Leseprobe zu Bestellfax 0221 / 9 37 38-943 - Verlag Dr. Otto Schmidt

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8. Die Gesellschafterversammlung Rz. I 1555 nungsmäßige Beratung, Abstimmung und Protokollierung zu sorgen 1 .Bei der Beratung erteilt er das Wort nach der Reihenfolge der Wortmeldungen, von der er nur aus sachlichen Gründen abweichen sollte. Weitere Befugnisse stehen dem Versammlungsleiter nicht zu. Weder gibt seine Stimme (vorbehaltlich einer abweichenden Satzungsbestimmung) bei Stimmengleichheit den Ausschlag noch steht ihm das Recht zu, eigenmächtig den Ablauf der Verhandlungen durch Vertagung (ausgenommen kurzfristige Unterbrechungen), Schließung, Ablehnung oder Abstimmung über einen Antrag oder dergleichen zu bestimmen 2 . Im Einzelnen hat der Vorsitzende die in der Tagesordnung angekündigten Gegenstände zur Erörterung zu stellen und jedem Gesellschafter Gelegenheit zu geben, sich zu äußern, auch in Bezug auf formelle und materielle Einwendungen gegen die Abhaltung der Versammlung. Er ist nicht befugt, Punkte der Tagesordnung abzusetzen, die Redezeit willkürlich zu beschränken oder ordnungsmäßig gestellte Anträge zurückzuweisen. Er hat jedoch den Ablauf der Diskussion zubestimmen, unsachliche Ausführungen zurückzuweisen und zu entscheiden, ob jeweils nach Erledigung eines Punktes der Tagesordnung über die hierzu gestellten Anträge abgestimmt wird oder die Abstimmung erst nach Erörterung sämtlicher Punkte der Tagesordnung stattfindet. Ihm steht auch die Ordnungsgewalt in der Versammlung zu 3 .Der Versammlungsleiter hat ein weites Ermessen bei der Leitung der Versammlung, er muss sich jedoch stets neutral verhalten 4 und muss sich bei der Leitung von sachlichen Erwägungen leiten lassen. Die Art und Weise der Leitung der Verhandlungen durch den Vorsitzenden kann in einer Geschäftsordnung geregelt werden 5 .Für den Erlass einer für Gesellschafterversammlungen allgemein ohne Rücksicht auf einen bestimmten Versammlungsleiter geltenden Geschäftsordnung ist wie bei §129 Abs. 1 AktG eine satzungsändernde Mehrheit erforderlich 6 . Die versammlungsleitenden Verfügungen des Vorsitzenden sind nicht anfechtbar. Dagegen unterliegen der Anfechtung die Beschlüsse der Ver- 1 Wiester, GmbHR 2008, 189 (191). 2S.auch Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §48Rz. 16. 3 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §48Rz. 17; K. Schmidt/Seibt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §48Rz. 37. 4 Wiester, GmbHR 2008, 189 (191). 5 Altmeppen, ZGR 1999, 291 (311). 6Ebenso wohl Altmeppen, ZGR 1999, 291 (312). 1553 1554 1555 GH Lfg. 136 April 2011 Wälzholz | I 809

Rz. I 1555 Teil I: Gesellschaftsrecht 1556 1557 sammlung, bei deren Zustandekommen ein grober Verstoß gegen die ordnungsmäßige Verhandlungsleitung unterlaufen ist. Unwirksam sind jedoch materielle Verfügungen des Vorsitzenden, die von der Gesellschafterversammlung zu treffen sind 1 ,zBdie Zulassung von Vertretern, Beiständen und anderen Personen zur Versammlung sowie die Zulassung von Gesellschaftern zur Abstimmung.Dagegen obliegt es dem Vorsitzenden, von den in der Versammlung erschienenen Bevollmächtigten den Nachweis der Vollmacht zu fordern. Eine rechtlich bedeutsame und verantwortungsvolle Aufgabe des Versammlungsleiters ist die verbindliche Feststellung der gefassten Beschlüsse 2 (s. dazu Rz. I1616ff.). Beachte: Möglich ist auch ein Versammlungsleiter, der eine bloße Ordnungs- und Leitungsfunktion ausübt 3 .Daher muss bei der Bestimmung des Versammlungsleiters zum Ausdruck kommen, ob der Versammlungsleiter auch diese Entscheidungsbefugnis haben soll. Wird nichts bestimmt, so steht dem Versammlungsleiter auch die Befugnis zur Beschlussfeststellung zu 4 . 2. Anwesenheit Beschlüsse werden durch Stimmabgabe der an der Versammlung teilnehmenden Gesellschafter gefasst. Schriftliche Stimmabgabe nicht anwesender und auch nicht vertretener Gesellschafter in der Versammlung ist unzulässig, entsprechende Beschlüsse sind nichtig (!) 5 .Ein derartiges Verfahren der kombinierten Beschlussfassung unter gleichzeitiger Anwendung der §48 Abs. 1und Abs. 2GmbHG kann jedoch in der Satzung zugelassen werden. Deshalb ist die Teilnahme an der Versammlung für den Gesellschafter zur Ausübung seines Stimmrechts im Regelfall unerlässlich. 1 K. Schmidt/Seibt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §48Rz. 28 mwN; aA wohl Bayer in Lutter/Hommelhoff,GmbHG,17. Aufl. 2009, §48Rz. 16; Wiester,GmbHR 2008, 189 (191). 2BGH v. 21.6.2010 –IIZR230/08, GmbHR 2010, 977; BGH v. 4.5.2009 –IIZR 169/07, GmbHR 2009, 1327. 3 Hoffmann/Köster, GmbHR 2003, 1327 (1328). 4Ebenso Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §48Rz. 16. S. auch Werner, GmbHR 2006, 127ff. 5BGH v. 16.1.2006 –IIZR135/04, GmbHR 2006, 706 =DNotZ 2006, 548 = RNotZ 2006, 350 mit kritischer Anm. Tebben; vgl. dazu auch K. Schmidt, NJW 2006, 2599; Liese/Theusinger, GmbHR 2006, 682. I 810 | Wälzholz

