</strong> afghanischen Sicherheitskräfte<br />

(ANSF) beträgt aktuell<br />

AFG-weit: (Sept 2012): 345.000 =<br />

98% <strong>der</strong> Sollstärke.<br />

Die afghanische Armee (ANA) hat<br />

im RC N: 26 von 29 Vbd aufgestellt<br />

Das Schwarze Barett Nr. 48<br />

31


Führung-Ausbildung-Technik<br />

Erheblichen Einfluss auf den Verlauf<br />

<strong>der</strong> Entwicklung sind die <strong>der</strong>zeit<br />

bereits laufenden Prozesse <strong>der</strong> Kräftereduzierungen<br />

und Kräftekonzentrationen:<br />

Im Bereich des RC N reduzieren die<br />

NORDIC Nations (SWE, NOR, FIN,<br />

Lettland) im Westen, die USA Surge<br />

Recovery auf gesamter Breite und<br />

DEU imOsten (Faysabad, Taloqan und<br />

Hasrate-Sultan).<br />

Dabei <strong>wir</strong>d konsequent dem Prozess<br />

<strong>der</strong> Transition und dem Aufbau des<br />

Fähigkeitsprofils <strong>der</strong> afghansichen<br />

Sicherheitskräfte gefolgt.<br />

Der COM ISAF trug im NATO-Rat am<br />

5. September 2012 vor: „Rückführung<br />

<strong>der</strong> USA-Kräftereduzierung erfolgt<br />

planmäßig, ca. 60% <strong>der</strong> landesweit<br />

betriebenen militärischen Stützpunkte<br />

konnten bereits geschlossen werden“<br />

ISAF schloss bis Ende August 2012 insgesamt<br />

202 Basen und übergab 300<br />

weitere an die ANSF.<br />

„Fähigkeitspakete“ und Standorte<br />

am 1. Februar 2013 als Einstieg in<br />

das Folgemandat.<br />

DEU bringt duch TIGER (Dezember<br />

2012) und NH 90 (II. Quartal 2013)<br />

neue Fähigkeiten in den Einsatz.<br />

Annahmen für 2013:<br />

Die Militärische Lage erlaubt weitere<br />

Reduzierungsschritte.<br />

ANSF hat Sollstärke und „Rating“<br />

(„Independent with Advisors“) erreicht;<br />

die notwendige ISAF Unterstützung<br />

kann phasenweise durch “enabler” und<br />

Beratertätigkeit erfolgen.<br />

Unterstützende Rolle auf Kandak-<br />

Ebene (Btl-Ebene) kann in 2013 zunehmend<br />

gekürzt und auf Brig-Ebene<br />

noch mindestens bis Anfang 2014 erhalten<br />

werden. Die Korpsebene und die<br />

Verbindung (für Situational Awareness“)<br />

zu den Führern <strong>der</strong> afghanischen<br />

Sicherheitskräfte müssen langfristig<br />

aufrecht erhalten bleiben.<br />

Kräftekonzentration und Eigenständigkeit<br />

<strong>der</strong> ANSF führt zu einer militärischen<br />

Konzentration auf einen<br />

deutlich kleineren Raum von westlich<br />

Mazar e-Sharif und ostwärts Kunduz-<br />

Baghlan.<br />

Spezialkräfteoperationen im gesamten<br />

Einsatzraum werden weiterhin ein<br />

wichtiger Faktor sein, um gegen die<br />

Führungsstrukturen <strong>der</strong> Aufständischen<br />

vorzugehen.<br />

Die Nordregion hat eine hohe logistische<br />

Bedeutung; insbeson<strong>der</strong>e, wenn<br />

die Südroute über PAKISTAN gefährdet<br />

ist. Im Raum Kunduz-Baghlan<br />

ist deshalb die “Dichte” an Sicherheitskräften<br />

(ANSF und lokale Sicherheitsstrukturen)<br />

im gesamten Norden<br />

am höchsten.<br />

Die Planung erfolgt allerdings unter be<strong>stehen</strong>den<br />

Unwägbarkeiten, die jeweils<br />

einzeln strategische Aus<strong>wir</strong>kungen auf<br />

den weiteren Verlauf von ISAF bzw. <strong>der</strong><br />

Folgemission ITAAM auslösen können.<br />

Dazu zählen die Entscheidung <strong>der</strong> USA<br />

über die weiteren Reduzierungsschritte<br />

