Leseprobe zu - Verlag Dr. Otto Schmidt

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§30 Kapitalerhaltung 39 40 derrufbar, ihre Liquidität täglich an die konzernherrschende Gesellschaft abzuführen. Funktional entspricht der Abschluss des Rahmenvertrages einer Kreditzusage der Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter; schon dies ist eine Auszahlung iSv §30(oben Rn 8). Das Ziel einer effektiven Kapitalerhaltung (oben Rn 1) erfordert es, beim Cash Pooling schon den Abschluss des Rahmenvertrages an §30zumessen. Wenn dieser nicht gegen das Auszahlungsverbot verstößt, brauchen die einzelnen Liquiditätsabfuhren im Gefolge des Rahmenvertrages nicht mit Blick auf §30qualifiziert zu werden. Denn er verpflichtet die Gesellschaft zur Abfuhr; dem kann sich die Gesellschaft wie bei der Kreditzusage an ihren Gesellschafter (oben Rn 26 aE) selbst dann nicht entziehen, wenn nach dem Abschluss des Rahmenvertrages die Liquiditätsabfuhr isoliert betrachtet wegen Veränderung der Verhältnisse gegen §30verstoßen würde. Hiervon unberührt bleibt die Verpflichtung des Geschäftsführers aus §43Abs. 1, den Rahmenvertrag wegen qualifizierter Gefährdung der Gesellschaft Ansprüche aus ihm ggf außerordentlich fristlos mit Wirkung für die Zukunft zu kündigen (unten Rn 41) –namentlich, wenn sich das Cash Poolsystemen inhärente Klumpenrisiko zu verwirklichen droht. –Zur Rechtslage bei fehlendem Rahmenvertrag unten Rn 45. b) Als Auszahlung gewürdigt muss der Rahmenvertrag für das Cash Poolsystem in seinem Abschluss den Anforderungen des §30Abs. 1Satz 2gerecht werden, damit sein Abschluss und die auf seiner Grundlage von der Gesellschaft zu erbringenden Leistungen nicht dem Auszahlungsverbot des §30 Abs. 1Satz 1unterfallen. Dann müssen den Leistungen der Gesellschaft vollwertige Gegenleistungen der konzernherrschenden Gesellschaft gegenüberstehen. Deren Gegenleistungen sind das Versprechen, die abhängige Gesellschaft mit der benötigten Liquidität taggenau zu versorgen, und dessen Erfüllung 1 ,ggf die Verzinsung bestimmter Guthabenssockel auf einige Dauer sowie die Rückzahlung eines ggf bei Beendigung des Cash Poolsystems bestehenden Restguthabens. Auf diese Gegenleistungen muss der abhängigen Gesellschaft im Rahmenvertrag ein notfalls auch durchsetzbarer Anspruch gewährt werden, damit ihre Auszahlungen vollwertig kompensiert werden. Eine Guthabensverzinsung wird nicht in jedem Falle zu fordern sein, sondern erst ab einem bestimmten relativen und/oder absoluten Guthaben für einige Dauer; insoweit ist den Geschäftsleitungen ein gewisses unternehmerisches Ermessen einzuräumen 2 . c) Darüber hinaus erfordert die Vollwertigkeit der Gegenleistungen innerhalb des Rahmenvertrages für das Cash Poolsystem ein Informations-, Frühwarnund Reaktionssystem als Untersystem zugunsten der konzernabhängigen 1Skeptisch Mülbert/Leuschner NZG 2009, 283. 2S.von Falkenhausen/Kocher BB 2009, 122; aA Kiefner/Theusinger NZG 2008, 805 f. 692 | Hommelhoff

Kapitalerhaltung §30 Gesellschaft 1 .Denn diese generiert regelmäßig positive Ergebnisse, so dass der Liquiditätsverkehr im Konzern darauf angelegt ist, Darlehensansprüche (oben Rn 37) gegen die herrschende Gesellschaft zu begründen. Zwar können diese Ansprüche mit den Zahlungsansprüchen der herrschenden Gesellschaft nach Verwendungsentscheid (§ 29 Rn 16 ff) jahresperiodisch verrechnet werden; solange und soweit dies jedoch (noch) nicht geschehen ist, verfügt die abhängige Gesellschaft über einen Rückzahlungsanspruch, dessen Pflege Aufgabe des Geschäftsführers ist. Die tatsächliche Durchsetzbarkeit, also Einbringlichkeit dieses Anspruchs (oben Rn 28) und die des möglichen Rückgewähranspruchs bei Systembeendigung (oben Rn 39) muss von Anbeginn gewährleistet sein, ebenso die taggenaue Liquiditätsversorgung der abhängigen Gesellschaft. Ihr Geschäftsführer muss all’ dies von Anbeginn aus eigener Rechtsmacht seiner Gesellschaft sicherstellen können; andernfalls sind die Gegenleistungen der herrschenden Gesellschaft nicht vollwertig iSd §30 Abs. 1Satz 2. Insoweit gilt dasselbe wie für isolierte Darlehen der Gesellschaft an ihren Gesellschafter (oben Rn 31): es muss ein Informations- und Reaktionssystem etabliert werden –beim Cash Poolsystem allerdings wegen der täglichen Entblößung von jeglicher Liquidität und dem daraus herrührenden Klumpenrisiko in jedem Falle und angereichert um Frühwarnkomponenten wegen der besonderen Gefahren, denen die abhängige Gesellschaft beim Cash Pooling ausgesetzt ist 2 . Zugleich schützen die Einrichtung eines solchen Informations-, Frühwarnund Reaktionssystems sowie dessen tatsächlicheNutzung in all seinen Komponenten den Geschäftsführer vor einer Haftung aus §64Satz 3; er hat dann die nach dieser Bestimmung haftungausschließende Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gewahrt. Die Ausgestaltung des Informations-, Frühwarn- und Reaktionssystems unterliegt dem unternehmerischen Ermessen der beteiligten Geschäftsleitungen. Es hat sich an den Systemzielen zu orientieren: den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft zu befähigen, auf eine sich verschlechternde Lage der herrschenden Gesellschaft, welche die Liquiditätsversorgung der abhängigen und/oder ihre Rückzahlungsansprüche gefährdet, so rechtzeitig zu reagieren, dass er von seiner Gesellschaft Nachteile und Schäden, soweit es irgend geht, abwenden kann. Das erfordert zum ersten ein Informationssystem, in dem die Initiative, insbesondere die für ad hoc-Warnungen zwingend 41 1Ohne Verknüpfung mit der Vollwertigkeit so auch BGH GmbHR 2009, 202, Tz 14; Henze WM 2005, 726; Kropff NJW 2009, 816 f; Vetter/Stadler Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 2003, S. 114ff; s. auch oben Rn 31. 2Soschon Henze WM 2005, 726; vom Informations- und Reaktionssystem als unverzichtbarem Bestandteil des Cash Management Systems gehen offenbar auch Vetter/Stadler Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 2003, S. 111/115 aus. Hommelhoff | 693

