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Erhaltung der seelischen Gesundheit - Paedagogika

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Früherkennung von Gefährdungen aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin<br />

Nadja Sima<strong>der</strong>-Hunek


Der Kin<strong>der</strong>garten als Bezugssystem<br />

Der Kin<strong>der</strong>garten als Bezugssystem des Kindes ist<br />

mehr als eine Bildungseinrichtung.<br />

Er bietet dem Kind<br />

•Bildung<br />

•Betreuung<br />

•Erholung körperlich und seelisch<br />

•Raum für seine aktive Selbststeuerung und seinen<br />

Forschungsdrang<br />

•Teilhabe am Leben <strong>der</strong> Erwachsenen<br />

•Schutz


Beitrag zur gesunden Entwicklung<br />

• körperlich<br />

• geistig<br />

• seelisch<br />

• psychosozial


Vielfalt<br />

Der Kin<strong>der</strong>garten ist eine menschliche Gemeinschaft,<br />

welche sich durch Vielfalt auszeichnet.<br />

Zu dieser Gemeinschaft gehören<br />

•Kin<strong>der</strong><br />

•Kin<strong>der</strong>gartenpädagoginnen und<br />

Kin<strong>der</strong>gartenpädagogen<br />

•Kin<strong>der</strong>gartenassistentinnen und<br />

Kin<strong>der</strong>gartenassistenten<br />

•Eltern


Sich in AUSBILDUNG befindliche<br />

Kin<strong>der</strong>gartenpädagogInnen<br />

• Schülerinnen und Schüler aus <strong>der</strong> Langform<br />

• Studierende aus den Kollegs<br />

• Kin<strong>der</strong>gartenpädagoginnen und<br />

Kin<strong>der</strong>gartenpädagogen in Ausbildung


Kin<strong>der</strong>gartenpädagoginnen und<br />

Kin<strong>der</strong>gartenpädagogen<br />

• Dienstjunge und diensterfahrene<br />

Kin<strong>der</strong>gartenpädagoginnen und Kin<strong>der</strong>gartenpädagogen<br />

• Kin<strong>der</strong>gartenpädagoginnen und Kin<strong>der</strong>gartenpädagogen<br />

mit Zusatzqualifikationen<br />

• Son<strong>der</strong>kin<strong>der</strong>gartenpädagoginnen in Integrationsgruppen<br />

• Mobile Son<strong>der</strong>kin<strong>der</strong>gartenpädagoginnen<br />

• Kin<strong>der</strong>gartenleiterin auch als erste Instanz <strong>der</strong><br />

DIENSAUFSICHT<br />

• Pädagogische Regionalleiterin<br />

• Pädagogische Leiterin <strong>der</strong> MA 10


Assistentinnen und Assistenten<br />

• Kin<strong>der</strong>gartenassistentin und Kin<strong>der</strong>gartenassistent<br />

• Pädagogische Assistentin


Eltern<br />

• denen das Wahrnehmen ihrer elterlichen<br />

Verantwortung relativ mühelos gelingt<br />

• die interessiert und freudig die Entwicklung ihrer<br />

Kin<strong>der</strong> beobachten<br />

• die das Engagement <strong>der</strong> Pädagogin und schätzen<br />

und dankbar sind


Eltern<br />

• die von Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> Armut betroffen sind<br />

• mit Suchterkrankungen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

psychiatrischen Erkrankungen<br />

• mit leidvollen Migrationserfahrungen o<strong>der</strong> schweren<br />

Traumen<br />

• <strong>der</strong>en Partnerschaften gerade in Bruch gehen.<br />

• die häufig unbeherrscht sind und zu aufbrausendem<br />

Verhalten neigen


Kin<strong>der</strong><br />

• die gut geborgen aufwachsen, in einem über weite<br />

Strecken funktionierenden Familienverband<br />

• die sich altersgemäß verhalten und erfreulich<br />

entwickeln<br />

• die dieselbe Erstsprache haben wie die meisten von<br />

uns und die sich auch mit dem Eintritt in den<br />

Kin<strong>der</strong>garten in Grundzügen ausdrücken und sich<br />

mit uns unterhalten können


Kin<strong>der</strong>, die eine an<strong>der</strong>e Erstsprache<br />

als Deutsch sprechen<br />

• und sich trotz guter Intelligenz und guter psychischer<br />

Verfassung vorerst in einer Deutsch sprechenden<br />

Kin<strong>der</strong>gartengruppe nur körpersprachlich und<br />

handelnd mitteilen können<br />

• und deshalb in ihrer verbalen Mitteilungskompetenz<br />

mit dem Kin<strong>der</strong>garteneintritt wie<strong>der</strong> fast von vorne<br />

