Leseprobe zu Bestellfax 0221 / 9 37 38-943 - Verlag Dr. Otto Schmidt

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8. Die Gesellschafterversammlung Rz. I 1404 dann zu befolgen, wenn sie ihnen unzweckmäßig erscheinen. Nur wenn die Weisungen der Gesellschafter gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, sind sie für die Geschäftsführer unverbindlich. Der Geschäftsführer muss der Weisung auch dann nachkommen, wenn der Gesellschaft durch ihre Ausführung mutmaßlich ein Schaden entsteht 1 .Eine Ausnahme wird man von diesem Grundsatz vorsehen müssen, wenn die angewiesene Maßnahme erkennbar in die Insolvenz der Gesellschaft führen muss und damit auch Gläubiger schädigt. Vorsicht: Die Geschäftsführer können uU verpflichtet sein, ihre Bedenken gegen die Weisung vor deren Ausführung angemessen geltend zu machen 2 .Die Geschäftsführer können von Weisungen abweichen, wenn sie den Umständen nach annehmen dürfen, dass die Sachlage nicht ausreichend erkannt ist und bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung gebilligt würde. Dieses Recht, eine Weisung eigenmächtig zu übergehen, gilt für den Geschäftsführer allerdings nur bei Gefahr im Verzug, um weiteren Schaden von der Gesellschaft abzuhalten; anderenfalls hat der Geschäftsführer zunächst unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen und eine abändernde Beschlusslage herbeizuführen. Tut er dies nicht, trägt der Geschäftsführer das Risiko, sich wegen Verstoßes gegen eine wirksame Gesellschafterweisung schadensersatzpflichtig zu machen und ggfs. aus wichtigem Grund abberufen zu werden. Beratungshinweis Auf Grund ihrer Allzuständigkeit ist die Gesellschaftergesamtheit nicht darauf angewiesen, dass ihr die Angelegenheit vom Geschäftsführer vorgelegt wird. Sie kann sie vielmehr von sich aus an sich ziehen 3 . Denn die Gesellschaftergesamtheit als oberstes Organ kann innerhalb der Gesellschaft von Gesetzes wegen grundsätzlich frei alle Entscheidungen an sich ziehen und über sie mit verbindlicherWirkung gegenüber anderen Gesellschaftsorganen, insbesondere den Geschäftsführern, befinden 4 . 1 Uwe H.Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §43Rz. 123; OLG Frankfurt a.M. v. 7.2.1997 –24U88/95, GmbHR 1997, 346 (348). 2OLG Thüringen v. 1.9.1998 –5U1816/97, NZG 1999, 121 =GmbHR 1999, 346; Ebert, GmbHR 2003, 444 (448); Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §43Rz. 32. 3 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §46Rz. 91. 4 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §46Rz. 1. GH Lfg. 136 April 2011 Wälzholz | I 765

Rz. I 1405 Teil I: Gesellschaftsrecht 1405 1406 1407 Weisungen dürfen in einer Mehrpersonen-GmbH im Einzelfall nicht so weit gehen, dass die Geschäftsführer im Innenverhältnis zum bloßen Ausführungsorgan werden 1 oder ihnen jeder Spielraum zu eigenen Geschäftsführungsentscheidungen genommen wird 2 ,wodurch die Geschäftsführer zu „reinen Vertretungsmarionetten ohne jede Autorität gegenüber dem Personal des Unternehmens“ würden 3 .Eine Satzungsregelung, nach der alle Geschäftsführer von der Geschäftsführung insgesamt ausgeschlossen sind (Zölibatsklausel), ist unzulässig und unwirksam 4 .Dies folgt aus dem Erfordernis des Minderheitenschutzes und aus der grundlegenden Kompetenzverteilung der Organe in der GmbH. Der Minderheitsgesellschafter ist gegen mangelhafte Geschäftsführung durch die Haftung des Geschäftsführers nach §43GmbHG geschützt 5 . Auch wenn die Grenze des Zulässigen überschritten wird, berechtigt dies den Geschäftsführer jedoch nicht, Einzelweisungen zuignorieren und abweichend zu handeln. In der Praxis ist die Grenzziehung kaum justiziabel. Daher finden sich auch keine Gerichtsurteile, in denen diese Frage abschließend zu klären gewesen wäre. Diese Beschränkung der Intensität von Gesellschafterweisungen gilt nicht für die Einpersonen-GmbH.Denn hier ist kein Minderheitsgesellschafter zu schützen. §43GmbHG dient nicht dem Gläubigerschutz, wie sich aus der Möglichkeit der Entlastung durch die Gesellschafter ergibt 6 . Ein so weitgehendes Weisungsrecht, das dem Geschäftsführer jeglichen Handlungs- und Entscheidungsspielraum nimmt, kann auch nicht durch die Satzung eingeführt werden 7 ,jedenfalls nicht durch Satzungsänderung, der nicht alle Gesellschafter zustimmen. In jedem Fall muss der Gesell- 1 Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §37Rz. 18a. 2 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §37Rz. 11. 3 S. zu diesem strittigen Problemkreis ausführlich Geißler, Begrenzungen bei der Weisungsbindung des GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 2009, 1071ff.; wie hier Zöllner/ Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §37Rz. 9. AA Uwe H. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2010, §37Rz. 38 mwN. 4 Uwe H.Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2010, §37 Rz. 37. 5 Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, §43Rz. 4. 6 Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, §43Rz. 5. 7 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §37Rz. 18. AA Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, §37Rz. 22; Lenz in Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, §37 Rz. 18; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff GmbHG, 17. Aufl. 2009, §37Rz. 12 –soweit zumindest die Erfüllung der gesetzlich zwingend vorgesehenen Aufgaben der Geschäftsführer möglich bleibt. I 766 | Wälzholz

