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HERBST 2014

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Keine Angst vorm bösen Wolf …<br />

Mit Märchenklassikern das Selbstbewusstsein von Kindern stärken<br />

NEUHEIT<br />

NEU<br />

Märchen machen<br />

stark<br />

Die schönsten Märchenklassiker<br />

der Brüder Grimm helfen<br />

Eltern dabei, ihren Kindern<br />

schwierige Themen wie Streit,<br />

Trennungen, Eifersucht, Neid<br />

und Angst vor dem Tod zu<br />

erklären<br />

Mit wertvollen Hintergrundinformationen<br />

aus der<br />

Psychologie sowie zahlreichen<br />

Tipps, Übungen und Spielen<br />

aus der pädagogischen und<br />

psychotherapeutischen Praxis<br />

Expertenrat: Leitfaden zur<br />

Verwendung der Märchen von<br />

den erfahrenen Heilpraktikern<br />

für Psychotherapie Melanie<br />

Medla und Daniel Reinemer<br />

ISBN 978-3-8174-9431-6<br />

9783817 494316<br />

<br />

TEAMWORK UND ZUSAMMENHALT<br />

„Da hab ich gut Wetter prophezeit“, sprach der Hahn, „weil unserer lieben Frauen Tag ist, wo sie<br />

Die Bremer Stadtmusikanten<br />

E<br />

D<br />

70<br />

s hatte ein Mann einen Esel, der schon lange Jahre die Säcke unverdrossen zur Mühle<br />

getragen hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, sodass er zur Arbeit immer<br />

untauglicher ward. Da dachte der Herr daran, ihn aus dem Futter zu schaffen, aber der Esel<br />

merkte, dass kein guter Wind wehte, lief fort und machte sich auf den Weg nach Bremen;<br />

dort, meinte er, könnte er ja Stadtmusikant werden. Als er ein Weilchen gegangen war, fand<br />

er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der japste wie einer, der sich müde gelaufen hat.<br />

„Nun, was japst du so, Packan<br />

1 ?“, fragte der Esel.<br />

„Ach“, sagte der Hund, „weil ich alt bin und jeden Tag<br />

schwächer werde, auch auf die Jagd nicht mehr mit<br />

kann, hat mich mein Herr totschlagen wollen, da<br />

hab ich Reißaus genommen; aber womit soll ich<br />

nun mein Brot verdienen?“<br />

„Weißt du was?“, sprach der Esel. „Ich gehe nach Bremen<br />

und werde dort Stadtmusikant, geh mit und lass dich auch bei<br />

der Musik annehmen. Ich spiele die Laute und du schlägst die Pauken.“<br />

er Hund war damit einverstanden und sie gingen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß<br />

da eine Katze an dem Weg und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter.<br />

„Nun, was ist dir in die Quere gekommen, alter Bartputzer?“, sprach der Esel.<br />

„Wer kann da lustig sein, wenn’s einem an den Kragen geht“, antwortete die<br />

Katze, „weil ich nun in die Jahre komme, meine Zähne stumpf werden und<br />

ich lieber hinter dem Ofen sitze und schlafe, als nach Mäusen herumzujagen,<br />

hat mich meine Herrin ersäufen wollen; ich habe mich zwar noch fortgemacht,<br />

aber nun ist guter Rat teuer: Wo soll ich hin?“<br />

„Geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da<br />

kannst du ein Stadtmusikant werden.“<br />

D<br />

ie Katze hielt das für gut und ging mit. Darauf kamen die drei Landesflüchtigen an<br />

einem Hof vorbei, da saß auf dem Tor der Haushahn und schrie aus Leibeskräften.<br />

„Du schreist einem durch Mark und Bein“, sprach der Esel. „Was hast du vor?“<br />

1 Packan ist der Name des Hundes.<br />

<br />

224 Seiten, vierfarbig, Hardcover,<br />

16,3 x 21,5 cm<br />

12,99 3 (D) 13,40 3 (A) 18,70 sFr<br />

ET: Juni <strong>2014</strong><br />

9431_Maerchen_machen_stark.indd 70 28.03.14 13:46<br />

<br />

DIE BREMER STADTMUSIKANTEN<br />

„Da hab ich gut Wetter prophezeit“, sprach der Hahn, „weil unserer lieben Frauen Tag ist, wo sie<br />