anfangen müssen<br />

• und manchmal untröstlich sind und heftig weinen,<br />

wenn sie ohne ihre Eltern für einige Zeit im<br />

Kin<strong>der</strong>garten bleiben sollen


Kin<strong>der</strong><br />

• die weniger geborgen aufwachsen bei Eltern, die<br />

gerade noch die notwendigste Versorgung ihrer<br />

Kin<strong>der</strong> sicherstellen können<br />

VERWAHRLOSUNG<br />

• die bis zum Eintritt in den Kin<strong>der</strong>garten schon eine<br />

Fülle von Entbehrungen hinnehmen mussten,<br />

insbeson<strong>der</strong>e einen Mangel an liebevoller<br />

Zuwendung und Bindung<br />

DEPRIVATION


Kin<strong>der</strong><br />

• die in beengten Wohnverhältnissen leben und in<br />

ihrem Lebensumfeld keine Höfe, Spielplätze und<br />

Wiesen haben, auf denen sie halbwegs sicher sind<br />

und ihrem Bewegungsbedürfnis, Forschungsdrang<br />

und kindlichen Übermut freien Lauf lassen können<br />

• die kein Spielzeug und nur wenige Kleidungsstücke<br />

besitzen und manchmal abends hungrig schlafen<br />

gehen müssen<br />

ARMUT


Kin<strong>der</strong><br />

• die mit ihren Eltern ihre Heimat verlassen mussten<br />

und eine Fluchtgeschichte voller Bedrohungen und<br />

Unsicherheiten überstanden haben<br />

FLUCHT<br />

• die Gewalterfahrungen erlitten haben<br />

TRAUMA


Kooperation mit an<strong>der</strong>en<br />

Bezugsystemen des Kindes<br />

Um manche Kin<strong>der</strong> spannen sich Helfersysteme auf<br />

•Mobile Frühför<strong>der</strong>ung und Familienbegleitung<br />

•Mobiler Dienst für Entwicklungsför<strong>der</strong>ung und<br />

Ambulanzen für Entwicklungsför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> MA 10<br />

•Amt für Jugend und Familie<br />

•Familienberatungsstellen o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>schutzzentren<br />

•Kin<strong>der</strong>ärztinnen und Kin<strong>der</strong>ärzte sowie<br />

Kin<strong>der</strong>psychiaterinnen und Kin<strong>der</strong>psychiater


Gesellschaftliche Fragestellungen<br />

• Armut, Migration, Verwahrlosung und Deprivation<br />

von Kin<strong>der</strong>n sind zumindest auch gesellschaftliche<br />

Phänomene.<br />

• Der Kin<strong>der</strong>garten kann gesellschaftliche<br />

Fragestellungen nicht allein lösen.<br />

• Dennoch hat er als einzigartiges System vieles im<br />

Repertoire, das die unmittelbare Lebenssituation von<br />

Kin<strong>der</strong>n verbessern o<strong>der</strong> erleichtern kann.


Der Kin<strong>der</strong>garten als<br />

familienunterstützende Einrichtung<br />

In seinem Selbstverständnis wurde <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>garten<br />

lange Zeit als familienergänzende Einrichtung<br />

angesehen, heute wird er eher als<br />

familienunterstützend angesehen.<br />

•komplementär = familienergänzend<br />

•dazwischen familienunterstützend<br />

•kompensatorisch = familienersetzend


Fallbeispiel 1 – Markus<br />

• Markus ist 5 Jahre alt<br />

• <strong>der</strong> einzige Sohn seiner österreichischen Eltern<br />

• sehr schlankes, blasses Kind, häufig ungepflegt<br />

• Anbindung an das Jugendamt<br />

• Mutter von Markus sei früher Prostituierte gewesen<br />

• Vater wie<strong>der</strong>holt gewalttätig gegenüber <strong>der</strong> Mutter<br />