USA von 68.000 auf XX.XXX sowie<br />

über Stationierungsorte und Schwerpunktbildung.<br />

Wir gehen davon aus, dass die Reduzierung<br />

US auf 28.000 in 2 Jahren<br />

32 Das Schwarze Barett Nr. 48


<strong>Einsätze</strong><br />

= 13.500 p.a. erfolgen <strong>wir</strong>d und die<br />

Reduzierung <strong>der</strong> Multinationalen<br />

Kräfte um 50% in 2 Jahren = 10.000<br />

p.a. betragen <strong>wir</strong>d.<br />

Die NATO-Planungen konkretisieren<br />

sich über die CONOPS-<br />

Erarbeitung (Operationskonzept bis<br />

Februar 2013), bis hin zur Entwicklung<br />

des NATO-OP-Plans im Juni 2013.<br />

Der Fortgang <strong>der</strong> materiellen Rückverlegung<br />

ist u.a. abhängig von <strong>der</strong><br />

Kooperation <strong>der</strong> Anrainerstaaten (insb.<br />

Usbekistan und Pakistan).<br />

Die Rückverlegung kann je nach Entwicklung<br />

<strong>der</strong> politischen Konstellationen<br />

auf verschiedenen Wegen. über den<br />

Lamd, Luft und /o<strong>der</strong> Seeweg erfolgen.<br />

Ebenso könnten die Wahlen von 17<br />

truppenstellenden Nationen im RCN<br />

in 2013 und 2014 den Gesamtkurs<br />

in <strong>der</strong> Nordregion beeinflussen – im<br />

schlechtesten Falle – auch die Kohäsion<br />

<strong>der</strong> NATO gefährden. (z.B. SWE<br />

09/14; NOR 09/13; HUN 04/14;<br />

NLD neu gewählt am 12.9.2012)<br />

Die Präsidentschaftswahlen in AFG<br />

in 2014 beeinflussen bereits jetzt<br />

die Planungsabsichten ISAF und die Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> AFH-Regierung.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Wahlkampf in AFG<br />

kann die Akzeptanz von ISAF und insbeson<strong>der</strong>e<br />

den Standort Kabul gefährden.<br />

Qualitative einsatzbereite und –fähige<br />

ANSF bleiben die Stütze für innerafghanische<br />

Stabilität.<br />

DEU ist als Lead Nation RC North<br />

gefor<strong>der</strong>t: Reserven, Absprachen<br />

mit USA und mit Partnern, die mehr<br />

als Force Protection bereitstellen<br />

können, Reserven / Handlungsspielraum<br />

bei Obergrenzen, Fähigkeiten,<br />

Rückverlegung all dies gilt es einvernehmlich<br />

und verlässlich zu regeln,<br />

damit die Rückverlegung geordnet und<br />

gesichtswahrend gewährleistet werden<br />

kann.<br />

Für die Gestaltung <strong>der</strong> Post-ISAF-<br />

Mission zeichnen sich für den<br />

deutschen Beitrag folgenden Entwicklungslinien<br />

ab. (siehe dazu auch Bild<br />

unten links.)<br />

DEU hat sich international für eine<br />

langfristige finanzielle Unterstützung<br />

gebunden.<br />

Ebenso für einen weiteren Verbleib von<br />

militärischen Kräften, die dann allerdings<br />

ausschließlich unterstützenden<br />

Charakter für die afghanischen Sicherheitskräfte<br />

haben sollen. AFG <strong>wir</strong>d<br />

nicht sich selber überlassen, ein Rückfall<br />

in frühere Verhältniss soll unter<br />

allen Umständen vermieden werden,<br />

auch wenn die Unterstützung wahrscheinlich<br />

noch längere Zeit in Anspruch<br />

nehmen <strong>wir</strong>d.<br />

<br />

Das Schwarze Barett Nr. 48<br />

Oberst i.G.<br />

Jürgen Joachim v.Sandrart<br />

war Kommandeur PzLBtl 93,<br />

Referent im BMVg FüS III<br />

und G3 1.PzDiv. Seit<br />

22. Februar 2011 RefLtr<br />

im BMVg, Berlin<br />

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