Leseprobe zu - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§30 Kapitalerhaltung<br />
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als Unterbilanz-neutral 1 ;der Gesellschafter ist dann in vollem Umfang leistungsfähig,<br />
mit einer Inanspruchnahme der Gesellschaft ist nicht <strong>zu</strong> rechnen.<br />
Folglich ist die Zusage oder Gewährung der Sicherheit lediglich außerhalb<br />
des Rechenwerkes „unter dem Strich“ <strong>zu</strong> vermerken (§ 251 Satz 1<br />
HGB), der Gegenanspruch auf Befreiung oder Rückgriff bleibt, um nicht das<br />
Rechenwerk <strong>zu</strong> verzerren, ebenfalls außen vor 2 .–Indes:<br />
Damit kann es nicht sein Bewenden haben; vielmehr ist schon im frühen<br />
Zeitpunkt der Sicherheits<strong>zu</strong>sage oder -gewährung <strong>zu</strong> fingieren, dass die Gesellschaft<br />
aus der Sicherheit tatsächlich in Anspruch genommen wird. Denn<br />
wenn sich das Risiko der Inanspruchnahme so steigert, dass die Gesellschaft<br />
eine Rückstellung nach §249 Abs. 1HGB bilden oder gar die Verpflichtung<br />
aus der Sicherheit passivieren muss (§ 247 Abs. 1HGB), dann finden diese bilanziellen<br />
Veränderungen ihren Auslöser in den tatsächlichen Verhältnissen<br />
des Gesellschafters, aber nicht in Geschäftsführungshandlungen, die iSd §30<br />
Abs. 1Satz 1als Auszahlungen qualifiziert werden können 3 .Das aber darf<br />
die Schutzregeln der Kapitalerhaltung nicht leerlaufen lassen; um sie <strong>zu</strong> effektuieren,<br />
ist deshalb bereits für den Zeitpunkt der Sicherheits<strong>zu</strong>sage oder<br />
-gewährung vom Eintritt des Sicherheitsfalls aus<strong>zu</strong>gehen und <strong>zu</strong> prüfen, wie<br />
sich dies auf die Vermögenslage der Gesellschaft auswirken würde. Diese<br />
würde vom Sicherungsnehmer nicht in Anspruch genommen werden, wenn<br />
der Gesellschafter leistungsfähig wäre; daher ist auch der Rückgriffsanspruch<br />
der Gesellschaft gegen diesen in aller Regel <strong>zu</strong>mindest nicht vollwertig gemäß<br />
§30Abs. 1Satz 2, wenn nicht gar wertlos 4 .<br />
Konsequent kommt für Sicherheitsleistungen der Gesellschaft <strong>zu</strong>gunsten ihrer<br />
Gesellschafter die Ausnahmeregel des §30Abs. 1Satz 2nicht <strong>zu</strong>m Zuge;<br />
diese sind stets am Grundtatbestand des §30Abs. 1Satz 1<strong>zu</strong>messen: Führt<br />
die Sicherheit, die Inanspruchnahme der Gesellschaft aus ihr unterstellt, im<br />
Augenblick ihrer Zusage oder Gewährung <strong>zu</strong> einer Unterbilanz der Gesellschaft,<br />
<strong>zu</strong> ihrer Vertiefung oder gar <strong>zu</strong>r Überschuldung? Dabei ist der kompensierende<br />
Rückgriffsanspruch aus Vorsichtsgründen (oben Rn 35) als wertlos<br />
<strong>zu</strong> fingieren. Im Ergebnis bedeutet dies: Falls die Gesellschaft die Sicherheit<br />
im Moment ihrer Zusage oder Gewährung vollständig aus ihrem freien<br />
Vermögen (oberhalb des Stammkapitals) leisten könnte, steht §30Abs. 1<br />
Satz 1dieser Zusage etc nicht entgegen. Sollten sich die Vermögensverhält-<br />
1 <strong>Dr</strong>ygala/Kremer ZIP 2007, 1295;<br />
Flesner NZG 2006, 645 f.<br />
2 Er kann jedoch nach Wahl der Gesellschaft<br />
ebenfalls „unter dem Strich“ auf<br />
der Aktivseite der Bilanz vermerkt werden<br />
(Ellrott Beck BilKomm, 6. Aufl 2006,<br />
§251 HGB Rn 12; Großkomm/Kleindiek<br />
4. Aufl 2002, §251 HGB Rn 28).<br />
3Deshalb liegt in dieser Fiktion keine<br />
Rückkehr <strong>zu</strong>m „November“-Urteil<br />
(oben Rn 25); <strong>zu</strong>r alten Rechtslage vor<br />
dem MoMiG s. R/A/Altmeppen §30<br />
Rn 97ff einerseits und Scholz/H.P.<br />
Westermann §30Rn46andererseits.<br />
4ImErgebnis so auch Wand/Tillmann/<br />
Heckenthaler AG 2009, 152.<br />
690 | Hommelhoff