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C. Gesellschaftsrechtliche Umwandlungsmöglichkeiten und UmwStG Rz. 33–34 Einführung<br />
tungssitz in die Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland verlegt, so kommt es darauf an, ob die<br />
Gesellschaft nach <strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>s Gründungsstaats fortbesteht (sog. Gründungstheorie)<br />
und ob sie nach <strong>de</strong>utschem Recht rechtsfähig ist.<br />
Allerdings ist nach mehreren EuGH-Judikaten die Sitztheorie je<strong>de</strong>nfalls im Hinblick<br />
auf Gesellschaften aus an<strong>de</strong>ren Mitgliedstaaten <strong>de</strong>r EU und <strong>de</strong>s Europäischen Wirtschaftsraums<br />
(EWR) nicht mehr haltbar (Hinweis auf die Entscheidungen „Centros“, 1<br />
„Überseering“ 2 und „Inspire Art“ 3 ). Danach sind nach ausländischem Recht im EU-/<br />
EWR-Ausland gegrün<strong>de</strong>te Rechtsträger im Inland in je<strong>de</strong>m Fall als Rechtsträger anzuerkennen,<br />
wenn sie ihren Verwaltungssitz ins Inland verlegen, wenn dies nach <strong>de</strong>m<br />
Recht im statutarischen Sitzstaat <strong>de</strong>r Gesellschaft möglich ist (Gründungsstatut).<br />
Unklar war <strong>de</strong>mgegenüber, ob eine i<strong>de</strong>ntitätswahren<strong>de</strong> innereuropäische Sitzverlegung<br />
für eine in Deutschland ansässige Kapitalgesellschaft möglich ist, also die<br />
Grundfreiheiten <strong>de</strong>s Europäischen Gemeinschaftsrechts <strong>de</strong>utschen Kapitalgesellschaften<br />
die „Auswan<strong>de</strong>rung“ ermöglichen. In <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s Europäischen<br />
Gerichtshofs fan<strong>de</strong>n sich ursprünglich nur Judikate, in <strong>de</strong>nen eine „Auswan<strong>de</strong>rung“<br />
entwe<strong>de</strong>r grundsätzlich abgelehnt o<strong>de</strong>r lediglich eine „Zuwan<strong>de</strong>rung“ ausländischer<br />
Gesellschaften akzeptiert wur<strong>de</strong>. 4 Allerdings hat insoweit inzwischen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche<br />
Gesetzgeber agiert. Nach <strong>de</strong>m MoMiG 5 kann eine <strong>de</strong>utsche GmbH o<strong>de</strong>r AG heute ihren<br />
Verwaltungssitz im Ausland nehmen bzw. dorthin verlegen. Für die gesellschaftsrechtlichen<br />
Belange bleibt ungeachtet <strong>de</strong>s ausländischen Verwaltungssitzes das<br />
<strong>de</strong>utsche GmbH- bzw. Aktienrechtrecht maßgeblich. Die Gesellschaft gilt nicht als<br />
aufgelöst.<br />
Keine realistische Chance wur<strong>de</strong> dagegen bisher bei <strong>de</strong>r Verlegung auch <strong>de</strong>s Satzungssitzes<br />
über die Grenze gesehen (soweit nicht die Son<strong>de</strong>rregelungen für die SE<br />
greifen; vgl. dazu Rz. 38). Nun hat <strong>de</strong>r EuGH insoweit aber grundsätzlich <strong>de</strong>n Weg geöffnet<br />
und europarechtlich eine Differenzierung zwischen unverän<strong>de</strong>rt nicht möglichen<br />
sog. formwahren<strong>de</strong>n Sitzverlegungen und grds. zu ermöglichen<strong>de</strong>n sog. formwechseln<strong>de</strong>n<br />
Sitzverlegungen vorgenommen (EuGH-Entscheidungen in Sachen<br />
„Cartesio“ und „Vale“). 6 Eine konkrete gesellschaftsrechtliche Regelung für einen<br />
grenzüberschreiten<strong>de</strong>n Formwechsel gibt es in<strong>de</strong>ssen bislang nicht.<br />
2. §§ 122a ff. UmwG<br />
Zu beachten sind für grenzüberschreiten<strong>de</strong> Umwandlungen vor allem die<br />
§§ 122a ff. UmwG, die durch das Zweite Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s UmwG, 7 das u.a.<br />
die gesellschaftsrechtliche Verschmelzungsrichtlinie 8 umsetzen sollte, in <strong>de</strong>utsches<br />
Recht Eingang gefun<strong>de</strong>n haben. Die §§ 122a ff. UmwG enthalten Son<strong>de</strong>rregeln (nur)<br />
für die grenzüberschreiten<strong>de</strong> Verschmelzung <strong>de</strong>utscher Kapitalgesellschaften mit<br />
bestimmten an<strong>de</strong>ren EU/EWR-Kapitalgesellschaften. Auf <strong>de</strong>utscher Seite sind damit<br />
je<strong>de</strong>nfalls GmbH, AG und KGaA verschmelzungsfähig. Auch die beteiligten weiteren<br />
Kapitalgesellschaften müssen nach <strong>de</strong>m Recht eines EU/EWR-Staates gegrün<strong>de</strong>t<br />
sein und Satzungssitz, Hauptverwaltung o<strong>de</strong>r Hauptnie<strong>de</strong>rlassung in einem EU/<br />
EWR-Staat haben. Zusätzlich muss min<strong>de</strong>stens eine <strong>de</strong>r beteiligten Gesellschaften<br />
<strong>de</strong>m Recht eines an<strong>de</strong>ren EU/EWR-Staates unterliegen. 9 Damit sollten zugleich je-<br />
34<br />
1 EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97, FR 1999, 449 m. Anm. Dautzenberg = DStRE 1999, 414.<br />
2 EuGH v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00, IStR 2002, 809.<br />
3 EuGH v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01, IStR 2003, 849.<br />
4 S. die Nachweise bei Schön, JbFSt 2006/07, 68 ff.<br />
5 V. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026.<br />
6 EuGH v. 16.12.2008 – Rs. C-210/06 – Cartesio, DB 2009, 52 sowie EuGH v. 12.7.2012 – Rs. C 378/10<br />
– Vale, DB 2012, 1614.<br />
7 BGBl. I 2007, 542.<br />
8 Rtl. Nr. 2005/56/EG vom 26.10.2005, ABl. EU Nr. L 310.<br />
9 Es ist <strong>de</strong>mnach nicht zwingend erfor<strong>de</strong>rlich, dass die beteiligten Gesellschaften ihren tatsächlichen<br />
Verwaltungssitz in unterschiedlichen Län<strong>de</strong>rn haben.<br />
Röd<strong>de</strong>r 15