Kapitalerhaltung §30<br />

Gesellschaft 1 .Denn diese generiert regelmäßig positive Ergebnisse, so dass<br />

der Liquiditätsverkehr im Konzern darauf angelegt ist, Darlehensansprüche<br />

(oben Rn 37) gegen die herrschende Gesellschaft <strong>zu</strong> begründen. Zwar können<br />

diese Ansprüche mit den Zahlungsansprüchen der herrschenden Gesellschaft<br />

nach Verwendungsentscheid (§ 29 Rn 16 ff) jahresperiodisch verrechnet werden;<br />

solange und soweit dies jedoch (noch) nicht geschehen ist, verfügt die<br />

abhängige Gesellschaft über einen Rückzahlungsanspruch, dessen Pflege<br />

Aufgabe des Geschäftsführers ist. Die tatsächliche Durchsetzbarkeit, also<br />

Einbringlichkeit dieses Anspruchs (oben Rn 28) und die des möglichen Rückgewähranspruchs<br />

bei Systembeendigung (oben Rn 39) muss von Anbeginn gewährleistet<br />

sein, ebenso die taggenaue Liquiditätsversorgung der abhängigen<br />

Gesellschaft. Ihr Geschäftsführer muss all’ dies von Anbeginn aus eigener<br />

Rechtsmacht seiner Gesellschaft sicherstellen können; andernfalls sind die<br />

Gegenleistungen der herrschenden Gesellschaft nicht vollwertig iSd §30<br />

Abs. 1Satz 2. Insoweit gilt dasselbe wie für isolierte Darlehen der Gesellschaft<br />

an ihren Gesellschafter (oben Rn 31): es muss ein Informations- und<br />

Reaktionssystem etabliert werden –beim Cash Poolsystem allerdings wegen<br />

der täglichen Entblößung von jeglicher Liquidität und dem daraus herrührenden<br />

Klumpenrisiko in jedem Falle und angereichert um Frühwarnkomponenten<br />

wegen der besonderen Gefahren, denen die abhängige Gesellschaft beim<br />

Cash Pooling ausgesetzt ist 2 .<br />

Zugleich schützen die Einrichtung eines solchen Informations-, Frühwarnund<br />

Reaktionssystems sowie dessen tatsächlicheNut<strong>zu</strong>ng in all seinen Komponenten<br />

den Geschäftsführer vor einer Haftung aus §64Satz 3; er hat dann<br />

die nach dieser Bestimmung haftungausschließende Sorgfalt eines ordentlichen<br />

Geschäftsmannes gewahrt.<br />

Die Ausgestaltung des Informations-, Frühwarn- und Reaktionssystems unterliegt<br />

dem unternehmerischen Ermessen der beteiligten Geschäftsleitungen.<br />

Es hat sich an den Systemzielen <strong>zu</strong> orientieren: den Geschäftsführer der<br />

abhängigen Gesellschaft <strong>zu</strong> befähigen, auf eine sich verschlechternde Lage<br />

der herrschenden Gesellschaft, welche die Liquiditätsversorgung der abhängigen<br />

und/oder ihre Rückzahlungsansprüche gefährdet, so rechtzeitig <strong>zu</strong><br />

reagieren, dass er von seiner Gesellschaft Nachteile und Schäden, soweit es<br />

irgend geht, abwenden kann. Das erfordert <strong>zu</strong>m ersten ein Informationssystem,<br />

in dem die Initiative, insbesondere die für ad hoc-Warnungen zwingend<br />

41<br />

1Ohne Verknüpfung mit der Vollwertigkeit<br />

so auch BGH GmbHR 2009, 202,<br />

Tz 14; Henze WM 2005, 726; Kropff<br />

NJW 2009, 816 f; Vetter/Stadler<br />

Haftungsrisiken beim konzernweiten<br />

Cash Pooling, 2003, S. 114ff; s. auch<br />

oben Rn 31.<br />

2Soschon Henze WM 2005, 726; vom<br />

Informations- und Reaktionssystem als<br />

unverzichtbarem Bestandteil des Cash<br />

Management Systems gehen offenbar<br />

auch Vetter/Stadler Haftungsrisiken<br />

beim konzernweiten Cash Pooling,<br />

2003, S. 111/115 aus.<br />

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