Trekking Gran Paradiso - outdoor guide

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11.05.2014 Aufrufe

HAUTNAH Trekking Gran Paradiso Trekking Gran Paradiso HAUTNAH Rund um den Gran Paradiso Das wahre Abenteuer Der Gran Paradiso ist der leichteste und dadurch auch begehrteste Viertausender südlich des Alpenkamms. Was kaum jemand weiss: Das wahre Abenteuer ist seine Umrundung, denn dabei werden Orientierung und Kondition auf eine harte Probe gestellt. 102 103

HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong><br />

<strong>Trekking</strong> <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong> HAUTNAH<br />

Rund um den <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong><br />

Das wahre<br />

Abenteuer<br />

Der <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong> ist der leichteste und<br />

dadurch auch begehrteste Viertausender<br />

südlich des Alpenkamms. Was kaum jemand<br />

weiss: Das wahre Abenteuer ist seine Umrundung,<br />

denn dabei werden Orientierung und<br />

Kondition auf eine harte Probe gestellt.<br />

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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong><br />

Der Ciaforon, ein markanter Gipfel neben dem <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong>.<br />

Alpsiedlung am Piano del Nivolet.<br />

«Il cuore del parco»: Das Seenplateau über dem Col del Nivolet bietet<br />

die schönste Aussicht auf <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong> & Co.<br />

Es sollte die anspruchsvollste <strong>Trekking</strong>tour werden,<br />

die wir je unternommen haben. Doch davon wissen wir<br />

noch nichts, als wir an einem schwülen Sommermorgen<br />

im hintersten Talschluss des Valsavarenche aufbrechen.<br />

Auf der Aosta-Seite spielt sich der Tourismus ab und in<br />

der kurzen Sommersaison drängen täglich ganze Horden<br />

auf den Gipfel des <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong>. Aber das Unbekannte<br />

hat seit jeher die Sehnsüchte der Menschen geweckt.<br />

Und auch wir sind auf der Suche nach unberührter Na-<br />

tur. Also wollen wir erkunden, wie es auf der anderen,<br />

bisher völlig vernachlässigten Seite des <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong>-<br />

Nationalparks aussieht. Während die Aosta-Seite mit<br />

bewirtschafteten Hütten aufwarten kann, sind diese auf<br />

der piemontesischen Seite bescheidener gestreut. Man<br />

muss auf Biwaks zurückgreifen. Die Selbstversorgerausrüstung<br />

macht unseren Rucksack schwer. Weil gerade<br />

Hauptsaison ist, haben wir sicherheitshalber noch ein<br />

Zelt mit eingepackt.<br />

Zelten verboten, biwakieren erlaubt<br />

Schon auf der ersten Etappe von Pont im Valsavarenche<br />

zum Col del Nivolet treffen wir auf wenig Wanderer.<br />

Dabei handelt es sich um eine leichte Route durch ein<br />

wunderschönes Hochtal. Zum Glück verhinderten die<br />

Richtlinien des Nationalparks einst ein Strassenprojekt,<br />

sonst würde hier der Verkehr durchrauschen. Nur von<br />

der piemontesischen Seite zieht eine Strasse bis zum<br />

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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong><br />

So ungemütlich von aussen, so gemütlich drinnen:<br />

das Bivacco Giraudo.<br />

Nivolet-Pass. Dort befinden sich auch zwei bewirtschaftete<br />

Hütten. So urgemütlich diese sind, wir haben unser<br />

Zelt geschleppt und ziehen ein Biwak vor auf einem der<br />

schönsten Seenplateaus dieser Region nur eine halbe<br />

Stunde oberhalb des Rifugio Savoia. Zelten, muss man<br />

wissen, ist im Nationalpark verboten, biwakieren hingegen<br />

nicht. In eine traumhafte Kulisse betten sich die<br />

Laghi Trebecchi. Das <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong>-Massiv wie auch die<br />

