Leseprobe zu Bestellfax 0221 / 9 37 38-943 - Verlag Dr. Otto Schmidt

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8. Die Gesellschafterversammlung Rz. I 1603 8. Stimmrechtsvereinbarungen Absprachen von Gesellschaftern, das Stimmrecht nicht oder nur in bestimmter Weise auszuüben (Stimmrechtsbindungen, s. Rz. I1159), begründen rein schuldrechtliche Verpflichtungen der an der Absprache Beteiligten (s. Rz. I1160). Deshalb ist ein Beschluss, der dadurch zustande gekommen ist, dass ein Gesellschafter abredewidrig abgestimmt hat, nicht anfechtbar. Vielmehr ist der Streit um die Rechtsfolgen des Verstoßes (s. Rz. I1161) unter den an der Bindung Beteiligten und nicht mit der Gesellschaft auszutragen 1 .Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beschluss gegen eine von allen Gesellschaftern eingegangene Bindung verstößt oder gleichzeitig ein Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht vorliegt 2 .Haben alle Gesellschafter eine die Gesellschaft betreffende Angelegenheit unter sich einverständlich geregelt, so ist diese Regelung –auch ohne Bestandteil der Satzung zu sein –zumindest so lange zugleich als eine solche der Gesellschaft zu behandeln,als dieser nur die aus der Abrede Verpflichteten angehören. Die überstimmten Gesellschafter können in diesem Fall den Beschluss durch Klage gegen die Gesellschaft anfechten 3 . Nichtig ist eine Stimmrechtsbindung, wenn und soweit sie gegen die guten Sitten oder gegen zwingende Grundsätze des GmbH-Rechts verstößt, zB die Stimmverbote des §47Abs. 4GmbHG aushöhlt 4 oder zu einem gesellschaftsrechtlich unzulässigen Abstimmungsverhalten verpflichtet 5 .Sittenwidrig und daher nichtig ist eine Stimmrechtsbindung, die zu einer Schädigung der Gesellschaft zu führen droht, zB bei der Bindung des Stimmrechts zu eigennützigen gesellschaftswidrigen Zwecken 6 .Sittenwidrig und daher nichtig ist auch der Stimmenkauf (Versprechen einer Leistung für eine Abstimmung in bestimmtem Sinne, nicht dagegen die erfolgte Stimmabgabe 7 . Der gefasst Beschluss ist aber anfechtbar, sofern der Beschluss selbst an einem 1 Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl. 2009, §47Rz. 39b. 2 Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl. 2009, §47Rz. 39b. 3BGH v. 20.1.1983 –IIZR243/81, GmbHR 1983, 196; zustimmend Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §47 Rz. 118; ablehnend Hüffer in Ulmer, GmbHG, 2006, §47Rz. 84: nur dann, wenn es missbräuchlich ist, dass die beklagte GmbH den Kläger auf den schuldrechtlichen Charakter der Abrede verweist. S. auch Wälzholz ,GmbHR 2009, 1020 (1026) (zu Sideletters). 4 Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, §47Rz. 31. 5 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §47Rz. 17. 6 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §47Rz. 44. 7 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §47Rz. 45 und 54. 1602 1603 GH Lfg. 136 April 2011 Wälzholz | I 829

Rz. I 1603 Teil I: Gesellschaftsrecht 1604 1605 Inhaltsmangel leidet 1 .Kein Stimmenkauf liegt vor, wenn die für die Stimmabgabe versprochene Leistung mit dem Ergebnis der Stimmabgabe identisch ist. So sind nach hM zB Wahlabsprachen kein Stimmenkauf,wenn kein Vorteil erstrebt wird, der über das Abstimmungsergebnis hinausgeht 2 .Auch ausbeuterische Stimmbindungen, dh. solche, die dem Bindenden zum Nachteil der Gesellschaft besondere Vorteile verschaffen, sind unwirksam 3 . Zweifelhaft und umstritten ist die Zulässigkeitvon dauerhaften Stimmbindungen zugunsten außenstehender Dritter.Eswird in der Literatur ein Kernbereich von Entscheidungen der Gesellschafter weitgehend erkannt, der nicht fremdbestimmt sein darf. Dazu gehören neben Satzungsänderungen, insbesondere grundlegende Strukturmaßnahmen 4 .Derartige Vereinbarungen bedürfen einer inneren, sachlichen Rechtfertigung, die insbes. bei Treuhandabreden, Nießbrauch, Pfandrecht und dergleichen gegeben ist 5 .Jeweiter der Weisungsgeber bei der Stimmbindung auch den gesellschaftsrechtlichen Bindungen und Treuepflichten unterliegt, desto eher ist die Stimmbindung anzuerkennen. Da im Übrigen insoweit auch die interne Kompetenzordnung zwingend ist (s. Rz. I568), sind diesbezügliche Stimmbindungen zugunsten des Geschäftsführungsorgans oder eines Aufsichtsrats/Beirats nach verbreiteter Ansicht ebenso unzulässig und unwirksam 6 .Soweit hingegen ein Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer oder Aufsichtsrat ist, steht der vorstehende Grundsatz einer Stimmbindungsabrede mit dem Mitgesellschafter trotz der Doppelfunktion nicht entgegen. Problematisch ist ferner eine dauerhafte Stimmbindung zugunsten unbeteiligter Dritter hinsichtlich der Geschäftsführerbestellung. Trotz der Vorgaben des §46Nr. 5GmbHG gelten mE auch für Verpflichtungen zur Geschäftsführerbestellung die allgemeinen Grenzen wie für grundlegende Strukturbeschlüsse auch, dh. sie ist zulässig bei Vorliegen einer Rechtfertigung 7 . 1 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, Anh. §47Rz. 56; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §47Rz. 54. 2 Hüffer in Ulmer, GmbHG, 2006, §47Rz. 77 mwN; zweifelnd Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4.Aufl. 2002, §47Rz. 33. 3 Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4.Aufl. 2002, §47 Rz. 33; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §47Rz. 44. 4 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §47Rz. 16. 5Überzeugend K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §47Rz. 42. 6SoHüffer in Ulmer, GmbHG, 2006, §47Rz. 78. 7 Für die Zulässigkeit schuldrechtlicher Entsenderechte mit strengen Grenzen K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §46Rz. 72; Hüffer in Ulmer, GmbHG, 2006, §46 Rz. 77. I 830 | Wälzholz