• gegenüber dem Sohn „halte <strong>der</strong> Vater sich zurück“<br />

• Fremdunterbringung des Kindes angedacht


Fallbeispiel 1 – Markus<br />

• die Stimmung in <strong>der</strong> Familie rau<br />

• Umgang <strong>der</strong> Eltern mit Markus grob<br />

• beide Elternteile verlieren schnell die Beherrschung<br />

und schimpfen viel mit Markus<br />

• hoch irritierter und erschöpfter Bub<br />

• fahrige Bewegungen, allgemeine<br />

Entwicklungsverzögerung<br />

• trotzdem bereits stabil die Blasen und Darmkontrolle<br />

erreicht


Fallbeispiel 1 – Markus nach dem<br />

Sommerurlaub zu Hause<br />

• mehrmals tägliches Einnässen und Einkoten über<br />

Wochen und Monate hinweg<br />

• gleichzeitig wird von den Eltern keine ausreichende<br />

Reservewäsche zur Verfügung gestellt<br />

• Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin und Kin<strong>der</strong>gartenassistentin<br />

müssen das Kind mehrmals täglich umziehen und<br />

waschen<br />

• So redlich sie sich auch bemühen, das Kind rechtzeitig<br />

an den Toilettengang zu erinnern, insbeson<strong>der</strong>e die<br />

Darmkontrolle ist damit gar nicht in den Griff zu kriegen.<br />

Alles Bitten, Belohnen und Ermahnen hilft nichts.


Hannah Fischer<br />

• Kin<strong>der</strong>psychologin und psychoanalytisch orientierte<br />

Pädagogin<br />

• 1938 Flucht nach London<br />

• Während des zweiten Weltkriegs Arbeit bei Anna<br />

Freud in den „Hampstead War Nurseries"<br />

• 1946 Rückkehr nach Österreich<br />

• 1947 Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin bei <strong>der</strong> Stadt Wien<br />

• Studium, Lehrerin an unserer Bildungsanstalt<br />

• Zuletzt (1984 – 1990) Direktorin <strong>der</strong> Bildungsanstalt<br />

für Kin<strong>der</strong>gartenpädagogik


Fallbeispiel 1 - Markus<br />

„Das Kind hat Angst“ (Hannah Fischer)


Erstes Grundprinzip <strong>der</strong><br />

Heilpädagogik nach Paul Moor<br />

Wir müssen das Kind verstehen, bevor wir es erziehen<br />

(zitiert nach Fred Bernitzke, 2009).<br />

Daraus ergibt sich einerseits die Frage nach einer<br />

hilfreichen Theorie.


Drei Grundformen <strong>der</strong> Angst nach<br />

Sigmund Freud<br />

• Angst vor <strong>der</strong> Realität<br />

• Angst vor den For<strong>der</strong>ungen des ÜBER-ICH<br />

• Angst vor den Ansprüchen des ES


Erstes Grundprinzip <strong>der</strong><br />

Heilpädagogik nach Paul Moor<br />

Daraus ergibt sich an<strong>der</strong>erseits die For<strong>der</strong>ung nach<br />

• Fähigkeit zur Perspektivenübernahme als<br />

Schlüsselqualifikation <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin<br />

und des Kin<strong>der</strong>gartenpädagogen<br />

• Seelische Perspektivenübernahme (Einfühlung)<br />

• Kognitive Perspektivenübernahme (Erkennen von<br />

kindlichen Handlungsabsichten)


Wie ist das Verhalten des Kindes zu<br />

verstehen?<br />

Ich habe verstanden. Es war nur eine kleine Episode, aber<br />

sie reicht fürs ganze Leben. Ich habe begriffen, dass <strong>der</strong><br />

Mensch gut ist.<br />

Der Mensch ist gut, aber oft versteht er nichts, o<strong>der</strong> es geht<br />

ihm schlecht, o<strong>der</strong> er muss so handeln, weil er nicht an<strong>der</strong>s<br />

kann.<br />

Wenn wir die kleinen Schwierigkeiten bewältigen und<br />

ernstlich bemüht sind, Gutes und Schönes ins Leben<br />

hineinzutragen – müssen wir bei den Kin<strong>der</strong>n anfangen,<br />

denn das ist das Einfachste und auch das Wichtigste. Man<br />

muss vor allem das erste Drittel des Lebens ordnen<br />

(Janusz Korczak, 1918).