Grenzgipfel zum französischen Vanoise-Nationalpark<br />

umzingeln uns mit atemberaubender Wucht. Im Raureif<br />

des Morgens kommen uns die Hütten dann doch gelegen<br />

und wir geniessen einen feinen Cappuccino im Rifugio<br />

Città di Chivasso. Alessandro Bado, der aufgestellte<br />

Hüttenwirt, will auch gleich unsere Rucksäcke wiegen.<br />

Sie bringen 24 (Dieter) und 19 Kilogramm (meiner) auf<br />

die Waage. Das heisst für uns: In den nächsten Tagen<br />

müssen wir viel von deren Inhalt «wegessen». Die Kraft<br />

brauchen wir auch, denn die Strecke wird zunehmend<br />

anspruchsvoller.<br />

Königliche Jagdsteige und<br />

Biwak-Romantik<br />

Die zweite Etappe ist noch einigermassen beschaulich.<br />

Wir folgen der «mulattiera reale», einem kunstvoll in<br />

die steilen Flanken geschlagenen königlichen Jagdsteig<br />

hoch über dem Canavese, wie sich das Gebiet auf der<br />

piemontesischen Seite des Nationalparks nennt. «The<br />

smiling valley» nannte Francis Fox Tuckett das Tal, über<br />

dem sich die schneebedeckten Gipfel der Levanna türmen.<br />

1859 umrundete der Alpenpionier den <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong>.<br />

Am Col della Terra stossen wir auf die Markierung<br />

der Alta Via del Canavese, die von Ceresole Reale hinauf<br />

führt. Sie wird unsere Route für die nächsten Tage bestimmen<br />

und bringt uns zunächst einmal zum Bivacco<br />

Giraudo. Auch die «gelbe Biwakschachtel» haben wir<br />

ganz für uns allein. Klein aber fein ist das hölzerne Interieur.<br />

Mit ein paar Kerzen, die jemand zurückgelassen<br />

hat, gestaltet sich der Abend ganz romantisch.<br />

Noch werfen die Berge lange Schatten, als wir am frühen<br />

Morgen aufbrechen. Schnell sind wir zu einer Alpterrasse<br />

abgestiegen, wo uns wärmende Sonnenstrahlen<br />

und neugierige Kühe begrüssen. Wieder ist es ein königlicher<br />

Jagdsteig, der uns entlang der Höhenlinie gemütlich<br />

und bei grossartigem Panorama ins nächste Hochtal<br />

leitet. Keine Mühen hatte König Vittorio Emanuele II.<br />

gescheut, um sich sein exklusives Jagdrevier mit bequemen<br />

Wegen einrichten zu lassen. Nur ihm, dem damaligen<br />

Regenten von Savoyen-Piemont und späteren König<br />

des neuen Italien, war es seit 1856 vorbehalten, am <strong>Gran</strong><br />

<strong>Paradiso</strong>, dem letzten Rückzugsgebiet des Steinbocks,<br />

der in anderen Teilen der Alpen im 18. Jahrhundert bereits<br />

ausgerottet war, zu jagen. Schon ab 1821 erhobene<br />

strenge Schutzbestimmungen sollten den Bestand<br />

seines begehrtesten Jagdobjektes sichern. Der Erbe<br />

Sicheres und sauberes Trinkwasser<br />

Du bewegst dich gerne frei in der Natur. Setze deshalb<br />

auch beim Trinkwasser auf umweltschonende und<br />

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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong><br />

<strong>Trekking</strong> <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong> HAUTNAH<br />

Mit der Escursionista-Karte ist<br />

man sehr gut bedient. Leider fehlt<br />

eine Etappe. Dann muss man auf<br />

«IGC-Comics» zurückgreifen.<br />

Zelten verboten, biwakieren<br />

erlaubt. Das heisst: Tagsüber ist<br />

der Lagerplatz verschwunden.<br />

Ein spannender und auch geologisch interessanter Felsenweg führt in den Col Lauson.<br />