Rz. I 1603<br />

Teil I: Gesellschaftsrecht<br />

1604<br />

1605<br />

Inhaltsmangel leidet 1 .Kein Stimmenkauf liegt vor, wenn die für die Stimmabgabe<br />

versprochene Leistung mit dem Ergebnis der Stimmabgabe identisch<br />

ist. So sind nach hM zB Wahlabsprachen kein Stimmenkauf,wenn kein Vorteil<br />

erstrebt wird, der über das Abstimmungsergebnis hinausgeht 2 .Auch ausbeuterische<br />

Stimmbindungen, dh. solche, die dem Bindenden <strong>zu</strong>m Nachteil<br />

der Gesellschaft besondere Vorteile verschaffen, sind unwirksam 3 .<br />

Zweifelhaft und umstritten ist die Zulässigkeitvon dauerhaften Stimmbindungen<br />

<strong>zu</strong>gunsten außenstehender <strong>Dr</strong>itter.Eswird in der Literatur ein<br />

Kernbereich von Entscheidungen der Gesellschafter weitgehend erkannt,<br />

der nicht fremdbestimmt sein darf. Da<strong>zu</strong> gehören neben Sat<strong>zu</strong>ngsänderungen,<br />

insbesondere grundlegende Strukturmaßnahmen 4 .Derartige Vereinbarungen<br />

bedürfen einer inneren, sachlichen Rechtfertigung, die insbes.<br />

bei Treuhandabreden, Nießbrauch, Pfandrecht und dergleichen gegeben<br />

ist 5 .Jeweiter der Weisungsgeber bei der Stimmbindung auch den gesellschaftsrechtlichen<br />

Bindungen und Treuepflichten unterliegt, desto eher<br />

ist die Stimmbindung an<strong>zu</strong>erkennen. Da im Übrigen insoweit auch die interne<br />

Kompetenzordnung zwingend ist (s. Rz. I568), sind diesbezügliche<br />

Stimmbindungen <strong>zu</strong>gunsten des Geschäftsführungsorgans oder eines Aufsichtsrats/Beirats<br />

nach verbreiteter Ansicht ebenso un<strong>zu</strong>lässig und unwirksam<br />

6 .Soweit hingegen ein Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer oder<br />

Aufsichtsrat ist, steht der vorstehende Grundsatz einer Stimmbindungsabrede<br />

mit dem Mitgesellschafter trotz der Doppelfunktion nicht entgegen.<br />

Problematisch ist ferner eine dauerhafte Stimmbindung <strong>zu</strong>gunsten unbeteiligter<br />

<strong>Dr</strong>itter hinsichtlich der Geschäftsführerbestellung. Trotz der Vorgaben<br />

des §46Nr. 5GmbHG gelten mE auch für Verpflichtungen <strong>zu</strong>r Geschäftsführerbestellung<br />

die allgemeinen Grenzen wie für grundlegende Strukturbeschlüsse<br />

auch, dh. sie ist <strong>zu</strong>lässig bei Vorliegen einer Rechtfertigung 7 .<br />

1 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, Anh. §47Rz. 56; K. <strong>Schmidt</strong><br />

in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §47Rz. 54.<br />

2 Hüffer in Ulmer, GmbHG, 2006, §47Rz. 77 mwN; zweifelnd Koppensteiner in Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff,<br />

GmbHG, 4.Aufl. 2002, §47Rz. 33.<br />

3 Koppensteiner in Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, GmbHG, 4.Aufl. 2002, §47 Rz. 33;<br />

K. <strong>Schmidt</strong> in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §47Rz. 44.<br />

4 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §47Rz. 16.<br />

5Überzeugend K. <strong>Schmidt</strong> in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §47Rz. 42.<br />

6SoHüffer in Ulmer, GmbHG, 2006, §47Rz. 78.<br />

7 Für die Zulässigkeit schuldrechtlicher Entsenderechte mit strengen Grenzen K. <strong>Schmidt</strong><br />

in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §46Rz. 72; Hüffer in Ulmer, GmbHG, 2006, §46<br />

Rz. 77.<br />

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