Leseprobe zu Bestellfax 0221 / 9 37 38-943 - Verlag Dr. Otto Schmidt
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8. Die Gesellschafterversammlung Rz. I 1721 Die Anfechtungsklage ist nicht davon abhängig, dass der Gesellschafter überstimmt wurde oder Widerspruch erhoben hat, noch ob er überhaupt in der Gesellschafterversammlung anwesend war 1 .Ausgeschlossen ist die Anfechtung jedoch für jeden Gesellschafter, der selbst dem anzufechtenden Beschluss zugestimmt hat (s. Rz. I1164). c) Anfechtungsgegner Die Anfechtungsklage ist immer gegen die GmbH zu richten. Dies gilt für die personalistisch strukturierte GmbH ebenso wie für die körperschaftlich strukturierte Gesellschaft. Die Gesellschaft wird, auch wenn sie einen Aufsichtsrat hat, durch ihren Geschäftsführer vertreten. Ist dieser in seiner Eigenschaft als Gesellschafter selbst Kläger oder ist er verhindert, so ist ein besonderer Vertreter zu bestellen. Der Geschäftsführer ist in seiner prozessualen Vertretungsbefugnis insofern eingeschränkt, als er dem Klagebegehren nicht ohne Mitwirkung der Gesellschafterversammlung nachgehen kann. Tut er dies doch, etwa weil er die Anfechtungsklage für begründet hält, so haftet er bei Fahrlässigkeit ebenso wie im Falle eines sonstigen fahrlässigen Verhaltens. Nach Auflösung der Gesellschaft wird diese durch den Liquidator vertreten. Allerdings kann als Folge der Auflösung das Rechtsschutzinteresseentfallen. Wird über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so hindert dies nicht die Anfechtungsklage. Zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt bleibt der Geschäftsführer, soweit nicht Gegenstand der Anfechtungsklage die Vertretung der Insolvenzmasse und daher der Insolvenzverwalter als Vertreter der Gesellschaft gesetzlich berufen ist 2 . Im Falle der Verschmelzung ist die Anfechtungsklage nach Eintragung gegen die übernehmende Gesellschaft zu richten (§ 28 UmwG) 3 . Die Rechtslage hinsichtlich des Anfechtungsrechts bleibt jedoch im Übrigen von der Verschmelzung unberührt, selbst wenn die übernehmende Gesellschaft eine andere Rechtsform hat. Dasselbe gilt im Falle des Formwechsels. Anders ist es im Falle der Abspaltung oder der Ausgliederung. In diesen Fällen bleibt die übertragende Gesellschaft bestehen und ist die An- 1718 1719 1720 1721 1 Baltzer, GmbHR 1972, 57(62). 2Für Vertretung durch den Insolvenzverwalter OLG München v. 6.10.2010 –7U 2193/10, GmbHR 2011, 89. 3 Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 4. Aufl. 2010, §28Rz. 5. GH Lfg. 136 April 2011 Wälzholz | I 861
Rz. I 1721 Teil I: Gesellschaftsrecht 1722 1723 fechtungsklage gegen sie zu richten 1 .Problematisch ist die Rechtslage bei der Aufspaltung 2 . Auch wenn die Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft zu richten ist, so sind doch die anderen Gesellschafter zu beteiligen, weil sie wegen der Gestaltungswirkung des der Anfechtungsklage stattgebenden Urteils (§ 248 Abs. 1Satz 1AktG) betroffen sind. Der Geschäftsführer hat die anderen Gesellschafter daher von der Anfechtungsklage zu unterrichten 3 .Ist dies nicht geschehen, so hat das Gericht den anderen Gesellschaftern die Klage zuzustellen. Jeder Gesellschafter kann dem Prozess als Nebenintervenient beitreten, und zwar sowohl auf Seiten des Anfechtungsklägers (dann aber nur innerhalb der Anfechtungsfrist) als auch auf Seiten der Gesellschaft zur Verteidigung des Beschlusses 4 .Die Nebenintervention ist in Anbetracht der Gestaltungswirkung des Urteils eine streitgenössische 5 . Dem als Nebenintervenienten beigetretenen Gesellschafter steht daher das Recht zur Prozessführung als ein von der Parteiunabhängiges selbständiges Recht zu 6 .Erhebt ein anderer Gesellschafter ebenfalls rechtzeitig eine Anfechtungsklage, so sind die Prozesse zur einheitlichen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden (§ 246 Abs. 3Satz 6AktG). d) Anfechtungsfrist Während §246 AktG bei der AG für die Erhebung der Anfechtungsklage eine fest bestimmte Frist von einem Monat vorschreibt, gilt für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen im GmbH-Recht eine nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessende angemessene Frist 7 .Dabei hat die aktienrechtliche Frist im GmbH-Recht Leitbildcharakter in doppeltem Sinn: 1S.zuden Wirkungen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge in steuerlicher Hinsicht BFH v. 5.11.2009 –IV R29/08, DStRE 2010, 110 =GmbHR 2010, 163 m. Komm. Podewils. 