Vittorio Emanuele III. schenkte das königliche Jagdrevier<br />

schliesslich im Jahre 1919 dem italienischen Staat<br />

– unter der Bedingung, einen Nationalpark einzurichten.<br />

Drei Jahre später wurde dann ein Gebiet von 703 Quadratkilometern<br />

zum ersten Nationalpark Italiens erklärt.<br />

Seit der grenzüberschreitenden Zusammenschliessung<br />

mit dem Vanoise-Nationalpark 1972 umfasst das Gelände<br />

nun 1233 Quadratkilometer und ist damit das nach<br />

dem Nationalpark Hohe Tauern (1800 km 2 ) zweitgrösste<br />

Naturschutzgebiet der Alpen.<br />

unter der wuchtigen Südostfront des <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong><br />

sticht ein bereits vertrauter gelber Fleck ins Auge. Das<br />

Bivacco Ivrea gleicht dem Zuhause unserer letzten Nacht<br />

fast aufs Haar. Und wieder haben wir die im Innern an<br />

eine gemütliche Schiffskajüte erinnernde Stahlkapsel<br />

für uns. Wir denken nicht einmal daran das Zelt aufzubauen.<br />

In der Nähe tummeln sich ein paar Gämsen. Sie<br />

sind scheuer als die Steinböcke, die sich beeindruckende<br />

Rivalenkämpfe liefern, als wir tags darauf die erste Steigung<br />

in Angriff nehmen.<br />

Ein Talschluss wie im Himalaya<br />

Fluch der «Karten-Comics»<br />

Zahlreiche Jagdhäuser, so genannte «Case reali di Caccia»,<br />

liess der König damals bauen. Zwei davon wurden zu<br />

Alpen vereinshütten umgenutzt: das von uns bereits passierte<br />

Rifugio Savoia und das Rifugio Vittorio Sella, in<br />

dem wir, sofern alles nach Plan verläuft, in ein paar Tagen<br />

nächtigen werden. Das Jagdhaus hingegen, das wir<br />

jetzt am <strong>Gran</strong> Piano erreichen, ist den Parkangestellten<br />

und Naturwissenschaftlern vorbehalten. Von hier zieht<br />

sich unsere Route steil gegen die Bocchetta del Ges. Mehrere<br />

Erdrutsche haben dem Königssteig arg zugesetzt,<br />

immer wieder müssen wir durch Blockwerk kraxeln. So<br />

brauchen wir eine ganze Menge Zeit bis ins Vallone di<br />

Noaschetta. Türkisfarbene Bäche mäandern dort durch<br />

einen üppig grünen Talgrund. An verfallenen Alpgebäuden<br />

vorbei und im Banne markanter Fels zacken wie den<br />

Tre Becchi erreichen wir einen Talschluss, wie man ihn<br />

im Himalaya antreffen könnte. Auf einem Moränen hügel<br />

Auf ein vereistes Schneefeld folgt ein steiles Blockfeld und<br />

macht den Aufstieg zum Colle dei Becchi recht mühsam.<br />

Dafür ist der Ausblick auf den <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong> und das Gipfelmeer<br />