Janusz Korczak (1878 – 1942)<br />

• Eigentlich Henryk Goldszmit<br />

• Kin<strong>der</strong>arzt und bedeuten<strong>der</strong> Pädagoge<br />

• Leitete ein nach seinen Plänen gebautes<br />

jüdisches Waisenhauses in Warschau<br />

• 1919 „Wie man ein Kind lieben soll“<br />

• 1928 „Recht des Kindes auf Achtung“<br />

• 1940 Umsiedlung des Waisenhauses in das Ghetto<br />

• 1942 Transport mit 200 Kin<strong>der</strong>n in das Vernichtungslager<br />

Treblinka<br />

Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Janusz_Korczak


Zweites Grundprinzip <strong>der</strong><br />

Heilpädagogik nach Paul Moor<br />

Wo immer ein Kind versagt, haben wir nicht zu fragen:<br />

Was tut man dagegen? Pädagogisch wichtiger ist die<br />

Frage: Was tut man dafür? … nämlich für das, was<br />

werden sollte, soweit es werden kann (zitiert nach<br />

Bernitzke, 2009).<br />

Daraus ergibt sich die Frage nach einer<br />

angemessenen Praxis.


Zweites Grundprinzip <strong>der</strong><br />

Heilpädagogik nach Paul Moor<br />

• Die berufliche Praxis ist einerseits abhängig von <strong>der</strong><br />

Qualität <strong>der</strong> Ausbildung und von den im Berufsfeld<br />

gesammelten Erfahrungen.<br />

• Sie ist aber auch verbunden mit den Erfahrungen die<br />

wir selbst vor langer Zeit gemacht haben, als wir<br />

selbst noch Kin<strong>der</strong> waren.


Zweites Grundprinzip <strong>der</strong><br />

Heilpädagogik nach Paul Moor<br />

Daraus ergibt sich die For<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong><br />

• Fähigkeit zur Selbstreflexion als<br />

Schlüsselqualifikation <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin<br />

und des Kin<strong>der</strong>gartenpädagogen.<br />

Habe Mut zu dir selbst und suche deinen eigenen Weg<br />

(Janusz Korczak, 1919).


Kompetenzen üben<br />

• Der Kin<strong>der</strong>garten als Raum, in dem Kin<strong>der</strong> die<br />

selbstverständliche Möglichkeit bekommen<br />

Kompetenzen zu üben<br />

• Atmosphäre gekennzeichnet von<br />

• Wohlwollen<br />

• Geduld<br />

• Verständnis<br />

• Achtung<br />

• Respekt


Fallbeispiel 2 - Laila<br />

• Laila ist 5 Jahre alt und hat sechs Geschwister.<br />

• Sie ist mit ihrer Familie aus Afghanistan geflüchtet.<br />

• Die Familie ist von bitterer Armut betroffen.<br />

• Die Eltern erziehen ihre Kin<strong>der</strong> sehr streng.<br />

• Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Vater neigt zu harten<br />

Disziplinierungsmaßnahmen.<br />

• Auch deshalb ist die Familie angebunden an das<br />

Jugendamt.


Fallbeispiel 2 - Laila<br />

• Laila geht grundsätzlich gerne in den Kin<strong>der</strong>garten.<br />

• Bei den Mahlzeiten stürzt sie sich regelrecht auf das<br />

Essen und isst rasch und viel.<br />

• Sie nässt wie<strong>der</strong>holt ein und will sich danach nicht<br />

umziehen lassen.<br />

• Zum größten Problem aber wird, dass sie immer<br />

wie<strong>der</strong> Spielmaterialien des Kin<strong>der</strong>gartens und<br />

Besitztümer von Kin<strong>der</strong>n an sich nimmt.<br />

• Kin<strong>der</strong>, aber auch die Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin<br />

reagieren zunehmend verärgert auf das Mädchen.


Nicht mehr vom selben, son<strong>der</strong>n<br />

etwas an<strong>der</strong>es<br />

• Wir haben die Tendenz bei Hin<strong>der</strong>nissen, die sich<br />

uns in den Weg stellen, begonnene Strategien<br />

beizubehalten und mehr vom Selben zu versuchen.<br />

• Lösungsorientierter Ansatz <strong>der</strong> systemischen<br />

Familientherapie (de Shazer, Kim Berg)<br />

• 180-Grad-Intervention:<br />

Mache etwas ganz an<strong>der</strong>es! Mache das Gegenteil von<br />

dem, was du bisher versucht hast!


180-Grad-Intervenion<br />

• Sie eignet sich beson<strong>der</strong>s bei<br />

Erziehungsschwierigkeiten, die mit immer<br />

wie<strong>der</strong>kehrenden Interaktionsschleifen zu tun haben<br />

(z.B. Wutanfälle eines Kindes).<br />

• Das Ziel dieser Intervention ist es, <strong>der</strong> Annahme<br />

entgegenzuwirken, man habe sein<br />

Verhaltensrepertoire bereits ausgeschöpft.


