Leseprobe zu - Verlag Dr. Otto Schmidt

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11.05.2014 Aufrufe

§30 Kapitalerhaltung 35 36 als Unterbilanz-neutral 1 ;der Gesellschafter ist dann in vollem Umfang leistungsfähig, mit einer Inanspruchnahme der Gesellschaft ist nicht zu rechnen. Folglich ist die Zusage oder Gewährung der Sicherheit lediglich außerhalb des Rechenwerkes „unter dem Strich“ zu vermerken (§ 251 Satz 1 HGB), der Gegenanspruch auf Befreiung oder Rückgriff bleibt, um nicht das Rechenwerk zu verzerren, ebenfalls außen vor 2 .–Indes: Damit kann es nicht sein Bewenden haben; vielmehr ist schon im frühen Zeitpunkt der Sicherheitszusage oder -gewährung zu fingieren, dass die Gesellschaft aus der Sicherheit tatsächlich in Anspruch genommen wird. Denn wenn sich das Risiko der Inanspruchnahme so steigert, dass die Gesellschaft eine Rückstellung nach §249 Abs. 1HGB bilden oder gar die Verpflichtung aus der Sicherheit passivieren muss (§ 247 Abs. 1HGB), dann finden diese bilanziellen Veränderungen ihren Auslöser in den tatsächlichen Verhältnissen des Gesellschafters, aber nicht in Geschäftsführungshandlungen, die iSd §30 Abs. 1Satz 1als Auszahlungen qualifiziert werden können 3 .Das aber darf die Schutzregeln der Kapitalerhaltung nicht leerlaufen lassen; um sie zu effektuieren, ist deshalb bereits für den Zeitpunkt der Sicherheitszusage oder -gewährung vom Eintritt des Sicherheitsfalls auszugehen und zu prüfen, wie sich dies auf die Vermögenslage der Gesellschaft auswirken würde. Diese würde vom Sicherungsnehmer nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Gesellschafter leistungsfähig wäre; daher ist auch der Rückgriffsanspruch der Gesellschaft gegen diesen in aller Regel zumindest nicht vollwertig gemäß §30Abs. 1Satz 2, wenn nicht gar wertlos 4 . Konsequent kommt für Sicherheitsleistungen der Gesellschaft zugunsten ihrer Gesellschafter die Ausnahmeregel des §30Abs. 1Satz 2nicht zum Zuge; diese sind stets am Grundtatbestand des §30Abs. 1Satz 1zumessen: Führt die Sicherheit, die Inanspruchnahme der Gesellschaft aus ihr unterstellt, im Augenblick ihrer Zusage oder Gewährung zu einer Unterbilanz der Gesellschaft, zu ihrer Vertiefung oder gar zur Überschuldung? Dabei ist der kompensierende Rückgriffsanspruch aus Vorsichtsgründen (oben Rn 35) als wertlos zu fingieren. Im Ergebnis bedeutet dies: Falls die Gesellschaft die Sicherheit im Moment ihrer Zusage oder Gewährung vollständig aus ihrem freien Vermögen (oberhalb des Stammkapitals) leisten könnte, steht §30Abs. 1 Satz 1dieser Zusage etc nicht entgegen. Sollten sich die Vermögensverhält- 1 Drygala/Kremer ZIP 2007, 1295; Flesner NZG 2006, 645 f. 2 Er kann jedoch nach Wahl der Gesellschaft ebenfalls „unter dem Strich“ auf der Aktivseite der Bilanz vermerkt werden (Ellrott Beck BilKomm, 6. Aufl 2006, §251 HGB Rn 12; Großkomm/Kleindiek 4. Aufl 2002, §251 HGB Rn 28). 3Deshalb liegt in dieser Fiktion keine Rückkehr zum „November“-Urteil (oben Rn 25); zur alten Rechtslage vor dem MoMiG s. R/A/Altmeppen §30 Rn 97ff einerseits und Scholz/H.P. Westermann §30Rn46andererseits. 4ImErgebnis so auch Wand/Tillmann/ Heckenthaler AG 2009, 152. 690 | Hommelhoff