Richtung Frankreich einfach phantastisch. Und<br />

der gerade zu diesem Zeitpunkt perfekte Firn erlaubt uns<br />

ein angenehmes Abrutschen über die Ostseite des Passes.<br />

Bald darauf glitzert unter uns der Lago di Telessio<br />

aus dem Vallone di Piantonetto. Dort unten muss sich<br />

auch das Rifugio Pontese befinden, doch es sind noch fast<br />

800 Höhenmeter Abstieg zu bewältigen, bis wir mittags<br />

auf der Sonnenterrasse bei Polenta und Gamsragout wieder<br />

Kräfte tanken. Eigentlich sollte man an diesem herrlichen<br />

Ort übernachten, doch dann wäre unsere geplante<br />

Folgeetappe zum Bivacco Davito einfach zu lang. So müssen<br />

wir uns nochmals aufraffen für einen weiteren, steilen<br />

Aufstieg. Kettengesicherte Passagen helfen uns über<br />

die heikelsten Stellen hinweg. Entlang exponierter Felsbänder<br />

zieht die Alta Via del Canavese über die Bocchetta<br />

di Valsoera ins nächste Hochtal. In den Gletscherschliff<br />

betten sich mehrere Seen. Direkt über dem gestauten<br />

Lago di Valsoera steht auf hohen Stelzen unser Etappenziel,<br />

das unbewirtschaftete Rifugio Meneghello mit dem<br />

Komfort einer grossen Küche. Während die Alta Via del<br />

Canavese hier ins Haupttal Valle dell’Orco absteigt, folgen<br />

wir einer nicht klar ausgewiesenen Route.<br />

Es sind rote Punkte, die uns am Lago Nero vorbei durch<br />

eine Felsrinne auf eine Höhenterrasse mit dem Lago di<br />

Motta leiten. Dann aber sind wir auf unseren eigenen Orientierungssinn<br />

angewiesen, denn die roten Punkte geben<br />

eine Richtung vor, in die wir gar nicht wollen. Gemäss einer<br />

eingezeichneten Route auf unserer Karte müssten wir<br />

– westlich am See vorbei – nach Norden zum Colle di Motta<br />

gehen. Doch da ist nichts. Wir verfluchen wieder einmal<br />

die Comiczeichnungen der italienischen IGC-Karten und<br />

suchen unseren eigenen Weg. Im Klartext bedeutet das:<br />

endloses Blockwerksteigen und nagende Ungewissheit,<br />

wie es wohl hinter dem Colle di Motta aussehen wird.<br />

Böse Überraschung auf dem Pass<br />

Dafür befinden wir uns in absolut unberührter Natur.<br />

Wunderschön spiegelt sich die Gebirgskette der Cottischen<br />

Alpen mit ihrem höchsten Spitz, dem Monviso,<br />

im Lago di Motta. Am Pass folgt dann eine böse Überraschung:<br />

Würde Schnee liegen, wäre der Steilabstieg gar<br />

nicht mal so schlimm, doch stattdessen erwartet uns ein<br />

Rutschhang aus Schutt und Erde. Weiter unten hat sich<br />

der Gletscher unter Blockwerkmassen verkrochen. Das<br />

sieht nach mühsamem Abstieg aus – und das ist es auch.<br />

Am Bivacco Revelli treffen wir wieder auf einen Pfad.<br />

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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong><br />

A C T I V E G A R M E N T F O R A C T I V E P E O P L E<br />

R U K K A A C T I V E W E A R S I N C E 1 9 6 6<br />

Tipps und Informationen<br />

Beim <strong>outdoor</strong> <strong>guide</strong> kann ein ausführliches Infoblatt<br />

zu der im Text beschriebenen Umrundung des <strong>Gran</strong><br />

<strong>Paradiso</strong> mit vielen nützlichen Tipps bezogen werden.<br />

Anfragen per Post mit frankiertem Antwortcouvert an:<br />

<strong>outdoor</strong> <strong>guide</strong>, Fleubenstrasse 6, 9450 Altstätten.<br />

