Leseprobe zu Bestellfax 0221 / 9 37 38-943 - Verlag Dr. Otto Schmidt

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8. Die Gesellschafterversammlung Rz. I 1413 Diese Fallgruppe folgt weitgehend aus der Einberufungspflicht der Gesellschafterversammlung nach §49Abs. 2GmbHG. In diesen Fällen können die Geschäftsführer zwar im Rahmen ihrer unbeschränkten Vertretungsmacht auch ohne Gesellschafterbeschluss wirksam handeln, sofern ein fremder Vertragspartner die fehlende Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht kennt. Sie überschreiten in jedem Fall die Grenzen ihrer Geschäftsführungsbefugnis und machen sich gegenüber der GmbH schadensersatzpflichtig, wenn sie nicht zuvor die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen. Die vorherige Befragung der Gesellschafterversammlung bei ungewöhnlichen Ereignissen oder wichtigen Geschäften kann den Geschäftsführern auch durch den Anstellungsvertrag oder durch eine Dienstanweisung zur Pflicht gemacht werden. Dies ist verbreitet und üblich. Die Satzung kann auch verschärfte Mehrheitserfordernisse aufstellen 1 . Darüber hinaus kann auch der Gesellschaftsvertrag oder eine von der Gesellschafterversammlung erlassene Geschäftsordnung für die Geschäftsführung Angelegenheiten bestimmen, in denen die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich ist 2 . Die Gesellschafter können solche Zustimmungsvorbehalte auch mit einfacher Mehrheit beschließen 3 , sofern sie nicht abweichend in der Satzung geregelt sind. Grundsätzlich bedürfen auch diese Zustimmungsbeschlüsse der Gesellschafterversammlung der einfachen Mehrheit, sofern die Satzung keine weitergehenden Mehrheiten vorsieht. Lediglich in den Fällen der Satzungsdurchbrechung 4 und der grundlegenden Strukturmaßnahme 5 (Holzmüller und Gelatine-Grundsätze) bedürfen die Zustimmungsbeschlüsse wegen ihrer Nähe zur Satzungsänderung konsequenterweise der Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Gesellschaftsvertrag kann die Entscheidungskompetenz der Gesellschaftergesamtheit für ungewöhnliche Maßnahmen abweichend regeln. 1412 1413 1OLG Frankfurt aM v. 19.10.2009 –22U248/07, GmbHR 2010, 260. 2 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §37Rz. 17 ff. 3OLG Hamm v. 28.7.2010 –I-8 U112/09, GmbHR 2010, 1033; Kleindiek in Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §37Rz. 16. 4 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, §53Rz. 32 mwN auch zur Gegenmeinung. 5 Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225 (230, 232); BGH v. 26.4.2004 –IIZR154/02 und 155/02 –Gelatine, AG 2004, 384. GH Lfg. 136 April 2011 Wälzholz | I 769

Rz. I 1413 Teil I: Gesellschaftsrecht 1414 Der Gesellschaftsvertrag kann beispielsweise festlegen, dass Investitionen von über 100000 Euro einer Mehrheit von vier Fünftel bedürfen 1 .Der Gesellschaftsvertrag kann auch die Zuständigkeit der Gesellschaftergesamtheit insoweit einschränken. 3. Verhältnis der Gesellschafter zum obligatorischen Aufsichtsrat nach MitbestG Die zwingende Aufgabe des mitbestimmten Aufsichtsrats ist die Überwachung der Geschäftsführung (§ 25 Abs. 1Nr. 2MitbestG iVm. §111 Abs. 1AktG). Diese Überwachungsaufgabe bezieht sich in der GmbH lediglich auf das Handeln der Geschäftsführer, nicht etwa auch auf die Ausübung der Entscheidungsrechte der Gesellschafter 2 .Denn der Aufsichtsrat ist nach §111 Abs. 4AktG nur den Geschäftsführern übergeordnet, nicht einem diesen nach der GmbH-Verfassung übergeordneten Organ 3 .Außerdem wird die der Gesellschafterversammlung durch §46Nr. 6GmbHG zugewiesene Zuständigkeit für die Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung nicht verdrängt 4 . Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat stehen also in der mitbestimmten GmbH nebeneinander mit je autonomen Befugnissen 5 .ImZweifel setzt sich jedoch die Gesellschafterversammlung bei Geschäftsführungsmaßnahmen durch. 1415 Beratungshinweis Aufsichtsrat und Gesellschaftergesamtheit konkurrieren hinsichtlich der Überwachung der Geschäftsführung. Dies bedeutet: Der Aufsichtsrat kann eine von den Geschäftsführern getroffene Geschäftsführungsmaßnahme beanstanden, auch wenn die Gesellschafter untätig bleiben oder sie sogar ausdrücklich billigen, und umgekehrt. Soweit bestimmte Arten von Geschäften an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden sind (s. unten Rz. I1876), kommt jedoch zum Tragen, dass die Gesellschaftergesamtheit in Geschäftsführungsfragen das oberste Willensbildungsorgan ist. Die Zustimmungsvorbehalte des Aufsichts- 1 Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225 (231). 2 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rz. 1120 f.; Uwe H. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §37Rz. 41 f. mwN. 3 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §37Rz. 28. 4BGH v. 6.3.1997 –IIZB4/96, GmbHR 1997, 705 (707). 5 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rz. 1021. I 770 | Wälzholz