Kapitalerhaltung §30 nisse der Gesellschaft danach verschlechtern, berechtigt dies den Geschäftsführer nicht, die tatsächliche Leistung der Sicherheit unter Berufung auf §30 Abs. 1Satz 1zuverweigern. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung des Geschäftsführers aus §43Abs. 1, in einem solchen Fall ggf den Gesellschafter auf Freistellung von der Sicherheitsleistung in Anspruch zu nehmen. 9. Cash Pooling Die oben für Darlehen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter (Rn 25 ff) und für deren Sicherheitsleistungen zugunsten der Gesellschafter (Rn 34 ff) entwickelten Überlegungen gelten in grundsätzlich gleicher Weise für das Cash Pooling im Konzern, also für die taggenaue Sammlung aller bei den Konzerngesellschaften angefallenen Liquidität an einer zentralen Stelle, zumeist bei der konzernherrschenden Gesellschaft, der zentralen Liquiditätsdisposition durch diese und der täglichen Versorgung der Konzerngesellschaft mit der benötigten Liquidität 1 .Namentlich den Cash Poolsystemen will das MoMiG mit der Regelung in §30Abs. 1Satz 2(vollwertiger Rückgewähranspruch) eine feste Rechtsgrundlage geben 2 ,ohne damit jedoch nähere Vorgaben zur Ausgestaltung solcher Systeme zu machen. Grundlage für die Zahlungsströme im Konzern sind Darlehensverträge 3 der konzernherrschenden Gesellschaft mit den einzelnen Konzerngesellschaften; sie führen regelmäßig zu Rückgewähransprüchen täglich wechselnden Umfangs der konzernabhängigen Gesellschaft gegenüber der konzernherrschenden; denkbar sind aber auch umgekehrt Rückgewähransprüche der herrschenden Gesellschaft gegenüber allen oder einigen abhängigen. Ob die Rückgewähransprüche zu verzinsen sind, hängt im einzelnen Cash Poolsystem von dessen Rahmenvereinbarung ab. In aller Regel wird der Kontokorrentsaldo, den das den Gesamtkonzern finanzierende Kreditinstitut gegen die konzernherrschende Gesellschaft hat, durch dingliche Sicherheiten unterlegt, die sämtliche Konzerngesellschaft beibringen 4 .Am(regelmäßig unabsehbaren) Ende des Cash Poolsystems sind die dann noch offenen Rückgewähransprüche aus den Darlehensbeziehungen zu erfüllen sowie die Sicherheiten freizugeben, sofern sie nicht noch benötigt werden. a) Schon der Abschluss des Rahmenvertrages für das Cash Poolsystem ist auf Seiten der konzernabhängigen Gesellschaft eine Auszahlungnach §30Abs. 1 Satz 1und nicht erst die einzelne Liquiditätsabfuhr. Denn mit dem Vertragsabschluss verpflichtet sich die Gesellschaft auf Dauer und nicht einseitig wi- 37 38 1 Vetter/Stadler Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, 2003, S. 1ff; Habersack/Schürnbrand NZG 2004, 689, 690; Jula/Breitenbach AG 1997, 256; Scholz/H.P. Westermann §30Rn55. 2BR-Drucks 354/07, S. 93 f. 3 Henze WM 2005, 717. 4Vgl Altmeppen ZIP 2009, 52; s. auch Habersack/Schürnbrand NZG 2004, 695 f. Hommelhoff | 691

Kapitalerhaltung §30<br />

nisse der Gesellschaft danach verschlechtern, berechtigt dies den Geschäftsführer<br />

nicht, die tatsächliche Leistung der Sicherheit unter Berufung auf §30<br />

Abs. 1Satz 1<strong>zu</strong>verweigern. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung des<br />