<br />

dem Christkindlein die Hemdchen gewaschen hat und sie trocknen will; aber weil morgen zum<br />

TEAMWORK UND ZUSAMMENHALT<br />

Sonntag Gäste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen und hat der Köchin gesagt, sie<br />

wollte mich morgen in der Suppe essen, und da soll ich mir heut Abend den Kopf abschneiden<br />

lassen. Nun schrei ich aus vollem Hals, solange ich kann.“<br />

„Ei was, du Rotkopf “, sagte der Esel, „zieh lieber mit uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas<br />

Besseres als den Tod findest du überall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musizieren,<br />

so muss es eine Art haben.“<br />

Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen und sie gingen alle vier zusammen fort.<br />

S<br />

oder der Führung einnimmt. Wenigstens<br />

zeitweise. Diese Grenzen können in der persönlichen<br />

Leistungsfähigkeit liegen oder<br />

aber auch ganz einfach im eigenen Können:<br />

Niemand kann alles, manchmal gehört ein<br />

Fachmann an die Spitze.<br />

ie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tag nicht erreichen und kamen abends in einen<br />

✶ An das Team glauben: Klar, alle können sich<br />

Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen großen<br />

anjammern, wie viel Arbeit zu erledigen ist.<br />

Oder aber sich gegenseitig Mut machen, anfeuern<br />

und daran glauben, dass gemeinsam<br />

das Ziel erreicht wird. Sie haben die Wahl!<br />

Baum, die Katze und der Hahn machten es sich in den Ästen bequem, der Hahn aber flog bis an<br />

die Spitze, wo es am sichersten für ihn war. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach allen<br />

vier Winden um, da deuchte ihn, er sähe in der Ferne ein Fünkchen brennen, und rief seinen<br />

Gesellen zu, es müsste gar nicht weit ein Haus sein, denn es scheine ein Licht. Da sprach der<br />

✶ Empathie und Fürsorge: Aufeinander achten<br />

und sich in schweren Momenten unterstützen<br />

– so fühlt sich jeder in der Gruppe<br />

aufgehoben.<br />

Esel: „So müssen wir uns aufmachen und noch hingehen, denn hier ist die Herberge schlecht.“<br />

Der Hund meinte: „Ein paar Knochen mit etwas Fleisch dran täten mir auch gut.“<br />