Rz. I 1413<br />

Teil I: Gesellschaftsrecht<br />

1414<br />

Der Gesellschaftsvertrag kann beispielsweise festlegen, dass Investitionen<br />

von über 100000 Euro einer Mehrheit von vier Fünftel bedürfen 1 .Der Gesellschaftsvertrag<br />

kann auch die Zuständigkeit der Gesellschaftergesamtheit<br />

insoweit einschränken.<br />

3. Verhältnis der Gesellschafter <strong>zu</strong>m obligatorischen<br />

Aufsichtsrat nach MitbestG<br />

Die zwingende Aufgabe des mitbestimmten Aufsichtsrats ist die Überwachung<br />

der Geschäftsführung (§ 25 Abs. 1Nr. 2MitbestG iVm. §111<br />

Abs. 1AktG). Diese Überwachungsaufgabe bezieht sich in der GmbH lediglich<br />

auf das Handeln der Geschäftsführer, nicht etwa auch auf die Ausübung<br />

der Entscheidungsrechte der Gesellschafter 2 .Denn der Aufsichtsrat<br />

ist nach §111 Abs. 4AktG nur den Geschäftsführern übergeordnet, nicht<br />

einem diesen nach der GmbH-Verfassung übergeordneten Organ 3 .Außerdem<br />

wird die der Gesellschafterversammlung durch §46Nr. 6GmbHG<br />

<strong>zu</strong>gewiesene Zuständigkeit für die Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung<br />

nicht verdrängt 4 . Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat<br />

stehen also in der mitbestimmten GmbH nebeneinander mit je<br />

autonomen Befugnissen 5 .ImZweifel setzt sich jedoch die Gesellschafterversammlung<br />

bei Geschäftsführungsmaßnahmen durch.<br />

1415<br />

Beratungshinweis<br />

Aufsichtsrat und Gesellschaftergesamtheit konkurrieren hinsichtlich<br />

der Überwachung der Geschäftsführung. Dies bedeutet: Der Aufsichtsrat<br />

kann eine von den Geschäftsführern getroffene Geschäftsführungsmaßnahme<br />

beanstanden, auch wenn die Gesellschafter untätig<br />

bleiben oder sie sogar ausdrücklich billigen, und umgekehrt. Soweit bestimmte<br />

Arten von Geschäften an die Zustimmung des Aufsichtsrats<br />

gebunden sind (s. unten Rz. I1876), kommt jedoch <strong>zu</strong>m Tragen, dass<br />

die Gesellschaftergesamtheit in Geschäftsführungsfragen das oberste<br />

Willensbildungsorgan ist. Die Zustimmungsvorbehalte des Aufsichts-<br />

1 Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225 (231).<br />

2 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rz. 1120 f.; Uwe<br />

H. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §<strong>37</strong>Rz. 41 f. mwN.<br />

3 Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, §<strong>37</strong>Rz. 28.<br />

4BGH v. 6.3.1997 –IIZB4/96, GmbHR 1997, 705 (707).<br />

5 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. 2008, Rz. 1021.<br />

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