Geschäftsführers aus §43Abs. 1, in einem solchen Fall ggf den Gesellschafter<br />

auf Freistellung von der Sicherheitsleistung in Anspruch <strong>zu</strong> nehmen.<br />

9. Cash Pooling<br />

Die oben für Darlehen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter (Rn 25 ff) und<br />

für deren Sicherheitsleistungen <strong>zu</strong>gunsten der Gesellschafter (Rn 34 ff) entwickelten<br />

Überlegungen gelten in grundsätzlich gleicher Weise für das Cash<br />

Pooling im Konzern, also für die taggenaue Sammlung aller bei den Konzerngesellschaften<br />

angefallenen Liquidität an einer zentralen Stelle, <strong>zu</strong>meist bei<br />

der konzernherrschenden Gesellschaft, der zentralen Liquiditätsdisposition<br />

durch diese und der täglichen Versorgung der Konzerngesellschaft mit der benötigten<br />

Liquidität 1 .Namentlich den Cash Poolsystemen will das MoMiG<br />

mit der Regelung in §30Abs. 1Satz 2(vollwertiger Rückgewähranspruch)<br />

eine feste Rechtsgrundlage geben 2 ,ohne damit jedoch nähere Vorgaben <strong>zu</strong>r<br />

Ausgestaltung solcher Systeme <strong>zu</strong> machen. Grundlage für die Zahlungsströme<br />

im Konzern sind Darlehensverträge 3 der konzernherrschenden Gesellschaft<br />

mit den einzelnen Konzerngesellschaften; sie führen regelmäßig <strong>zu</strong><br />

Rückgewähransprüchen täglich wechselnden Umfangs der konzernabhängigen<br />

Gesellschaft gegenüber der konzernherrschenden; denkbar sind aber auch<br />

umgekehrt Rückgewähransprüche der herrschenden Gesellschaft gegenüber<br />

allen oder einigen abhängigen. Ob die Rückgewähransprüche <strong>zu</strong> verzinsen<br />

sind, hängt im einzelnen Cash Poolsystem von dessen Rahmenvereinbarung<br />

ab. In aller Regel wird der Kontokorrentsaldo, den das den Gesamtkonzern finanzierende<br />

Kreditinstitut gegen die konzernherrschende Gesellschaft hat,<br />

durch dingliche Sicherheiten unterlegt, die sämtliche Konzerngesellschaft<br />

beibringen 4 .Am(regelmäßig unabsehbaren) Ende des Cash Poolsystems sind<br />

die dann noch offenen Rückgewähransprüche aus den Darlehensbeziehungen<br />

<strong>zu</strong> erfüllen sowie die Sicherheiten frei<strong>zu</strong>geben, sofern sie nicht noch benötigt<br />

werden.<br />

a) Schon der Abschluss des Rahmenvertrages für das Cash Poolsystem ist auf<br />

Seiten der konzernabhängigen Gesellschaft eine Auszahlungnach §30Abs. 1<br />

Satz 1und nicht erst die einzelne Liquiditätsabfuhr. Denn mit dem Vertragsabschluss<br />

verpflichtet sich die Gesellschaft auf Dauer und nicht einseitig wi-<br />

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1 Vetter/Stadler Haftungsrisiken beim<br />

konzernweiten Cash Pooling, 2003,<br />

S. 1ff; Habersack/Schürnbrand NZG<br />

2004, 689, 690; Jula/Breitenbach AG<br />

1997, 256; Scholz/H.P. Westermann<br />

§30Rn55.<br />

2BR-<strong>Dr</strong>ucks 354/07, S. 93 f.<br />

3 Henze WM 2005, 717.<br />

4Vgl Altmeppen ZIP 2009, 52; s. auch<br />

Habersack/Schürnbrand NZG 2004,<br />

695 f.<br />

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