Würde des Kindes<br />

Es wurde mir klar, dass Kin<strong>der</strong><br />

einen tieferen Sinn für<br />

persönliche Würde besitzen<br />

(Maria Montessori, 1950).<br />

Bild: http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Montessori


Maria Montessori (1870 – 1952)<br />

• Erste Ärztin Italiens und Reformpädagogin<br />

• Arbeit mit geistig behin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong>n an <strong>der</strong><br />

kin<strong>der</strong>psychiatrischen Abteilung<br />

Universitätskin<strong>der</strong>klinik in Rom<br />

• Arbeit mit diesen Kin<strong>der</strong>n ist keine medizinische,<br />

son<strong>der</strong>n eine pädagogischen Fragestellung<br />

• 1907 Eröffnung ihrer Casa dei Bambini - Tagesstätte<br />

für Kin<strong>der</strong> in einem Arbeiterviertel in Rom


Sie brauchten nichts zu befürchten<br />

Wann immer wir in <strong>der</strong> Schule Besuch erhielten, betrugen<br />

sich die Kin<strong>der</strong> mit Würde und Selbstachtung und<br />

verstanden es, ihre Arbeiten zu verrichten und die Gäste<br />

mit herzlicher Begeisterung zu empfangen. Die Kin<strong>der</strong> …<br />

ehrten ihre Gäste und waren stolz darauf, sich von <strong>der</strong><br />

besten Seite zeigen zu können.<br />

Ich begriff, dass die Kin<strong>der</strong> nicht schüchtern waren.<br />

Zwischen ihrem Gemüt und ihrer Umwelt gab es keine<br />

Hin<strong>der</strong>nisse. Kein Hin<strong>der</strong>nis: Das war <strong>der</strong> entscheidende<br />

Punkt.<br />

Sie brauchten nichts zu verheimlichen, nichts zu<br />

befürchten. Das war alles.<br />

(Maria Montessori, 1950).


Nahrungsaufnahme<br />

• Essen ist für das Kind grundsätzlich etwas Lustvolles<br />

• Mit <strong>der</strong> Kompetenz zur Regulation von Hungergefühl<br />

und Sättigung wird das Kind geboren


Externe Regulation <strong>der</strong><br />

Nahrungsaufnahme<br />

• Zwang ist <strong>der</strong> direkte Weg in die Verweigerung<br />

• Verlust <strong>der</strong> natürlichen Hunger- und<br />

Sättigungsregulation<br />

• Verlust <strong>der</strong> kindlichen Motivation zur<br />

Selbststeuerung <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme<br />

Nikolaus von Hofacker, 2008<br />

Städtisches Krankenhaus München-Harlaching<br />

Psychosomatik des Kin<strong>der</strong>- und Jugendalters


Behandlung von Fütter- und<br />

Essstörungen bei Kleinkin<strong>der</strong>n<br />

• Unterstützung <strong>der</strong> selbstständigen<br />

Nahrungsaufnahme<br />

• Essen am Familientisch: Lernen am Modell<br />

• Strukturierung des Tagesablaufes mit<br />

Nahrungspausen<br />

• Wahrnehmung unterschiedlicher Geschmäcker und<br />

Nahrungkonsistenzen als angenehme Stimulation im<br />

Mundbereich<br />

• Unbedingtes Vermeiden von neuerlichen aversiven<br />

Erlebnissen


Eine häufige Frage aus dem<br />

Unterricht<br />

Was machen ich, wenn ein Kind im Kin<strong>der</strong>garten gar<br />

nicht essen will?<br />

Ziel ist <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>erwerb <strong>der</strong> eigenständigen<br />

Nahrungsregulation des Kindes!<br />

• Die Essenssituation beson<strong>der</strong>s angenehm und ruhig<br />

gestalten.<br />

• Dieses Kind beim Essen an<strong>der</strong>er Kin<strong>der</strong> dabei sein<br />

und zusehen lassen und selbst in Ruhe und mit<br />

Appetit essen.


Ein häufige Frage aus dem<br />

Unterricht<br />

• Die Situation so gestalteten, dass das Kind<br />

grundsätzlich Appetit entwickeln kann.<br />

• Wenn wir wahrnehmen, dass das Kind Interesse an<br />

<strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Speise zeigt, erkundigen wir<br />

uns freundlich und liebevoll nach den Wünschen des<br />

Kindes.<br />

• Kleine Kostproben anbieten, die den Wunsch nach<br />

mehr wecken.<br />

• Die Selbstständigkeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> beim Essen<br />

begrüßen und großzügig sein, wenn Kin<strong>der</strong> patzen<br />

o<strong>der</strong> mit den Fingern essen – den Genuss nicht<br />

stören!