8. Die Gesellschafterversammlung Rz. I 1555<br />

nungsmäßige Beratung, Abstimmung und Protokollierung <strong>zu</strong> sorgen<br />

1 .Bei der Beratung erteilt er das Wort nach der Reihenfolge der Wortmeldungen,<br />

von der er nur aus sachlichen Gründen abweichen sollte. Weitere<br />

Befugnisse stehen dem Versammlungsleiter nicht <strong>zu</strong>. Weder gibt seine<br />

Stimme (vorbehaltlich einer abweichenden Sat<strong>zu</strong>ngsbestimmung) bei Stimmengleichheit<br />

den Ausschlag noch steht ihm das Recht <strong>zu</strong>, eigenmächtig<br />

den Ablauf der Verhandlungen durch Vertagung (ausgenommen kurzfristige<br />

Unterbrechungen), Schließung, Ablehnung oder Abstimmung über einen<br />

Antrag oder dergleichen <strong>zu</strong> bestimmen 2 .<br />

Im Einzelnen hat der Vorsitzende die in der Tagesordnung angekündigten<br />

Gegenstände <strong>zu</strong>r Erörterung <strong>zu</strong> stellen und jedem Gesellschafter Gelegenheit<br />

<strong>zu</strong> geben, sich <strong>zu</strong> äußern, auch in Be<strong>zu</strong>g auf formelle und materielle<br />

Einwendungen gegen die Abhaltung der Versammlung. Er ist nicht befugt,<br />

Punkte der Tagesordnung ab<strong>zu</strong>setzen, die Redezeit willkürlich <strong>zu</strong> beschränken<br />

oder ordnungsmäßig gestellte Anträge <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>weisen. Er hat jedoch<br />

den Ablauf der Diskussion <strong>zu</strong>bestimmen, unsachliche Ausführungen <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>weisen<br />

und <strong>zu</strong> entscheiden, ob jeweils nach Erledigung eines Punktes<br />

der Tagesordnung über die hier<strong>zu</strong> gestellten Anträge abgestimmt wird<br />

oder die Abstimmung erst nach Erörterung sämtlicher Punkte der Tagesordnung<br />

stattfindet. Ihm steht auch die Ordnungsgewalt in der Versammlung<br />

<strong>zu</strong> 3 .Der Versammlungsleiter hat ein weites Ermessen bei der Leitung<br />

der Versammlung, er muss sich jedoch stets neutral verhalten 4 und muss<br />

sich bei der Leitung von sachlichen Erwägungen leiten lassen.<br />

Die Art und Weise der Leitung der Verhandlungen durch den Vorsitzenden<br />

kann in einer Geschäftsordnung geregelt werden 5 .Für den Erlass einer für<br />

Gesellschafterversammlungen allgemein ohne Rücksicht auf einen bestimmten<br />

Versammlungsleiter geltenden Geschäftsordnung ist wie bei §129 Abs. 1<br />

AktG eine sat<strong>zu</strong>ngsändernde Mehrheit erforderlich 6 .<br />

Die versammlungsleitenden Verfügungen des Vorsitzenden sind nicht<br />

anfechtbar. Dagegen unterliegen der Anfechtung die Beschlüsse der Ver-<br />

1 Wiester, GmbHR 2008, 189 (191).<br />

2S.auch Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §48Rz. 16.<br />

3 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §48Rz. 17; K. <strong>Schmidt</strong>/Seibt<br />

in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §48Rz. <strong>37</strong>.<br />

4 Wiester, GmbHR 2008, 189 (191).<br />

5 Altmeppen, ZGR 1999, 291 (311).<br />

6Ebenso wohl Altmeppen, ZGR 1999, 291 (312).<br />

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