E<br />

A<br />

lso machten sie sich auf den Weg dem Licht entgegen<br />

und sahen es bald heller schimmern, und es ward<br />

immer größer, bis sie vor ein helles, erleuchtetes Räuberhaus<br />

kamen. Der Esel, als der Größte, näherte sich dem Fenster<br />

und schaute hinein.<br />

„Was siehst du, Grauschimmel?“, fragte der Hahn.<br />

„Was ich sehe?“, antwortete der Esel. „Einen gedeckten Tisch<br />

mit schönem Essen und Trinken, und Räuber sitzen daran<br />

und lassen’s sich wohl sein.“<br />

„Das wäre was für uns“, sprach der Hahn.<br />

„Ja, ja, ach, wären wir da!“, sagte der Esel.<br />

D<br />

Einer für alle, alle für einen! Füreinander da<br />

sein, die einzelne Stärke für alle einsetzen<br />

und so gemeinsam das Ziel erreichen: Das<br />

ist Teamwork.<br />

Darum geht es in Die<br />

Bremer Stadtmusikanten<br />

<br />

in alter Esel verlässt sein Zuhause, weil<br />

er zu schwach für die tägliche Arbeit geworden<br />

ist und mitbekommt, dass sein Besitzer<br />

ihm nicht das Gnadenbrot zugestehen will.<br />

Er macht sich auf nach Bremen, um dort als<br />

Stadtmusikant sein Brot zu verdienen. Er<br />

Kleine Symbolkunde<br />

Ein Esel als Musikant – das klingt lustig!<br />

Doch es steckt viel mehr dahinter. Es ist<br />

eine Metapher für den Aufbruch in ein neues<br />

Leben. Vielleicht endlich ein verborgenes<br />

Talent ausleben oder einfach mal die Lust,<br />

etwas Neues auszuprobieren.<br />

möchte noch nicht zum alten Eisen gehören,<br />

sondern noch einen selbstbestimmten und füllten Lebensabend<br />

erverbringen.<br />

Unterwegs trifft er auf einen Hund, eine Katze<br />

und einen Hahn, die auch alle zu alt und<br />

schwach für ihre bisherigen Aufgaben geworden<br />

sind und deshalb ihr Leben lassen sollen.<br />

Sie schließen sich dem Esel an.<br />

a beratschlagten die Tiere, wie sie es anfangen müssten,<br />

um die Räuber hinauszujagen, und fanden endlich<br />

ein Mittel. Der Esel musste sich mit den Vorderfüßen auf<br />

das Fenster stellen, der Hund auf des Esels Rücken springen,<br />

die Katze auf den Hund klettern, und endlich flog der Hahn<br />

hinauf und setzte sich der Katze auf den Kopf.<br />

Nun sind sie vier Freunde, von denen jeder<br />

ein besonderes Talent hat. Der Esel kann Lasten<br />

tragen und im Ernstfall mit seinen Hufen<br />

treten, der Hund kann mit Gebell und seinem<br />

Gebiss jemanden in die Flucht schlagen, die<br />

Katze kann hervorragend bei Nacht sehen, ja-<br />

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71<br />

gen und ihre Krallen gegen Feinde einsetzen,<br />

und der Hahn hat durch seine Flügel den<br />

größten Überblick und außerdem das durchdringendste<br />

Signalgeschrei.<br />

Nachts nutzt der Hahn seine Fähigkeit, in einen<br />

Baum zu fliegen, und verschafft der Gruppe so<br />

einen Überblick über die Gegend. Er entdeckt<br />

im Wald ein Räuberhaus. Von Hunger und<br />

Kälte getrieben machen sich die Tiere sogleich<br />

auf den Weg dorthin. Durch das Fenster entdecken<br />

sie einen reich gedeckten Tisch, an<br />

dem Räuber sitzen. Hungrig hecken sie gemeinsam<br />

einen Plan aus, wie sie die Räuber<br />

vertreiben können: Sie stellen sich aufeinander,<br />

geben ein furchterregendes Konzert und stürzen<br />

durchs Fenster ins Räuberhaus. Die Räuber<br />

fliehen voll Panik, sodass die Tiere sich<br />

satt essen können. Als sie sich zum Schlafen<br />

legen, kehrt einer der Räuber zurück, um zu<br />

sehen, ob die Gefahr bereits wieder vorbei ist.<br />

Doch er wird von Katzenkrallen, Hundegebiss,<br />

Eselhufen und Hahnengeschrei so übel zugerichtet<br />

und erschreckt, dass die Räuber endgültig<br />

fliehen.<br />

74<br />

75<br />

<br />

DARUM GEHT ES IN<br />

DIE BREMER STADTMUSIKANTEN<br />

Fragen an Kinder zum Märchen:<br />

✶ Kennst du Beispiele für Teams? Wieso<br />

finden sich diese Leute zusammen?<br />

✶ Wie viele Leute gehören mindestens zu<br />

einem Team?<br />

✶ Wie kann man herausfinden, was man<br />

besonders gut (ins Team einbringen) kann?<br />

✶ Was ist wichtig für funktionierendes<br />

Teamwork?<br />

✶ Gibt es auch Beispiele für Teams, die<br />

aus Menschen und Tieren gemischt<br />

bestehen?<br />

✶ Was ist das Besondere an solchen<br />

Teams?<br />

✶ Was passiert mit Menschen oder Tieren<br />

im Team, die zu alt/schwach werden?<br />

Welche Aufgaben hätten die Tiere zu Hau-<br />

se vielleicht noch übernehmen können?<br />

✶ Was können alte Menschen von den<br />

Tieren in diesem Märchen lernen?<br />

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ELTERNRATGEBER<br />

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