8. Die Gesellschafterversammlung Rz. I 1404<br />

dann <strong>zu</strong> befolgen, wenn sie ihnen unzweckmäßig erscheinen. Nur wenn die<br />

Weisungen der Gesellschafter gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die<br />

guten Sitten verstoßen, sind sie für die Geschäftsführer unverbindlich. Der<br />

Geschäftsführer muss der Weisung auch dann nachkommen, wenn der Gesellschaft<br />

durch ihre Ausführung mutmaßlich ein Schaden entsteht 1 .Eine<br />

Ausnahme wird man von diesem Grundsatz vorsehen müssen, wenn die<br />

angewiesene Maßnahme erkennbar in die Insolvenz der Gesellschaft führen<br />

muss und damit auch Gläubiger schädigt. Vorsicht: Die Geschäftsführer<br />

können uU verpflichtet sein, ihre Bedenken gegen die Weisung vor deren<br />

Ausführung angemessen geltend <strong>zu</strong> machen 2 .Die Geschäftsführer<br />

können von Weisungen abweichen, wenn sie den Umständen nach annehmen<br />

dürfen, dass die Sachlage nicht ausreichend erkannt ist und bei Kenntnis<br />

der Sachlage die Abweichung gebilligt würde. Dieses Recht, eine Weisung<br />

eigenmächtig <strong>zu</strong> übergehen, gilt für den Geschäftsführer allerdings<br />

nur bei Gefahr im Ver<strong>zu</strong>g, um weiteren Schaden von der Gesellschaft ab<strong>zu</strong>halten;<br />

anderenfalls hat der Geschäftsführer <strong>zu</strong>nächst unverzüglich eine<br />

Gesellschafterversammlung ein<strong>zu</strong>berufen und eine abändernde Beschlusslage<br />

herbei<strong>zu</strong>führen. Tut er dies nicht, trägt der Geschäftsführer das Risiko,<br />

sich wegen Verstoßes gegen eine wirksame Gesellschafterweisung schadensersatzpflichtig<br />

<strong>zu</strong> machen und ggfs. aus wichtigem Grund abberufen<br />

<strong>zu</strong> werden.<br />

Beratungshinweis<br />

Auf Grund ihrer All<strong>zu</strong>ständigkeit ist die Gesellschaftergesamtheit nicht<br />

darauf angewiesen, dass ihr die Angelegenheit vom Geschäftsführer<br />

vorgelegt wird. Sie kann sie vielmehr von sich aus an sich ziehen 3 .<br />

Denn die Gesellschaftergesamtheit als oberstes Organ kann innerhalb<br />

der Gesellschaft von Gesetzes wegen grundsätzlich frei alle Entscheidungen<br />

an sich ziehen und über sie mit verbindlicherWirkung gegenüber<br />

anderen Gesellschaftsorganen, insbesondere den Geschäftsführern,<br />

befinden 4 .<br />

1 Uwe H.Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §43Rz. 123; OLG Frankfurt<br />

a.M. v. 7.2.1997 –24U88/95, GmbHR 1997, 346 (348).<br />

2OLG Thüringen v. 1.9.1998 –5U1816/97, NZG 1999, 121 =GmbHR 1999, 346;<br />

Ebert, GmbHR 2003, 444 (448); Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl.<br />

2009, §43Rz. 32.<br />

3 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §46Rz. 91.<br />

4 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §46Rz. 1.<br />

GH Lfg. 136 April 2011<br />

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