Via Website: www.<strong>outdoor</strong>-<strong>guide</strong>.ch<br />

Per E-Mail: redaktion@<strong>outdoor</strong>-<strong>guide</strong>.ch<br />

Wir befinden uns nun in einem wunderschönen Talschluss<br />

eines der Soana-Täler. Vom Bivacco Davito trennt<br />

uns noch ein zweiter Pass, der uns heftig in Anspruch<br />

nimmt. Denn jenseits des Colle Valletta bricht eine Steilwand<br />

ab. Die einzige Lösung scheint uns eine Schuttrinne<br />

weiter östlich des Grats zu sein. Jeder Schritt wird behutsam<br />

und überlegt gesetzt, ein Abrutschen wäre fatal.<br />

Die Schwierigkeiten scheinen anderntags überwunden.<br />

Ein teilweise sogar gepflasterter Felsenweg führt<br />

durch herrlich farbiges Gestein in den Col Bardoney.<br />

Doch die zunehmende Klimaerwärmung hat natürlich<br />

auch auf der Aosta-Seite ganze Arbeit geleistet. Anstatt<br />

vom Permafrost gehaltenes Gestein erwartet uns «Bröselwerk».<br />

Welch eine Erlösung, danach wieder einen königlichen<br />

Jagdsteig begehen zu dürfen! Flotten Schrittes<br />

können wir so dem Lauf des Torrent de Bardonney folgen,<br />

der weiter unten ein hübsches Moorbiotop bildet.<br />

Hier zweigt der Höhenweg zum Lago di Loie ab, der zu<br />

den schönsten Seen des Cogne-Tals zählt. Nach einer<br />

Kurve strahlt uns die ganze Herrlichkeit des Mont Blanc-<br />

Massivs entgegen. In Lillaz drängen sich alte Holzhäuser,<br />

in Cogne, dem drei Kilometer entfernten Hauptort,<br />

pulsiert das «Shopping-Leben». Nichtsdestotrotz ist der<br />

Ort hübsch und die Kulisse einfach phantastisch. Zu den<br />

saftigen Wiesen des breiten Talbodens kontrastiert der<br />

vergletscherte Talschluss des Valnontey. Einen guten<br />

Einblick in die Hochgebirgsflora bietet der Alpengarten<br />

Paradisia am Weiler Valnontey mit seinen 1200 Pflanzenarten.<br />

Nach einem kräftigen Anstieg erreichen wir das Rifugio<br />

Vittorio Sella, eine der beliebtesten Hütten im Nationalpark.<br />

Obwohl Sohn Maurizio Mappelli längst die Geschäfte<br />

übernommen hat, lässt es sich der Vater nicht nehmen,<br />

allabendlich die Runde im Gastraum zu drehen, um jeden<br />

zu fragen, ob es auch schmeckt. Denn alles wurde aus frischen<br />

Produkten selbst hergestellt. An den Wänden der<br />

Holzstube hängen bemerkenswerte Naturaufnahmen,<br />

Resultate der hier häufig stattfindenden Workshops. Vorbild<br />

ist Vittorio Sella (1859–1943), ein grossartiger Alpinist<br />

und zugleich Begründer der Bergfotografie.<br />

Während am Abend ein Leuchten des vergletscherten<br />

Gebirgskammes über dem Valnontey die Gäste verzaubert,<br />

ist es am Morgen das schillernde Tuffgestein über<br />

der Lauson Hochebene. In diese Richtung müssen wir<br />

auch wandern, der Alta Via 2 della Valle d’Aosta folgen,<br />

die über den Col Lauson ins Val Savarenche zieht. Oben<br />

am Pass warten Traumblicke zum Monte Rosa und zu<br />

den Vanoise-Gipfeln. Ein Pass hat immer auch Brotzeitcharakter:<br />

Der Aufstieg ist bewältigt und neue Kräfte für<br />

den Abstieg müssen getankt werden. Und wo lässt es sich<br />

schöner Picknicken als mit einem atemberaubenden Panorama<br />

vor Augen?<br />

Es ist warm, windstill und der blanke Himmel mahnt<br />

auch nicht zur Eile. Mir fällt Francis Fox Tuckett wieder<br />

ein, der nicht selten im Eiltempo die Alpen durchforstete,<br />

oft als einer der Ersten auf einen Gipfel spurtend. Wie<br />

gerne hätte er den <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong> auf seiner Umrundung<br />

1859 mitgenommen, doch die Grivola lockte ihn mehr:<br />

«The harder nut of the two to crack». Nicht ohne Stolz<br />

schreibt er dann aber in «Peaks, Passes and Glaciers»,<br />

dem Vorläufer des berühmten Alpine Journals, dass<br />

er die Unterwerfung des Königs der Grajischen Alpen<br />

Mr. Cowell und seinem Trupp gönne. Oder wurmte es<br />

ihn vielleicht doch? Denn ein Jahr später (1861) folgte<br />

er den Fussstapfen der Erstbesteiger, um in der zurückgelassenen<br />

Gipfelflasche auch seinen Namen zu hinterlassen.<br />

Fast hätten wir die Abzweigung des Höhenweges verpasst,<br />

der zurück nach Pont führt – in welch einer Kulisse!<br />

Krönung ist die Chabod Hütte, deren Lage unter der<br />

Nordwand des <strong>Gran</strong> <strong>Paradiso</strong> das schönste Abendglühen<br />

des begehrten Viertausenders offeriert. <br />

✸<br />

Das schönste Abendglühen als Krönung<br />

TEXT UND Fotos<br />

Iris Kürschner<br />

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r u k k a A G - W i e s e n s t r a s s e 1 - C H - 9 3 2 7 T ü b a c h - P h o n e + 4 1 ( 0 ) 7 1 8 4 1 2 8 2 8 - F a x + 4 1 ( 0 ) 7 1 8 4 1 2 8 1 6<br />

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