2 Kallmeyer/Sickinger in Kallmeyer, UmwG, 4. Aufl. 2010, §123 Rz. 2und §131 Rz. 10. 3BGH v. 20.1.1986 –IIZR73/85, GmbHR 1986, 156 (157). 4 Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, Anh. §47Rz. 86. 5 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, §45Rz. 156. 6BGH v. 28.9.1998 –IIZB16/98, ZIP 1999, 192. 7 BGH v. 18.4.2005 –IIZR151/03, GmbHR 2005, 925 m. Komm. Werner ;OLG Hamm v. 25.11.2009 –8U61/09, GmbHR 2010, 477; BGH v. 14.5.1990 –IIZR 126/89, GmbHR 1990, 344. I 862 | Wälzholz
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8. Die Gesellschafterversammlung Rz. I 1721<br />
Die Anfechtungsklage ist nicht davon abhängig, dass der Gesellschafter<br />
überstimmt wurde oder Widerspruch erhoben hat, noch ob er überhaupt<br />
in der Gesellschafterversammlung anwesend war 1 .Ausgeschlossen ist die<br />
Anfechtung jedoch für jeden Gesellschafter, der selbst dem an<strong>zu</strong>fechtenden<br />
Beschluss <strong>zu</strong>gestimmt hat (s. Rz. I1164).<br />
c) Anfechtungsgegner<br />
Die Anfechtungsklage ist immer gegen die GmbH <strong>zu</strong> richten. Dies gilt für<br />
die personalistisch strukturierte GmbH ebenso wie für die körperschaftlich<br />
strukturierte Gesellschaft. Die Gesellschaft wird, auch wenn sie einen Aufsichtsrat<br />
hat, durch ihren Geschäftsführer vertreten. Ist dieser in seiner Eigenschaft<br />
als Gesellschafter selbst Kläger oder ist er verhindert, so ist ein<br />
besonderer Vertreter <strong>zu</strong> bestellen. Der Geschäftsführer ist in seiner prozessualen<br />
Vertretungsbefugnis insofern eingeschränkt, als er dem Klagebegehren<br />
nicht ohne Mitwirkung der Gesellschafterversammlung nachgehen<br />
kann. Tut er dies doch, etwa weil er die Anfechtungsklage für begründet<br />
hält, so haftet er bei Fahrlässigkeit ebenso wie im Falle eines sonstigen fahrlässigen<br />
Verhaltens.<br />
Nach Auflösung der Gesellschaft wird diese durch den Liquidator vertreten.<br />
Allerdings kann als Folge der Auflösung das Rechtsschutzinteresseentfallen.<br />
Wird über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren<br />
eröffnet, so hindert dies nicht die Anfechtungsklage. Zur Vertretung der<br />
Gesellschaft berechtigt bleibt der Geschäftsführer, soweit nicht Gegenstand<br />
der Anfechtungsklage die Vertretung der Insolvenzmasse und daher<br />
der Insolvenzverwalter als Vertreter der Gesellschaft gesetzlich berufen ist 2 .<br />
Im Falle der Verschmel<strong>zu</strong>ng ist die Anfechtungsklage nach Eintragung<br />
gegen die übernehmende Gesellschaft <strong>zu</strong> richten (§ 28 UmwG) 3 . Die<br />
Rechtslage hinsichtlich des Anfechtungsrechts bleibt jedoch im Übrigen<br />
von der Verschmel<strong>zu</strong>ng unberührt, selbst wenn die übernehmende Gesellschaft<br />
eine andere Rechtsform hat. Dasselbe gilt im Falle des Formwechsels.<br />
Anders ist es im Falle der Abspaltung oder der Ausgliederung. In<br />
diesen Fällen bleibt die übertragende Gesellschaft bestehen und ist die An-<br />
1718<br />
1719<br />
1720<br />
1721<br />
1 Baltzer, GmbHR 1972, 57(62).<br />
2Für Vertretung durch den Insolvenzverwalter OLG München v. 6.10.2010 –7U<br />
2193/10, GmbHR 2011, 89.<br />
3 Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 4. Aufl. 2010, §28Rz. 5.<br />
GH Lfg. 136 April 2011<br />
Wälzholz |<br />
I 861