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Rucksacktest: Lastenträger im Biomechanik-Check - outdoor guide

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KNOW-HOW Test Rucksäcke<br />

kannt als «Rucksack paralysis». Grund dafür ist der hohe<br />

Druck auf das Schultergewebe, wodurch die Nährstoffversorgung<br />

der Muskeln und Nerven gestört ist.<br />

Gleichgewicht und die Effizienz und muss daher so gut<br />

wie möglich reduziert werden», erklärt Aarn Tate, der<br />

neuseeländische Rucksacktüftler.<br />

Der Hüftgurt als Erlöser<br />

Kabelzüge und «Balance Pockets»<br />

Ein Hüftgurt kann viele der genannten Probleme mildern<br />

oder ganz verhindern. Basis hierfür ist ein steifer<br />

Rahmen <strong>im</strong> oder am Rucksack, der einen Teil des Gewichts<br />

auf dem Becken abstützt. Der Oberkörper sowie<br />

die Wirbelsäule können so entlastet werden. Da das<br />

Gewebe am Becken dre<strong>im</strong>al weniger druckempfindlich<br />

ist als jenes des Schultergürtels, wird die Nährstoffversorgung<br />

von Muskeln und Nerven kaum beeinträchtigt.<br />

Solche Tragsysteme sind heute bei Rucksäcken Standard.<br />

Ein Hüftgurt bietet darüber hinaus noch einen weiteren<br />

Vorteil: Der Rucksack bewegt sich be<strong>im</strong> Gehen hin und<br />

her. Ohne Hüftgurt muss die Kraft, die zum Beschleunigen<br />

und Abbremsen des Rucksacks benötigt wird,<br />

allein vom Oberkörper aufgebracht werden. Dadurch<br />

werden Rumpfmuskulatur und Wirbelsäule stärker beansprucht.<br />

Bei einem ausreichend steifen Rahmen und<br />

straff angezogenem Hüftgurt kann ein Teil dieser Kontrollkräfte<br />

vom Becken übernommen werden. Das führt<br />

zu einer Entlastung des Rückens und des Oberkörpers.<br />

Die Rumpfmuskulatur ist dabei deutlich weniger angespannt.<br />

Entlastung bringt Einschränkung<br />

Alles gut? Nicht ganz: Der Hüftgurt schränkt die Beckenbewegungen<br />

ein, weil der steife Rucksackrahmen<br />

Becken und Oberkörper verstärkt fixiert und die vorgängig<br />

beschriebene Gegenrotation l<strong>im</strong>itiert. Das kann zu<br />

einem so genannten Passgang führen, einer affenähnlichen<br />

Fortbewegungsart. Die Vermutung liegt nahe, dass<br />

die Drehmomente nun nicht mehr über die Gegenrotation,<br />

sondern über die unteren Extremitäten und deren<br />

Kontakt mit dem Boden ausgeglichen werden. Dadurch<br />

wird die Belastung der Gelenke, Bänder, Sehnen und<br />

Muskeln an den Beinen erhöht. Durch die Verbindung<br />

mit dem Becken werden auch die Bewegungen des Oberkörpers<br />

eingeschränkt, was von vielen Leuten als unangenehm<br />

empfunden wird. «Die Einschränkung der<br />

feinen Becken- und Oberkörperbewegungen führt zu einer<br />

Ermüdung der Muskeln. Bei grösseren Bewegungen<br />

hat die Einschränkung einen direkten Einfluss auf das<br />

Um die genannten Probleme zu vermeiden, setzte sich<br />

Tate vor über zehn Jahren das Ziel, einen Rucksack zu<br />

konstruieren, der die Position, die Bewegungen und das<br />

Gleichgewicht be<strong>im</strong> Gehen möglichst wenig beeinflusst.<br />

Während Jahren nähte und bastelte er in seinem Ate lier,<br />

um mit klugen konstruktiven Lösungen einen Grossteil<br />

des Gewichts auf der Hüfte abzustützen ohne dabei den<br />

Bewegungsablauf einzuschränken. Seine Lösung: Durch<br />

den Einbau von Kabelzügen und beweglichen Teilen<br />

werden die Bewegungen von Becken und Oberkörper<br />

vom Rucksack isoliert. Das Konzept solcher beweglicher<br />

Komponenten wurde danach von vielen Herstellern in<br />

angepasster Form übernommen. Der Neuseeländer ging<br />

noch einen Schritt weiter: Um einen Gewichtsausgleich<br />

zu erzielen, befestigte er Taschen an Schulterträgern und<br />

Hüftgurt. Dadurch wird die Last gleichmässig um den<br />

Körper verteilt, was eine natürliche aufrechte Körperhaltung<br />

erlaubt.<br />

Idealerweise sollte der Rucksack die Bewegungen der<br />

Körpersegmente möglichst wenig beeinflussen, während<br />

er gleichzeitig völlig stabil bleibt und den Tragenden<br />

nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Aus einfachen physikalischen<br />