Standards für die Gestaltung von<br />

Mahlzeiten<br />

Je<strong>der</strong> Bub, jedes Mädchen wählt selbst, wie viel es<br />

von welcher Speise will. Kein Kind muss essen,<br />

kosten o<strong>der</strong> aufessen. Abneigungen und Vorlieben<br />

gegenüber Speisen und Nahrungsmitteln werden<br />

respektiert. Mädchen und Buben wird größtmögliche<br />

Autonomie bei <strong>der</strong> Entnahme und bei <strong>der</strong> Einnahme<br />

<strong>der</strong> Speisen ermöglicht.<br />

Aus: aktuelle Weisung <strong>der</strong> MA 10 vom Jänner 08;<br />

Bindende Einhaltung zur Sicherung <strong>der</strong> Qualität


Formulierung einer pädagogischen<br />

Ethik<br />

• Die Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin und <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenpädagoge tun alles,<br />

um die ihnen anvertrauten Kin<strong>der</strong> in ihrer Entwicklung zu<br />

unterstützen und unterlassen alles, was die Würde des Kindes<br />

verletzt. Sie üben ihre pädagogische Tätigkeit mit Menschlichkeit<br />

allen Kin<strong>der</strong>n gegenüber aus, und zwar unabhängig von <strong>der</strong>en<br />

Herkunft und unabhängig vom gesellschaftlichen Ansehen <strong>der</strong>er<br />

Familien.<br />

• Die Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin und <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenpädagoge<br />

übernehmen Verantwortung für ihr professionelles Handeln. Sie<br />

gestalten die Beziehungen zu den Kin<strong>der</strong>n und Erwachsenen in ihrer<br />

Gruppe aktiv. Auch in angespannten beruflichen Situationen bleibt<br />

ihnen Raum für persönliche Entscheidungen.<br />

• Die Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin und <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenpädagoge tragen<br />

auch Verantwortung für sich selbst und gehen beson<strong>der</strong>s sorgsam<br />

mit dem eigenen <strong>seelischen</strong> Befinden um.


Formulierung einer pädagogischen<br />

Ethik<br />

• Die Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin und <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenpädagoge<br />

bemühen sich, Kin<strong>der</strong> und <strong>der</strong>en Familien in ihrer Vielfalt, in ihrem<br />

jeweiligen So-Sein, mit ihren unterschiedlichen Welt- und<br />

Lebensentwürfen zu respektieren und ihnen in Offenheit für das<br />

immer mögliche An<strong>der</strong>ssein zu begegnen.<br />

• Sie üben ihre Fähigkeit zum Wechsel von Perspektive und<br />

Standpunkt und bemühen sich um intellektuelle Redlichkeit.<br />

• Die Kin<strong>der</strong>gartenpädagogin und <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenpädagoge<br />

beobachten Kin<strong>der</strong> in ihrem Verhalten und versuchen sich in die<br />

Gestimmtheit des Kindes einzufühlen.<br />

• Kin<strong>der</strong>gartenpädagoginnen und Kin<strong>der</strong>gartenpädagogen stellen ihr<br />

Wissen und Können Auszubildenden sowie Berufsanfängerinnen<br />

und Berufsanfängern zur Verfügung, damit diese gut in ihre<br />

komplexe und verantwortungsvolle Tätigkeit hinein finden. Sie<br />

unterlassen alles, was mangelnde Erfahrung ausnutzt und junge<br />

Kolleginnen und Kollegen bloßstellt.


Schaffen wir zumindest kein<br />

zusätzliches Leid<br />

• Das Erschütternde ist nicht das Leiden <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> an<br />

sich, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Umstand, dass sie unverdient<br />

leiden … wenn wir nicht eine Welt aufbauen können,<br />

in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nicht mehr leiden, können wir<br />

wenigstens versuchen, das Maß <strong>der</strong> Leiden <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> zu verringern (Albert Camus zitiert nach<br />

Gertrude Bogy, 2008).<br />

• Das absolute Minimum dessen, wonach wir trachten<br />

sollten:<br />

Schaffen wir zumindest kein zusätzliches Leid.

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