Gründen kann der Rucksack aber nicht komplett<br />

von den Bewegungen des Körpers gelöst werden,<br />

da er sich dann nicht mehr kontrollieren lässt. Genau an<br />

diesem Punkt kollidieren Theorie und Praxis. Die entscheidende<br />

Frage ist deshalb, wie der ideale Kompromiss<br />

zwischen Bewegungsfreiheit und Lastkontrolle aussieht.<br />

Von der Theorie zur Praxis<br />

Genau um dies herauszufinden hat das OUTDOOR<br />

GUIDE Testteam sechs Modelle mit beweglichen Tragsystemen<br />

auf den Rücken geschnallt und gegen den<br />

etablierten Platzhirsch aus der Welt der klassischen<br />

Trekkingrucksäcke antreten lassen. Als Referenz wählten<br />

wir dabei den beliebten und bewährten Deuter «ACT<br />

Lite». Im Praxistest massen sich zwei Modelle, die lediglich<br />

mit einem beweglichen Hüftgurt ausgestattet sind<br />

(Mammut «Heron Light», Arc’teryx «Altra»). Das Modell<br />

«BA3» von Ergon verfügt über einen fixen Hüftgurt und<br />

Aarn «Peak Aspiration 45»<br />

Preis CHF 329.–<br />

(optional: Balanche Pockets 7 Liter, CHF 89.–)<br />

Gewicht 1770 g<br />

(optional: Balance Pockets 7 Liter, 309 g)<br />

Beschreibung Durchdachter Allrounder mit (zu Beginn)<br />

exotisch anmutendem Tragesystem, das eine hohe<br />

Bewegungsfreiheit gewährleistet. Dank dem körpernahen<br />

Sitz hat man eine gute Kontrolle über die Last.<br />

Schweiss kann am Rücken nicht ideal verdunsten. Verwendet<br />

man die optionalen Balance-Pockets, ist die Körperhaltung<br />

sehr aufrecht und überaus angenehm. Diese<br />

sind in verschiedenen Grössen und Spezialausführungen<br />

erhältlich. Damit spielt dieses Modell vor allem bei langen<br />

Tragzeiten seine Stärken aus. Es eignet sich sowohl<br />

für Ski- und Snowboardtouren wie auch für ausgedehnte<br />

Wanderungen. Die unzähligen Einstellmöglichkeiten des<br />

Tragsystems sollten wahrgenommen werden, da sonst<br />

Druckstellen durch die Balance-Pockets entstehen können.<br />

Der Rucksack kann sowohl auf Männer wie auch auf<br />

Frauen angepasst werden.<br />

Infos Naturzone AG, Tel. 044 811 40 00<br />

www aarnpacks.com<br />

bewegliche Schulterträger. Der Black Diamond «Infinity<br />

50» sowie der Aarn «Peak Aspiration» haben bewegliche<br />

Schulterträger und einen beweglichen Hüftgurt. Ziel des<br />

Tests war es, die Tragsysteme zu vergleichen und die Frage<br />

zu klären, ob die klassischen Tragsysteme bald ausgedient<br />

haben.<br />

Der Komfort des Tragsystems hängt nicht ausschliesslich<br />

von der Konstruktion, sondern auch von den eingesetzten<br />

Materialien und den gewählten Formen ab.<br />

Arc’teryx «Altra 65»<br />

Preis CHF 549.–<br />

Gewicht 2219 g<br />

Beschreibung Voluminöser Trekkingrucksack mit ausreichend<br />

belüftetem Rückenteil. Das Tragsystem bietet<br />

vor allem <strong>im</strong> Schulterbereich gute Einstellmöglichkeiten.<br />

Die Träger sind angenehm vorgeformt und gut gepolstert.<br />

Der massive Hüftgurt kann nicht ganz so viel Kraft<br />

aufnehmen wie gewünscht und lief bei unserem Testmodell<br />

eher streng. Der Brustgurt ist sehr hoch angebracht.<br />

Mittels eines umlaufenden Reissverschlusses kann der<br />

Rucksack wie eine Reisetasche aufgeklappt werden. Die<br />

riesige Fronttasche kann sowohl von oben wie von vorne<br />

beladen werden. Zusammen mit unzähligen Befestigungsmöglichkeiten<br />

eröffnen sich schier endlose Möglichkeiten<br />

für den Materialtransport. Damit eignet sich<br />

der Rucksack vor allem für lange Trekkings oder Reisen.<br />

Der Rucksack ist auch als Damenmodell erhältlich.<br />

Infos Gecko Supply, Tel. 044 273 18 01<br />

www arcteryx.com<br />

St<strong>im</strong>mt der Schnitt, so können etwas dünnere und<br />

härtere Polsterungen, wie sie beispielsweise bei Black<br />

Diamond zum Einsatz kommen, genauso komfortabel<br />

sein, wie dicke, weiche Polsterungen wie sie Deuter<br />

oder Mammut verwenden. Einzelne Tester klagten<br />

über leichte Druckstellen des harten Plastikhüftgurts<br />

be<strong>im</strong> «BA3» von Ergon. Hier ist eine gute Anpassung<br />

wichtig. Be<strong>im</strong> Model «Peak Aspiration» von Aarn wird<br />

fast vollständig auf eine Polsterung der Träger verzich­<br />

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